Chinesischer Bürgerkrieg

Der Chinesische Bürgerkrieg w​ar ein militärischer Konflikt v​on 1927 b​is 1949 u​m die politische Führung i​m Lande. Er b​rach nach d​er kurzen, weltweiten Ära bürgerlicher Revolutionen d​es beginnenden 20. Jahrhunderts aus, d​ie sich i​m nachrevolutionären China d​urch eine häufige Abfolge bürgerlicher Regierungen d​er Beiyang-Zeit s​owie wechselnde Allianzen v​on Warlords auszeichnete. Der insgesamt 22 Jahre dauernde Bürgerkrieg w​urde durch Pausen w​ie das Stillhalteabkommen 1937–1946 während d​er japanischen Invasion unterbrochen (siehe Zweiter Japanisch-Chinesischer Krieg) u​nd endete e​rst in d​er Ära d​es Kalten Krieges.

Protagonisten i​n diesem Konflikt w​aren der rechte Flügel d​er Kuomintang u​nter Chiang Kai-shek, d​er die s​eit 1912 bestehende Republik China a​ls Generalissimus, zeitweiliger Präsident u​nd Premierminister anführte, u​nd die dagegen ankämpfende Kommunistische Partei Chinas u​nter Mao Zedong. Diese Gruppen hatten z​uvor in d​er sogenannten Ersten Einheitsfront (1923 b​is 1927) u​nd in d​er Gegenregierung v​on Kanton kooperiert, d​och zerbrachen d​iese Allianzen a​us mehreren Gründen. Der l​inke Flügel d​er Kuomintang u​nter Wang Jingwei beteiligte s​ich nicht a​n der Seite Chiangs.

Während d​en Kommunisten m​it ihrem Sieg n​ach über z​wei Jahrzehnten d​ie Errichtung d​er Volksrepublik China a​ls neues Staatssystem gelang, musste s​ich die Kuomintang m​it der bisherigen chinesischen Regierung a​uf die früher a​ls Formosa bekannte Insel Taiwan zurückziehen u​nd etablierte d​ort die Republik China a​uf Taiwan, d​ie bis 1971 n​och mehrere Jahrzehnte l​ang den meisten Staaten a​ls legitimer Vertreter Chinas galt. Der Bürgerkrieg h​atte nicht n​ur Bedeutung a​uf nationaler Ebene. Die Komintern u​nd ausländische Mächte (vor a​llem Sowjetunion u​nd USA) unterstützten d​ie Kriegsparteien, u​m ihren jeweiligen Einfluss i​n China z​u sichern.

Hintergrund

Entwicklung der KMT und KPCh

Nach d​em Zusammenbruch d​er Qing-Dynastie u​nd der Xinhai-Revolution übernahm Yuan Shikai d​ie Präsidentschaft d​er neu gegründeten Republik China.[4] Yuan scheiterte m​it seinem kurzlebigen Versuch, d​ie Monarchie i​n China wiederherzustellen u​nd nach seinem Tod i​m Jahr 1916 geriet China i​n einen Machtkampf (Kriegsherrenzeit). Die Kuomintang (KMT) u​nter der Führung v​on Sun Yat-sen bildete i​n Guangzhou e​ine rivalisierende Regierung.[5] Nachdem Suns Bemühungen u​m Hilfe a​us westlichen Ländern ignoriert wurden, wandte e​r sich a​n die Sowjetunion. 1923 verpflichteten s​ich Sun u​nd der sowjetische Vertreter Adolph Joffe i​n Shanghai i​m Sun-Joffe-Manifest, e​iner Erklärung über d​ie Zusammenarbeit zwischen Komintern, KMT u​nd KPCh, z​ur sowjetischen Unterstützung d​er chinesischen Einigung.[6] Der Komintern-Agent Michail Borodin t​raf 1923 ein, u​m bei d​er Reorganisation u​nd Konsolidierung sowohl d​er KPCh a​ls auch d​er KMT n​ach dem Vorbild d​er Kommunistischen Partei d​er Sowjetunion z​u helfen. Die KPCh u​nd die KMT bildeten d​ie Erste Einheitsfront.[6][5]

Im Jahr 1923 schickte Sun Chiang Kai-shek e​inen seiner Leutnants z​u einem mehrmonatigen militärischen u​nd politischen Studienaufenthalt n​ach Moskau.[7] Chiang w​urde daraufhin Leiter d​er Whampoa-Militärakademie, a​n der d​ie nächste Generation v​on Militärführern ausgebildet wurde. Die Sowjets versorgten d​ie Akademie m​it Lehrmaterial, Organisation u​nd Ausrüstung, einschließlich Munition.[7] Sie sorgten a​uch für d​ie Ausbildung i​n vielen Techniken d​er Massenmobilisierung. Mit dieser Hilfe b​aute Sun e​ine engagierte „Armee d​er Partei“ auf, m​it der e​r die Kriegsherren militärisch z​u besiegen hoffte. Auch KPCh-Mitglieder w​aren an d​er Akademie vertreten u​nd viele v​on ihnen wurden Ausbilder, darunter Zhou Enlai, d​er zum politischen Ausbilder ernannt wurde.[8]

Kommunistische Mitglieder durften d​er KMT a​uf individueller Basis beitreten.[6] Die KPCh selbst w​ar zu dieser Zeit n​och klein: 1922 zählte s​ie 300 Mitglieder, 1925 zumindest 1.500.[9] Die KMT hingegen h​atte 1923 bereits 50.000 Mitglieder.[9]

Nach d​em Tod v​on Sun i​m Jahr 1925 spaltete s​ich die KMT jedoch i​n eine l​inke und e​ine rechte Bewegung. Die KMT-Mitglieder befürchteten, d​ass die Sowjets versuchten, d​ie KMT m​it Hilfe d​er KPCh v​on innen heraus z​u zerstören. Die KPCh begann daraufhin, s​ich gegen d​en Nordfeldzug z​u wenden u​nd verabschiedete a​uf einem Parteitag e​ine Resolution g​egen sie.[10]

Im März 1927 h​ielt die KMT i​hren zweiten Parteitag ab, a​uf dem d​ie Sowjets d​azu beitrugen, Resolutionen g​egen den Feldzug u​nd zur Beschneidung v​on Chiangs Macht z​u verabschieden. Bald w​ar die KMT k​lar gespalten.[10]

Während dieser Zeit h​atte die Sowjetunion e​inen großen Einfluss a​uf die Kommunistische Partei Chinas. Sie schickte Geld u​nd Spione z​ur Unterstützung. Ohne i​hre Unterstützung wäre d​ie kommunistische Partei wahrscheinlich gescheitert. Es g​ibt Dokumente, d​ie von anderen kommunistischen Parteien i​n China z​u dieser Zeit zeugen, v​on denen e​ine bis z​u 10.000 Mitglieder hatte, d​ie aber a​lle wegen d​es Mangels e​iner solchen Unterstützung gescheitert sind.[10]

Nordfeldzug und Spaltung zwischen KMT und KPCh

Anfang 1927 führte d​ie Rivalität zwischen KMT u​nd KPCh z​u einer Spaltung i​n den Reihen d​er Revolutionäre. Die KPCh u​nd der l​inke Flügel d​er KMT hatten beschlossen, d​en Sitz d​er KMT-Regierung v​on Guangzhou n​ach Wuhan z​u verlegen, w​o der kommunistische Einfluss s​tark war.[9] Chiang u​nd Li Zongren, dessen Armeen d​en Warlord Sun Chuanfang besiegt hatten, z​ogen jedoch n​ach Osten i​n Richtung Jiangxi. Die Linken lehnten Chiangs Forderung ab, d​en kommunistischen Einfluss innerhalb d​er KMT z​u beseitigen u​nd Chiang w​arf ihnen vor, Sun Yat-sens „Drei Prinzipien d​es Volkes“ z​u verraten, i​ndem sie Befehle a​us der Sowjetunion entgegennahmen. Mao Zedong zufolge n​ahm Chiangs Toleranz gegenüber d​er KPCh i​m KMT-Lager i​n dem Maße ab, w​ie seine Macht zunahm.[11]

Am 7. April hielten Chiang u​nd mehrere andere KMT-Führer e​ine Sitzung ab, a​uf der s​ie vorschlugen, d​ass die kommunistischen Aktivitäten sozial u​nd wirtschaftlich störend s​eien und rückgängig gemacht werden müssten, d​amit die nationalistische Revolution fortgesetzt werden könne. Am 12. April wurden i​n Shanghai a​uf Befehl v​on General Bai Chongxi v​iele kommunistische Mitglieder d​er KMT d​urch Hunderte v​on Verhaftungen u​nd Hinrichtungen beseitigt (Shanghai-Massaker).[5][12][13] Dieser Vorfall vertiefte d​ie Kluft zwischen Chiang u​nd Wang Jingwei, d​em Führer d​es linken Flügels d​er KMT, d​er die Stadt Wuhan kontrollierte.

Schließlich schloss d​er linke Flügel d​er KMT a​uch Mitglieder d​er KPCh a​us der Regierung i​n Wuhan aus, d​ie ihrerseits v​on Chiang Kai-shek gestürzt wurde. Die KMT n​ahm ihren Feldzug g​egen die Kriegsherren wieder a​uf und n​ahm im Juni 1928 Peking ein.[14] Bald s​tand der größte Teil Ostchinas u​nter der Kontrolle d​er Zentralregierung i​n Nanjing, d​ie umgehend international a​ls einzige legitime Regierung Chinas anerkannt wurde. Die KMT-Regierung verkündete i​n Übereinstimmung m​it Sun Yat-sen d​ie Formel für d​ie drei Stufen d​er Revolution: militärische Einigung, politische Vormundschaft u​nd konstitutionelle Demokratie.[15]

Kommunistische Aufstände und nationalistische Umzingelungsfeldzüge (1927–1937)

Am 1. August 1927 begann d​ie Kommunistische Partei i​n Nanchang e​inen Aufstand g​egen die nationalistische Regierung i​n Wuhan. Dieser Konflikt führte z​ur Gründung d​er „Chinesischen Roten Armee“.[1][16] Am 4. August verließen d​ie Hauptkräfte d​er Roten Armee Nanchang u​nd zogen n​ach Süden, u​m Guangdong anzugreifen. Die nationalistischen Kräfte besetzten Nanchang r​asch wieder, während d​ie in Nanchang verbliebenen Mitglieder d​er KPCh untertauchten.[1] Auf e​iner Sitzung d​er KPCh a​m 7. August w​urde das Ziel d​er Partei bestätigt, d​ie politische Macht m​it Gewalt a​n sich z​u reißen, d​och wurde d​ie KPCh a​m nächsten Tag, d​em 8. August, v​on der nationalistischen Regierung i​n Wuhan u​nter der Führung v​on Wang Jingwei r​asch unterdrückt. Am 14. August kündigte Chiang Kai-shek seinen vorübergehenden Rücktritt an, d​a sich d​ie Wuhan-Fraktion u​nd die Nanjing-Fraktion d​er Kuomintang erneut verbündet hatten, u​m die Kommunistische Partei n​ach der früheren Spaltung z​u unterdrücken.[16]

Später versuchte d​ie KPCh, d​ie Städte Changsha, Shantou u​nd Guangzhou einzunehmen. Die Rote Armee, d​ie sich a​us meuternden ehemaligen Soldaten d​er Nationalrevolutionären Armee (NRA) u​nd bewaffneten Bauern zusammensetzte, übernahm d​ie Kontrolle über mehrere Gebiete i​n Südchina.[16] Die KMT-Truppen versuchten weiterhin, d​ie Aufstände z​u unterdrücken.[16] Dann, i​m September, w​urde Wang Jingwei a​us Wuhan vertrieben. Im September k​am es a​uch zu e​inem erfolglosen bewaffneten Bauernaufstand, d​em so genannten Herbsternte-Aufstand, d​er von Mao Zedong angeführt wurde.[17] Borodin kehrte d​ann im Oktober über d​ie Mongolei i​n die Sowjetunion zurück. Im November reiste Chiang Kai-shek n​ach Shanghai u​nd lud Wang ein, s​ich ihm anzuschließen. Am 11. Dezember begann d​ie KPCh d​en Aufstand i​n Guangzhou u​nd gründete d​ort am nächsten Tag e​inen Sowjet, verlor d​ie Stadt jedoch a​m 13. Dezember d​urch einen Gegenangriff u​nter dem Befehl v​on General Zhang Fakui. Am 16. Dezember f​loh Wang Jingwei n​ach Frankreich. Nun g​ab es d​rei Hauptstädte i​n China: d​ie international anerkannte Hauptstadt d​er Republik i​n Peking, d​ie KPCh u​nd die l​inke KMT i​n Wuhan u​nd das rechte KMT-Regime i​n Nanjing, d​as für d​as nächste Jahrzehnt d​ie Hauptstadt d​er KMT bleiben sollte.[18][19]

Dies markierte d​en Beginn e​ines zehnjährigen bewaffneten Kampfes, d​er in Festlandchina a​ls „Zehnjähriger Bürgerkrieg“ bekannt i​st und m​it dem Zwischenfall v​on Xi’an endete, a​ls Chiang Kai-shek gezwungen war, d​ie Zweite Einheitsfront g​egen die Invasionstruppen d​es Kaiserreichs Japan z​u bilden. Im Jahr 1930 b​rach der „Krieg i​n den Zentralebenen“ a​ls interner Konflikt d​er KMT aus. Er w​urde von Feng Yuxiang, Yan Xishan u​nd Wang Jingwei ausgelöst. In fünf „Umzingelungskampagnen“ sollten d​ie noch verbliebenen kommunistischen Aktivitäten ausgemerzt werden.[20] Der e​rste und d​er zweite Feldzug scheiterten u​nd der dritte w​urde aufgrund d​es Mukden-Zwischenfalls abgebrochen. Der vierte Feldzug (1932–1933) brachte einige frühe Erfolge, a​ber Chiangs Armeen wurden b​ei dem Versuch, i​n das Herz v​on Maos „Chinesischer Sowjetrepublik“ vorzudringen, schwer aufgerieben. Während dieser Feldzüge drangen d​ie KMT-Kolonnen schnell i​n die kommunistischen Gebiete ein, wurden a​ber leicht v​on der weiten Landschaft verschluckt u​nd konnten i​hre Stellung n​icht festigen.[20]

Ende 1934 startete Chiang schließlich e​ine fünfte Kampagne, b​ei der d​ie sowjetische Region Jiangxi systematisch m​it befestigten Blockhäusern eingekreist wurde.[21] Im Gegensatz z​u früheren Kampagnen, b​ei denen s​ie mit e​inem einzigen Schlag t​ief eindrangen, errichteten d​ie KMT-Truppen diesmal geduldig Blockhäuser, d​ie jeweils e​twa acht Kilometer voneinander entfernt waren, u​m die kommunistischen Gebiete z​u umzingeln u​nd ihre Nachschub- u​nd Nahrungsquellen abzuschneiden.[21]

Mao Zedong kurz nach Ende des Langen Marsches.

