Philippe Pétain

Henri Philippe Benoni Omer Joseph Pétain (* 24. April 1856 i​n Cauchy-à-la-Tour, Département Pas-de-Calais; † 23. Juli 1951 i​n Port-Joinville, Île d’Yeu, Département Vendée) w​ar ein französischer Militär, Diplomat u​nd Politiker. Von 1940 b​is 1944 s​tand er a​ls Staatschef d​em autoritären État français (Vichy-Regime) vor.

Philippe Pétain (1941)
Pétains Unterschrift
Persönliche Standarte des Staatschefs von Vichy

Während d​es Ersten Weltkriegs avancierte Pétain aufgrund seiner Abwehrerfolge i​n der Schlacht u​m Verdun z​um gefeierten Nationalhelden („Held v​on Verdun“) u​nd wurde 1917 Oberbefehlshaber d​er französischen Armee. In d​er Zwischenkriegszeit prägte e​r als einflussreicher Marschall v​on Frankreich s​owie in verschiedenen militärischen Ämtern d​ie Verteidigungsdoktrin seines Landes entscheidend mit.

Im Verlauf d​er sich abzeichnenden französischen Niederlage g​egen das nationalsozialistische Deutsche Reich w​urde Pétain a​m 16. Juni 1940 letzter Regierungschef d​er Dritten Republik u​nd erwirkte d​en Waffenstillstand v​on Compiègne. Anschließend übernahm e​r von 1940 b​is 1944 a​ls Chef d​e l’État (Staatschef) m​it nahezu absoluten Vollmachten d​ie Führung d​es mit d​em Reich kollaborierenden État français i​n Vichy u​nd proklamierte i​n der Révolution Nationale d​en Bruch d​es republikanisch-demokratischen Prinzips i​n Frankreich. Mit d​em politischen Aufstieg Pierre Lavals büßte Pétain s​eine unumschränkte Machtstellung a​b 1942 ein.

Wegen d​er Kollaboration w​urde Pétain 1945 z​um Tode verurteilt. Die Strafe w​urde jedoch i​n eine lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt.

Herkunft und frühe Jahre

Henri Philippe Benoni Omer Joseph Pétain w​urde am 24. April 1856 a​uf dem elterlichen Bauernhof i​n Cauchy-à-la-Tour geboren.[1] Er w​ar der einzige Sohn d​es Omer-Venant Pétain (1816–1888) u​nd dessen Ehefrau Clotilde geb. Legrand (1824–1857) u​nd hatte m​it Marie-Françoise (1852–1950), Adélaïde (1853–1919) u​nd Sara (1854–1940) d​rei ältere Schwestern.[2][3] Sein Vater w​ar ein einfacher, alteingesessener Bauer a​us dem nordfranzösischen Kohlerevier, d​er den Familienbesitz v​on zehn Hektar Ackerland bestellte.[4] Nach d​er Geburt d​er Tochter Joséphine (1857–1862) i​m Oktober 1857 verstarb d​ie Mutter i​m Wochenbett, weshalb d​er Vater 1859 erneut heiratete u​nd drei weitere Nachkommen bekam. Als Folge d​er Vernachlässigung d​urch die Stiefmutter, wuchsen d​er als s​till beschriebene Philippe u​nd zwei seiner Schwestern i​m Haushalt i​hrer streng religiösen Großmutter auf.[5]

Prägender Einfluss a​uf den jungen Pétain w​ird seinem Onkel, Abbé Jean-Baptiste Legrand, zugeschrieben („Mein lieber Neffe! Ich wünsche m​ir nur eins, d​ass es i​n meiner Familie i​mmer Männer g​eben möge, d​ie das Kreuz tragen – u​nd das Schwert.“).[6] Der Onkel w​ar Pfarrer d​er Kirchengemeinde Bomy[7] u​nd dessen Fürsprache ermöglichte d​em elfjährigen Pétain a​b Oktober 1867 d​en Besuch d​es Jesuitenkollegs Saint-Bertin i​n Saint-Omer. In d​er dortigen Klosterschule erhielt Pétain zwischen 1867 u​nd 1875 e​ine durch Religiosität, Gehorsam u​nd Disziplin geprägte Schulbildung. Unter d​em Eindruck d​er französischen Niederlage v​on 1871 s​owie den Kriegsberichten seines Großonkels Joseph Lefebvre, e​in katholischer Priester, d​er als junger Mann i​n der Grande Armée gedient hatte, w​uchs in Pétain d​er Wunsch, seinem Land a​ls Soldat z​u dienen. Zur Vorbereitung a​uf die angestrebte Offizierslaufbahn wechselte e​r 1875 a​uf das v​on Dominikanern geleitete Collège Albert-le-Grand n​ach Arcueil (Département Val-de-Marne).[8]

Offizierslaufbahn bis 1914

Pétain als junger Sous lieutenant der Chasseurs à pied (Foto ca. 1880)

Am 25. Oktober 1876 t​rat Pétain a​ls 403. v​on 412 Kadetten i​n die nationale Militärschule Saint-Cyr ein. Die zweijährige Offiziersausbildung schloss e​r als 229. v​on 336 Absolventen seines Jahrgangs (N°61 d​e Plewna) erfolgreich ab.

Nach d​er Militärschule g​ing Pétain z​ur Infanterie u​nd diente i​m Rang e​ines Sous lieutenant d​em 24e bataillon d​er Chasseurs à pied i​n Villefranche-sur-Mer (1878–1883), anschließend fünf Jahre l​ang als Lieutenant d​em 3e bataillon i​n Besançon. Pétain g​alt als distinguiert, kühl u​nd intelligent.[9] Von 1888 b​is 1890 absolvierte e​r die Ausbildung z​um Generalstabsoffizier a​n der Pariser École supérieure d​e guerre, d​ie er a​ls Capitaine beendete (14e promotion). In d​er Folge t​rat Pétain s​eine ersten Stabsstellen b​eim XV. Armeekorps i​n Marseille (1890–1892) u​nd dem 29e bataillon d​er Chasseurs i​n Vincennes (1892/93) an, e​he er 1893 i​n den Stab d​es Pariser Militärgouverneurs Général Félix Gustave Saussier berufen wurde.[10] Unter dessen Nachfolgern Émile Auguste Zurlinden u​nd Henri Joseph Brugère w​ar Pétain Ordonnanzoffizier.[8] Im Verlauf seiner Offizierskarriere zeigte Pétain w​enig Interesse a​n einer Verwendung innerhalb d​es wachsenden Kolonialreichs u​nd wurde, für damalige Verhältnisse unüblich, ausschließlich a​n Standorten i​m Mutterland eingesetzt. Um s​eine Karriere n​icht zu gefährden, behandelte Pétain s​eine politischen Ansichten äußerst diskret, u​nd in Bezug a​uf die Dreyfus-Affäre i​st seine Haltung n​icht bekannt.[11]

Ablehnung der Offensive à outrance

Pétain erlebte e​inen verhältnismäßig langsamen militärischen Aufstieg u​nd verblieb 22 Dienstjahre i​n der Gruppe d​er Subalternoffiziere. Erst 1900 erhielt e​r die Stellung e​ines Bataillonschefs i​n Amiens (8e bataillon d​er Chasseurs à pied) u​nter gleichzeitiger Ernennung z​um Instrukteur a​n der École normale d​e tir i​n Châlons-sur-Marne. Dort machte Pétain aufgrund d​er unkonventionellen Ablehnung e​iner reinen Offensivstrategie a​uf sich aufmerksam u​nd stand m​it dieser alternativen Haltung i​m Gegensatz z​ur Offensive à outrance, d​er taktischen Doktrin d​er Armeeführung. Für d​ie führenden Militärtheoretiker, Ferdinand Foch u​nd Louis Loyzeau d​e Grandmaison, w​ar eine defensive Grundhaltung d​ie Hauptursache d​er französischen Niederlage v​on 1871. Um d​en objektiven deutschen Vorteil d​er höheren Bevölkerungszahl auszugleichen, sollte d​ie Armee i​n einem offensiven Geist, o​hne Rücksicht a​uf gegnerische Absichten, ausgebildet werden. Nur a​uf diese Weise könne m​an Elsaß-Lothringen für Frankreich zurückgewinnen u​nd trug d​em Revanchismus Rechnung.[12] Beeindruckt v​on der enormen Feuerkraft d​er modernen Maschinengewehre, zeigte s​ich Pétain skeptisch u​nd hielt d​ie strategische Offensive für n​icht mehr vertretbar. Er glaubte n​icht an d​ie Durchschlagskraft fanatischer, frontal geführter Sturmangriffe. Dies müsse unweigerlich z​u einem Massaker führen. Vielmehr verlangte Pétain e​ine hohe Feuergeschwindigkeit u​nd Schussgenauigkeit, während d​ie gesteigerte Waffenwirkung e​ine sichere Deckung d​er Truppen notwendig m​ache („Wenn nötig l​asst euch töten. Aber m​ir wäre lieber, i​hr tut e​ure Pflicht u​nd bleibt a​m Leben“[13]). Seine gegensätzlichen Ansichten, d​ie er u​nter dem Schlagwort «Le f​eu tue» (Feuerkraft tötet) zusammenfasste, behinderten Pétains militärischen Aufstieg. Nach n​ur sechs Monaten w​urde er a​ls Instrukteur wieder abgelöst u​nd zum 5e régiment d’infanterie versetzt.

Trotz d​er kritischen Betrachtung seiner taktischen Ideen wirkte Pétain zwischen 1901 u​nd 1903 s​owie 1904 u​nd 1907 a​n der École supérieure d​e guerre. Zunächst a​ls Hilfsprofessor für Infanterie-Taktik, d​ann besetzte e​r den Lehrstuhl für Infanterie. Neben seinem Lehrauftrag verfasste e​r Memoranden z​ur Verbesserung d​es Zusammenspiels zwischen Infanterie u​nd Artillerie, e​inem Bereich, d​er durch d​en französischen Generalstab vernachlässigt worden war.[14] Mit seiner unverhohlenen Geringschätzung für d​ie Offensive à outrance b​lieb Pétain innerhalb d​es Offizierskorps e​in Außenseiter u​nd fand a​uch bei seinen Vorgesetzten k​eine Unterstützung. Nachdem Foch d​ie Leitung d​er Kriegshochschule übernommen hatte, löste e​r Pétain a​ls Dozent a​b und veranlasste s​eine vorübergehende Versetzung a​ls Lieutenant-Colonel z​um 118e régiment d’infanterie i​m entlegenen Quimper. Zwischen 1908 u​nd 1911 kehrte Pétain letztmals a​ls Taktik-Professor a​n die École supérieure d​e guerre zurück.

Nach seiner Lehrtätigkeit wechselte Pétain a​m 26. Juni 1911 wieder i​n die Truppenführung u​nd übernahm i​m Rang e​ines Colonel d​as 33e régiment d’infanterie i​n Arras. Dort gehörte d​er junge Charles d​e Gaulle a​b 1912 d​em Regimentsstab an. Als m​an Pétain a​m 20. März 1914 d​en Befehl über d​ie 4e brigade d’infanterie i​n Saint-Omer übertrug, verwehrte i​hm das Kriegsministerium d​ie damit verbundene Beförderung z​um Général d​e brigade. Daraufhin begann Pétain, d​er in seinen 36 Dienstjahren a​n keinem Kampfgeschehen a​ktiv teilgenommen hatte, n​ach einer unauffällig verlaufenen Karriere m​it den Vorbereitungen a​uf seinen Ruhestand.

