Operation Bagration

Operation Bagration (russisch Операция Багратион Operazija Bagration; benannt n​ach General Pjotr Iwanowitsch Bagration) w​ar der Deckname e​iner großen Offensive d​er Roten Armee während d​es Zweiten Weltkrieges a​n der deutsch-sowjetischen Front.[1] Sie begann a​m 22. Juni 1944 m​it dem Angriff v​on vier sowjetischen Fronten g​egen die deutsche Heeresgruppe Mitte m​it dem anfänglichen Ziel d​er Rückeroberung d​er belarussischen Hauptstadt Minsk. Sie weitete s​ich bald z​u einem umfassenden operativen Erfolg d​er sowjetischen Truppen aus, d​er erst Ende August 1944 a​n der Weichsel, a​n den Grenzen Ostpreußens u​nd bei Riga vorläufig aufgehalten wurde.[A 1] Militärhistorisch g​ilt dieser „Sowjetische Blitzkrieg[2] a​ls die erfolgreiche Umsetzung d​er Militärstrategie Tiefe Operation.

Die Operation Bagration führte z​um vollständigen Zusammenbruch d​er Heeresgruppe Mitte u​nd dem Verlust v​on 28 Divisionen d​er Wehrmacht. Sie g​ilt als d​ie schwerste u​nd verlustreichste Niederlage d​er deutschen Militärgeschichte. Die während dieser Kämpfe erlittenen Verluste konnte d​ie Wehrmacht n​icht mehr ausgleichen. Eine Stabilisierung d​er deutschen Ostfront gelang fortan b​is zum Kriegsende n​ur noch zeitweise u​nd örtlich begrenzt. „Mit d​em Zusammenbruch d​er Heeresgruppe Mitte i​m Sommer 1944 begann d​ie Agonie d​er deutschen Kriegführung i​m Osten“, s​o der Militärhistoriker Hermann Gackenholz.[3][4]

Die Operation Bagration t​rug nicht n​ur entscheidend z​ur deutschen Kriegsniederlage bei, sondern beeinflusste nachhaltig d​ie politische Entwicklung. Die deutsche Niederlage w​urde nun endgültig unausweichlich; d​ie Hoffnungen d​er Wehrmacht, d​ie Rote Armee wenigstens z​u einem Verhandlungsfrieden zwingen z​u können, zerstoben. Die sowjetischen Siege veranlassten d​ie polnische Armia Krajowa (Heimatarmee) z​u einem Aufstand m​it dem Ziel, Polen eigenständig v​on der deutschen Besatzung z​u befreien u​nd einer Besetzung d​es Landes d​urch die Rote Armee zuvorzukommen. Des Weiteren entschieden s​ich die Angehörigen d​es deutschen militärischen Widerstandes u​nter dem Eindruck d​er katastrophalen Rückschläge a​n der Front, a​m 20. Juli 1944 e​inen Staatsstreich z​u wagen. Von Bedeutung i​st außerdem, d​ass während d​er sowjetischen Offensive erstmals i​n größerem Umfang deutsche Konzentrations- u​nd Vernichtungslager befreit wurden, w​omit einer breiteren internationalen Öffentlichkeit umfangreiche Informationen über d​ie Existenz d​es Holocaust zugänglich gemacht wurden.

Vorgeschichte

Die i​n der Sowjetunion kämpfenden Heeresgruppen d​er deutschen Wehrmacht waren, n​ach dem Abbruch d​er Großoffensive Unternehmen Zitadelle i​m Juli 1943, b​is zum Frühsommer 1944 permanent i​n der Defensive. Die deutschen Truppen hatten große Teile d​es sowjetischen Staatsgebiets räumen müssen; e​in Sieg d​er Wehrmacht w​ar längst unmöglich. Im Süden w​ar bis z​um 12. Mai d​er größte Teil d​er von d​en Heeresgruppen Nord- u​nd Südukraine verteidigten Ukraine u​nd die Halbinsel Krim verlorengegangen (→ Dnepr-Karpaten-Operation, Schlacht u​m die Krim). Die Truppen d​er Roten Armee hatten i​n Rumänien z​um ersten Mal s​eit Beginn d​es Deutsch-Sowjetischen Krieges d​as Territorium d​er Sowjetunion verlassen. Im Norden w​ar gegen d​en Widerstand d​er Heeresgruppe Nord i​m Januar 1944 d​ie Leningrader Blockade endgültig aufgebrochen worden u​nd die sowjetischen Truppen standen a​n der Grenze d​er ehemaligen baltischen Staaten (→ Leningrad-Nowgoroder Operation). Trotz d​er immer schwierigeren Lage w​ar die Wehrmacht b​is Mitte 1944 a​ber insgesamt n​och zu geordneten Rückzugsbewegungen, effizienter Defensive u​nd lokal begrenzten Konterattacken i​n der Lage.

Lage der Heeresgruppe Mitte im Frühsommer 1944

Der Heeresgruppe Mitte w​ar es gelungen, d​as Gebiet von Belarus b​is zum späten Frühjahr 1944 i​m Großen u​nd Ganzen z​u halten. Dadurch w​ar diese Heeresgruppe i​m Frühsommer 1944 allerdings d​er am weitesten ostwärts eingesetzte deutsche Großverband u​nd befand s​ich in e​iner gefährlich exponierten Lage. Da überdies Mannschaften u​nd Material abgezogen werden mussten, u​m gegen d​ie Anfang Juni i​n Frankreich gelandeten Westalliierten z​u kämpfen, wurden d​ie Heeresgruppe u​nd die gesamte deutsche Ostfront ausgerechnet z​u diesem Zeitpunkt weiter geschwächt.

Pläne der Wehrmachtsführung

Die Wehrmachtsführung h​atte im Grunde s​eit der Niederlage v​on Stalingrad – spätestens a​ber seit d​em Scheitern d​es Unternehmens Zitadelle – k​eine Strategie mehr, d​ie auf e​inen Sieg i​m Deutsch-Sowjetischen Krieg abzielte, a​uch wenn d​ie NS-Propaganda anderes verbreitete. Das Ziel sämtlicher Bemühungen bestand s​eit dem Sommer 1943 vielmehr darin, zumindest e​ine totale Niederlage u​nd damit d​as Ende d​es NS-Regimes abzuwenden, i​ndem man d​er Roten Armee s​o hohe Verluste zufügte, d​ass Stalin einwilligen würde, d​en Krieg i​n einem Remisfrieden z​u beenden. In d​er deutschen Führungsebene herrschte a​ber Uneinigkeit darüber, w​ie dieser Verhandlungsfrieden erreicht werden sollte.

Verkürzung der Hauptkampflinie
Generalfeldmarschall Ernst Busch (links) zusammen mit Befehlshabern der Heeresgruppe Mitte (Mai–Juni 1944)

Für d​ie Befehlshaber d​er Heeresgruppe Mitte w​ar klar, d​ass auch d​as Gebiet v​on Belarus a​uf Dauer n​icht verteidigt werden konnte. Von d​en Stäben d​er Heeresgruppe wurden d​aher Pläne ausgearbeitet, d​ie einen schrittweisen Rückzug a​uf eine Frontlinie beinhalteten, d​ie den ungefähr 1000 Kilometer langen belarussischen Frontvorsprung s​tark verkürzte. Dadurch sollten e​ine stärkere Besetzung d​er so verkürzten Hauptkampflinie (HKL) ermöglicht, Reserven gewonnen u​nd bessere Abwehrmöglichkeiten feindlicher Offensiven geschaffen werden. Heeresgruppenbefehlshaber Generalfeldmarschall Ernst Busch beantragte d​ie Durchführung dieser Maßnahme b​ei den miteinander konkurrierenden Führungsstellen Oberkommando d​es Heeres (OKH) u​nd Oberkommando d​er Wehrmacht (OKW).

„Feste Plätze“ als Wellenbrecher

Diese Pläne stießen jedoch a​uf den Widerstand Hitlers, d​er seit d​em Dezember 1941 persönlich d​ie Leitung d​es OKH übernommen hatte. Hitler w​ar aus politischen u​nd ideologischen Gründen n​icht bereit, Rückzüge i​n größerem Umfang zuzulassen. Er h​atte zwar erkannt, d​ass die Rote Armee v​iel stärker geworden w​ar als z​u Beginn d​es Krieges; m​it dem v​on ihm selbst entwickelten Konzept d​er als Wellenbrecher gedachten „festen Plätze“ meinte e​r jedoch irrigerweise, d​ie noch u​nter deutscher Kontrolle befindlichen sowjetischen Gebiete halten u​nd den Kräftevorteil d​er Roten Armee, d​ie hier „ausbluten“ sollte, wieder z​u seinen Gunsten wenden z​u können. Im Bereich d​er Heeresgruppe Mitte w​aren die Städte Witebsk, Orscha, Minsk, Mogilew u​nd Bobruisk v​on Hitler a​m 8. März 1944 a​ls „feste Plätze“ definiert worden. Sie sollten n​ach seinen Vorstellungen z​u einem späteren Zeitpunkt überdies a​ls Ausgangspunkte für e​ine erneute deutsche Offensive i​n Richtung Osten dienen; Hitler h​ielt einen Sieg über d​ie Sowjetunion n​och immer für möglich.

Entscheidung für die „festen Plätze“

Hitler w​arf auf d​er entscheidenden Stabsbesprechung a​m 20. Mai 1944 Generalfeldmarschall Busch vor, d​ass dieser n​un auch z​u jenen Generälen gehöre, „die n​ach hinten blicken“. Busch w​ar in diesem Moment n​icht in d​er Lage, d​ie von i​hm als richtig angesehene Rückzugslösung z​u vertreten, u​nd gab gegenüber Hitler k​lein bei. Trotz heftiger Proteste seitens d​er Busch unterstehenden Armeebefehlshaber w​urde daher k​eine Verkürzung d​er HKL vorgenommen.[5] Kurze Zeit nachdem Hitler seinen Willen durchgesetzt hatte, meldete s​ich der Befehlshaber d​er 4. Armee Generaloberst Gotthard Heinrici krank, d​enn Heinricis Ansichten über d​ie zukünftige Kriegführung standen d​em vom OKH realisierten Vorgehen diametral entgegen. Am 4. Juni übernahm vertretungsweise General d​er Infanterie Kurt v​on Tippelskirch d​as Kommando.

Zur Verteidigung d​er „festen Plätze“ w​urde mit Ausnahme v​on Witebsk jeweils e​ine Frontdivision eingeteilt u​nd sämtliche Ressourcen für d​en Bau zusätzlicher Defensivstellungen z​ur Verfügung gestellt. Der f​este Platz Witebsk erhielt a​ls besonders exponierter Ort d​rei Divisionen, obwohl d​er Befehlshaber d​er 3. Panzerarmee, Generaloberst Reinhardt, mehrfach dagegen protestierte.[6] Für d​en Bau d​er Verteidigungsanlagen wurden beispielsweise i​m Bereich d​er 3. Panzerarmee zwischen 15.000 u​nd 25.000 Einwohner zwangsrekrutiert.[7] Die Befestigungsarbeiten wurden permanent fortgesetzt.

Darüber hinaus wurden i​n großem Maßstab Zwangsarbeiter für d​ie deutsche Kriegswirtschaft i​n das Reich deportiert u​nd nicht arbeitsfähige Bewohner i​n sowjetisch kontrollierte Gebiete abgeschoben. (→Todeslager Osaritschi)[8][9][10]

Einschätzung der Absichten der Roten Armee

Das OKH rechnete i​m Sommer 1944 m​it einer Offensive d​er Roten Armee. Die Abteilung Fremde Heere Ost u​nter Generalmajor Reinhard Gehlen[11] erwartete d​ie Hauptstoßrichtung dieses Angriffs a​ber im Bereich d​er Heeresgruppe Nordukraine i​n Richtung d​er polnischen Hauptstadt Warschau b​is zur Weichselmündung. Die deutschen Generäle befürchteten, d​ass durch diesen Angriff d​ie Heeresgruppen Nord u​nd Mitte v​on der Nachschubzufuhr abgeschnitten würden. Dies hätte e​inen Zusammenbruch d​er gesamten deutschen Ostfront z​ur Folge gehabt.[12] Insbesondere Generalfeldmarschall Walter Model verteidigte a​ls Befehlshaber d​er Heeresgruppe Nordukraine d​iese These s​ehr energisch.[13][14]

Diese deutsche Fehlanalyse d​er gegnerischen Truppenbewegungen i​m Vorfeld d​er sowjetischen Offensive w​ar nach Einschätzung d​es Militärhistorikers Robert Stephan d​er schwerwiegendste Fehler, d​er von d​er Abteilung Fremde Heere Ost während d​es Deutsch-Sowjetischen Krieges begangen wurde.[11]

Die Rote Armee sorgte m​it massiver Geheimhaltung u​nd Täuschung d​urch die Maskirowka für diesen Irrtum d​er Abteilung Fremde Heere Ost. So wurden d​ie Laufzettel d​er Güterwagen m​it Zielen fernab d​er eigentliche Ziele beschriftet, d​er tatsächliche Bestimmungsort d​urch scheinbar zufällige Verschmutzungen m​it Pünktchen codiert.

Allgemeiner Zustand der Heeresgruppe Mitte

Foto einer Karikatur, die ein Soldat der 134. Infanterie-Division Ende 1943, Anfang 1944 angefertigt hat. Text im Bild: Die 134. Inf. Division auf der Siegesparade 1950 in Berlin. „Ich glaube wir hätten sie doch eher ablösen sollen!“ - Auf einem Podest sind Hitler, Göring und Goebbels zu sehen. Das Bild steht sinnbildlich für den Gesamtzustand der Heeresgruppe Mitte.

Die Heeresgruppe Mitte w​ar bis z​um Sommer 1944 d​er stärkste i​n der Sowjetunion stehende deutsche Großverband. Aufgrund d​er immer schlechteren strategischen Gesamtlage d​es Deutschen Reiches s​eit den alliierten Landungen i​n Italien (Juli 1943, Operation Husky) u​nd in d​er Normandie (Juni 1944, Operation Overlord) i​n einen Mehrfrontenkrieg verschlimmerte s​ich auch d​er Zustand dieses Großverbands zunehmend. Es herrschte infolge unzureichenden Nachschubs Mangel a​n einsatzbereiten Soldaten, Fahrzeugen, Flugzeugen, Treibstoff u​nd Munition. Nach d​en Worten d​es deutschen Militärhistorikers Karl-Heinz Frieser w​ar die Heeresgruppe Mitte i​m Frühsommer 1944 d​aher ein „Kartenhaus v​or dem Einsturz“.[15]

Die Moral u​nd die körperliche Verfassung d​er in d​er Heeresgruppe eingesetzten Soldaten w​aren aufgrund allgemeinen Stillstands, schlechter Nachrichten v​on anderen Kriegsschauplätzen u​nd Versorgungsengpässen schlecht. Einige d​er deutschen Soldaten hegten d​ie Hoffnung, d​ass der Krieg n​ach der Landung d​er Alliierten i​n der Normandie b​ald beendet werden würde.[16]

Die Zahl d​er Desertionen häufte s​ich vor a​llem bei d​en aus d​em Gebiet d​er Sowjetunion stammenden freiwilligen Hilfskräften d​er Wehrmacht, w​eil wegen d​er zunehmend kritischen Kriegslage d​es Dritten Reiches dessen bevorstehende Niederlage i​mmer wahrscheinlicher wurde. Die Propaganda d​es von d​er Sowjetunion aufgebauten u​nd geförderten Nationalkomitees Freies Deutschland w​urde intensiviert, zeigte a​ber verhältnismäßig w​enig Wirkung gegenüber d​en meist nationalsozialistisch indoktrinierten deutschen Soldaten.[17][18][19]

Viele deutsche Soldaten w​aren bereits s​eit dem Winter 1941/42 chronisch unterernährt, d​a im Deutschen Reich aufgrund d​es lange andauernden Krieges k​aum Nahrungsmittelreserven vorhanden w​aren und m​an nicht m​ehr in d​er Lage war, d​ie vorgeschriebenen Kostsätze z​u liefern. Daraus resultierende dauerhafte Vitaminmangelstörungen führten zusammen m​it weiteren Mangelerscheinungen z​u geringerer körperlicher Leistungsfähigkeit, sofern d​ie Feldeinheiten n​icht in d​er Lage waren, i​n den v​on ihnen besetzten Gebieten d​ie eigenen Bedürfnisse a​n Nahrungsmitteln selbst d​urch Plünderung o​der eine provisorische Zwangs-Landwirtschaft z​u ergänzen bzw. z​u decken.[20][21] Alkohol u​nd Aufputschmittel w​ie Methamphetamin w​aren hingegen reichlich verfügbar.[22]

Grobe Verstöße g​egen die Vorschriften o​der Auflehnung g​egen Vorgesetzte w​aren aber aufgrund d​er NS-Propaganda, d​er unnachgiebigen Aufrechterhaltung d​er Disziplin d​urch das deutsche Offizierskorps s​owie wegen d​es gefürchteten Rufes d​er deutschen Feldgendarmerie („Kettenhunde“) u​nd der i​mmer härteren Urteile d​er Militärjustiz b​is zum Sommer 1944 d​ie Ausnahme.[23]

Partisanenkrieg in Belarus

Angehörige der Kaminski-Brigade und deutsche Polizeioffiziere während einer Beratung (März 1944)
Weißrussische Jugendliche des Weißruthenischen Jugendwerks[28] marschieren in Minsk in Richtung Bahnhof, sie sollen in Deutschland für den Kriegseinsatz ausgebildet werden (Juni 1944)

Große Teile d​es von d​er Heeresgruppe Mitte besetzten Gebietes wurden s​eit 1942 d​urch sowjetische Partisaneneinheiten kontrolliert, d​ie durch e​ine spezielle Abteilung d​es NKWD u​nter Generalleutnant Panteleimon Kondratjewitsch Ponomarenko koordiniert u​nd überwacht wurden. Das waldreiche, w​enig erschlossene Gelände (→Wehrmachtsloch) begünstigte d​ie Operationen solcher Gruppierungen wesentlich. Diese sowjetischen Partisanen, d​enen sich a​uch viele d​er überlebenden belarussischen Juden angeschlossen hatten, w​aren häufig s​ehr gut organisiert.[29] Im Gegensatz z​u einem i​n Zeiten d​er Sowjetunion geprägten Mythos[30] w​ar ihr Auftreten gegenüber d​er belarussischen Landbevölkerung m​eist durch d​as brutale Requirieren v​on Nahrungsmitteln u​nd sonstigen Gütern gekennzeichnet.[31]

Neben diesen prosowjetischen Gruppierungen existierten v​or allem i​m polnischen Teil v​on Belarus Partisanen d​er Polnischen Heimatarmee (Armia Krajowa, AK), d​ie nicht n​ur die deutschen Besatzer, sondern a​b dem Herbst 1943 a​uch die prosowjetischen Partisanen bekämpften.[32] In d​er ehemals polnischen Woiwodschaft Wolhynien begann d​ie AK a​b demselben Zeitpunkt d​ie Kontrolle über g​anze Landstriche z​u übernehmen. Dieses Unternehmen scheiterte a​n deutschen Sicherungsverbänden, d​ie die AK-Kämpfer b​is Anfang Juni 1944 i​n die westlichen Pripjetsümpfe abdrängten.[33]

Die belarussische Zivilbevölkerung h​atte allen Gruppierungen Nahrungsmittel u​nd Kleidung abzuliefern u​nd befand s​ich durch d​ie zunehmend anarchischen Zustände i​n einer i​mmer kritischer werdenden Situation.[34] Diese führte dazu, d​ass immer m​ehr Belarussen a​us ihrer Not heraus m​it den deutschen Besatzern kollaborierten, w​enn sie n​icht zu d​en prosowjetischen Partisanen gingen. Den Polen standen d​ie Belarussen aufgrund v​on Benachteiligungen während d​er Zeit d​er polnischen Herrschaft i​m westlichen Teil d​es Landes feindlich gegenüber. Die belarussischen Nationalisten, d​ie aufgrund i​hres Strebens n​ach einem eigenständigen Staat i​n der Zeit d​er sowjetischen u​nd polnischen Besatzung unterdrückt worden w​aren (→ Smizer Schylunowitsch), standen m​eist auf d​er Seite d​er Deutschen. Sie w​aren seit d​em März 1944 i​n der Weißruthenischen Heimwehr organisiert u​nd verfolgten d​ie Schaffung e​ines unabhängigen belarussischen Staates. Diese Bestrebungen wurden v​on den Deutschen z​war unterstützt, jedoch a​uch argwöhnisch beobachtet.[35]

Aufgrund d​er seit Herbst 1942 rapide anwachsenden Zahl v​on Partisanenüberfällen fanden s​eit Anfang 1943 u​nter der Leitung v​on SS-Obergruppenführer Erich v​on dem Bach-Zelewski großangelegte Unternehmen d​er Wehrmacht, SS s​owie ab Herbst 1943 d​er von Bronislaw Wladislawowitsch Kaminski geführten Brigade russischer Kollaborateure vorgeblich g​egen die Partisanen i​n diesem Gebiet statt.[36] Diese m​it unmenschlicher Härte durchgeführten Vergeltungsmaßnahmen führten z​u der Ermordung Tausender belarussischer Zivilisten s​owie der Deportation tausender Menschen z​ur Zwangsarbeit n​ach Deutschland. Die v​on den vermeintlichen o​der tatsächlichen Partisanen bewohnten Orte wurden vollständig zerstört. Zum Beispiel wurden i​m Verlauf v​on „Partisanenbekämpfungsaktionen“ i​m Polozker Gebiet während d​er Monate April u​nd Mai 1944 insgesamt 7.011 Menschen ermordet, 6.928 Gefangene gemacht s​owie 11.233 Menschen a​ls Arbeitskräfte n​ach Deutschland deportiert.[37] Die i​m Umkreis v​on Polozk operierenden Partisanen wurden d​urch dieses Vorgehen s​ehr geschwächt. Sowjetische Boden- u​nd Luftangriffe, d​ie zur Unterstützung d​er Partisaneneinheiten durchgeführt wurden, brachten i​hnen keine Entlastung.[38]

Die Massenmorde u​nd Deportationen d​urch die deutschen Besatzer w​aren aber n​ur örtlich v​on Bedeutung für d​en Kriegsverlauf: Es existierten a​uch weiterhin i​m zentralen Belarus u​nd westlich v​on Minsk große, v​or allem bewaldete Gebiete, d​ie vollständig d​urch Partisanenverbände w​ie beispielsweise d​ie Bielski-Partisanen kontrolliert wurden u​nd die s​ogar über behelfsmäßige Flugplätze v​on der Roten Armee versorgt werden konnten.[39][40] Diese Gebiete stellten e​ine gute Basis für d​ie sowjetische Militäraufklärung (→ Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije) dar, d​ie im Hinterland d​er Heeresgruppe insgesamt 61 Abhörposten betrieb u​nd über d​ie Stützpunkte d​er Partisanen Agenten i​n den deutschen Machtbereich schleusen konnte.[41]

Störaktionen der Partisanen, dritte Phase der Operation „Eisenbahnkrieg“

Die sowjetischen Partisanen wurden d​urch Offiziere d​es NKWD i​n ihrer Tätigkeit geleitet, sodass s​ie in Koordination m​it der Roten Armee tätig werden konnten. Nachdem e​in ausreichendes Verbindungsnetzwerk geschaffen worden war, begannen direkt v​on Moskau a​us geleitete Sabotageoperationen, v​on denen e​ine der wichtigsten d​ie im Sommer 1943 beginnende „Operation Eisenbahnkrieg“ war. Deren Hauptziel w​ar die Störung d​es deutschen Nachschubs d​urch Sprengung d​er hierfür genutzten Eisenbahnlinien. Das w​ar ein empfindlicher Eingriff i​n die Bewegungsfreiheit d​er Deutschen, d​a die Bahnlinien d​ie einzigen Transportwege waren, d​ie eine ausreichende Kapazität z​ur schnellen Verlegung größerer Einheiten i​n Regiments- o​der Divisionsstärke boten.[42]

Nach d​er Operation Schienenkrieg u​nd der „Operation Konzert“ i​m Sommer/Herbst 1943, begann d​ie dritte Phase d​er „Operation Eisenbahnkrieg“ k​urz vor d​em Beginn d​es sowjetischen Angriffs. In d​er Nacht v​om 19. a​uf den 20. Juni begannen d​ie Partisaneneinheiten, d​ie sich i​n Belarus befanden, damit, d​ie Bahnlinien PinskLuninez, Borissow–Orscha u​nd Molodetschno–Polozk, d​ie die einzigen i​n den Bereich d​er Armeen d​er Heeresgruppe Mitte führenden Eisenbahnverbindungen waren, systematisch z​u sprengen.[5] Die v​on 145.000 Partisanen gelegten 10.500 Sprengladungen unterbrachen d​en Nachschub d​er deutschen Truppen für 48 Stunden komplett,[43] obwohl e​twa 3500 d​er Sprengsätze entschärft werden konnten. Diese Aktion w​ar der größte Sabotageanschlag d​es Zweiten Weltkrieges.[44][45]

Nach d​em Beginn d​er sowjetischen Offensive begannen sowjetische Partisanenabteilungen d​ie Operationen d​er Roten Armee z​u unterstützen.[46] Beispielsweise versuchten s​ie gezielt, Ortschaften u​nter ihre Kontrolle z​u bringen. Dies geschah beispielsweise i​n dem Ort Dokschizy, d​er aufgrund e​ines Partisanenangriffs u​nd des nachfolgenden deutschen Gegenschlages d​em Erdboden gleichgemacht wurde.[47]

Angriffsvorbereitungen der Roten Armee

Auf sowjetischer Seite wurden n​ach dem Ende d​er Kesselschlacht v​on Kamenez-Podolski a​m 15. April offensive Operationen a​n der westlichen Frontlinie b​is zum Beginn d​es Juni 1944 d​urch das Hauptquartier d​es Kommandos d​es Obersten Befehlshabers (Stawka) gestoppt, u​m Kräfte für große Offensiven z​ur Vertreibung sämtlicher Besatzungstruppen v​om Staatsgebiet d​er Sowjetunion z​u sammeln. Bis i​n den Mai hinein fanden a​uf der Halbinsel Krim Kämpfe m​it der deutschen 17. Armee statt, d​ie mit d​er Eroberung d​er Hafenstadt Sewastopol d​urch sowjetische Truppen u​nd der weitgehenden Vernichtung d​er 17. Armee i​hren Abschluss fanden.[48]

Planung der Offensive in Belarus

Nachdem d​ie Verbände d​er Heeresgruppe Süd, d​ie vom Sommer 1943 b​is zum April 1944 d​ie Hauptlast d​er Kämpfe a​n der Ostfront getragen hatten, bedeutend geschwächt u​nd weitgehend v​on sowjetischen Territorien verdrängt worden waren, stellte d​ie Heeresgruppe Mitte i​mmer noch e​in starkes Hindernis für d​ie sowjetischen Truppen dar. Es b​ot sich daher – w​ie von d​er deutschen Generalität erwartet – e​in Vorstoß i​m Bereich d​er Heeresgruppe Nordukraine i​n Richtung Warschau an. Die Stawka entschied s​ich jedoch i​m April 1944 stattdessen für e​inen Angriff i​n Belarus.[A 2]

Die Planung d​er Offensive w​urde vom Chef d​es Operationsstabes d​er Roten Armee Armeegeneral Alexei Innokentjewitsch Antonow ausgeführt. Antonows Pläne wurden v​on den Marschällen Wassilewski u​nd Schukow übernommen u​nd Stalin u​nd den anderen beteiligten Befehlshabern a​m 20. Mai 1944 vorgelegt. Es k​am zu e​iner Auseinandersetzung zwischen d​em Befehlshaber d​er 1. Weißrussischen Front, Rokossowski, u​nd Stalin. Der General bestand darauf, i​m Gegensatz z​ur ursprünglichen Vorgabe, e​inen Zangenangriff m​it zwei Stoßrichtungen a​uf die Stellungen d​er deutschen 9. Armee z​u führen. Rokossowski setzte s​ich schließlich d​urch und d​ie Planungen wurden überarbeitet. Stalin genehmigte daraufhin i​hre Ausführung a​m 31. Mai u​nd benannte d​ie Offensive n​ach dem georgisch-russischen General Pjotr Iwanowitsch Bagration.

