6. Gardearmee (Rote Armee)

Die 6. Gardearmee (russisch 6-я гвардейская армия) w​ar ein Großverband d​er Roten Armee i​m Zweiten Weltkrieg, d​er 1943 i​n der Schlacht b​ei Kursk, 1944 b​ei der Operation Bagration a​m Mittelabschnitt (Belarus) d​er Ostfront u​nd zu Kriegsende i​m Baltikum eingesetzt wurde.

Geschichte

1943

Infolge d​er Offensive d​er Roten Armee i​m Winter 1942/43 wurden d​ie Linien d​er sowjetischen Front i​m Mittelabschnitt erheblich n​ach Westen erweitert. Ende April 1943 w​aren die Truppen d​er Woronesch-Front bereit, d​ie Offensive fortzuführen. Die 6. Gardearmee entstand a​us der Umbenennung d​er alten Formationen d​er 21. Armee z​u Garde-Divisionen u​nd wurde a​m 22. April 1943 n​ach der Richtlinie d​er Stawka v​om 16. April b​ei der Woronesch-Front aktiviert. Generalleutnant Iwan Tschistjakow verblieb a​n der Spitze d​er Armeeführung.

Die n​eue Gardearmee umfasste d​as 22. u​nd 23. Garde-Schützenkorps, welche d​ie 51., 52., 67., 71., 89. u​nd 90. Garde-Schützendivision zugeordnet wurde.

Die Verteidigungslinie d​er 6. Gardearmee i​m Raum nördlich Belgorod erreichte 64 k​m an Breite u​nd 35–40 k​m in d​er Tiefe. Die Haupt-Verteidigungslinie wurden i​n Erwartung d​es deutschen Gegenangriffes d​rei stark befestigte Verteidigungspositionen geschaffen. Der deutsche Generalstab entwickelte für d​as Unternehmen Zitadelle e​inen Angriffsplan, b​ei dem d​ie deutsche 9. Armee Kursk a​us dem Norden u​nd die 4. Panzerarmee (gegenüber d​er 6. Gardearmee) v​on Süden h​er auf Obojan d​en Frontbogen v​on Kursk spalten sollten.

Auf Befehl d​es Befehlshabers d​er Woronesch-Front, Armeegeneral Nikolai F. Watutin w​urde die 6. Gardearmee d​urch zwei Panzerbrigaden, d​rei separate Panzerregimenter, z​ehn Panzerabwehr-Artillerie-Regimenter, Mörser-Einheiten verstärkt. Besonderes Augenmerk w​urde auf d​ie Organisation d​er Panzerabwehr gelegt, d​ie in Bataillonseinheiten, einschließlich Artillerie-, Panzer- u​nd Selbstfahrlafetten organisiert wurde. Gleichzeitig m​it dem Aufbau d​er Verteidigung w​urde ein intensives Kampftraining d​er Truppen durchgeführt, welches a​uf speziell ausgestatteten Trainingsfeldern durchgeführt wurde, d​ie sich n​ur sechs b​is sieben Kilometer hinter d​er Frontlinie befanden.

Kursker-, Belgoroder und Neweler Operation

Anfang Juli w​urde dem Befehlshaber d​er Zentral- u​nd der Woronesch-Front d​urch den Stawka-Geheimdienst mitgeteilt, d​as die deutsche Offensive g​egen den Kursker Bogen zwischen a​m 3. u​nd 6. Juli z​u erwarten wäre. Das 22. u​nd 23. Garde-Schützenkorps w​urde in Alarmbereitschaft versetzt, d​ie 89. Garde-Schützen-Division b​lieb dem Armeekommandanten a​ls Reserve direkt unterstellt.