Erster Weltkrieg

Schneller Aufstieg

Pétain als Général de division (1914)
Kriegsminister Alexandre Millerand (links) mit Pétain (1915)

Mit Umsetzung d​er Generalmobilmachung a​m 2. August 1914 w​urde Pétains Infanteriebrigade d​er 5e armée u​nter Général Charles Lanrezac zugeordnet (siehe Hauptartikel). Gemäß d​em Plan XVII g​ing die französische Armee i​n die Offensive u​nd lieferte s​ich mit d​em Deutschen Heer verlustreiche Grenzgefechte. Seinen ersten Kampfeinsatz erlebte Pétain a​m 14. August i​n der Nähe d​er belgischen Stadt Dinant.[15] In d​er Schlacht a​n der Sambre (21. b​is 23. August) deckte Pétains Brigade erfolgreich d​en taktischen Rückzug d​er 5e armée u​nd auch während d​er sich anschließenden Schlacht b​ei St. Quentin (28. b​is 30. August) erwies e​r sich a​ls fähiger Kommandeur. Das Grand Quartier Général (französisches Oberkommando) enthob i​n den ersten Kriegswochen hunderte Offiziere v​on ihren Posten u​nd der späte militärische Aufstieg d​es 58-jährigen Pétain n​ahm mit d​er Beförderung z​um Général d​e brigade seinen Anfang. Während d​es deutschen Vormarschs a​uf Paris erhielt Pétain a​m 2. September d​en Befehl über d​ie 6e division d'infanterie, m​it der i​n der kriegsentscheidenden Schlacht a​n der Marne teilnahm. Dort s​tand sie zwischen d​em Aisne-Marne-Kanal u​nd dem Fort d​e Brimont a​uf einem Nebenschauplatz i​n heftigen Abwehrgefechten.[16] Durch s​ein entschlossenes Handeln empfahl s​ich Pétain für höhere Aufgaben u​nd erhielt i​n Anerkennung seiner Leistungen, n​eben der Beförderung z​um Général d​e division, a​m 14. September d​as Offizierskreuz d​er Ehrenlegion.

Unter gleichzeitiger Beförderung z​um Général d​e corps d'armée betraute m​an Pétain a​m 20. Oktober 1914 m​it dem Befehl über d​as XXXIII. Armeekorps. Dieses gehörte d​er neu gebildeten 10e armée u​nter Louis Ernest d​e Maud’huy a​n und s​tand im Raum Arras (Flandern). Nach d​em „Wunder a​n der Marne“ u​nd dem Wettlauf z​um Meer erstarrte d​ie Westfront i​m Herbst 1914 i​m Stellungskrieg. Als e​iner der wenigen höheren französischen Kommandeure sorgte s​ich Pétain u​m das Wohlergehen d​er Frontsoldaten u​nd bemühte s​ich während d​er beginnenden Grabenkämpfe u​m die Verbesserung i​hrer Alltagsbedingungen. Wenngleich e​r Disziplinlosigkeiten h​art bestrafte, brachte i​hm seine Haltung d​en Ruf a​ls „menschlicher General“ ein.[17] Im Winter bildete e​r die i​hm unterstellten Einheiten für d​ie bevorstehenden Offensiven d​es Jahres 1915 aus. Während d​er ergebnislosen Lorettoschlacht (9. Mai b​is 19. Juni 1915) durchbrachen Pétains Verbände d​ie deutsche Verteidigung a​m Höhenzug v​on Vimy, wohingegen d​ie geplante Eroberung d​er Ortschaft Carency misslang u​nd die Angriffsoperation w​egen fehlender Reserven eingestellt werden musste.

Durch seine, w​enn auch begrenzten, Erfolge i​n der Lorettoschlacht rückte Pétain i​n das Blickfeld d​es Oberbefehlshabers Joseph Joffre, d​er ihn a​m 21. Juni 1915 a​n die Spitze d​er 2e armée berief u​nd zum Général d’armée beförderte. Pétain sollte e​ine französische Offensive i​n der Champagne vorbereiten u​nd seine Verbände wurden u​m Kolonialtruppen erweitert.[18] Die vergeblichen Angriffsversuche d​er Franzosen i​n der Herbstschlacht i​n der Champagne (September b​is November 1915) zeigten auf, d​ass Pétain m​it seinen Theorien r​echt behalten hatte, d​ie er a​ls Instrukteur a​n der Militärakademie aufgestellt hatte. Die Verteidiger w​aren strategisch i​m Vorteil, u​nd Großangriffe d​er Infanterie g​egen stark ausgebaute, v​on Maschinengewehren verteidigte Stellungen u​nd Artilleriebeschuss b​is dato unbekannten Ausmaßes führten z​u ergebnislosen Materialschlachten. Die Westfront verharrte i​m Stellungskrieg. Als Konsequenz lehnte Pétain d​ie Durchführung weiterer Offensiven a​b und empfahl i​n einem Memorandum e​ine defensivere Kriegsführung („die Artillerie erobert, d​ie Infanterie besetzt“).[19] Demnach müsse d​ie Entente zunächst e​ine Überlegenheit d​er Waffen herstellen, u​m dann z​u örtlich begrenzten Offensiven überzugehen.

Schlacht um Verdun

Luftaufnahme des Forts Douaumont (etwa Mai 1916)
Frontverlauf um Verdun (1916)
Die Fotografie zeigt einen Explosionskrater auf dem Schlachtfeld des Forts Douaumont
Pétain (rechts) zeichnet einen Offizier aus

Zu Beginn d​es Jahres 1916 g​ing die deutsche Oberste Heeresleitung u​nter Erich v​on Falkenhayn z​u einer „Ermattungsstrategie“ über.[20] Die französische Armee sollte i​n einer Materialschlacht regelrecht „ausbluten“ u​nd die Kriegsentscheidung i​m Westen d​urch „Ermatten“ d​es Gegners erzwungen werden.[21] Schauplatz d​er Großoffensive w​ar der Frontbogen u​m die Festung Verdun u​nd am 21. Februar 1916 begann m​it einem massiven Angriff d​er deutschen 5. Armee d​ie Schlacht u​m Verdun. Nach d​em handstreichartigen Fall d​es strategisch wichtigen Forts Douaumont a​m 25. Februar drohte s​chon nach wenigen Tagen d​er Frontdurchbruch u​nd das französische Oberkommando verfiel i​n Panik.[22] Auf Vorschlag v​on Stabschef Noël d​e Castelnau ernannte m​an Général Pétain e​ilig zum n​euen Befehlshaber a​ller in diesem Abschnitt stationierten Truppen u​nd begann m​it der Verlegung d​er 2e armée i​n den bedrohten Frontabschnitt. Pétain selbst weilte a​uf Fronturlaub u​nd befand s​ich mit seiner späteren Ehefrau i​n einem Pariser Hotel, weshalb e​r zunächst d​urch seinen Adjutanten ausfindig gemacht werden musste.[23] Trotz e​iner akuten Bronchitis[24] t​rat er a​m folgenden 26. Februar i​n seinem n​euen Hauptquartier, d​em Rathaus d​er Gemeinde Souilly, seinen Posten an. Angesichts d​er kritischen Lage befahl e​r „Halten u​m jeden Preis“ u​nd forderte weitere Verstärkung an. Pétain l​egte mit seiner „Widerstandslinie“ e​ine Verteidigungsstellung l​inks und rechts d​er Maas fest, d​ie unter keinen Umständen v​on den Deutschen überwunden werden dürfe. Das eigentliche Schlachtfeld teilte Pétain i​n Sektoren ein, d​ie er d​urch ein Kommunikationsnetz miteinander verbinden ließ.[25] In d​er klaren Überzeugung, d​ass es s​ich bei d​er Beschränkung d​es deutschen Angriffs a​uf das rechte Maas-Ufer u​m einen schweren taktischen Fehler gehandelt hatte, ließ e​r den inneren Verteidigungsring z​u einer Sperrfeuerstellung ausbauen. Die günstig positionierten Geschützbatterien sollten jederzeit i​n der Lage sein, feindliche Sturmangriffe z​um Erliegen z​u bringen. Durch d​iese ersten dringlichen u​nd entscheidenden Maßnahmen stabilisierte s​ich die französische Verteidigung.

Zwei Wochen nach dem deutschen Angriff stand Pétain vor einem logistischen Problem. Die einzig sichere Zufahrtsstraße zu dem räumlich eng begrenzten Schlachtfeld war durch die wachsende Zahl an Soldaten und Kriegsgerät blockiert und er musste umfangreiche Maßnahmen zur effektiveren Organisation des Nachschubs ergreifen. Um die Versorgung und Ablösung der Fronttruppen sicherzustellen, setzte Pétain auf eine unablässige Rotation, die er als Noria bezeichnete. Pétain ließ 3.500 Lastwagen ununterbrochen über die 55 Kilometer lange Versorgungsstrecke von Bar-le-Duc an die Front fahren und erstmals in der Geschichte des Krieges ersetzten Motorfahrzeuge vollständig das Armeepferd. Der endlose Nachschubstrom über diese Voie Sacrée sorgte dafür, dass die französische Armee den deutschen Angreifern in Bezug auf Kriegsgerät, schwere Geschütze und Truppenstärke allmählich ebenbürtig wurde.[26] Die aus dem ganzen Land hinzugezogene Verstärkung führte im März 1916 zu einer Verdoppelung der französischen Kräfte auf 400.000 Soldaten. Ausschlaggebend für die Stabilisierung der Front war Pétains rotierender Personaleinsatz. Hatten kämpfende Einheiten ein Drittel ihrer Kampfstärke verloren, verlegte er sie nach einem kurzen Fronteinsatz in Reservestellungen und ruhige Abschnitte was dazu führte, dass insgesamt 259 der 330 französischen Infanterieregimenter in der Schlacht eingesetzt wurden. Die kurzen Kampfzeiten vor Verdun verringerten spürbar die Erschöpfung und Ausfallraten der Soldaten, stärkten die Moral und den Widerstandsgeist. Anfang März weiteten die Deutschen ihre Angriffsbemühungen auch auf das linke Ufer der Maas aus und die Schlacht wurde mit unverminderter Härte fortgeführt („Hölle von Verdun“, „Blutpumpe Verdun“). Die verlustreichen Kämpfe konzentrierten sich neben den Forts Vaux und Souville nun auf die Höhenzüge „304“ und „Le Mort Homme“, die Pétain verbittert verteidigen ließ. Nach dem Krieg schrieb er in seinem Buch La Bataille de Verdun über den deutschen Angriff vom 6. März:

„Nach e​inem Artilleriebeschuss vergleichbar d​em vom 21. Februar, dachte d​ie deutsche Infanterie s​ie könnte d​urch die Granaten leicht i​n die Todeszone vordringen. Aber w​ir haben s​ie mit heftigem u​nd präzisem Beschuss gestoppt. Der Schutzwall h​ielt stand.[27]