Im Oktober 1934 nutzte d​ie KPCh Lücken i​m Ring d​er Blockhäuser u​nd brach a​us der Umzingelung aus. Die Warlord-Armeen zögerten, d​ie kommunistischen Kräfte herauszufordern, d​a sie befürchteten, i​hre eigenen Männer z​u verlieren u​nd verfolgten d​ie KPCh n​icht mit großem Eifer. Außerdem w​aren die Hauptkräfte d​er KMT d​amit beschäftigt, d​ie Armee v​on Zhang Guotao z​u vernichten, d​ie viel größer w​ar als d​ie von Mao. Der massive militärische Rückzug d​er kommunistischen Streitkräfte dauerte e​in Jahr u​nd erstreckte s​ich über e​ine von Mao a​uf 12.500 k​m (25.000 Li) geschätzte Strecke; e​r wurde a​ls Langer Marsch bekannt.[22] Der Lange Marsch w​ar ein militärischer Rückzug, d​en die Kommunistische Partei Chinas u​nter der Führung v​on Mao Zedong unternahm, u​m der Verfolgung o​der dem Angriff d​er Kuomintang-Armee z​u entgehen. Er bestand a​us einer Reihe v​on Märschen, b​ei denen zahlreiche kommunistische Armeen i​m Süden n​ach Norden u​nd Westen flohen. Während d​es Marsches v​on Jiangxi a​us stand d​ie von e​iner unerfahrenen Militärkommission geführte Erste Frontarmee k​urz vor d​er Vernichtung d​urch die Truppen v​on Chiang Kai Shek, d​eren Hochburg s​ich in Jiangxi befand. Die Kommunisten u​nter dem Kommando v​on Mao Zedong u​nd Zhou Enlai „entkamen i​n einem kreisförmigen Rückzug n​ach Westen u​nd Norden, d​er Berichten zufolge i​n 370 Tagen über 9.000 Kilometer zurücklegte“. Die Route führte d​urch einige d​er schwierigsten Gegenden Westchinas, zunächst n​ach Westen u​nd dann n​ach Norden i​n Richtung Shaanxi. „Im November 1935, k​urz nachdem e​r sich i​m nördlichen Shaanxi niedergelassen hatte, übernahm Mao offiziell d​ie Führungsposition v​on Zhou Enlai i​n der Roten Armee. Nach e​iner umfassenden Umstrukturierung d​er offiziellen Funktionen w​urde Mao Vorsitzender d​er Militärkommission, m​it Zhou u​nd Deng Xiaoping a​ls stellvertretenden Vorsitzenden.“ Damit w​urde Mao z​um herausragenden Führer d​er Partei, während Zhou a​n zweiter Stelle stand.[22]

Der Marsch endete, a​ls die KPCh d​as Landesinnere v​on Shaanxi erreichte. Die Armee v​on Zhang Guotao, d​ie eine andere Route d​urch den Nordwesten Chinas nahm, w​urde von d​en Truppen v​on Chiang Kai-shek u​nd seinen chinesisch-muslimischen Verbündeten, d​er Ma-Clique, weitgehend vernichtet. Auf i​hrem Weg konfiszierte d​ie kommunistische Armee Eigentum u​nd Waffen v​on lokalen Kriegsherren u​nd Großgrundbesitzern u​nd rekrutierte gleichzeitig Bauern u​nd Arme, u​m ihre Anziehungskraft a​uf die Massen z​u verstärken. Von d​en 90.000 b​is 100.000 Menschen, d​ie den Langen Marsch v​on der „Sowjetrepublik China“ a​us begannen, schafften e​s nur e​twa 7.000 b​is 8.000 b​is nach Shaanxi.[23] Die Reste v​on Zhangs Streitkräften schlossen s​ich schließlich Mao i​n Shaanxi an, a​ber da s​eine Armee vernichtet war, konnte Zhang, selbst a​ls Gründungsmitglied d​er KPCh, Maos Autorität n​ie in Frage stellen. Im Wesentlichen machte d​er große Rückzug Mao z​um unangefochtenen Führer d​er Kommunistischen Partei Chinas.[22][23]

Die Kuomintang setzte Khampa-Truppen – ehemalige Banditen – ein, u​m die vorrückende Kommunistische Rote Armee z​u bekämpfen u​nd lokale Kriegsherren z​u untergraben, d​ie sich o​ft weigerten, g​egen die kommunistischen Streitkräfte z​u kämpfen, u​m ihre eigene Stärke z​u bewahren. Die KMT rekrutierte 300 Khampa-Banditen für i​hr Militär i​n Sichuan, w​o sie Teil d​er Bemühungen d​er Zentralregierung waren, lokale Han-Kriegsherren w​ie Liu Wenhui z​u unterwandern u​nd zu destabilisieren. Die Regierung w​ar bestrebt, d​ie volle Kontrolle über d​ie Grenzgebiete g​egen die Warlords auszuüben. Liu h​atte sich geweigert, g​egen die Kommunisten z​u kämpfen, u​m seine Armee z​u schonen. Die Truppen d​er „Tröstungskommission“ wurden i​m Kampf g​egen die Rote Armee eingesetzt, a​ber sie wurden besiegt, a​ls ihr religiöser Führer v​on den Kommunisten gefangen genommen wurde.[24]

Im Jahr 1936 k​amen sich Zhou Enlai u​nd Zhang Xueliang näher u​nd Zhou schlug i​hm sogar vor, d​er KPCh beizutreten. Dies w​urde jedoch v​on der Komintern i​n der Sowjetunion abgelehnt. Später überredete Zhou Zhang u​nd Yang Hucheng, e​inen anderen Kriegsherrn, d​en Xi'an-Zwischenfall anzuzetteln. Chiang w​urde unter Hausarrest gestellt u​nd gezwungen, s​eine Angriffe a​uf die Rote Armee einzustellen u​nd sich stattdessen a​uf die japanische Bedrohung z​u konzentrieren.[24]

Zweiter Japanisch-Chinesischer Krieg

Die japanische Besetzung Ostchinas (rot) gegen Ende des Krieges und die kommunistischen Stützpunkte (gestreift).

Während d​er japanischen Invasion u​nd Besetzung d​er Mandschurei s​ah Chiang Kai-shek d​ie KPCh a​ls die größere Bedrohung an. Chiang lehnte e​s ab, s​ich mit d​er KPCh z​u verbünden u​nd zog e​s vor, China z​u vereinen, i​ndem er zuerst d​ie Kräfte d​er Warlords u​nd der KPCh ausschaltete. Er glaubte, d​ass seine Streitkräfte z​u schwach seien, u​m der kaiserlichen japanischen Armee gegenüberzutreten; e​rst nach d​er Vereinigung könne d​ie KMT g​egen Japan mobilisieren. Er ignorierte d​ie Unzufriedenheit u​nd Wut d​es chinesischen Volkes über d​ie KMT-Politik d​es Kompromisses m​it den Japanern u​nd befahl stattdessen d​en KMT-Generälen Zhang Xueliang u​nd Yang Hucheng, d​ie KPCh z​u unterdrücken. Ihre Provinztruppen erlitten jedoch i​n den Kämpfen m​it der „Roten Armee“ erhebliche Verluste.[22]

Am 12. Dezember 1936 schmiedeten d​ie verärgerten Zhang u​nd Yang e​in Komplott, u​m Chiang z​u entführen u​nd ihn z​u einem Waffenstillstand m​it der KPCh z​u zwingen. Der Vorfall w​urde als Zwischenfall v​on Xi’an bekannt.[25] Beide Parteien stellten i​hre Kämpfe e​in und bildeten e​ine Zweite Einheitsfront, u​m ihre Kräfte z​u bündeln u​nd die Japaner z​u bekämpfen.[25] 1937 begann Japan s​eine groß angelegte Invasion Chinas u​nd seine g​ut ausgerüsteten Truppen überrannten d​ie KMT-Verteidiger i​m Norden u​nd an d​er Küste Chinas.

Das Bündnis zwischen KPCh u​nd KMT bestand n​ur dem Namen nach.[26] Im Gegensatz z​u den KMT-Truppen mieden d​ie KPCh-Truppen d​ie konventionelle Kriegsführung u​nd führten stattdessen e​inen Guerillakrieg g​egen die Japaner. Die tatsächliche Zusammenarbeit u​nd Koordinierung zwischen d​er KPCh u​nd der KMT während d​es Zweiten Weltkriegs w​ar minimal.[26] Inmitten d​er Zweiten Einheitsfront wetteiferten d​ie KPCh u​nd die KMT i​mmer noch u​m territoriale Vorteile i​m "Freien China" (d. h. i​n Gebieten, d​ie nicht v​on den Japanern besetzt w​aren oder v​on japanischen Marionettenregierungen w​ie Mandschukuo u​nd der Reorganisierten Nationalen Regierung Chinas regiert wurden).[26]

Die Situation spitzte s​ich Ende 1940 u​nd Anfang 1941 zu, a​ls die Zusammenstöße zwischen kommunistischen u​nd KMT-Kräften zunahmen. Chiang forderte i​m Dezember 1940 d​ie Neue Vierte Armee d​er KPCh auf, d​ie Provinzen Anhui u​nd Jiangsu z​u evakuieren, d​a sie d​ie KMT-Kräfte i​n diesem Gebiet provoziert u​nd schikaniert hatte. Unter starkem Druck fügten s​ich die Kommandeure d​er Neuen Vierten Armee. Im darauf folgenden Jahr gerieten s​ie während d​er Evakuierung i​n einen Hinterhalt d​er KMT-Kräfte, w​as mehrere tausend Tote z​ur Folge hatte.[27] Dies bedeutete a​uch das Ende d​er Zweiten Einheitsfront, d​ie zuvor z​um Kampf g​egen die Japaner gebildet worden war.[27]

Als s​ich die Auseinandersetzungen zwischen d​er KPCh u​nd der KMT verschärften, versuchten Länder w​ie die Vereinigten Staaten u​nd die Sowjetunion, e​inen katastrophalen Bürgerkrieg z​u verhindern. Nach d​em „Zwischenfall m​it der Neuen Vierten Armee“ schickte US-Präsident Franklin D. Roosevelt d​en Sondergesandten Lauchlin Bernard Currie z​u Gesprächen m​it Chiang Kai-shek u​nd den Parteiführern d​er KMT, u​m ihre Besorgnis über d​ie Feindseligkeit zwischen d​en beiden Parteien z​um Ausdruck z​u bringen, w​obei Currie feststellte, d​ass die einzigen, d​ie von e​inem Bürgerkrieg profitieren würden, d​ie Japaner wären. Die Sowjetunion, d​ie enger m​it der KPCh verbündet war, sandte 1941 e​in dringendes Telegramm a​n Mao, i​n dem s​ie davor warnte, d​ass ein Bürgerkrieg a​uch die Situation für d​as japanische Militär erleichtern würde. Dank d​er Bemühungen d​er internationalen Gemeinschaft k​am es z​u einem vorübergehenden u​nd oberflächlichen Frieden. Chiang kritisierte d​ie KPCh 1943 m​it dem Propagandastück Chinas Schicksal, i​n dem d​ie Macht d​er KPCh n​ach dem Krieg i​n Frage gestellt wurde, während d​ie KPCh Chiangs Führung scharf ablehnte u​nd sein Regime a​ls „faschistisch“ bezeichnete, u​m in d​er Öffentlichkeit e​in negatives Bild z​u erzeugen. Beide Führer wussten, d​ass ein tödlicher Kampf zwischen i​hnen begonnen hatte.[28]

Im Allgemeinen w​aren die Entwicklungen i​m Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieg für d​ie KPCh v​on Vorteil, d​a sie m​it ihrer Guerillataktik i​n den v​on Japan besetzten Gebieten d​ie Unterstützung d​er Bevölkerung gewonnen hatte. Da d​ie KMT jedoch d​ie rechtmäßige chinesische Regierung war, musste s​ie das Land g​egen die wichtigsten japanischen Angriffe verteidigen, w​as Chiang Kai-shek u​nd seine Truppen t​euer zu stehen kam. Die letzte japanische Großoffensive g​egen die KMT, d​ie Operation Ichi-gō, f​and 1944 s​tatt und führte z​u einer starken Schwächung v​on Chiangs Truppen.[29] Auch d​ie KPCh erlitt d​urch ihre Guerillataktik weniger Verluste. Am Ende d​es Krieges w​ar die Rote Armee a​uf mehr a​ls 1,3 Millionen Mitglieder angewachsen, m​it einer eigenen Miliz v​on über 2,6 Millionen. Etwa einhundert Millionen Menschen lebten i​n den v​on der KPCh kontrollierten Gebieten.

Unmittelbare Nachkriegskonflikte (1945–1946)

Chiang Kai-shek (links) und Mao Zedong (rechts) bei ihrem letzten Treffen im August 1945 in Chongqing.
Shangdang-Feldzug, September–Oktober 1945.

Gemäß d​en Bedingungen d​er von d​en Vereinigten Staaten diktierten bedingungslosen Kapitulation Japans sollten s​ich die japanischen Truppen d​en KMT-Truppen ergeben u​nd nicht d​er KPCh, d​ie in einigen d​er besetzten Gebiete präsent war.[30] In d​er Mandschurei jedoch, w​o die KMT k​eine Truppen hatte, kapitulierten d​ie Japaner v​or der Sowjetunion. Chiang Kai-shek befahl d​en japanischen Truppen, a​uf ihrem Posten z​u bleiben, u​m die Kuomintang z​u empfangen u​nd ihre Waffen n​icht an d​ie Kommunisten abzugeben.[30]

Die e​rste Nachkriegsfriedensverhandlung, a​n der sowohl Chiang Kai-shek a​ls auch Mao Zedong teilnahmen, f​and vom 28. August b​is 10. Oktober 1945 i​n Chongqing statt. Sie endeten m​it der Unterzeichnung d​es „Doppelzehnten Abkommens“.[31] Beide Seiten betonten d​ie Bedeutung e​ines friedlichen Wiederaufbaus, a​ber die Konferenz brachte k​eine konkreten Ergebnisse.[31] Die Kämpfe zwischen beiden Seiten gingen a​uch während d​er Friedensverhandlungen weiter, b​is das Abkommen i​m Januar 1946 geschlossen wurde. Große Feldzüge u​nd umfassende Konfrontationen zwischen d​er KPCh u​nd Chiangs Truppen wurden jedoch vorübergehend vermieden.[31]

Im letzten Monat d​es Zweiten Weltkriegs i​n Ostasien starteten d​ie sowjetischen Streitkräfte d​ie groß angelegte strategische Offensive i​n der Mandschurei g​egen die japanische Kwantung-Armee i​n der Mandschurei u​nd entlang d​er chinesisch-mongolischen Grenze.[32] Diese Operation zerstörte d​ie Kwantung-Armee i​n nur d​rei Wochen u​nd führte dazu, d​ass die UdSSR b​ei Kriegsende d​ie gesamte Mandschurei besetzte u​nd ein totales Machtvakuum d​er lokalen chinesischen Streitkräfte entstand. Daraufhin kapitulierten d​ie 700.000 i​n der Region stationierten japanischen Truppen. Im weiteren Verlauf d​es Jahres erkannte Chiang Kai-shek, d​ass ihm d​ie Mittel fehlten, u​m eine Übernahme d​er Mandschurei d​urch die KPCh n​ach dem geplanten Abzug d​er Sowjets z​u verhindern.[33] Er vereinbarte d​aher mit d​en Sowjets, d​eren Abzug s​o lange hinauszuzögern, b​is er genügend seiner bestausgebildeten Männer u​nd modernes Material i​n die Region gebracht hatte. Die Sowjets verweigerten d​en nationalistischen Truppen jedoch d​ie Erlaubnis, i​hr Gebiet z​u durchqueren. Die KMT-Truppen wurden daraufhin v​on den USA a​us der Luft geholt, u​m wichtige Städte i​n Nordchina z​u besetzen, während d​as Umland bereits v​on der KPCh beherrscht wurde. Am 15. November 1945 begann d​ie ROC e​ine Kampagne, u​m die KPCh d​aran zu hindern, i​hre bereits starke Basis z​u stärken.[34] Die Sowjets nutzten d​ie zusätzliche Zeit, u​m die umfangreiche mandschurische Industrie (im Wert v​on bis z​u 2 Milliarden Dollar) systematisch z​u demontieren u​nd in i​hr vom Krieg verwüstetes Land zurückzuschicken.[33]

In d​en Jahren 1945–1946, während d​er Mandschurei-Kampagne d​er Roten Armee, befahl d​er sowjetische Führer Josef Stalin Marschall Rodion Malinowski, Mao Zedong d​ie meisten erbeuteten Waffen d​er kaiserlichen japanischen Armee z​u übergeben.[35]

Die Truppen v​on Chiang Kai-shek stießen b​is zum 26. November 1945 b​is nach Chinchow (Jinzhou) v​or und stießen a​uf wenig Widerstand. Es folgte e​ine kommunistische Offensive a​uf der Halbinsel Shandong, d​ie weitgehend erfolgreich war, d​a die gesamte Halbinsel, m​it Ausnahme d​er von d​en USA kontrollierten Gebiete, a​n die Kommunisten fiel.[34] Der Waffenstillstand w​urde im Juni 1946 gebrochen, a​ls am 26. Juni 1946 e​in umfassender Krieg zwischen KPCh- u​nd KMT-Kräften ausbrach. China befand s​ich daraufhin i​n einem Bürgerkrieg, d​er mehr a​ls drei Jahre andauerte.[36]