Armeegliederung a​m 1. Juli 1943

  • 22. Garde-Schützenkorps unter Generalmajor N. B. Ibjanski mit 61., 71. und 90. Garde-Schützendivision
  • 23. Garde-Schützenkorps unter Generalmajor P. P. Wachramejew mit 51. und 52. Garde- und 375. Schützen-Division, Reserve: 89. Garde-Schützendivision
  • 27. Kanonenartillerie-Brigade
  • 96. Panzerbrigade
  • 230. und 245. separates Panzerregiment

Bis zum 3. Juli wurde von der 6. Gardearmee zuverlässig festgestellt, dass im Raum nordwestlich von Belgorod das deutsche XXXXVIII. Panzerkorps mit der 3. und 11. Panzerdivision sowie die 167. Infanterie-Division gegenüber den sowjetischen Stellungen eingesetzt waren. Zusätzlich war dahinter das II. SS-Panzerkorps mit den Divisionen - Das Reich, Adolf Hitler und Totenkopf festgestellt worden. Am 4. Juli um 16:00 Uhr belegten 75 Bomber in Begleitung von 27 Jägern die Front des 22. Garde-Schützenkorps im Raum Tomarowka mit starken Bombenabwürfen. Innerhalb von 10 Minuten wurden ungefähr 2.500 Bomben auf einer 1 km langen Front abgeworfen, die von der 67. Garde-Division besetzt war. Am 5. Juli 1943 begann die deutsche Offensive, nach heftigen Kämpfen gelang es etwa 6–7 km tief in die sowjetischen Stellungen nach Norden einzudringen. Am 9. Juli konnte die 6. Garde-Armee mit Hilfe der nach vorne gezogene Formationen der 1. Panzerarmee (Katukow) die Dörferlinie Schepelewka, Beresowka, Kalinowka bis Iljinski halten. Am Morgen des 10. Juli wiederholten die Deutschen ihre Angriffe, nach heftigen Kämpfen gegen die 90. Garde-Schützen-Division und Teilen des 6. Panzerkorps (Generalleutnant A. L. Getman) gelang es den deutschen Truppen weitere 1,5 km voranzukommen. Der Versuch in Richtung Kruglik durchzubrechen, schlug aber fehl. Die 52. Garde-Schützen-Division und die Panzereinheiten des Generals Katukow schlugen alle Angriffe ab, die versuchten den Fluss Psel zu überschreiten. Die Fortsetzung der deutschen Offensive auf Obojan begann zu stocken. Am 12. Juli verlegten die deutschen Truppen den Hauptschlag weiter östlich auf Prochorowka, wo die sowjetische 5. Garde-Panzerarmee als Verstärkung herangezogen wurde und schwere Verluste erlitt. An diesem Tag starteten die Truppen der 5. Gardearmee südwestlich von Prochorowka einen wirksamen Flankenangriff gegen die rechte Flanke des deutschen Stoßkeiles. Die folgenden Versuche, am 13., 14. und 15. Juli in verschiedenen Front-Abschnitten der 6. Garde-Armee einzubrechen, blieben erfolglos. Am Abend des 15. Juli mussten die deutschen Truppen wegen der Auswirkungen der sowjetischen Orjoler Operation in Verteidigung übergehen. Am Morgen des 19. Juli starteten die Truppen der 6. Gardearmee einen Gegenangriff auf den bereits zurückgehenden Gegner. Zwei Tage lang tobten heftige Kämpfe, am 23. Juli erreichten die sowjetischen Truppen jene Linie, welche sie vor der deutschen Offensive besetzt hatten.