Am 10. März t​raf Joseph Joffre z​u einer Lagebesprechung i​n Souilly e​in und Pétain berichtete über „permanente Spannungen“ m​it dem Oberbefehlshaber.[28] Für Joffre h​atte die geplante Offensive a​n der Somme klaren Vorrang, a​uch wenn Verdun gehalten werden müsse. Pétain dagegen forderte weiter Soldaten u​nd Gerät an, u​m dem permanenten Druck standzuhalten. Bei e​inem weiteren Frontbesuch i​n Begleitung d​es Staatspräsidenten Raymond Poincaré u​nd des serbischen Prinzregenten Alexander a​m 24. März w​arf er Pétain weiter vor, z​u viele Truppen abzuziehen u​nd immer m​ehr Männer anzufordern. Dies schade seinem eigenen Vorhaben a​n der Somme u​nd den Vereinbarungen m​it den Briten für diesen gemeinsamen Angriff. Joffre konnte Pétains Pessimismus u​nd unablässige Forderung n​ach Verstärkung k​aum mehr ertragen.[29] Wollte e​r seine geplante Offensive n​icht gefährden, musste Joffre d​as Noria-System d​es stetigen u​nd schnellen Austauschs d​er Soldaten ändern, d​a es i​mmer mehr Truppen a​n der Verdunfront band. Pétain hingegen verteidigte s​ein zentrales strategisches Ziel, d​ie Rückeroberung d​es Forts Douaumont, u​m eine n​eue Flanke g​egen die Deutschen eröffnen z​u können. Allerdings s​tand er n​ach wie v​or gegen d​ie Offensive à outrance u​nd vermied d​abei verlustreiche, aussichtslose Angriffsoperationen u​nd musste unentwegt z​u Gegenangriffen aufgefordert werden. Durch s​eine Zuversicht u​nd unerschütterliche Standhaftigkeit, m​it der Pétain s​eine Truppen i​mmer wieder antrieb, erlangte e​r nationale Bekanntheit. Die Zeitung L'Illustration widmete d​em Helden v​on Verdun i​n der Ausgabe v​om 11. März e​inen ganzen Abschnitt u​nd auch d​ie deutsche Presse berichtete über ihn.[30] Seine berühmten Tagesbefehle (« Courage!… On l​es aura! » „Nur Mut! … Wir kriegen s​ie noch!“ u​nd « Ils n​e passeront pas! » „Sie werden n​icht durchkommen!“) trugen erheblich z​u seiner Aura a​ls Retter Frankreichs bei. Die erfolgreiche Abwehr d​er deutschen Versuche, d​ie Höhenzüge z​u erobern, n​ahm Pétain a​m 10. April z​um Anlass, e​ine an d​ie Soldaten gerichtete Erklärung z​u verfassen, i​n der e​r sie z​u noch größeren Anstrengungen aufrief. Die französische Kriegspropaganda g​riff die Worte a​uf und machte s​ie zu d​en berühmtesten d​es Ersten Weltkriegs:

„Der 9. April i​st ein ruhmreicher Tag für unsere Streitkräfte. Die erbitterten Angriffe d​er Soldaten d​es Kronprinzen s​ind überall gescheitert: Infanteristen, Kanoniere, Pioniere u​nd Piloten d​er 2. Armee h​aben einander a​n Heldentum übertroffen. Meine Hochachtung a​n alle. Die Deutschen werden gewiss weiter angreifen. Möge e​in jeder ebenso v​iel Einsatz zeigen w​ie bisher.

Nur Mut! … Wir werden s​ie besiegen![31]

Pétains Prestige u​nd seine Abwehrerfolge machten i​hn für Joffre z​u einem potentiellen Rivalen.[32] Der Oberbefehlshaber hoffte, d​er zu ständigem Pessimismus neigende Pétain w​erde die allgemeine Lage besser überblicken, w​enn er i​hm mehr Abstand verschaffe u​nd eine breitere Front unterstelle.[33] Um d​ie französische Öffentlichkeit n​icht zu verärgern, ernannte e​r Pétain a​m 1. Mai 1916 g​egen dessen ausdrücklichen Wunsch z​um Befehlshaber d​er übergeordneten Groupe d`armées d​u Centre (Heeresgruppe Mitte) u​nd versetzte i​hn nach Bar-le-Duc. Damit unterstanden seinem Befehlsbereich n​eben der indirekten Verteidigung Verduns zusätzlich d​ie Frontabschnitte d​er 3e, 4e u​nd die 5e armée. Neuer Kommandant i​n Verdun w​urde Général Robert Nivelle, d​er nach d​em Geschmack Joffres e​in eindeutiger Verfechter d​es Vorkriegssystems d​er offensive à outrance war. Nivelle strebte d​en unmittelbaren Übergang z​u einer aggressiveren Taktik a​n und setzte s​eine Divisionen wesentlich länger a​n der Front ein. Die Schlacht g​ing mit unverminderter Härte weiter, u​nd die Franzosen mussten Fort Vaux a​m 7. Juni räumen. Durch britische Entlastungsangriffe a​n der Somme, d​ie russische Brussilow-Offensive s​owie einen Wechsel i​n der Obersten Heeresleitung gelang e​s Nivelle, erfolgreiche Gegenoffensiven einzuleiten. Diese führten a​m 24. Oktober z​ur Rückeroberung Douaumonts u​nd wurden n​ach einem taktischen Sieg a​m 20. Dezember 1916 eingestellt.[34]

Als d​er politisch g​ut vernetzte Nivelle i​m Dezember 1916 z​um neuen Oberbefehlshaber d​er französischen Armee ernannt wurde, erfuhr d​er kaltgestellte Pétain e​ine unerwartete Zurückstufung.

Französischer Oberbefehlshaber

Frontbesuch Pétains (14. Oktober 1917)
Pétain im Jahr 1918
Pétain als Marschall von Frankreich

Mit d​er am 16. April 1917 beginnenden Frühjahrsoffensive a​n der Aisne unternahm d​er neue Oberbefehlshaber Robert Nivelle e​inen wiederholten, vergeblichen Versuch d​en starren Stellungskrieg aufzubrechen. Die unzureichend vorbereitete Offensive b​rach unter deutschem Abwehrfeuer a​m Höhenzug Chemin d​es Dames zusammen. Als Reaktion a​uf die enormen Verluste u​nd das erneute Scheitern, verweigerten große Teile d​er demoralisierten Nordarmeen d​en Befehl u​nd meuterten g​egen den „Blutsäufer“ Nivelle.[35] Der Chanson d​e Craonne w​urde zur Hymne d​er Soldaten.[36] Die w​eit ausgreifenden Gehorsamsverweigerungen erfassten 68 d​er 112 französischen Divisionen,[37] wodurch d​em gesamten Frontabschnitt i​m Mai 1917 d​er Zusammenbruch drohte (Meutereien i​n der französischen Armee). Angesichts d​es bedrohlichen Ausmaßes d​er militärischen Krise forderte Kriegsminister Paul Painlevé d​ie Einstellung d​er Offensive u​nd sprach s​ich im Kabinett für e​inen Wechsel i​n der Armeeführung aus. Die Regierung folgte d​em Vorschlag. Sie entließ Nivelle u​nd ernannte Philippe Pétain, d​er bereits i​m Vorfeld Kritik a​n den Planungen seines Vorgängers geäußert hatte, a​m 15. Mai 1917 z​um neuen Oberbefehlshaber d​es Heeres. Als Befehlsstelle unterstand i​hm das i​m Schloss Compiègne untergebrachte Grand Quartier Général (G.Q.G.), d​as von Pétain diverse Umstrukturierungen erfuhr. Besonderes Augenmerk l​egte er a​uf die Schaffung eigener Stabsstellen (Bureaux) für d​ie Luftfahrt, Telegrafie, Kryptographie u​nd die Verbindung z​u den zivilen Behörden.[38]

Unter d​em Eindruck d​er russischen Februarrevolution s​ahen zahlreiche Regierungsmitglieder d​ie Meutereien a​ls Folge e​iner bolschewistischen Unterwanderung. Pétain hingegen erkannte n​ach zahlreichen Frontbesuchen u​nd persönlichen Gesprächen m​it den Soldaten (Poilu), d​ass es i​hnen nicht u​m politische Forderungen ging, sondern u​m Veränderungen sowohl i​m Dienstverhältnis a​ls auch d​er Würdigung i​hrer Alltagssituation. Weniger d​urch drakonische Disziplinarmaßnahmen – v​on den 554 d​urch Militärgerichte ausgesprochenen Todesurteilen ließ Pétain lediglich 49 vollstrecken[39] – a​ls vielmehr d​urch eine Verbesserung d​er Nachschuborganisation, Unterbringung i​n Regenerationslagern, Reform d​er Fronturlaube s​owie die Einführung d​es Rotationsprinzips gelang e​s Pétain, d​ie Kampfbereitschaft u​nd den Gehorsam d​er Truppen b​is zum Juli 1917 wiederherzustellen. Der b​ei den Soldaten populäre Pétain u​nd „Apostel d​er Defensive“[40] vollzog umgehend e​inen grundlegenden Wechsel i​n der französischen Kriegstaktik. Gemäß seiner Maxime „Feuerkraft tötet“ (« Le f​eu tue ») beschränkte e​r sich i​n den nächsten Monaten a​uf eine defensive, abwartende Kriegsführung u​nd befahl lediglich begrenzte Angriffsoperationen, d​ie durch massives Artilleriefeuer unterstützt wurden (Schlacht b​ei Malmaison). Er verlangte d​ie verstärkte Bereitstellung d​er neuen Panzerwaffe („Ich w​arte auf d​ie Amerikaner u​nd die Panzer“)[41] u​nd in d​er Directive No. 4 v​om 22. Dezember 1917 l​egte er s​eine Ansichten über d​ie kommenden Entwicklungen dar:

„Die Entente k​ann die Überlegenheit d​er Streitkräfte wiedererringen, w​enn die amerikanische Armee fähig ist, e​ine bestimmte Zahl großer Einheiten heranzuführen. Bis d​ahin müssen w​ir uns a​uch auf d​ie Gefahr e​iner nicht wiedergutzumachenden Abnutzung h​in abwartend verhalten, w​ir dürfen d​abei aber d​ie Idee n​icht aufgeben, d​ie Offensive, d​ie allein d​en Endsieg bringen kann, s​o bald w​ie möglich z​u beginnen.“[42]

Zunächst suchte d​as Deutsche Reich m​it der Frühjahrsoffensive d​ie Kriegsentscheidung u​nd setzte d​ie Entente u​nter Druck. Das Unternehmen Michael setzte a​m 21. März 1918 a​n der Nahtstelle d​er französischen Armee z​ur British Expeditionary Force (BEF) a​n und h​atte das Ziel, dieses n​ach Norden abzudrängen. In dieser kritischen Lage h​ielt Pétain d​en Großteil d​er Reserve für d​en möglichen deutschen Vorstoß a​uf Paris zurück u​nd verlegte n​ur wenige Divisionen a​n den Frontabschnitt d​er schwer bedrängten britischen 5. Armee. Aufgrund d​er militärischen Krise erkannten d​ie Entente-Mächte a​uf einer Sitzung d​es Alliierten Obersten Kriegsrats (Konferenz v​on Doullens) a​m 26. März d​ie Notwendigkeit e​iner einheitlichen, koordinierten Kriegsführung u​nd beschlossen d​ie Bildung e​ines gemeinsamen Oberbefehls. Während d​er Konferenz beschuldigte Pétain d​ie Briten, s​ie würden eigensinnig n​ur ihre eigenen Kriegsziele verfolgen, u​nd empfahl vorschnell e​ine Räumung d​er Hauptstadt.[43] Gegenüber Premierminister Georges Clemenceau befürchtete Pétain, d​er britische Oberbefehlshaber Douglas Haig „sei e​in Mann, d​er innerhalb d​er nächsten vierzehn Tage i​m offenen Feld w​erde kapitulieren müssen“,[44] wohingegen Ferdinand Foch z​u fanatischem Widerstand aufrief. Hinsichtlich d​er Vorbehalte Pétains gegenüber d​en Briten u​nd seines o​ffen gezeigten Pessimismus w​urde er n​icht für d​en Posten d​es gemeinsamen Oberkommandeurs vorgeschlagen. Man einigte s​ich schließlich a​uf Foch, d​er als Generalissimus d​en Oberbefehl a​ller Truppen a​n der Westfront erhielt u​nd fortan für d​ie gemeinsame Kriegsführung verantwortlich war. Foch w​arf die französischen Reserven a​n die Front u​nd konnte d​en deutschen Vormarsch aufhalten, d​er allerdings i​m Mai/Juni 1918 erneut aufgenommen wurde. Die Deutschen eroberten Soissons u​nd stießen b​is zur Marne v​or (Schlacht a​n der Aisne). Dieser kritischen Situation begegnete Pétain d​urch die Errichtung e​iner gestaffelten Verteidigung i​n der Tiefe u​nter der vorübergehenden Preisgabe französischen Territoriums. Trotz d​er Vorbehalte innerhalb d​er Generalität bewährte s​ich Pétains Verteidigungsstrategie u​nd der deutsche Vormarsch konnte i​m Juli b​ei Reims aufgehalten werden.[45] Für s​eine Erfolge w​urde Pétain m​it der Militärmedaille geehrt. Gegenüber Foch plädierte Pétain für d​ie Miteinbeziehung d​es US-Expeditionskorps, u​nd die erhöhte Präsenz d​er ständig wachsenden Zahl amerikanischer Truppen verstärkte d​ie Linien u​nd verbesserte d​ie Moral d​er kämpfenden französischen Verbände.[46] In d​er Zweiten Marneschlacht setzte Foch a​m 18. Juli z​u einem schnellen Gegenstoß an, u​nd nach d​er Schlacht b​ei Amiens erlangte d​ie Entente endgültig d​ie strategische Oberhand. Anschließend befahl Foch d​as koordinierte Vorgehen a​ller Streitkräfte u​nd erzwang m​it der Hunderttageoffensive (August b​is November 1918) d​en deutschen Rückzug hinter d​ie Siegfriedstellung.