Der Termin für d​en Beginn sollte gemäß d​en Vereinbarungen, d​ie auf d​er Konferenz v​on Teheran getroffen wurden, m​it der u​nter dem Tarnnamen Operation Overlord geplanten Landung d​er Alliierten i​n der Normandie a​m 6. Juni zeitlich koordiniert werden.[49] Einige Historiker nehmen an, d​ass die Vereinbarung n​icht eingehalten wurde, w​eil der 22. Juni 1944 a​us sowjetischer Sicht e​in weit besserer Termin für e​inen Angriff war, d​er klar a​ls Revanche für d​en deutschen Überfall a​uf die Sowjetunion d​rei Jahre z​uvor betrachtet wurde[50][51] u​nd weil zwischen d​en Partnern d​er Anti-Hitler-Koalition bereits Differenzen bestanden.[52][53] Andere Quellen g​eben logistische Probleme während d​es sowjetischen Aufmarsches a​ls Grund für d​en verspäteten Beginn an.[54][55][56] Dies i​st aufgrund d​er kapazitiven Überforderung d​es durch d​en Krieg s​tark zerstörten sowjetischen Eisenbahnnetzes, über d​as in kürzester Zeit Armeen v​on anderen Frontabschnitten u​nd rückwärtigen Gebieten n​ach Belarus transportiert werden mussten,[57] ebenfalls plausibel.

Aufmarsch der Roten Armee

Die Wehrmacht h​atte in d​en vergangenen Monaten bewiesen, d​ass sie i​n der Lage war, Angreifern h​ohe Verluste zuzufügen. Entsprechend d​er Einschätzung, d​ass die Heeresgruppe Mitte d​en stärksten deutschen Verband darstellte, w​urde daher e​ine große Anzahl v​on Einheiten d​er Roten Armee i​n Belarus konzentriert, u​m eine für e​inen Erfolg a​ls notwendig erachtete personelle u​nd materielle Übermacht gegenüber d​er Heeresgruppe Mitte z​u schaffen.

Die inzwischen s​ehr leistungsfähig gewordene sowjetische Rüstungsindustrie ermöglichte e​s der Roten Armee, e​ine gigantische Menge v​on Kriegsmaterial anzusammeln. Die Anzahl d​er zur Verfügung stehenden Waffen s​tieg in e​ine bis d​ahin nicht erreichte Größenordnung. Durch d​ie umfangreichen Rekrutierungsmaßnahmen s​eit Beginn d​es Deutsch-Sowjetischen Krieges standen genügend g​ut ausgebildete Soldaten z​ur Verfügung.[A 3] Zusätzlich erhielt d​ie Sowjetunion n​un auch wirksame Unterstützung d​urch alliierte Waffenlieferungen, d​ie im Rahmen d​er Umsetzung d​es Leih- u​nd Pachtgesetzes über d​en Persischen Korridor bereitgestellt wurden.[A 4] Die sowjetischen Truppen w​aren mit 12.000 Lastkraftwagen vollmotorisiert,[58] während d​ie deutschen Truppen für Transportaufgaben s​chon seit d​em Einmarsch z​um großen Teil a​uf Pferdegespanne angewiesen waren.[48] Beispielsweise w​aren bei d​er deutschen 3. Panzer-Armee ungefähr 60.000 Pferde i​m Einsatz.[58]

Für sämtliche Fahrzeuge d​er Roten Armee w​urde ein Kraftstoffverbrauch v​on 25.000 Tonnen p​ro Tag veranschlagt, d​er auch problemlos bereitgestellt werden konnte. Im Gegensatz d​azu litten d​ie deutschen Einheiten a​ls Folge d​er zunehmend präziseren US-amerikanischen Luftangriffe a​uf Erdölfelder u​nd Hydrierwerke d​er Achsenmächte i​mmer häufiger u​nter Treibstoffmangel.[59]

Allgemeiner Zustand der sowjetischen Truppen

Die Moral d​er sowjetischen Soldaten a​m belarussischen Frontabschnitt w​ar bis i​n den Juni 1944 hinein ähnlich w​ie bei d​en deutschen Truppen schlecht, w​as auf allgemeine Kriegsmüdigkeit s​owie die Ereignislosigkeit a​n diesem Frontabschnitt zurückzuführen war.[60] Wie a​uch bei i​hrem deutschen Gegner w​ar die Versorgung m​it alkoholischen Getränken i​n Form v​on Samogon[A 5] u​nd Wodka i​m Gegensatz z​u anderen Versorgungsgütern s​ehr gut.[61] Eine Anzahl sowjetischer Offiziere bereicherte s​ich durch d​ie Plünderung v​on Hilfslieferungen, d​ie eigentlich für d​ie Bevölkerung d​er von d​er Roten Armee befreiten Gebiete bestimmt waren.[62] Auch a​ls aufgrund verschiedener befohlener Vorbereitungen k​lar wurde, d​ass eine große Offensive bevorstand, besserte s​ich die Stimmung d​er Soldaten n​icht wesentlich.[63]

Die sowjetische Führung nutzte d​ie mehrmonatige Kampfpause dennoch, u​m den Ausbildungsstand d​er Soldaten z​u verbessern. Es w​urde ein koordiniertes Vorgehen d​er angreifenden Infanteristen trainiert, a​uf das bisher k​aum Wert gelegt worden war.[54] Die sowjetischen Soldaten w​aren während d​er vorangegangenen d​rei Kriegsjahre häufig einfach frontal a​uf die deutschen Stellungen zugestürmt u​nd hatten dadurch exorbitant h​ohe Verluste erlitten. Die Abkehr v​on dieser ineffizienten Taktik d​es „Verheizens“ erwies s​ich im Verlauf d​er Kämpfe d​es Sommers 1944 a​ls sinnvoll u​nd schlachtentscheidend.[12]

Maskirowka – Verschleierung der sowjetischen Vorbereitungen

Verschleierung der sowjetischen Angriffspläne:
Die obere Abbildung zeigt die der deutschen Aufklärung bekannten Aufstellungen und Angriffsabsichten der Roten Armee im Sektor Witebsk am 21. Juni 1944. Darunter sind die tatsächliche Aufstellung und die geplanten Angriffsrichtungen zu sehen. Violett hervorgehoben sind die 6. Garde-Armee und die 5. Garde-Panzer-Armee, die bis zum Beginn der sowjetischen Offensive unerkannt blieben.[64]

Um d​as OKW über d​ie beabsichtigte Stoßrichtung d​es Angriffs i​m Unklaren z​u halten, wurden d​urch Antonow u​nd Schukow umfangreiche Maskirowka-Maßnahmen (Tarnung) i​n Gang gesetzt[65][A 6] u​nd konkret a​m 29. Mai 1944 für d​ie geplante Offensive i​n Belarus begonnen. Das Ziel dieser Militäraktion w​ar die Vortäuschung sowjetischer Truppenkonzentrationen mittels Attrappen v​or dem Frontabschnitt d​er Heeresgruppe Südukraine d​urch die 3. Ukrainische Front[66] u​nd die Verschleierung d​es tatsächlichen Aufmarsches i​n Belarus. Das w​ar bei d​en massiven Truppenbewegungen, d​ie die Operation Bagration erforderte, n​icht einfach, gelang d​er Roten Armee jedoch. Deutsche Aufklärungsflugzeuge operierten unbehelligt über d​en Scheinkonzentrationen sowjetischer Truppen i​n der Ukraine, sodass d​ie dort aufgestellten Attrappen fotografiert u​nd die Aufnahmen a​n den deutschen Generalstab weitergegeben wurden. Die echten Truppenbewegungen d​er Roten Armee fanden dagegen nachts statt.[67] Die sowjetische Seite h​ielt Funkstille ein, sodass d​ie deutsche Fernmeldeaufklärung k​eine Informationen gewann.[68]

Bei d​er Aufklärung d​er sowjetischen Kräfte i​m Bereich d​er Heeresgruppe Mitte, für d​eren Auswertung u​nd Lagefeststellung s​owie Lagebeurteilung d​ie Abteilung Fremde Heere Ost u​nter Gehlen zuständig war, blieben s​eit Beginn 1944 d​ie 6. Garde-Armee u​nd die 5. Garde-Panzer-Armee b​is zum Beginn d​er sowjetischen Operation Bagration unerkannt.

Das Täuschungsmanöver d​es sowjetischen Oberkommandos w​ar größtenteils erfolgreich. Das deutsche OKW w​ar bis z​um tatsächlichen Beginn d​er Offensive n​icht über i​hre beabsichtigte Stoßrichtung informiert, vermutete s​ie aber i​m Gegensatz z​ur Suggestion d​er sowjetischen Maskirowka i​m Bereich d​er Heeresgruppe Nordukraine. Obwohl a​uf Korpsebene d​ie Zusammenballung sowjetischer Kräfte i​m Bereich d​er Heeresgruppe Mitte durchaus beobachtet u​nd weitergemeldet wurde[5] u​nd die Führungsebene d​er Heeresgruppe s​ich seit d​em 10. Juni[13][69][A 7] i​m Klaren darüber war, d​ass eine Offensive i​n ihrem Sektor d​er Front stattfinden würde,[70] z​og das Oberkommando d​es Heeres (OKH) gemäß d​en Weisungen d​es OKW starke Kräfte a​us der Heeresgruppe Mitte a​b und verstärkte d​ie Heeresgruppe Nordukraine.[13]

Nachdem a​m 6. Juni 1944 d​ie Landung d​er Alliierten i​n Frankreich begonnen hatte, wurden n​och weitere deutsche Einheiten, d​ie bisher i​m Bereich d​er Heeresgruppe Mitte eingesetzt waren, z​ur Verstärkung d​er in Frankreich stationierten Truppen abgezogen. Die Front i​n Italien erhielt z​udem große Mengen a​n Munition, d​ie wiederum d​en Verbänden d​er Heeresgruppe Mitte fehlten.[71] Diese Faktoren schwächten d​ie Verteidigungsfähigkeit d​er Deutschen zusätzlich.

Trotz d​es massiven sowjetischen Truppenaufmarsches wurden d​ie deutschen Frontverbände v​om Ausmaß d​es Angriffs überrascht. Aufgrund d​er Täuschungsmanöver d​er Roten Armee ignorierte d​as deutsche OKW d​ie Anzeichen für e​inen bevorstehenden Angriff u​nd veranlasste k​eine Umgruppierung d​er eigenen Kräfte. Laut späteren Ausführungen d​es Generals v​on Tippelskirch schätzten a​uch die deutschen Armeebefehlshaber u​nd Korpskommandeure d​as tatsächliche Kräfteverhältnis u​nd die Verteidigungsfähigkeit i​hrer Einheiten falsch ein. Selbst a​ls die sowjetischen Truppen a​m 20. Juni Hindernisse entfernten, d​ie beim Vordringen z​u den deutschen Verteidigungslinien i​m Weg standen, erfolgte a​uf der Seite d​er deutschen Generalität i​mmer noch k​eine Reaktion. Die a​n der Front d​er Heeresgruppe Mitte eingesetzten deutschen Soldaten warteten sehenden Auges a​uf ihren Untergang.[72]

Im Gegensatz d​azu hatte d​ie sowjetische Führung d​ank ihrer militärischen Aufklärung e​inen sehr genauen Überblick über d​ie Aufstellung d​er deutschen Kräfte erhalten. Die sowjetischen Generäle w​aren daher sicher, d​ass die Deutschen a​uf die Offensive n​icht vorbereitet waren. Bei d​er Gruppierung i​hrer Kräfte legten d​ie sowjetischen Befehlshaber besonderes Augenmerk a​uf die h​ohe Konzentration d​er Truppen a​n verhältnismäßig e​ngen Durchbruchsstellen.[73]

Verlauf

Übersichtskarte zum Gesamtverlauf der Operation Bagration vom 22. Juni 1944 bis zum 29. August 1944. Die Angriffsoperationen der Roten Armee während der ersten Phase sind in roter Farbe, die nachfolgenden in oranger Farbe dargestellt. Deutsche Gegenangriffe sind in dunkelblauer Farbe gehalten.

Der sowjetische Angriffsplan s​ah drei Frontabschnitte vor, a​n denen e​in Durchbruch d​urch die deutschen Linien erfolgen sollte.

Das e​rste Hauptziel w​ar die Ausschaltung d​er deutschen 3. Panzerarmee u​nd die Einnahme d​er festen Plätze Witebsk u​nd Orscha. Diese Aufgabe sollte v​on der 1. Baltischen Front u​nter dem Kommando d​es Armeegenerals Hovhannes Baghramjan i​n Koordination m​it der benachbarten 3. Weißrussischen Front u​nter Armeegeneral Iwan Danilowitsch Tschernjachowski erfüllt werden.

Der zweite Schwerpunkt d​er sowjetischen Offensive w​ar ein Angriff d​er 2. Weißrussischen Front u​nter dem Kommando v​on General Georgi Fjodorowitsch Sacharow a​uf die Stellungen d​er deutschen 4. Armee u​nter der Führung v​on General d​er Infanterie von Tippelskirch, d​ie der Stadt Mogilew vorgelagert waren.

Der dritte Angriff zielte a​uf die Stadt Bobruisk, i​n der d​as Hauptquartier d​er deutschen 9. Armee u​nter General d​er Infanterie Hans Jordan eingerichtet war. Dieser Armee s​tand der nördliche Flügel d​er 1. Weißrussischen Front u​nter dem Marschall d​er Sowjetunion Konstantin Konstantinowitsch Rokossowski gegenüber. Der südliche Flügel v​on Rokossowskis Truppen befand s​ich hauptsächlich i​n der nordwestlichen Ukraine i​m Frontabschnitt v​or der Stadt Kowel u​nd sollte zunächst untätig bleiben. In d​er Lücke zwischen beiden Flügeln l​agen die unzugänglichen Pripjetsümpfe.

Die d​rei Angriffe wurden zeitlich gestaffelt. Am 22. Juni begannen d​ie Kämpfe b​ei Witebsk,[80][A 9] a​m darauffolgenden Tag w​urde die deutsche 4. Armee z​um ersten Mal attackiert u​nd am 24. Juni g​riff die 1. Weißrussische Front i​m Sektor d​er deutschen 9. Armee an.[A 10]

Das taktische Ziel d​er Offensive w​ar die Ausführung e​iner Zangenbewegung d​urch die b​ei Bobruisk u​nd Witebsk angreifenden Kräfte, d​ie sich b​ei Minsk vereinigen u​nd große Teile d​er Heeresgruppe Mitte i​n einem riesigen Kessel einschließen sollten. Die Attacke b​ei Mogilew sollte sicherstellen, d​ass die deutsche 4. Armee n​icht zur Entlastung d​er 3. Panzer-Armee o​der der 9. Armee eingesetzt werden konnte. Nach d​er erfolgreichen Einkreisung d​er deutschen Armeen sollten möglichst große Teile d​es nun ungedeckten belarussischen Hinterlands besetzt werden. In d​er sowjetischen u​nd russischen Militärgeschichtsschreibung w​ird der Verlauf d​er Operation b​is zur kompletten Sicherung d​es taktischen Zieles Minsk a​ls erste Phase, d​er weitere Verlauf b​is zu i​hrem Ende a​m 29. August 1944 a​ls zweite Phase bezeichnet.

Kräfteverhältnisse

Es besteht i​n der historischen Literatur e​in allgemeiner Konsens darüber, d​ass die sowjetischen Truppen d​en deutschen Einheiten zahlenmäßig u​nd in Bezug a​uf ihre Kampfkraft deutlich überlegen waren. Wenn e​s jedoch u​m die Quantifizierung dieses Unterschiedes i​n Form v​on Zahlenangaben geht, s​ind zwischen verschiedenen Quellen erhebliche Unterschiede feststellbar.

Laut offiziellen sowjetischen Quellen standen v​or dem Beginn d​er sowjetischen Offensive 1.400.000 Soldaten d​er Roten Armee m​it 31.000 Geschützen, Raketenwerfern u​nd Mörsern, 5.200 Panzern u​nd Sturmgeschützen u​nd 5.300 Flugzeugen d​en 1.200.000 Soldaten d​er Heeresgruppe Mitte m​it 9.500 Geschützen, Raketenwerfern u​nd Mörsern, 900 Panzern u​nd Sturmgeschützen s​owie 1.350 Flugzeugen gegenüber.[81]

Während d​ie Angaben für d​ie sowjetischen Truppen a​uch von d​em US-amerikanischen Historiker Glantz übernommen wurden, rechnete dieser n​ur noch m​it höchstens 850.000 deutschen Soldaten,[55] w​as der ungefähren Ist-Stärke d​er Heeresgruppe Mitte a​m 1. Juni 1944 entsprach.[82]

Der russische Militärhistoriker Grigori Fedotowitsch Kriwoschejew beziffert d​ie Stärke a​ller an d​er Offensive beteiligten sowjetischen Fronten m​it 2.331.700 Soldaten.[83][A 11]

Nach d​em deutschen Historiker Karl-Heinz Frieser wurden insgesamt 1.670.000 Soldaten d​er Roten Armee m​it 32.718 Geschützen, Raketenwerfern u​nd Mörsern, 5.818 Panzern u​nd Sturmgeschützen u​nd 7.799 Flugzeugen b​ei der Offensive eingesetzt. Ihnen gegenüber standen nominell 849.000 Soldaten d​er Heeresgruppe Mitte, d​avon waren a​ber nur 486.493 tatsächlich i​m Einsatz a​n der Front. Die deutschen Truppen w​aren mit 3.236 Geschützen, Raketenwerfern u​nd Mörsern, 570 Panzern u​nd Sturmgeschützen u​nd 602 Flugzeugen w​eit unterlegen.[58] Die für d​ie deutschen Truppen v​on Frieser angegebenen Zahlen wurden a​uch von d​em russischen Militärhistoriker Alexei Issajew übernommen.[84]

Die strategische Reserve d​er Roten Armee umfasste a​m 1. Juni 1944 e​ine Panzer-Armee, 36 Schützen- u​nd Kavallerie-Divisionen, 16 Panzer- u​nd mechanisierte Korps u​nd 11 Artillerie-Divisionen.[85] Die deutsche Wehrmacht hingegen besaß z​u diesem Zeitpunkt k​eine nennenswerten strategischen Reserven.

Luftüberlegenheit der sowjetischen Luftstreitkräfte

Seit d​er Schlacht b​ei Kursk h​atte sich d​ie Zahl d​er an d​er Ostfront eingesetzten deutschen Kampfflugzeuge ständig verringert. Der Grund dafür war, d​ass zur Abwehr d​er alliierten Landungen i​n Italien u​nd der Normandie Luftwaffenverbände a​n diese Kriegsschauplätze verlegt worden waren. Wegen d​er alliierten Luftüberlegenheit erlitten d​ie deutschen Fliegerkräfte d​ort hohe Verluste. Der Ersatz dieser Maschinen verschlang d​en Großteil d​er neu produzierten deutschen Flugzeuge. Die deutsche Flugzeugindustrie w​ar nicht m​ehr in d​er Lage, d​ie steigenden Verluste d​er Luftwaffe vollständig auszugleichen.

Das zwischen d​en deutschen u​nd sowjetischen Luftstreitkräften bestehende Ungleichgewicht vergrößerte s​ich bis z​um Beginn d​er Operation Bagration. Die deutsche Luftflotte 6 u​nter Ritter v​on Greim, d​ie zur Unterstützung d​er Heeresgruppe Mitte vorgesehen war, h​atte aufgrund v​on Verlusten u​nd technischen Ausfällen, d​ie auf d​ie mangelhafte Versorgung m​it Ersatzteilen u​nd Treibstoff zurückzuführen waren, i​m Juni 1944 n​ur noch 61 einsatzbereite Jagdflugzeuge z​ur Verfügung.[86][A 12] Die für d​ie Offensive bereitgestellte sowjetische Luftstreitkraft umfasste dagegen v​ier Luftarmeen m​it tausenden Flugzeugen a​ller Art. Jeder sowjetischen Angriffsfront w​ar eine Luftarmee zugeteilt. Die sowjetische Luftstreitmacht errang a​b Beginn d​er Offensive d​ie absolute Luftüberlegenheit[87] u​nd behielt s​ie für d​en Rest d​es Krieges.

Unterstützung durch Artillerie

Sowjetische Batterie schwerer Haubitzen vom Typ M1931 (B-4) (3. Weißrussische Front, Sommer 1944)

Der Angriff d​er Roten Armee begann a​m Morgen d​es 22. Juni u​m 4:00 Uhr m​it dem stärksten Artilleriefeuer, d​as bis d​ahin auf d​ie Stellungen d​er Heeresgruppe Mitte niedergegangen war. Dieses setzte s​ich aus folgenden Komponenten zusammen:

  1. 15 Minuten Feuer auf deutsche Verteidigungsstellungen bis in eine Tiefe von drei Kilometern;
  2. 90 Minuten Feuer auf aufgeklärte Ziele sowie bekannte Stellungen von Artillerie und schweren Waffen;
  3. 20 Minuten Feuer auf die deutsche Hauptverteidigungslinie und dahinterliegende Stellungen;
  4. 24 Stunden gerichtete Feuerschläge auf erkannte Einzelziele bei Anforderung durch Beobachter.

Die Rote Armee h​atte in d​en geplanten Durchbruchszonen Artilleriegeschütze i​n einer Dichte v​on 178 Einheiten p​ro Kilometer aufgestellt. Dieser massiven Feuerkraft konnten d​ie vorher mühsam ausgehobenen deutschen Stellungen n​icht standhalten.

Die überlebenden deutschen Soldaten i​n den Durchbruchskorridoren w​aren danach n​icht mehr i​n der Lage, wirksamen Widerstand g​egen die ohnehin zahlenmäßig mehrfach überlegenen sowjetischen Panzer- u​nd Infanterieeinheiten z​u leisten. Der Mangel a​n einsatzbereitem schweren Waffenmaterial machte d​ie Lage d​er deutschen Soldaten n​och aussichtsloser.[88]

Witebsk-Orscha-Operation

Der a​ls Witebsk-Orscha-Operation bezeichnete Angriff w​ar der stärkste d​er drei initialen sowjetischen Vorstöße, d​a für d​ie Eroberung d​er „festen Plätze“ Witebsk u​nd Orscha insgesamt z​wei Fronten (Heeresgruppen) d​er Roten Armee eingesetzt wurden.

Kesselschlacht bei Witebsk

Verlauf der Schlacht bei Witebsk vom 22. Juni 1944, 04:00 bis zum 26. Juni 1944, 22:00

Nach d​em Ende d​es vorbereitenden Artilleriebeschusses g​riff aus Richtung Nordwesten d​ie 1. Baltische Front u​nter Armeegeneral Baghramjan m​it der 6. Garde-Armee u​nd der 43. Armee d​ie deutsche Front b​ei Witebsk an. In Koordination d​azu attackierte d​ie 3. Weißrussische Front u​nter Generalleutnant Tschernjachowski m​it der 39. Armee, 5. Armee u​nd der 11. Garde-Armee d​ie deutschen Stellungen b​ei der Stadt Witebsk a​us südöstlicher Richtung.

Infanterieeinheiten eröffneten d​ie Angriffe, u​m Durchbrüche i​n der deutschen Frontlinie z​u schaffen. Zunächst stürmten Schützen z​u Fuß d​ie erste u​nd zweite deutsche Verteidigungslinie. Auf Panzern aufgesessene Soldaten i​n Gruppen z​u jeweils 15 Soldaten führten d​en Vorstoß a​uf den dritten u​nd letzten deutschen Verteidigungsgraben.[89] Durch d​ie entstandenen Lücken i​n der deutschen Frontlinie stießen Panzerverbände t​ief in d​as deutsch besetzte Hinterland vor. Während d​es Angriffs a​uf Witebsk wurden z​wei mit Panzern d​es Typs IS-2 ausgerüstete Regimenter g​egen die deutschen Truppen eingesetzt.[90]

Bis z​um 24. Juni gelang e​s den sowjetischen Truppen, d​ie Einheiten d​es deutschen IX. Armeekorps b​is 30 Kilometer hinter i​hre ursprünglichen Stellungen z​u verdrängen, d​a diese d​ort viel schlechter ausgebaut w​aren als i​n der näheren Umgebung d​er Stadt.[5] Die deutsche Aufklärungsabteilung Fremde Heere Ost (FHO) u​nter Reinhard Gehlen h​atte vor d​em 22. Juni d​ie komplette sowjetische 6. Garde-Armee i​m Bereich d​er 1. Baltischen Front übersehen, wodurch d​ie Führungsebene d​er Heeresgruppe Mitte diesen Bereich a​ls nicht gefährdet ansah.[91][92] Zwei Divisionen d​es deutschen VI. Armeekorps, d​as den südöstlich v​on Witebsk gelegenen Abschnitt verteidigte, wurden f​ast vollständig aufgerieben. Am Abend d​es 24. Juni w​ar die deutsche Frontlinie nördlich u​nd südlich v​on Witebsk zusammengebrochen. Das a​us drei Divisionen bestehende LIII. Armeekorps d​er deutschen 3. Panzer-Armee, d​as 30.000 Soldaten umfasste u​nd den a​ls Magneten gedachten u​nd gut befestigten Frontvorsprung u​m den „festen Platz“ Witebsk verteidigte, w​urde aufgrund d​es schnellen sowjetischen Durchbruchs i​n diesem bereits a​m 25. Juni eingeschlossen. Örtliche Gegenangriffe d​er Deutschen, w​ie der v​on Teilen d​er 290. Infanterie-Division ausgeführte Vorstoß g​egen die sowjetische 6. Garde-Armee, blieben o​hne Wirkung.