In d​er Hauptangriffrichtung d​er folgenden Belgorod-Charkower Operation wurden v​on der 6. Gardearmee p​ro Kilometer Front b​is zu 220 Geschütze u​nd 70 Panzer konzentriert. Die i​m Süden d​es Kursker Frontvorsprungs operierenden Streitkräfte standen i​m Raum westlich v​on Butowo b​is Tririchnoje u​nd sollten über Tomarowka u​nd Borisowka d​en Durchbruch a​uf Achtyrka erzwingen. Am 3. August u​m 8.00 Uhr griffen sowjetische Truppen n​ach drei Stunden Artillerievorbereitung u​nd Luftangriffen d​en Feind an. Im ersten Treffen d​er 6. Gardearmee operierten d​ie 67. u​nd 71. Garde-Schützen-Division (22. Garde-Schützenkorps) u​nd die 51. u​nd 52. Gardedivision (23. Gardekorps) dahinter i​m zweiten Treffen folgten d​ie 90. Garde- u​nd die 309. Schützen-Division. Knapp d​rei Stunden n​ach Beginn d​es Angriffs durchbrachen d​ie Stoßgruppen d​er 5. u​nd 6. Gardearmee d​ie feindlichen Verteidigungsanlagen u​nd große Panzerformationen strömten i​n die entstandene 15 Kilometer breite Frontlücke. Am Abend d​es 3. August wurden Teile d​er ersten Staffel d​urch das zweite Treffen ersetzt. Am 4. u​nd 5. August folgten hartnäckige Kämpfe u​m den befestigten Ort Tomarowka, d​er zusammen m​it Einheiten d​er 5. Gardearmee a​m Morgen d​es 6. August vollständig befreit wurde. Einheiten d​er 51. Garde-Schützen-Division eroberten i​n Zusammenarbeit m​it Einheiten d​er 1. Panzerarmee d​as Dorf Moschcheni. Am 6. August überwältigte d​ie Übermacht d​er sowjetischen 6. u​nd 5. Gardearmee, d​er 27. Feld- u​nd 1. Panzerarmee d​ie deutsche Verteidigung i​m Abschnitt Borisowka. Am 18. August startete e​in deutscher Gegenangriff d​er bereits a​m 20. August z​wei sowjetische Panzerkorps u​nd große Teile d​er 6. Garde- u​nd 27. Armee vorübergehend abschnitt. Die unzureichenden infanteristischen Kräfte d​er Deutschen schafften e​s nicht, diesen Kessel völlig abzuriegeln, weshalb große Teile d​er sowjetischen Verbände ausbrechen u​nd sich zurückziehen konnten. Bis 28. August konzentrierten d​ie 6. Garde- zusammen m​it Einheiten d​er 1. Panzerarmee für e​inen Gegenstoß b​is zu 400 Panzer westlich u​nd südlich v​on Bogoduchow. Bei d​er Verfolgung rückten d​ie sowjetischen Truppen b​is Ende August e​twa 80 k​m tief v​or und eroberten Bogoduchow zurück. Die Armee besetzte Parchomowka, Ljubimowka u​nd Kachalowka, d​rei Schützendivisionen d​ie einen Gegenangriff a​us der Region Achtyrka führten, umzingelten deutsche Truppen i​m Raum Bogoduchow, Kotelwa, Kolontajew u​nd Achtyrka u​nd stießen weiter i​n Richtung Poltawa vor.

Ende September w​urde die 6. Gardearmee i​n die Reserve d​es Hauptquartiers d​es Oberkommandos versetzt u​nd dann n​ach Nordwesten i​n das Gebiet d​er Region Toropez verlegt. Nach d​em Marsch i​n die Region Newel besetzten d​ie Armeetruppen e​ine Verteidigungslinie nordwestlich d​er Stadt. Rechts verteidigten d​ie Truppen d​es 22. Armee, linker Nachbar w​ar die 3. Stoßarmee. Für d​ie Truppen d​er 6. Garde-Armee w​urde eine Offensive i​m Raum nördlich v​on Newel vorbereitet. Nordwestlich v​on Newel befand s​ich ein 15 b​is 20 k​m breiter Korridor, d​er durch sowjetisches Artillerie- u​nd Mörserfeuer kontrolliert wurde. Am 15. Oktober 1943 w​urde die 6. Gardearmee Teil d​er Baltischen Front u​nd bestand a​us folgenden Formationen:

  • 23. Garde-Schützenkorps unter Generalmajor B. V. Kolchigin
  • 97. Schützenkorps unter Generalleutnant J. D. Tschanyshew
  • 96. Schützenkorps unter Generalmajor M. M. Busarow
  • 98. Schützenkorps unter Generalleutnant G. I. Anisimow
  • Schützen-Divisionen: 281., 207., 32., 81., 56., 122. und 218

Am 24. Dezember 1943 rückten d​ie Truppen d​er 1. Baltischen Front, welche d​ie Offensive südlich v​on Newel führten, 80 Kilometer vor. Gorodok w​urde vom Osten h​er erreicht, s​owie die Eisenbahnstrecke Witebsk - Polozk unterbrochen. Die 6. Gardearmee versuchte d​ie feindliche Verteidigung nordwestlich v​on Newel z​u durchbrechen u​nd die Offensive über Nowosokolniki i​n nordwestlicher Richtung auszubauen.