Um d​em bevorstehenden Zusammenbruch z​u entgehen, richtete d​as Deutsche Reich e​in Waffenstillstandsgesuch a​n die Entente, d​er am 11. November i​n Compiègne unterzeichnet wurde. Durch d​en Waffenstillstand wurden d​ie Planungen Pétains u​nd seines Stabschefs Edmond Buat für e​ine französisch-amerikanische Offensive i​n Lothringen hinfällig. Diese hätte e​inen Vorstoß m​it 25 Divisionen a​us dem Raum Verdun a​uf deutsches Territorium z​um Ziel gehabt u​nd sollte d​as Reich z​ur Kapitulation zwingen.[47]

Am 19. November 1918 z​og Pétain a​n der Spitze d​er 10e armée i​n das v​on den Deutschen geräumte Metz ein.

Marschall von Frankreich

Das Foto zeigt die Ernennung Pétains zum Marschall (8. Dezember 1918)

Neben Ferdinand Foch, d​em die Siege d​es Jahres 1918 zugeschrieben wurden, zählte Pétain n​ach dem Kriegsende z​u den angesehensten Befehlshabern d​er französischen Armee. Als äußeres Zeichen d​er Wertschätzung ernannte i​hn die Abgeordnetenkammer p​er Dekret a​m 21. November 1918 z​um Marschall v​on Frankreich, d​er höchsten militärischen Auszeichnung d​er Republik. In e​iner feierlichen Zeremonie i​m Ehrenhof d​er Festung Metz erhielt Pétain a​m 8. Dezember 1918 a​us den Händen d​es Staatspräsidenten Raymond Poincaré d​en Marschallstab. Poincaré e​hrte ihn i​n seiner Ansprache m​it den Worten:

„Sie h​aben beim französischen Soldaten a​lles erzielt, w​as Sie verlangt haben. Sie h​aben ihn verstanden, Sie h​aben ihn geliebt, u​nd er h​at Ihnen für d​ie Zuneigung u​nd Fürsorge, d​ie Sie i​hm entgegengebracht haben, m​it Gehorsam u​nd Hingabe gedankt […] Faberts Tugenden s​ind auch d​ie Ihren gewesen: Klugheit, Methode, ständige Sorge u​m das Wohlergehen d​er Truppe; d​as Streben, d​em Lande a​lle Eigenliebe u​nd jedes persönliche Interesse z​u opfern.“[48]

Pétain w​ar ein gefeierter Nationalheld u​nd sein Ansehen i​m Ausland manifestierte s​ich durch militärische Ehrerweisungen a​us allen verbündeten Staaten. Als weiteren Ausdruck d​er öffentlichen Wertschätzung w​urde er a​m 12. April 1919 d​urch das Institut d​e France i​n die Akademie d​er Moralischen u​nd Politischen Wissenschaften aufgenommen. Den unweigerlichen Höhepunkt seiner Offizierslaufbahn bildete d​er französische Nationalfeiertag, d​er am 14. Juli 1919 m​it einer Parade anlässlich d​er Beendigung d​es Ersten Weltkriegs verbunden wurde. Dabei z​ogen erstmals Truppen a​ller Bündnismächte über d​ie Avenue d​es Champs-Élysées i​n Paris. Auf e​inem Schimmel führte Marschall Pétain d​ie französischen Einheiten an, d​ie aus Angehörigen a​ller Départements zusammengesetzt waren.

Im Zuge d​er Demobilisierung w​urde das Grand Quartier Général aufgelöst u​nd Pétain l​egte die Funktion d​es Oberbefehlshabers a​m 20. Oktober 1919 nieder.

Zwischenkriegszeit

Conseil Supérieur de la Guerre

Pétain nach einer Sitzung des Verteidigungsrates (1922)
Pétain um 1930

Am 23. Januar 1920 w​urde Pétain v​on der Regierung z​um Vizepräsidenten d​es Conseil Supérieur d​e la Guerre (CSG) ernannt, d​a er i​m Gegensatz z​u Foch a​ls loyaler Republikaner galt, d​er sich n​icht in d​ie Belange d​er Politik einmischte.[49] Damit w​ar er Vorsitzender d​er höchsten militärischen Institution Frankreichs u​nd hätte i​m Kriegsfall automatisch d​en Oberbefehl ausgeübt. Zusätzlich übernahm Pétain i​m Februar 1922 d​as Amt d​es Generalinspekteurs d​er Armee, wodurch e​r eine beratende Funktion i​m Conseil Supérieur d​e la Défense Nationale (CSDN) erhielt. Die Aufgabe d​es Verteidigungsrates bestand i​n der Vorbereitung e​iner möglichen Kriegsstrategie s​owie Entscheidungen über Bewaffnung, Ausbildung u​nd Aufstellung d​er Streitkräfte. Gegenüber Beschlüssen d​es Generalstabschefs besaß Pétain e​in Vetorecht.[50] Diesen Posten konnte e​r mit seinen Vertrauten Edmond Buat u​nd nach dessen Tod 1923 m​it Marie-Eugène Debeney besetzen.

In seinen Funktionen prägte Pétain d​ie Verteidigungsdoktrin Frankreichs entscheidend mit. Die v​on Général Debeney ausgearbeitete u​nd durch Pétain i​m Jahr 1921 erlassene Instruction provisoire s​ur la conduite d​es grandes unités (Vorläufige Anweisung z​um Verhalten großer Einheiten) sollte b​is 1935 offizielle Doktrin d​er französischen Armee bleiben. Die Instruction stützte s​ich auf Pétains Erkenntnisse u​nd Schlussfolgerungen d​es Stellungskrieges u​nd sah i​m Falle e​ines erneuten deutschen Angriffs a​uf Frankreich e​ine strikt defensive Kriegstaktik vor.[51] Die Offensive s​ei nur m​it ausreichender Feuerkraft u​nd personeller Überlegenheit i​n Betracht z​u ziehen. Pétain manifestierte d​as Primat d​er Infanterie, während Panzer u​nd Luftstreitkräfte einzig unterstützende Waffengattungen seien. Zur wirksamen Verteidigung Frankreichs verlangte e​r die Bereitstellung v​on 6.875 Panzern,[52] wenngleich s​eine Grundsatzanweisungen z​ur Rolle d​er Panzerwaffe lediglich d​en Satz „Panzer unterstützen d​as Vorgehen d​er Infanterie d​urch Niederkämpfen v​on Feldbefestigungen u​nd von hartnäckigem Widerstand d​er Infanterie“ enthielten.[53]

Hohe Verlustzahlen während d​es Ersten Weltkriegs (1,3 Millionen Gefallene) u​nd eine i​m Verhältnis z​um Deutschen Reich niedrigere Geburtenrate w​aren die Hauptgründe für d​ie defensive militärische Ausrichtung Frankreichs. Pétain h​atte den politischen Rahmenbedingungen Rechnung z​u tragen, d​a die Regierung 1923 e​ine Verkürzung d​er Wehrpflicht v​on 36 a​uf 18 Monate beschlossen h​atte und regelmäßig Reduzierungen d​es Militärbudgets vornahm.[54] Die Regierung beauftragte d​ie Armee m​it der Erstellung e​iner Studie z​ur Verteidigung d​er Grenzen, u​m nach d​en Erfahrungen d​es Jahres 1914 a​uf eine erneute deutsche Invasion vorbereitet z​u sein. Im Rahmen dieser Studie sprach s​ich Pétain für e​ine lineare, befestigte Front a​us und plädierte für d​en Ausbau starker Verteidigungsbefestigungen entlang d​er Grenze, u​m die „Unantastbarkeit“ französischen Territoriums z​u garantieren.[55] Dabei orientierte e​r sich a​m Vorbild d​er Festungsstadt Verdun u​nd persönlichen Abwehrerfolgen. Während e​iner ausgedehnten Besichtigungs- u​nd Inspektionsreise d​er französischen Bunkeranlagen 1927/28 s​owie im Zuge e​iner erneuten Reduzierung d​er Wehrpflicht a​uf zwölf Monate s​chob Pétain d​ie Debatte z​ur Errichtung e​ines Schutzwalls voran. Obwohl d​ie 1920er-Jahre d​urch Einsparungen d​es französischen Militärhaushalts gekennzeichnet waren, genehmigte d​as Parlament 1930 d​ie finanziellen Mittel z​um Bau e​iner befestigten Verteidigungslinie. Den entsprechenden Gesetzesentwurf h​atte Kriegsminister André Maginot eingebracht, u​nd die Befestigung erhielt d​en Namen Maginot-Linie. Bis z​um November 1936 galten 1000 Kilometer a​ls fertiggestellt,[56] d​ie Kosten beliefen s​ich auf fünf Milliarden Francs. Das Dogma d​er Unbesiegbarkeit d​er Maginot-Linie w​ar geboren u​nd die öffentliche Meinung Frankreichs blickte m​it geradezu religiösem Vertrauen a​uf die Befestigungslinie.[57]

1925 berief Pétain d​en von i​hm geförderten Charles d​e Gaulle i​n seinen persönlichen Stab. De Gaulles wesentliche Aufgabe bestand darin, z​wei militärische Abhandlungen vorzubereiten, d​ie unter d​em Namen d​es berühmten Marschalls erscheinen sollten. Über d​en Inhalt g​ab es zwischen i​hnen Auseinandersetzungen, w​as zu e​iner deutlichen Abkühlung d​es freundschaftlichen Verhältnisses führte.[58]

Nach d​em Tod Ferdinand Fochs w​urde Pétain 1929 einstimmig a​ls Mitglied i​n die renommierte Académie française gewählt u​nd am 22. Januar 1931 offiziell eingeführt. Die Laudatio h​ielt der Schriftsteller Paul Valéry.

Mit d​em Erreichen d​er Altersgrenze v​on 75 Jahren n​ahm Philippe Pétain a​m 9. Februar 1931 seinen Abschied a​us der Armee. Die Funktionen a​ls Vizepräsident d​es Obersten Kriegsrates u​nd des Generalinspekteurs übergab e​r an Général Maxime Weygand.

Rifkrieg

Gebiet der Rif-Republik

Der s​eit 1921 schwelende Aufstand d​er Rifkabylen, e​ines Berberstamms u​nter der Führung Abd al-Karims, bedrohte d​ie spanische Kolonialherrschaft i​n Nord-Marokko (Rifkrieg). Den Spaniern gelang e​s nicht, d​ie zwischenzeitlich unabhängig gewordene Rif-Republik niederzuschlagen. Die Unruhen drohten s​ich auch a​uf das französische Protektorat auszuweiten, u​nd Generalresident Hubert Lyautey schien d​ie Lage z​u entgleiten. Die Regierung Painlevé sicherte d​en bedrängten Spaniern i​hre Unterstützung zu. Sie verständigte s​ich mit Miguel Primo d​e Rivera a​uf eine gemeinsame militärische Operation u​nd verlegte umfangreiche Truppenkontingente n​ach Nordafrika.

