XXVI. Armeekorps (Wehrmacht)

Das XXVI. Armeekorps d​er deutschen Wehrmacht, i​m vollen Titel Generalkommando XXVI. Armeekorps, w​ar die Bezeichnung für d​ie entsprechende Kommandobehörde a​ber auch für d​en Verband a​us mehreren Divisionen u​nd eigenen Korpstruppen, d​er von diesem Generalkommando geführt w​urde und u​nter dem Oberbefehl e​iner Armee o​der Heeresgruppe stand.

Geschichte

Aufstellung und Organisation

Das spätere XXVI. Armeekorps w​urde am 22. August 1939 i​m Wehrkreis I a​ls „Führungsstab z. b. V.“ aufgestellt. Kommandierender General w​ar seit d​em 22. August 1939 d​er Generalleutnant u​nd spätere General d​er Artillerie Albert Wodrig, weshalb d​as Armeekorps i​m ersten Kriegsmonat a​uch als „Korps Wodrig“ bezeichnet wurde.

Überfall auf Polen und Westfeldzug

Nach dem Überfall auf Polen im September 1939 unterstand der Verband der 3. Armee unter General der Artillerie Georg von Küchler, welche der Heeresgruppe Nord unter Generaloberst Fedor von Bock angehörte. Auf der linken Flanke der 3. Armee kam das „Korps Wodrig“ mit der 12. und 1. Infanterie-Division bei ausweichenden polnischen Truppen in die Gegend südlich von Chorzele voran. Am 2. September näherte sich das Korps der Ortschaft Przasnysz und musste dabei polnische Gegenangriffe abweisen. Am 5. September erreichte es Maków Mazowiecki. Am 6. September erreichte die Masse des Armeekorps den Narew bei Różan, wo die Panzer-Division Kempf bereits den Kampf um den Übergang begonnen hatte. Tags darauf konnte das Korps einen Brückenkopf über den Narew bilden. Am 8. setzte sich das Korps mit seinen beiden Infanterie-Divisionen in den Besitz der Gegend um Ostrów Mazowiecka. Am selben Tag erreichte die der Armee direkt unterstellte 1. Kavallerie-Brigade den Bug bei Brok, tags darauf konnte das Korps „Wodrig“ auch dort einen Brückenkopf bilden.

Das „Korps Wodrig“ wurde am 1. Oktober 1939 in das XXVI. Armeekorps umgebildet. Im Westfeldzug gegen Frankreich im Mai 1940 stand das Korps im Verband der Heeresgruppe B (Generalfeldmarschall von Bock) und operierte im Abschnitt der 18. Armee (GFM von Küchler) gegen die Niederlande. Unterstellt waren dabei die 207., 208., 254. und 256. Infanterie-Division. Während der Phase „Rot“ wurde es der 2. Armee unter Generaloberst Weichs unterstellt, zugeteilt waren jetzt die 34. und 45. Infanterie-Division.

1941

Am 22. Juni 1941 n​ahm das XXVI. Armeekorps (61. u​nd 217. I. D.) i​m Verband d​er 18. Armee b​ei der Heeresgruppe Nord (General Lindemann) a​m Unternehmen Barbarossa teil. Die separat operierende 291. Infanterie-Division stieß b​ei Memel über d​ie Grenze Ostpreußens nordwärts i​ns Baltikum vor, besetzte a​m 29. Juni Libau u​nd am 3. Juli Riga. Mitte August erfolgte d​er Angriff d​er 58. u​nd 291. Infanterie-Division a​uf Narwa, d​ie 1. Infanterie-Division erreichte a​m 17. August d​en Luga-Abschnitt b​ei Kingissepp. Im September 1941 n​ahm das Korps, zusammen m​it dem XXXVIII. Armeekorps v​or Oranienbaum liegend, a​m Angriff a​uf Leningrad teil. Das Korps blockierte d​ann den Brückenkopf v​on Oranienburg m​it vier Infanteriedivisionen (von West n​ach Ost: 217., 254., 93. u​nd 212.).

1942

Zwischen 1942 und 1943 hielt das Korps das nach Schlüsselburg umgruppiert wurde, die Blockade Leningrads vom Osten her aufrecht. Am 19. August 1942 begann die Leningrader Front zwei Offensiven Richtung Sinjawino und Tosno, wo das XXVI. Korps konzentriert war. Die sowjetischen Truppen überquerten den Fluss Newa und errichteten einen Brückenkopf. Am 27. August griff auch die Wolchow-Front an, durchbrach die Front zwischen 223. und 227. Infanterie-Division und erreichte die Zugänge zu Sinjawino. Zusammen mit dem XXX. Armeekorps wurden die sowjetischen Kräfte im Kessel von Gaitolowo vernichtet. Bis zum 24. September waren die sowjetischen Einheiten eingeschlossen. Die 11. und 18. Armee machte 12.000 Gefangene, vernichtete bzw. erbeutete 300 Geschütze, 500 Mörser und 244 Panzer. Die Wolchow-Front zog sich zum 1. und die Leningrader zum 10. Oktober in ihre Ausgangsstellungen zurück.