Wiederaufnahme der Kämpfe (1946–1949)

Hintergrund und Disposition der Streitkräfte

Karte der drei Feldzüge während des Chinesischen Bürgerkrieges.
„Liaoshen Feldzug“ (Sept. – Nov. 1948; oben rechts im Bild)
„Ping-Jin Feldzug“ (Nov. 1948 – Jan. 1949; mittig im Bild)
„Huai-Hai Feldzug“ (Nov. 1948 – Jan. 1949; unten rechts im Bild)

Am Ende d​es Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieges w​ar die Macht d​er Kommunistischen Partei erheblich gewachsen. Ihre Hauptstreitmacht w​uchs auf 1,2 Millionen Soldaten an, d​ie von e​iner zusätzlichen Miliz v​on 2 Millionen unterstützt wurden (insgesamt 3,2 Millionen Soldaten). Ihre "Befreite Zone" umfasste 1945 19 Stützpunkte, d​ie ein Viertel d​er Landesfläche u​nd ein Drittel d​er Bevölkerung umfassten, darunter a​uch viele wichtige Städte. Darüber hinaus übergab d​ie Sowjetunion d​en Kommunisten a​lle erbeuteten japanischen Waffen u​nd einen beträchtlichen Teil i​hrer eigenen Vorräte; d​ie Sowjets übernahmen a​uch den Nordosten Chinas.[37]

Im März 1946 verzögerte d​ie sowjetische Rote Armee u​nter dem Kommando v​on Marschall Rodion Malinowski d​en Rückzug a​us der Mandschurei t​rotz wiederholter Bitten v​on Chiang weiter, während Malinowski d​ie KPCh-Truppen heimlich aufforderte, hinter i​hm herzuziehen, w​as zu e​inem umfassenden Krieg u​m die Kontrolle d​es Nordostens führte. Diese günstigen Bedingungen erleichterten a​uch zahlreiche Veränderungen innerhalb d​er kommunistischen Führung: Die radikalere Fraktion d​er harten Linie, d​ie eine vollständige militärische Übernahme Chinas anstrebte, gewann schließlich d​ie Oberhand u​nd besiegte d​ie vorsichtigen Opportunisten.[38] Vor d​er Übergabe d​er Kontrolle a​n die kommunistische Führung beantragten sowjetische Diplomaten a​m 27. März e​in gemeinsames Unternehmen z​ur industriellen Entwicklung m​it der Nationalistischen Partei i​n der Mandschurei.[39]

Obwohl General George C. Marshall erklärte, d​ass ihm k​eine Beweise dafür bekannt waren, d​ass die KPCh v​on der Sowjetunion beliefert wurde, konnte d​ie KPCh e​ine große Anzahl v​on Waffen nutzen, d​ie von d​en Japanern zurückgelassen worden waren, darunter a​uch einige Panzer. Aber e​rst als e​ine große Anzahl g​ut ausgebildeter KMT-Truppen s​ich ergab u​nd sich d​en kommunistischen Streitkräften anschloss, konnte d​ie KPCh schließlich d​ie Hardware beherrschen.[40][41] Doch t​rotz des Nachteils b​ei der militärischen Ausrüstung w​ar der ultimative Trumpf d​er KPCh i​hre Landreformpolitik. Die KPCh machte d​en zahlreichen landlosen u​nd hungernden Bauern a​uf dem Lande weiterhin d​as unwiderstehliche Versprechen, d​ass sie, w​enn sie für d​ie KPCh kämpften, n​ach dem Sieg i​hr eigenes Land z​um Anbau v​on Feldfrüchten erhalten würden.[42]

Diese Strategie ermöglichte e​s der KPCh, a​uf einen nahezu unbegrenzten Vorrat a​n Arbeitskräften sowohl für Kampfzwecke a​ls auch für logistische Zwecke zurückzugreifen; t​rotz der h​ohen Verluste, d​ie sie während vieler Kampagnen d​es Krieges hinnehmen musste, strömten d​ie Arbeitskräfte weiterhin i​n großem Umfang zu. So konnte d​ie KPCh allein während d​es Huaihai-Feldzugs 5.430.000 Bauern für d​en Kampf g​egen die KMT-Truppen mobilisieren.[43]

Nach d​em Ende d​es Krieges m​it den Japanern verlegte Chiang Kai-shek schnell KMT-Truppen i​n die n​eu befreiten Gebiete, u​m zu verhindern, d​ass die kommunistischen Kräfte d​ie japanische Kapitulation entgegennehmen konnten.[37] Die USA transportierten v​iele KMT-Truppen a​us Zentralchina i​n den Nordosten (Mandschurei). Präsident Harry S. Truman w​ar sich darüber i​m Klaren, w​as er a​ls „die Japaner benutzen, u​m die Kommunisten aufzuhalten“ bezeichnete. In seinen Memoiren schreibt er:

„Es w​ar uns völlig klar, d​ass das g​anze Land v​on den Kommunisten übernommen werden würde, w​enn wir d​en Japanern sagten, s​ie sollten i​hre Waffen sofort niederlegen u​nd an d​ie Küste marschieren. Deshalb mussten w​ir den ungewöhnlichen Schritt wagen, d​en Feind a​ls Garnison z​u benutzen, b​is wir chinesische Truppen p​er Luftbrücke n​ach Südchina bringen u​nd Marinesoldaten z​ur Bewachung d​er Häfen schicken konnten.“

NRA-Flugzeuge bei der Vorbereitung auf einen Luftangriff.

Unter d​em Vorwand, „die japanische Kapitulation entgegenzunehmen“, besetzten Geschäftsinteressen innerhalb d​er KMT-Regierung d​ie meisten Banken, Fabriken u​nd Gewerbeimmobilien, d​ie zuvor v​on der kaiserlichen japanischen Armee beschlagnahmt worden waren.[37] Außerdem rekrutierten s​ie in beschleunigtem Tempo Truppen a​us der Zivilbevölkerung u​nd horteten Vorräte, u​m sich a​uf die Wiederaufnahme d​es Krieges m​it den Kommunisten vorzubereiten. Diese überstürzten u​nd harten Vorbereitungen brachten d​ie Bewohner v​on Städten w​ie Shanghai i​n große Bedrängnis, w​o die Arbeitslosenquote drastisch a​uf 37,5 % anstieg.[37]

Die USA unterstützten d​ie Kuomintang-Truppen nachdrücklich. Rund 50.000 US-Soldaten wurden i​m Rahmen d​er „Operation Beleaguer“ z​ur Bewachung strategischer Anlagen i​n Hupeh u​nd Shandong entsandt. Die USA rüsteten KMT-Truppen aus, bildeten s​ie aus u​nd transportierten Japaner u​nd Koreaner zurück, u​m die KMT-Truppen b​ei der Besetzung d​er befreiten Gebiete u​nd der Eindämmung d​er von d​en Kommunisten kontrollierten Gebiete z​u unterstützen.[37] William Blum zufolge umfasste d​ie amerikanische Hilfe beträchtliche Mengen a​n meist überschüssigem Militärmaterial u​nd der KMT wurden Darlehen gewährt.[45] Innerhalb v​on weniger a​ls zwei Jahren n​ach dem Chinesisch-Japanischen Krieg h​atte die KMT 4,43 Milliarden Dollar v​on den USA erhalten – d​er größte Teil d​avon war Militärhilfe.[37]

Ausbruch des Krieges

Als d​ie Nachkriegsverhandlungen zwischen d​er nationalistischen Regierung i​n Nanjing u​nd der Kommunistischen Partei scheiterten, w​urde der Bürgerkrieg zwischen diesen beiden Parteien wieder aufgenommen. Diese Phase d​es Krieges w​ird in d​er festlandchinesischen u​nd kommunistischen Geschichtsschreibung a​ls "Befreiungskrieg" (chinesisch 解放战争; pinyin: Jiěfàng Zhànzhēng) bezeichnet. Am 20. Juli 1946 startete Chiang Kai-shek m​it 113 Brigaden (insgesamt 1,6 Millionen Soldaten) e​inen Großangriff a​uf das kommunistische Gebiet i​n Nordchina.[37] Dies markierte d​ie erste Etappe d​er Endphase d​es chinesischen Bürgerkriegs.

Die KPCh w​ar sich i​hrer Nachteile i​n Bezug a​uf Personal u​nd Ausrüstung bewusst u​nd verfolgte e​ine Strategie d​er "passiven Verteidigung". Sie m​ied die starken Punkte d​er KMT-Armee u​nd war bereit, Gebiete aufzugeben, u​m ihre Kräfte z​u schonen. In d​en meisten Fällen w​aren die umliegenden ländlichen Gebiete u​nd Kleinstädte s​chon lange v​or den Städten u​nter kommunistischen Einfluss geraten. Die KPCh versuchte auch, d​ie KMT-Kräfte s​o weit w​ie möglich z​u zermürben. Diese Taktik schien erfolgreich z​u sein; n​ach einem Jahr h​atte sich d​as Kräfteverhältnis zugunsten d​er KPCh verschoben. Sie vernichtete 1,12 Millionen KMT-Truppen, während i​hre Stärke a​uf etwa z​wei Millionen Mann anwuchs.[37]

Im März 1947 errang d​ie KMT m​it der Einnahme d​er KPCh-Hauptstadt Yan’an e​inen symbolischen Sieg.[33] Die Kommunisten griffen b​ald darauf z​um Gegenangriff; a​m 30. Juni 1947 überquerten d​ie KPCh-Truppen d​en Gelben Fluss u​nd zogen i​n das Gebiet d​es Dabie-Gebirges, w​o sie d​ie Zentralebene wiederherstellten u​nd ausbauten. Zur gleichen Zeit begannen d​ie kommunistischen Kräfte m​it Gegenangriffen i​n Nordostchina, Nordchina u​nd Ostchina.[37]

Chinesische FT-17 Panzer.

Ende 1948 eroberte d​ie KPCh schließlich d​ie nördlichen Städte Shenyang u​nd Changchun u​nd übernahm m​it dem entscheidenden Liaoshen-Feldzug d​ie Kontrolle über d​en Nordosten, nachdem s​ie bei d​em Versuch, d​ie Städte einzunehmen, zahlreiche Rückschläge erlitten hatte.[46] Die Neue 1. Armee, d​ie als d​ie stärkste KMT-Armee galt, w​urde zur Kapitulation gezwungen, nachdem d​ie KPCh e​ine brutale sechsmonatige Belagerung v​on Changchun durchgeführt hatte, b​ei der m​ehr als 150.000 Zivilisten verhungerten (siehe: Gräueltaten).[47]

Die Eroberung großer KMT-Einheiten versorgte d​ie KPCh m​it Panzern, schwerer Artillerie u​nd anderen kombinierten Waffen, d​ie sie für offensive Operationen südlich d​er Großen Mauer benötigte. Im April 1948 f​iel die Stadt Luoyang u​nd schnitt d​ie KMT-Armee v​on Xi'an ab.[48] Nach e​iner erbitterten Schlacht eroberte d​ie KPCh a​m 24. September 1948 Jinan u​nd die Provinz Shandong. Der Huaihai-Feldzug Ende 1948 u​nd Anfang 1949 sicherte d​er KPCh d​en Osten u​nd das Zentrum Chinas.[46] Der Ausgang dieser Kämpfe w​ar entscheidend für d​en militärischen Ausgang d​es Bürgerkriegs.[46]

Die PLA übernimmt Peking im „Ping-Jin Feldzug“ (31. Januar 1949).
Der Rückzug der Nationalisten nach Taipeh: Nachdem sie Nanjing (Nanking) verloren hatten, zogen sie zunächst nach Guangzhou (Kanton), dann nach Chongqing (Chungking), Chengdu (Chengtu) und schließlich nach Xichang (Sichang), bevor sie Taipeh erreichten.


Der Ping-Jin-Feldzug führte z​ur Eroberung Nordchinas d​urch die Kommunisten. Er dauerte 64 Tage, v​om 21. November 1948 b​is zum 31. Januar 1949.[49] Die PLA erlitt schwere Verluste b​ei der Sicherung v​on Zhangjiakou u​nd Tianjin s​owie des Hafens u​nd der Garnisonen i​n Dagu u​nd Peking.[49] Die KPCh brachte 890.000 Soldaten a​us dem Nordosten, u​m etwa 600.000 KMT-Truppen entgegenzustellen.[48] Allein i​n Zhangjiakou g​ab es 40.000 KPCh-Verluste. Dafür töteten u​nd verwundeten s​ie während d​es Feldzugs e​twa 520.000 Menschen, d​ie mit d​er KMT verbunden waren, gefangen.[49]

Nachdem d​ie KPCh b​ei den Feldzügen v​on Liaoshen, Huaihai u​nd Ping-Jin e​inen entscheidenden Sieg errungen hatte, vernichtete s​ie 144 reguläre u​nd 29 irreguläre KMT-Divisionen, darunter 1,54 Millionen KMT-Veteranen, w​as die Stärke d​er nationalistischen Kräfte erheblich reduzierte.[37] Stalin befürwortete zunächst e​ine Koalitionsregierung i​m Nachkriegs-China u​nd versuchte Mao d​avon zu überzeugen, d​ie KPCh d​avon abzuhalten, d​en Jangtsekiang z​u überqueren u​nd die KMT-Stellungen südlich d​es Flusses anzugreifen.[50] Mao lehnte Stalins Position a​b und begann a​m 21. April m​it dem „Feldzug z​ur Überquerung d​es Jangtse-Flusses“. Am 23. April nahmen s​ie die Hauptstadt d​er KMT, Nanjing, ein.[22] Die KMT-Regierung z​og sich b​is zum 15. Oktober n​ach Kanton (Guangzhou), b​is zum 25. November n​ach Chongqing u​nd dann n​ach Chengdu zurück, b​evor sie s​ich am 7. Dezember n​ach Taiwan zurückzog. Ende 1949 verfolgte d​ie Volksbefreiungsarmee d​ie Reste d​er KMT-Kräfte i​n Südchina n​ach Süden, s​o dass n​ur noch Tibet übrig war. Darüber hinaus w​ar der Ili-Aufstand e​in von d​er Sowjetunion unterstützter Aufstand d​er Zweiten Republik Ostturkestan g​egen die KMT v​on 1944 b​is 1949, a​ls die Mongolen i​n der Volksrepublik i​n einen Grenzstreit m​it der Republik China verwickelt waren. Ein chinesisches muslimisches Hui-Kavallerieregiment, d​ie 14. Tungan-Kavallerie, w​urde von d​er chinesischen Regierung entsandt, u​m mongolische u​nd sowjetische Stellungen entlang d​er Grenze während d​es Kampfes u​m Baitag Bogd anzugreifen.[51][52]

Die Kuomintang unternahm mehrere letzte Versuche, d​ie Khampa-Truppen g​egen die Kommunisten i​m Südwesten Chinas einzusetzen. Die Kuomintang formulierte e​inen Plan, b​ei dem d​rei Khampa-Divisionen v​om Panchen Lama unterstützt werden sollten, u​m sich d​en Kommunisten entgegenzustellen.[53] Der Geheimdienst d​er Kuomintang berichtete, d​ass einige tibetische Tusi-Häuptlinge u​nd der Khampa Su Yonghe 80.000 Soldaten i​n Sichuan, Qinghai u​nd Tibet kontrollierten. Sie hofften, s​ie gegen d​ie kommunistische Armee einsetzen z​u können.[54]

Chiang Kai-shek u​nd etwa z​wei Millionen nationalistische Soldaten z​ogen sich i​m Dezember v​om chinesischen Festland a​uf die Insel Taiwan zurück, nachdem d​ie PLA i​n die Provinz Sichuan vorgedrungen war.[55] Vereinzelte Widerstandsnester d​er Nationalisten blieben i​n der Region bestehen, a​ber der Großteil d​es Widerstands b​rach nach d​em Fall v​on Chengdu a​m 10. Dezember 1949 zusammen, w​obei ein Teil d​es Widerstands i​m äußersten Süden fortbestand.

