Dieuze
Dieuze | ||
---|---|---|
Staat | Frankreich | |
Region | Grand Est | |
Département (Nr.) | Moselle (57) | |
Arrondissement | Sarrebourg-Château-Salins | |
Kanton | Le Saulnois | |
Gemeindeverband | Saulnois | |
Koordinaten | 48° 49′ N, 6° 43′ O | |
Höhe | 205–245 m | |
Fläche | 9,45 km² | |
Einwohner | 2.800 (1. Januar 2019) | |
Bevölkerungsdichte | 296 Einw./km² | |
Postleitzahl | 57260 | |
INSEE-Code | 57177 | |
Website | http://www.mairie-dieuze.fr/ | |
Dieuze auf einer Postkarte von 1909 |
Dieuze (deutsch Duß) ist eine französische Kleinstadt mit 2800 Einwohnern (Stand 1. Januar 2019) im Département Moselle in der Region Grand Est (bis 2015 Lothringen). Der Ort gehört zum Arrondissement Sarrebourg-Château-Salins.
Geografie
Dieuze liegt im Saulnois an der Seille, 79 Kilometer nordwestlich von Straßburg, 52 Kilometer südöstlich von Metz und 41 Kilometer nordöstlich von Nancy, zwischen den Nachbargemeinden Val-de-Bride im Nordwesten, Guébestroff im Norden, Lindre-Haute im Osten und Lindre-Basse im Süden.[1] Südwestlich von Lindre-Basse liegt der 620 Hektar große Linderweiher (Étang de Lindre), bei dem der östliche Abschnitt des Regionalen Naturparks Lothringen (Parc naturel régional de Lorraine) beginnt.[2][3]
Geschichte
Mittelalter
Dieuze wurde als Doso Vico auf merowingischen Münzen erwähnt.[4] Im Mittelalter war die Ortsbezeichnung Decia in Gebrauch.[5] Im Jahr 1006 wurde es urkundlich als Duosa curtis bezeichnet, 1120 tauchte es als Dosia im Kopialbuch der Stiftskirche St-François-des-Cordeliers in Nancy auf, 1270 als Doza im Kopialbuch des Klosters Vergaville. In einer Urkunde von 1335 heißt es Dieusce,[6] in einer Urkunde von 1353 Duse.[7] 1525 wurde es unter anderem Dieuse genannt, 1558 Thus und 1589 Dusa. Über Dieuze führte auch eine Salzstraße, die in Deutschland als Duser Straße bekannt war.
Dieuze kam als Teil Lotharingiens bei der Aufteilung des Fränkischen Reichs 880 durch den Vertrag von Ribemont an das Ostfränkische Reich bzw. das Heilige Römische Reich Deutscher Nation.
Frühe Neuzeit
Im Frühjahr 1525 war Duziacum oppidum[8] (Dieuze) eines der (kleineren) Zentren des Deutschen Bauernkrieges.
Dieuze war bis 1698 der Sitz einer Kastellanei der Habsburger, die 28 Ortschaften umfasste. Danach war Dieuze bis 1751 der Sitz einer Prévoté (lothringische Form der Vogtei) des Herzogtums Lothringen, die 42 Ortschaften umfasste.[8] Das Herzogtum Lothringen wurde 1738 im Frieden von Wien, der den Polnischen Thronfolgekrieg beendete, dem polnischen König Stanislaus I. Leszczyński zugesprochen, der 1751 die Verwaltungsbezirke neu strukturierte. Das Herzogtum Lothringen fiel nach Stanislaus Tod im Jahr 1766 an Frankreich.[9]
Dieuze war bis ca. 1700 deutschsprachig; danach drang das Französische vor, wozu der französische Festungsbau und die Zuwanderung von Picarden beitrugen.[10]
Neuzeit
Ab 1790 war Dieuze Hauptort eines Distrikts im Département Meurthe.[8] 1793 erhielt die Ortschaft im Zuge der Französischen Revolution den Status einer Gemeinde und 1801 das Recht auf kommunale Selbstverwaltung.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg kam der Ort durch den Frieden von Frankfurt 1871 zum neu geschaffenen Reichsland Elsaß-Lothringen des Deutschen Reiches. In den folgenden Jahren war Dieuze Standort einer deutschen Garnison. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde Dieuze an die Bahnstrecke Nouvel-Avricourt–Sarralbe angeschlossen[11], die bis 1966 in Betrieb war.[12]
Dieuze gehörte als französischsprachige Ortschaft im Ersten Weltkrieg zu den 247 letzten Gemeinden, deren Name am 2. September 1915 eingedeutscht wurde. Der Name wurde zu „Duß“ geändert[13], was bis 1918 Bestand hatte.