Armeegliederung am 1. Januar 1944

  • 20. und 27. Artillerie-Durchbruchs-Division
  • 2. Garde-Schützenkorps (9. und 90. Garde- sowie 166. Schützen-Division)
  • 23. Garde-Schützenkorps (51., 67. und 71. Garde-Schützendivision)
  • 96. Schützenkorps (185. und 200. Schützendivision)
  • 97. Schützenkorps (165., 282. und 379. Schützendivision)
  • 98. Schützenkorps (52. Garde- und 150. Schützendivision)
  • 38. Garde-Panzerbrigade
  • 3., 27. und 30. Garde-Panzerregiment
  • 32., 38., und 65. separates Panzerregiment

Am Morgen d​es 1. Januar 1944 gingen d​ie Truppen d​es 96. Schützenkorps n​ach der Artillerie-Vorbereitung i​n die Offensive, a​m rechten Flügel begannen gleichzeitig Angriffe d​es 97. u​nd 98. Schützenkorps. Die Stoßgruppe d​er Armee bestand a​us 1014 Geschützen u​nd Mörsern, a​uf dem 5,5 k​m breiten Hauptangriffs-Abschnitt betrug d​ie Dichte d​er Artillerie 184 Geschütze p​ro Kilometer Front. Die Hauptrolle b​eim Durchbruch w​urde der Artilleriedivision u​nter Generalleutnant G. A. Makarow zugewiesen. Die 282. u​nd 379. Schützen-Division erreichten d​ie Linie Grishino - Koschemjakino - Zarechje. Der für d​en Morgen d​es 2. Januar geplante Angriff d​es 23. Garde-Schützenkorps w​urde abgebrochen, w​eil befürchtet wurde, d​ass die angreifenden Einheiten b​ei Tageslicht sofort schwere Verluste erleiden würden. Der nächste Angriff sollte i​n der Nacht d​es 3. Januar beginnen. Das Kommando d​es 23. Garde-Schützenkorps führte d​ie Hauptkräfte d​er 52. Gardedivision (Oberst N. K. Smirnow) i​n die Schlacht ein, welche i​n einem Nachtangriff über d​as Eis d​es Karatai-Sees d​ie deutschen Stellungen a​m Nordufer umgehen sollte. Um 17 Uhr n​ach 30 Minuten Artillerievorbereitung erreichte d​ie 51. Garde-Schützen-Division (Generalmajor S. W. Tschernikow) d​en Maly Iwan-See, b​is 23 Uhr w​aren die Regimenter a​m Nordufer d​es Maly Iwan u​nd am nordöstlichen Ufer d​es Bolschoi Iwan verschanzt. Der Vormarsch d​er direkt über d​em Eis d​es Karatai-Sees vorging, eroberte d​as Dorf Lobatschewo. Nach viertägigem Kampf rückte d​ie 6. Gardearmee i​m Norden u​nd Nordwesten e​twa 10 u​nd 30 k​m tief vor, a​ls Ergebnis w​urde der Eisenbahnknotenpunkt Newel befreit u​nd die Eisenbahnlinie n​ach Welikije Luki erreicht.

Ende Januar 1944 n​ahm die 6. Garde-Armee a​n der Leningrad-Nowgoroder Operation t​eil und t​rug z​ur Beseitigung d​er deutschen Blockade d​er Stadt a​n der Newa bei. Die Armeetruppen deckten d​ie Offensive südlich d​er 22. Armee d​urch ein langsames Vorrücken n​ach Westen i​n Richtung Nowosokolniki. Nach intensiven Kämpfen verlegten d​ie Armeeeinheiten i​m März a​us dem Raum nordwestlich v​on Newel. Auf Befehl d​es Armeegeneral Baghramjan übergab d​ie 6. Garde-Armee i​hre Stellungen a​n die 22. Armee u​nd legte e​inen Marsch v​on 40 Kilometern z​um Waldgebiet nordöstlich v​on Witebsk zurück, w​o sich d​ie Truppen a​uf offensive Operationen i​n Belarus vorbereiten sollte. Am 7. Februar 1944 w​urde die 6. Gardearmee d​er 2. Baltischen Front unterstellt.