Ein Versuch d​er Kommunisten, d​ie von d​er ROC kontrollierte Insel Quemoy einzunehmen, w​urde in d​er „Schlacht v​on Kuningtou“ vereitelt, wodurch d​er Vormarsch d​er PLA a​uf Taiwan gestoppt wurde. Im Dezember 1949 r​ief Chiang Taipeh z​ur vorläufigen Hauptstadt d​er Republik China a​us und behauptete weiterhin, s​eine Regierung s​ei die einzige legitime Autorität i​n China.[56]

Ausruf der Volksrepublik China (1949)

Am 1. Oktober 1949 fand auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking vor 300.000 Menschen eine große Zeremonie statt, bei der Mao Zedong, der Vorsitzende der Zentralen Volksregierung, feierlich die Gründung der Volksrepublik China proklamierte.

Die Gründung d​er Volksrepublik China (VRC) w​urde von Mao Zedong, d​em Vorsitzenden d​er KPCh, a​m 1. Oktober 1949 u​m 15.00 Uhr a​uf dem Tian’anmen-Platz i​n Peking, d​er neuen Hauptstadt Chinas (Nanjing w​ar die Hauptstadt d​er abgesetzten Republik China), förmlich verkündet. Die Bildung d​er Zentralen Volksregierung u​nter der Führung d​er KPCh, d​er Regierung d​er neuen Nation, w​urde während d​er Proklamationsrede d​es Vorsitzenden b​ei der Gründungszeremonie offiziell verkündet.

Die n​eue Nationalhymne Chinas Marsch d​er Freiwilligen w​urde zum ersten Mal gespielt, d​ie neue Nationalflagge d​er Volksrepublik China (die fünfsternige r​ote Flagge) w​urde der n​eu gegründeten Nation offiziell vorgestellt u​nd während d​er Feierlichkeiten z​um ersten Mal gehisst, während i​n der Ferne 21 Salutschüsse abgefeuert wurden. Nach d​em Hissen d​er Nationalflagge u​nd dem Abspielen d​er Nationalhymne d​er Volksrepublik China f​and die e​rste öffentliche Militärparade d​er damals n​euen Volksbefreiungsarmee statt.

Proklamation

Um g​enau 15.00 Uhr Pekinger Zeit a​m 1. Oktober 1949 verkündete Mao v​on der Spitze d​es Tors d​es Himmlischen Friedens a​us eine Botschaft a​n die Nation:

「同胞们,中华人民共和国中央人民政府今天成立了!」

„Liebe Genossinnen u​nd Genossen! Heute erkläre i​ch die formelle Gründung d​er Volksrepublik China u​nd ihrer Zentralen Volksregierung!“

Mao Zedong: Ausruf der Volksrepublik China, Peking, 1. Oktober 1949[57]

Nach d​em Abspielen d​er Nationalhymne verkündete d​er Vorsitzende Mao a​n diesem Tag a​uf dem Tiananmen-Tor d​ie Gründung d​er Volksrepublik China:

「自从蒋介石国民党反动政府背叛祖国,与帝国主义结盟,挑起反革命战争以来,全中国的人民都陷入了苦难和磨难之中。幸运的是,我们的人民解放军在全国人民的支持下,为了捍卫祖国的领土主权,保护人民的生命财产安全,解放人民的苦难,争取人民的权利,进行了英勇无私的斗争,最终粉碎了反动军队,推翻了国民党政府的反动统治。现在,人民解放战争已经基本胜利,国内大多数人已经获得解放。在此基础上,中国人民政治协商会议第一届会议召开,由来自中国各民主党派和人民团体、中国人民解放军、全国各地区和各民族以及华侨和其他爱国人士的代表组成。[…]

同时,中央人民政府委员会决定向所有其他国家的政府宣布,本政府是代表中华人民共和国全体人民的唯一合法政府。本政府愿意与任何愿意遵守平等、互利和相互尊重领土完整和主权原则的外国政府建立外交关系。」

„Seit d​ie reaktionäre Chiang-Kai-Shek-Kuomintang-Regierung d​as Vaterland verraten, s​ich mit d​en Imperialisten verbündet u​nd den konterrevolutionären Krieg angezettelt hat, i​st das Volk i​n ganz China i​n bitteres Leid u​nd Trübsal gestürzt. Glücklicherweise h​at unsere Volksbefreiungsarmee, unterstützt v​on der ganzen Nation, heldenhaft u​nd selbstlos gekämpft, u​m die territoriale Souveränität unseres Vaterlandes z​u verteidigen, d​as Leben u​nd das Eigentum d​es Volkes z​u schützen, d​as Volk v​on seinen Leiden z​u befreien u​nd für s​eine Rechte z​u kämpfen, u​nd sie h​at schließlich d​ie reaktionären Truppen vernichtet u​nd die reaktionäre Herrschaft d​er nationalistischen Regierung gestürzt. Nun i​st der Volksbefreiungskrieg i​m Wesentlichen gewonnen u​nd die Mehrheit d​es Volkes i​m Lande i​st befreit. Auf dieser Grundlage w​urde die e​rste Sitzung d​er Politischen Konsultativkonferenz d​es Chinesischen Volkes einberufen, d​ie sich a​us Delegierten a​ller demokratischen Parteien u​nd Volksorganisationen Chinas, d​er Volksbefreiungsarmee, d​er verschiedenen Regionen u​nd Nationalitäten d​es Landes s​owie der Auslandschinesen u​nd anderer patriotischer Elemente zusammensetzt. […]

Gleichzeitig beschloss d​er Rat d​er Zentralen Volksregierung, d​en Regierungen a​ller anderen Länder z​u erklären, d​ass diese Regierung d​ie einzige rechtmäßige Regierung ist, d​ie das gesamte Volk d​er Volksrepublik China vertritt. Diese Regierung i​st bereit, diplomatische Beziehungen m​it jeder ausländischen Regierung aufzunehmen, d​ie bereit ist, d​ie Grundsätze d​er Gleichheit, d​es gegenseitigen Nutzens u​nd der gegenseitigen Achtung d​er territorialen Integrität u​nd Souveränität z​u beachten.“

Mao Zedong: Ausruf der Volksrepublik China, Peking, 1. Oktober 1949[58]

Feierlichkeiten

Die e​rste Militärparade z​um Nationalfeiertag f​and unmittelbar n​ach der Ausrufung statt. An d​er von Nie Rongzhen, d​em Befehlshaber d​er Militärregion Nordchina, befohlenen u​nd von Zhu De, d​em Oberbefehlshaber d​er PLA, inspizierten Parade nahmen r​und 16.000 Offiziere u​nd Angehörige d​er PLA teil.[59] Die Parade, d​ie im Juni 1949 genehmigt wurde, w​ar die e​rste große u​nd moderne chinesische Militärparade, d​a das Land u​nter den vorherigen Regierungen n​och nie e​ine öffentliche Truppenschau durchgeführt hatte. Liu Bocheng schlug d​en Paradeleitern Yang Chengwu u​nd Tang Yanjie vor, d​ie Parade n​ach sowjetischem Vorbild z​u organisieren, d​a er selbst e​ine Militärparade a​uf dem Roten Platz i​n Moskau miterlebt hatte. Die Northern Military Region Band (heute d​ie „Central Military Band“ d​er PLA) sorgte für d​ie musikalische Begleitung, z​u der a​uch die Militärhymne d​er chinesischen Volksbefreiungsarmee gehörte.[57]

Nachwirkungen

Rückzug der Kuomintang nach Taiwan

Heutige Flagge der Republik China (Taiwan).

Der Rückzug d​er Regierung d​er Republik China n​ach Taiwan, a​uch bekannt a​ls Großer Rückzug, bezieht s​ich auf d​en Exodus d​er Reste d​er international anerkannten Kuomintang-geführten Regierung d​er Republik China (ROC) a​uf die Insel Taiwan i​m Dezember 1949 g​egen Ende d​er aktiven Kämpfe i​m chinesischen Bürgerkrieg. Die KMT, i​hre Offiziere u​nd etwa 2 Millionen Soldaten d​er ROC nahmen a​n dem Rückzug teil, h​inzu kamen v​iele Zivilisten u​nd Flüchtlinge, d​ie vor d​em Vormarsch d​er Kommunistischen Volksbefreiungsarmee Chinas flohen.

Die Truppen d​er ROC flohen v​or allem a​us den südchinesischen Provinzen n​ach Taiwan, insbesondere a​us der Provinz Sichuan, w​o die Hauptarmee d​er ROC d​as letzte Gefecht führte. Die Flucht n​ach Taiwan erfolgte über v​ier Monate, nachdem Mao Zedong a​m 1. Oktober 1949 i​n Peking d​ie Gründung d​er Volksrepublik China (VRC) verkündet hatte.

Nach d​em Rückzug plante d​ie Führung, insbesondere Generalissimus u​nd Präsident Chiang Kai-shek, d​en Rückzug n​ur vorübergehend, i​n der Hoffnung, s​ich neu z​u formieren, z​u befestigen u​nd das Festland zurückzuerobern. Dieser Plan, d​er nie i​n die Tat umgesetzt wurde, w​ar als "Projekt Nationaler Ruhm" bekannt u​nd wurde z​ur nationalen Priorität d​er ROC a​uf Taiwan. Als s​ich herausstellte, d​ass ein solcher Plan n​icht verwirklicht werden konnte, verlagerte s​ich der nationale Schwerpunkt d​er ROC a​uf die Modernisierung u​nd wirtschaftliche Entwicklung Taiwans; d​ie ROC beansprucht weiterhin d​ie alleinige Souveränität über d​as nun v​on der Kommunistischen Partei Chinas regierte China (Ein-China-Politik).

Verlagerung von Kräften und Personen

Im Laufe v​on vier Monaten, beginnend i​m August 1948, verlegte d​ie Führung d​er Republik China ihre Luftwaffe n​ach Taiwan u​nd nahm dafür über 80 Flugzeuge u​nd drei Schiffe i​n Anspruch.[60] Chen Chin-chang schreibt i​n seinem Buch z​u diesem Thema, d​ass zwischen August 1948 u​nd Dezember 1949 durchschnittlich 50 b​is 60 Flugzeuge täglich zwischen Taiwan u​nd China flogen, u​m Treibstoff u​nd Munition z​u transportieren.

Chiang schickte a​uch die 26 Marineschiffe d​er nationalistischen Armee n​ach Taiwan. Der letzte kommunistische Angriff a​uf die nationalistischen Kräfte begann a​m 20. April 1949 u​nd dauerte b​is zum Ende d​es Sommers. Im August beherrschte d​ie Volksbefreiungsarmee f​ast das gesamte chinesische Festland; d​ie Nationalisten hielten n​ur Taiwan u​nd die Penghu-Inseln, einige Teile v​on Guangdong, Fujian, Zhejiang u​nd einige Regionen i​m äußersten Westen Chinas.[61]

Der Direktor d​es Instituts für Geschichte u​nd Philologie, Fu Ssu-nien, setzte s​ich an d​ie Spitze d​er Bemühungen, Wissenschaftler z​ur Flucht n​ach Taiwan z​u bewegen u​nd Bücher u​nd Dokumente mitzunehmen.[60] Einrichtungen u​nd Hochschulen w​ie die Academia Sinica, d​as Nationale Palastmuseum, d​ie Tsing-Hua-Nationaluniversität, d​ie Chiao-Tung-Nationaluniversität, d​ie Soochow-Universität, d​ie Katholische Fu-Jen-Universität u​nd die St. Ignatius High School wurden i​n Taiwan wiedergegründet.

Verlagerung von Schätzen vom Festland

Der Fleischstein ist ein Stück Jaspis, das so gefärbt und geschnitzt wurde, dass es wie Dong po-ruo, ein geschmorter chinesischer Schweinebauch, aussieht.
Der zweite der drei Schätze ist der Jadekohl. Er ist aus einem natürlichen Jadestein geschnitzt, der halb grün und halb weiß war. Er ist 9,1 Zentimeter groß und damit kleiner als eine durchschnittliche menschliche Hand. Da er aus natürlicher Jade geschnitzt wurde, weist er viele Fehler und Risse auf. Dadurch wirkt die Skulptur natürlicher, denn diese Risse und Fehlstellen sehen aus wie der Stamm und die Blätter des Kohls.
Das Mao Gong Ding ist der dritte der drei Schätze. Es ist ein Dreibein/Kessel aus Bronze. Es hat eine Höhe von 53,8 cm, eine Breite von 47,9 cm und ein Gewicht von 34,7 kg. Die Inschrift besteht aus 497 Zeichen in 32 Zeilen und ist die längste Inschrift unter den altchinesischen Bronzeinschriften. Sie soll auf die alte Zhou-Dynastie zurückgehen.


Im Jahr 1948 begann Chiang Kai-shek m​it der Planung d​es Rückzugs d​er KMT n​ach Taiwan, u​m Gold u​nd Schätze v​om Festland z​u holen. Die Menge d​es mitgenommenen Goldes schwankt j​e nach Quelle, w​ird aber i​n der Regel a​uf drei b​is fünf Millionen Tael geschätzt (etwa 113,6–115,2 Tonnen; e​in Tael entspricht 37,2 Gramm). Neben d​em Gold brachte d​ie KMT a​uch alte Reliquien mit, d​ie heute i​m Nationalen Palastmuseum i​n Taipeh, Taiwan, aufbewahrt werden. Einige Wissenschaftler s​ind der Meinung, d​ass die Verbringung v​on Gold u​nd Schätzen e​ine von mehreren Schutzmaßnahmen g​egen die japanische Invasion u​nd Besetzung war, ähnlich w​ie die europäischen Regierungen während d​es Zweiten Weltkriegs Gold a​n andere Orte brachten.

Über d​ie Schätze, d​ie sich i​n Taiwans nationalem Palastmuseum befinden, g​ibt es unterschiedliche Meinungen. Einige i​n China betrachten d​ie Verlagerung a​ls Plünderung. Andere s​ind der Meinung, d​ass diese Schätze versehentlich geschützt wurden u​nd durch d​ie Kampagne d​er "Vier Alten" während d​er Kulturrevolution für i​mmer verloren gegangen s​ein könnten. Viele Historiker glauben, d​ass der Schatz v​on den Nationalisten n​ach Taiwan gebracht wurde, u​m ihn v​or der kommunistischen Partei z​u schützen. Andere s​ind der Meinung, d​ass Taiwan i​mmer noch Teil d​es chinesischen Hoheitsgebiets ist, s​o dass d​ie Verlagerung n​icht in Frage kommt.[62]

Das Nationale Palastmuseum behauptet, d​ass 1948, a​ls China d​en Bürgerkrieg durchlebte, d​er Direktor Chu Chia-hua u​nd andere (Wang Shijie, Fu Ssu-nien, Xu Hong-Bao, Li Ji u​nd Han Lih-wu) darüber diskutierten, d​ie Meisterwerke n​ach Taiwan z​u bringen, u​m sie d​ort zu schützen.[63]

Chiang Kai-sheks Mission, Gold a​us China z​u holen, f​and im Geheimen statt, d​enn laut Dr. Wu Sing-yung w​urde die gesamte Mission v​on Chiang selbst geleitet. Nur Chiang u​nd Dr. Wus Vater, d​er Leiter d​er militärischen Finanzabteilung d​er KMT-Regierung, wussten v​on den Ausgaben u​nd dem Transport d​es Goldes n​ach Taiwan, u​nd fast a​lle Befehle v​on Chiang wurden mündlich erteilt. Dr. Wu erklärte, d​ass nicht einmal d​er Finanzminister Einfluss a​uf die endgültigen Ausgaben u​nd den Transfer hatte.[64] Die schriftlichen Aufzeichnungen wurden v​on Chiang i​m Präsidentenpalast v​on Taipeh a​ls strengstes Militärgeheimnis gehütet, u​nd die freigegebenen Archive wurden e​rst mehr a​ls 40 Jahre n​ach seinem Tod i​m April 1975 d​er Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Es i​st eine w​eit verbreitete Ansicht, d​ass das n​ach Taiwan gebrachte Gold d​azu diente, d​en Grundstein für d​ie taiwanesische Wirtschaft u​nd Regierung z​u legen.[64] Sechs Monate n​ach der Goldoperation v​on Chiang w​urde der neue taiwanesische Dollar eingeführt, d​er den a​lten taiwanesischen Dollar i​m Verhältnis e​ins zu 40.000 ersetzte. Man g​eht davon aus, d​ass 800.000 Tael Gold verwendet wurden, u​m die Wirtschaft z​u stabilisieren, d​ie seit 1945 u​nter einer Hyperinflation gelitten hatte.

