Landgericht Berlin
Das Landgericht Berlin ist ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit des Landes Berlin in der Littenstraße in Berlin-Mitte. Es besteht aus drei Baukomplexen im gesamten Stadtgebiet, die zu unterschiedlichen Bauetappen gehören. Es ist mit über 900 Mitarbeitern das größte Landgericht Deutschlands und nach dem Amtsgericht München eines der größten deutschen Gerichte.
Gerichtssitz und -bezirk
Der Sitz des Landgerichts ist Berlin; der Gerichtsbezirk entspricht dem Gebiet des Stadtstaates. Im Landgerichtsbezirk Berlin sind 13.020 Rechtsanwälte (Stand: 31. Dezember 2017)[1] zugelassen.
Geschichte
Mit Inkrafttreten des Gerichtsverfassungsgesetzes im Jahr 1879 bestanden zwei Berliner Landgerichte: das Landgericht I für den Stadtkreis, das Landgericht II für das Umland.[2] 1899 erfolgte die Aufteilung in Landgericht I (für den Bezirk des Amtsgerichts Mitte), Landgericht II (südliches Umland)[3] und Landgericht III (übriges Umland).[4] 1920 wurden die Landgerichte II und III aufgrund der Zusammenfassung verschiedener Gemeinden zu Groß-Berlin (flächenmäßig etwa dem heutigen Stadtstaat entsprechend) für weitere Teile der Stadt zuständig.
Das Landgericht I war damals in der Grunerstraße/Neue Friedrichstraße 16/17, heute Littenstraße, ansässig.
Das Landgericht II hatte seinen Sitz im Gebäude des heutigen Amtsgerichtes Tempelhof-Kreuzberg an der Möckernstraße 128–130/Hallesches Ufer 29–31 und war für die Amtsgerichtsbezirke Köpenick, Neukölln, Lichterfelde, Schöneberg und Tempelhof sowie südliche Teile des Bezirks, insbesondere Kreuzberg zuständig.
Das Landgericht III befand sich am Tegeler Weg 17–21 in dem Gebäude, in dem nach der Teilung der Stadt das für die drei Westsektoren Berlins zuständige Landgericht Berlin eingerichtet wurde; zum Bezirk des Landgerichtes Berlin III gehörten die Amtsgerichtsbezirke Spandau, Charlottenburg, Lichtenberg, Pankow, Wedding. Alle Strafkammern der drei Landgerichte waren im Kriminalgericht Moabit an der Turmstraße, eingerichtet.[5]
Im Juli 1933 legte der kommissarische preußische Justizminister Hanns Kerrl die drei Landgerichte zum einheitlichen Landgericht Berlin zusammen.[6] Zum ersten Präsidenten des Landgerichtes Berlin ernannte er Richard Hoffmann, bis Mai 1933 Rechtsanwalt in Magdeburg.[7]
Infolge der Teilung Berlins wurden die Registerzuständigkeiten für West-Berlin vom Landgericht III auf die Amtsgerichte Charlottenburg und Schöneberg übertragen, obwohl die Register physisch im Tegeler Weg verblieben.[8] Im Landgerichtsgebäude in der Neuen Friedrichstraße, die in den 1950er Jahren in Littenstraße umbenannt wurde, waren neben dem Stadtgericht Berlin und den Stadtbezirksgerichten Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain auch das Oberste Gericht und die Generalstaatsanwaltschaft der DDR untergebracht.[9]
Gerichtsgebäudekomplex
Das Landgericht Berlin ist in insgesamt drei über das Stadtgebiet verteilten Gebäuden untergebracht.
Die meisten (erstinstanzlichen) Zivilkammern des Gerichts befinden sich in dem Gebäude am Tegeler Weg 17–21 im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Dieses denkmalgeschützte Gebäude des Landgerichts wurde 1901–1906 nach Entwürfen von Hermann Dernburg und Ernst Heinrich Petersen sowie von Paul Thoemer und Rudolf Mönnich in Anlehnung an einen romanischen Kaiserpalas als zweites Gebäude des Charlottenburger Amtsgerichts errichtet.[10][11][12]
Weitere Zivilkammern des Landgerichts Berlin befinden sich in der Littenstraße (Ortsteil Mitte) im Geschäftsgebäude für die Zivilabteilungen des Landgerichts Berlin I (ebenfalls Zivilgerichtsbarkeit: Berufungs- und Beschwerdekammern, Verkehrskammern, Wettbewerbskammern, Kammern für Handelssachen) sowie in der Turmstraße 91 in Moabit die Strafkammern des Landgerichts im Gebäude Kriminalgericht Moabit.