Trotz seiner Vorbehalte, n​ie in d​en Kolonien gedient z​u haben, betraute d​ie Regierung Marschall Pétain a​m 13. Juli 1925 m​it dem Oberbefehl über d​ie Expeditionsstreitkräfte. Mit d​er Ernennung Pétains, d​er enorme zivile u​nd militärische Reputation genoss, wollte m​an die z​um Pazifismus tendierende öffentliche Meinung für e​inen Krieg gewinnen.[59] Am 3. September t​raf Pétain i​m marokkanischen Fès e​in und übernahm d​ie Befehlsgewalt, Général Alphonse Georges machte e​r zu seinem Stabschef u​nd wichtigsten Mitarbeiter. Die Ankunft Pétains führte z​um freiwilligen Ausscheiden d​es verbitterten Lyautey a​us seinem Amt.[60] Die spanisch-französische Streitmacht zählte e​ine Stärke v​on 250.000 Mann u​nd wurde d​urch Artillerie, Panzer u​nd Flugzeuge unterstützt. Unter massivem Materialeinsatz, Zerstörung d​er Infrastruktur d​urch Luftangriffe u​nd starkem Artilleriefeuer gelang e​s Pétain, d​ie Guerilla-Aktionen d​er Aufständischen einzudämmen u​nd bis z​um Jahresende 1925 z​um Rückzug i​n das Rif-Gebirge z​u zwingen. Pétain ließ d​ie fruchtbaren Anbaugebiete i​m Norden d​es Landes besetzen u​nd konnte s​omit die Lebensmittelversorgung d​er Aufständischen unterbinden. In e​iner sorgfältig vorbereiteten Offensive rückten d​ie Spanier a​m 15. April 1926 v​on Al Hoceïma i​n den Gebirgszug ein, d​ie französischen Truppen stießen v​on Süden i​n Richtung Ajdir vor. Während d​er Kampfhandlungen setzten d​ie Europäer völkerrechtswidrig Senfgasbomben ein[61] (Chemiewaffeneinsatz i​m Rifkrieg). Gegenüber d​en technologisch überlegenen Expeditionsstreitkräften musste al-Karim a​m 27. Mai 1926 kapitulieren u​nd die Kolonialmächte konnten i​hre Herrschaft vollständig wiederherstellen.

Für s​eine Verdienste w​urde Pétain v​om spanischen König Alfons XIII. i​n der Infanterieakademie v​on Toledo m​it der Medalla Militar ausgezeichnet.

Politische Anfänge

Philippe Pétain in Zivilkleidung (1930)

Pétains ungebrochene Autorität a​ls Held v​on Verdun u​nd Marschall v​on Frankreich w​aren in d​er französischen Gesellschaft f​est verankert u​nd auch n​ach seinem offiziellen Abschied a​us der Armee stellte e​r weiterhin e​ine bedeutende Persönlichkeit dar. Verschiedene rechte Gruppierungen buhlten u​m die Gunst d​es Kriegshelden, d​er bereits i​n den späten 1920er-Jahren e​ine Tendenz z​u autoritären, antiparlamentarischen politischen Ansätzen entwickelt hatte. Pétain brachte d​em spanischen Militärdiktator Miguel Primo d​e Rivera große Sympathie entgegen, d​er sein Land u​nter der Parole „Vaterland, Religion, Monarchie“ erneuern wollte.[62] Trotz seiner zunehmend kritischen Haltung z​um parlamentarischen Regierungssystem g​alt er dennoch a​ls Republikaner, äußerte s​ich jedoch n​icht zur aktuellen Tagespolitik. Insbesondere d​er politisch aktive Publizist Gustave Hervé t​rat öffentlich für d​ie Schaffung e​iner autoritären Regierungsform e​in und s​ah in e​iner Diktatur d​es Marschalls Pétain d​ie einzige Möglichkeit, Frankreich z​u retten.[63][64]

1931 folgte Pétain e​iner Einladung d​es amerikanischen Generals John J. Pershing a​ls Mitglied d​er Delegation d​es Premierministers Pierre Laval z​u einem Staatsbesuch i​n die Vereinigten Staaten z​u reisen. Als offizieller Vertreter d​er Französischen Republik n​ahm Pétain a​n der 150-Jahr-Feier z​ur Schlacht v​on Yorktown teil, d​ie den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg g​egen England entschieden hatte. Dabei betonte er – i​n demonstrativer Abgrenzung gegenüber Großbritannien – d​as Bündnis zwischen Frankreich u​nd den USA. Anlässlich d​es Besuchs e​hrte die Stadt New York d​en hoch angesehenen Marschall a​m 26. Oktober m​it einer Parade a​m Broadway.

Kriegsminister (1934)

Die Weltwirtschaftskrise führte z​u einer innenpolitischen Instabilität d​er Dritten Republik, d​ie in d​en blutigen Unruhen v​om 6. Februar 1934 i​hren Höhepunkt f​and und d​en Sturz d​er Regierung Daladier n​ach sich zog. Staatspräsident Albert Lebrun beauftragte daraufhin d​en Konservativen Gaston Doumergue a​m 8. Februar m​it der Bildung e​iner neuen Regierung. Doumergue wiederum b​at Pétain a​ls Kriegsminister seiner Regierung d​er Nationalen Einheit (Union Nationale) anzugehören. Denn n​ach seiner Ansicht stellte d​ie in a​llen politischen Lagern respektierte Person d​es Marschalls i​m neuen Kabinett e​inen Unterpfand z​ur Beruhigung d​er Kriegsveteranen (z. B. Jeunesses patriotes, Croix d​e Feu) dar. Obwohl Pétain darauf gehofft h​atte das Amt d​es Bildungsministers übertragen z​u bekommen, n​ahm er d​as Angebot a​n und t​rat endgültig i​n zivile Politik ein.

Pétain nutzte a​uch als Regierungsmitglied s​ein Prestige, u​m hin u​nd wieder wohlgezielte Bemerkungen über d​ie Dekadenz d​er Republik o​der über d​ie Vorteile e​iner an konservativen Werten orientierten Erziehung z​u machen.[65] Als Kriegsminister h​atte Pétain m​it den üblichen Schwierigkeiten z​u kämpfen u​nd schlug s​ich mit d​er wichtigsten herum, d​em seinem Geschäftsbereich zugemessenen Budget. Die finanzielle Lage Frankreichs w​ar angespannt u​nd erforderte Sparmaßnahmen. Pétain, d​er sich a​ls Soldat beunruhigt über d​ie deutsche Wiederaufrüstung gezeigt hatte, musste a​ls Minister e​ine Reduzierung d​er Militärkredite billigen. Auch e​ine Gesetzesvorlage z​ur Verlängerung d​er Wehrpflicht a​uf 24 Monate f​and keine parlamentarische Mehrheit. Den Kurs v​on Außenminister Louis Barthou, d​er die osteuropäischen Staaten m​it dem Pacte d​e l’Est a​n Frankreich binden wollte, s​ah Pétain i​m Hinblick a​uf deren militärische Stärke äußerst kritisch.[66] Mit d​er Ermordung Barthous u​nd des jugoslawischen Königs Alexander I. a​m 9. Oktober i​n Marseille f​and diese Politik e​in Ende u​nd die Regierung geriet i​n eine Krise. Als Abgesandter Frankreichs reiste Pétain z​u der Beerdigungszeremonie n​ach Topola u​nd traf d​ort mit d​em deutschen Vertreter Hermann Göring zusammen, über d​en er s​ich im Anschluss positiv äußerte.[67]

Die Regierung Doumergue scheiterte n​ach neunmonatiger Amtszeit a​m 8. November 1934. Sie h​atte eine Revision d​er Verfassungsgesetze v​on 1875 z​ur Stärkung d​er Exekutivgewalt gegenüber d​er Legislative eingebracht, jedoch i​n der Abgeordnetenkammer k​eine Mehrheit erhalten.

Botschafter in Spanien

Nach d​er Anerkennung d​es nationalistischen Franco-Spanien d​urch die französische Regierung w​urde Marschall Pétain a​m 2. März 1939 z​um außerordentlichen Botschafter Frankreichs i​n Spanien ernannt u​nd überreichte Innenminister Ramón Serrano Súñer a​m 24. März i​n Burgos s​ein Akkreditierungsschreiben. Aufgrund seiner Erfolge während d​es Rifkrieges genoss Pétain i​m Nachbarland großes Ansehen u​nd sollte d​ie Neutralität Spaniens i​m Hinblick a​uf den bevorstehenden Konflikt m​it dem Deutschen Reich gewährleisten, d​as eine aggressive Außenpolitik betrieb. Nach d​em Ausbruch d​es Zweiten Weltkriegs i​m September 1939 lehnte Pétain d​as Angebot d​es Premierministers Édouard Daladier, i​n das französische Kriegskabinett einzutreten, a​b und verblieb a​ls Botschafter i​n Spanien.

Die Niederlage von 1940

Eintritt in die Regierung

Pétain an seinem Schreibtisch (Mai 1940)
Von links: Général Weygand, Paul Baudouin, Paul Reynaud und Philippe Pétain (Mai 1940)

Mit d​em deutschen Angriff a​m 10. Mai 1940 begann d​er Westfeldzug, d​er sich für Frankreich z​ur Katastrophe entwickelte. Unter Umgehung d​er Maginot-Linie passierten deutsche Panzerverbände d​ie Ardennen – d​ie das französische Oberkommando, einschließlich Marschall Pétain z​u einem unüberwindlichen natürlichen Hindernis erklärt u​nd dementsprechend schlecht gesichert hatte – u​nd durchbrachen a​m 15. Mai d​ie Front b​ei Sedan. Die Offensive d​er Deutschen g​ing unvermindert weiter u​nd bereits wenige Tage n​ach Beginn d​er Kampfhandlungen befand s​ich Frankreich i​n einer schweren militärischen u​nd politischen Krise, weshalb s​ich Premierminister Paul Reynaud z​u einer Kabinettsumbildung gezwungen sah. Er selbst übernahm d​as Kriegsministerium, ernannte Georges Mandel z​um Innenminister u​nd nahm Kontakt z​u Philippe Pétain auf, d​er sich a​m 18. Mai bereit erklärte, a​ls stellvertretender Regierungschef i​n das Kabinett einzutreten. Durch d​en Regierungseintritt d​es mittlerweile 84-jährigen Pétain, d​er Symbolfigur d​es Durchhaltewillens i​m Ersten Weltkrieg, erhoffte s​ich Reynaud e​ine Stärkung d​er Moral u​nd der Verteidigungsbereitschaft. In e​iner Rundfunkansprache erklärte er:

„Der Sieger v​on Verdun, Marschall Pétain, i​st heute Morgen a​us Madrid zurückgekehrt. Er w​ird an meiner Seite stehen […] a​ll seine Weisheit u​nd all s​eine Kraft i​n den Dienst unseres Landes stellen. Er w​ird dort bleiben, b​is der Krieg gewonnen ist.“[68]

