Vogt
Der historische Begriff Vogt – auch Voigt, Voit oder Fauth – stammt von mhd. vog(e)t, voit, woith, vougt, von ahd. fogā̌t und letztlich lat. advocātus ‚Rechtsbeistand, Sachwalter, Anwalt‘, wörtlich ‚Hinzu-/Herbeigerufene‘, ab. Er bezeichnet allgemein einen herrschaftlichen, oft adeligen Beamten des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Im Französischen entspricht ihm bailli, im Englischen bailiff oder reeve.
Die ab dem 12. Jahrhundert urkundlich belegten Vögte von Weida, Gera, Plauen und Greiz waren spätestens 1343 namensgebend für das Vogtland.
Funktion
Der Vogt regierte und richtete als Vertreter eines Feudalherrschers in einem bestimmten Gebiet im Namen des Landesherrn. Er hatte den Vorsitz im Landgericht und musste die Landesverteidigung organisieren. Im Krieg führte er das Lehensaufgebot des Landes.
Der frühere Machtbereich eines Vogts und sein Amtssitz (meist eine landesherrliche Burg) werden als Vogtei bezeichnet. Man unterschied unter anderem Stadtvögte und Amtsvögte.[1]
Das durch einen Vogt vertretene Rechtsprinzip leitet sich sowohl vom spätrömischen Beamten, dem vorgenannten advocatus, als auch von der germanischen Munt ab und ist ein Schutzverhältnis, das auch Gewalt- und Vertretungsrecht einschließt.
Vögte zur Zeit der Karolinger
Speziell seit den Karolingern war der Vogt ein staatlicher Beamter, der als Stellvertreter von kirchlichen Würdenträgern (z. B. Bischöfe oder Äbte) oder Institutionen diese in weltlichen Angelegenheiten, insbesondere bei weltlichen Gerichten vertrat (advocatus ecclesiae). Der Kirche waren seit der Spätantike solche Vertreter vorgeschrieben, da sie keine weltlichen Geschäfte ausüben sollte. Der Vogt stellte daher im Immunitätsbereich z. B. eines Klosters oder Bistums eine Art Schutzherr dar und führte meist auch dessen Heeraufgebot (Schirmvogtei). Außerdem übte er die hohe Gerichtsbarkeit im Vogteibereich aus (Vogteigericht). Bei Eigenklöstern besetzte häufig der Eigenklosterherr selbst das Vogtamt. Die Schirmvogtei wurde bald auf die ganze Kirche übertragen und führte mehrfach zu einem helfenden Eingreifen (wie unter Heinrich III.), andererseits aber zu dem das gesamte Mittelalter durchziehenden Streit um die Vorherrschaft zwischen Staat und Kirche.
Karl der Große ließ ab 802 in den Grafschaften Vögte in klösterlichen und bischöflichen Immunitäten einsetzen. Im 11./12. Jahrhundert entwickelte sich dieses Amt zu einem erblichen Lehen des Hochadels und wurde von diesem als eine Form der Macht- und Gebietsexpansion genutzt. Mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation verloren auch die Vogteien ihre Bedeutung.
Im modernen Staat ist der Gedanke der Schirmvogtei im staatsrechtlichen Prinzip der Aufsicht der Kirchen und Religionsgesellschaften aufgegangen.
Kirchenvögte
Grundlagen der kirchlichen Vogtei
Besondere Bedeutung erhielt die Funktion des Vogtes im kirchlichen Bereich. Im Mittelalter waren diejenigen Stände auf einen gegebenenfalls bewaffneten Schutz angewiesen, die selbst gar nicht oder nur beschränkt wehr- und fehdefähig waren. Das waren neben den Bauern die Geistlichen. Der Schutz spielte in der mittelalterlichen Welt eine bedeutende Rolle, da ein staatliches Gewaltmonopol nicht existierte und die Menschen ansonsten auf Selbsthilfe angewiesen gewesen wären. Den Geistlichen war aus kirchlich-theologischen Gründen die Gewaltausübung – und damit Kriegsführung und die Mitwirkung an Leib- und Todesstrafen – untersagt. Die Aufgabe, notfalls auch gewaltsamen Schutz zu gewähren, fiel daher dem Adel zu, dem Stand der „Krieger“.