Über- und nachgeordnete Gerichte
Dem Landgericht Berlin sind zunächst das Kammergericht (Oberlandesgericht) und sodann der Bundesgerichtshof übergeordnet. Nachgeordnet sind die folgenden Berliner Amtsgerichte:
Leitung (Auswahl)
Präsidenten des Landgerichts waren
- 1927 Hermann Ramdohr (Landgericht I)
- 1927 Richard Humbert (Landgericht II)
- 1927 Otto Kirschstein (Landgericht III)
- 2005–2015 Bernd Pickel[13]
- 2016–2018 Gabriele Nieradzik[14]
- seit 2019 Holger Matthiessen
Siehe auch
Weblinks
- 360°-Panorama der Eingangshalle
- Webseite des Landgerichts Berlin
- Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
- Übersicht der Rechtsprechung des Landgerichts Berlin
- Otto Sarrazin, Hermann Eggert: Das neue Criminalgerichtsgebäude zu Moabit. In: Centralblatt der Bauverwaltung, 1881. Nr. 24.
Einzelnachweise
- Rechtsanwaltskammer Berlin, www.rak-berlin.de: Jahresbericht 2017 der Rechtsanwaltskammer Berlin XVIII: Mitgliederstatistik, S. 33. (PDF) Abgerufen am 9. August 2018.
- 14 Amtsgerichte: Alt-Landsberg, Berlin (II), Bernau, Charlottenburg, Cöpenick, Königs-Wusterhausen, Liebenwalde, Mittenwalde, Nauen, Oranienburg, Rixdorf, Berlin-Spandau, Strausberg, Zossen; siehe Verordnung, betreffend die Errichtung der Amtsgerichte vom 26. Juli 1878 (PrGS S. 275/276) und Verordnung, betreffend die Bildung der Amtsgerichtsbezirke vom 5. Juli 1879 (PrGS S. 393/410 ff.); ferner hier (Stand: 1894)
- 9 Amtsgerichte: Berlin-Schöneberg, Berlin-Tempelhof, Cöpenick, Groß-Lichterfelde, Königs-Wusterhausen, Mittenwalde, Rixdorf, Trebbin, Zossen
- 13 Amtsgerichte: Alt-Landsberg, Berlin-Wedding, Bernau, Charlottenburg, Kalkberge-Rüdersdorf, Lichtenberg, Liebenwalde, Nauen, Neu-Weißensee, Oranienburg, Pankow, Spandau, Strausberg; siehe Gesetz, betreffend die Gerichtsorganisation für Berlin und Umgebung vom 16. September 1899 (PrGS S. 391)
- Gerichte. In: Berliner Adreßbuch, 1933, Teil 3, S. 26 (detaillierte Zuständigkeitsangaben).
- Gesetz zur Umgestaltung des Gerichtswesens in Berlin vom 26. April 1933 (PrGS S. 125)
- Lothar Gruchmann: Justiz im Dritten Reich 1933–1940. Anpassung und Unterwerfung in der Ära Gürtner. München 1990; S. 229
- eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- Ernst Reuß: Millionäre fahren nicht auf Fahrrädern. Justizalltag im Nachkriegsberlin. Berlin 2012.
- Die im Bau begriffenen Gerichtsbauten in Berlin und in den Vororten (2. Fortsetzung: hier zu den Amtsgerichten Wedding, Mitte und Charlottenburg mit Grundrissdarstellungen und Baudetails), 19. September 1903, S. 465 f.
- Königliches Landgericht III Berlin in Charlottenburg. In: Zeitschrift für Bauwesen, Jg. 66 (1916), Sp. 1–10, 169–180, Tafel 1–6. Digitalisat im Bestand der Zentral- und Landesbibliothek Berlin.
- Architekturzeichnung zum Portal des Landgerichts in Charlottenburg in der Herschelstraße In: Architekturmuseum der TU Berlin.
- Pressemitteilung, 31. August 2005. (Memento vom 8. August 2014 im Internet Archive) Senatsverwaltung für Justiz
- Pressemitteilung der Berliner Gerichte vom 26. Juli 2016