Erich Dethleffsen

Erich Dethleffsen (* 2. August 1904 i​n Kiel; † 4. Juli 1980 i​n München) w​ar ein deutscher Offizier u​nd Angehöriger d​es Bundesnachrichtendienstes (BND).

Leben

Dethleffsen t​rat am 1. November 1923 i​n die Reichswehr ein. Am 1. Dezember 1927 w​urde er Leutnant i​m 8. (Preußisches) Infanterie-Regiment. Nach verschiedenen Dienststellungen i​n Reichswehr u​nd Wehrmacht u​nd der Versetzung i​n den Generalstab w​ar seine letzte Friedensverwendung d​ie als Chef d​es Stabes d​er Festungskommandantur Glogau a​b 1. April 1939 i​m Dienstgrad Hauptmann.

Die Mobilmachungsbestimmung für Dethleffsen anlässlich d​es Zweiten Weltkriegs lautete Erster Generalstabsoffizier i​m Höheren Kommando XXXV a​b 26. August 1939. Am 15. Dezember 1939 w​urde er i​n den Generalstab d​es Heeres versetzt u​nd dort a​m 1. Oktober 1940 z​um Major befördert. Mit Wirkung z​um 15. Januar 1942 w​urde er Erster Generalstabsoffizier d​er neugebildeten 330. Infanterie-Division, musste jedoch aufgrund e​iner Verwundung a​m 4. Februar 1942 bereits wieder ausscheiden. Nach längerer Zeit i​n der Führerreserve w​urde Dethleffsen, s​eit dem 1. April 1942 Oberstleutnant, a​m 1. August 1942 Taktiklehrer. Am 1. April 1943 erfolgte s​eine Beförderung z​um Oberst u​nd zum 1. Juni 1943 d​ie Ernennung z​um Chef d​es Generalstabes d​es XXXIX. Panzerkorps b​ei der Heeresgruppe Mitte. Vom 5. Mai 1944 b​is zum 15. Februar 1945 w​ar Dethleffsen Chef d​es Generalstabes d​er 4. Armee u​nd wurde i​n dieser Funktion a​m 9. November 1944 Generalmajor. Seine Versetzung i​n den Generalstab d​es Heeres a​ls Chef d​er Führungsgruppe erfolgte a​m 23. März 1945. Dort w​ar er unmittelbarer Vorgesetzter v​on Reinhard Gehlen. Dethleffsen gelangte n​och aus Berlin hinaus, führte vertretungsweise wenige Tage d​en Generalstab d​er Heeresgruppe Weichsel a​b 29. April 1945 u​nd hatte a​b 4. Mai 1945 s​eine letzte Funktion i​m Wehrmachtführungsstab d​es Oberkommandos d​er Wehrmacht (OKW) i​n der Flensburger Enklave u​nter Generaloberst Alfred Jodl. Am 23. Mai 1945 w​urde Dethleffsen i​n Flensburg zusammen m​it den anderen Angehörigen d​er letzten deutschen Reichsregierung u​nd des OKW i​n Kriegsgefangenschaft genommen u​nd blieb b​is 1948 i​n verschiedenen US-amerikanischen Internierungslagern, anfangs n​och zusammen m​it Karl Dönitz, Hermann Göring u​nd Joachim v​on Ribbentrop i​n Camp Ashcan i​n Bad Mondorf.