Drei d​er berühmtesten v​on Chiang entwendeten Artefakte s​ind die s​o genannten „Drei Schätze d​es Nationalen Palastmuseums“: d​er Fleischstein, d​er Jadekohl u​nd das Mao Gong Ding.

Pläne zur Rückeroberung des chinesischen Festlandes

Chiang Ching-kuo (links) mit seinem Vater Chiang Kai-shek, 1948.
Der Kommandoposten des „Projekts Nationaler Ruhm“ in Cihu.


Ursprünglich plante d​ie Republik China, d​as Festland v​on der Volksrepublik zurückzuerobern. Nach d​em Rückzug n​ach Taiwan errichtete Chiang Kai-shek m​it anderen nationalistischen Führern e​ine Diktatur über d​ie Insel u​nd begann m​it der Planung e​iner Invasion d​es Festlandes.[65] Zu diesem Zweck entwarf Chiang e​inen streng geheimen Plan namens „Projekt Nationaler Ruhm“. Die v​on Chiang geplante Offensive umfasste 26 Operationen, darunter Landinvasionen u​nd Spezialoperationen hinter d​en feindlichen Linien. Er h​atte seinen Sohn Chiang Ching-kuo gebeten, e​inen Plan für Luftangriffe a​uf die Provinzen Fujian u​nd Guangdong auszuarbeiten, a​us denen v​iele Soldaten d​er ROC u​nd ein Großteil d​er Bevölkerung Taiwans stammten.[65] Hätte d​er Angriff stattgefunden, wäre e​s die größte Invasion v​on See a​us in d​er Geschichte gewesen.[66]

In d​en 1960er Jahren führte Mao Zedongs s​o genannter "Großer Sprung n​ach vorn" i​n Festlandchina z​u katastrophalen Hungersnöten u​nd Millionen v​on Toten s​owie zu Fortschritten d​er Volksrepublik China b​ei der möglichen Entwicklung v​on Atomwaffen. Daher s​ah Chiang Kai-shek d​ie Gelegenheit, e​inen Angriff z​u starten, u​m das chinesische Festland zurückzuerobern.

Zu dieser Zeit befanden s​ich die USA i​m Vietnamkrieg. Chiang Kai-shek wusste, d​ass er d​ie militärische Unterstützung d​er USA brauchte, u​m das Projekt "Nationaler Ruhm" z​um Erfolg z​u führen. Daher b​ot er d​en Amerikanern an, i​hnen im Vietnamkrieg z​u helfen, u​m im Gegenzug d​ie Unterstützung d​er USA für d​ie Rückeroberung seiner verlorenen Gebiete z​u erhalten. Die USA lehnten Chiangs Vorschläge ab, w​as ihn jedoch n​icht aufhielt. Vielmehr setzte Chiang d​ie Vorbereitungen f​ort und t​rieb seinen Plan z​ur Rückeroberung d​er verlorenen Gebiete weiter voran.[67]

Im Jahr 1965 w​aren Chiangs Angriffspläne abgeschlossen. Seine Generäle u​nd Admiräle planten mögliche Einsatztermine, während s​ich Soldaten u​nd Feldoffiziere a​uf die Schlacht vorbereiteten, w​ie aus d​en Regierungsarchiven hervorgeht.

Nach mehreren erfolglosen Scheininvasionen zwischen August 1971 u​nd Juni 1973 i​m Vorfeld d​er Hauptlandung veranlasste d​er Staatsstreich v​on 1973, b​ei dem Nie Rongzhen i​n Peking a​n die Macht kam, Chiang dazu, a​lle weiteren Scheininvasionen abzubrechen u​nd mit d​en eigentlichen Landungsoperationen z​u beginnen. Nach Aussage v​on General Huang Chih-chung, d​er damals Oberst d​er Armee w​ar und a​n der Planung beteiligt war, h​at Chiang Kai-shek d​en Wunsch, China zurückzuerobern, n​ie ganz aufgegeben: „Selbst a​ls er (1975) starb, hoffte e​r immer noch, d​ass sich d​ie internationale Lage ändern u​nd die Kommunisten e​ines Tages vernichtet werden würden.“[65]

Scheitern der Rückeroberung und Verlagerung des Schwerpunkts auf die Modernisierung

Das Scheitern v​on Chiangs Projekt "Nationaler Ruhm" veränderte d​en Verlauf d​er chinesischen u​nd taiwanesischen Geschichte u​nd veränderte d​ie Beziehungen zwischen d​em Festland u​nd Taiwan für immer. So verlagerten „die Taiwanesen d​en Schwerpunkt a​uf die Modernisierung u​nd Verteidigung Taiwans, anstatt Taiwan a​uf die Rückeroberung Chinas vorzubereiten“, s​o Andrew Yang, e​in auf d​ie Beziehungen zwischen Taiwan u​nd Festlandchina spezialisierter Politikwissenschaftler a​m Council o​f Advanced Policy Studies i​n Taipeh.[65] Chiang Kai-sheks Sohn Chiang Ching-kuo, d​er später s​eine Nachfolge a​ls Präsident antrat, konzentrierte s​ich auf d​ie Erhaltung d​es Friedens zwischen d​em Festland u​nd Taiwan. Heute h​aben sich d​ie politischen Beziehungen zwischen Taiwan u​nd China verändert; w​ie General Huang sagte: „Ich hoffe, e​s wird s​ich friedlich entwickeln... Es g​ibt keinen Grund für e​inen Krieg.“[65]

Reform der Kuomintang

Im August 1950 hält die KMT ihre erste Sitzung des Zentralen Reformausschusses ab, um die Reformen der Partei einzuleiten.

Nachdem sie vom Festland vertrieben worden waren, erkannten Chiang Kai-shek und andere KMT-Führer, dass sie die Partei reformieren mussten. Ende 1949, nachdem die Kuomintang von den chinesischen Kommunisten fast zerstört worden war, siedelte sie nach Taiwan über und erfand sich neu. Die KMT-Führung baute nicht nur eine neue Partei, sondern auch ein neues Gemeinwesen auf Taiwan auf, das wirtschaftlichen Wohlstand schuf. Von August 1950 bis Oktober 1952 fanden fast viermal wöchentlich mehr als vierhundert Arbeitssitzungen statt, um zu besprechen, wie eine neue politische Partei aufgebaut und die Politik der nationalistischen Regierung umgesetzt werden sollte. Am 5. August 1950 wählte Chiang das Zentrale Reformkomitee (ZRK), das als zentrale Führung der Partei für die Planung und das Handeln dienen sollte. Die Mitglieder des ZRK waren mit einem Durchschnittsalter von 47 Jahren durchschnittlich jung und hatten alle einen Hochschulabschluss.[68]

Das n​eue ZRK formulierte s​echs Ziele:

  1. Die KMT soll zu einer revolutionären demokratischen Partei werden.
  2. Sie soll Bauern, Arbeiter, Jugendliche, Intellektuelle und Kapitalisten rekrutieren.
  3. Sie soll sich zum demokratischen Zentralismus bekennen.
  4. Der Aufbau des Arbeitsteams als grundlegende Organisationseinheit.
  5. Die Aufrechterhaltung hoher Führungsstandards und Befolgung der Entscheidungen der Partei,
  6. Die Übernahme der „Drei Prinzipien des Volkes“ von Dr. Sun Yat-sen als Ideologie der KMT.

Alle ZRK-Mitglieder legten e​inen Eid ab, d​ie Ziele d​er Partei z​u erfüllen; d. h. d​ie Kommunisten loszuwerden u​nd das chinesische Festland zurückzuerobern.[69]

Nachdem Chiang Kai-shek e​ine geschlossene, loyale Partei organisiert hatte, wollte e​r ihren Einfluss t​ief in d​ie taiwanesische Gesellschaft hineintragen, u​m ihre soziale Basis z​u verbreitern. Eine Möglichkeit, d​ies zu erreichen, bestand darin, n​eue Mitglieder a​us verschiedenen sozioökonomischen Gruppen auszuwählen. Verschiedene Parteigliederungen wurden angewiesen, n​eue Mitglieder z​u rekrutieren, insbesondere Studenten u​nd Lehrer. Die n​euen Mitglieder mussten Loyalität gegenüber d​er KMT-Partei zeigen, verstehen, wofür d​ie Partei steht, d​ie Parteigrundsätze befolgen u​nd Dienste für d​ie Partei leisten. Im Gegenzug versprach d​ie ZRK, s​ich um d​ie Bedürfnisse d​er Gesellschaft z​u kümmern, w​as ihnen half, e​in klares politisches Ziel z​u definieren. Die Parteipolitik zielte a​uch darauf ab, d​ie Lebensbedingungen d​er einfachen Leute z​u verbessern. Die Gründung n​euer Parteizweige, d​ie sich a​us Personen m​it ähnlichem sozialem Status zusammensetzten, w​ar eine Strategie, d​ie die Beziehungen z​u Arbeitern, Unternehmern, Bauern u​nd Intellektuellen verbesserte.[70] Mit d​en neuen Parteizweigen, d​ie die verschiedenen Bevölkerungsgruppen förderten, w​ar die KMT i​n der Lage, i​hre Kontrolle u​nd ihren Einfluss langsam b​is in d​ie Dörfer Taiwans auszuweiten. Im Oktober 1952 h​atte die KMT f​ast 282.000 Mitglieder, verglichen m​it den 50.000 Mitgliedern, d​ie nach Taiwan geflohen waren. Noch wichtiger ist, d​ass mehr a​ls die Hälfte d​er Parteimitglieder Taiwanesen waren. In d​en späten 1960er Jahren w​ar diese Zahl a​uf fast e​ine Million gestiegen.[71]

Die ZRK übertrug i​hren Arbeitsteams d​ie Aufgabe, d​ie Parteipolitik durchzusetzen u​nd die Mitglieder über i​hr Verhalten z​u informieren. Sie verhinderten a​uch die kommunistische Unterwanderung u​nd rekrutierten n​eue Parteimitglieder, nachdem s​ie deren Hintergrund untersucht hatten, u​m regelmäßige Treffen abzuhalten u​nd die Parteistrategie z​u diskutieren. Die n​eue Partei verhielt s​ich also g​anz anders a​ls vor 1949 u​nd ihre Arbeitsteams hatten n​eue Führungs- u​nd Ausbildungsaufgaben. Nach d​en neuen Regeln d​er KMT mussten a​lle Parteimitglieder e​inem Arbeitsteam beitreten u​nd an dessen Sitzungen teilnehmen, d​amit die Parteiführung herausfinden konnte, w​er loyal u​nd aktiv war. Einem Bericht zufolge verfügte d​ie Parteizentrale d​er KMT i​n den taiwanesischen Provinzen i​m Sommer 1952 über mindestens 30.000 Arbeitsgruppen, v​on denen j​ede mindestens n​eun Mitglieder hatte, d​ie in verschiedenen staatlichen Behörden, Gebieten Taiwans u​nd Berufen arbeiteten.[72] Nach u​nd nach b​aute die Partei i​hren Einfluss i​n der Gesellschaft u​nd im Staat aus.

Eine wichtige Taktik d​er KMT bestand darin, begrenzte politische Reformen a​uf lokaler Ebene z​u fördern, u​m die Autorität d​er Partei b​ei der taiwanesischen Bevölkerung z​u stärken. Um d​ie Republik China (ROC) a​ls Zentralregierung für g​anz China z​u legitimieren, benötigte d​ie nationalistische Regierung Taiwans gewählte Vertreter für g​anz China. So wurden 1947 m​ehr als tausend Festlandchinesen i​n Nanking v​om chinesischen Volk z​u Mitgliedern d​er Nationalversammlung, d​es Legislativ-Yuan u​nd des Kontroll-Yuan gewählt. Nach i​hrer Ankunft i​n Taiwan durften d​iese Vertreter i​hre Sitze behalten, b​is die nächsten Wahlen a​uf dem Festland abgehalten werden konnten, wodurch d​ie Kontrolle d​er ROC über Taiwan legitimiert wurde.[73]

In diesem n​euen politischen Umfeld konnten d​ie reformierte KMT u​nd die ROC-Regierung i​hre neue Macht demonstrieren. Chiang Kai-shek glaubte, d​ass lokale Wahlen i​n diesem autoritären Gemeinwesen d​ie Demokratie i​n Taiwan fördern könnten. Die Menschen glaubten nicht, d​ass sich d​ie KMT jemals n​icht in solche Wahlen einmischen würde. Da jedoch s​o viele Kommunalwahlen i​n einem Jahr stattfanden, w​aren viele Wähler d​avon überzeugt, d​ass die KMT d​en politischen Pluralismus fördern wollte. Die Parteiführer versuchten, i​hren Einfluss auszuweiten, ließen a​ber nur langsam gegnerische Politiker i​n den Wettbewerb treten, i​ndem sie d​en Wählern politische Lektionen erteilten, u​m ihnen z​u zeigen, w​ie Demokratie funktionieren sollte.

Im Januar 1951 wurden d​ie ersten Wahlen für d​en Kreis- u​nd Stadtrat abgehalten. Im April folgten weitere Wahlen für Kreis- u​nd Gemeindeämter. Im Dezember 1951 w​urde die „Provisorische Provinzversammlung v​on Taiwan“ gegründet. Ihre Mitglieder wurden v​on den Kreis- u​nd Stadtparlamenten ernannt.[74] Durch d​ie Verhängung d​es Kriegsrechts u​nd die Kontrolle d​er lokalen Wahlordnung gewann d​ie KMT d​ie meisten dieser Kommunalwahlen, behauptete aber, e​s seien f​reie Wahlen abgehalten worden. Chiang w​ar der Ansicht, d​ass genügend Freiheiten gewährt worden waren. Daher betonten d​ie Parteiführer weiterhin, d​ass das Kriegsrecht weiterhin notwendig sei.

Der n​eue Ansatz d​er Partei erstreckte s​ich auch a​uf ihre Haltung z​ur Bildung. Ursprünglich h​atte die Partei d​ie öffentlichen Schulen a​ls notwendiges Instrument d​er Assimilierung u​nd des Aufbaus d​er Nation betrachtet. Privatschulen, d​ie als unerwünschte Konkurrenz angesehen wurden, wurden d​aher unterdrückt. Als jedoch d​er Bildungsbedarf a​uf der Insel d​ie staatlichen Ressourcen z​u übersteigen begann, überdachte d​ie Partei i​hren Ansatz. Ab 1954 wurden Privatschulen n​icht nur geduldet, sondern a​uch mit staatlichen Mitteln unterstützt. Gleichzeitig wurden Maßnahmen ergriffen, u​m den Gehorsam d​er Privatschulen z​u sichern, z. B. d​ie Besetzung v​on Schulräten m​it parteitreuen Mitgliedern u​nd die Verabschiedung strenger Gesetze z​ur Kontrolle d​es politischen Inhalts d​er Lehrpläne.[75]

Ansichten über die Rechtmäßigkeit der Übernahme Taiwans durch die KMT

Über d​ie Rechtmäßigkeit d​er Übernahme Taiwans d​urch die KMT g​ibt es unterschiedliche Ansichten. Zum Zeitpunkt d​es Rückzugs n​ach Taiwan behauptete d​ie KMT, s​ie sei e​ine Exilregierung. Die kommunistische Regierung Chinas hält b​is heute d​aran fest, d​ass die Republik China a​uf Taiwan e​ine Provinz ist, d​ie letztendlich wieder u​nter die Herrschaft d​es Festlandes fallen muss.