Während des Früh- und Hochmittelalters wurden daher von vielen Geistlichen, Kirchen, Klöstern oder Stiften adelige Laien als Vögte eingesetzt, die sie in weltlichen Angelegenheiten vertraten (zum Beispiel vor Gericht), das Kirchengut verwalteten und ihnen Schutz und Schirm gewährten. Schon seit dem 9. Jahrhundert hatte den Geistlichen eine kurzfristige Beauftragung von Vögten oft nicht mehr genügt, da sie vermehrt zu Diensten für weltliche Herrscher herangezogen wurden und strikteren geistlichen Anforderungen unterworfen wurden. Es wurde daher eine dauerhafte Bindung an einen Vogt notwendig, der die zahlreichen nunmehr anfallenden Aufgaben wahrzunehmen hatte. Seit der Mitte des 9. Jahrhunderts wurden die Vogteien auch vielfach erblich, wodurch die adeligen Vögte oftmals eine starke Machtstellung erlangten. Später versuchten aber viele geistliche Herren, sich von der oftmals bedrückenden Machtposition der Vögte zu lösen und die Vogteirechte zurückzuerwerben, was seit dem 13. Jahrhundert vor allem den großen geistlichen Herren wie den Bischöfen gelang.
Typen von Kirchenvögten
Bei der Vogtei im geistlichen Bereich können zwei verschiedene Ausprägungen unterschieden werden. Der Wirkungskreis eines Vogtes konnte sich auf eine gesamte geistliche Institution, beispielsweise ein Kloster erstrecken. Dieser Typ von Kirchenvogt wurde häufig als „Kastvogt“ bezeichnet. In der Literatur sind für den Kastvogt auch die Begriffe „Hauptvogt“ oder „Großvogt“ gebräuchlich. Auch der Begriff „Schirmvogt“ bezeichnet meist einen derartigen Vogt einer geistlichen Institution. Neben der Bevogtung einer geistlichen Institution selbst war eine weitere Ausprägung der Kirchenvogtei, dass nur einzelne Besitzungen zum Beispiel eines Klosters bevogtet wurden. In diesem Fall erstreckte sich der Herrschaftsbereich des Vogts auf den klösterlichen Grundbesitz (samt zugehöriger Grundholden) an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Gebiet. Diese Art von Vögten werden daher in der Literatur oft als „Ortsvögte“ oder „Bezirksvögte“ bezeichnet. Besonders häufig anzutreffen waren Orts- oder Bezirksvögte bei einzelnen Besitzkomplexen eines Klosters, die von diesem weiter entfernt lagen.
Bedeutung der kirchlichen Vogtei für die Territorienbildung
Im Laufe des Spätmittelalters wurde aus den ursprünglich begrenzten und aus Einzelrechten bestehenden Kompetenzen der Vögte häufig eine umfassende, nicht mehr auf Einzelkompetenzen bezogene Obrigkeit. Im Zuge dieses Vorganges verloren die geistlichen Grundherren Herrschaftsrechte an die Vögte, vor allem die niedere Gerichtsbarkeit konnten die Vögte in der Regel an sich bringen. Häufig konnten die Vögte die Wehrhoheit, den Anspruch auf Steuern und auf Frondienste der von ihnen bevogteten Besitzungen bzw. Bauern an sich bringen. Im Zuge dieses Prozesses wurde die Vogtei seit dem Spätmittelalter als Herrschaftsrecht vielfach in modernere Herrschaftsrechte überführt und ging in örtlicher Gerichtsbarkeit, niederer Obrigkeit oder Landesherrschaft auf. So gelang es adeligen Vögten vielfach, klösterlichen Grundbesitz unter ihre Botmäßigkeit zu bringen; die Klöster konnten lediglich die Grundherrschaft über ihre fremdbevogteten Güter behaupten. Die Vogtei bildete daher im Spätmittelalter in vielen Fällen eine wesentliche Grundlage bei der Ausbildung der Territorien adliger Herrscher. Im Gefolge der Reformation gelang es evangelisch gewordenen (Kast-)Vögten zudem, unter ihrer Vogtei stehende Klöster zu säkularisieren und in ihr Territorium zu integrieren.
Landvögte
Der Begriff der Vogtei wurde in Deutschland seit dem 13. Jahrhundert zunehmend mit einer Ämterorganisation verbunden. Vögte übernahmen im Auftrag weltlicher Herrscher Verwaltungsaufgaben. Sie legten Steuern fest und zogen diese ein, sie hielten Gericht und ahndeten Vergehen.