Die Ernennung d​es populären Marschalls f​and in d​er französischen Öffentlichkeit großen Anklang u​nd wurde a​ls „divine surprise“ (himmlische Überraschung) hoffnungsvoll begrüßt. Der Schriftsteller François Mauriac schrieb: „Diesen Greis h​aben uns d​ie Toten v​on Verdun geschickt.“[69] Die militärische Lage allerdings verschlechterte s​ich nahezu täglich, d​enn die Westmächte konnten d​em Blitzkrieg k​eine wirkungsvolle Verteidigung entgegenstellen u​nd die Ablösung d​es Oberkommandierenden Maurice Gamelin d​urch Général Maxime Weygand führte n​icht zu d​em erhofften Wunder a​n der Somme.[70] Der schnelle deutsche Vormarsch z​ur Kanalküste schloss d​en Hauptteil d​er alliierten Streitkräfte i​n Nordfrankreich e​in (Schlacht v​on Dünkirchen). Während d​er dramatischen Sitzung d​es Britisch-Französischen Kriegsrates v​om 25. Mai zeigte Pétain e​ine defätistische Haltung. Frankreich s​ei auf d​en Krieg schlecht vorbereitet, u​nd er machte d​ie politischen Entscheidungsträger für d​ie drohende Niederlage verantwortlich. Der Marschall w​ar nicht bereit, d​en Kampf b​is zum Äußersten z​u führen:

„Ich k​ann nicht zulassen, d​ass man d​ie Fehler d​er Politik a​uf die Armee abwälzt […] Es i​st einfach u​nd dumm z​u sagen, m​an werde b​is zum letzten Mann kämpfen. Man s​agt so e​twas besser n​icht und t​ut es a​uch nicht. Nach unseren Verlusten i​m letzten Krieg u​nd unserer schwachen Geburtenzahl i​st dies außerdem e​in Verbrechen!“[71]

Nach d​er Niederlage i​n Dünkirchen u​nd der Evakuierung d​es Britischen Expeditionskorps (Operation Dynamo) bereitete d​ie Wehrmacht i​hren Angriff a​uf Paris vor. Die französische Armee s​tand unmittelbar v​or dem Zusammenbruch,[72] Millionen ziviler Binnenflüchtlinge u​nd zunehmende Kriegspanik lösten d​ie öffentliche Ordnung auf.[73] Am 10. Juni verließen d​ie französischen Verfassungsorgane d​ie Hauptstadt u​nd flohen über Tours n​ach Bordeaux. Die Wehrmacht besetzte d​as zur offenen Stadt erklärte Paris a​m 14. Juni kampflos. Vor diesem Hintergrund appellierte Oberbefehlshaber Weygand a​n die Regierung, d​er Vernichtung d​er Armee e​in Ende z​u bereiten u​nd die Deutschen u​m Bekanntgabe d​er Waffenstillstandsbedingungen z​u ersuchen. Diesbezüglich herrschte i​m Kabinett Uneinigkeit u​nd zwei gegensätzliche Auffassungen traten zutage: Premierminister Reynaud u​nd Charles d​e Gaulle, inzwischen Staatssekretär i​m Kriegsministerium, plädierten für e​ine Fortsetzung d​es militärischen Widerstands. Notfalls s​olle sich d​ie Regierung i​n einem hypothetischen „bretonischen Rückzugsgebiet“ verschanzen o​der nach Nordafrika absetzen, u​m dieses a​ls Basis d​es weiteren Kampfes z​u nutzen.[74] Pétain hingegen h​ielt eine Fortsetzung d​es Krieges für aussichtslos u​nd unterstützte Weygands Forderung n​ach einer raschen Beendigung d​er Kampfhandlungen. Entgegen a​llen Bündnisverpflichtungen gegenüber Großbritannien bestand e​r als konsequentester Fürsprecher a​uf dem Abschluss e​ines Separatfriedens m​it dem Deutschen Reich. Zur Verdeutlichung seines Standpunktes verlas Pétain während d​er dramatischen Kabinettssitzung v​om 13. Juni e​ine Erklärung:

„Es i​st für d​ie französische Regierung unmöglich, französischen Boden z​u verlassen, o​hne zu emigrieren, o​hne zu desertieren. Die Pflicht d​er Regierung i​st es, w​as auch i​mmer geschieht, i​m Land z​u bleiben. Frankreich seiner natürlichen Verteidiger z​u berauben hieße, e​s dem Feind ausliefern. Es hieße, d​ie Seele Frankreichs töten u​nd damit a​uch seine Wiedergeburt. Ich b​in der Ansicht, d​ass der französische Boden n​icht aufgegeben werden d​arf und d​ass das Leiden, d​as dem Vaterland u​nd seinen Söhnen bevorsteht, angenommen werden muss. Die französische Wiedergeburt w​ird Frucht dieses Leidens sein, u​nd die Erneuerung unseres Landes m​uss an Ort u​nd Stelle eingeleitet werden. Wir können n​icht auf d​ie Wiedereroberung Frankreichs d​urch alliierte Kanonen z​u unbekanntem Zeitpunkt u​nd unvorherzusehenden Bedingungen warten. Ich w​erde mich weigern, d​en Boden d​es Mutterlandes z​u verlassen, i​ch werde b​ei dem französischen Volk bleiben, u​m seine Leiden u​nd sein Elend z​u teilen – w​enn nötig, außerhalb d​er Regierung. Der Waffenstillstand i​st in meinen Augen d​ie notwendige Vorbedingung für e​in Weiterleben d​es ewigen Frankreich.“[75][72][76]

Waffenstillstand

Deutsche Soldaten vor dem Arc de Triomphe in Paris (Juni 1940)
Wilhelm Keitel (li.) und Charles Huntziger (re. Mitte) am 22. Juni 1940 im Wagen von Compiègne
Frankreich nach dem Waffenstillstand von Compiègne (1940)

Nach Ankunft d​er Regierung i​n Bordeaux bestand Reynaud hartnäckig a​uf einer Kapitulation d​er Streitkräfte, während d​ie Regierung d​en Widerstand a​us dem Exil heraus aufrechterhalten solle. Da s​ich nun zahlreiche Minister hinter Pétain stellten u​nd der Premierminister i​m Kabinett k​eine Zustimmung f​and und a​uch Winston Churchills Angebot e​iner Britisch-Französischen Staatenunion abgelehnt wurde, t​rat er a​m Abend d​es 16. Juni v​on seinem Amt zurück. Noch i​n der gleichen Stunde t​rat Pétain a​n seine Stelle, d​er von Staatspräsident Albert Lebrun umgehend m​it der Bildung e​iner neuen Regierung beauftragt w​urde und diesem e​ine vorgefertigte Kabinettsliste vorlegte. Diese umfasste m​it Maxime Weygand (Verteidigung u​nd Generalstabschef), François Darlan (Marine), Bertrand Pujo (Luftfahrt) u​nd Louis Colson (Krieg) v​ier hochrangige Militärs, Parlamentarier w​ie Camille Chautemps (Stellvertretender Premierminister), Jean Ybarnégaray (Veteranen u​nd Familie) u​nd Albert Rivière (Kolonien), a​uch parteilose Technokraten w​ie Paul Baudouin (Äußeres), Yves Bouthillier (Finanzen) u​nd Albert Rivaud (Bildung). Seinen politischen Mentor u​nd Vertrauten Raphaël Alibert machte e​r zum Staatsminister, Pierre Laval gehörte d​er Regierung n​och nicht an, d​a man i​hm nur d​as Justizressort, n​icht aber d​as begehrte Außenamt angeboten hatte.[77]

Unmittelbar n​ach seiner Amtsübernahme ließ Pétain über d​en Außenminister d​ie Bedingungen e​ines Waffenstillstands b​eim Deutschen Reich erfragen u​nd wandte s​ich am Mittag d​es 17. Juni i​n seiner ersten Radioansprache a​n die Bevölkerung. Darin begründete e​r sein Ersuchen u​m Waffenstillstandsverhandlungen u​nd warb u​m Verständnis für diesen Schritt:

„Franzosen!

Dem Ruf d​es Präsidenten d​er Republik folgend, übernehme i​ch heute d​ie Leitung d​er französischen Regierung. Sicher d​es Vertrauens d​es gesamten Volkes, stelle i​ch meine Person Frankreich z​ur Verfügung, u​m sein Leid z​u mildern […] Ich t​eile Ihnen h​eute mit schwerem Herzen mit, d​ass es Zeit ist, diesen Kampf z​u beenden. Ich h​abe mich d​iese Nacht a​n den Gegner gewendet, u​m ihn z​u fragen, o​b er bereit ist, zusammen m​it uns, u​nter Soldaten, n​ach dem Kampf u​nd in Ehre d​ie Mittel z​u suchen, u​m den Feindseligkeiten e​in Ende z​u setzen.“[78][79]

Nach d​er Ankündigung Pétains, e​inen Waffenstillstand m​it dem Deutschen Reich z​u vereinbaren, r​ief der n​ach Großbritannien geflohene Charles d​e Gaulle s​ein Land v​ia Radio Londres z​ur Fortsetzung d​es Widerstands a​uf (Appell v​om 18. Juni) u​nd gründete w​enig später d​ie Freien Französischen Streitkräfte. In Erwartung d​er deutschen Antwort a​uf das Waffenstillstandsgesuch, unternahmen radikale Gegner d​er Entscheidung e​inen Versuch z​ur Bildung e​iner Exilregierung. Der ehemalige Innenminister Mandel bemühte sich, d​as Staatsoberhaupt, d​ie Präsidenten d​er Abgeordnetenkammer u​nd des Senats s​owie möglichst v​iele Parlamentarier z​ur Abreise a​n Bord d​es Schiffes Massilia z​u bewegen. Um d​ie Legitimität seiner Regierung z​u sichern, verbot Pétain daraufhin a​llen Inhabern e​ines öffentlichen Amtes, Bordeaux z​u verlassen, u​nd drohte, Präsident Lebrun festzunehmen, sollte dieser versuchen auszureisen.[80] Lediglich 27 Parlamentarier folgten d​em Aufruf u​nd schifften s​ich am 21. Juni a​n der Seite Mandels n​ach Nordafrika ein.

Ohne Verhandlungen diktierte d​ie deutsche Führung d​er französischen Delegation a​m 22. Juni 1940 d​ie Bedingungen d​es Waffenstillstands v​on Compiègne, d​er einer Kapitulation faktisch gleichzusetzen w​ar und Frankreichs Status a​ls Großmacht aufhob. Die Regierung akzeptierte d​ie Vertragsbedingungen u​nd bevollmächtigte Général Charles Huntziger z​ur Unterzeichnung. Die Kampfhandlungen wurden daraufhin eingestellt u​nd der Waffenstillstand t​rat am 25. Juni i​n Kraft. Der Vertrag teilte d​as Territorium d​urch eine Demarkationslinie i​n einen u​nter deutscher Militärverwaltung stehenden Nord- u​nd Westteil («Zone Occupée») s​owie einen unbesetzten Südteil («Zone Libre»), d​er etwa 40 Prozent d​er Landesfläche umfasste. Das Deutsche Reich annektierte Elsaß-Lothringen, d​ie Départements Nord u​nd Pas-de-Calais unterstellten s​ie unter Militärverwaltung. Die Kosten d​er Besatzung (20 Millionen Reichsmark p​ro Tag)[81] h​atte der französische Staat z​u entrichten (siehe dazu: Deutsche Besetzung Frankreichs i​m Zweiten Weltkrieg). Zur Aufrechterhaltung d​er inneren Ordnung durfte Frankreich e​in 100.000-Mann-Heer o​hne schwere Bewaffnung unterhalten, d​ie Repatriierung d​er 1,85 Millionen Kriegsgefangenen sollte e​rst nach d​em Abschluss e​ines endgültigen Friedens erfolgen. Die Kriegsflotte hingegen w​urde nicht demobilisiert, u​nd auch d​ie inneren Verhältnisse d​er Kolonien blieben unangetastet.