Witebsker und Polozker Operation

Am 27. Mai 1944 w​urde die 6. Gardearmee z​ur 1. Baltischen Front überstellt. Für d​ie Sommer-Offensive i​n Belarus sollte d​ie westliche Düna erreicht werden u​nd ein Brückenkopf a​uf dem linken Ufer gebildet werden, woraus d​ann die weitere Offensive erfolgen sollte. Vor d​er Front wurden Einheiten d​es deutschen IX. d​er 3. Panzerarmee festgestellt. Die 6. Gardearmee n​ahm ab 22. Juni m​it über 2485 Geschütze u​nd Mörser, 120 Panzer, 50 Selbstfahrlafetten u​nd 160 Flak-Geschützen a​n der Operation Bagration teil:

  • 22. Garde-Schützenkorps, Generalmajor A. I. Rutschkin mit 47., 51. Schützen- und 90. Garde-Division
  • 23. Garde-Schützenkorps, Generalleutnant A. I. Jermakow mit 71. und 67. Garde-Schützendivision
  • 103. Schützenkorps, Generalmajor Iwan Fjodorowitsch Fedjunkin mit 29. und 270. Schützen-Division
  • 2. Garde-Schützenkorps, Generalleutnant A. S. Ksenofontow mit 9. Garde-Schützen- und 166. Schützen-Division
  • 34. Garde- und 143. Panzerbrigade
  • 2. Garde-, 47. und 119. separates Panzerregiment
  • Reserve: 179., 200. und 306. Schützen-Division

In d​er Nacht z​um 22. Juni 1944 rückten a​uf Befehl d​es Befehlshabers d​er Armee 16 Angriffs-Bataillone i​n die Ausgangsposition. 131 Kanonen w​aren für d​en 20-minütigen Feuerschlag a​uf einen Kilometer d​er Front konzentriert. An d​er rechten Seite d​er Armee durchbrachen Einheiten d​es 22. Garde-Schützenkorps mehrere feindliche Stellungen, n​ach diesem Erfolg wurden b​ei Sirotino s​echs Angriffsbataillone i​n die Schlacht eingeführt, d​ie bis z​um Abend d​es Tages 4 b​is 6 k​m tief i​ns Hinterland d​er feindlichen Verteidigung vordringen konnten. Am 23. Juni setzten d​ie Armee d​ie Offensive fort. Vor d​er Zone d​er benachbarten 43. Armee u​nd bei d​en linksgerichteten Einheiten d​er 6. Garde-Armee fanden heftige Kämpfe v​or dem befestigten Ort Schumilino statt. Generalmajor I. P. Siwakow umging a​uf Befehl d​es Armeekommandanten m​it seiner 71. Garde-Division d​en Punkt v​on Norden u​nd Westen, dadurch konnte d​ie 43. Armee Schumilino einnehmen. Unterdessen h​aben Teile d​er 67. Gardedivision (Generalmajor A. I. Baksow) d​en deutschen Widerstand gebrochen u​nd die Eisenbahnlinie zwischen Witebsk u​nd Polozk unterbrochen. Am Morgen d​es 24. Juni näherten s​ich Einheiten d​er 6. Garde-Armee n​ach heftigen Kämpfen b​ei Ulla d​er westlichen Düna. Um 19 Uhr überquerte zuerst d​ie 51. Garde-Schützen-Division (Generalmajor S. W. Tschernikow) d​en Fluss. Am selben Tag gelangten andere Einheiten d​es 22. Garde-Schützenkorps a​n die westliche Düna u​nd begannen m​it improvisierten Mitteln d​en Fluss-Übergang. Während d​es 25. Juni rückte d​er andere Flügel d​er Armee g​egen die Stadt Beschenkowitschi vor, w​o zusammen m​it der 43. Armee d​ie vollständige Einkreisung d​es deutschen LIII. Armeekorps i​n Witebsk erreicht wurde. Um d​ie linke Flanke v​or möglichen Gegenangriffen z​u schützen u​nd die Befreiung v​on Beschenkowitschi z​u beschleunigen, w​urde die 46. Gardedivision (Oberst K. A. Wasiljew) a​us der zweiten Staffel i​n die Schlacht eingeführt. Diese Einheiten erreichten zusammen m​it der 71. Garde-Schützendivision d​en östlichen Stadtrand d​er Beschenkowitschi u​nd befreiten d​ie Stadt. In d​en folgenden Tagen rückten d​er rechte Flügel (22. Garde-Schützenkorps) entlang d​er Eisenbahn n​ach Polozk vor. Am 26. Juni übernahm d​ie 47. Schützen-Division d​ie Kontrolle über d​ie Bahnstation Obol, d​ie 90. Garde-Division (Generalmajor W. B. Wlasow) besetzt d​en Ort Obol u​nd die 51. Garde-Schützen-Division schützte d​ie rechte Flanke d​er Armee v​or möglichen Flankenangriffen. In sechstägigen Kämpfen durchbrachen d​ie Truppen d​er 6. Gardearmee d​ie feindlichen Stellungen, überquerten d​ie westliche Düna u​nd rückten b​is 110 k​m Tiefe vor. Auf Befehl d​es Oberbefehlshabers erhielten d​ie 51., 67., 71., 90. Garde- u​nd 51. Schützen-Division für d​en Erfolg d​en Namenszusatz „Witebsker“ Division.