Rudolf von Habsburg, römisch-deutscher König 1273–1291, richtete Reichslandvogteien ein, um das unmittelbar der königlichen Herrschaft unterstehende Reichsgebiet, vor allem das ehemals staufische Hausgut, verwalten zu lassen. Am 9. August 1281 ließ er auf dem Hoftag zu Nürnberg förmlich feststellen, dass alle nach der Absetzung Friedrichs II. (1245) durchgeführten Schenkungen oder Verfügungen über Reichsgüter nichtig seien, es sei denn, die Mehrheit der Kurfürsten billigten die Verfügungen. Er setzte Landvögte ein, die unberechtigt angeeignete Reichsgüter finden sollten und als Vertreter des Königs agierten. Diese Landvogteien waren ein wichtiges Instrument zur Revindikation des Reichsguts. Rudolf ließ das gesamte Reichsgut in solche Verwaltungseinheiten aufteilen und gab den Vögten weitreichende Befugnisse. Damit war auch eine effektive Verwaltung des Reichsguts gesichert – etwas, was in den europäischen Monarchien wie Frankreich oder England längst existierte.
Die bekanntesten dieser Reichslandvogteien sind die Landvogtei Schwaben (Ober- und Unterschwaben) und die Landvogtei Elsass (Oberelsass und Unterelsass), aber auch Breisgau, Ortenau, Speyergau, Sundgau und Wetterau. Während die meisten Landvogteien im 15. Jahrhundert von den Landesherren vereinnahmt wurden, bestanden die kleinen Landvogteien Ober- und Unterschwaben bis zur Auflösung des Reiches 1806.
vgl. Liste der Landvögte im Elsass
Landvögte in den Lausitzen
Besonders lange hielt sich die mittelalterliche Institution der Landvogtei in den beiden Markgraftümern Ober- und Niederlausitz. Im 14. Jahrhundert von den brandenburgischen Askaniern eingeführt, waren die Landvögte auch unter den böhmischen Königen (bis 1620/35) und unter den sächsischen Kurfürsten die höchsten Beamten der Landesherren. Ende des 17. Jahrhunderts verlor das Amt aber an Bedeutung und wurde zu einem bloßen Titel der sächsischen Kurprinzen (Thronfolger).
Siehe auch
Landvogt in der Schweiz
In der Schweiz erschien der Titel Landvogt erst nach 1415. Es gab zahlreiche Bezeichnungen für die Funktion des Landvogts: Kastlan, Obervogt, Gubernator und in den italienischsprachigen Gebieten Podestà, balivo, landfogto, capitano reggente oder commissario. Der Landvogt war Regent in den Landvogteien anstelle des landesherrlichen Stadt- oder Landkantons der alten Eidgenossenschaft. Er stand der gesamten Verwaltung vor und bestellte die lokalen Beamten, soweit ihn lokale Freiheitsrechte nicht in seiner Amtsgewalt einschränkten. Dazu gehörte auch die Finanzverwaltung, d. h. der Einzug der Gefälle und Bußen sowie die Rechnungsführung. Je nach der Lage der Privilegien der Landvogtei war der Landvogt Richter in Fällen der niederen und der hohen Gerichtsbarkeit und stand dem Landgericht vor. Weiter war er Kommandant des militärischen Aufgebotes der Landvogtei, Vollstrecker obrigkeitlicher Befehle und richterlicher Verfügungen.
Die Organisation der Landvogteien wurde von der habsburgischen Herrschaftsorganisation übernommen. Landvogteien, die von mehreren eidgenössischen Orten regiert wurden, wurden als gemeine Herrschaft bezeichnet, wo die regierenden Kantone in einem festen Turnus den Landvogt stellten. Daneben gab es zahlreiche Landvogteien im Herrschaftsgebiet einzelner Kantone.
Der Landvogt residierte meist auf einer landesherrlichen Burg innerhalb der Landvogtei, außer spezielle Privilegien verwehrten ihm den Aufenthalt in der Landvogtei, wie in der Grafschaft Uznach. Manche dieser Burgen tragen bis heute den Namen Landvogteischloss, so das Landvogteischloss Baden und das Landvogteischloss Willisau.