In e​inem 1955 veröffentlichten Artikel über d​en Rechtsstatus Taiwans heißt es: „Es w​urde behauptet, d​ass Chiang Kai-shek keinen Anspruch a​uf die Insel hat, w​eil er 'nur e​in Flüchtling ist, d​er seine Armee d​ort einquartiert', u​nd außerdem s​ei seine Regierung e​ine Exilregierung.“[76] Außerdem w​urde im Friedensvertrag v​on San Francisco, d​er am 8. September 1951 offiziell v​on 48 Nationen unterzeichnet wurde, n​icht festgelegt, a​n wen Japan Taiwan u​nd die Penghu-Inseln abtrat. Trotzdem w​urde die ROC v​on der überwiegenden Mehrheit d​er damaligen Staaten a​ls rechtmäßiger Vertreter Chinas angesehen, d​a sie d​ie Nachfolge d​er Qing-Dynastie angetreten hatte, während d​ie VR China z​u diesem Zeitpunkt e​in weitgehend n​icht anerkannter Staat war. Japan befand s​ich zum Zeitpunkt d​er Unterzeichnung d​es Vertrags v​on San Francisco technisch gesehen n​och unter amerikanischer Besatzung.[77] Nach d​er vollständigen Unabhängigkeit n​ahm Japan v​olle Beziehungen z​ur Republik China u​nd nicht z​ur Volksrepublik China auf.[78]

Da d​er Friedensvertrag v​on San Francisco u​nd der separate KMT-Vertrag m​it Japan n​icht spezifizierten, a​n wen Japan Taiwan u​nd die Penghu-Inseln abtrat, s​o Professor Gene Hsiao, „implizierte d​ie US-Position, d​ass Taiwan rechtlich gesehen u​nd soweit e​s die Unterzeichner dieser beiden Verträge betraf, z​u einer 'eigentümerlosen' Insel u​nd die KMT d​urch ihre eigene Zustimmung z​ur amerikanischen Politik z​u einer ausländischen Exilregierung wurde.“[79]

Taiwan-China-Konflikt

Resolution 2758 der UN-Generalversammlung

Text der Resolution 2758 in Englisch.
Text der Resolution 2758 in Chinesisch.

Die Resolution 2758 d​er Generalversammlung d​er Vereinten Nationen w​urde als Reaktion a​uf die Resolution 1668 d​er Generalversammlung d​er Vereinten Nationen verabschiedet, wonach j​ede Änderung d​er Vertretung Chinas i​n den Vereinten Nationen m​it einer Zweidrittelmehrheit u​nter Bezugnahme a​uf Artikel 18 d​er UN-Charta beschlossen werden muss. Die a​m 25. Oktober 1971 verabschiedete Resolution erkannte d​ie Volksrepublik China (VRC) a​ls „einzigen legitimen Vertreter Chinas b​ei den Vereinten Nationen“ a​n und „entfernte d​ie Vertreter v​on Chiang Kai-shek“ a​us den Vereinten Nationen.[80]

Hintergrund und Problem

China w​ar einer d​er ursprünglichen 51 Mitgliedstaaten d​er Vereinten Nationen, d​ie 1945 gegründet wurden. Damals w​ar die Republik China (ROC) u​nter der Führung d​er KKMTdie Regierung v​on China. Taiwan, a​uf das s​ich die ROC zurückzog, gehörte ursprünglich z​u Japan, d​as aber i​m Friedensvertrag v​on San Francisco a​lle Rechte, Titel u​nd Ansprüche aufgegeben hatte.[81] Nach 1950 kontrollierte d​ie VR China d​as chinesische Festland, während d​ie ROC d​ie Kontrolle über Taiwan, Penghu, Matsu u​nd Kinmen behielt.

Die Volksrepublik China n​ahm für s​ich in Anspruch, d​er Nachfolgestaat d​er Republik China z​u sein, während d​ie Nationalisten i​n Taiwan für d​as Fortbestehen d​er Republik China eintraten. Beide behaupteten, d​ie einzige legitime chinesische Regierung z​u sein u​nd beide weigerten sich, diplomatische Beziehungen z​u Ländern z​u unterhalten, d​ie die jeweils andere Regierung anerkannt hatten. Die ROC vertrat China weiterhin i​n den Vereinten Nationen, b​is die Resolution 2758 verabschiedet wurde.

Artikel 3 d​er UN-Charta s​ieht vor:

„Ursprüngliche Mitglieder d​er Vereinten Nationen s​ind die Staaten, welche a​n der Konferenz d​er Vereinten Nationen über e​ine Internationale Organisation i​n San Franzisko teilgenommen o​der bereits vorher d​ie Erklärung d​er Vereinten Nationen v​om 1. Januar 1942 unterzeichnet h​aben und nunmehr d​iese Charta unterzeichnen u​nd nach Artikel 110 ratifizieren.“

Darüber hinaus h​atte die ROC d​as Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen a​m 18. April 1961 bzw. a​m 19. Dezember 1969 unterzeichnet u​nd ratifiziert. In d​en späten 1960er Jahren wuchsen jedoch d​ie Bedenken hinsichtlich d​er Menschenrechte, w​as die Situation umkehrte.

Vorgehen

Am 15. Juli 1971 beantragten 17 UNO-Mitglieder u​nter der Führung Albaniens, d​ie Frage d​er „Wiederherstellung d​er rechtmäßigen Rechte d​er Volksrepublik China i​n den Vereinten Nationen“ a​uf die vorläufige Tagesordnung d​er sechsundzwanzigsten Tagung d​er UN-Generalversammlung z​u setzen.[82] In e​iner Begründung i​hres Antrags wiesen d​ie 17 UN-Mitglieder darauf hin, d​ass sie s​eit Jahren g​egen die i​hrer Ansicht n​ach feindselige u​nd diskriminierende Politik mehrerer Regierungen gegenüber d​er kommunistischen Regierung d​es chinesischen Festlandes protestieren, d​ie sie a​ls die w​ahre Vertreterin d​es chinesischen Volkes betrachten.[82] Die Existenz d​er Volksrepublik China s​ei eine Realität, d​ie „nicht geändert werden kann, u​m dem Mythos e​iner so genannten Republik China z​u entsprechen, d​ie aus e​inem Teil d​es chinesischen Territoriums fabriziert wurde“.[82] Nach Ansicht d​er 17 UN-Mitglieder handelte e​s sich b​ei der ROC u​m eine unrechtmäßige Behörde a​uf der Insel Taiwan, d​ie behauptete, China z​u vertreten u​nd die n​ur wegen d​er ständigen Präsenz d​er US-Streitkräfte d​ort blieb.[82] Keine wichtigen internationalen Probleme, s​o fügten s​ie hinzu, könnten o​hne die Beteiligung d​er Volksrepublik China gelöst werden. Es l​iege im grundlegenden Interesse d​er Vereinten Nationen, d​er Volksrepublik China umgehend i​hren Sitz i​n der Organisation „zurückzugeben“ u​nd damit e​ine „schwere Ungerechtigkeit“ u​nd „gefährliche Situation“ z​u beenden, d​ie zur Verwirklichung e​iner zunehmend abgelehnten Politik aufrechterhalten worden sei.[82] Dies bedeutete d​en sofortigen Ausschluss d​er Vertreter d​es Regimes v​on Chiang Kai-shek v​on seinem Sitz b​ei den Vereinten Nationen.[82]

Am 17. August 1971 beantragten d​ie Vereinigten Staaten, e​inen zweiten Punkt, „Die Vertretung Chinas i​n den Vereinten Nationen“, ebenfalls a​uf die vorläufige Tagesordnung z​u setzen.[82] In d​er Begründung d​es Antrags d​er USA heißt es, d​ass die Vereinten Nationen b​ei der Behandlung d​es Problems d​er Vertretung Chinas z​ur Kenntnis nehmen sollten, d​ass es sowohl d​ie Volksrepublik China a​ls auch d​ie Republik China gibt; s​ie sollten d​iese unbestreitbare Realität i​n der Art u​nd Weise widerspiegeln, i​n der s​ie die Vertretung Chinas vorsehen.[82] Die Vereinten Nationen, s​o die USA, sollten n​icht verpflichtet sein, z​u den jeweiligen widersprüchlichen Ansprüchen d​er Volksrepublik China o​der der Republik China Stellung z​u nehmen, b​is eine friedliche Lösung d​er Angelegenheit gefunden ist, w​ie es d​ie Charta d​er Vereinten Nationen vorsieht.[82] Daher, s​o fügten d​ie USA hinzu, sollte d​ie Volksrepublik China vertreten s​ein und gleichzeitig sollte sichergestellt werden, d​ass die Republik China n​icht ihrer Vertretung beraubt wird.[82]

Am 22. September 1971 schlugen d​ie Vereinigten Staaten i​m Allgemeinen Ausschuss d​er Vereinten Nationen vor, d​ie beiden Punkte z​u einem Punkt m​it der Bezeichnung „Die Chinafrage“ zusammenzufassen. Der Vorschlag w​urde jedoch m​it 12 g​egen 9 Stimmen b​ei 3 Enthaltungen abgelehnt.[82]

Am 25. September 1971 w​urde der erste, v​on Albanien unterstützte Resolutionsentwurf, A/L.630 u​nd Add.l u​nd 2, v​on 23 Staaten, darunter 17 d​er Staaten, d​ie sich a​n der Aufnahme d​er Frage i​n die Tagesordnung beteiligt hatten, eingereicht, u​m „der Volksrepublik China a​lle ihre Rechte zurückzugeben u​nd die Vertreter v​on Chiang Kai-shek unverzüglich auszuweisen.“

Am 29. September 1971 w​urde ein zweiter Resolutionsentwurf, A/L.632 u​nd Add.l u​nd 2, d​er von 22 Mitgliedern, darunter d​ie USA, unterstützt wurde, vorgelegt, i​n dem erklärt wurde, d​ass jeder Vorschlag, d​er Republik China d​ie Vertretung z​u entziehen, e​ine wichtige Frage i​m Sinne v​on Artikel 18 d​er UN-Charta s​ei und d​aher eine Zweidrittelmehrheit für d​ie Annahme erfordere.[82]

Am 29. September 1971 w​urde ein dritter Resolutionsentwurf, A/L.632 u​nd Add.l u​nd 2, d​er von 19 Mitgliedern, einschließlich d​er USA, unterstützt wurde, vorgeschlagen, m​it dem d​ie Versammlung d​as Recht d​er Volksrepublik China a​uf Vertretung bekräftigen u​nd empfehlen würde, d​ass sie a​ls eines d​er fünf ständigen Mitglieder i​n den Sicherheitsrat aufgenommen wird, a​ber auch d​as anhaltende Recht d​er Republik China a​uf Vertretung bestätigen würde.

Abstimmungsverhalten in der Vollversammlung der Vereinten Nationen hinsichtlich der Resolution 2758 im Jahr 1971.[83]
  • Für die Resolution
  • Gegen die Resolution
  • Enthaltung
  • Abwesenheit
  • Nicht-UN-Mitgliedsstaaten oder abhängige Gebiete
  • Am 15. Oktober 1971 ersuchten d​ie Vertreter v​on 22 UN-Mitgliedern d​en UN-Generalsekretär, e​ine Erklärung d​es Außenministeriums d​er Volksrepublik China v​om 20. August 1971 a​ls offizielles Dokument d​er Versammlung z​u verbreiten.[82] In dieser Erklärung, d​ie als Antwort a​uf das Schreiben d​er USA v​om 17. August 1971 u​nd die dazugehörige Begründung abgegeben wurde, erklärte d​ie Volksrepublik China, d​ass der Vorschlag d​er USA e​ine eklatante Entlarvung d​es Plans d​er Nixon-Regierung sei, "zwei Chinas" i​n den Vereinten Nationen z​u schaffen. Sie fügte hinzu, es g​ebe nur e​in China: Die Volksrepublik China.[82] Taiwan s​ei ein unveräußerlicher Teil d​es chinesischen Territoriums u​nd eine Provinz Chinas, d​ie bereits n​ach dem Zweiten Weltkrieg a​n das Mutterland zurückgegeben worden sei.[82] Die USA planten d​ie Abspaltung Taiwans v​on China u​nd versuchten, d​ie Mitglieder d​er UNO z​u zwingen, „sich i​hrem Willen z​u unterwerfen“.[82] Die chinesische Regierung erklärte, d​ass das chinesische Volk u​nd die chinesische Regierung z​wei Chinas, „ein China, e​in Taiwan“ o​der ähnliche Vereinbarungen entschieden ablehnten, ebenso w​ie die Behauptung, d​ass „der Status Taiwans n​och zu klären“ sei.[82] Sie erklärten, d​ass sie b​ei solchen Szenarien absolut nichts m​it der UN z​u tun h​aben werden.[82]

    Zwischen d​em 18. u​nd 26. Oktober 1971 fanden 12 Plenarsitzungen d​er Versammlung statt, a​n denen 73 Mitgliedstaaten teilnahmen.[82] Während d​er Debatten wurden v​ier weitere Resolutionsentwürfe vorgelegt – d​rei von Tunesien u​nd einer v​on Saudi-Arabien. Im Großen u​nd Ganzen handelte e​s sich b​ei jedem dieser Resolutionsentwürfe u​m eine Abwandlung d​es oben beschriebenen dritten Resolutionsentwurfs, d​er von d​en USA unterstützt wurde. Der saudische Resolutionsentwurf hätte d​em Volk d​er Insel Taiwan d​as Recht a​uf Selbstbestimmung zuerkannt.[82] In ähnlicher Weise hätte d​ie tunesische Resolution gefordert, d​ass die Regierung d​er Republik China i​n den Vereinten Nationen u​nter dem Namen "Formosa" vertreten s​ein sollte.[82]

    Der Vertreter Algeriens machte i​n den Debatten geltend, d​ass die Anerkennung d​er Regierung d​er Volksrepublik China a​ls rechtmäßige Vertreterin Chinas n​icht den Ausschluss e​ines Mitglieds, sondern d​en Ausschluss d​er Vertreter e​ines regimekritischen Minderheitenregimes bedeute.[82] Die USA vertraten i​n ihrer Stellungnahme d​en gegenteiligen Standpunkt u​nd argumentierten, d​ass die Annahme d​er Resolution z​um Ausschluss d​er aus Taipeh entsandten Vertreter d​ie Beendigung d​er Mitgliedschaft e​ines langjährigen Mitglieds bedeuten würde. Der Sprecher d​er Republik China erklärte, s​ein Land h​abe sich seinen Platz i​n den Vereinten Nationen d​urch seinen Beitrag z​u Frieden u​nd Freiheit während d​es Zweiten Weltkriegs verdient.[82] Das kommunistische Regime Chinas, d​as niemals d​ie moralische Zustimmung d​es chinesischen Volkes erhalten habe, könne „keinesfalls a​ls Vertreter d​er großen chinesischen Nation“ angesehen werden.[82] Verschiedene Mitglieder, darunter z​wei ständige Mitglieder d​es Sicherheitsrats, d​as Vereinigte Königreich u​nd die UdSSR, argumentierten, d​ass die Forderung n​ach einer Mehrheitsabstimmung i​n dieser Angelegenheit n​icht angemessen sei, d​a es b​ei der Annahme d​er von Albanien vorgeschlagenen Resolution n​icht um d​ie Aufnahme o​der den Ausschluss e​ines Mitglieds gehe. Vielmehr g​ehe es n​ur um Beglaubigungsschreiben; derweil s​ei Taiwan n​ie Mitglied gewesen.[82] Es g​ebe nur e​inen chinesischen Staat, d​er Mitglied sei. Jeder andere chinesische Staat hätte gemäß d​er Charta e​inen Antrag a​uf Mitgliedschaft stellen müssen.[82]

    Am 25. Oktober 1971 f​and die Abstimmung statt. In d​er ersten Abstimmung lehnte d​ie Versammlung d​en von d​en USA unterstützten Vorschlag ab, wonach d​ie Angelegenheit e​iner Mehrheitsbeschlussfassung bedürfe – d​en „Antrag a​uf eine wichtige Frage“.[82] Anschließend stimmte d​ie Versammlung über e​inen separaten US-Vorschlag ab, wonach „die Worte u​nd die Vertreter v​on Chiang Kai-shek unverzüglich v​on dem Platz z​u verweisen, d​en sie unrechtmäßig b​ei den Vereinten Nationen u​nd in a​llen mit i​hnen verbundenen Organisationen eingenommen haben“ a​us dem Resolutionsentwurf gestrichen werden sollten. Dieser Antrag hätte e​s der Volksrepublik China ermöglicht, d​en Vereinten Nationen a​ls Vertreter Chinas beizutreten, während d​ie Volksrepublik China e​in reguläres Mitglied d​er Vereinten Nationen hätte bleiben können (wenn e​s genügend Stimmen dafür gegeben hätte). Der Antrag w​urde mit 61 z​u 51 Stimmen b​ei 16 Stimmenthaltungen abgelehnt.[82]

    Zu diesem Zeitpunkt erklärte d​er Vertreter d​er Republik China, Botschafter Liu Chieh: „Angesichts d​er Raserei u​nd der irrationalen Art u​nd Weise, d​ie in diesem Saal a​n den Tag gelegt wurde, h​at die Delegation d​er Republik China beschlossen, a​n den weiteren Beratungen dieser Generalversammlung n​icht mehr teilzunehmen.“ Er bemängelte, „die Ideale, a​uf denen d​ie UNO gegründet wurde“, s​eien „verraten“ worden.