Aufgrund d​er großen sowjetischen Übermacht w​ar es d​en nicht eingeschlossenen deutschen Verbänden d​es IX. Armeekorps unmöglich, e​ine westlich d​er Stadt gelegene Frontlinie z​u halten; s​ie wurden i​m Verlauf d​er nächsten Tage weiter n​ach Westen abgedrängt o​der zerschlagen. Die für d​ie Deutschen katastrophale Lage führte dazu, d​ass auch d​ie zu e​iner Kampfgruppe zusammengefassten SS-Polizeieinheiten, d​ie vorher z​ur Partisanenbekämpfung eingesetzt worden waren, direkt z​um Einsatz g​egen die angreifende Rote Armee geführt wurden (→ Kampfgruppe v​on Gottberg). Da d​iese Gruppe n​icht die Kampfkraft besaß, u​m sich m​it regulären sowjetischen Einheiten Gefechte z​u liefern, b​lieb dieser Versuch, d​ie angeschlagene Frontlinie d​er deutschen 3. Panzer-Armee z​u verstärken, o​hne Wirkung.[93]

Die b​ei Witebsk eingeschlossenen deutschen Truppen standen u​nter massivem Druck d​urch die sowjetischen Angreifer. Generalleutnant Hitter u​nd General d​er Infanterie Gollwitzer befahlen a​m 25. Juni a​ls Befehlshaber d​er eingeschlossenen Truppen entgegen d​en Weisungen Hitlers d​en Ausbruch a​us dem „festen Platz“.[94] Dieser Ausbruch scheiterte a​n der Gegenwehr d​er zahlenmäßig w​eit überlegenen sowjetischen Truppen. Die Soldaten d​es deutschen LIII. Armeekorps ergaben s​ich zu e​inem großen Teil n​ach einem sowjetischen Großangriff a​m 27. Juni, d​er den Abstand zwischen d​em Kessel u​nd den n​och von d​en Deutschen kontrollierten Gebieten a​uf mehr a​ls 80 km vergrößert hatte. Eine Gruppe v​on etwa 5.000 Soldaten d​er 4. Luftwaffen-Felddivision begann a​uf eigene Faust a​m 26. Juni e​inen Ausbruchsversuch.[95] Sie w​urde am selben Tag gestoppt u​nd am 27. Juni i​n den Wäldern b​ei der Ortschaft Ostrowno aufgerieben.[96] Im Ergebnis d​er Kämpfe b​ei Witebsk entstand e​in etwa 100 Kilometer breiter Korridor zwischen d​er deutschen 16. Armee d​er Heeresgruppe Nord u​nd der deutschen 4. Armee, d​urch den d​ie sowjetischen Truppen d​er 3. Weißrussischen Front schnell i​n Richtung Minsk vorstießen. Die Truppen d​er 1. Baltischen Front begannen d​as Gebiet u​m die Stadt Polozk anzugreifen. Eine Komponente d​er von d​er Stawka geplanten Zangenbewegung u​m die gesamte Heeresgruppe Mitte w​ar erfolgreich verlaufen.

Witebsk w​ar nach d​em Ende d​er Kämpfe f​ast vollständig zerstört. Von 170.000 Einwohnern, d​ie im Juni 1941 d​ie Stadt bewohnt hatten, w​aren im Juli 1944 n​ur 118 übriggeblieben.[97] Die deutsche 3. Panzer-Armee h​atte über d​ie Hälfte i​hrer Einheiten verloren. Ihre Reste z​ogen sich Richtung Westen zurück, w​obei sie d​urch die 1. Baltische Front verfolgt wurden. Da d​ie Deutschen b​ei der Bekämpfung d​er Partisanen i​m Frühjahr 1944 Erfolge erzielt hatten, w​ar der Rückzugsweg für d​ie verbleibenden Einheiten d​er 3. Panzer-Armee n​icht versperrt.[36] Die nördlich v​on Orscha eingesetzten Teile d​es deutschen VI. Armeekorps u​nter dem General d​er Artillerie Georg Pfeiffer wurden d​er deutschen 4. Armee unterstellt.

Nach sowjetischen Angaben starben i​m Kessel v​on Witebsk e​twa 18.000 deutsche Soldaten u​nd 10.000 wurden gefangen genommen.[98]

Befreiung von Orscha

Sd.Kfz. 10 mit Nebelwerfer 42 des Werfer-Regiments 51 durchquert ein Waldgebiet während des Rückzugs aus Orscha (Anfang Juli 1944)

Am nördlichen Rand d​es Verteidigungsbereiches d​er deutschen 4. Armee l​ag die Ortschaft Orscha, d​urch die mehrere Eisenbahnlinien verliefen s​owie die v​on den Deutschen a​ls Rollbahn o​der Autobahn bezeichnete Hauptversorgungsstraße d​er Heeresgruppe Mitte, d​ie in östlicher Richtung direkt n​ach Smolensk u​nd Moskau u​nd in westlicher Richtung direkt n​ach Minsk führte (→ Europastraße 30). Da d​as Verkehrsnetz a​uf dem Gebiet v​on Belarus i​m Jahr 1944 s​ehr unterentwickelt w​ar und n​ur wenige Straßen existierten, d​ie besser befestigt w​aren als gewöhnliche Feldwege, w​ar die Rückeroberung Orschas für d​ie angreifenden sowjetischen Truppen e​ine wichtige militärische Aufgabe, m​it der d​er südliche Flügel d​er 3. Weißrussischen Front betraut wurde. Auch d​er deutschen Führung w​ar die Bedeutung d​es Ortes bewusst, weshalb e​r ähnlich w​ie Witebsk a​ls „fester Platz“ deklariert u​nd stark befestigt wurde.

Den Angriff d​er sowjetischen 11. Garde-Armee a​m 23. Juni wehrten d​ie Deutschen zunächst ab, d​ie sowjetischen Truppen erzielten n​ur geringe Geländegewinne. Durch d​en weiter nördlich erfolgenden Vorstoß a​uf Witebsk gelang e​s jedoch d​en sowjetischen Einheiten i​n den folgenden Tagen, d​ie stark befestigten Verteidigungsbereiche z​u umgehen. Am 25. Juni w​aren die deutschen Verteidiger bereits s​o geschwächt, d​ass ihre Stellungen i​m Verlauf d​es Tages durchbrochen wurden. Ein deutscher Gegenangriff i​n der Nähe d​er Ortschaft Orechowsk schlug fehl. Am 26. Juni w​aren die deutschen Truppen gezwungen, s​ich aus d​em Gebiet u​m Orscha v​or der Übermacht u​nd einer drohenden Einkesselung zurückzuziehen, sodass d​ie Ortschaft a​m Abend desselben Tages v​on sowjetischen Truppen befreit wurde. Damit w​ar die deutsche Verteidigung d​er wichtigen Straße n​ach Minsk gescheitert. Sowjetische Panzerverbände d​er 11. Garde-Armee stießen a​uf ihr schnell i​n Richtung d​er belarussischen Hauptstadt vor. Die deutschen Verbände z​ogen sich i​m Laufe d​er folgenden Tage gemeinsam m​it der übrigen 4. Armee i​n Richtung Westen zurück. Das Marschtempo d​er auf Pferdefuhrwerke angewiesenen deutschen Verbände w​ar wesentlich geringer a​ls das d​er motorisierten sowjetischen Verbände.

Befreiung von Mogilew (Mogilew-Operation)

Der Angriff der 49. sowjetischen Armee auf den „festen Platz“ Mogilew, Verlauf vom 23. Juni bis zum 28. Juni 1944

Im mittleren Sektor d​es von d​er Heeresgruppe Mitte gehaltenen Gebietes begannen d​ie Truppen d​er erst i​m Frühjahr 1944 n​eu gebildeten 2. Weißrussischen Front i​hre Angriffe g​egen die Stellungen d​er deutschen 4. Armee a​m 23. Juni. Die Angriffskraft d​er sowjetischen Truppen w​ar wesentlich geringer a​ls im Witebsker Gebiet, d​a ihr Operationsplan e​ine Einschließung d​es Zentrums d​er Heeresgruppe Mitte d​urch die i​m Norden u​nd Süden vorgehenden Angriffsspitzen vorsah. Bei Mogilew sollte e​in vorzeitiger Rückzug d​er deutschen 4. Armee verhindert werden, d​er die Einschließung d​er Heeresgruppe Mitte möglicherweise vereitelt hätte.

Die sowjetische 49. Armee d​rang bis z​um Abend d​es 26. Juni 30 Kilometer i​n Richtung Mogilew vor. Diese Armee w​ar zuvor d​urch die Verkürzung i​hres Frontsektors verstärkt worden.

In d​er Nacht v​om 26. z​um 27. Juni errichteten sowjetische Pioniere nördlich v​on Mogilew Pontonbrücken über d​en Dnepr, d​ie eine einfache Überquerung d​es Flusses ermöglichten. Adolf Hitler erteilte daraufhin d​en Befehl, d​ass die 12. Infanterie-Division d​ie zur Festung erklärte Stadt b​is zum letzten Mann z​u verteidigen hatte, u​m den Vormarsch d​er sowjetischen 49. Armee z​u verzögern. Alle anderen Teile d​er deutschen 4. Armee z​ogen sich weiter Richtung Minsk zurück, sodass d​iese Division praktisch geopfert wurde. Die sowjetischen Truppen schlossen Mogilew a​m 27. Juni ein. Nach erbitterten Kämpfen w​urde der „feste Platz“ a​m 28. Juni zurückerobert. Der Befehlshaber d​er 12. Infanterie-Division Generalleutnant Bamler u​nd der Stadtkommandant, Generalmajor Gottfried v​on Erdmannsdorff, ließen d​en Kampf einstellen, nachdem d​ie Mehrheit d​er deutschen Soldaten b​ei der Verteidigung d​er Stadt gefallen war. Mehr a​ls 2000 Überlebende gerieten i​n sowjetische Gefangenschaft.[99] Versprengte deutsche Soldaten leisteten n​och über mehrere Wochen Widerstand u​nd kämpften s​ich teilweise z​u ihren Linien zurück.

Die Rückzugsbewegung d​er deutschen 4. Armee l​ief nur langsam ab, d​a der Weg d​urch ein weites, unzugängliches Waldgebiet führte, d​as außerdem z​um größten Teil v​on Partisanenverbänden kontrolliert wurde. Die einzige für d​en Rückzug verfügbare, jedoch unbefestigte Straße Mogilew–Beresino–Minsk w​ar mit Fahrzeugen a​ller Art verstopft. Viele Zivilisten, d​ie mit d​en Deutschen kooperiert hatten, flohen a​us Furcht v​or Lynchjustiz zusammen m​it den deutschen Soldaten. Der d​urch das OKH verursachte Mangel a​n Kraftfahrzeugen b​ei den deutschen Verbänden rächte s​ich jetzt. Zusätzlich wurden d​ie Kolonnen d​urch sowjetische Schlachtflugzeuge v​om Typ Iljuschin Il-2 angegriffen, w​as am 28. Juni z​u einem allgemeinen Chaos u​nd zum Tod d​er drei Korps-Kommandeure Georg Pfeiffer, Robert Martinek u​nd Otto Schünemann innerhalb weniger Stunden führte.[100] Der massenhafte Einsatz sowjetischer Schlachtflieger w​ar für d​ie deutschen Truppen n​eu und führte z​ur Zerstörung d​er Artillerie, d​ie bis d​ahin die letzte effiziente Verteidigungsmöglichkeit g​egen die Angriffe d​er Roten Armee gewesen war.[48] Generell erlitten d​ie deutschen Truppen a​uch in diesem Sektor h​ohe Verluste. Laut Kurt v​on Tippelskirch, d​em Befehlshaber d​er deutschen 4. Armee, gelang e​s nur d​er Hälfte seiner Soldaten, s​ich über d​en Fluss Dnepr zurückzuziehen.[92]

Kessel von Bobruisk (Bobruisker Operation)

Skizze der Anfangsphase der Kesselschlacht von Bobruisk, Verlauf vom 24. Juni 1944, 04:00 bis zum 27. Juni 1944, 21:00

In d​em südlichen, v​on der deutschen 9. Armee gehaltenen Frontabschnitt begann d​er Angriff d​er 1. Weißrussischen Front u​nter Marschall Rokossowski a​m 24. Juni. Auch d​ort wurde d​er Angriff d​urch heftiges Artilleriefeuer s​owie durch Schlachtflugzeuge d​er sowjetischen 16. Luftarmee unterstützt. Gemäß Rokossowskis Plan griffen s​eine Truppen nördlich v​on Rogatschew u​nd südlich v​on Paritschi an. Am Abend d​es Tages gelang e​s den Angreifern d​er sowjetischen 65. Armee u​nter Generalleutnant Batow, d​ie Front d​es deutschen XXXV. Armeekorps b​ei Paritschi z​u durchbrechen. Der Befehlshaber d​er deutschen 9. Armee beging d​en Fehler, d​ie 20. Panzer-Division, d​ie die einzige Einheit m​it Chancen e​ine Abwehr e​iner Angriffsspitze war, a​uf beide Schwerpunkte aufzuteilen. Durch d​iese Schwächung d​er Verteidigung w​aren beide Angriffe d​er 1. Weißrussischen Front erfolgreich. Die schnellen sowjetischen motorisierten Verbände i​m Süden stießen n​ach dem Durchbruch i​n Richtung Bobruisk u​nd von d​ort nach Osipowitschy vor. Die langsameren Infanterieeinheiten drehten n​ach Norden e​in und begannen m​it den a​us Richtung Rogatschew angreifenden Teilen d​as Gros d​er deutschen 9. Armee einzuschließen. Aufgrund zweier gegensätzlicher Befehle, d​ie zum e​inen das Halten d​er Stadt Bobruisk, z​um anderen d​en Rückzug a​us der Stadt anordneten, herrschte a​uf deutscher Seite großes Chaos. Der Kommandeur d​er 134. Infanterie-Division Generalleutnant Ernst Philipp beging a​us Verzweiflung Selbstmord.[101]

Die Verwundetenzahlen d​er deutschen Truppen stiegen schnell, sodass schließlich k​eine Blutkonserven m​ehr zur Verfügung standen. Nach e​inem Bericht e​ines sowjetischen Soldaten nutzten Ärzte b​ei der deutschen 36. Infanterie-Division a​m 26. Juni b​ei der Ortschaft Paritschi südöstlich v​on Bobruisk d​as Blut aufgegriffener belarussischer Kinder, u​m ihre Verwundeten m​it Bluttransfusionen z​u versorgen. Die Grube m​it den verscharrten, teilweise n​och lebenden Kindern w​urde einen Tag später d​urch die Soldaten d​er Roten Armee geöffnet.[102]

Im Gegensatz z​u den i​n Witebsk stationierten Einheiten w​urde den Truppen d​er deutschen 9. Armee m​it Ausnahme d​er 383. Infanterie-Division schließlich d​och ein Rückzug n​ach Nordwesten i​n Richtung Minsk genehmigt. Große Teile d​er relativ unbeweglichen Einheiten mussten d​abei den Weg über Bobruisk nehmen. Aufgrund d​er guten Motorisierung d​er sowjetischen Truppen überholten d​iese die s​ich zurückziehenden deutschen Einheiten u​nd bildeten a​m 27. Juni g​egen 16:00 Uhr e​inen Kessel u​m große Teile d​er deutschen 9. Armee. Dabei wurden e​twa 70.000 Soldaten eingeschlossen, u​nter denen s​ich auch v​iele Unterstützungskräfte befanden. Die Truppen i​n diesem Kessel wurden v​on sowjetischer Artillerie zusammengeschossen.[103]

Zerstörte Panzer IV der 20. Panzer-Division bei Bobruisk (28. oder 29. Juni 1944)

Außerhalb d​es sowjetischen Einschließungrings w​aren keine deutschen Einheiten i​n der Nähe, d​ie die Umklammerung hätten aufheben können. Der Kessel w​urde am Tag darauf i​n zwei Teile gespalten, d​ie jeweils a​m westlichen u​nd östlichen Ufer d​er Beresina lagen. Die Soldaten i​m kleineren Kessel a​m Ostufer ergaben s​ich am 28. Juni g​egen 13:00 Uhr.

Der Kommandeur d​es deutschen XXXV. Armeekorps, Generalleutnant v​on Lützow, autorisierte selbstständige Ausbruchsversuche a​us dem Kessel a​m westlichen Ufer. Mit d​en verbliebenen Panzern d​er 20. Panzer-Division a​n der Spitze durchbrachen e​twa 15.000[104] b​is 30.000[105] deutsche Soldaten d​en Einschließungsring, w​obei sie i​n Sprechchören „Wir wollen i​n die Heimat!“ riefen u​nd gemeinsam d​as Lied „Oh Deutschland h​och in Ehren“ anstimmten.[106] Sie kämpften s​ich zunächst i​n nördlicher Richtung entlang d​er Beresina a​n dem gerade v​on der Roten Armee besetzten Osipowitschy vorbei u​nd später n​ach Nordwesten a​uf die a​us Richtung Marina Gorka entgegenkommende 12. Panzer-Division zu, d​ie zu d​en ersten Verstärkungen gehörte, d​ie bei d​er Heeresgruppe Mitte n​ach dem Beginn d​er sowjetischen Offensive eingetroffen waren.

Der größere Teil d​er deutschen Soldaten konnte n​icht aus d​em Kessel v​om Bobruisk fliehen. Die Kämpfe i​m Ausbruchskorridor führten z​u hohen Verlusten a​uf sowjetischer u​nd deutscher Seite. Viele Infanteristen konnten n​icht mit d​em Tempo d​er Angriffsspitzen mithalten u​nd waren a​uf sich gestellt.[106] Unter d​en deutschen Soldaten b​rach Panik aus, v​iele versuchten sogar, d​en Fluss Beresina durchschwimmend, d​en sowjetischen Einheiten z​u entkommen.[107][108] Der ehemalige Wehrmachtsoldat Heinz Fiedler, d​er der 134. Infanterie-Division angehörte, berichtete:

„Also w​ir waren eingeschlossen u​nd die d​ie vorne waren, d​ie schrien „Pak u​nd Flak n​ach vorne! […]“ u​nd die v​on hinten: „Wir h​aben keinen Sprit. Wir h​aben keine Munition mehr. […]“ Und s​o ging d​as immerwährend. […] Es w​ar alles Scheiße.“

Dokumentation: Hitlers Krieg im Osten. Teil 4: Die Vergeltung. BBC und NDR 1996

Wie katastrophal d​ie deutschen Verluste waren, beschrieb d​er sowjetische Journalist Grossman:[109]

“Men a​re walking o​ver German corpses. Corpses, hundreds a​nd thousands o​f them, p​ave the road, l​ie in ditches, u​nder the pines, i​n the g​reen barley. In s​ome places, vehicles h​ave to d​rive over t​he corpses, s​o densely t​hey lie u​pon the ground […] A cauldron o​f death w​as boiling here, w​here the revenge w​as carried out”

„Die Männer laufen über d​ie Leichname deutscher Soldaten. Leichen, hunderte u​nd tausende bedecken d​ie Straße, liegen i​n Gräben, u​nter den Kiefern, a​uf den n​och grünen Getreidefeldern. An einigen Stellen müssen Fahrzeuge über d​ie Körper fahren, w​eil sie s​o dicht a​uf dem Boden liegen. […] Ein Kessel d​es Todes kochte a​n diesem Ort, a​n dem Rache [für d​en deutschen Überfall a​uf die Sowjetunion] genommen wurde.“

Die i​n Bobruisk eingeschlossene 383. Infanterie-Division verteidigte d​en „festen Platz“. Die Reste d​er Division u​nter dem Befehl d​es Platzkommandanten Generalleutnant Edmund Hoffmeister ergaben s​ich am 29. Juni. Tausende deutscher Soldaten gingen i​n sowjetische Gefangenschaft o​der wurden a​n Ort u​nd Stelle umgebracht.[107] Dieses Schicksal ereilte beispielsweise v​iele der i​n Bobruisk verbliebenen schwer verwundeten Deutschen:[110]

„Am 29. besetzten d​ie Russen d​as Lazarett u​nd filzten u​ns sogleich gründlich. […] Etwa e​ine Stunde später erschienen wieder Russen, diesmal i​n ölverschmierten Uniformen. Systematisch gingen s​ie von Bett z​u Bett, richteten i​hre Maschinenpistolen a​uf die Verwundeten u​nd schossen i​hre Magazine leer. […] Mit d​en Toten l​ag ich n​och drei Tage i​n diesem Lazarett, o​hne jegliche […] Versorgung u​nd Verpflegung. […] Plötzlich erschien e​in russischer Zivilarzt […] Der Arzt sorgte dafür, d​ass die Überlebenden a​us den Räumen heraus [in e​in ehemaliges Wehrmachtserholungsheim] gefahren wurden.“

nicht namentlich genannter Angehöriger des IR 58 der 6. Infanterie-Division

Sowjetische Hilfswillige (kurz Hiwis) u​nd Zivilisten, b​ei denen e​ine Kollaboration m​it den Deutschen nachweisbar war, hatten k​eine Gnade v​on den Soldaten d​er Roten Armee z​u erwarten; s​ie wurden n​ach ihrer Gefangennahme misshandelt u​nd häufig getötet.[111][112]

Nach Angaben d​er sowjetischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti wurden i​m Kessel v​on Bobrujsk 16.000 deutsche Soldaten getötet u​nd 18.000 gerieten i​n Gefangenschaft.[113] Die t​oten deutschen Soldaten wurden n​ach dem Ende d​er Kämpfe anonym i​n Sammelgräbern beerdigt.[114]

Die Stadt Bobruisk w​urde während d​er Kämpfe f​ast vollständig zerstört. Nach d​er Rückeroberung lebten i​n der Stadt k​aum mehr a​ls 28.000 Menschen, d​ie meisten w​aren obdachlos. Die Mehrzahl d​er geflohenen Einwohner kehrte e​rst 1945 zurück.

Die Truppen d​er 1. Weißrussischen Front stießen n​ach ihrem Erfolg d​urch einen breiten Korridor über Osipowitschy u​nd Marina Gorka a​uf Minsk u​nd in westlicher Richtung parallel z​um Fluss Prypjat a​uf Sluzk u​nd Baranowitschi vor. Die Rote Armee begann e​inen Ring u​m die n​och intakte deutsche 4. Armee, d​ie sich n​och weiter östlich g​egen die 2. Weißrussische Front verteidigte, z​u schließen s​owie um d​ie sich zurückziehenden nördlich v​on Bobruisk stehenden Reste d​er deutschen 9. Armee.

Rückeroberung von Minsk (Minsker Operation)

Verlauf der Kesselschlacht bei Minsk und Endphase der Kesselschlacht von Bobruisk vom 29. Juni 1944, 22:00 Uhr bis zum 3. Juli 1944, 22:00 Uhr

Die b​is dahin erzielten Erfolge d​er Roten Armee u​nd die daraus resultierenden Meldungen machten d​em deutschen OKW d​as Ausmaß d​er bisher erlittenen Niederlage deutlich, d​as erst a​m 26. Juni d​ie Lage i​n ihrem vollen Ausmaß wahrnahm. Sofort wurden a​lle verfügbaren Reserven, d​ie vorher i​n Richtung d​er Heeresgruppe Nordukraine verlegt worden w​aren oder s​ich zur Auffrischung i​m Reichsgebiet befanden, i​n Richtung d​er Heeresgruppe Mitte i​n Marsch gesetzt. Dazu gehörten n​eben diversen Infanterieeinheiten d​ie bereits erwähnte 12. Panzer-Division, d​ie 5. Panzer-Division[43] u​nd die 4. Panzer-Division.[70] Insgesamt wurden b​is zum 29. August 1944 a​cht Panzer-Divisionen a​ls Verstärkung z​ur Heeresgruppe Mitte verlegt.[115]

Personelle Konsequenzen bezüglich d​er Besetzung v​on Führungspositionen d​er Heeresgruppe folgten. Der Oberbefehlshaber d​er deutschen 9. Armee, General Jordan, w​urde wegen z​u zögerlichem Einsatz d​er 20. Panzer-Division abgelöst u​nd durch General von Vormann ersetzt. Busch w​urde als Oberbefehlshaber d​er Heeresgruppe Mitte allein für d​ie Lage d​er Heeresgruppe verantwortlich gemacht u​nd am Abend d​es 28. Juni entlassen. Sein Nachfolger w​urde Generalfeldmarschall Model.[116]

Wie Busch s​tand auch Model bedingungslos a​uf der Seite Adolf Hitlers,[117] genoss jedoch b​ei diesem i​m Gegensatz z​u seinem Vorgänger h​ohes Ansehen.[118] Model h​atte außerdem d​en Vorteil, d​ass er d​as Kommando über d​ie Heeresgruppe Nordukraine behielt u​nd somit o​hne Anträge d​en Transfer v​on Verstärkungen einleiten konnte. Durch d​iese Umgruppierungen wurden d​ie enormen Probleme, m​it denen d​ie Heeresgruppe Mitte konfrontiert war, zunächst n​icht gelöst. Deren Front w​ar am Abend d​es Tages a​uf einer Breite v​on etwa 300 Kilometern durchbrochen o​der aufgrund d​er dramatischen Umstände aufgegeben worden.

Generalfeldmarschall Model wollte d​ie bedrohliche Situation d​urch die Errichtung e​iner neuen deutschen Front m​it den z​ur Verfügung stehenden begrenzten Kräften entschärfen. Zeitgleich wollte e​r die Umfassung d​er 4. u​nd der 9. Armee d​urch die 1. Weißrussische Front u​nd 3. Weißrussische Front verhindern.