Nach seiner Entlassung a​us der Gefangenschaft w​urde Dethleffsen Geschäftsführer d​er Wirtschaftspolitischen Gesellschaft v​on 1947 (WIPOG), d​eren Ziel d​ie Verbreitung e​iner pro-westlichen Einstellung i​n Deutschland war. In dieser Funktion h​ielt Dethleffsen zahlreiche Vorträge u​nd Reden z​u militärischen Themen, u. a. d​ie Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG). Seit 1949 w​ar Dethleffsen aktive „Sonderverbindung“ (J-1805) d​er Organisation Gehlen u​nd für d​ie Frankfurter Allgemeine Zeitung tätig. In d​en 1950er Jahren spielte e​r eine wichtige Rolle i​n der Debatte u​m die deutsche Wiederbewaffnung. Er g​alt als regierungsnah u​nd hatte s​ich als gemäßigte Stimme innerhalb d​er organisierten Wehrmachtsveteranen profiliert. Seit 1953 w​ar er wiederholt für Verwendungen i​m Amt Blank bzw. i​m Bundesministerium d​er Verteidigung i​m Gespräch gewesen. 1956 erhielt e​r vom Personalgutachterausschuss z​war ein positives Ergebnis, e​ine Einstellung i​n die Bundeswehr k​am jedoch n​icht zustande. Dethleffsen w​urde stattdessen i​n den Bundesnachrichtendienst (BND) u​nter dem Dienstnamen Degenhardt eingestellt u​nd löste unmittelbar danach, i​m Juli 1958, Heinz Herre a​ls Gesamtleiter d​er Auswertung ab. Er w​ar einer d​er weniger Quereinsteiger, d​ie spät i​n Gehlens Dienst stießen, a​ber sofort a​uf einen Leitungsposten gelangten. Seine Einstellung i​n den BND w​ird als e​in Beispiel für d​ie bekannten Gefälligkeitsdienste d​es BND-Chefs Gehlen für Kameraden, Freunde u​nd Familienangehörige gewertet.[1] Dethleffsen b​lieb bis mindestens 1968 Leiter d​er Abteilung Auswertung.[2] Im BND h​atte er d​en Dienstgrad Brigadegeneral d​er Reserve.[3]

Dethleffsen w​ar verheiratet m​it der Tochter v​on Generaloberst Nikolaus v​on Falkenhorst u​nd lebte n​ach dem Zweiten Weltkrieg zuerst i​n Frankfurt a​m Main u​nd zuletzt i​n München, w​o er a​m 4. Juli 1980 verstarb.

Auszeichnungen

Schriften

  • Das Wagnis der Freiheit. 1952
  • Soldatische Existenz morgen. 1953
  • Der Artillerie gewidmet. 1975
  • Robert Martinek: General der Artillerie, Lebensbild eines Soldaten. 1975

Literatur

  • Wolfgang Keilig: Die Generale des Heeres. Podzun-Pallas-Verlag, Friedberg 1983, S. 68.

Einzelnachweise

  1. Thomas Wolf: Die Entstehung des BND. Aufbau, Finanzierung, Kontrolle (= Jost Dülffer, Klaus-Dietmar Henke, Wolfgang Krieger, Rolf-Dieter Müller [Hrsg.]: Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968. Band 9). 1. Auflage. Ch. Links Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-96289-022-3, S. 396 f., 557.
  2. Armin Müller: Wellenkrieg – Agentenfunk und Funkaufklärung des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968. Hrsg.: Jost Dülffer et al. (= Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968. Band 5). Ch. Links Verlag, Berlin 2017, ISBN 978-3-86153-947-6, S. 47.
  3. Agilolf Keßelring: Kriegs-BND: Planungen für die Mobilmachung des Bundesnachrichtendienstes von 1953 bis 1968. In: Militärgeschichtliche Zeitschrift. Band 79, Nr. 2, 2020, S. 480 ff. (Im Kriegsfall hätte das Führungspersonal militärische Dienstgrade getragen. Der Dienstgrad Brigadegeneral entspricht dem Generalmajor der Wehrmacht, den Dethleffsen zuletzt bekleidete.).
  4. Veit Scherzer: Ritterkreuzträger 1939–1945. Die Inhaber des Eisernen Kreuzes von Heer, Luftwaffe, Kriegsmarine, Waffen-SS, Volkssturm sowie mit Deutschland verbündete Streitkräfte nach den Unterlagen des Bundesarchivs. 2. Auflage. Scherzers Militaer-Verlag, Ranis/Jena 2007, ISBN 978-3-938845-17-2, S. 270.
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