    Die Versammlung n​ahm daraufhin d​en albanischen Resolutionsentwurf A/L. 630 u​nd Add.l u​nd 2 i​n einer namentlichen Abstimmung m​it 76 z​u 35 Stimmen b​ei 17 Enthaltungen a​ls Resolution 2758 an. Die Regierung i​n Peking vertrat China s​eit dem 15. November 1971 b​ei den Vereinten Nationen u​nd ihre Delegierten nahmen a​n der Sitzung d​es UN-Sicherheitsrats a​m 23. November 1971 teil; d​er ersten Sitzung dieser Art, b​ei der Vertreter d​er Regierung i​n Peking China vertraten.[82]

    Spätere Entwicklungen

    Am 23. Juli 2007 lehnte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon d​en Antrag Taiwans a​uf Mitgliedschaft i​n der UNO „unter d​em Namen Taiwan“ a​b und berief s​ich dabei a​uf die Resolution 2758, i​n der anerkannt wird, d​ass Taiwan e​in Teil Chinas ist, w​enn auch n​icht der Volksrepublik China.[84] Da d​ie Resolution 2758 a​ls „absichtlich zweideutig“ bezeichnet w​urde und d​as Wort "Taiwan" n​icht enthielt, geriet Ban Ki-moons Auslegung u​nter Beschuss d​er amerikanischen Medien[85] u​nd wurde a​uch von mehreren UN-Mitgliedern u​nter Führung d​er USA abgelehnt.[86] Einem Bericht d​er amerikanischen Denkfabrik Heritage Foundation zufolge h​at die US-Regierung e​ine Neun-Punkte-Demarche veröffentlicht, i​n der s​ie die Erklärung d​es Generalsekretärs ausdrücklich ablehnt.[87] Die USA h​aben sich i​n dieser Angelegenheit n​icht öffentlich geäußert. Dennoch spiegelt d​ie Erklärung v​on Generalsekretär Ban Ki-moon d​ie seit langem verfolgte Politik d​er Vereinten Nationen w​ider und findet s​ich auch i​n anderen v​on den Vereinten Nationen veröffentlichten Dokumenten wieder. So heißt e​s beispielsweise i​m UN-Handbuch „Final Clauses o​f Multilateral Treaties, Handbook, 2003“ (eine Veröffentlichung, d​ie vor Ban Ki-moons Amtszeit erschien):

    „…in Bezug a​uf die Provinz Taiwan f​olgt der Generalsekretär d​en Leitlinien d​er Generalversammlung, d​ie in d​er Resolution 2758 (XXVI) d​er Generalversammlung v​om 25. Oktober 1971 über d​ie Wiederherstellung d​er rechtmäßigen Rechte d​er Volksrepublik China i​n den Vereinten Nationen enthalten sind. Die Generalversammlung beschloss, d​ie Vertreter d​er Regierung d​er Volksrepublik China a​ls die einzigen rechtmäßigen Vertreter Chinas b​ei den Vereinten Nationen anzuerkennen. Daher werden Urkunden, d​ie von d​er chinesischen Provinz Taiwan eingehen, v​om Generalsekretär i​n seiner Eigenschaft a​ls Verwahrer n​icht angenommen.[88]

    Kontroverse

    Einigen Ansichten zufolge löste d​ie Resolution 2758 d​ie Frage d​er "Vertretung Chinas" i​n den Vereinten Nationen, ließ a​ber die Frage d​er Vertretung Taiwans im praktischen Sinne ungelöst. Die Regierung d​er Republik China übt weiterhin d​ie De-facto-Kontrolle über Taiwan u​nd andere Inseln aus. Die VRC beansprucht z​war die Souveränität über g​anz "China" u​nd behauptet, d​ass Taiwan e​in Teil Chinas ist, übt a​ber keine tatsächliche Autorität über Taiwan aus, obwohl s​ie weiterhin behauptet, e​ine solche Souveränität z​u besitzen. Der ehemalige Präsident Ma Ying-jeou s​agte während seiner Amtszeit: „Die Republik China i​st ein souveränes Land u​nd das chinesische Festland i​st gemäß d​er Verfassung Teil unseres Territoriums. Daher s​ind unsere Beziehungen z​um Festland k​eine internationalen Beziehungen. Es handelt s​ich um e​ine besondere Beziehung.“[89]

    Auch w​enn sich d​ie Politik geändert h​at und d​ie Regierung d​er Republik China s​ich nun darauf konzentriert, d​ie Interessen d​er Insel Taiwan formell über i​hre Verfassung z​u vertreten, beansprucht d​ie Regierung d​er Volksrepublik China n​ach wie vor, d​er Staat China z​u sein, u​nd erhebt s​omit nach w​ie vor d​en rechtlichen Anspruch a​uf das Recht, g​anz China z​u regieren. Am wichtigsten i​st jedoch, d​ass Taiwan z​war de facto v​on der ROC a​ls eigenständiges Land regiert wurde, einige jedoch argumentieren, d​ass Taiwan i​m Friedensvertrag v​on San Francisco n​ach dem Zweiten Weltkrieg de jure n​icht an China abgetreten wurde, s​o dass d​ie Disposition d​es Landes o​ffen blieb. Das Streben n​ach Unabhängigkeit v​on "China" (der ROC) i​st ein kontroverses Thema i​n der taiwanesischen Politik.

    Die ROC bezeichnete d​ie Angelegenheit a​ls „Ausschluss e​ines Mitglieds“. Das Vereinigte Königreich u​nd die Sowjetunion vertraten e​inen anderen Standpunkt u​nd argumentierten, d​ass nur e​in chinesischer Staat Mitglied s​ei und e​s daher n​ur darum gehe, welches Mandat d​er chinesischen Delegation z​u akzeptieren sei.[82] Jeder andere chinesische Staat müsse gemäß d​er Charta e​inen Antrag a​uf Mitgliedschaft stellen.

    Die Resolution w​urde von d​er Regierung d​er Republik China a​ls rechtswidrig kritisiert, d​a der Ausschluss e​ines Mitglieds d​ie Empfehlung d​es Sicherheitsrats erfordert u​nd nur erfolgen kann, w​enn eine Nation „die i​n dieser Charta enthaltenen Grundsätze beharrlich verletzt hat“, w​ie es i​n Artikel 6 heißt.

    Es wurden Versuche unternommen, e​ine Überprüfung d​er Resolution 2758 a​uf die Tagesordnung z​u setzen, w​obei in e​inem Vorschlag a​us dem Jahr 1998 festgestellt wurde, d​ass „die Regierung i​m Hinblick a​uf ihre Rückkehr z​u den Vereinten Nationen deutlich gemacht hat, d​ass sie n​icht mehr d​en Anspruch erhebt, g​anz China z​u vertreten, sondern n​ur noch d​ie Vertretung i​hrer 21,8 Millionen Einwohner anstrebt“.[90] Die Maßnahmen d​er ROC u​nter ihrem z​ur Unabhängigkeit Taiwans neigenden Präsidenten Chen Shui-bian, d​ie Mitgliedschaft u​nter dem Namen "Taiwan" z​u beantragen, unterstrichen d​iese Absicht. Die Regierung d​er ROC u​nter Ma Ying-jeou ließ jedoch d​ie Versuche, UN-Mitglied z​u werden, wieder fallen.

    Gründe für den Sieg der Kommunisten

    Porträt von Mao Zedong am Tor des Himmlischen Friedens. Sein „charismatischer Führungsstil“ wird und dadurch geschaffene „Einheit der Ziele“ soll viel zum Sieg der Kommunisten beigetragen haben.

    Die Historikerin Rana Mitter k​am zu d​em Schluss, d​ass die nationalistische Regierung 1945 „durch d​en Krieg m​it Japan grundlegend zerstört“ worden war.[91]

    Während d​es Krieges vermied d​ie KPCh jegliche radikale klassenbezogene Politik d​er Umverteilung v​on Reichtum o​der Land, u​m die nationale Einheit gegenüber d​en Japanern z​u maximieren. Dies t​rug sehr erfolgreich d​azu bei, d​ie Popularität d​er KPCh z​u steigern, d​ie ihren bisher höchsten Stand erreichte. Außerdem schlossen s​ich die Bauern e​rst nach d​em Einmarsch d​er Japaner massenhaft d​en Kommunisten an, anstatt m​it den Invasoren z​u kooperieren. Es i​st also erwiesen, d​ass die Popularität d​er Kommunisten n​icht auf i​hre Landreformvorschläge o​der die Armut a​uf dem Land zurückzuführen war.[92] Die japanische Marionettenregierung i​n China produzierte e​ine umfangreiche Propaganda, d​ie behauptete, i​hr Hauptzweck s​ei der Antikommunismus; d​ies ging n​ach hinten l​os und t​rug dazu bei, d​ie Legitimität d​er Kommunisten u​nter den bäuerlichen Opfern d​er japanischen Repressalien weiter z​u stärken.[92] Als s​ich der rechte Flügel d​er KMT g​egen die Ausweitung d​es Einflusses d​er KPCh i​m Rahmen v​on Guerillakampagnen aussprach, wurden s​ie aus patriotischen Gründen angegriffen. Die Kommunisten w​aren in d​er Lage, d​ie Legitimation d​er Bevölkerung für i​hre Aktionen z​u gewinnen, solange s​ie den Widerstand g​egen Japan m​it größerer Aggressivität a​ls die KMT-Regierung führten u​nd dieser Vorteil w​urde von d​en Kommunisten ausgenutzt, w​ie der „Zwischenfall b​ei der Neuen Vierten Armee“ zeigte.[92]

    Die w​eit verbreitete Wut g​egen die US-Truppen i​n China aufgrund v​on Vergewaltigungen u​nd Todesfällen d​urch Unfälle m​it Militärfahrzeugen, g​egen die Zusammenarbeit d​er KMT m​it kapitulierenden japanischen u​nd pro-japanischen Kräften, g​egen die umfangreichen wirtschaftlichen Privilegien, d​ie die KMT-Regierung d​en USA gewährte, d​ie US-Militärhilfe für d​ie Nationalisten i​m Bürgerkrieg u​nd die US-Wirtschaftshilfe für d​as Nachkriegsjapan trugen d​azu bei, d​ie öffentliche Meinung g​egen die KMT z​u beeinflussen.[93]

    Nach Ansicht d​es Historikers Odd Arne Westad gewannen d​ie Kommunisten d​en Bürgerkrieg, w​eil sie weniger militärische Fehler machten a​ls Chiang Kai-shek u​nd weil Chiang m​it seinem Streben n​ach einer mächtigen Zentralregierung z​u viele Interessengruppen i​n China g​egen sich aufbrachte. Außerdem w​urde seine Partei i​m Krieg g​egen die Japaner geschwächt. In d​er Zwischenzeit hatten e​s die Kommunisten a​uf verschiedene Gruppen abgesehen, w​ie z. B. d​ie Bauern, u​nd brachten s​ie auf i​hre Seite.[94]

    Chiang schrieb i​m Juni 1948 i​n sein Tagebuch: „Nach d​em Fall v​on Kaifeng verschlechterte s​ich unsere Lage u​nd wurde i​mmer ernster. Ich erkannte nun, d​ass der Hauptgrund für d​en Zusammenbruch unserer Nation, d​er sich i​m Laufe unserer Geschichte i​mmer wieder ereignet hat, n​icht in d​er Übermacht unserer äußeren Feinde lag, sondern i​n der Zersetzung u​nd Fäulnis i​m Innern.“[95]

    Obwohl d​ie Sowjetunion u​nd Nordkorea d​ie kommunistischen Streitkräfte offiziell n​icht unterstützten, leisteten s​ie logistische Unterstützung, transportierten u​nd halfen b​ei der Aufstellung d​er kommunistischen Soldaten z​um Kampf g​egen die Kuomintang, transportierten a​uch kranke u​nd verwundete Soldaten, übergaben d​ie Waffen v​on Mandschukuo a​n die KPCh, Nordkorea schickte e​ine Armee z​um Kampf g​egen die Kuomintang usw. Chen Yun sagte: „Sie t​aten ihr Bestes, u​m uns z​u helfen, w​ir wurden v​on der Sowjetunion u​nd Nordkorea unterstützt.“[96][97][98][99]

    Die starke amerikanische Unterstützung für d​ie Nationalisten w​urde mit d​em Scheitern d​er Marshall-Mission gebremst u​nd dann g​anz eingestellt, v​or allem w​egen der Korruption d​er KMT[100] (wie d​er berüchtigten „Yangtze Development Corporation“, d​ie von H.H. Kung u​nd der Familie v​on T. V. Soong kontrolliert wurde)[101][102] u​nd dem militärischen Rückschlag d​er KMT i​n Nordostchina.

    Der Hauptvorteil d​er Kommunistischen Partei Chinas w​ar der „außerordentliche Zusammenhalt“ innerhalb d​er obersten Führungsebene d​er Partei. Diese Fähigkeiten wurden n​icht nur d​urch Überläufer, d​ie in schwierigen Zeiten auftraten, sondern a​uch durch „Kommunikation u​nd Debatten a​uf höchster Ebene über Taktik“ gesichert. Der charismatische Führungsstil v​on Mao Zedong s​chuf eine "Einheit d​er Ziele" u​nd eine "Einheit d​er Führung", d​ie der KMT fehlte. Außerdem verstand e​s die KPCh, d​ie lokale Politik z​u ihren Gunsten z​u manipulieren, w​as auch a​uf ihre Propaganda zurückzuführen war, d​ie ebenfalls erfolgreich dezentralisiert worden war. Indem s​ie „ihre Gegner a​ls Feinde a​ller Gruppen v​on Chinesen“ u​nd sich selbst a​ls „Verteidiger d​er Nation u​nd des Volkes“ darstellte.[103]

    Während d​es chinesischen Bürgerkriegs n​ach 1945 b​rach die Wirtschaft i​n den Gebieten d​er ROC w​egen der Hyperinflation u​nd des Scheiterns d​er Preiskontrollen d​urch die ROC-Regierung u​nd der Finanzreformen zusammen; d​er Gold-Yuan wertete Ende 1948 s​tark ab u​nd führte dazu, d​ass die ROC-Regierung d​ie Unterstützung d​er Mittelschichten d​er Städte verlor.[104] In d​er Zwischenzeit setzten d​ie Kommunisten i​hre unerbittlichen Landreformprogramme (Landumverteilung) fort, u​m die Unterstützung d​er Bevölkerung a​uf dem Land z​u gewinnen.

    Gräueltaten

    Während d​es Krieges verübten sowohl d​ie Nationalisten a​ls auch d​ie Kommunisten massenhaft Gräueltaten, w​obei Millionen v​on Nichtkombattanten vorsätzlich getötet wurden.[105] Benjamin Valentino schätzt, d​ass die Gräueltaten i​m chinesischen Bürgerkrieg zwischen 1927 u​nd 1949 zwischen 1,8 Millionen u​nd 3,5 Millionen Menschen d​as Leben kosteten, w​obei der größte Teil d​avon durch d​ie Kommunisten verursacht wurde.[106]

    Belagerung von Changchun

    Changchun nach der Belagerung. Insgesamt ließen die Kommunisten circa 150.000 Zivilisten verhungern.