Das Reichsland Elsaß-Lothringen bestand bis zum Ende des Ersten Weltkriegs und wurde danach aufgelöst. Dieuze fiel wieder an Frankreich. 1922 wurde Dieuze der Orden Croix de guerre 1914–1918 verliehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt es das Croix de guerre 1939–1945.[14] Bis 2015 war Dieuze namensgebender Hauptort des in diesem Jahr aufgelösten Kantons Dieuze.
Demographie
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
---|---|---|
1793 | 3097 | [15] |
1831 | 4044 | [15] |
1861 | 3203 | [16] |
1871 | 2786 | in 488 Gebäuden, darunter 69 Evangelische, sieben Mennoniten und 174 Juden,[17] nach anderen Angaben am 1. Dezember 2784 Einwohner[5] |
1872 | 3104 | [18] |
1885 | 2767 | davon 2430 Katholiken, 175 Evangelische und 152 Juden[19] |
1890 | 5786 | [16] |
1905 | 5893 | [16] |
1910 | 5852 | [16][20] |
Jahr | 1926 | 1936 | 1946 | 1962 | 1975 | 2006 | 2018 |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Einwohner | 2407 | 3462 | 2498 | 3563 | 4141 | 3789 | 2868 |
Durch den Anschluss an die Eisenbahn konnte das Salz der Saline besser abtransportiert und verkauft werden. Zwischen 1886 und 1891 nahm dementsprechend die Einwohnerzahl sprunghaft zu und erreichte 1896 ihren Höchstwert (6278). Zwischen 1906 und 1911 verließen viele Bewohner die Gemeinde, am wenigsten Einwohner hatte sie 1926 nach dem Ersten Weltkrieg. Das Wachstum der Ortschaft in den 1930er Jahren wurde durch den Zweiten Weltkrieg zunichtegemacht. Seitdem ist die Bevölkerungszahl wieder gestiegen, auch durch die Eröffnung einer Ausbildungsstätte des französischen Militärs Centre de formation initiale des militaires du rang des Transmissions – 18e RT (Fernmeldebattailon).[22]
Politik
Dieuze gehört zum Kommunalverband Communauté de communes du Saulnois. Es unterhält eine Städtepartnerschaft mit Amay in Belgien.[3]
Das Wappen der Gemeinde ist rot und zeigt drei silberne gebogene Bänder. Silber wird in der Farbgebung der Heraldik weiß dargestellt. Schon 1616 gab es eine ähnliche Darstellung des Gemeindewappens, allerdings befand sich ein Lothringer Kreuz im oberen Teil. Im Armorial général de la France (1738–1786) schrieb Louis-Pierre d’Hozier, dass das Gemeindewappen einen schwarzen Querbalken zeigt, über dem ein Lothringer Kreuz zwischen zwei silbernen „C“ thront. Es wird angenommen, dass die Buchstaben und silbernen Bänder für die Collégiale de chanoines de la Madeleine (Stiftskirche der Kanoniker von Verdun) standen, der die Ortschaft gehörte, bevor sie in den Besitz des Herzogtums Lothringen überging.[14]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Am Étang de Lindre wird eine Storchpflegestation betrieben, weshalb es in der Gegend um Dieuze sehr viele Störche gibt, welche sich aufgrund der guten Umstände sogar abgewöhnt haben zu wandern.
Dieuze ist mit drei Blumen im Conseil national des villes et villages fleuris (Nationalrat der beblümten Städte und Dörfer) vertreten.[23] Die „Blumen“ werden im Zuge eines regionalen Wettbewerbs verliehen, wobei maximal drei Blumen erreicht werden können.