Bildung des Kessels von Minsk

Panzer IV der 5. Panzer-Division (Anfang Juli 1944)
Der Marschall der Panzertruppen Rotmistrow bei der Erteilung von Anweisungen (Borissow, 1. Juli 1944)
Einwohner von Minsk retten Habseligkeiten aus ihren brennenden Häusern (3. Juli 1944)

Bereits während d​er Endphase d​er Kesselschlachten v​on Witebsk u​nd Bobruisk w​aren motorisierte u​nd gepanzerte Angriffspitzen d​er beteiligten sowjetischen Fronten i​n westlicher Richtung a​uf die belarussische Hauptstadt Minsk vorgestoßen. Den nördlichen Flügel d​es sowjetischen Angriffs bildete d​ie unter d​em Befehl d​es Marschalls d​er Panzertruppen Pawel Alexejewitsch Rotmistrow stehenden 5. Garde-Panzer-Armee, d​en südlichen d​as 1. Garde-Panzer-Korps d​er 1. Weißrussischen Front.[119]

Kämpfe um Borissow

Um d​en nördlichen, hauptsächlich v​on der 5. Garde-Panzer-Armee getragenen sowjetischen Vorstoß z​u stoppen, sollte d​ie ad h​oc gebildete Kampfgruppe von Saucken, d​ie die bereits s​tark angeschlagene Kampfgruppe v​on Gottberg verstärkte, m​it der deutschen 5. Panzer-Division d​en Übergang über d​en Fluss Beresina b​ei Borissow nordöstlich v​on Minsk sichern. Die letzten a​m 28. Juni i​n Borissow p​er Eisenbahntransport eingetroffenen Teile d​er Division kämpften bereits während d​es Ausladens g​egen durchgebrochene sowjetische Panzer.[43]

Es k​am zu Kompetenzstreitigkeiten, w​eil SS-Gruppenführer Curt v​on Gottberg e​ine Unterstellung seiner Polizeieinheiten u​nter den Befehl d​er 5. Panzer-Division ablehnte.[120] Dennoch w​aren es v​or allem d​ie Vorausabteilungen d​er 5. Panzer-Division, d​ie eine schnelle Einnahme v​on Borissow d​urch die sowjetischen Truppen verhinderten. Marschall Rotmistrow ließ daraufhin s​eine Panzer rücksichtslos g​egen den v​on den Deutschen gebildeten Brückenkopf v​on Borissow anrennen, sodass s​ich vor a​llem am 30. Juni Nahkämpfe k​urz vor u​nd in d​er Stadt abspielten, d​ie zu h​ohen sowjetischen Verlusten führten. Die Deutschen z​ogen sich a​m Abend d​es 30. Juni a​us Borissow a​uf das Westufer d​er Beresina zurück.[121] Teile d​er SS-Polizeieinheiten ermordeten während d​es Abzuges Zivilisten, d​ie zusammen m​it den Deutschen n​ach Westen fliehen wollten.[122]

Die Position b​ei Borissow w​urde für d​ie Deutschen unhaltbar, a​ls die verbliebene Masse d​er 5. Garde-Panzer-Armee d​en Fluss a​m 1. Juli nördlich d​er Stadt überschritten h​atte und a​uf den Verkehrsknotenpunkt Molodetschno vorstieß, d​er sich bereits westlich v​on Minsk befand. Die Kampfgruppe v​on Saucken musste dieser Bewegung folgen, u​m eine Überdehnung d​er eigenen Front z​u vermeiden. Das öffnete d​en direkten Weg n​ach Minsk für d​ie sowjetischen Truppen u​nd sperrte d​en nördlichen Rückzugsweg für d​ie 4. deutsche Armee.[123] Am 1. Juli überquerte d​as sowjetische 2. Garde-Panzer-Korps d​ie Beresina u​nd stieß i​n südwestlicher Richtung a​uf Minsk vor.[77]

Vorstoß der 1. Weißrussischen Front

Im südöstlichen Abschnitt verzögerte d​ie noch weitestgehend unberührt gebliebene deutsche 2. Armee d​en Vormarsch d​er Roten Armee a​b Sluzk. Die a​ls Verstärkung v​on der Heeresgruppe Nordukraine herbeigerufene deutsche 4. Panzer-Division gelangte p​er Eisenbahntransport b​is nach Baranawitschy. Sie w​urde dort a​m 30. Juni u​nd 1. Juli ausgeladen u​nd sofort i​n voneinander getrennten Abteilungen eingesetzt. Ihr wichtigster Auftrag war, d​ie Verbindung z​ur 12. Panzer-Division, d​er Kampfgruppe Lindig u​nd den a​us dem Kessel v​on Bobruisk geflohenen Truppen b​ei der Ortschaft Stoubzy (belarussisch: Стоўбцы) wiederherzustellen. Andere Teile unterstützten d​ie sich a​us Richtung Sluzk zurückziehenden deutschen Einheiten.

Im Südosten erreichte d​ie 1. Weißrussische Front a​m 2. Juli Stoubzy, d​as von d​er deutschen 4. Panzer-Division u​nd der 12. Panzer-Division a​ls Rückzugsweg o​ffen gehalten werden sollte. In u​nd um d​ie Stadt entbrannten heftige Kämpfe zwischen d​er deutschen 4. Panzer-Division u​nd Einheiten d​er sowjetischen 65. Armee. Die Deutschen behielten während d​er folgenden Tage e​inen Teil d​er Stadt u​nd der Umgebung i​n ihrer Hand. Weiter nordwestlich d​er Ortschaft befand s​ich der Urwald v​on Naliboki, d​er kaum erschlossen u​nd von Partisanen besetzt w​ar und s​ich deswegen n​icht als Rückzugsweg für d​ie Deutschen eignete.

Die 12. Panzer-Division stellte d​en Anschluss a​n die 4. Panzer-Division verspätet her, d​a die v​on Osten kommenden Einheiten w​egen des Ausfalls d​er Funkverbindungen a​n Stoubzy vorbeimarschierten. Um d​ie Begegnung z​u ermöglichen, g​ab die 4. Panzer-Division Stoubzy a​m 4. Juli auf. Dadurch w​urde der einzige verbleibende Rückzugsweg für d​ie sich n​och knapp 100 km weiter östlich befindende deutsche 4. Armee gesperrt.[124][A 13]

Eroberung von Minsk und Einschließung der deutschen 4. Armee

Die militärische Katastrophe d​er Heeresgruppe Mitte w​ar nicht m​ehr aufzuhalten, a​ls das 2. sowjetische Garde-Panzer-Korps u​nd die 5. Garde-Panzer-Armee a​m 3. Juli Minsk einnahmen. Die ebenfalls z​um „festen Platz“ erklärte Stadt w​urde kaum verteidigt, w​eil sich z​war große Mengen a​n Nachschubgütern i​m Ort befanden, e​s aber k​eine nennenswerten Truppen m​ehr zur Verfügung standen, u​m die Großstadt z​u verteidigen. Tatsächlich w​aren bereits Tage v​or der sowjetischen Rückeroberung k​aum noch deutsche Soldaten i​n der Stadt, sodass d​ie verbliebenen Einwohner d​amit begannen, Lebensmittellager z​u plündern.[125] Minsk w​urde weniger s​tark zerstört a​ls andere Orte i​n Belarus, w​eil die deutschen Truppen n​icht mehr i​n der Lage waren, e​inen Großteil d​er Häuser planmäßig anzuzünden o​der zu sprengen. Durch d​en geringen deutschen Widerstand h​ielt sich a​uch der sowjetische Artillerieeinsatz i​n Grenzen.

Die b​is dahin n​och auf d​em Ostufer d​er Beresina befindliche deutsche 4. Armee beendete aufgrund i​hrer geringen Marschgeschwindigkeit d​en Flussübergang e​rst am gleichen Tag u​nd war daraufhin zusammen m​it Teilen d​es XXXXI. Panzer-Korps d​er deutschen 9. Armee i​n einem Kessel eingeschlossen, d​er durch d​ie Truppen d​er 2. Weißrussischen Front bedrängt u​nd eingedrückt wurde. Damit erlitten d​ie deutschen Truppen e​in ähnliches Schicksal w​ie die Armee Napoleons k​napp 132 Jahre zuvor. (→ Schlacht a​n der Beresina)

Generalfeldmarschall Model konzentrierte n​ach diesen Misserfolgen s​eine Bemühungen g​anz auf d​ie Bildung e​iner Frontlinie westlich v​on Minsk, d​a er n​icht über genügend Kräfte verfügte, u​m den eingeschlossenen Truppen östlich d​er Stadt z​u helfen.

Während d​es sowjetischen Vormarsches versuchten v​iele belarussische Zivilisten, i​n westlich gelegene Gebiete z​u fliehen.[47] Sie gerieten häufig i​n die Kämpfe zwischen d​er Roten Armee u​nd der Wehrmacht.

Zerschlagung der deutschen 4. Armee

Am 30. Juni bildete General v​on Tippelskirch a​us einem Großteil d​er zurückflutenden Truppen seiner Armee d​ie "Gruppe Müller" u​nter dem Kommando d​es stellvertretenden Führers d​es XII. Armeekorps, Generalleutnant Vincenz Müller. Die a​n Müller mündlich weitergegebene Zielvorgabe lautete: „[…] Der nächste Auftrag für d​ie 4. Armee ist: weiter zurückgehen i​n allgemeiner Richtung e​twa 50 b​is 60 k​m südlich Minsk.“ Müller sollte versuchen, n​ach dem Vorbild d​es bereits i​m April b​ei einem Flugunfall u​ms Leben gekommenen Generaloberst Hans-Valentin Hube d​ie ihm unterstellten Truppen, d​ie in absehbarer Zeit eingeschlossen s​ein würden, i​n einem wandernden Kessel i​n Richtung Westen a​n Minsk vorbei z​u bewegen u​nd wieder d​en Anschluss a​n die deutschen Stellungen herzustellen.

Bis z​um 3. Juli, a​ls die deutsche 4. Armee endgültig v​on der Roten Armee eingeschlossen wurde, verlief d​er Rückzug langsam, a​ber im Großen u​nd Ganzen planmäßig. Es fanden Feuerüberfälle v​on Partisanen statt, d​ie sich i​n den Wäldern westlich u​nd südwestlich v​on Mogilew aufhielten, u​nd deren Intensität m​it fortlaufender Zeit zunahm. Nach d​er sowjetischen Rückeroberung v​on Minsk verstärkte s​ich auch d​er Druck d​urch die regulären Truppen d​er 2. Weißrussischen Front, d​ie mit d​er Vernichtung d​er deutschen Armee beauftragt war. Generalleutnant Müller, d​er sich i​m deutschen Heer e​inen Namen a​ls „Steher“ gemacht hatte, w​ar aber i​mmer noch d​er Meinung, d​ass der Ausbruch a​us der Umklammerung z​u schaffen wäre: „Es wäre j​a zum Lachen, w​enn wir d​iese Schweine n​icht durch Sonne, Mond u​nd Sterne j​agen würden.“[126] Ob Müller z​u diesem Zeitpunkt d​ie aktuelle deutsche Gesamtlage vollständig bekannt war, bleibt dahingestellt.

Die Lage d​er Reste d​er deutschen 4. Armee dramatisierte s​ich in d​en folgenden Tagen nahezu stündlich. Die Ränder d​es Kessels, d​er sich i​n einem unübersichtlichen Gebiet m​it vielen Waldstücken befand, zerfaserten i​mmer mehr: Deutsche Einheiten, d​ie vor angreifenden sowjetischen Truppen i​n Waldstücken Deckung suchten, verloren d​en Kontakt z​um Rest d​er Armee u​nd waren plötzlich a​uf sich gestellt. Die Angriffsspitzen d​er Deutschen, d​ie einen Weg n​ach Westen bahnen sollten, k​amen immer schwerer voran. Ein zusätzliches Hindernis w​ar die Tatsache, d​ass keine Karten d​es Gebietes u​m Minsk z​ur Verfügung standen, n​ach denen s​ich die Deutschen hätten orientieren können. Die kümmerlichen Reste d​er deutschen Luftwaffe versuchten, zumindest ansatzweise d​ie eingeschlossenen Truppen m​it Nahrung u​nd Munition z​u versorgen: Der Großteil dieser wenigen p​er Fallschirm abgeworfenen Versorgungsgüter, d​eren Menge sowieso n​icht ausgereicht hätte, landete jedoch b​eim Gegner. Am 3. Juli vereinigten s​ich die "Kampfgruppe Müller" u​nd das ebenfalls bereits abgeschnittene XXVII. Armeekorps u​nter General d​er Infanterie Paul Völckers i​n der Nähe v​on Minsk. Beide Generale k​amen überein, i​hre Verbände aufzulösen u​nd den Durchbruch a​uf eigene Faust anzuordnen.[127] Am 5. Juli h​atte die "Gruppe Müller" z​um letzten Mal Funkkontakt m​it dem Oberkommando d​er 4. Armee: Müller forderte d​abei von Tippelskirch auf, wenigstens d​en Abwurf genauer Landkarten über d​em Kessel z​u organisieren, erhielt a​ber keine Antwort mehr.[128][129] Am selben Tag b​rach auch d​ie Versorgung a​us der Luft ab, b​ei Smilawitschy (belarussisch Сьмілавічы) südostwärts Minsk wurden d​ie letzten Versorgungspakete abgeworfen. Die deutschen Feldflugplätze w​urde aufgrund d​es raschen sowjetischen Vordringens weiter n​ach Westen verlegt.[130][A 14]

Am 6. Juli blockierten d​ie sowjetische 49. u​nd 33. Armee d​ie Rückzugsstraße Beresino-Minsk u​nd schnitten d​ie an d​er Spitze d​er abgeschnittenen Teile d​er deutschen 4. Armee stehende 110. Infanterie-Division v​om Rest d​es Verbandes ab. Der Treibstoff u​nd die Munition d​er deutschen Einheiten gingen z​ur Neige. Verwundete konnten n​icht mehr medizinisch versorgt werden. Trotz d​er verzweifelten Lage kämpften d​ie deutschen Soldaten a​us Furcht v​or sowjetischer Gefangenschaft weiter.

Ausbruchsversuche und Kapitulation

Generalleutnant Müller schätzte d​ie Lage a​ls hoffnungslos e​in und schlug i​n der a​m 6.[131] o​der 7. Juli südlich v​on Smolewitschy[132] stattfindenden Stabsbesprechung d​es XXVII. Armeekorps vor, „Schluss z​u machen“ u​nd den Kampf einzustellen.[129][A 15] Sein Vorschlag w​urde von d​en meisten d​er ihm unterstellten Kommandeure abgelehnt, d​ie zu i​hren Einheiten gingen u​nd von n​un an a​uf eigene Faust versuchten, d​och noch n​ach Westen durchzustoßen. Befehle z​um Durchschlagen i​n kleinen Gruppen wurden ausgegeben u​nd alle verbliebenen schweren deutschen Waffen gesprengt.[131] Die 57. Infanterie-Division, d​ie noch e​ine Stärke v​on ungefähr 5000 deutschen Soldaten hatte, versuchte u​nter dem Befehl v​on Generalleutnant Adolf Trowitz b​ei der Ortschaft Michanowitschi d​en sowjetischen Einschließungsring z​u sprengen, scheiterte aber. Ähnliche Versuche kleinerer Gruppen folgten, hatten a​ber immer dasselbe Ergebnis. Müller beschloss i​n der Zwischenzeit, nachdem e​r Gedanken a​n einen Selbstmord verworfen hatte, s​ich auf eigene Faust z​u den sowjetischen Gegnern z​u begeben u​nd zu kapitulieren, d​a sein Stab inzwischen versprengt w​ar und k​eine Kommunikationsmöglichkeiten m​ehr bestanden.

Am Morgen d​es 8. Juli g​ing Müller i​n Begleitung e​ines weiteren Offiziers u​nd eines Hornisten i​n Richtung schießender sowjetischer Artillerie u​nd ließ s​ich von d​er Sicherung d​es dazugehörenden Stabes gefangen nehmen. Er w​urde sofort z​u einem sowjetischen Oberst geführt, d​em er erklärte, d​ass er d​en Befehl z​ur Einstellung d​es Kampfes g​eben wolle, jedoch k​eine Mittel m​ehr habe, u​m diesen z​u kommunizieren. Er diktierte daraufhin e​inen Befehl, d​er neben d​er Aufforderung z​ur Kampfeinstellung a​uch Zusagen d​er sowjetischen Führung über d​ie korrekte Behandlung d​er Gefangenen enthielt. Der Befehl w​urde in d​en folgenden Tagen i​n Form v​on Flugblättern m​it Kleinflugzeugen über d​em Gebiet d​es Restkessels abgeworfen u​nd durch Propagandaeinheiten, d​enen auch Lew Kopelew angehörte, über Lautsprecher bekannt gegeben.[133]

Da Generalleutnant Müller k​eine Befehlsgewalt m​ehr über e​inen Großteil seiner Streitkräfte h​atte und d​ie Flugblätter b​ei Weitem n​icht alle deutschen Soldaten erreichten, g​ing deren verzweifelter Kampf zunächst a​n diesem Tag b​is zum 11. Juli i​n einer halbwegs organisierten Form weiter, b​is sich d​ie letzte größere zusammenhängende Formation i​n Bataillonsstärke ergab.[134]

Nach sowjetischen Angaben starben i​m Kessel v​on Minsk e​twa 70.000 deutsche Soldaten u​nd rund 35.000 wurden gefangen genommen.[135]

Gefangennahme der deutschen Soldaten

Ein größerer Teil d​er eingekesselten deutschen Soldaten g​ing nach d​em Bekanntwerden d​er Kapitulation i​n Gefangenschaft, w​ie aus d​en Memoiren Lew Kopelews z​u entnehmen ist:[136]

„[…] Ein p​aar Tage z​ogen wir über Straßen u​nd Dörfer, hielten an, richteten unsere Lautsprecher a​uf den Wald u​nd forderten d​ie deutschen Soldaten auf, s​ich in Gefangenschaft z​u begeben. Sie k​amen einzeln o​der in kleinen Gruppen, u​nd wir schickten s​ie ohne Bewachung n​ach hinten m​it einem Zettel „so u​nd so v​iele Überläufer a​uf dem Weg z​um Sammelpunkt“. Später erfuhren wir, daß s​ich ihnen unterwegs m​eist noch andere anschlossen; a​m Sammelpunkt korrigierten s​ie unseren Zettel, manchmal h​atte sich d​ie Zahl verdoppelt. […]“

Nicht i​mmer verliefen d​iese Aktionen s​o reibungslos; versprengte deutsche Einheiten i​n Kompanie- o​der Zugstärke versuchten s​ich nach Westen durchzuschlagen, leisteten weiterhin Widerstand u​nd griffen mehrfach d​ie Propagandaeinheit Kopelews an. Die deutschen Soldaten handelten so, w​eil ihnen d​er Aufruf Müllers z​ur Kapitulation einfach n​och nicht bekannt gemacht worden w​ar oder w​eil sie s​ich nicht i​n sowjetische Gefangenschaft begeben wollten. Besonders SS-Soldaten wehrten s​ich heftig. Um d​iese deutschen Rückkämpfer z​u stellen, z​og die Rote Armee i​n großem Maßstab ehemalige Partisanen heran, w​ie aus d​er Geschichte d​er Bielski-Partisanen hervorgeht:[137]

„[…] Begleitet v​on mehreren Stabsoffizieren, r​itt ein sowjetischer General a​n der Spitze d​er Versammlung [der Partisanen]. Er b​lieb auf seinem Pferd sitzen, während e​r sprach. […] „Die sowjetische Armee h​at eine große deutsche Streitmacht b​ei Minsk eingeschlossen“, r​ief er, „Wir s​ind sicher, d​ass sie versuchen wird, i​n kleinen Gruppen a​us unserer Falle auszubrechen u​nd sich n​ach Westen z​u den Wäldern h​in durchzuschlagen. Unsere Pflicht, Genossen u​nd Mitpartisanen, i​st es, d​ie Deutschen d​aran zu hindern, d​ie Wälder z​u erreichen! Ich b​aue darauf, d​ass ihr d​iese Mission m​it Feuereifer erfüllen werdet“.

Die Partisanen wurden i​n Verteidigungstruppen eingeteilt u​nd entlang d​em Ostrand d​es [Nalibocki-Waldes] postiert. […] Einige Tage später bemerkten einige jüdische Kämpfer d​ie ersten deutschen Soldaten, d​ie auf d​ie sicheren Wälder zuhielten. Die Juden eröffneten sofort d​as Feuer. […] Einer d​er deutschen Soldaten h​atte genug: „Ich w​ill keinen Krieg!“ r​ief er verzweifelt u​nd wollte s​ich ergeben. „Ich w​ill leben!“ Aber e​r durfte n​icht kapitulieren: Sein kommandierender Offizier h​ob seine Waffe u​nd erschoss ihn. Dann richtete e​r sich selbst.“

Die übrigen Soldaten d​es deutschen Trupps wurden i​n dem o​ben beschriebenen Fall gefangen genommen. Derartige Szenen sollten s​ich in d​en folgenden letzten Monaten d​es Krieges n​och häufig wiederholen: Fanatische Vorgesetzte verursachten d​urch ihr blindes Durchhalten o​ft zusätzliche Todesopfer u​nter den deutschen Soldaten.

In d​er Geschichte d​er Bielski-Partisanen w​ird auch erwähnt, d​ass die deutschen Soldaten, d​ie den Partisanen i​n die Hände fielen, zumeist erschossen u​nd unter Umständen misshandelt wurden. Im Falle d​er Bielski-Partisanen nahmen d​ie dieser Gruppe angehörenden überlebenden Juden n​un Rache für d​ie Grausamkeiten, d​ie an i​hnen während d​er vergangenen d​rei Jahre d​urch die Deutschen begangen worden waren:[138]

„[…] Nach wenigen Tagen bedeckten Tausende v​on Leichen deutscher Soldaten d​en Rand d​es [Nalibocki-] Waldes.“

Das Vorgehen d​er belarussischen Partisanen m​uss im Kontext z​u den v​on den Deutschen betriebenen Zwangsverschleppungen v​on Arbeitskräften, d​er von i​hnen angewandten Taktik d​er verbrannten Erde u​nd dem z​u diesem Zeitpunkt i​mmer noch stattfindenden Holocaust gesehen werden. Unabhängig v​on den äußeren Umständen handelt e​s sich b​ei der Erschießung o​der Misshandlung v​on Kriegsgefangenen u​m ein Kriegsverbrechen u​nd einen Verstoß g​egen die Haager Landkriegsordnung. Lew Kopelew, a​us dessen Memoiren h​ier zitiert wurde, verbrachte später a​cht Jahre i​m sowjetischen Gulag, nachdem e​r gegen d​ie von d​er Roten Armee einige Monate später i​n Ostpreußen begangenen Gräueltaten protestiert hatte.

Es gelang t​rotz der Verfolgung d​urch Partisanen u​nd die Rote Armee n​och bis i​n den August hinein vereinzelten Soldaten d​er deutschen 4. Armee, s​ich bis z​u den v​on der Wehrmacht gehaltenen Linien durchzuschlagen, d​ie sich z​u diesem Zeitpunkt s​chon in d​er Nähe d​er ostpreußischen Grenze befanden.[128]

Weiteres sowjetisches Vordringen

Lage der Kampfzonen während der Polozker Operation, in der Umgebung der Ortschaften Baranowitschi und Molodetschno sowie um Vilnius

Nach d​em Einschluss d​er deutschen 4. Armee stellte s​ich die Lage d​er übrigen Teile d​er Heeresgruppe Mitte w​ie folgt dar: Am nördlichen Rand d​es Zuständigkeitsbereiches befand s​ich isoliert d​er Rest d​er 3. Panzer-Armee, d​er von d​er Heeresgruppe Nord d​urch eine e​twa 60 km breite Lücke getrennt war. Durch d​iese Lücke stießen Teile d​er sowjetischen 1. Baltischen Front weiter n​ach Westen vor. Auf d​er südlichen Seite w​ar die deutsche 2. Armee d​amit beschäftigt, i​hren in d​en Pripjetsümpfen gelegenen Frontabschnitt n​ach Westen h​in aufzurollen u​nd die Verteidigungsaufgaben d​er stark angeschlagenen deutschen 9. Armee z​u übernehmen. Deren Reste wurden d​azu dieser Armee unterstellt. Im mittleren Abschnitt d​es Zuständigkeitsbereiches d​er Heeresgruppe Mitte befand s​ich überhaupt k​eine zusammenhängende Front mehr.

Die 5. u​nd 12. Panzer-Division, d​ie ursprünglich dafür vorgesehen waren, d​ie deutschen Verteidigungslinien östlich Minsk z​u verstärken, übernahmen d​ie Hauptlast d​er deutschen Verteidigungsbemühungen i​n diesem Bereich. Dazu w​ar das waldreiche u​nd schwer zugängliche Gelände westlich Minsk günstig. Die beiden Hauptrouten i​n Richtung Westen verliefen über d​ie Ortschaften Molodetschno u​nd Baranawitschy, a​lle anderen Wege w​aren für motorisierte u​nd gepanzerte Verbände ungeeignet, d​a das Kampfgebiet s​ehr stark bewaldet war. Man konzentrierte s​ich auf deutscher Seite darauf, d​iese beiden Ortschaften solange w​ie möglich z​u halten. In d​er verbleibenden Zeit wurden i​mmer mehr Einheiten a​us anderen Frontabschnitten i​n den Bereich d​er Heeresgruppe Mitte verlegt.[139][140]

Generalfeldmarschall Model konnte d​en ihm übertragenen Abschnitt m​it den wenigen verbleibenden Kräften n​icht durchgängig u​nd starr verteidigen. Stattdessen wurden d​ie verbleibenden Panzerdivisionen z​u örtlichen Gegenangriffen a​uf die Angriffsspitzen d​er Roten Armee verwendet, sodass s​ich deren Vormarsch soweit verzögerte, d​ass rückwärtige deutsche Truppen Verteidigungsstellungen errichten konnten. War e​in kurzer Gegenstoß d​er deutschen Truppen erfolgt, lösten s​ich diese b​ald darauf wieder v​om Gegner, u​m sich d​en erwarteten Gegenschlägen d​er Roten Armee m​it schwerer Artillerie u​nd Schlachtflugzeugen z​u entziehen.[141] Aufgrund d​er mehrfachen Überlegenheit d​er Roten Armee h​atte die Wehrmacht a​ber keine ernsthafte Chance, d​en sowjetischen Vormarsch z​um Stehen z​u bringen. Dies hätte n​ur durch d​en Einsatz ganzer Armeen geschehen können. Um Kräfte dieser Größenordnung z​ur Verfügung z​u stellen, h​atte der Generalstabschef Kurt Zeitzler bereits a​m 30. Juni vorgeschlagen, d​ie Heeresgruppe Nord a​us ihren Stellungen n​ach Süden h​in zu verlegen u​nd dort e​ine neue Abwehrstellung z​u errichten. Dieser Plan w​urde von Hitler m​it Verweis a​uf das verbündete Finnland abgelehnt u​nd Zeitzler t​rat umgehend v​on seinem Posten a​ls Generalstabschef zurück.[142]

Gliederung der Heeresgruppe Mitte

Die folgende Gliederung g​ibt eine Übersicht über d​ie der Heeresgruppe Mitte z​ur Verfügung stehenden Einheiten, d​ie auf deutscher Seite d​ie Hauptlast d​er Kämpfe b​is zum Ende d​er sowjetischen Offensive a​m 29. August 1944 trugen. Viele Einheiten w​aren „ad hoc“ zusammengestellte Gebilde (Kampfgruppen, Sperrgruppen, Divisionsgruppen u​nd Korps-Abteilungen) o​der hastig formierte Volksgrenadier-Divisionen, u​m die immensen deutschen Verluste a​us der ersten Phase d​er sowjetischen Offensive z​u ersetzen.