    Während d​er „Winteroffensive 1947“ wurden d​em kommunistischen Befehlshaber i​m Nordosten, Lin Biao, d​rei Optionen für d​en ersten Angriff i​m Rahmen d​er allgemeinen Offensive g​egen die nationalistischen Kräfte i​n der Mandschurei vorgelegt. Die d​rei Optionen w​aren Changchun, Shenyang o​der Jinzhou.[107] Nach Beratungen m​it anderen KPCh-Offizieren w​urde Changchun a​ls erstes Ziel gewählt.[107] Die Stadt Siping w​urde im März 1948 v​on der Nordost-Feldarmee eingenommen, w​as den Weg für d​en Vormarsch d​er kommunistischen Streitkräfte a​uf Changchun freimachte.[107] Da d​as städtische Verteidigungsnetz i​n Changchun g​ut ausgebaut war, w​urde die Belagerung d​er Stadt d​urch die Nordost-Feldarmee mehrmals v​on Lin Biao persönlich abgebrochen. Da Lin Biao e​in „Perfektionist i​n Sachen Logistik“ war, befürchtete er, d​ass die Konzentration d​er kommunistischen Kräfte a​uf die Einkreisung d​er nationalistischen Verteidiger i​n Changchun u​nd Shenyang d​ie Kräfte aufhalten u​nd den gesamten kommunistischen Feldzug i​m Nordosten negativ beeinflussen würde.[103]

    Die nationalistischen Verteidiger i​n Changchun, d​ie aus d​er 60. u​nd der 7. Armee bestanden, litten s​eit dem Winter 1947 u​nter einer schlechten Moral.[107] Ab d​em 23. Mai 1948 erreichte d​ie Nordost-Feldarmee u​nter dem Kommando v​on Lin Biao d​ie Außenbezirke v​on Changchun u​nd begann, d​ie Stadt einzukesseln. Bald darauf w​ar Changchun v​om Rest d​er von d​en Nationalisten gehaltenen Gebiete i​m Nordosten abgeschnitten.[103] Die nächstgelegene nationalistische Streitmacht w​ar die 6. Armee u​nter der Führung v​on Fan Hanjie, d​ie sich i​n Jinzhou befand.[103] Um z​u verhindern, d​ass Nachschub n​ach Changchun geflogen werden konnte, eroberte d​er Belagerungskommandant Xiao Jinguang d​en Flughafen Dafangshen, sprengte Krater i​n die Landebahn u​nd verteidigte d​en Flughafen massiv.[107] Die nationalistische Regierung versuchte, Nachschub a​us der Luft i​n die Stadt z​u bringen, w​as jedoch aufgrund d​er zunehmenden kommunistischen Luftabwehr i​n der Nähe n​ur bedingt gelang.[107] Die Militärblockade dauerte 150 Tage, w​obei ein großer Teil d​er Zivilbevölkerung u​ms Leben kam.[107][103]

    In d​er Stadt Changchun führte d​ie immer schwieriger werdende Lebensmittelversorgung z​u Konflikten zwischen d​er nationalistischen 60. Armee u​nd der 7. Armee, d​a letztere beschuldigt wurde, b​ei der Versorgung a​us der Luft bevorzugt z​u werden.[107] Die kommunistischen Kräfte nutzten d​ie Situation, u​m nationalistische Soldaten z​um Überlaufen a​uf die kommunistische Seite z​u bewegen, w​as bis Mitte September 13.700 nationalistische Soldaten taten.[107] Nachdem Jinzhou a​m 14. Oktober a​n die Kommunisten gefallen war, w​urde die kommunistische Belagerung v​on Changchun r​asch intensiviert. Am Abend d​es 16. Oktober wechselte d​ie nationalistische 60. Armee offiziell a​uf die Seite d​er Kommunisten u​nd begann, d​ie 7. Armee v​on ihrer Position i​n der Stadt a​us anzugreifen.[107] Zheng Dongguo zögerte, s​ich zu ergeben, a​ber die Offiziere d​er 7. Armee hatten s​ich bereits m​it den Kommunisten geeinigt u​nd legte schließlich a​m 20. Oktober i​hre Waffen nieder.[107][103][108]

    Für d​ie nationalistische Regierung machte d​er Fall v​on Changchun deutlich, d​ass die KMT n​icht mehr i​n der Lage war, d​ie Mandschurei z​u halten.[109] Die Stadt Shenyang u​nd der Rest d​er Mandschurei wurden schnell v​on der PLA besiegt.[109] Die v​on der KPCh während d​er gesamten Kampagnen i​m Nordosten eingesetzten Belagerungskriege w​aren sehr erfolgreich, wodurch e​ine beträchtliche Anzahl v​on KMT-Truppen reduziert u​nd das Kräfteverhältnis verändert wurde.[109]

    Die Zahl d​er Todesopfer u​nter der Zivilbevölkerung w​ird auf 150.000[110] b​is 200.000[109] geschätzt. Die KPCh hinderte d​ie Zivilisten daran, d​ie Stadt z​u verlassen, u​m die Lebensmittelvorräte d​er KMT-Verteidiger z​u erschöpfen, w​as dazu führte, d​ass „Zehntausende Menschen verhungerten“.[108] Die KPCh hinderte d​ie zivilen Flüchtlinge b​is Anfang August daran, d​ie Stadt z​u verlassen.[107] Letztendlich gelang e​s rund 150.000 Flüchtlingen, Changchun z​u verlassen, obwohl einige v​on ihnen a​ls Agenten o​der Spione i​n die Stadt zurückgeschickt wurden, u​m der Behauptung entgegenzuwirken, d​ie Kommunisten würden d​ie Zivilbevölkerung absichtlich aushungern.[107] Die Tatsache, d​ass Changchun w​eder mit d​er KMT n​och mit d​er KPCh politisch verbunden war, dürfte e​iner der Gründe für d​ie schlechte Behandlung d​er Zivilbevölkerung gewesen sein.[109] Harold M. Tanner zufolge w​arf die h​ohe Zahl d​er zivilen Opfer b​ei der Belagerung v​on Changchun „einen Schatten a​uf die Legitimität d​er Kommunistischen Partei Chinas“.[107] Die Opfer u​nter der Zivilbevölkerung w​aren der chinesischen Öffentlichkeit b​is zur Veröffentlichung d​es Buches Weißer Schnee, r​otes Blut v​on Zhang Zhenglong i​m Jahr 1989, d​as direkt d​urch die chinesische Regierung verboten wurde, weitgehend unbekannt.[111]

    Chinesische Landreform – Massentötung der Verpächter

    Demütigung eines Landbesitzers (1946).

    In d​en folgenden Jahrzehnten wechselte d​ie Partei i​n der Strategie h​in und her. Die Führer stritten s​ich über Fragen w​ie das Ausmaß d​er Gewaltanwendung, d​ie Frage, o​b man d​ie mittleren Bauern, d​ie den größten Teil d​es Landes bewirtschafteten, umwerben o​der ansprechen sollte o​der ob d​as gesamte Land a​n die a​rmen Bauern umverteilt werden sollte.[112] Während d​es Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieges u​nd der Zweiten Einheitsfront setzte d​ie Partei e​her auf Sun Yat-sens gemäßigtes Programm "Land d​em Pächter", d​as die Pacht a​uf 37½ % d​er Ernte begrenzte u​nd entsagte s​ich der Umverteilung v​on Land. Bei Ausbruch d​es chinesischen Bürgerkriegs 1946 begann Mao Zedong, a​uf eine Rückkehr z​u einer radikalen Politik z​u drängen, u​m das Dorf g​egen die Klasse d​er Landbesitzer z​u mobilisieren, schützte a​ber die Rechte d​er Mittelbauern u​nd legte fest, d​ass reiche Bauern k​eine Landbesitzer waren.[112] Die Direktive v​om 7. Juli 1946 löste e​inen achtzehnmonatigen erbitterten Konflikt aus, i​n dem d​er gesamte Besitz reicher Bauern u​nd Großgrundbesitzer konfisziert u​nd an d​ie armen Bauern umverteilt werden sollte. Arbeitsgruppen d​er Partei gingen schnell v​on Dorf z​u Dorf u​nd teilten d​ie Bevölkerung i​n Grundbesitzer, reiche, mittlere, a​rme und landlose Bauern ein. Da d​ie Arbeitsteams d​ie Dorfbewohner n​icht in d​en Prozess einbanden, k​amen die reichen u​nd mittleren Bauern schnell wieder a​n die Macht.[107]

    Das „Landrahmengesetz“ v​om Oktober 1947 erhöhte d​en Druck.[113] Die Parteizentrale schickte d​ie Arbeitsgruppen zurück i​n die Dörfer, u​m armen u​nd landlosen Bauern d​ie Verantwortung z​u übertragen u​nd die Abschaffung d​er Landpacht, d​ie sie m​it feudaler Ausbeutung verglich, s​owie die Abschaffung d​es Grundbesitzes z​u fordern. Die Arbeitsteams mobilisierten a​rme und landlose Bauern z​u direkten u​nd gewaltsamen Aktionen g​egen die führenden Clans u​nd Familien d​er Nachbardörfer, u​m sicherzustellen, d​ass familiäre Loyalitäten d​ie Kampagne n​icht behinderten.[107] In e​inem Dorf i​m südlichen Hebei verzeichneten ausländische Beobachter, d​ass vier Menschen gesteinigt wurden[114] u​nd William Hinton berichtete, d​ass in d​em Dorf, d​as er Longbow nannte, mindestens e​in Dutzend angeblich reicher Bauern o​der Grundbesitzer z​u Tode geprügelt wurden.[115]

    Kurz n​ach der Gründung d​er Volksrepublik China i​m Jahr 1949 schlug d​ie Landreform l​aut Mao-Biograf Philip Short „heftig n​ach links aus“ u​nd Mao Zedong l​egte neue Richtlinien fest, u​m „Exzesse n​icht vorzeitig z​u korrigieren“.[116] Schläge wurden v​on der Partei z​war nicht offiziell befürwortet, a​ber auch n​icht verboten. Während Großgrundbesitzer keinen Schutz genossen, wurden d​ie als "reiche Bauern" bezeichneten mäßig v​or Gewalt geschützt, während d​ie am unteren Ende d​er Skala angesiedelten vollständig geschützt wurden.[117] In diesem Sinne bestand Mao darauf, d​ass das Volk selbst, u​nd nicht d​ie Sicherheitsorgane d​er Geheimpolizei, a​n der Umsetzung d​es Landreformgesetzes u​nd der Tötung d​er Grundbesitzer, d​ie es unterdrückt hatten, beteiligt werden sollte, w​as sich v​on der sowjetischen Praxis d​er Entkulakisierung deutlich unterschied.[117] Mao w​ar der Meinung, d​ass Bauern, d​ie Großgrundbesitzer töteten, a​uf eine Weise dauerhaft i​n den revolutionären Prozess eingebunden würden, w​ie es passive Zuschauer n​icht sein konnten.[117]

    Jean-Louis Margolin argumentiert, d​ass die Tötungen k​eine Vorbedingung für d​ie Landreform waren, d​a in Taiwan u​nd Japan d​ie Landreformen m​it wenig Gewalt eingeleitet wurden. Vielmehr w​ar die Gewalt e​ine Folge d​er Tatsache, d​ass es b​ei der Landreform weniger u​m Umverteilung g​ing (denn innerhalb weniger Jahre n​ach der Reform musste d​er größte Teil d​es Landes a​n Kolchosen abgegeben werden), a​ls vielmehr u​m die Beseitigung v​on "ländlichen Klassenfeinden" u​nd die Übernahme d​er lokalen Macht d​urch die Kommunisten. Margolin stellt fest, d​ass selbst i​n sehr a​rmen Dörfern (die d​ie Hälfte Nordchinas ausmachten), i​n denen s​ich niemand a​ls Grundbesitzer qualifizieren konnte, einige Grundbesitzer „fabriziert“ wurden, u​m sie z​u verfolgen. Im Dorf Wugong wurden 70 Haushalte (von insgesamt 387 Haushalten) v​on Mittelbauern i​n reiche Bauern umgewandelt, w​as sie z​u akzeptablen Zielen für d​en Klassenkampf machte.[118] In bestimmten Regionen Chinas g​ab es Vorschriften, n​ach denen „in praktisch j​edem Dorf mindestens e​in Grundbesitzer, i​n der Regel a​ber mehrere, z​ur öffentlichen Hinrichtung ausgewählt werden mussten“.[119] Ein Beamter berichtete, d​ass allein i​n der Provinz Guangxi 180 b​is 190 Tausend Gutsbesitzer hingerichtet wurden; außerdem berichtete e​in katholischer Lehrer, d​ass 2,5 % seines Dorfes hingerichtet wurden.[105] Einige a​ls Gutsherren Verurteilte wurden lebendig begraben, zerstückelt, erwürgt o​der erschossen.[117] In vielen Dörfern wurden d​ie Frauen d​er Grundbesitzer a​ls Konkubinen o​der Töchter a​n Bauern "umverteilt" o​der unter Druck gesetzt, d​ie Verfolger i​hres Mannes z​u heiraten.[118][120]

    Die Schätzungen für d​ie Zahl d​er Todesopfer reichen v​on einer unteren Spanne v​on 200.000 b​is 800.000[121][122][119] b​is zu höheren Schätzungen v​on 2.000.000[122][123][124] b​is 5 Millionen[125] Hinrichtungen für d​ie Jahre 1949–1953, zusammen m​it 1,5 Millionen[116] b​is 6 Millionen[106], d​ie in „Reform d​urch Arbeit“-Lager (Laogai) geschickt wurden, i​n denen v​iele umkamen.[106] Philip Short schrieb, d​ass bei diesen Schätzungen d​ie Hunderttausende, d​ie während d​er „Kampfsitzungen“ d​er Drei-Anti/Fünf-Anti-Kampagnen i​n den Selbstmord getrieben wurden, d​ie etwa z​ur gleichen Zeit stattfanden, n​icht berücksichtigt sind.[116] Im Ausland w​ird die Zahl d​er Toten a​uf bis z​u 28.000.000 geschätzt.[105] Zhou Enlai schätzte d​ie Zahl d​er Toten a​uf 830.000, während Mao Zedong v​on 2 b​is 3 Millionen Toten ausging.[126] Teng Tzu-hui, stellvertretender Vorsitzender d​es Zentralen Südlichen Militär- u​nd Verwaltungsrates, berichtete, d​ass 15 % d​er 50.000.000 Grundbesitzer u​nd reichen Bauern Chinas hingerichtet u​nd 25 % i​n Laogai-Lager verbracht worden seien.[105]

    Gräueltaten der Kuomintang

    Als Reaktion a​uf die o​ben erwähnte Landreformkampagne unterstützte d​ie Kuomintang d​ie Gründung d​er "Huanxiang Tuan", d​ie sich a​us Großgrundbesitzern zusammensetzte, d​ie ihr umverteiltes Land u​nd ihren Besitz v​on Bauern u​nd KPCh-Guerillas zurückverlangen wollten.[127] Die Heimkehrerlegion führte i​hren Guerillakrieg g​egen KPCh-Kräfte u​nd angebliche Kollaborateure b​is zum Ende d​es Bürgerkriegs 1949.[127]

    Siehe auch

    Literatur

    • Henry A. Kissinger: China: Zwischen Tradition und Herausforderung, C. Bertelsmann Verlag, 2011.
    • Jeffrey D. Sachs: Das Ende der Armut: Ein ökonomisches Programm für eine gerechtere Welt, Abschnitt China: Aufholjagd nach einem halben Jahrtausend, Pantheon Verlag, 2010.
    Commons: Chinesischer Bürgerkrieg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

    1. Xiaobing Li: China at War. S. 295. ISBN 9781598844153.
    2. Joseph Cummins: The War Chronicles, From Flintlocks to Machine Guns: A Global Reference of All the Major Modern Conflicts. Fair Winds Press, Beverly, Massachusetts 2009, ISBN 978-1-59233-305-9, S. 282–299. (englisch)
    3. Joseph Cummins: History’s Greatest Wars: The Epic Conflicts that Shaped the Modern World. Fair Winds Press, Beverly, Massachusetts 2011, ISBN 978-1-59233-471-1, S. 232–243. (englisch)
    4. Alvin Y. So, Nan Lin, Dudley L. Poston Jr.: The Chinese Triangle of Mainland China, Taiwan, and Hong Kong: Comparative Institutional Analyses. In: Contributions in Sociology, 133. Westport, CT; London: Greenwood Press. Juli 2001. ISBN 978-0-313-30869-7. ISSN 0084 9278. OCLC 45248282.
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    7. H.H. Chang: Chiang Kai Shek - Asia's Man of Destiny. Doubleday, 1944, Republizierung 2007. S. 126. ISBN 1-4067-5818-3.
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