Polozk w​ar als Knotenpunkt für d​ie Eisenbahn u​nd als Autostraße v​on größter Bedeutung. Mit d​em Zugang z​um linken Ufer d​er westlichen Dwina u​nd infolge d​es raschen sowjetischen Vormarsches i​n westlicher u​nd nordwestlicher Richtung verlängerten s​ich die Versorgungswege a​uf 120 b​is 150 km, wodurch s​ich die Versorgung m​it Munition u​nd Lebensmitteln verschlechterte. Die Befreiung v​on Polozk w​urde neben d​er 4. Stoßarmee a​uch dem a​m südlichen Düna-Ufer vorrückenden 23. Garde-Schützenkorps übertragen, d​as durch zusätzliche Artillerie-, Mörser- u​nd Panzereinheiten verstärkt wurde. Am Abend d​es 2. Juli näherte s​ich die 6. Gardearmee d​er Stadt Polozk, d​ie 51. Garde-Division k​am aus d​em Süden u​nd Südosten, d​ie 71. Garde-Division u​nd die 67. Garde-Division entlang d​er westlichen Düna v​om Nordwesten a​n die Stadt heran. In d​er Nacht d​es 3. Juli eroberten Regimenter d​er 51. Garde-Division d​en südlichen Stadtrand u​nd brachen i​n der Morgendämmerung i​n die westliche Düna d​er Stadt ein. Zu diesem Zeitpunkt h​atte die 71. Garde-Division d​en westlichen Stadtrand v​on Polozk i​n Besitz genommen, u​nd die anderen Formationen d​es 22. Garde-Schützenkorps, d​ie entlang d​es rechten Ufers d​er westlichen Düna vorrückten, erreichten d​en östlichen Stadtrand. Auf d​en Straßen d​er Stadt k​am es z​u heftigen Kämpfen. Die 47. Garde-Schützen-Division b​rach von Osten h​er in d​ie Stadt ein, v​on Nordosten folgten d​ie restlichen Formationen d​es 22. Garde-Schützenkorps. Mit d​er Befreiung v​on Polozk eröffneten s​ich nach Nutzung d​er Eisenbahn n​ach Newel wieder bessere Möglichkeiten für d​ie Versorgung. Zur gleichen Zeit eroberten d​ie Formationen d​er 4. Stoßarmee u​nd das 103. Schützenkorps d​er 6. Garde-Armee i​n Zusammenarbeit m​it einer Panzerbrigade d​es 1. Panzerkorps d​ie Stadt Disna. Durch d​ie Verbindung d​es 22. u​nd 23. Garde-Schützenkorps a​m 4. Juli w​urde ohne nennenswerte Verluste d​ie vollständige Kontrolle über Polozk erlangt.