Saline
Die alte Saline von Dieuze ist seit dem 11. Jahrhundert bekannt.[14] Sie wurde im Mittelalter durch einen Brunnen mit Salzwasser (Sole) gespeist. Im 16. Jahrhundert wurde der Brunnen mit Schutzmauern umgeben und nach 1765 wurde die Anlage vergrößert. Die Saline wurde in eine kleine Stadt verwandelt, mit einer Kapelle, einem seigneurialen Backofen (four banal), einer seigneurialen Kelter und Kasernengebäuden. Im Ancien Régime hatte der Seigneur das Recht, einen Backofen, eine Kelter, und eine Mühle gegen Entgelt der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.[24] 1780 wurden das Tor und die Hauptgebäude errichtet. Mit der Französischen Revolution wurde die Saline Nationalgut (domaine national). Ab 1803 wurde eine chemische Industrie aufgebaut, die Potasche, Natriumsilikat und Kalkchlorid herstellte. 1826 wurde die Steinsalzmine eröffnet. 1842 verkaufte der Staat die Saline an die Compagnie des Salines et Mines de Sel de l’Est (Gesellschaft der Salinen und Salzbergwerke des Ostens). 1921 wurde die Saline von dem Etablissements Kuhlmann übernommen. Die Firma Kuhlmann war ein Chemie-Unternehmen aus Lille, sie gehört heute zu SECEMAEU (Société d’électrochimie, d’électrométallurgie et des aciéries électriques d’Ugine). 1806 und 1866 versuchte man, Dieuze und die Saline durch den Canal des Salines de l’Est mit der Saar zu verbinden, das Projekt scheiterte an den Kosten. Während der deutschen Besatzung gehörte die Saline zur Kali Chemie AG, danach wieder zur Firma Kuhlmann. 1966 wurde ein Teil der Produktion eingestellt, 1973 schließlich der Rest.[25]
Die erhaltenen Teile der Saline aus dem 18. und 19. Jahrhundert wurden 1997 in das Zusatzverzeichnis der Monuments historiques (historische Denkmale) eingetragen.[26] Die ehemalige Lager- und Auslieferungsgebäude (Délivrance) wurde renoviert und 2014 in ein Kulturzentrum der Stadt umgewandelt.[27]
Persönlichkeiten
- Wolfgang Musculus (1497–1563) eigentlich Wolfgang Müslin, war ein Theologe.
- Louis Gabriel de Gomer (1718–1798) war ein Mitglied der Konstituante von 1789. Der Mortier à la Gomer („Gomermörser“) ist nach ihm benannt.[28]
- Jean Pierre Clause (1757–1827) war ein Koch, der um 1780 die Foie gras de Strasbourg (Straßburger Stopfleber) erfand.[29]
- Karl Ludwig von Ficquelmont (1777–1857) war ein Ministerpräsident des Kaisertums Österreich.
- Charles Hermite (1822–1901) war ein Mathematiker und Mitglied der Académie des sciences.
- Edmond About (1828–1885) war ein Schriftsteller und ab 1884 Mitglied der Académie française (Sessel 11).
- Gustave Charpentier (1860–1956) war ein Komponist und Mitglied der Académie des Beaux-Arts (Akademie der schönen Künste).
- Émile Friant (1863–1932) war ein Maler und ebenfalls Mitglied der Académie des Beaux-Arts.
- Hanns Otto Münsterer (1900–1974) war ein deutscher Mediziner, Schriftsteller und Volkskundler, wuchs in Bayern auf.
- Dietrich Müller-Hillebrand (1902–1964) war ein deutscher Elektrotechniker und Hochschullehrer in Schweden
- Burkhart Müller-Hillebrand (1904–1987) war ein deutscher Generalleutnant des Heeres
- Hilde Roth (1916–1970) war eine deutsche Schriftstellerin.
Literatur
- C. Stockert, Das Reichsland Elsaß-Lothringen. Geographischer Leitfaden für die Höheren Lehranstalten, Friedrich Bull, Straßburg 1873, S. 69–70.
- Dieuze, Elsaß-Lothringen, in: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Dieuze.
Weblinks
Einzelnachweise
- Dieuze auf Actuacity.com (französisch) Abgerufen am 26. April 2010.
- Guides Gallimard (Hrsg.): Lorraine. Gallimard, Paris 2002, ISBN 978-2-7424-0908-2, S. 138. (französisch)
- Dieuze auf Annuaire-mairie.fr (französisch) Abgerufen am 27. April 2010
- Hermann Grohler: Über Ursprung und Bedeutung der französischen Ortsnamen. BiblioBazaar, 2008, ISBN 978-0-559-26315-6, S. 312 (in Google-Books [abgerufen am 27. April 2010] Nachdruck, Original von 1913).