In der alten Eidgenossenschaft bestanden unterschiedlichste Formen von Landvogteien, in denen die Rechte und Pflichten des Amtsinhabers jeweils durch alte Freiheiten und Privilegien der Landvogtei mehr oder weniger festgesetzt waren. In besonders privilegierten Gebieten durften die Untertanen den Landvogt sogar selbst wählen, wodurch dieser auch als Vertreter der politisch unmündigen Untertanen auftrat. Dies betraf besonders die sogenannten Munizipalstädte oder wenige Landschaften wie das bernische Haslital.
Die Einkünfte des Landvogtes bestanden hauptsächlich aus den Bußen, die er als vollstreckende Gewalt einziehen durfte, sowie zum kleineren Teil aus festen Abgaben aus Grund und Boden oder Gewerbe. Eine feste Besoldung war unbekannt. In manchen Kantonen wurden die Landvogteien regelrecht versteigert – der Landvogt musste dann zusehen, dass er innerhalb seiner Amtsdauer die Ausgaben wieder decken konnte. Als besonders ruchlos galten in diesem Zusammenhang die Landvögte der gemeinen Herrschaften. Es gab jedoch auch immer wieder Bemühungen, Missbräuche durch eine strenge Aufsicht zu verhindern. Das Amt eines Landvogtes galt jedenfalls als einträglicher Posten, der nur den regimentsfähigen Familien der Stadt oder der Landschaft vorbehalten war.
Die territorialen Grenzen der Landvogteien waren nicht immer klar zu ziehen, da die Grenzen der Amtsgewalt der hohen und der niederen Gerichtsbarkeit sowie der Heerbann nicht überall übereinstimmten. Dazu kamen noch eine ganze Reihe minderer Rechte, die sich nicht mehr geographisch darstellen lassen. Innerhalb der Landvogteien konnten außerdem Private die Amtsgewalt des Landesherrn und damit auch des Landvogtes einschränken, da sie gewisse Rechte durch Kauf erworben hatten oder von alters her besaßen. In erster Linie handelte es sich dabei um Klöster und sog. Freiherren, die nur den Landesherrn über sich anerkannten. Sie konnten die hohe oder die niedere Gerichtsbarkeit besitzen und seltener sogar den Heerbann. Daneben gab es die Inhaber der Twingrechte, die vor allem die niedere und die mittlere Gerichtsbarkeit innehielten, aber auch Private, welche Fischereirechte, Jagdrechte oder das Recht zum Bezug niederer Gefälle und Bussen besaßen. So war die Amtsgewalt des Landesherrn und damit auch des Landvogtes in Realität an den meisten Orten stark eingeschränkt und bildete einen unübersichtlichen Flickenteppich, der auch für die Zeitgenossen nur schwer überblickbar war, aber dem Zeitgeist des Ancien Régime entsprach.
In der Helvetischen Republik wurde das Amt des Landvogtes 1798 abgeschafft, da mit dem Begriff viele negative Assoziationen mit dem Ancien Régime einhergingen. Aus diesem Grund wurde er auch später nicht wieder eingeführt. An seine Stelle trat im Kanton Bern die Bezeichnung „Oberamtmann“, in anderen Kantonen wurden andere Strukturen oder andere Bezeichnungen geschaffen.
Landvögte in Liechtenstein
Auf dem Gebiet des späteren Liechtensteins wurden ab dem 13. Jahrhundert die Verwaltungs- und Regierungsaufgaben des jeweiligen, meist abwesenden Landesherren durch einen Stellvertreter ausgeübt. Zunächst wurden Titel wie „vogt“ oder „amman“ oder „amtmann“ verwendet. Ab 1509 wurde die Bezeichnung „Landvogt zu Vaduz“ kontinuierlich verwendet. Zwischen 1509 und 1848 gab es etwa 45 Landvögte in Liechtenstein. Ab dem Jahr 1848, während der Amtszeit von Johann Michael Menzinger, wurde das Amt in „Landesverweser“ umbenannt. Damit lehnte man sich an die Amtsbezeichnung eines stellvertretenden Oberhaupts, der 1848 in der Frankfurter Nationalversammlung provisorisch eingesetzt wurde, an. In Liechtenstein wurde das Amt des Landesverwesers erst 1921 mit dem Inkrafttreten der neuen Verfassung des Fürstentums Liechtenstein abgeschafft. Dessen Aufgaben werden seitdem von der Regierung des Fürstentums Liechtenstein, als oberstes Exekutivorgan des Staates, ausgeführt.[2]
Vogtei als Bezeichnung für Gerichtsherrschaft
Seit dem Ende des Spätmittelalters wurde der Begriff „Vogtei“ („Vogteilichkeit“) oftmals gleichbedeutend mit niederer Gerichtsbarkeit (niederer Obrigkeit) verwendet. So war im fränkischen und schwäbischen Raum dieser Gebrauch des Begriffs „Vogtei“ üblich. Dies galt auch in den Fällen, wo die niedere Obrigkeit nicht auf der älteren, kirchlichen Vogtei beruhte, wie beispielsweise bei den Gütern adeliger oder städtischer Grundherren. Gleichartige oder ähnliche Amtsstellungen waren Amtmann, Dorfrichter, Erbrichter, Fronbote, Gerichtskretscham, Greve, Meier, Schiedsmann, Scholze, Schuldheiß, Schulze, Vikar, Villicus, Woith (in alphabetischer, nicht zeitlicher Reihenfolge).