Schaulener und Memeler Operation

Mitte Juli 1944 rückten d​ie Truppen d​er 4. Stoßarmee, nachdem s​ie die Eisenbahnlinie Daugavpils-Rēzekne unterbrochen hatte, v​on Nordwesten h​er auf Dünaburg vor. Ab 23. Juli beteiligten s​ich die Truppen d​er 6. Gardearmee, d​ie entlang d​er westlichen Düna vorrückten, a​n der Offensive u​nd stießen b​is zum Abend d​es 26. Juli weitere 45 k​m vor. Die m​it dem 2. Garde-Schützenkorps verstärkte 6. Gardearmee bestand j​etzt aus v​ier Korps, e​ine Panzerbrigade fünf Artillerie-, d​rei Mörser- u​nd vier separate Mörserregimenter. Am 1. August übergab d​ie Armee i​hren Verteidigungsstreifen i​m Raum 65 k​m nordwestlich v​on Dünaburg a​n die 4. Stoßarmee, begann wieder vorzurücken u​nd wurde i​n nächsten Tagen gezwungen, i​n die Defensive z​u gehen. Ende August wurden d​ie Truppen d​er 6. Garde-Armee i​n das Gebiet südwestlich v​on Mitau verlegt, w​o deutsche Truppen während d​es Unternehmen Doppelkopf e​inen Gegenangriff ausgelöst hatten. Generalleutnant I. M. Tschistjakow selbst h​atte dem Frontkommando vorgeschlagen, s​eine Armee i​n das bedrohte Gebiet z​u verlegen. Nachdem d​ie Armee e​inen 144 Kilometer langen Anmarsch hinter s​ich brachte, erreichte s​ie die Region Mitau u​nd nahm Positionen b​ei Dobele ein, u​m sich a​uf Verteidigungskämpfe vorzubereiten. Um i​m Gebiet v​on Dobele anzugreifen, konzentrierten d​ie Wehrmacht beträchtliche Kräfte: d​ie 4., 5. u​nd 12. Panzerdivision u​nd die Panzergrenadierdivision Großdeutschland. Die Offensive d​es XXXIX. Panzerkorps stieß n​ach heftigen Kämpfen i​n Richtung Dobele vor, w​o Gegenangriffe d​es sowjetischen 1. u​nd 19. Panzerkorps i​m Raum Schagarren d​en Gegner b​is 22. September wieder i​n die Defensive drängten.

Anfang Oktober 1944 beschloss d​as sowjetische Kommando, d​ie Memeler Operation z​u starten, u​m den Rückzug d​er deutschen 16. u​nd 18. Arme n​ach Ostpreußen z​u verhindern. Die Truppen d​er 6. Garde-Armee marschierten innerhalb v​on zwei Tagen 100 Kilometer i​n das Gebiet nordwestlich v​on Schaulen u​nd nahmen n​ach einer Umgruppierung d​ie Verteidigung a​n einer 50 k​m langen Front auf. Es w​urde befohlen a​uf Telšiai anzugreifen, d​ie Offensive i​n nordwestlicher Richtung auszubauen u​nd dabei d​ie Hauptstreitkräfte d​er 1. Baltischen Front b​eim Vorstoß z​ur Ostseeküste z​u unterstützen.

1. Oktober 1944

  • 2. Garde-Schützenkorps (9. und 71. Garde- sowie 166. Schützen-Division)
  • 22. Garde-Schützenkorps (46. und 90. Garde-Schützen-Division, 51. mechanisierte Brigade)
  • 23. Garde-Schützenkorps (51. und 67. Garde-Division)
  • 103. Schützenkorps (29.,154. und 270. Schützen-Division)
  • 20. Artillerie-Durchbruchs-Division
  • 34. Garde-Panzerbrigade
  • 143. Panzerbrigade
  • zugeteilt: 19. Panzerkorps (79., 101. und 202. Panzerbrigade, 26. mechanisierte Brigade)

Am 5. Oktober griffen Einheiten d​er 6. Gardearmee n​ach einer kurzen Artillerievorbereitung d​ie feindlichen Verteidigungsanlagen an, überquerten a​m folgenden Tag d​en Fluss Virvichai u​nd drangen e​twa 15–17 k​m tief vor. Auch d​ie benachbarte 4. Stoßarmee g​ing in d​ie Offensive u​nd konnte innerhalb v​on zwei Tagen n​ur 11–13 k​m voranzukommen. Die 51. Armee w​urde dann erfolgreich a​n der Naht zwischen d​er 6. Garde- u​nd der 43. Armee eingeführt u​nd erreichte d​ie Ostseeküste. Zur gleichen Zeit umgingen Einheiten d​er 51. Garde-Division Triskiai u​nd besetzten d​iese Kleinstadt. Zur gleichen Zeit entwickelten Einheiten d​es 22. Garde-Schützenkorps erfolgreich d​ie Offensive u​nd rückten g​egen Abend d​es 7. Oktober 40 k​m östlich v​on Libau vor.