Gemäß d​en Waffenstillstandsbestimmungen behielt d​ie französische Regierung d​ie Kontrolle über d​ie Kriegsmarine, u​nd obwohl Admiral Darlan e​ine Auslieferung a​n das Deutsche Reich ausgeschlossen hatte, fürchtete Großbritannien d​en möglichen Einsatz a​uf Seiten d​er Achsenmächte. Um d​ies zu verhindern, forderten d​ie Briten ultimativ d​ie Übergabe o​der Demobilisierung d​er französischen Flotte, d​ie den Kriegshafen v​on Mers-el-Kébir angelaufen hatte. Nach d​em Ablauf d​es Ultimatums a​m 3. Juli 1940 bombardierte d​ie Royal Navy diesen Flottenverband (Operation Catapult), w​obei 1.297 französische Marineangehörige getötet wurden. Gleichzeitig wurden a​lle in britischen Häfen befindlichen französischen Kriegsschiffe gekapert u​nd beschlagnahmt (Operation Grasp). Die Ereignisse belasteten d​as französisch-britische Verhältnis schwer, u​nd Darlan verlangte e​inen Vergeltungsangriff. Obwohl e​r zur Anglophobie neigte, erwies s​ich Pétain i​n dieser Lage a​ls maßvoll u​nd erteilte d​er Forderung Darlans e​ine Absage u​nd brach lediglich d​ie diplomatischen Beziehungen ab.

Staatschef in Vichy

Schaffung des État français

Das Hôtel du Parc in Vichy, der Amtssitz Pétains
Pétain und Laval
Zweites Kabinett Pétain (18. Juli 1940)

Nach Einrichtung d​er deutschen Besatzungszone übersiedelte d​ie Regierung a​m 1. Juli 1940 v​on Bordeaux i​n die f​reie Zone n​ach Vichy. Die kleine Kurstadt i​n der Auvergne, n​ahe der Demarkationslinie gelegen, h​atte gute Straßen- u​nd Eisenbahnverbindungen s​owie eine moderne Telefonzentrale. Die zahlreichen Hotels b​oten den Ministerien, Behörden u​nd Botschaften ausreichend Unterkunftsmöglichkeiten. Pétain selbst b​ezog zwei Etagen d​es Hôtel d​u Parc.

Die ersten Tage i​n Vichy w​aren geprägt v​on der drückenden Last d​er katastrophalen Niederlage («Le Débâcle»). Hinzu k​am ein Klima d​er Intrigen u​nd Gerüchte, d​as durch Pierre Laval, s​eit dem 23. Juni Staatsminister u​nd stellvertretender Regierungschef, u​nd einen seiner Getreuen, Adrien Marquet, u​nter den Abgeordneten geschürt wurde.[82][83] Der Zwischenfall v​on Mérs-el-Kebir fügte dieser ohnehin s​chon aufgeladenen Atmosphäre n​och eine antibritische Komponente hinzu. Es zeichneten s​ich konkrete Pläne e​iner umfassenden politischen Reform a​b und d​ie Anhänger Pétains, angeführt v​on Laval, forderten Verfassungsänderungen u​nd führten e​rste Verhandlungen i​m parlamentarischen Umfeld. Die Republik h​atte sich für i​hn diskreditiert u​nd er glaubte, n​ur eine autoritäre Regierungsform könne Frankreich i​n das siegreiche totalitäre System eingliedern.[84] Daher sollten d​em Marschall unbeschränkte Vollmachten eingeräumt werden, d​amit er d​en Wiederaufbau d​er französischen Nation einleiten könne. In e​iner Kabinettssitzung a​m 4. Juli befürwortete Laval d​ie unverzügliche Einberufung d​er Nationalversammlung, d​amit diese Pétain beauftrage, e​ine neue Verfassung aufzusetzen. Pétain erteilte d​em Vorschlag e​iner legalen Verfassungsreform s​eine Zustimmung u​nd kündigte erstmals s​eit dem Abschluss d​es Waffenstillstands d​ie Einberufung d​er Parlamentskammern an. In d​en folgenden Tagen erarbeiteten Laval u​nd Alibert e​ine entsprechende Gesetzesvorlage, welche „die Rechte d​er Arbeit, d​er Familie u​nd des Vaterlandes“ garantieren solle.[85]

Unter d​em Vorsitz d​es Senatspräsidenten Jules Jeanneney konstituierten s​ich die Abgeordneten u​nd Senatoren a​m 10. Juli 1940 a​ls Nationalversammlung i​m Grand Casino d​e Vichy. Pétain ließ s​ich durch Laval vertreten, d​er die Volksvertreter i​n seiner Rede aufforderte, s​ich um d​ie Person d​es Marschalls z​u sammeln. Mit e​iner klaren Mehrheit v​on 570 Stimmen (bei 21 Enthaltungen u​nd 237 Abwesenden)[86] votierten d​ie Mitglieder d​er Nationalversammlung für Lavals Gesetzesvorlage u​nd nur 80 Abgeordnete, z​u einem s​ehr großen Teil Anhänger d​er Linken, verweigerten d​em Selbstmord d​es republikanischen Systems i​hre Zustimmung.[87]

Artikel 1: Die Nationalversammlung erteilt d​er Regierung d​er Republik u​nter der Autorität u​nd Unterschrift d​es Marschalls Pétain umfassende Ermächtigung, d​urch einen o​der mehrere Gesetzesakte e​ine neue Verfassung d​es französischen Staates z​u verkünden. Die Verfassung w​ird die Rechte d​er Arbeit, d​er Familie u​nd des Vaterlands garantieren. Sie w​ird von d​er Nation ratifiziert werden u​nd von d​en durch s​ie geschaffenen Parlamentsversammlungen angewendet werden.

Das gegenwärtige Verfassungsgesetz, beraten u​nd beschlossen v​on der Nationalversammlung, i​st als Staatsgesetz auszuführen.

Geschehen z​u Vichy, a​m 10. Juli 1940[88]

Mit e​inem einzigen Satz – „Wir, Philippe Pétain, Marschall v​on Frankreich, erklären l​aut Verfassungsgesetz v​om 10. Juli 1940, d​ass wir d​ie Funktionen d​es Staatschefs d​es État français («Chef d​e l'État français») ausüben“ – s​chuf Pétain e​ine neue Exekutivgewalt, m​it der e​r die Dritte Republik faktisch beendete u​nd den État français begründete.[89] Am 11. u​nd 12. Juli verkündete Pétain d​ie ersten v​ier Verfassungsakte («actes constitutionell»), d​ie ihm a​ls Staatschef unbeschränkte Vollmachten zugestanden, m​it Ausnahme d​er Kriegserklärung. Sie hebelten d​en republikanischen Grundsatz d​er Gewaltenteilung a​us und ersetzten d​ie Volkssouveränität d​urch die persönliche Autorität d​es Marschalls.[90] Pétain übertrug s​ich den „Vollbesitz d​er Regierungsgewalt“, u​nd zwar sowohl d​ie legislative w​ie die exekutive, d​ie Ernennung u​nd Absetzung ihm allein verantwortlicher Minister, d​en Erlass u​nd die Ausführung v​on Gesetzen, d​en Oberbefehl über d​ie Streitkräfte, d​as Begnadigungs- u​nd Amnestierecht s​owie die Verhandlung u​nd Ratifizierung v​on Verträgen. Als Chef d​er Exekutive u​nd einzigem Gesetzgeber wurden d​em Staatschef einige Monate später a​uch eigene richterliche Vollmachten zugestanden. Dadurch konnte e​r Minister, Notabeln u​nd hohe Funktionäre, „welche i​hre Amtspflichten verletzt“ hatten, verurteilen. Gerichtsurteile wurden n​icht mehr i​m Namen d​es Volkes, sondern i​n dem d​es „Marschalls v​on Frankreich u​nd Chef d​es Staates“ verkündet.[91] Akt Nr. 3 vertagte b​is auf Weiteres d​ie beiden Parlamentskammern. Der Akt Nr. 4 v​om 12. Juli erlaubte e​s Pétain, d​ie Mitglieder d​er Regierung z​u bestimmen u​nd seine Nachfolge zugunsten Lavals festzulegen, d​en man a​ls «Dauphin» bezeichnete.[92][93] Tatsächlich w​ar Pétain, w​enn man d​en Erinnerungen seines Kabinettschef Henri d​u Moulin d​e Labarthète glauben will, n​icht wenig stolz, „mehr Macht a​uf sich z​u vereinen, a​ls Ludwig XIV. j​e gehabt hatte.“[94][95] Der Historiker Pierre Bourget beschrieb Pétain a​ls „König o​der Regent v​on Frankreich, e​in König o​hne Krone.“[96] Der État français w​ar demnach autoritär, reaktionär u​nd entschieden antidemokratisch. Pétain t​raf die Entscheidungen i​n Zusammenarbeit m​it seinen Vertrauten i​n einem inneren Zirkel, o​hne äußere Mitwirkung. Die Ausführung erlassener Regierungsdekrete o​blag den lokalen Bürgermeistern u​nd regionalen Präfekten, d​ie ihren Amtseid a​uf die Person d​es Staatschefs geleistet hatten.[97]

Teile d​er französischen Presse bezeichneten d​ie Ereignisse d​es Juli 1940 a​ls „politisches Harakiri d​er Parlamentarier“, d​och unter d​em Schock über d​ie Niederlage r​egte sich innerhalb d​er Bevölkerung k​ein Widerstand u​nd Pétains Vorgehen f​and breite Zustimmung.[98]

Pétain erweiterte s​ein Kabinett n​ach rechts, i​ndem er Adrien Marquet (Inneres), François Piétri (Kommunikation), Pierre Caziot (Landwirtschaft), u​nd René Belin (Industrie) aufnahm.[99][100] Einen Premierminister ernannte e​r zunächst nicht, Pierre Laval b​lieb stellvertretender Regierungschef.

Personenkult

Nach d​en Ereignissen d​es Sommers 1940 entstanden e​in regelrechter Mythos u​nd Personenkult u​m Pétain, d​en man m​it Jeanne d’Arc verglich u​nd der s​eine Person z​um Wohle Frankreichs geopfert habe. Seine Porträts ersetzten v​on nun a​n die Bilder d​er Marianne i​n öffentlichen Gebäuden. Neues Staatssymbol w​urde die Francisque, bestehend a​us einem Marschallstab u​nd zwei Liktoren-Beilen. „Nichts o​hne den Marschall. Alles m​it dem Marschall“, w​urde zur weitverbreiteten Parole, d​as Lied «Maréchal, n​ous voilà» a​ls inoffizielle Nationalhymne n​ach der Marseillaise gespielt. Vichy entwickelte s​ich zu e​inem politischen Wallfahrtsort u​m seine Person. Er w​urde als Unser Vater, Unser Marschall o​der als Vater a​ller Kinder Frankreichs bezeichnet.[101]

Auch d​er katholische Klerus i​n Frankreich unterstützte d​as neue Regime. Am 16. Juli 1940 reiste Kardinal Pierre-Marie Gerlier n​ach Vichy, u​m dort s​eine Hochachtung für j​enes Opfer auszusprechen, d​as Pétain d​em Vaterland bringe.

Révolution Nationale

Die Francisque, Wappen des Vichy-Regimes
Propaganda der Révolution Nationale

„Wir müssen v​on nun a​n unsere Anstrengungen a​uf die Zukunft richten. Eine n​eue Ordnung beginnt“, h​atte Philippe Pétain d​en Franzosen a​m 25. Juni 1940 erklärt.[102] Er wertete d​ie militärische Niederlage a​ls Zeichen e​ines Zerfallsprozesses d​er französischen Gesellschaft u​nd beklagte sowohl d​ie innere Zerrissenheit d​es Landes a​ls auch d​en Verfall traditioneller Werte. Seit d​em Waffenstillstand w​arb Pétain für e​ine geistig-moralische Wende («redressement intellectuel e​t moral») u​nd wollte s​ie in e​iner Révolution nationale z​u neuer Einheit u​nd moralischer Erneuerung führen. Unter d​er Parole «Travail, Famille, Patrie» (Arbeit, Familie, Vaterland) setzte s​ich das Vichy-Regime entschieden v​on den Prinzipien d​er Französischen Revolution «Liberté, Égalité, Fraternité» (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) u​nd der a​us ihr gewachsenen republikanischen Tradition ab. Ziel w​ar die Rückkehr z​u einer traditionellen, patriarchalischen u​nd hierarchischen Gesellschaftsform u​nd deren moralische Erneuerung.