Burgvogt
Ein Burgvogt verwaltete eine Burg, er wurde vom Burgherren beauftragt, in Abwesenheit die Obliegenheiten und die niedere Gerichtsbarkeit auszuüben. Zum Beispiel wurde auf der Reichsburg Nürnberg ein Burgvogt eingesetzt.
Schutzvögte, Deichvögte, Alpvögte, Waldvogt
Die mittelalterlichen Markgenossenschaften ernannten Schutzvögte zu ihren Vertretern.
In den Küstenregionen von Nord- und Ostsee waren Deichvögte für den Zustand der Deiche und Strandvögte für die Bergung von gestrandetem Schiffsgut zuständig.
Heute noch heißt an vielen Orten in der Schweiz der Verantwortliche für den Alpbetrieb „Alpvogt“, er stellt das Alppersonal ein, organisiert die Besetzung mit Vieh, alle Arbeiten, rechnet ab etc.
Im Hotzenwald bestand das Amt des Waldvogts. König Maximilian I. erließ dafür 1507 eine 17 Artikel umfassende Ordnung, die bis ins 18. Jahrhundert galt. Sitz des Waldvogts war zuerst die Burg Hauenstein, später wurde der Vogtsitz nach Waldshut-Tiengen in das Waldvogteiamt verlegt.
Im Niederländischen hat bis in die Moderne der ursprünglich aus dem 16. Jahrhundert stammende Begriff des Vlootvoogd (deutsch wörtlich „Flottenvogt“) überdauert. Es ist die volkstümliche Bezeichnung für den Kommandeur eines Verbands von Schiffen, also einen Flottenbefehlshaber.[3]
Kanalinseln
In Großbritannien gibt es noch zwei Gebiete, die offiziell den Status einer Vogtei (engl. Bailiwick, frz. Bailliage) haben, die Kanalinseln Guernsey und Jersey. Ihnen steht allerdings kein Vogt vor, sondern sie sind als Kronbesitz direkt der britischen Krone unterstellt.
Polen
In Polen wird der Titel Wójt (Vogt) weiterhin von den Bürgermeistern der Landgemeinden geführt.
Historisch waren dort die Vögte vom Souverän ernannte oder erbliche Stadtoberhäupter oder Gemeindevorsteher, überwiegend durch Angehörige des Adels (szlachta) ausgeübt. Bis zum 17. Jh. nannte sich im deutschen und böhmischen Schlesien der Dorfvorsteher, Woit. Der Vogt des Ermlands war im Fürstbistum der höchste weltliche Amtsträger.
Vogtsamt als Familienname
Bei zahlreichen mittelalterlichen Familien des Niederen Adels aus der Schicht der Ministerialen wurde die Amtsbezeichnung – in Verbindung mit dem Namen ihres Amtssitzes – im Lauf der Zeit zum Familiennamen, so bei den Vogt von Elspe, Voit von Rieneck, Voit von Salzburg, Vogt von Soest, Vogt von Sumerau, Voigt von Wierandt.
Literatur (Auswahl)
Aufsätze
- Victor Attinger (Hrsg.): Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz. Band 4: Güttingen – Mailand. Administration des historisch-biographischen Lexikons der Schweiz, Neuenburg 1927, S. 598f.