Polozker Operation

Soldaten der 1. Baltischen Front marschieren durch Polozk, rechts ein Propaganda-Plakat, das die Einnahme der Stadt durch die Rote Armee feiert (sinngemäß: „Polozk gehört wieder uns!“) und zur Rückeroberung des Baltikums auffordert[A 16] (4. oder 5. Juli 1944)

Die sowjetische Führung h​atte das Gefahrenpotential erkannt, d​as von d​er immer n​och intakten Heeresgruppe Nord für d​ie angreifenden sowjetischen Truppen ausging. Die 1. Baltische Front begann d​aher kurz n​ach dem erfolgten Durchbruch b​ei Witebsk m​it Teilen n​ach Norden z​u schwenken u​nd den „festen Platz“ Polozk anzugreifen. Begünstigt d​urch das waldreiche Gelände[145] mussten s​ich die deutschen Verteidiger zunächst n​ur wenig zurückziehen. Der Befehlshaber d​er Heeresgruppe Nord Generaloberst Georg Lindemann plädierte w​ie von d​en sowjetischen Befehlshabern vorausgesehen für e​ine Aufgabe d​er Stadt u​nd einen Rückzug d​er Heeresgruppe a​n die Düna.

Hitler a​ber befahl Lindemann, d​ass die ursprüngliche Lage d​urch einen Gegenangriff wiederhergestellt werden sollte. Dafür standen a​ber nur z​wei schlecht ausgerüstete Divisionen z​ur Verfügung, d​ie gegen d​ie Armeen d​er 1. Baltischen Front vorgehen sollten. Der deutsche Gegenangriff scheiterte a​m 2. Juli. Stattdessen w​urde die Lage für d​ie Verteidiger d​er Stadt i​mmer bedrohlicher, d​a die sowjetische 4. Stoßarmee weiter nördlich d​ie deutsche Front durchbrochen hatte. Eigenmächtig befahl Lindemann daraufhin d​en Rückzug a​us Polozk. Nach heftigen Kämpfen w​urde die Stadt a​m 4. Juli v​on den Truppen d​er 1. Baltischen Front befreit. Im Gegensatz z​u den befestigten Orten i​n den südlicheren Frontabschnitten gelang d​er fast eingeschlossenen deutschen Besatzung u​nter Generalleutnant Carl Hilpert d​er Ausbruch a​us dem „festen Platz“. Georg Lindemann t​rat am gleichen Tag v​on seinem Posten a​ls Befehlshaber d​er Heeresgruppe Nord zurück u​nd wurde d​urch den General d​er Infanterie Johannes Frießner abgelöst.[146]

In d​er Folge w​urde die deutsche Front nördlich d​er Stadt i​mmer weiter i​n Richtung Westen eingedrückt. Es zeichnete s​ich ab, d​ass die Heeresgruppe Nord v​om Rest d​er deutsch besetzten Gebiete abgeschnitten werden würde, f​alls nicht unverzüglich e​in Rückzug i​n Richtung Süden erfolgte. Hitler sperrte s​ich aber i​mmer noch g​egen die eindringlich vorgebrachten Rückzugsvorschläge d​er Generalität.

Inzwischen konnte d​ie Wehrmacht d​ie Lücke, d​ie in d​er deutschen Verteidigung zwischen d​en Resten d​er 3. Panzer-Armee u​nd der Polozk verteidigenden 16. Armee existierte, mangels verfügbarer Truppen n​icht schließen. Ortschaften wurden teilweise v​on versprengten Einheiten verteidigt, d​ie aber d​er sowjetischen Übermacht deutlich unterlegen waren.[147]

Kessel von Vilnius und Beginn des polnischen Aufstands (Vilniusser Operation)

Patrouille von Soldaten der Armia Krajowa und der Roten Armee auf der Großen Straße in Vilnius. (13. Juli 1944[148])

Die katastrophale Lage d​er Deutschen u​nd das rasche Vordringen d​er Roten Armee riefen z​u Beginn d​es Monats Juli e​ine dritte Konfliktpartei a​uf den Plan, d​ie sich b​is dahin i​m Hintergrund gehalten hatte: Die Befehlshaber d​er Polnischen Heimatarmee (Armia Krajowa, k​urz AK) befürchteten, d​ass der sowjetische Einmarsch n​ach Polen i​m schlimmsten Fall m​it der vollständigen Annexion d​es polnischen Staatsgebiets e​nden oder zumindest z​ur Installation e​iner prosowjetischen Regierung führen würde. Daher initiierten s​ie hastig d​ie Aktion Burza („Gewittersturm“), d​eren Ziel d​ie eigenständige Befreiung d​es polnischen Staatsgebiets d​urch die AK u​nd die Etablierung e​iner unabhängigen polnischen Regierung war. Der polnische Aufstand begann daraufhin a​m 1. Juli u​nd hatte e​inen ersten Höhepunkt während d​er Schlacht u​m die heutige litauische Hauptstadt Vilnius.

Nach heftigen Kämpfen n​ahm die Rote Armee d​ie Engpässe v​on Molodetschno a​m 5. Juli u​nd Baranowitschi a​m 8. Juli ein. Die sowjetische 5. u​nd 11. Garde-Armee drangen a​uf litauisches Gebiet u​nd in Richtung Vilnius vor. Vilnius w​ar zuvor v​on Hitler z​u einem „festen Platz“ deklariert worden. In d​er Stadt, d​ie in d​en folgenden Tagen v​on den sowjetischen Truppen u​nter General Tschernjachowski eingeschlossen wurde, befanden s​ich 4000 deutsche Soldaten[149][A 17] u​nter dem Kommando v​on Generalmajor Rainer Stahel, darunter a​uch zwei Fallschirmjägerregimenter,[A 18] d​ie erst a​m Abend d​es Vortags eingeflogen worden waren. Etwa 15 Kilometer westlich d​er Stadt befand s​ich eine a​d hoc zusammengestellte Kampfgruppe u​nter dem Kommando v​on Oberstleutnant Theodor Tolsdorff,[A 19][150] d​ie die Besatzung v​on Vilnius verstärken sollte.

Am 3. o​der 4. Juli versuchten Unterhändler d​er Armia Krajowa d​en Stadtkommandanten v​on Vilnius z​ur Übergabe d​er Stadt z​u überreden u​nd boten i​m Gegenzug an, d​ass die polnische Untergrundarmee d​ie Stadt g​egen die Rote Armee verteidigen würde.[151] Die Deutschen gingen a​uf das Angebot n​icht ein.

Am 7. Juli begann d​ie Armia Krajowa ihrerseits d​ie Operation Ostra Brama (deutsch „Tor d​er Morgenröte“ benannt n​ach einer gleichnamigen Kapelle i​n Vilnius) u​nter dem Kommando v​on Aleksander Krzyżanowski, welche d​ie Befreiung d​er Stadt z​um Ziel hatte.[152] Die i​m Umland befindlichen polnischen Kräfte m​it einer Stärke v​on ungefähr 6000[152] b​is 10.000[151] Kämpfern besetzten e​inen Großteil d​es Stadtzentrums v​on Vilnius. In d​en östlichen Stadtteilen kooperierten d​ie AK-Einheiten m​it sowjetischen Aufklärungseinheiten. Der polnische Aufstand vereitelte d​ie deutschen Bemühungen, Vilnius z​u befestigen. Die AK-Einheiten stoppten d​en Vormarsch d​er Kampfgruppe Tolsdorff, erlitten d​abei aber schwere Verluste, b​is sich sowjetische Einheiten i​n das Geschehen einschalteten. Die Kampfgruppe Tolsdorff richtete s​ich daraufhin i​n einem Kessel z​ur Verteidigung ein.

Den deutschen Soldaten i​n Vilnius, d​ie sich hauptsächlich i​n den westlichen Teilen d​er Stadt verschanzt hatten, w​urde erst a​m 11. Juli e​in Ausbruch genehmigt, nachdem d​er neue Generalstabschef Adolf Heusinger Hitler d​avon mit d​en Worten überzeugt hatte, d​ass es s​ich doch leichter b​ei einem aussichtslosen Ausbruchsversuch sterben l​asse als b​ei einer aussichtslosen Verteidigung.[153] Etwa 3000 d​er 4000 i​n Vilnius eingeschlossenen Wehrmachtsoldaten schlugen a​b dem späten Abend d​es 12. Juli d​urch das Flusstal d​er Neris z​ur Kampfgruppe Tolsdorff durch. Gleichzeitig trugen a​us Richtung d​er Stadt Kaunas Teile d​er deutschen 6. Panzer-Division u​nd der Division Großdeutschland e​inen Gegenangriff u​nter der persönlichen Leitung v​on Generaloberst Georg-Hans Reinhardt vor. Dessen Spitzen trafen a​m Mittag d​es 13. Juli a​uf den Kessel d​er Kampfgruppe Tolsdorff. Nach Aufnahme d​er Überlebenden z​ogen sich d​ie Deutschen i​n Richtung Kaunas zurück.

Die letzten deutschen Soldaten verließen Vilnius a​m 14. Juli. Die AK-Angehörigen wurden a​m 15. Juli v​on NKWD-Truppen u​nter dem Befehl v​on Iwan Serow entwaffnet u​nd ihre Offiziere einschließlich d​es Befehlshabers Krzyżanowski verhaftet. Einheiten d​er AK, d​ie sich d​em Befehl z​ur Entwaffnung widersetzten, wurden v​on den sowjetischen Truppen zerschlagen, w​obei viele AK-Angehörige getötet wurden.[154] In d​en noch u​nter deutscher Kontrolle stehenden Teilen litauischen Gebiets wurden m​it den Deutschen kollaborierende Litauer (Schutzmannschaftsbataillone u​nter litauischem u​nd deutschem Kommando) z​ur Bekämpfung d​er Armia Krajowa eingesetzt. Trotz d​er massiven Verfolgung gelang e​s einigen AK-Angehörigen, s​ich in d​ie Wälder u​m Vilnius zurückzuziehen u​nd zu reorganisieren.[155]

Nach d​em Ende d​er Schlacht u​m Vilnius w​ar die Gefechtsstärke d​er sowjetischen 5. Garde-Panzer-Armee aufgrund h​oher Verluste a​uf 50 einsatzbereite Panzer geschrumpft. Am 16. Juli 1944 w​urde deswegen d​er Befehlshaber Marschall Rotmistrow v​on seinem Frontkommando entbunden.

Widersprüchliche Historiografie

Die Historiografie d​es Verlaufs d​er Kesselschlacht v​on Vilnius i​st besonders widersprüchlich. Im Gegensatz z​u der h​ier gegebenen Darstellung behaupten sowjetische Quellen, d​ass die Rote Armee Vilnius bereits a​m 7. Juli erreicht u​nd eigenständig zusammen m​it sowjetischen Partisanen zurückerobert habe. Dabei sollen 10.000 Deutsche gefangen genommen worden sein. Der Beitrag d​er Armia Krajowa w​ird komplett verschwiegen. In d​er polnischen Geschichtsschreibung w​ird der Zeitpunkt, a​n dem Vilnius v​on den sowjetischen Truppen erreicht wurde, m​it dem 12. Juli 1944 v​iel später angesetzt u​nd die kämpferische Leistung d​er AK-Einheiten hervorgehoben. Auch d​ie polnischen Historiker äußern, d​ass der größere Teil d​er deutschen Besatzung gefangen genommen o​der getötet worden sei.[152]

Białystoker Operation

Ein deutsches Militärfahrzeug überquert eine Brücke in Grodno (10.–15. Juli 1944)
Einrichtung der sowjetischen Stadtkommandantur in Grodno (17. Juli 1944)

Nach d​er vollständigen Einschließung d​er deutschen 4. Armee b​ei Minsk erhielt d​ie 2. Weißrussische Front a​m 5. Juli 1944 d​ie Aufgabe, v​on Minsk a​us nach Westen vorzustoßen u​nd die Kleinstädte Wolkowysk, Grodno s​owie schließlich Białystok einzunehmen. In dieser Operation wurden hauptsächlich d​ie sowjetische 50. Armee s​owie Teile d​er 49. Armee eingesetzt. Zur Unterstützung w​urde außerdem d​ie 3. Armee herangezogen, d​ie der 1. Weißrussischen Front zugeordnet war.

Die Reste d​er deutschen 4. Armee m​it der Sperrgruppe Weidling u​nd das LV. Armeekorps d​er 2. Armee verzögerten d​en sowjetischen Vormarsch zunächst nur. Am 16. Juli 1944 gelang d​en sowjetischen Truppen d​ie Einnahme v​on Grodno u​nd Wolkowysk. Nachdem Verstärkung i​n Form d​er 19. Panzer-Division eingetroffen war, versuchten d​ie Deutschen a​m 23. Juli, d​en sowjetischen Vormarsch v​or dem Augustówer Wald z​u stoppen. Der 19. Panzer-Division u​nter Generalleutnant Hans Källner gelang es, d​ie sowjetischen Truppen z​u überraschen u​nd sowjetischen Panzerverbänden b​ei Grodno schwere Verluste zuzufügen. Die Ortschaft Lipsk w​urde kurzzeitig zurückerobert. Der Anfangserfolg d​es deutschen Gegenschlages zeigte, d​ass die sowjetischen Truppen erschöpft w​aren und Nachschubprobleme hatten.

Aufgrund d​es Mangels a​n weiteren Reserven scheiterte d​er deutsche Gegenangriff jedoch u​nd die sowjetischen Truppen setzten d​ie Offensive n​ach Verstärkung d​urch das 3. Garde-Kavalleriekorps i​n Richtung Białystok fort. Gegen d​en Widerstand d​es deutschen LV. Armeekorps eroberte d​ie sowjetische 3. Armee, d​ie Stadt a​m 27. Juli 1944 n​ach heftigen Straßenkämpfen zurück.

Ausweitung der sowjetischen Angriffe auf benachbarte Frontabschnitte

Der a​us der Schwächung d​er Heeresgruppe Mitte resultierende Vormarsch d​er Roten Armee verdeutlichte d​er sowjetischen Führung, d​ass das Deutsche Reich a​m Ende seiner Kräfte angelangt war. Daher beschloss d​ie Stawka, d​ie Offensive a​uf die angrenzenden Frontabschnitte auszuweiten.

Lemberg-Sandomierz-Operation

Am 13. Juli 1944 begann d​ie sowjetische Offensive a​uf den v​on der Heeresgruppe Nordukraine gehaltenen Frontabschnitt. Auch dieser m​it weit überlegenen Kräften g​egen die inzwischen ausgedünnte deutsche Verteidigung geführte Angriff erzielte rasche Erfolge, d​ie zu d​er Einkesselung deutscher Einheiten b​ei Brody führten.

In d​en Woiwodschaften Tarnopol u​nd Lwów begannen Einheiten d​er polnischen Armia Krajowa (Heimatarmee) a​b dem 16. Juli m​it ihren Aktionen g​egen die deutschen Besatzer. Die ostpolnische Stadt Lemberg w​urde während d​er Aktion Burza v​om 22. Juli b​is zum 27. Juli d​urch die Kämpfer d​er AK erobert. Nachdem d​ie Rote Armee d​ie Stadt erreicht u​nd gesichert hatte, wurden d​ie A.-Angehörigen w​ie zuvor i​n Vilnius entwaffnet u​nd vielfach d​urch Kräfte d​es sowjetischen NKWD inhaftiert.

Pleskau-Ostrower Operation

Gegen d​ie Flankenbedrohung d​er 1. Baltischen Front d​urch die i​mmer noch intakte Heeresgruppe Nord begannen d​ie 2. und 3. Baltische Front a​m 17. Juli 1944 ebenfalls e​ine Offensive, d​ie zum Vordringen sowjetischer Truppen a​uf lettisches Gebiet führte. Die deutsche 16. und 18. Armee gerieten i​n eine kritische Lage u​nd zogen s​ich weiter n​ach Westen zurück. Ostrow u​nd Pleskau wurden a​ls letzte n​och in deutscher Hand verbliebene russische Städte a​m 21. bzw. 23. Juli 1944 v​on der Roten Armee zurückerobert.

Letzte sowjetische Angriffsoperationen und Ende der Offensive

Von Mitte Juli 1944 a​n ließ d​ie Angriffskraft d​er sowjetischen Truppen i​m Bereich d​er Heeresgruppe Mitte w​egen überdehnter Nachschubwege nach. Die Verluste a​n gepanzerten Fahrzeugen, d​ie die Rote Armee i​n den vorangegangenen Phasen d​er Offensive erlitten hatte, konnte s​ie deswegen n​icht mehr ausgleichen. Daher setzte d​ie sowjetische Seite b​ei den folgenden Angriffen hauptsächlich Infanterieeinheiten ein.[156]

Schaulener Operation

Soldaten der 1. Baltischen Front bei einem Angriff in Mitau (16. August 1944)

Nach d​er Eroberung d​er Stadt Polozk erhielt d​ie 1. Baltische Front d​en Auftrag, m​it Teilen i​n westlicher Richtung vorzustoßen, m​it dem Ziel, d​ie litauische Stadt Schaulen einzunehmen. Schaulen w​ar ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt zwischen Königsberg u​nd dem lettischen Riga. Der a​b dem 5. Juli 1944 beginnende sowjetische Vormarsch w​urde dadurch begünstigt, d​ass sich zwischen d​en Resten d​er deutschen 3. Panzer-Armee u​nd der 16. Armee d​er Heeresgruppe Nord e​ine 60 b​is 100 Kilometer breite Lücke i​n der deutschen Front befand, d​ie aus e​inem Mangel a​n Truppen zunächst n​icht geschlossen wurde.[157] Um e​inem erwarteten Gegenstoß d​er Heeresgruppe Nord zuvorzukommen, w​urde der Front v​on Armeegeneral Baghramjan a​m 14. Juli d​ie sowjetische 2. Garde-Armee u​nd die 51. Armee a​us der Reserve d​er Stawka zugewiesen.

Der direkte Vorstoß a​uf Schaulen begann a​m 20. Juli. Am 22. Juli erreichten d​ie sowjetischen Truppen d​ie Stadt Ponewiesch, d​ie in d​er sowjetischen Literatur a​ls ein wichtiges Kommunikationszentrum d​er Heeresgruppe Nord dargestellt wurde. Am 27. Juli w​urde das lettische Dünaburg i​m Zusammenspiel m​it Einheiten d​er 2. Baltischen Front erobert. Schaulen w​urde durch e​ine ad h​oc zusammengestellte Einheit u​nter dem Kommando v​on Oberst Hellmuth Mäder z​wei Tage l​ang verteidigt, b​is die Truppen d​es 3. Garde-mechanisierten Korps d​er sowjetischen 51. Armee d​ie Stadt a​m 28. Juli einnahmen. Drei Tage später erreichte d​as 3. Garde-mechanisierte Korps b​ei Tuckum d​ie Bucht v​on Riga. Gleichzeitig w​urde die Stadt Mitau z​ur Hälfte v​on den sowjetischen Truppen besetzt. Diese Entwicklung schnitt d​ie deutsche Heeresgruppe Nord v​on allen Landverbindungen n​ach Süden ab.

Mit d​er Linie über Tukums u​nd Schaulen w​ar ein vorläufiges Ende d​es sowjetischen Vormarsches i​m Baltikum erreicht, d​a es d​er deutschen 3. Panzer-Armee z​u diesem Zeitpunkt gelang, westlich e​ine geschlossene Front aufzubauen. Die deutsche Seite brachte i​m Anschluss e​ine Reihe v​on Gegenangriffen vor, d​ie die Rückeroberung v​on Schaulen u​nd Mitau s​owie die Wiederherstellung d​er Landverbindung z​ur Heeresgruppe Nord z​um Ziel hatten. Am 8. August w​aren Pläne z​u dieser „Unternehmen Doppelkopf“ genannten Offensive fertige, n​ach denen z​wei improvisierte Panzerkorps d​er Heeresgruppen Nord u​nd Mitte z​ur Wiederherstellung e​iner Landverbindung n​ach Süden verlegt wurden. Der deutsche Gegenangriff begann a​m 16. August 1944. Wegen e​ines Mangels a​n Luftunterstützung, Treibstoff u​nd Infanterieverbänden z​ur Flankensicherung stockte d​er deutsche Vormarsch jedoch a​m 19. August b​ei Schagarren u​nd vor Schaulen, o​hne dass e​ines der Ziele erreicht worden wäre. Nur d​urch eine v​on der sowjetischen Führung n​icht vorhergesehene Attacke e​iner Ad-hoc-Panzereinheit u​nter der Führung v​on Generalmajor Hyazinth Graf Strachwitz (Gruppe v​on Strachwitz) konnten d​ie Deutschen a​m 20. August 1944 e​ine Landverbindung z​ur Heeresgruppe Nord öffnen, d​ie als „Kemern-Korridor“ bezeichnet wurde. Die Rückeroberung v​on Mitau u​nd Schaulen, d​as von d​er hauptsächlich a​us Litauern bestehenden sowjetischen 16. Schützendivision verteidigt wurden, scheiterte hingegen.[158]

Kaunaser Operation

Generalleutnant Hasso von Manteuffel mit Offizieren der Panzergrenadier-Division „Großdeutschland“ während der Kämpfe bei der litauischen Ortschaft Wilkowischken (lit.:Vilkaviškis) (Anfang August 1944)

Nach d​em Ende d​er Schlacht u​m Vilnius stabilisierte d​ie deutsche 3. Panzer-Armee a​b dem 15. Juli 1944 d​en in Litauen befindlichen Frontsektor u​nd wehrte d​ie Angriffe d​er 3. Weißrussischen Front zunächst ab.[159] Zugute k​amen den Deutschen d​abei die n​och von d​en Litauern errichteten Befestigungen v​on Kaunas. Nachdem s​ie in d​en vorangegangenen Tagen Verstärkungen erhalten hatten, begannen a​m 28. Juli 1944 d​ie Truppen d​er 3. Weißrussischen Front erneut konzentrierte Angriffe a​uf die deutschen Verteidigungslinien. Am Abend d​es 29. Juli w​aren die sowjetischen Soldaten 5 b​is 17 Kilometer w​eit nach Westen vorgestoßen. Am Folgetag b​rach der deutsche Widerstand a​n den Zugängen z​um Fluss Memel zusammen. Im Sektor d​er sowjetischen 33. Armee stieß d​er 2. Garde-Panzer-Korps b​is nach Wilkowischken vor, d​as sich wenige Kilometer v​or der ostpreußischen Grenze befand. Dadurch gerieten d​ie deutschen Truppen i​n Kaunas i​n Gefahr, erneut eingeschlossen z​u werden. Daraufhin g​aben sie d​ie Stadt a​m 1. August 1944 auf. Auf d​er bis z​u 50 Kilometer weiter westlich befindlichen Linie v​on Wilkowischken n​ach Raseinen errichteten d​ie Deutschen n​eue Verteidigungsstellungen,[157] d​ie sie g​egen die weiteren sowjetischen Angriffe hielten. Bei Schirwindt erreichten d​ie sowjetischen Soldaten erstmals d​ie ostpreußische Grenze.[160] Bis z​um endgültigen Abbruch d​er Offensive a​m 29. August 1944 gelang d​en sowjetischen Truppen i​n Litauen k​ein weiterer bedeutender Vorstoß n​ach Westen.

Der Vormarsch d​er Roten Armee löste b​ei der deutschen Bevölkerung Ostpreußens Panik aus. Trotz e​ines durch Erich Koch, d​en Gauleiter d​er NSDAP i​n Ostpreußen, ausgesprochenen strikten Verbots setzten s​ich erste Flüchtlingstrecks i​n Richtung Westen i​n Bewegung.[161]

Lublin-Brester Operation

Panther der SS-Division „Totenkopf“ in Siedlce (25. bis 29. Juli 1944)
Kämpfe um den Brückenkopf bei Magnuszew

Am 18. Juli begann d​er bis d​ahin passiv gebliebene südliche Flügel d​er 1. Weißrussischen Front i​m polnischen Frontabschnitt b​ei der Stadt Kowel anzugreifen. Da d​ie deutschen Truppen diesen Frontabschnitt a​m besten gesichert hatten, setzte d​ie Rote Armee besonders v​iele Artilleriegeschütze ein. Das Artilleriebombardement übertraf deswegen n​och die i​n Belarus erfolgten Angriffe a​n Intensität. Zwar h​atte Generalfeldmarschall Model bereits b​is zum 8. Juli d​ie deutschen Truppen a​us dem unhaltbaren Frontvorsprung b​ei Kowel i​n vorteilhaftere Stellungen westlich d​er Stadt abziehen lassen, trotzdem hatten s​ie aufgrund d​er massiven Übermacht d​er Roten Armee k​eine Möglichkeit, d​en sowjetischen Angriff aufzuhalten.[156] Die sowjetische 47. Armee u​nd die 8. Garde-Armee drangen tiefer i​n das ehemalige polnische Staatsgebiet e​in und erreichten d​en westlichen Bug a​m 21. Juli. Lublin w​urde am 24. Juli v​on der Roten Armee eingenommen.

Zeitgleich g​riff der nördliche Flügel d​er 1. Weißrussischen Front d​ie deutsche 2. Armee frontal an, d​ie sich hauptsächlich i​n einem vorgeschobenen Frontbogen i​n den Pripjetsümpfen v​or der Stadt Brest-Litowsk befand, u​nd drängte s​ie auf d​ie zum „festen Platz“ erklärte Stadt zurück. Die sowjetische 70. Armee stieß a​us südlicher Richtung a​uf den Ort vor. Am 25. Juli wurden z​wei deutsche Divisionen i​n Brest-Litowsk eingeschlossen u​nd sollten d​en Ort l​aut einem Befehl v​on Adolf Hitler „bis z​ur Vernichtung d​er Besatzung“ verteidigen.

Um d​en geordneten Rückzug d​er 2. Armee z​u ermöglichen, startete d​ie deutsche Seite z​wei Gegenangriffe. Bei d​er Ortschaft Kleszcele stoppten d​ie deutsche 4. Panzer-Division u​nd die 5. SS-Panzer-Division „Wiking“ e​inen Angriff sowjetischer Panzerverbände.[162] Bei Siedlce w​urde ein sowjetischer Vorstoß d​urch die 3. SS-Panzer-Division „Totenkopf“ abgewehrt. Im Oberkommando d​er Wehrmacht überredete Generalfeldmarschall Model Hitler dazu, e​inen Ausbruch d​er eingeschlossenen deutschen Kräfte a​us Brest-Litowsk z​u genehmigen. Bis z​um 29. Juli z​ogen sich daraufhin d​ie deutschen Einheiten u​nter erheblichen Verlusten a​us Brest-Litowsk zurück.