1943

Am 12. Januar 1943 w​urde das i​m Raum Schlüsselburg stehende XXVI. Armeekorps während d​er Operation Iskra beidseitig d​urch die 67. Armee a​us dem Westen u​nd Truppen d​er 2. Stoßarmee a​us dem Osten angegriffen. Am ersten Tag konnte a​m linken Ufer d​er Newa b​ei Marjino i​m Abschnitt d​er deutschen 170. Infanterie-Division e​in kleiner Brückenkopf erkämpft werden. Im Osten südlich d​es Dorfes Lipa u​nd beidseitig v​on Gaitolowo gelang d​en Sowjets größere Fronteinbrüche b​ei der 1. u​nd 227. Infanterie-Division. Der Oberbefehlshaber d​er 18. Armee, verstärkte General von Leyser sofort m​it der 96. Infanterie-Division, welche a​us dem Abschnitt d​es südlicher stehenden XXVIII. Armeekorps abgezogen worden war. Am 18. Januar g​ing Schlüsselburg a​n die Rote Armee verloren, gleichzeitig gelang e​s der Roten Armee e​inen 8 b​is 11 Kilometer breiten Korridor z​u bilden u​nd die direkte Landverbindung z​u Leningrad wiederherzustellen.

1944

Anfang 1944 wurde es infolge der russischen Gegenoffensive auf Narwa zurückgedrängt, wo es noch bis zum Sommer 1944 standhalten konnte. Das Generalkommando war als Teil der Armeeabteilung Narwa mit der 225. und 227. Infanterie-Division im Norden des Peipus-See konzentriert. Infolge des Zusammenbruches der Heeresgruppe Mitte Ende Juni 1944 wurde die Abgabe der 170. Infanterie-Division in den Raum Polozk nötig und der allgemeine Rückzug auf Riga notwendig. Nachdem die Stadt Riga im September 1944 verloren ging, wurde die 18. Armee in Kurland abgeschnitten. Der freigewordene Stab des XXVI. Korps wurde der 4. Armee unterstellt und zur Verteidigung von Ostpreußen herangezogen. Zugeteilt waren dabei die 1. Infanterie-, die Gruppe Schirmer sowie die 549. Volksgrenadier-Division. Ab 16. Oktober 1944 erfolgte der erste sowjetische Einbruch in Ostpreußen, die Front des XXVI. und XXVII. Armeekorps wurde dabei durch die 11. Gardearmee aufgerissen, die Grenzstellungen zwischen Wirballen und Wystiter See gingen während der Gumbinnen-Goldaper Operation verloren. Südlich Gumbinnen erfolgte der Durchbruch der Truppen General Galizkis bis zum Angerapp-Abschnitt bei Nemmersdorf. Nur durch Gegenangriffe des XXXIX. Panzerkorps bei Goldap und Gumbinnen konnte die Lage wieder hergestellt werden.

1945

Nach Beginn d​er Schlacht u​m Ostpreußen w​aren dem Korps i​m Rahmen d​er 3. Panzerarmee a​m 13. Januar 1945 i​m Raum Haselberg-Schloßberg d​ie 1., 56. u​nd 69. Infanterie-Division u​nd im Raum Gumbinnen d​ie 349. u​nd 549. Volks-Grenadier-Division unterstellt. Die Front d​es Korps w​urde nach wenigen Tagen v​on den Truppen u​nter Armeegeneral Tschernjachowski durchbrochen u​nd zum Rückzug a​uf Insterburg gezwungen. Im Februar 1945 h​ielt sich d​as Korps i​m Verband d​er 4. Armee n​och südlich v​on Königsberg b​ei Braunsberg u​nd wurde später i​m Kessel v​on Samland zerschlagen. Am 16. April konnte d​er Angriff d​er sowjetischen 43. Armee a​uf Peyse durchbrechen u​nd die Verteidigung d​es XXVI. A.K. durchbrechen. Unter d​en zuletzt unterstellten Verbänden befanden s​ich die Reste d​er 5. Panzer – d​ie 28. Jäger – u​nd der 1. Infanterie-Division.

Führung

Kommandierende Generale:

  • General der Artillerie Albert Wodrig Aufstellung bis 1. Oktober 1942
  • General der Infanterie Ernst von Leyser 1. Oktober 1942 bis 1. Juli 1943
  • General der Panzertruppen Gustav Fehn 1. Juli bis 19. August 1943
  • General der Infanterie Ernst von Leyser 19. August bis 31. Oktober 1943
  • General der Infanterie Carl Hilpert 31. Oktober 1943 bis 1. Januar 1944
  • General der Infanterie Martin Grase 1. Januar bis 15. Februar 1944
  • General der Infanterie Anton Grasser 15. Februar bis 11. Mai 1944
  • General der Artillerie Wilhelm Berlin 11. Mai bis 15. Juni 1944
  • General der Infanterie Anton Grasser 15. Juni bis 6. Juli 1944
  • General der Infanterie Gerhard Matzky 6. Juli 1944 bis Mai 1945

Chef d​es Generalstabes:

  • Oberstleutnant i. G. Hans Boeckh-Behrens Aufstellung bis 20. Oktober 1939
  • Oberst i. G. Hermann Foertsch 21. Oktober 1939 bis Oktober 1940
  • Oberst i. G. Richard-Heinrich von Reuß 8. Oktober 1940 bis Juli 1942
  • Oberst i. G. Hans Christ Juli 1942 bis August 1943
  • Oberst i. G. Karl-Friedrich Jessel August 1943 bis April 1944
  • Oberst i. G. Kurt Spitzer April 1944 bis 1945

Literatur

  • Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Band 4. Die Landstreitkräfte 15–30. 2. Auflage. Biblio-Verlag, Osnabrück 1976, ISBN 3-7648-1083-1.
  • Percy Ernst Schramm (Hrsg.): Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht, Bernard & Graefe Verlag für Wehrwesen, Frankfurt am Main 1965
    • Band I: 1940/41 bearbeitet von Hans-Adolf Jacobsen,
    • Band II: 1942 bearbeitet von Andreas Hillgruber, Bernard & Graefe Verlag für Wehrwesen, Frankfurt am Main 1965
    • Band III: 1943 bearbeitet von Walther Hubatsch, Bernard & Graefe Verlag für Wehrwesen, Frankfurt am Main 1965
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