- Hanns H. Hofmann: Freibauern, Freidörfer, Schutz und Schirm im Fürstentum Ansbach. Studien zur Genesis der Staatlichkeit in Franken vom 15. bis 18. Jahrhundert. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte. Jg. 23, 1960, ISSN 0044-2364, S. 195–327.
- Rudolf Hoke: Landvogt. In: Adalbert Erler, Ekkehard Kaufmann (Hrsg.): Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. Band 2: Haustür – Lippe. Schmidt, Berlin 1978, ISBN 3-503-00015-1, S. 1597–1599.
- H.-J. Schmidt: Vogt, Vogtei. In: Lexikon des Mittelalters. Band 8: Stadt (Byzantinisches Reich) bis Werl. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2009, ISBN 978-3-534-22804-1, Sp. 1811–1814.
- Fred Schwind: Landvogt, -vogtei. In: Robert-Henri Bautier u. a. (Hrsg.): Lexikon des Mittelalters. Band 5: Hiera-Mittel bis Lukanien. Artemis & Winkler, München u. a. 1991, ISBN 3-7608-8905-0, S. 1681f.
- Fred Schwind: Reichslandvogt, Reichslandvogtei. In: Adalbert Erler, Ekkehard Kaufmann (Hrsg.): Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte. Band 4: Protonotarius Apostolicus – Strafprozeßordnung. Schmidt, Berlin 1990, ISBN 3-503-00015-1.
Bücher
- Martin Clauss: Die Untervogtei. Studien zur Stellvertretung in der Kirchenvogtei im Rahmen der deutschen Verfassungsgeschichte des 11. und 12. Jahrhunderts (= Bonner historische Forschungen, Band 61). Schmitt, Siegburg 2002, ISBN 3-87710-208-5.
- Katharina Colberg: Reichsreform und Reichsgut im späten Mittelalter. Universität Göttingen 1967 (Göttingen, Dissertation v. 22. März 1967).
- Hans-Georg Hofacker: Die schwäbischen Reichslandvogteien im späten Mittelalter. Stuttgart 1980, ISBN 3-12-911570-6.
- Hans Niese: Prokurationen und Landvogteien. Ein Beitrag zur Geschichte der Reichsgüterverwaltung im 13. Jahrhundert. Wagner, Innsbruck 1904 (Zugleich: Dissertation, Universität Straßburg, 1904).
- Johannes Schneider: Das deutsche Vogteiwesen und sein Einfluß auf das mittelalterliche Latein (= Sitzungsberichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Klasse für Sprachen, Literatur und Kunst. Jg. 1964, Bd. 1, ZDB-ID 211653-4). Akademie-Verlag, Berlin 1964.
- Ernst Schubert: König und Reich. Studien zur spätmittelalterlichen deutschen Verfassungsgeschichte (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte. Bd. 63). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1979, ISBN 3-525-35375-8 (Zugleich: Habilitationsschrift, Universität Erlangen-Nürnberg, 1974).
- Fred Schwind: Die Landvogtei in der Wetterau. Studien zu Herrschaft und Politik der staufischen und spätmittelalterlichen Könige (= Schriften des Hessischen Landesamtes für Geschichtliche Landeskunde. Bd. 35). Elwert, Marburg 1972, ISBN 3-7708-0424-4 (Zugleich: Dissertation, Universität Frankfurt am Main 1966).
- Thomas Simon: Grundherrschaft und Vogtei. Eine Strukturanalyse spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Herrschaftsbildung (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte. Bd. 77). Klostermann Verlag, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-465-02698-5 (Zugleich: Dissertation, Universität Freiburg (Breisgau), 1992).
Weblinks
- Waltraud Hörsch: Landvogt [Obervogt, Vogt]. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
Einzelnachweise
- Max Döllner: Entwicklungsgeschichte der Stadt Neustadt an der Aisch bis 1933. Ph. C. W. Schmidt, Neustadt a.d. Aisch 1950. (Neuauflage 1978 anlässlich des Jubiläums 150 Jahre Verlag Ph. C. W. Schmidt Neustadt an der Aisch 1828-1978.) S. 298–301.
- Landvogt – Historisches Lexikon. Abgerufen am 16. Juni 2019.
- Historische woordenboeken (niederländisch) im Woordenboek der Nederlandsche Taal des Instituut voor de Nederlandse Taal, abgerufen am 18. Januar 2019.