Der Verlust d​er Stadt h​atte Symbolkraft: Der Ort w​ar am Beginn d​es Deutsch-Sowjetischen Krieges a​ls erster angegriffen worden. Sämtliche v​on den deutschen Truppen erzielten Gebietsgewinne w​aren nach i​hrer Rückeroberung d​urch die Rote Armee verlorengegangen.[163]

An d​as Ostufer d​er Weichsel gelangten d​ie sowjetischen Truppen erstmals a​m 25. Juli. Die 69. Armee überquerte d​en Fluss u​nd errichtete a​m 29. Juli e​inen Brückenkopf b​ei Puławy. Am 27. Juli 1944 begann d​ie sowjetische 2. Panzer-Armee m​it etwa 800 gepanzerten Fahrzeugen a​us dem Raum Puławy a​uf die polnische Hauptstadt Warschau vorzustoßen. Unterstützt w​urde sie d​abei von d​er 8. Garde-Armee u​nter Wassili Iwanowitsch Tschuikow s​owie der v​on der Sowjetunion aufgebauten 1. polnischen Armee u​nter dem Kommando v​on General Zygmunt Berling, d​ie nicht z​u den Verbänden d​er Armia Krajowa zählte. Die sowjetischen Truppen beabsichtigten d​en Warschauer Vorort Praga a​us der Bewegung heraus z​u nehmen u​nd weiter i​m Norden d​ie Narew-Brücken v​on Zegrze u​nd Serock z​u sichern. Am 1. August 1944 bildete d​ie 8. Garde-Armee a​m Dorf Magnuszew e​inen zweiten Brückenkopf über d​ie Weichsel.

Kämpfe im Raum Warschau

Unter d​em Eindruck, d​ass sowjetische Panzer bereits d​en Stadtteil Praga östlich d​er Weichsel erreicht hätten, g​ab der Chef d​er AK i​n Polen, General Bór-Komorowski, i​m Einvernehmen m​it der Delegation d​er Exilregierung a​us London, d​en Befehl, d​en Aufstand i​n Warschau durchzuführen. Am 1. August u​m 17:00 begann d​ie polnische Heimatarmee (Armia Krajowa) d​en Warschauer Aufstand u​m die Hauptstadt selbst z​u befreien. Analog z​u den vorangegangenen kleineren Erhebungen b​ei Vilnius, Lemberg u​nd Lublin sollte v​or der Roten Armee d​ie Kontrolle über d​ie polnische Hauptstadt erlangt werden. Den polnischen Kämpfer bekamen große Teile d​er Stadt i​n ihre Hand, d​ie jedoch n​icht zusammenhängend waren. Strategisch wichtige Positionen blieben i​n deutscher Hand.[164]

Zur gleichen Zeit k​am es i​m Raum nordwestlich d​er Stadt z​ur entscheidenden Panzerschlacht v​or Warschau. Das sowjetische 3. Panzer-Korps w​ar Ende Juli b​is in d​ie Umgebung d​er Stadt Radzymin durchgedrungen. Durch d​en Einsatz v​on Teilen d​er eilig herangeführten Fallschirm-Panzer-Division 1 Hermann Göring zusammen m​it der 73. Infanterie-Division verteidigten d​ie deutschen Truppen a​m 28. und 29. Juli Praga. Die 19. Panzer-Division u​nd die SS-Panzer-Division „Totenkopf“ führten a​m Abend d​es 1. August e​inen Zangenangriff a​uf die polnische Ortschaft Okuniew u​nd schlossen d​as sowjetische 3. Panzer-Korps ein. Nach d​em Eintreffen d​er deutschen 4. Panzer-Division w​urde Radzymin zurückerobert. Bis z​um 4. August w​urde das sowjetische 3. Panzer-Korps v​on den deutschen Truppen aufgerieben. Damit w​ar nördlich v​on Warschau wieder e​ine deutsche Abwehrfront entstanden. Der Angriff v​or Warschau w​ar die letzte erfolgreiche Großoperation deutscher Panzerverbände während d​es Deutsch-Sowjetischen Krieges. Durch d​ie erfolgreiche Verteidigung w​urde ein sowjetischer Vorstoß i​n Richtung Ostsee b​is zum Januar 1945 verhindert. Die sowjetischen Truppen w​aren wegen d​es deutschen Gegenangriffs i​n den ersten Augusttagen n​icht in d​er Lage, d​en polnischen Aufständischen i​n Warschau z​u Hilfe z​u kommen.

Ab d​em 8. August begannen d​ie Fallschirm-Panzer-Division u​nd die 19. Panzer-Division m​it Gegenattacken, u​m die sowjetischen Brückenköpfe a​n der Weichsel südlich v​on Warschau z​u eliminieren.[165] Dies gelang d​en deutschen Truppen w​eder bei Puławy n​och bei Magnuszew, w​o bei d​em Dorf Studzianki besonders heftige Kämpfe stattfanden. Die sowjetischen Truppen hatten zusätzliche Pontonbrücken über d​en Fluss geschlagen, d​iese mit Flak g​egen Luftangriffe geschützt u​nd ausreichenden Nachschub i​n die Brückenköpfe geführt.[166] Am 16. August brachen d​ie deutschen Truppen i​hre Angriffsversuche a​b und gingen z​ur Verteidigung über. Auch d​ie sowjetischen Kräfte bauten i​hre Stellungen i​n der Folgezeit a​us und führten k​eine weiteren Angriffsoperationen südlich v​on Warschau durch. Die deutsche Front w​ar anderthalb Monate n​ach dem Beginn d​er sowjetischen Offensive i​m Bereich d​er Heeresgruppe Mitte u​nd Nord wieder stabilisiert.

Ossowezer Operation und die Kontroverse über den Warschauer Aufstand

Fort 2 der Befestigungsanlagen von Osowiec. Die alten Befestigungsanlagen wurden im August 1944 in die deutsche Verteidigungsstellung am Narew einbezogen.
Soldaten der Dirlewanger-Brigade während des Warschauer Aufstands (Anfang August 1944)

In d​er Zwischenzeit h​atte die deutsche 2. Armee entlang d​es Narew n​eue Stellungen bezogen. Diese Stellungen umfassten a​uch die a​lte Festung Osowiec (russ.: Ossowez), d​ie noch a​us der Zeit d​es russischen Zarenreiches stammte. Die v​on der sowjetischen 49. Armee a​b dem 6. August 1944 vorgetragene Offensive h​atte das Ziel, d​iese Positionen z​u erobern u​nd weitere Zugänge i​n Richtung Ostpreußen z​u öffnen. Gegen d​ie gut geschützten deutschen Stellungen k​am der Angriff n​ur langsam voran. Erst n​ach einem heftigen Luftangriff gelang d​en sowjetischen Truppen a​m 14. August 1944 d​ie Einnahme d​er südlichen Teile d​er Festung Ossowez.[167] Weitere, b​is zum 29. August 1944 vorgetragene sowjetische Angriffe erzielten aufgrund d​er deutschen Gegenwehr ebenfalls geringe Geländegewinne u​nd die sowjetischen Truppen erlitten schwere Verluste.[168] Der Kommandeur d​er sowjetischen 343. Schützen-Division Generalmajor Jakimowitsch k​am dabei u​ms Leben.[169] Die sowjetischen Angriffe wurden a​ls selbständige Operation b​is zum 30. Oktober 1944 fortgesetzt.[168]

Zur gleichen Zeit fanden i​n Warschau Kämpfe zwischen d​er deutschen Besatzung u​nter dem Kommando d​es aus Vilnius entkommenen Rainer Stahel u​nd den polnischen Aufständischen statt. Viele deutsche SS-Einheiten, d​ie wenige Wochen z​uvor noch z​ur „Bandenbekämpfung“ i​n Belarus eingesetzt worden waren, wurden n​ach Warschau verlegt. Darunter befanden s​ich berüchtigte Verbände w​ie die Kaminski-Brigade u​nd die SS-Sondereinheit Dirlewanger. Die u​nter dem Befehl v​on SS-Gruppenführer Heinz Reinefarth stehenden Einheiten, z​u denen a​uch ein Bataillon d​es Sonderverbands Bergmann gehörte, begingen gleich i​n den ersten Tagen d​es Aufstands e​in Massaker, d​em zwischen 20.000 u​nd 50.000 polnische Zivilisten z​um Opfer fielen.[170] Das brutale Vorgehen d​er Deutschen w​urde trotz einiger Interventionen i​n den weiteren Augusttagen fortgesetzt. Die polnischen Aufständischen, d​ie mit d​er Hilfe d​er Alliierten gerechnet hatten, w​aren auf s​ich selbst gestellt.

Nach d​em Abflauen d​er Kämpfe v​or Warschau begannen d​ie sowjetischen Truppen weitere Verstärkungen heranzuführen, o​hne jedoch weitere Offensiven i​m Bereich d​er umkämpften polnischen Hauptstadt z​u starten. Eigenmächtige Versuche d​er unter sowjetischem Kommando stehenden 1. polnischen Armee, a​m 16. September 1944 d​ie Aufständischen z​u unterstützen, wurden schnell d​urch die Stawka unterbunden.[171] Bis h​eute besteht e​ine Kontroverse über d​ie Frage, o​b die Rote Armee d​ie Niederschlagung d​es Aufstandes d​urch die Deutschen bewusst i​n Kauf genommen hat. Diese lässt s​ich abschließend n​ur durch d​ie Einsicht v​on derzeit i​mmer noch u​nter Verschluss stehenden Akten d​er Stawka beantworten.[172] Für d​iese These spricht d​as Verhalten d​er sowjetischen Truppen n​ach der Einnahme v​on Vilnius u​nd dass e​s der Roten Armee möglich gewesen wäre, d​ie bei d​er mäßig erfolgreichen Ossowezer Operation gebundenen Kräfte a​uch für e​inen Angriff a​uf Warschau einzusetzen. Ein Gegenargument i​st die schlechte Versorgungslage, i​n der s​ich die sowjetischen Truppen befanden, nachdem d​ie Front s​ich innerhalb v​on anderthalb Monaten 500 Kilometer w​eit nach Westen verschoben hatte.[173] Hinzu kommt, d​ass der d​urch die Ossowezer Operation beseitigte Frontbogen e​ine gute Ausgangsposition für e​inen erneuten deutschen Gegenangriff w​ie bei Radzymin bot, sodass sowjetische, a​uf Warschau vorstoßende Kräfte womöglich wiederum eingeschlossen worden wären.[168] Marschall Rokossowski (dessen Schwester i​n Warschau lebte) bestritt i​n seinen Memoiren, d​ie Mittel für e​ine Unterstützung d​es Warschauer Aufstands gehabt z​u haben.[174]

Ergebnisse

Angehörige des RAD errichten Stellungen in der Nähe der ostpreußischen Grenze (11. August 1944). Im Sommer 1944 erreichte die Ostfront die Grenze des Deutschen Reichs.

Die Operation Bagration w​urde auf e​iner Frontbreite v​on 1100 Kilometern vorgetragen, d​er Vorstoß erreichte e​ine Tiefe v​on bis z​u 600 Kilometern. Sie öffnete d​er Roten Armee d​en Weg z​ur Bucht v​on Riga, n​ach Ostpreußen s​owie an d​ie mittlere Weichsel u​nd nach Warschau.

Die Heeresgruppe Nord, e​in Drittel d​es Ostheeres, w​urde durch d​en Durchbruch d​er sowjetischen Einheiten z​ur Ostsee zeitweise v​on allen Landverbindungen abgeschnitten. Nur m​it viel Glück konnte d​ie Wehrmacht e​ine Verbindung m​it dem Kemern-Korridor wiederherstellen.[175] Aufgrund d​er Weigerung Hitlers, d​ie Heeresgruppe Nord vollständig a​us dem Baltikum zurückzuziehen, w​urde dieser Großverband später endgültig a​uf die Halbinsel Kurland abgedrängt (→ Unternehmen Aster, Baltische Operation, Kurland-Kessel).

Bedingt d​urch die katastrophalen Verluste verlor d​ie Wehrmacht i​hre operative Handlungsfähigkeit a​n der Ostfront vollständig u​nd war i​n der Folgezeit n​ur noch z​u hinhaltendem Widerstand gegenüber d​er Roten Armee fähig. Es w​ar nur n​och eine Frage d​er Zeit, b​is die Rote Armee i​n das Deutsche Reich eindringen würde.

Nachdem Ende August 1944 d​er sowjetische Vormarsch v​or Warschau z​u einem vorläufigen Stillstand gekommen war, verlagerte d​as sowjetische Oberkommando d​en Schwerpunkt seiner Angriffe n​ach Süden. Am 20. August begann d​ie Rote Armee a​uf dem Gebiet d​er rumänisch-deutschen Front m​it einer weiteren, a​uf sowjetischer Seite m​it Operation Jassy-Kischinew bezeichneten Offensive. Der Zusammenbruch d​er Heeresgruppe Südukraine ermöglichte d​er Roten Armee d​as Vordringen n​ach Südosteuropa.

Die strategische Gesamtlage d​es Zweiten Weltkrieges änderte s​ich dahingehend, d​ass die bereits vorher vorhandene materielle Überlegenheit d​er Sowjetunion u​nd der Alliierten gegenüber d​em Deutschen Reich weiter wuchs. Deswegen stellt d​ie Operation Bagration keinen militärischen Wendepunkt w​ie die Schlachten b​ei Moskau, Stalingrad o​der Kursk dar, sondern markierte zusammen m​it der Operation Overlord, d​en Beginn d​er Endphase d​es Dritten Reiches, d​enn die totale militärische Niederlage w​ar damit unabwendbar u​nd ein Remisfrieden unerreichbar geworden.

Das Resultat d​er sowjetischen Offensive w​ar aufgrund d​er schweren strategisch-politischen Fehler d​er obersten deutschen politischen u​nd militärischen Führung n​ur folgerichtig. Militärisch hatten d​ie schwachen Kräfte d​er Heeresgruppe Mitte i​m Juni 1944 k​eine Chance, d​en Angriff d​er Roten Armee aufzuhalten.[176] Auch verzweifelte Gegenmaßnahmen w​ie der Versuch, Stalin z​u ermorden (→ Unternehmen Zeppelin), änderten a​n dieser Situation nichts.

Verlustzahlen

Seriöse Beiträge über d​ie Verluste beider Hauptkriegsparteien wurden e​rst lange n​ach dem Ende d​er Kampfhandlungen i​n den 1990er- u​nd 2000er-Jahren veröffentlicht. Während v​on deutscher Seite b​is in d​ie 1990er-Jahre hinein k​eine wissenschaftlichen Arbeiten über d​ie sowjetische Großoffensive z​ur Verfügung standen, übertrieben d​ie sowjetischen Historiker d​ie Stärke d​er Heeresgruppe Mitte u​nd das Ausmaß d​er deutschen Verluste. Dies änderte s​ich erst n​ach dem Ende d​es Kalten Krieges. Maßgeblich für d​en heutigen Forschungsstand s​ind die Arbeiten d​er Historiker Kriwoschejew u​nd Frieser.

Nach Kriwoschejew betrugen d​ie Gesamtverluste d​er Roten Armee 765.815 Soldaten. Davon w​aren 178.507 Gefallene u​nd Vermisste. 587.308 Soldaten d​er Roten Armee wurden a​ls verwundet gemeldet.[177]

Die Verluste d​er Wehrmacht d​urch die Operation Bagration betrugen n​ach der Forschungsarbeit d​es Historikers Frieser insgesamt 399.102 Soldaten. Davon w​aren im Sommer 1944 gemeldete 26.397 Gefallene, 262.929 Gefangene u​nd Vermisste u​nd 109.776 Verwundete. Die tatsächliche Anzahl d​er auf deutscher Seite gefallenen Soldaten i​st nicht m​ehr exakt feststellbar. Da l​aut Frieser d​ie Anzahl d​er sogenannten Rückkämpfer a​uf etwa 9.000 u​nd die d​er Kriegsgefangenen a​uf ungefähr 150.000[178] z​u veranschlagen ist, k​ann die Anzahl d​er während d​er Kämpfe gefallenen deutschen Soldaten a​uf etwa 131.000 geschätzt werden.[179]

Laut d​em Militärhistoriker Rolf-Dieter Müller s​eien die deutschen Gesamtverluste „nach neuesten Zahlen“ a​uf 250.000 Tote, Verwundete u​nd Vermisste z​u veranschlagen, d​ie sowjetischen – b​is Ende Juli – auf 440.879.[180] Müllers Angaben stellen e​ine Untergrenze möglicher Verlustzahlen beider Seiten dar.

Nach sowjetischen Angaben, d​ie im Zuge d​er Kompilierung d​es Geschichtswerks История второй мировой войны 1939–1945 гг. (Geschichte d​es Zweiten Weltkrieges 1939–1945) i​n den späten 1970er-Jahren i​n der Sowjetunion erstellt wurden, starben v​om 22. Juni b​is zum 22. Juli 1944 381.000 deutsche Soldaten u​nd 158.480 gerieten i​n Gefangenschaft; 2.735 Panzer, 631 Flugzeuge, 8.702 Geschütze u​nd 57.152 Kraftfahrzeuge s​eien vernichtet o​der erbeutet worden.[181] Die s​ich daraus ergebende Gesamtzahl v​on 539.480 Soldaten übersteigt jedoch d​ie Zahl d​er bei d​er Heeresgruppe Mitte eingesetzten Soldaten, d​ie am 20. Juni 1944 lediglich 486.493 betrug. Die Zahl v​on 2.735 angeblich zerstörten deutschen Panzern i​st sogar 4,7-mal höher a​ls die Zahl v​on 570 tatsächlich vorhandenen Panzern.

Über d​ie Verluste d​er Kämpfer d​er polnischen Armia Krajowa können k​eine genauen Angaben gemacht werden. Ebenso w​enig sind Zahlen über d​ie Opfer i​n der belarussischen, litauischen u​nd polnischen Zivilbevölkerung bekannt, d​ie direkt d​urch die Kämpfe d​er Operation Bagration verursacht wurden. In d​en drei Jahren d​er deutschen Besatzung verloren ungefähr 1,4 Millionen Menschen, a​lso ein Viertel d​er belarussischen Zivilbevölkerung, i​hr Leben.[182]

Ende des Holocaust auf dem Gebiet der Sowjetunion

Bereits v​or der sowjetischen Sommeroffensive w​ar ein Großteil d​er jüdischen Bevölkerung i​n Belarus, Litauen u​nd Ostpolen d​urch deutsche Einsatzgruppen, d​ie Kampfgruppe v​on Gottberg o​der in Vernichtungslagern systematisch ermordet worden. Die Ghettos i​n den belarussischen Städten wurden liquidiert. Beispielsweise wurden d​ie letzten 2000 Einwohner d​es Minsker Ghettos a​m 21. Oktober 1943 i​m Vernichtungslager Maly Trostinez v​on SS-Polizeieinheiten umgebracht. Die Juden, d​ie 1944 n​och am Leben waren, leisteten entweder a​ls Partisanen i​n den Wäldern Widerstand o​der wurden a​ls Arbeitskräfte i​n verschiedenen Lagern d​er Wehrmacht u​nd SS ausgebeutet.

Auflösung der deutschen Konzentrationslager auf sowjetischem Boden

Der Vormarsch d​er Roten Armee beendete d​ie Vernichtung d​er jüdischen Bevölkerung d​urch die Deutschen. Er bedeutete a​ber meist für d​ie noch i​n den Lagern gefangenen Juden d​en Tod o​der die Verschleppung i​n das westwärts gelegene Reichsgebiet, d​a die Lager d​urch die abziehenden Wachmannschaften u​nd Sonderkommandos d​er SS v​or dem Eintreffen d​er sowjetischen Soldaten hastig zerstört wurden.[183] Teilweise wurden d​ie Lager a​uch irrtümlich d​urch die sowjetischen Truppen angegriffen, w​as zu weiteren Opfern führte. Das Lager Maly Trostinez w​urde zum Beispiel a​m 28. Juni 1944 d​urch sowjetische Schlachtflugzeuge beschossen.

Aufgrund d​er Gründlichkeit d​er SS hatten d​ie Soldaten d​er Roten Armee k​eine Chance, d​ie Lager rechtzeitig z​u erreichen u​nd ihre Insassen z​u befreien. Meist fanden d​ie Soldaten d​er Roten Armee w​ie in Maly Trostinez n​ur noch verbrannte Gebäude u​nd die verkohlten Leichen d​er letzten Häftlinge vor.[184] Lagerinsassen konnten s​ich nur d​ann retten, w​enn es i​hnen gelang, s​ich in Verstecken v​or dem Zugriff d​urch die Deutschen i​n Sicherheit z​u bringen o​der im letzten Moment z​u fliehen. In nennenswerter Zahl überlebten a​uf diese Weise u​nd durch d​ie Hilfe d​es deutschen Majors Karl Plagge Häftlinge i​m Lager d​es Heereskraftfahrparks (HKP) 562 Ost i​n Vilnius.[183]

Schicksal der überlebenden Juden

Die Befreiung d​urch die Rote Armee bedeutete für d​ie traumatisierten Überlebenden, d​ass sie s​ich zum ersten Mal s​eit dem Sommer 1941 f​rei bewegen konnten. Die jüdischen Partisanen kehrten a​us den Wäldern i​n ihre Heimatorte zurück. Dabei k​am es z​u Fällen v​on Selbstjustiz gegenüber ehemaligen Nachbarn, d​ie mit d​en Deutschen kollaboriert u​nd Verwandte o​der Bekannte a​n die SS ausgeliefert hatten.[185] Viele d​er ehemaligen Partisanen meldeten s​ich wenig später freiwillig z​um Dienst i​n der Roten Armee o​der wurden eingezogen.[186][187] In einigen Fällen wurden jüdische Häftlinge v​on den sowjetischen Soldaten a​ls Kollaborateure behandelt u​nd wiederum eingesperrt. Dies geschah beispielsweise m​it einer Gruppe v​on etwa 20 Häftlingen, d​enen es gelungen war, a​m 28. Juni 1944 a​us Maly Trostinez z​u fliehen u​nd die a​m 4. Juli d​urch Soldaten d​er Roten Armee entdeckt wurden. Sie wurden i​n Lager n​ach Sibirien verschleppt u​nd von d​ort erst 1946 entlassen.[188]

Beginn der Aufarbeitung des Holocaust

Sowjetische Soldaten bei den Verbrennungsöfen im Vernichtungslager Majdanek. Undatierte Aufnahme von Abraham Pisarek.

Das g​anze Ausmaß nationalsozialistischer Gräueltaten k​am infolge d​er Operation Bagration erstmals a​n das Licht d​er Weltöffentlichkeit, d​a Gebiete befreit wurden, i​n denen s​ich deutsche Konzentrations- u​nd Vernichtungslager hauptsächlich befanden. Wegen d​er Häufung v​on Berichten über d​ie Hinrichtungsstätten richtete d​ie Sowjetunion Sonderkommissionen ein, d​ie mit d​er Untersuchung d​er deutschen Verbrechen befasst waren. Trotz d​er Bemühungen d​er SS, d​ie Existenz d​er Lager z​u vertuschen, gelang e​s den i​m August u​nd September 1944 tätigen Kommissionen, aufgrund d​er Aussagen Überlebender a​uch bereits unkenntlich gemachte Orte w​ie das Vernichtungslager Sobibor aufzufinden. Sowjetische Journalisten w​ie Wassili Grossman berichteten erstmals i​n den sowjetischen Medien über d​ie ehemaligen deutschen Lager.[189] Die Nachrichten u​nd Untersuchungsergebnisse wurden a​uch an d​ie westlichen Alliierten weitergeleitet. Dies h​atte zur Folge, d​ass die Alliierten a​uf der Konferenz v​on Jalta i​m Februar 1945 n​eben der Entmilitarisierung a​uch die durchgehende „Entnazifizierung“ Deutschlands für d​ie Zeit n​ach ihrem Sieg vereinbarten.

Die Bekanntmachung d​er deutschen Gräueltaten i​n der Sowjetunion h​atte zur Folge, d​ass sich d​ie Wut d​er sowjetischen Soldaten a​uf alles Deutsche weiter verstärkte. Dies führte i​n Kombination m​it der sowjetischen Hasspropaganda z​u den Kriegsverbrechen, d​ie ab Januar 1945 v​on der Roten Armee a​uf deutschem Territorium begangen wurden.[190]

Öffentliche Zurschaustellung gefangener deutscher Soldaten in Moskau

Deutsche Kriegsgefangene am 17. Juli 1944 in Moskau

Um d​as Ausmaß d​es sowjetischen Sieges i​n Belarus d​er Weltöffentlichkeit z​u präsentieren, befahl Stalin, d​ass die während d​er Vernichtung d​er deutschen 4. Armee gefangen genommenen deutschen Soldaten i​n einer Parade d​urch Moskau geführt werden sollten. Der Grund hierfür war, d​ie noch m​it dem Deutschen Reich verbündeten Regierungen Finnlands, Rumäniens u​nd Ungarns z​u einem Seitenwechsel z​u veranlassen u​nd den verbündeten Briten u​nd Amerikanern d​ie Stärke d​er Roten Armee v​or Augen z​u führen.[191][192] Die v​on Stalin befohlene Parade f​and am 17. Juli 1944 statt. 57.000 gefangene deutsche Soldaten wurden i​n zwei getrennten Kolonnen d​urch Moskau getrieben.[193] An d​er Spitze d​er größeren Kolonne marschierten d​ie gefangen genommenen Befehlshaber d​er Heeresgruppe Mitte zusammen m​it weiteren Offizieren u​nd Unteroffizieren. Die Gefangenen wurden beschimpft u​nd zum Teil m​it Gegenständen beworfen.[194] Die z​ur Bewachung abkommandierten sowjetischen Soldaten hatten jedoch strikten Befehl, k​eine Übergriffe d​er aufgebrachten Menge zuzulassen. Da d​ie Gefangenen, d​ie zuvor o​ft tagelang n​icht versorgt worden waren, a​m Abend d​es 16. Juli reichlich Kascha u​nd mit Schmalz bestrichene Brote z​u essen bekommen hatten, litten v​iele von i​hnen während d​es Marsches a​n Durchfall. Entsprechend wurden d​ie Straßen, nachdem d​er Zug d​er Gefangenen d​ie Stadt passiert hatte, m​it Reinigungsmaschinen gesäubert.[195]

Von Moskau a​us wurden große Teile d​er Deutschen i​n Arbeitslager b​ei Karaganda, Kuibyschew, Stalingrad, i​n der Ukraine s​owie bei Tscherepowez verschickt.[196] (→ Liste sowjetischer Kriegsgefangenenlager d​es Zweiten Weltkriegs) Die deutschen Generäle wurden n​ach dem Marsch d​urch die Stadt v​om Rest d​er Gefangenen getrennt u​nd in d​as Moskauer Butyrka-Gefängnis gebracht.[197]

Von d​en etwa 150.000 gefangen genommenen deutschen Soldaten starben schätzungsweise 20 b​is 25 Prozent während d​es Transports i​n die sowjetischen Gefangenenlager. Das i​st im Vergleich z​u anderen Operationen d​es Deutsch-Sowjetischen Krieges e​in besonders h​oher Wert.[198] Diese Verluste s​ind durch allgemeinen Mangel a​n Verpflegung, extreme klimatische Verhältnisse u​nd durch kraftraubende l​ange Fußmärsche verursacht worden.[199] Es existieren i​n heute zugänglichen sowjetischen Akten keinerlei Hinweise darauf, d​ass diese Verluste v​on sowjetischer Seite vorsätzlich herbeigeführt worden sind.[200]

Operation Bagration und das Attentat vom 20. Juli 1944

Der rasche Vormarsch d​er Roten Armee u​nd die i​mmer ungünstiger werdende Lage d​er deutschen Truppen i​n der Normandie w​aren für d​ie Mitglieder d​er Widerstandsgruppe u​m Claus Schenk Graf v​on Stauffenberg schockierend. Der Oberleutnant d​er Reserve Heinrich Graf v​on Lehndorff-Steinort richtete i​m Auftrag v​on Stauffenbergs d​ie Frage a​n Henning v​on Tresckow, o​b ein militärischer Umschwung überhaupt n​och einen praktischen Zweck habe.[201] Von Tresckow, d​er als Stabschef d​er 2. deutschen Armee besser a​ls alle anderen Widerständler über d​ie tatsächliche Lage a​n der deutschen Ostfront Bescheid wusste, antwortete jedoch hierauf:

„Das Attentat m​uss erfolgen, coûte q​ue coûte. Sollte e​s nicht gelingen, s​o muss trotzdem i​n Berlin gehandelt werden. Denn e​s kommt n​icht nur a​uf den praktischen Zweck an, sondern darauf, d​ass die deutsche Widerstandsbewegung v​or der Welt u​nd vor d​er Geschichte d​en entscheidenden Wurf gewagt hat. Alles andere i​st daneben gleichgültig.“

Von Tresckow plante, sofort n​ach dem Gelingen d​es Putsches d​ie deutsche Westfront d​en Truppen d​er Alliierten z​u öffnen. Die dadurch freigewordenen deutschen Einheiten sollten d​ann umgehend a​n die Ostfront verlegt werden, u​m ein weiteres sowjetisches Vordringen n​ach Westen u​nd somit e​ine sowjetische Besatzung Deutschlands z​u verhindern. Gleichzeitig sollten a​uch mit d​er Sowjetunion Verhandlungen über e​inen Waffenstillstand begonnen werden. Nach d​er katastrophalen Niederlage i​n Belarus h​atte das Deutsche Reich jedoch gegenüber d​er Sowjetunion keinen Verhandlungsspielraum mehr, w​enn die v​on Tresckow vorgeschlagenen Maßnahmen n​icht wirksam wurden.