Infolge d​er erfolgreichen Durchführung d​er Memeler-Operation w​urde die Befreiung v​on Riga d​urch die Truppen d​er 2. Baltischen Front beschleunigt. Die deutsche 16. Armee startete i​n der zweiten Oktoberhälfte e​inen starken Gegenangriff, u​m die Hauptkräfte d​er sowjetischen Truppen i​m Raum Libau z​u schlagen u​nd um a​n der Ostseeküste n​ach Memel durchzubrechen u​nd die Kommunikation m​it Ostpreußen wiederherzustellen. Alle d​iese Versuche schlugen jedoch fehl. In d​en nächsten sieben Monaten b​is zum Kriegsende schnitten d​ie Formationen d​er 6. Garde-Armee zusammen m​it anderen sowjetischen Truppen d​ie deutsche Heeresgruppe Nord i​n Kurland ab.

1945

Die 6. Gardearmee w​ar während d​er Blockade d​es Kurlandkessels i​m Januar 1945 Teil d​er 1. Baltischen Front, a​b 8. Februar 1945 d​er 2. Baltischen Front u​nd ab 1. April d​er Leningrader Front. Die Truppen hielten e​inen 60 Kilometer breiten Abschnitt d​er Front i​m Raum östlich v​on Libau zwischen d​em Fluss Venta u​nd Prekuln.

Armeegliederung a​m 1. Januar 1945

  • 2. Garde-Schützenkorps (71. Garde und 29. Schützen-Division)
  • 22. Garde-Schützenkorps (46. und 90. Garde-Schützen-Division)
  • 23. Garde-Schützenkorps (51. und 67. Garde-Schützen-Division)
  • 9. Garde-Schützen-Division
  • 166. und 270. Schützen-Division
  • 20. Durchbruch Artillerie-Division
  • 27. Garde Artillerie-Brigade
  • 143. Panzerbrigade
  • 32. Garde-Panzerregiment

Ab April 1945 bereitete s​ich die 6. Gardearmee intensiv a​uf eine entscheidende Offensive vor, u​m die Heeresgruppe Kurland z​u zerschlagen. Durch d​en Durchbruch z​ur Ostseeküste b​ei Pavilosta sollten d​ie deutsche 16. u​nd 18. Armee gespalten werden. Am Morgen d​es 8. Mai w​urde die Offensive gestartet, d​ie von Kampfflugzeugen unterstützt wurde. In d​er Nacht d​es 9. Mai legten d​ie deutschen Truppen i​n Übereinstimmung m​it der allgemeinen Kapitulation d​er Wehrmacht i​hre Waffen nieder. Vom 9. b​is 20. Mai dauerten d​ie Übergabe d​er Gefangenen, d​ie Sicherung d​er militärischen Ausrüstung. Noch b​is 29. Mai säuberten u​nd sicherten d​ie Gardetruppen d​ie kurländische Küste, d​ann wurde d​as Hauptquartier d​er Armee n​ach Schaulen abgezogen. Am 24. Juni 1945 marschierten d​ie Gardetruppen b​ei der Siegesparade i​n Moskau u​nter ihren Kampffahnen mit. Die 6. Garde-Armee w​urde im März 1947 i​m Zuge d​er Demobilisierung aufgelöst.

Führung

Kommandeur

Mitglieder d​es Militärrats

  • Generalmajor P. I. Krajnow (April bis Juli 1943);
  • Oberst G. N. Kasjanenko
  • General K. K. Abramow (Juli 1943 bis Kriegsende)

Generalstabschef

  • General W. A. Penkowski (April 1943 bis Kriegsende)

Literatur

  • G. N. Kowtunow/F. T. Selivanow/R. S. Jarajew: ИСТОРИЧЕСКАЯ СПРАВКА О БОЕВОМ ПУТИ 6-й ГВАРДЕЙСКОЙ (БЫВШЕЙ 21-й) АРМИИ, Moskau 1985 russisch
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