- C. Stockert, Das Reichsland Elsaß-Lothringen. Geographischer Leitfaden für die Höheren Lehranstalten, Friedrich Bull, Straßburg 1873, S. 69.
- Franz Josef Mone: Urkunden von Lothringen (Schluß.) In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberheins, Band 14, Karlsruhe 1862, S. 398–427, insbesondere S. 403–404.
- Franz Josef Mone, ebenda, insbesondere S. 410–411.
- Henri Lepage: Dictionnaire topographique du département de la Meurthe. In: Société d’archéologie lorraine et du Musée historique lorrain (Hrsg.): Dictionnaire topographique de la France. 6. Auflage. Band 14, Nr. 18. Imprimerie impériale, Paris 1862, S. XIV-XVII+42 (in Google Books [abgerufen am 27. April 2010]).(französisch)
- Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der Deutschen Länder: die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. In: Beck Historische Bibliothek. 7. Auflage. C.H.Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-54986-1, S. 391 f. (in Google Books [abgerufen am 10. April 2010]). (französisch)
- Henri Lepage: Le département de La Meurthe : statistique, historique et Administrative – Deuxième partie – 1843
- Eisenbahnatlas Frankreich 1 = Nord. Schweers + Wall, Aachen 2015, S. 38.
- Ligne 13-3 (Memento des Originals vom 14. März 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (französisch)
- Les 247 dernières communes à noms français, débaptisées seulement le 2 septembre 1915 (französisch) Abgerufen am 29. April 2010; Eisenbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 30. Oktober 1915, Nr. 54. Bekanntmachung Nr. 721, S. 350f.
- Union des Cercles Génealogiques Lorrains (Memento des Originals vom 9. Januar 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (französisch). Abgerufen am 29. April 2010
- Notice Communale.
- Michael Rademacher: Landkreis Château-Salins, Elsaß-Lothringen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Georg Lang: Der Regierungs-Bezirk Lothringen. Statistisch-topographisches Handbuch, Verwaltungs-Schematismus und Adressbuch, Metz 1874, S. 179.
- Vollständiges geographisch-topographisch-statistisches Orts-Lexikon von Elsass-Lothringen. Enthaltend: die Städte, Flecken, Dörfer, Schlösser, Gemeinden, Weiler, Berg- und Hüttenwerke, Höfe, Mühlen, Ruinen, Mineralquellen u. s. w. mit Angabe der geographischen Lage, Fabrik-, Industrie- u. sonstigen Gewerbethätigkeit, der Post-, Eisenbahn- u. Telegraphen-Stationen u. geschichtlichen Notizen etc. Nach amtlichen Quellen bearbeitet von H. Rudolph. Louis Zander, Leipzig 1872, Spalte 12.
- Anonymes Mitglied des Katholischen Volksvereins: Die konfessionellen Verhältnisse an den Höheren Schulen in Elsaß-Lothringen. Statistisch und historisch dargestellt. Straßburg 1894, S. 46.
- Dieuze, Elsaß-Lothringen, in: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Dieuze.
- Notice Communale.
- Centre de formation initiale des militaires du rang des Transmissions – 18e RT. In: Minstère des Armées. 2022, abgerufen am 8. Februar 2022 (französisch).
- Moselle, Palmarès des communes labellisées (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (französisch)
- F. Chamerot: Histoire des paysans, depuis la fin du moyen âge jusqu’à nos jours, 1200–1850. 1. Auflage. Band 1. F. Chamerot, Paris 1856, S. 241–252 (in Google-Books [abgerufen am 28. April 2010]). (französisch)
- Salines Royal. In: Offizielle Website der Stadt Dieuze. Mairie de Dieuze, abgerufen am 8. Februar 2022 (französisch).
- Die alte Saline in der Base Mérimée des Ministère de la culture (französisch) Abgerufen am 28. April 2010
- Inauguration des Salines Royales. In: France 3 Französisches Lokalfernsehen. France 3, 8. Oktober 2014, abgerufen am 7. Februar 2022 (französisch).
- Définitions, citations, synonymes, usage … d’après l’ouvrage d’Emile Littré (1863-1877) (französisch). Abgerufen am 28. April 2010
- ABC des Gaumenschmauses, Webpräsenz des Tourismusbüros von Straßburg, abgerufen am 28. April 2010