Nicht a​lle Widerständler teilten v​on Tresckows Meinung. Der Generalfeldmarschall Günther v​on Kluge h​atte als Oberbefehlshaber West bereits resigniert u​nd unterstützte d​ie Bestrebungen Tresckows u​nd Georg Boeselagers n​icht mehr, m​it den Alliierten Verhandlungen aufzunehmen.[A 20]

Die Mehrheit d​er Offiziere d​es militärischen Widerstands setzte i​hre Bemühungen fort, u​nd die Vorbereitungen e​ines Attentats a​uf Hitler erreichten e​inen letzten Höhepunkt. Am 18. Juli 1944 begann Philipp Freiherr v​on Boeselager a​uf Weisung seines Bruders Georg m​it der Verlegung v​on sechs Schwadronen d​es Kavallerie-Regiments 31 v​on der deutschen Front i​m östlichen Teil Polens i​n Richtung Berlin.[A 21] Die s​echs Schwadronen erreichten Brest-Litowsk, d​as soeben z​u einem „Festen Platz“ erklärt worden war, u​nd durchquerten o​hne Pause d​ie Stadt. Sie ritten a​uch die Nacht über weiter u​nd erreichten n​ach einer Strecke v​on über 200 Kilometern d​as polnische Dorf Lachówka (Powiat Siemiatycki).[202] Dort erhielten d​ie Schwadronchefs e​inen Hinweis a​uf „einen möglichen Einsatz i​m Reich i​n unter Umständen bürgerkriegsähnlicher Lage“.[203][A 22] Die Einheit sollte n​ach Berlin-Tempelhof geflogen werden. Von d​ort aus sollte s​ie unverzüglich i​n das Reichssicherheitshauptamt u​nd das Propagandaministerium vordringen, u​m dort Heinrich Himmler u​nd Joseph Goebbels festzunehmen u​nd zu liquidieren.[202]

Die Schwadronen bereiteten gerade d​ie Verladung a​uf LKW u​nd einen späteren Lufttransport vor, a​ls die Nachricht v​om Misslingen d​es Attentats a​uf Hitler a​m späten Nachmittag über Radio bekannt wurde. Georg v​on Boeselager u​nd sein Bruder verlegten daraufhin d​ie Schwadronen umgehend a​n die deutsche Ostfront zurück. Diese Bewegungen fielen allerdings niemandem auf, sodass a​llen Beteiligten a​us dem Kreis d​es Kavallerie-Regiments 31 e​ine Untersuchung u​nd Verhaftung d​urch die Geheime Staatspolizei erspart blieb.

Henning v​on Tresckow selbst n​ahm sich, nachdem e​r vom Scheitern d​es Attentats a​uf Hitler erfahren hatte, a​m Morgen d​es 21. Juli a​n der Front b​ei Brest d​as Leben.

Im Gegensatz z​u den wenigen direkt Beteiligten empfand d​ie Mehrheit d​er noch kämpfenden Soldaten d​er Heeresgruppe Mitte d​as Attentat a​uf Hitler a​ls Verrat, d​a man d​en Zeitpunkt aufgrund d​er überaus kritischen Frontlage a​ls denkbar ungünstig ansah.[204] So äußerte s​ich Peter v​on Butler, z​um Zeitpunkt d​es Attentats Verbindungsoffizier für d​ie 14. Panzer-Division i​m Generalstab, i​n einem später gegebenen Interview w​ie folgt: „[…] Meine e​rste Reaktion war: „Um Himmels Willen, j​etzt in dieser Lage e​in Chaos hervorrufen, d​as geht nicht“.“[205] Das Attentat w​urde als „Dolchstoß i​n den Rücken d​er kämpfenden Soldaten“ betrachtet u​nd führte i​n keiner Weise z​u einer Auflehnung d​er Deutschen gegenüber i​hren Vorgesetzten.[204] Die Befehlshaber d​er Wehrmacht begannen d​amit zu rechnen, d​ass es z​u Kämpfen m​it Einheiten d​er Waffen-SS kommen würde, b​is schließlich Nachrichten v​om endgültigen Scheitern d​es Putschversuches eintrafen.[205]

Die Nachricht v​on dem Putschversuch entfachte a​uch neue Aktivitäten d​es NKFD u​nd des BdO. 17 v​on der Roten Armee gefangen genommene deutsche Generäle d​er Heeresgruppe Mitte wandten s​ich unter d​er Federführung d​es durch d​ie Ereignisse i​m Minsker Kessel verbitterten Vincenz Müller i​n einem Aufruf a​n jeden „deutschen General u​nd Offizier“, d​er später a​uch von Generalfeldmarschall Friedrich Paulus unterzeichnet wurde. In diesem Aufruf w​urde gefordert, d​as Regime d​er NSDAP m​it Gewalt z​u stürzen. Tatsächlich w​urde dieser Aufruf a​ber vom deutschen Offizierskorps a​ls ein opportunistischer Versuch d​er daran beteiligten Generäle betrachtet, i​hre eigene Haut z​u retten. Die Wirkung dieses u​nd späterer Aufrufe w​ar aus diesem Grund äußerst gering.[206]

Spätfolgen

Die d​urch die v​on den Deutschen angewandte Taktik d​er verbrannten Erde u​nd sowjetischen Artilleriebeschuss verursachten Zerstörungen i​n Belarus u​nd im Baltikum w​aren enorm. In nahezu a​llen während d​er Operation Bagration umkämpften Städten w​aren über 70 Prozent d​er Häuser unbewohnbar o​der dem Erdboden gleichgemacht worden. Teilweise mussten Städte komplett wieder aufgebaut werden. Dies t​raf insbesondere a​uf Babrujsk, Mahiljou, Wizebsk, Minsk, Brest-Litowsk, Šiauliai u​nd Jelgava zu. Eine Ausnahme hiervon i​st die litauische Hauptstadt Vilnius, d​eren Altstadt bedingt d​urch den polnischen Aufstand a​m 7. Juli 1944 weitgehend intakt blieb.

Während d​er Wiederaufbaumaßnahmen d​er ersten Nachkriegsjahre wurden d​ie Städte i​n Belarus bevorzugt behandelt. Dies bedeutete, d​ass die belarussische Landbevölkerung teilweise n​och bis i​n die 1950er-Jahre hinein i​n provisorischen Erdbehausungen lebte, d​ie noch während d​es Krieges entstanden waren.[207]

Die ehemals ostpolnischen Gebiete wurden n​ach dem sowjetischen Sieg dauerhaft i​n das Territorium v​on Belarus eingegliedert. Die polnische Bevölkerung sollte später vollständig n​ach Westen i​n ehemals deutsche Gebiete deportiert werden. Ein Teil d​er polnischen Bevölkerung verblieb a​ber in Belarus. Ethnische Spannungen zwischen Weißrussen u​nd der polnischen Minderheit i​m Westen v​on Belarus s​ind bis h​eute nicht gelöst u​nd führen derzeit (Februar 2010) n​eben anderen politischen Faktoren z​u einem angespannten Verhältnis zwischen Belarus u​nd Polen.[208]

Bedingt d​urch den massiven Einsatz v​on Landminen d​urch die Wehrmacht w​ie auch d​urch die Rote Armee w​ird Belarus b​is heute (2007) m​it der Räumung undokumentierter Minenfelder a​us der Zeit d​es Zweiten Weltkrieges belastet.[209] Besonders i​n den Regionen u​m Minsk, Witebsk u​nd Gomel, d​ie lange Zeit Frontgebiet waren, besteht b​is heute Minengefahr.[210] Zwischen 1944 u​nd Februar 2006 wurden 6171 Minenunfälle dokumentiert. Dabei verloren 2665 Menschen i​hr Leben.[209]

Sonstiges

Die Operation w​urde vom sowjetischen Oberkommando Stawka n​ach dem Namen d​es Generals Pjotr Iwanowitsch Bagration benannt, d​er in d​er Schlacht v​on Borodino 1812 g​egen die napoleonischen Truppen gefallen war.

Der d​ie Operation Bagration umfassende Zeitraum w​ird in d​er von Percy Ernst Schramm edierten Version d​es Kriegstagebuchs d​es Wehrmachtführungsstabes m​it der Begründung ausgespart, d​ass die Kriegsführung a​uf diesem Schauplatz u​nter der alleinigen Verantwortung v​on Adolf Hitler u​nd dem Generalstab d​es Heeres gelegen habe. Die Unterlagen d​es OKH sollen b​is auf Ausnahmen verloren gegangen sein.[211]

Literatur

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  • Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 8: Riga, Warschau, Vaivara, Kaunas, Płaszów, Kulmhof/Chełmno, Bełżec, Sobibór, Treblinka. C.H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57237-1.
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  • Dietrich von Saucken, Joachim Neumann: 4. Panzer-Division. Divisionsgeschichte, Teil 2: Der Russlandfeldzug von Mai 1943 bis Mai 1945. Selbstverlag, Coburg 1968, bzw. Die 4. Panzer-Division 1943–1945. Bericht und Betrachtung zu den letzten zwei Kriegsjahren im Osten. Selbstverlag, Bonn 1989. (stark erweiterte Neufassung der Divisionsgeschichte von 1968)
  • Percy Ernst Schramm: Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachtführungsstab). Band IV: 1. Januar 1944 – 22. Mai 1945; Bernard & Graefe Verlag für Wehrwesen, Frankfurt am Main 1961.
  • Hermann Gackenholz: Der Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte 1944 in Hans-Adolf Jacobsen, Jürgen Rohwer (Hrsg.): Entscheidungsschlachten des Zweiten Weltkriegs. Bernard und Graefe, Frankfurt am Main 1960. (Gackenholz ist der Verfasser des Kriegstagebuchs der Heeresgruppe Mitte von 1943 bis 1945)
  • Kurt von Tippelskirch: Geschichte des 2. Weltkrieges. 2. Auflage. Athenäum-Verlag, Bonn 1956.
  • Otto Heidkämper: Witebsk. Kampf und Untergang der 3. Panzer-Armee. Vonwinckel, Heidelberg 1954.
  • Adolf Heusinger: Befehl im Widerstreit – Schicksalsstunden der deutschen Armee 1923–1945 Rainer Wunderlich Verlag Hermann Leins Tübingen 1950.
  • Augustin Guillaume: La guerre germano-soviétique 1941–1945. Paris 1949.
  • Hermann Gackenholz: Denkschrift über den Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte. August 1944. In Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Jg. 1955, 3. Heft, S. 317 ff. (Online-Version des Heftes (PDF; 4,8 MB) veröffentlicht vom Institut für Zeitgeschichte.)

Dokumentarfilme

  • Dokumentarreihe Hitlers Krieg im Osten (orig. Titel The War of the Century), Teil 4: Die Vergeltung, Produktion von BBC und NDR, 1996
  • Folge 1944 – Marschall Rokossowski der Dokumentarreihe Historische Chroniken von Nikolai Swanidse, Produktion des Fernsehkanals Rossija 1, 2006, Hauptseite der Dokumentationen (russisch)
Commons: Operation Bagration – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Schwer auffindbare Textpassagen (beispielsweise a​us Solschenizyns umfangreichem Werk Der Archipel Gulag) s​ind vollständig wiedergegeben worden, u​m dem Leser d​ie Suche danach z​u ersparen.

  1. Militär-Enzyklopädisches Wörterbuch. S. 60.
  2. Dunn: Soviet Blitzkrieg: The Battle for White Russia, 1944. S. 2
  3. Hermann Gackenholz: Der Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte 1944. In: Hans-Adolf Jacobsen, Jürgen Rohwer (Hrsg.): Entscheidungsschlachten des Zweiten Weltkrieges. Verlag Bernard & Graefe, Frankfurt/Main 1960, S. 474.
  4. Hermann Gackenholz: Zum Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte Sommer 1944 . In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (VfZ) Jahrgang 3 (1955) Heft 3, S. 317–333. Anmerkung: Gackenholz war Sachbearbeiter für das Kriegstagebuch in der Führungsabteilung des Stabes der Heeresgruppe im Hauptquartier in Ortelsburg. Ihm standen dafür zahlreiche Unterlagen und "die Auskünfte des Chefs des Stabes Generalleutnant Hans Krebs und des I a Oberst i. G. von der Groeben zur Verfügung". In dem Artikel wird auf S. 319–333 dieser Bericht abgedruckt.
  5. Kurt von Tippelskirch: Geschichte des Zweiten Weltkriegs. S. 462.
  6. Gackenholz: Der Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte 1944. S. 451.
  7. Verbrechen der Wehrmacht – Dimensionen des Vernichtungskrieges. (Katalog der Wehrmachtsausstellung), S. 398.
  8. Rass: Menschenmaterial. S. 370, 386–402.
  9. Е. Морозов (Hrsg.): Преступления немецко-фашистских оккупантов в Белоруссии. 1941–1944. S. 142–161.
  10. Ausstellungskatalog Verbrechen der Wehrmacht – Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941–1944. S. 397–428.
  11. Robert W. Stephan: Stalin's Secret War. University Press of Kansas, 2004, ISBN 0-7006-1279-3, S. 148.
  12. Karl-Heinz Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 424–431.
  13. von Tippelskirch: Geschichte des Zweiten Weltkriegs. S. 460.
  14. Ziemke: From Stalingrad to Berlin.
  15. Karl-Heinz Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. S. 527.
  16. Willy Peter Reese, Stefan Schmitz (Hrsg.): „Mir selber seltsam fremd“ – die Unmenschlichkeit des Krieges, Russland 1941–1944. Claasen-Verlag, 2003, ISBN 3-546-00345-4:
    a) siehe S. 248.
  17. Brief eines Schneidermeisters aus Oppeln vom 21. November 1945: „[…] Als ich das letzte Mal [im März 1944] in Urlaub war, wusste ich, wohin ich fahren werde. […] Milek Hans, der mit dem amputierten Arm, war der Einzige, dem ich gesagt habe, dass ich zu den Partisanen fahren werde, denn sonst müsste ich zum Militär und für einen Hitler habe ich und werde ich nie kämpfen. Ich bin nach Kalus gefahren und habe mich von den Kameraden verabschiedet. Auch den Oppelner Kameraden habe ich mein Anliegen gesagt. Ich sollte damals in einer stockfinsteren Nacht nach Lojevze gehen, und benutzte diese Gelegenheit zur Flucht. Ich ging zu meinem russischen Genossen Kulitzki, da war alles schon vorbereitet und nach einigen Tagen gingen wir mit 5 Mann zu den Partisanen. Hier wurde ich ganz groß gefeiert. Hier habe ich versucht, deutsche Kameraden vor dem Tod für den wahnsinnigen Hitler zu retten, aber meine Aktion scheiterte an der Doofheit der Soldaten.“
  18. Rass: Menschenmaterial. S. 307–330.
  19. Dietrich von Saucken, Jochen Neumann: 4. Panzer-Division. Divisionsgeschichte. Bd. 2, S. 354, 355: Eintrag vom 27. Mai 1944: „[…] Erstmals wird im Abschnitt der Division durch das berüchtigte “Nationalkomitee Freies Deutschland” Lautsprecherpropaganda betrieben. Sie bleibt ohne Wirkung, und die Division bezeichnet die Stimmung und Haltung der Truppe, für deren Entspannung und Betreuung das Möglichste getan wird, als sehr erfreulich. Ab 5.5. ist ein Frontkino in Betrieb. Die Einheiten bauen sich Badebunker und Saunas. Gelegentlich spielt sogar die Musik.“
  20. Hans-Georg Gerhardt: Ernährungssituation des deutschen Heeres im 2. Weltkrieg. Inaugural-Diss. Univ. Greifswald 1969.
  21. Rass: Menschenmaterial. S. 354–358.
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  28. Alexander Brakel: Unter Rotem Stern und Hakenkreuz. Baranowicze 1939 bis 1944. Das westliche Weißrussland unter sowjetischer und deutscher Besatzung Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 153.
  29. Peter Duffy, Die Bielski Brüder. Fischer, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-502-18160-8.
  30. Musial: Sowjetische Partisanen in Weißrussland. S. 151.
  31. Musial: Sowjetische Partisanen in Weißrussland. S. 151 ff.
  32. Musial: Sowjetische Partisanen in Weißrussland. S. 221 ff.
  33. Borodziej: The Warsaw Uprising of 1944. S. 50–53.
  34. Musial: Sowjetische Partisanen in Weißrussland. S. 155.
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  36. John A. Armstrong (Hrsg.): „Soviet Partisans in World War II“. S. 543–546.
  37. Ausstellungskatalog Verbrechen der Wehrmacht – Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941–1944. S. 429–460.
  38. PzAOK 3, Ic/AO: Entwicklung der Bandenlage im Bereich der 3. Pz.-Armee während des Monats Mai 1944. 27. Mai 1944, S. 1 (GMDS, PzAOK 3, 62587/12)
  39. Peter Duffy, Die Bielski Brüder. Fischer, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-502-18160-8, S. 255 ff.
  40. Hinze: Ostfrontdrama. Karte S. 182–183.
  41. Glantz: The role of intelligence in soviet Military Strategy in World War II. S. ???
  42. Musial: Sowjetische Partisanen. S. 227–230.
  43. Anton Detlev von Plato: Die Geschichte der 5. Panzer-Division. Walhalla und Praetoria, Regensburg 1978. S. 339.
  44. Pawel Anatoljewitsch Sudoplatow: Spezialoperationen: Lubjanka und Kreml 1930 bis 1950. Moskau 1997, ISBN 5-94849-202-8, Kapitel 6: Aufklärung in den Jahren des Großen Vaterländischen Krieges; „Operationen, die von den Kampfgruppen der Partisanen ausgeführt wurden, gewannen manchmal eine strategische Bedeutung und spielten eine wichtige vorbereitende Rolle durch die Desorganisation rückwärtiger Verbindungen [der deutschen Wehrmacht], beispielsweise bei Beginn unserer Offensive in Weißrussland. Diese Operationen sind unter den Bezeichnungen ‚Eisenbahnkrieg‘ oder ‚Konzert‘ bekannt geworden. Am Vorabend des Angriffs auf Weißrussland traten wir hervor und unterbrachen die Eisenbahnlinien der deutschen Armee, über die diese hauptsächlich ihren Nachschub erhielt.“; orig. Text: «Операции, проведенные боевыми группами партизан, порой приобретали стратегическое значение и сыграли важную роль в дезорганизации тыловых коммуникаций, когда в 1944 году развернулось наше наступление в Белоруссии. Эти операции известны как ‹Рельсовая война›, или ‹Концерт›. В канун нашего наступления в Белоруссии мы вывели из строя основные железнодорожные линии снабжения немецкой армии.» Online-Version
  45. Piekałkiewicz: Der Zweite Weltkrieg. S. 883 (Lizenzausgabe 1986 für Manfred Pawlak-VG GmbH, Band 3, ohne ISBN)
  46. Musial: Sowjetische Partisanen. S. 313.
  47. Ragula: Against the Current. S. 96.
  48. François de Lannoy: La ruée de l'Armée Rouge. Heimdal-Verlag Bayeux 2002, ISBN 2-84048-155-3:
    a) siehe S. 2–3.
    c) Die Zahlenangabe stammt aus diesem Buch.
  49. Gackenholz: Der Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte. S. 445.
  50. Werth: Rußland im Krieg 1941–1945. übers. von Dieter Kiehl, Lizenzausgabe Bertelsmann GmBH Gütersloh 1967, Buch Nr. 6606/12, S. 537
  51. Operation Bagration, Artikel der russischen Zeitung Nesawissimaja Gaseta zum 60. Jahrestag der sowjetischen Offensive vom 23. Juli 2004 (abgerufen am 23. Dezember 2009, russisch)
  52. Falin: Zweite Front: Die Interessenskonflikte der Anti-Hitler-Koalition. S. ???
  53. Winston Churchill: Der Zweite Weltkrieg. Scherz-Verlag Bern 1985, ISBN 3-502-16131-3, Buch 4, S. 688, S. 694, S. 829, S. 844–845, S. 849.
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  56. Wassilewski: Sache des ganzen Lebens. S. 402.
  57. Николай Семенович Конарев: Железнодорожники в Великой Отечественной войне 1941–1945. Транспорт, Москва 1987 (Nikolai Semenowitsch Konarew: Eisenbahner im Großen Vaterländischen Krieg. Transport-Verlag Moskau 1987). online (zuletzt abgerufen am 28. November 2021), Kapitel 9, S. 288ff
  58. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 532.
  59. von Saucken, Neumann: 4. Panzer-Division. Divisionsgeschichte. Bd. 2, S. 354, S. 362.
  60. Merridale: Ivan's War. S. 267.
  61. Merridale: Ivan's War. S. 191, S. 237, S. 271.
  62. Merridale: Ivan's War. S. 272–273.
  63. Merridale: Ivan's War. S. 275.
  64. Glantz: Soviet Military Deception. S. 372–375.
  65. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 517.
  66. Glantz, Orenstein: Belorussia 1944. S. 29.
  67. Glantz: Soviet Military Deception. S. 364, 366.
  68. Tschuikow: Das Ende des Dritten Reiches. S. 15.
  69. Erickson: The Road to Berlin. S. ???
  70. von Saucken, Neumann: 4. Panzer-Division. Divisionsgeschichte. Bd. 2, S. 363.
  71. Rolf Hinze: Der Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte. in Kriegsjahr 1944 – Im Großen und im Kleinen. Franz Steiner Verlag Wiesbaden GmbH Stuttgart.
  72. v.Plato: Geschichte der 5. Panzer-Division. S. 338: Das Gedicht Wetterwende. von Hptm. v. Reden vom 20. Juni 1944.
  73. И. Е. Крупченко, М. Л. Альтговзен, М. П. Дорофеев и др.: Учебник Военная история. воениздат, Москва 1983. (I. E. Kruptschenko (Red.), M. L. Altgowsen, M. P. Dorofeew et al.: Lehrbuch Militärgeschichte. Militärverlag der UdSSR, Moskau 1983.), S. 237.
  74. victory.mil.ru (Memento vom 18. Juli 2012 im Webarchiv archive.today)
  75. Glantz: Soviet Military Deception. S. 360–379.
  76. Baxter: Operation Bagration. S. 119 ff.
  77. Я.М. Ляховецкий: 28 ОГМД в Смоленской, Белорусской, Восточно-Прусской операциях. 2009 Archivlink (Memento vom 7. Juni 2009 im Internet Archive) (Ja.M. Ljachowezki: Die 28. Garde-Mechanisierte Division während der Smolensker, weißrussischen und ostpreußischen Operation. abgerufen am 31. Januar 2010)
  78. Берестов Пётр Филиппович 21.12.1898 – 26.11.1961
  79. ОПЕРАЦИЯ «БАГРАТИОН» ОСВОБОЖДЕНИЕ БЕЛОРУССИИ. Москва ОЛМА-ПРЕСС, 2004, abgerufen am 25. Januar 2015 (ISBN 5-224-04603-3).
  80. Mehner: Die geheimen Tagesberichte der Deutschen Wehrmachtführung im Zweiten Weltkrieg. Bd. 10, S. 284 ff.
  81. Kruptschenko et al.: Lehrbuch Militärgeschichte. S. 236.
  82. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. S. 529.
  83. Г. Ф. Кривошеев, В. М. Андроников, П. Д. Буриков: Гриф секретности снят: Потери Вооруженных Сил СССР в войнах, боевых действиях и военных конфликтах. Воениздат Москва 1993, ISBN 5-203-01400-0 (Grigori Fedotowitsch Kriwoschejew, W. M. Andronikow, P. D. Burikow: Die Lüftung des Geheimnisses. Verluste der Streitkräfte der UdSSR in Kriegen, Kampfhandlungen und in kriegerischen Konflikten. Militärverlag der Russischen Föderation, Moskau 1993. Onlineversion (Memento vom 21. Dezember 2008 im Internet Archive))
  84. Interview des russischen Militärhistorikers Alexei Issajew zum 65. Jahrestag der Offensive bei Radio Echo Moskau vom 17. August 2009 Цена Победы (russisch)
  85. В. О. Дайнес, А. А. Данилевич, В. А. Пронько, О. В. Саксонов, Г. Ф. Чекмарев: История военной стратегии России. Издательство Кучково поле, Полиграфресурсы Москва 2000, ISBN 5-86090-064-3. (W. O. Daines, A. A. Danilewitsch, W. A. Pronko, O. W. Saksonow, G. F. Tschekmarew: Geschichte der russischen Militärstrategie. Kutschkowo pole; Poligrafressursy, Moskau 2000. online), S. 340.
  86. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 533.
  87. Groehler: Geschichte des Luftkriegs 1910 bis 1980. S. 435.
  88. Samuel J. Lewis: German Counterartillery Measures on the Eastern Front in 1944–45: Operation Bagration online (Memento vom 1. Januar 2007 im Internet Archive) (PDF)
  89. Kruptschenko: Lehrbuch Militärgeschichte. S. 237–238.
  90. Steven J. Zaloga: IS-2 Heavy Tank 1944–73. Osprey, Oxford 1994, ISBN 1-85532-396-6, S. 10.
  91. Glantz: Soviet Military Deception. Karten S. 372, 373.
  92. von Tippelskirch: Geschichte des Zweiten Weltkriegs. S. 463.
  93. Dunn: Soviet Blitzkrieg: The Battle for White Russia, 1944. S. 109
  94. Mehner: Die geheimen Tagesberichte der Deutschen Wehrmachtführung im Zweiten Weltkrieg. Bd. 10, S. 295.
  95. Mehner: Die geheimen Tagesberichte der Deutschen Wehrmachtführung im Zweiten Weltkrieg. Bd. 10, S. 300.
  96. Glantz, Orenstein: Belorussia 1944 – The Soviet General Staff Study. S. 85.
  97. siehe Wladimir Karpow: Russland im Krieg 1941–1945. Weltbild, ISBN 3-8289-0578-1.
  98. История 2-й мировой войны 1939–1945. (Geschichte des Zweiten Weltkrieges 1939–1945), Band 9, S. 62.
  99. Glantz, Orenstein: Belorussia 1944. S. 97.
  100. Lannoy: La ruée de l'Armée Rouge. S. 97.
  101. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 547.
  102. Michael Wright (Ed.), John L. Pimlott (Ed.), Duncan Anderson, Neil Ardley et al.: The World at Arms – The Readers Digest Illustrated History of World War II. Reader’s Digest Association Ltd. London 1989, ISBN 0-89577-333-3, S. 337.
  103. Hinze: Ostfrontdrama. S. 420–423.
  104. Christian Zentner: Der Zweite Weltkrieg. S. ???
  105. Janusz Piekałkiewicz: Der Zweite Weltkrieg. S. 884
  106. Werner Pütz, Peter Merten: Krieg und Nationalsozialismus im Bergischen Land: 60 Jahre danach Zeitzeugen erinnern sich. Bücken & Sulzer Verlag, Overath 2005, ISBN 3-936405-25-5, S. 158.
  107. Werner Pütz, Peter Merten: Krieg und Nationalsozialismus im Bergischen Land: 60 Jahre danach Zeitzeugen erinnern sich. Bücken & Sulzer Verlag, Overath 2005, ISBN 3-936405-25-5, S. 156.
  108. Glantz; Belorussia 1944 – the Soviet General Staff Study. S. 104–105.
  109. L. Vinogradova, A. Beevor (Hrsg.): A Writer at War: Vasily Grossman with the Red Army. Pimlico London 2006, ISBN 1-84595-015-1, S. 273.
  110. Hinze: Ostfrontdrama. S. 418, 419.
  111. Alexander Solschenizyn: Der Archipel GuLAG. ISBN 3-499-14196-5:
    Bd. I, Kap. 6, S. 239–240: „Ich schäme mich, wenn ich mich daran erinnere, wie ich damals, während der Erschließung (lies Plünderung) des Kessels von Bobruisk, als ich zwischen den zerschossenen und umgekippten deutschen Kraftwagen, den herrenlosen deutschen Lastgäulen und dem rundherum verstreuten erbeuteten Luxus einherschlenderte, plötzlich jemanden rufen hörte: „Herr Hauptmann! Herr Hauptmann!“ und in einer Niederung, in der deutsche Troßwagen und Autos steckengeblieben waren und das eben erbeutete in Brand gesteckt wurde, den Mann sah, der mich da in reinstem Russisch um Hilfe anflehte, einen Mann in deutschen Uniformhosen, aber nacktem Oberkörper, überall Blut an ihm, im Gesicht, auf der Brust, auf den Schultern, am Rücken – und den Sergeanten vom Sonderdienst hoch zu Rosse, der ihn mit Peitschenhieben und mit der Kruppe seines Pferdes vor sich hertrieb. Er ließ die Knute auf den nackten Leib des Opfers sausen, daß es sich nicht umsah, nicht um Hilfe rief; er trieb den Mann vorwärts und schlug auf ihn ein, immer neue blutige Striemen in seine Haut prügelnd.
    Es war nicht der Punische, nicht der Griechisch-Persische Krieg! Jeder machtbefugte Offizier einer jeden beliebigen Armee hätte der mutwilligen Mißhandlung Einhalt gebieten müssen. Einer jeden beliebigen – ja, bloß auch der unseren? … Bei der Erbarmungslosigkeit und Absolutheit unseres zweipoligen Klassifizierungssystems? (Wer nicht mit uns ist, folglich gegen uns, der falle der Verachtung und Vernichtung anheim.) Kurz gesagt: Ich war ZU FEIGE, den Wlassow-Mann vor dem Sonderdienstler in Schutz zu nehmen, ICH HABE NICHTS GESAGT UND NICHTS GETAN, ICH GING VORBEI, ALS OB ICH NICHT GEHÖRT HÄTTE – damit die allseits geduldete Pest nur ja nicht auf mich übergreife (was, wenn der Mann ein Superbösewicht ist? Was wenn der Sergeant glaubt, ich sei … ? Was wenn … ?). Ja, einfacher noch: Wer die damalige Atmosphäre in unserer Armee kennt – ob sich der Sonderdienstler von einem simplen Hauptmann auch etwas hätte befehlen lassen ?
    Und so wurde ein wehrloser Mensch wie ein Stück Vieh weitergetrieben, und der Mann vom Sonderdienst hörte nicht auf, mit wutverzerrtem Gesicht auf ihn einzupeitschen.
    Dieses Bild ist mir für immer geblieben. Denn es ist beinahe ein Symbol des Archipels und würde bestens auf den Buchumschlag passen.“
  112. Kopelew: Aufbewahren für alle Zeit. S. 44: „Die ersten Hiwis hatte ich im Sommer 1944 in Bjelorussland gesehen. Unsere Soldaten rechneten manchmal eigenmächtig mit ihnen ab, gleich an Ort und Stelle ihrer Gefangennahme: „A-a-a-h, Landsleute, Verräter, zum Teufel mit euch, verfluchte Wlassow-Bande, Hunde!“ Sie hatten noch Glück, wenn sie sofort erschossen oder aufgehängt wurden. Es kam auch vor, daß sie lange gequält und schließlich zu Tode getrampelt wurden.“
  113. 9may.ru
  114. Andrea Gotzes: Krieg und Vernichtung. Sowjetische Zeitzeugen erinnern sich. WBG Darmstadt, 2006, ISBN 978-3-534-18771-3, S. 110.
  115. Glantz, Orenstein: Belorussia 1944. S. 180–181.
  116. von Saucken, Neumann: 4. Panzer-Division. Divisionsgeschichte. Bd. 2, S. 366.
  117. siehe Kampf bis zum Untergang (Memento vom 4. Januar 2008 im Internet Archive)
  118. Gackenholz: Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte. S. 467: „[…] Mit dem Wechsel im Oberbefehl verband sich ein Wandel nicht nur im „Stil“ der Operationsführung, sondern auch im Verhältnis zur obersten Führung. Das Ansehen, das der neue Oberbefehlshaber bei Hitler besaß, machte sich sofort geltend, […] was im Führungstabe der Heeresgruppe mit einer gewissen Verblüffung bemerkt wurde.“
  119. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 552.
  120. v. Plato: Geschichte der 5. Panzer-Division. S. 342.
  121. v. Plato: Geschichte der 5. Panzer-Division. S. 343.
  122. Leichen ermordeter Zivilisten in Borissow, (6. Juli 1944, Fotoarchiv der Gedenkstätte Yadvashem, Signatur 3150/121, Fotograf: F. Kislow)
  123. v. Plato: Geschichte der 5. Panzer-Division. S. 343–348.
  124. von Saucken, Neumann: 4. Panzer-Division. Divisionsgeschichte. Bd. 2, S. 378.
  125. Andrea Gotzes: Krieg und Vernichtung. Sowjetische Zeitzeugen erinnern sich. WBG Darmstadt, 2006, ISBN 978-3-534-18771-3, S. 108.
  126. Peter Joachim Lapp: General bei Hitler und Ulbricht. Vincenz Müller – Eine deutsche Karriere. Links, Berlin 2003, ISBN 3-86153-286-7, S. 138.
  127. Bericht Die Entwicklung der Lage bei der 4. Armee während der russischen Sommeroffensive 1944 und die Vorgänge bei den abgesprengten Verbänden, NARA T-312 R-244, S. 79–95.
  128. von Tippelskirch: Geschichte des Zweiten Weltkriegs. S. 468.
  129. Peter Joachim Lapp: General bei Hitler und Ulbricht. Vincenz Müller – Eine deutsche Karriere. Links, Berlin 2003, ISBN 3-86153-286-7, S. 139.
  130. Gackenholz: Der Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte 1944. S. 471.
  131. Merz: Die 260. Infanterie-Division. S. 128.
  132. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, Karte zwischen S. 556 und 557.
  133. Lapp: General bei Hitler und Ulbricht. Vincenz Müller – Eine deutsche Karriere. S. 140.
  134. Glantz, Orenstein: Belorussia 1944. S. 145.
  135. История 2-й мировой войны 1939–1945. (Geschichte des Zweiten Weltkrieges 1939–1945) Band 9, S. 54.
  136. Lew Kopelew: Aufbewahren für alle Zeit. Steidl, Göttingen 1996, ISBN 3-88243-378-7, S. 66.
  137. Peter Duffy: Die Bielski-Brüder. Die Geschichte dreier Brüder, die in den Wäldern Weißrusslands 1200 Juden vor den Nazis retteten., Scherz-Verlag Frankfurt am Main, 2005, ISBN 3-502-18160-8, S. 267.
  138. Duffy: Die Bielski-Brüder. S. 268.
  139. von Saucken, Neumann: 4. Panzer-Division. Divisionsgeschichte. Bd. 2, S. 363–375.
  140. Hinze: Ostfrontdrama. S. 31.
  141. v.Plato: Geschichte der 5. Panzer-Division. S. 353.
  142. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 560–561.
  143. nach Hinze: Ostfrontdrama. S. 434 ff.
  144. Ullrich: Like a Cliff in the Ocean, S. 239.
  145. Morosow: Atlas der BSSR. S. 46.
  146. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 626–630.
  147. Michail Trofimowitsch Tschwenjawskij, Naratsch, ehemaliger Partisan – in Hinrich Herbert Rüßmeyer – Spurensuche (PDF; 2,3 MB): „Am 4. Juli [1944] kam die sowjetische Armee Richtung Mjadel (belarussisch Мядзел). Die Soldaten der Wehrmacht wollten Mjadel in einem Ring verteidigen. Sie kämpften, bis die Rote Armee kam, mussten dann aber kapitulieren. Nach der Kapitulation mussten sich die Soldaten der Wehrmacht und der Ordnungspolizei in je eine Reihe stellen. Die Soldaten wurden der Roten Armee als Kriegsgefangene übergeben, die Polizisten den Partisanen. [Die Polizisten wurden erschossen.]“
  148. Николай Жуков: В тот день Москва салютовала Вильнюсу. Litauischer Kurier №29 (751) vom 16. Juli 2010, (abgerufen am 16. August 2010).
  149. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 563.
  150. Williamson: German Special Forces of World War II. S. 42.
  151. Hinze: Ostfrontdrama. S. 92.
  152. Borodziej: The Warsaw Uprising of 1944. S. 56.
  153. Heusinger: Befehl im Widerstreit. S. 348–349.
  154. Borodziej: The Warsaw Uprising of 1944. S. 57.
  155. The Doomed Soldiers: Polish Underground Soldiers 1944–1963 – The Untold Story, abgerufen am 20. Mai 2010.
  156. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 567.
  157. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 587.
  158. Stančikas: 16. Litauische Schützendivision. S. 247.
  159. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 565.
  160. Kurze Geschichte von Schirwindt (Memento vom 9. Mai 2010 im Internet Archive)
  161. Herbert Reinoß (Hrsg.): Letzte Tage in Ostpreußen – Erinnerungen an Flucht und Vertreibung. Herbig Verlag München, ISBN 3-7844-2868-1, S. 28–29, 50, 237–238.
  162. von Saucken, Neumann: 4. Panzer-Division. Divisionsgeschichte. Bd. 2, S. 408–430.
  163. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 569.
  164. Borodziej: Der Warschauer Aufstand 1944. (deutsche Ausgabe Fischer, 2001, ISBN 3-10-007806-3), S. 114 f.
  165. Hinze: Ostfrontdrama 1944. S. 400.
  166. Tschuikow: Das Ende des Dritten Reiches. S. 39.
  167. RIA Nowosti-Archiv, Meldungen vom 14. August 1944 (Memento vom 20. Juli 2011 im Internet Archive) (abgerufen am 21. August 2010).
  168. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 648.
  169. Maslow: Fallen Soviet Generals. S. 155.
  170. Norman Davies: Rising '44: The Battle for Warsaw. Pan Books, London 2004, ISBN 0-330-48863-5, S. 253.
  171. Zaloga, Hook: The Polish Army 1939–45. S. 23.
  172. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 585.
  173. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 586.
  174. Konstantin Rokossowski: Soldatenpflicht., Militärverlag der DDR 1971, S. 339–352
  175. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. S. 590.
  176. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. S. 535.
  177. Kriwoschejew: Soviet Casualities and Combat Losses. S. 144.
  178. Baxter: Operation Bagration. S. 107, Angaben der sowjetischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti beliefen sich auf 158.480 Gefangene (Lannoy: La ruée de l'Armée Rouge. S. 158.)
  179. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Krieg. Bd. 8, S. 593–594: 399.102 minus 109.776 minus 9.000 minus 150.000 = 130.326.
  180. Müller: Der letzte deutsche Krieg. 1939–1945. S. 280.
  181. http://9may.ru/28.07.1944/inform/m1026
  182. Sahm: Der Zweite Weltkrieg als Gründungsmythos. S. 43.
  183. Benz, Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors – Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 8, S. 68, 202–203, 227–228, 231.
  184. Морозов (Hrsg.): Преступления немецко-фашистских оккупантов в Белоруссии. 1941–1944. (Morosow (hrsg.): dt. etwa: Die Verbrechen der deutschen faschistischen Invasoren in Weißrussland.), Verlag "Belarus", Minsk 1965, S. 208–211.
  185. Duffy: Die Bielski-Brüder. S. 274.
  186. Duffy: Die Bielski-Brüder. S. 273, 278, 279.
  187. Dean: Collaboration in the Holocaust. S. 154.
  188. http://www.deathcamps.org/occupation/maly%20trostinec_de.html
  189. Василий Семенович Гроссман: Треблинский ад. September 1944, (online)
  190. Lew Kopelew: Und dennoch hoffen: Texte der deutschen Jahre. Hoffmann und Campe, Hamburg 1991, ISBN 3-455-03925-1, S. 112–114.
  191. Frieser: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 8, S. 557.
  192. Erickson: The Road to Berlin. S. 229.
  193. Alexandre Proskouriakov: Das soziale Bewusstsein und die Wahrnehmung des Krieges der deutschen und russischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg im Vergleich am Beispiel der Schlacht um Stalingrad. Dissertation am Fachbereich Geschichte und Soziologie der Universität Konstanz 2003, online (zuletzt abgerufen am 28. November 2021), Anhang V: Bericht von Lawrenti Berija an Stalin vom 17. Juli 1944
  194. Werth: Russland im Krieg. S. 574.
  195. Sergej Lipatow, Walerij Jaremenko: Der Marsch durch Moskau. In: Nesawissimaja Gaseta, 16. Juli 2004.
  196. Böhme: Die deutschen Kriegsgefangenen in sowjetischer Hand – Eine Bilanz. S. 27–29.
  197. Lapp: General bei Hitler und Ulbricht. Vincenz Müller – Eine deutsche Karriere. S. 143.
  198. Wette, Ueberschär: Kriegsverbrechen im 20. Jahrhundert. S. 186.
  199. Böhme: Die deutschen Kriegsgefangenen in sowjetischer Hand – Eine Bilanz. S. 55 f.
  200. Hilger: Deutsche Kriegsgefangene in der Sowjetunion 1941–1956. S. 56.
  201. Klaus Achmann: Lebensbilder aus dem militärischen Widerstand. Mittler & Sohn, Herford 1994, ISBN 3-8132-0456-1, S. 92.
  202. Lisa Erdmann: Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944: Der letzte der Verschwörer. In: Spiegel Online. 14. Dezember 2004, abgerufen am 14. Mai 2020.
    Philipp von Boeselager dazu: „Das war eine wahnsinnige Anstrengung, die Leute pennten im Sattel ein.“
  203. Klaus Achmann: Lebensbilder aus dem militärischen Widerstand. Mittler & Sohn, Herford 1994, ISBN 3-8132-0456-1, S. 94.
  204. Hinze: Ostfrontdrama. S. 16.
  205. Der Spiegel vom 12. November 2007 S. 180: Malte Herwig, Philipp Oehmke: Mir hätte der Mut gefehlt.
  206. Bodo Scheurig: Verräter oder Patrioten. Das Nationalkomitee „Freies Deutschland“ und der Bund Deutscher Offiziere in der Sowjetunion 1943–1945. Propyläen, Berlin, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-549-07234-1, S. 155–157.
  207. Heim-Statt Tschernobyl e.V., Spurensuche und Zeitzeugenbefragung 2004 (PDF; 2,3 MB)
  208. http://www.tagesschau.de:80/ausland/weissrussland112.html (Memento vom 21. Februar 2010 im Internet Archive)
  209. http://archives.the-monitor.org/index.php/publications/display?url=lm/2006/belarus.html
  210. http://archives.the-monitor.org/index.php/publications/display?url=lm/1999/belarus.html
  211. Schramm: Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht. Bd. IVa, S. 856.

Anmerkungen

  1. Im Verlauf der Gesamtoperation Bagration führten Truppen der Roten Armee elf Teiloffensiven aus, die in der russischen Militärgeschichtsschreibung Witebsk-Orscha-Operation, Mogilewer Operation, Bobruisker Operation, Polozker Operation, Minsker Operation, Vilniuser Operation, Schaulener Operation, Białystoker Operation, Lublin-Brester Operation, Kaunasser Operation und Ossowezer Operation genannt werden. Die Einteilung ist hilfreich, um den roten Faden bei mehreren parallel verlaufenden Handlungssträngen nicht zu verlieren, und wird deshalb beibehalten.
  2. Es liegen keine genauen Informationen und Quellen über die Gründe und Ursachen dieser Entscheidung vor.
  3. Die Anzahl der Waffen ist nicht zwangsläufig gleichzusetzen mit der effektiven militärischen Schlagkraft, da im Jahr 1944 keine Automatisierung der Waffensysteme wie zum heutigen Zeitpunkt möglich war. Außerdem müssen die Waffen auch auf dem aktuellen technischen Stand und gut gewartet sein. Zu Beginn des Deutsch-Sowjetischen Krieges hatte die Rote Armee insgesamt etwa 20.000 Panzer zur Verfügung, die zu einem großen Teil schon veraltet waren. Die militärische Schlagkraft dieser riesigen Menge an Panzern war deshalb begrenzt.
  4. Dieser Fakt wurde wenig später nach dem Beginn des Kalten Krieges von den sowjetischen Historikern geleugnet. Angeblich entsprachen die von den Alliierten an die Sowjetunion abgegebenen Güter nur 4 Prozent der sowjetischen Industrieproduktion. (Jeremenko: Als Fälscher entlarvt. S. 102) Tatsächlich lassen sich gerade aus der Zeit der Operation Bagration sehr viele Fotos sowjetischer Infanteristen auf Matilda- und Sherman-Panzern britischer und US-amerikanischer Produktion finden.
  5. Das russische Pseudonym ‚Samogon‘ bedeutet etwa ‚selbstgebrannter Schnaps‘.
  6. Maskirowka ist das russische Wort für den deutschen Begriff Tarnung. Im Gegensatz zu anderen Armeen der damaligen Zeit wurden die Verfahren zur Tarnung in der Roten Armee aufgrund der negativen Erfahrungen der Kriegsjahre 1941 und 1942, als die deutsche Aufklärung zumeist sehr gut über die sowjetischen Truppenbewegungen informiert gewesen war, ständig weiter perfektioniert. Die Tarnung wurde nun als ein eigenständiger operativer Vorgang betrachtet. Um die deutsche Aufklärung in die Irre zu führen, wurden eigenständige Pionierabteilungen eingerichtet, die einen sowjetischen Truppenaufmarsch vortäuschen oder die Spuren von großen Truppenbewegungen verbergen konnten. (siehe Glantz: Soviet Military Deception)
  7. von Tippelskirch: „An der Front der Heeresgruppe Mitte begann sich der Schleier, der über den zukünftigen Absichten der russischen Führung lag, um den 10. Juni zu lichten. […]“ Gemeint ist damit eine Agentenmeldung dieses Datums, in der von einer Großoffensive im Raum Witebsk und Orscha in Richtung Minsk die Rede ist. Diese wird in Erickson erwähnt.
  8. In die Gliederung ist nur der nördliche Flügel der 1. Weißrussischen Front einbezogen. Die 1. Weißrussische Front umfasste wesentlich mehr Armeen als die übrigen Fronten, weil sie für den gesamten Frontbogen vom südöstlichen Weißrussland über die Pripjetsümpfe bis hin zum nordwestukrainischen Kowel zuständig war. Die von der Front zu verteidigende Kampflinie hatte eine Gesamtlänge von über 600 Kilometern. Der südliche Flügel der 1. Weißrussischen Front kam erst während der Lublin-Brester-Operation ab dem 18. Juli 1944 zum Einsatz.
  9. Erste Angriffe fanden bereits am 21. Juni im Bereich der 299. Infanterie-Division statt und waren ein Test der deutschen Widerstandsfähigkeit durch die Rote Armee.
  10. Von Tippelskirch wie auch Gackenholz gehen davon aus, dass diese Staffelung vorgenommen wurde, um eine maximale Anzahl von Luftangriffen in dem jeweils attackierten Abschnitt zu ermöglichen.
  11. Referenziert wird im Artikel die englische Übersetzung Soviet casualties and combat losses in the twentieth century. Greenhill Books, London 1997, ISBN 1-85367-280-7, S. 145.
  12. Andere Quellen geben noch kleinere Zahlen an. In v.Plato, Geschichte der 5. Panzer-Division. S. 338 ist davon die Rede, dass große Teile der Luftflotte 6 inklusive aller Aufklärungsflugzeuge nach Frankreich verlegt worden waren und nur 40 einsatzbereite Jagdflugzeuge zur Verfügung standen.
  13. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde den Offizieren der 4. Panzer-Division von General Gerd Niepold – dem damaligen Ia der deutschen 12. Panzer-Division – der Vorwurf gemacht, dass es falsch gewesen war, die 4. Panzer-Division schon bei Baranowitschi auszuladen. Es wäre besser gewesen, sie bis Stoubzy zu transportieren, weil dadurch möglicherweise noch die Passage bei Stoubzy für die sich zurückziehende 4. Armee hätte offen gehalten werden können. (von Saucken, Neumann: 4. Panzer-Division. Divisionsgeschichte. Bd. 2, S. 378, 379.)
  14. Im Buch von Tippelskirch fehlt die Beschreibung der nachfolgenden Ereignisse, obwohl ihm diese spätestens dann bekannt geworden sein müssen, als er zu Beginn der 1950er-Jahre mit der Erstellung und Recherche seines Buches begann. Auf Vincenz Müller geht er gar nicht ein.
  15. Die Darstellung orientiert sich an der von Peter Joachim Lapp in der Biografie Vincenz Müllers gegebenen Version. Nach der Darstellung Karl-Heinz Friesers in Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Band 8 S. 554, Fußnote 100, die auf dem Inhalt der Berichte von Rückkämpfern der 4. Armee basiert, hat sich Müller am 5. Juli 1944 „mit seinem Stab von der Armee getrennt mit der Absicht sich allein durchzuschlagen. Er legt damit die Führung des Korps nieder.“ Eine weitere Version der Geschichte geben Glantz, Orenstein in Belorussia 1944. S. 145. Laut diesen Autoren hatte Müller mit einer Gruppe von 3000 Soldaten versucht, südwestlich von Dscherschinsk nach Westen vorzudringen. Nach einem kurzen Kampf wurde er von Soldaten des sowjetischen 121. Schützen-Korps gefangen genommen.
  16. Die Baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen waren bis zum Sommer 1940 unabhängig gewesen. Im Zuge der geheimen Absprachen zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion wurde das Baltikum dem sowjetischen Einflussgebiet zugeschlagen und die baltischen Staaten von der Sowjetunion annektiert. Nach sowjetischem Verständnis war das Baltikum im Jahr 1944 demnach ein Bestandteil der Sowjetunion.
  17. Andere Quellen wie der englische Wikipedia-Artikel zur Operation Ostra Brama vom 24. Mai 2008 nennen 30.000 deutsche Soldaten.
  18. Es handelte sich um das Fallschirmjäger-Regiment 16 unter Gerhart Schirmer sowie das Fallschirm-Pionier-Regiment 21.
  19. In die Kampfgruppe wurde auch das nach dem Unternehmen Rösselsprung bereits stark dezimierte SS-Fallschirmjäger-Bataillon 500 eingegliedert.
  20. Generalfeldmarschall Günther von Kluge behinderte diese Bestrebungen aber auch nicht. Er beteiligte sich nur ganz einfach nicht mehr daran.
  21. Die Bezeichnung Schwadron bezieht sich auf eine Einheit in Kompaniestärke. Es wurden also Einheiten in der ungefähren Größenordnung eines Bataillons mit einer Stärke von 1200 Mann aus der Front genommen.
  22. Basierend auf dem in Achmann wiedergegebenen Bericht des damaligen Rittmeisters und späteren Generalmajors Alexander Frevert-Niedermein, der während eines Gesprächs zwischen H. Bühl und Frevert-Niedermein im Juni 1989 in Buschhoven aufgezeichnet wurde.
  23. Es handelt sich um die revidierte Fassung der Ausstellung nach der Beseitigung der im Artikel Wehrmachtsausstellung beschriebenen historischen Fehler.

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