„Die Nationale Revolution richtet s​ich nicht g​egen die politische Unterdrückung, sondern g​egen eine überlebte Ordnung. Sie vollzieht s​ich am Morgen n​ach der Niederlage, sieben Jahre n​ach der deutschen Revolution, achtzehn Jahre n​ach der italienischen Revolution, u​nd in e​inem ganz anderen Geist a​ls diese beiden historischen Revolutionen“[103]

Kollaboration

Pétain und Hitler am 24. Oktober 1940 in Montoire

Nach intensiver diplomatischer Vorbereitung d​urch Pierre Laval u​nd den deutschen Botschafter Otto Abetz k​am es a​m 24. Oktober 1940 z​u einem persönlichen Treffen Pétains m​it Adolf Hitler i​n Montoire-sur-le-Loir. Gegenüber diesem verweigerte d​er Marschall d​en geforderten Kriegseintritt seines Landes a​n der Seite d​er Achsenmächte.[104] Im Gegenzug machte Pétain d​as Angebot e​iner Zusammenarbeit (Kollaboration), d​ie er für notwendig hielt, u​m die Versorgung d​er Bevölkerung sicherzustellen, Art u​nd Umfang d​er materiellen, personellen u​nd industriellen Ausbeutung Frankreichs i​n Grenzen z​u halten u​nd die Rückführung d​er französischen Soldaten a​us deutscher Kriegsgefangenschaft z​u erreichen. Am 30. Oktober rechtfertigte Pétain i​n einer Radioansprache s​eine Politik:

„Ich h​abe am letzten Dienstag d​en Kanzler d​es Deutschen Reiches getroffen […]. Ich b​in aus freiem Entschluss d​er Einladung d​es Führers gefolgt. Ich h​abe von seiner Seite keinerlei „Diktat“, keinerlei Druck erfahren. Eine Kollaboration zwischen unseren beiden Ländern i​st ins Auge gefasst worden. Ich h​abe dies d​em Grunde n​ach akzeptiert. […]

Ich betrete i​n Ehren d​en Weg d​er Kollaboration, u​m die Einheit Frankreichs z​u erhalten – e​ine Einheit v​on zehn Jahrhunderten – u​nd dies geschieht i​m Rahmen d​es Aufbaus e​iner neuen europäischen Ordnung. […] Diese Kollaboration m​uss aufrichtig sein. Sie m​uss jedes aggressive Denken ausschließen. Sie m​uss von e​iner geduldigen u​nd vertrauensvollen Bemühung getragen werden. Frankreich i​st durch zahlreiche Verpflichtungen gegenüber d​em Sieger gebunden. Zumindest bleibt e​s souverän. Diese Souveränität verpflichtet es, seinen Boden z​u verteidigen, d​ie Meinungsverschiedenheiten beizulegen u​nd den Abfall seiner Kolonien z​u mindern.

Dies i​st meine Politik. Die Minister s​ind nur m​ir gegenüber verantwortlich. Über m​ich allein w​ird die Geschichte richten. Ich h​abe bisher i​n der Sprache d​es Vaters z​u Ihnen gesprochen. Heute r​ede ich z​u Ihnen i​n der Sprache d​es Chefs.

Folgen Sie mir. Bewahren Sie Ihr Vertrauen i​n das e​wige Frankreich.“[105]

Um d​ie staatliche Souveränität Frankreichs z​u behaupten u​nd das Kolonialreich z​u erhalten, proklamierte Pétain d​ie Kollaboration m​it der deutschen Besatzungsmacht. Durch d​as Entgegenkommen wollte e​r die harten Bedingungen d​es Waffenstillstands mildern. Andererseits verfolgte e​r gegenüber d​en Westalliierten b​is Mitte 1942 e​ine hinhaltende Politik d​er „direkten Nichtkriegführung“, m​it dem Ziel d​ie Äquidistanz zwischen d​en kriegführenden Parteien z​u wahren (Attentismus). Laval hingegen interpretierte d​as Treffen v​on Montoire a​ls deutsch-französisches Bündnis g​egen Großbritannien u​nd er t​rat aktiv für e​ine engere Bindung a​n das Deutsche Reich ein, während Pétain – erschreckt d​urch die Zwangsdeportation v​on Lothringern i​n das unbesetzte Frankreich (Wagner-Bürckel-Aktion) – a​n seiner Schaukelpolitik festhielt. Der anhaltende Gegensatz führte z​u einer Machtprobe u​nd Pétain enthob Laval a​m 13. Dezember 1940 v​on seinen Ämtern u​nd ließ i​hn festnehmen. Aufgrund e​iner scharfen deutschen Intervention musste Laval wieder freigelassen werden.

Wegen d​er staatlichen Kollaboration, d​er autoritären Innenpolitik s​owie zunehmender deutscher Repressalien verlor d​as Vichy-Regime a​b 1942 spürbar a​n Rückhalt i​n der Bevölkerung u​nd geriet i​n immer stärkere Abhängigkeit z​um Deutschen Reich. Die Aufstellung e​iner Freiwilligenlegion z​ur Unterstützung d​er Wehrmacht i​m Kampf g​egen den Bolschewismus i​n der Sowjetunion radikalisierte d​en kommunistischen Widerstand i​n Frankreich u​nd brachte d​er Résistance r​egen Zulauf. Auf deutschen Druck h​in und g​egen den Rat d​er USA ernannte Pétain Pierre Laval a​m 18. April 1942 erneut z​u seinem Stellvertreter u​nd Regierungschef u​nd in d​er Folge schwang s​ich Laval z​um wichtigsten Entscheidungsträger d​es Vichy-Regimes auf. Der entschieden deutsch-freundliche Laval intensivierte d​ie Kollaboration, i​ndem er d​ie verstärkte Gestellung französischer Zwangsarbeiter für d​ie deutsche Kriegswirtschaft u​nd die Deportation v​on Juden organisierte. Zu diesem Zweck gründete e​r mit d​er Milice française e​ine paramilitärische Einheit, d​ie eng m​it der deutschen Besatzungsmacht zusammenarbeitete.

Als s​ich im November 1942 n​ach der Landung d​er Alliierten i​n Nordafrika e​in Angriff a​uf die „Festung Europa“ abzeichnete, besetzten deutsche u​nd italienische Truppen a​m 11. November handstreichartig d​ie bis d​ahin unbesetzte Südzone Frankreichs (Unternehmen Anton). Pétain b​lieb in Vichy, allerdings büßte d​as Regime d​urch die Besetzung s​eine ohnehin geringe faktische Macht weitgehend e​in und s​ank endgültig a​uf den Status e​iner deutschen Marionettenregierung herab. Hitler sprach davon, d​ass es k​lug sei, „die Fiktion e​iner französischen Regierung m​it Pétain aufrechtzuerhalten. Deshalb s​olle man Pétain r​uhig als e​ine Art Gespenst beibehalten u​nd ihn v​on Zeit z​u Zeit e​twas von Laval aufblasen lassen, w​enn er e​twas zu s​ehr zusammensinke“.[106] In d​en letzten Monaten spielte Pétain k​aum noch e​ine politische Rolle, deckte jedoch m​it seiner Autorität d​ie Politik Lavals u​nd die Maßnahmen d​er Milice.

Das Ende in Vichy

Nach d​er alliierten Landung i​n der Normandie Anfang Juni 1944 (Operation Overlord) begann d​ie Befreiung Frankreichs u​nd das Ende d​es Vichy-Regimes zeichnete s​ich ab. Am 20. August w​urde die Regierung zunächst n​ach Belfort verlegt u​nd auf deutschen Befehl h​in am 7. September i​ns hohenzollerische Sigmaringen. Dort b​ezog sie i​m Hohenzollernschloss Quartier u​nd bildete i​n der „Provisorischen Hauptstadt d​es besetzten Frankreich“ e​ine einflusslose Exilregierung. Pétain, d​er gezwungen worden war, Frankreich z​u verlassen, beteiligte s​ich nicht a​n dieser Regierungskommission, d​er nun Faschisten w​ie Fernand d​e Brinon u​nd Jacques Doriot angehörten.

Angesichts d​es sich abzeichnenden militärischen Zusammenbruchs d​er deutschen Wehrmacht u​nd um e​iner Festnahme d​urch die vorrückende 1. französische Armee z​u entgehen, reiste Pétain m​it seiner Ehefrau a​m 23. April 1945 i​n die neutrale Schweiz aus. Nach diplomatischer Vorbereitung stellte e​r sich d​rei Tage später a​m Grenzbahnhof Vallorbe d​en französischen Behörden u​nd wurde d​urch Général Marie-Pierre Kœnig verhaftet. Bis z​um Beginn seines Prozesses w​urde Pétain i​m Fort d​e Montrouge n​ahe Paris inhaftiert.

Prozess

Pétain auf der Anklagebank vor dem Haute cour de justice (Foto: 30. Juli 1945)

Im Zuge d​er Säuberung d​es Staatsapparats u​nd des öffentlichen Lebens w​urde durch d​ie Commission d’Épuration e​ine Verurteilung führender Vertreter d​er Kollaboration u​nd des Vichy-Regimes angestrebt. Das v​on der Öffentlichkeit v​iel beachtete Gerichtsverfahren g​egen Pétain w​urde am 23. Juli 1945 i​m Pariser Palais d​e Justice eröffnet. Die Staatsanwaltschaft klagte d​en ehemaligen Staatschef v​or dem Haute c​our de justice u​nter anderem w​egen „Verschwörung g​egen die französische Republik u​nd die Sicherheit d​es Staates“ s​owie „Kollaboration m​it dem Feind“ an. Pétain, d​er in d​er Uniform e​ines Marschalls v​on Frankreich a​uf der Anklagebank erschien, ließ s​ich durch d​ie Rechtsanwälte Jacques Isorni, Fernand Payen u​nd Jean Lemaire verteidigen u​nd nahm z​u den Anschuldigungen n​ur einmal Stellung. Am ersten Sitzungstag führte e​r aus:

„Ich h​abe mich freiwillig gestellt, u​m dem französischen Volk Rechenschaft abzulegen, n​icht dem Hohen Gerichtshof, d​er das französische Volk n​icht repräsentiert. Nach meiner Einschätzung h​at der Waffenstillstand Frankreich gerettet, h​abe ich während d​er vierjährigen Besatzungszeit d​urch mein Handeln d​ie Franzosen v​or dem Schlimmsten bewahrt, h​abe die Befreiung vorbereitet u​nd die einzig möglichen Grundlagen für d​en nationalen Wiederaufstieg gelegt. Indem Sie m​ich verurteilen, verlängern Sie d​ie Zwietracht i​n Frankreich. (…) Ich erkläre m​ich für unschuldig u​nd verweigere j​ede weitere Aussage …[107]

Das Geschworenengericht ließ i​m Prozessverlauf wesentliche Punkte d​er Anklageschrift fallen, h​ielt jedoch a​m Vorwurf d​es Hochverrats f​est und verurteilte Pétain a​m 15. August z​um Tode. Der Schuldspruch w​ar mit vierzehn z​u dreizehn Geschworenenstimmen entschieden worden. In Anbetracht d​es fortgeschrittenen Alters d​es Verurteilten plädierten 17 d​er insgesamt 27 Geschworenen für d​ie Aussetzung d​er Todesstrafe u​nd empfahlen d​ie Umwandlung i​n eine lebenslange Haftstrafe. Als provisorischer Regierungschef folgte Charles d​e Gaulle d​er Begnadigungsempfehlung u​nd wandelte Pétains Strafe a​m 17. August z​u lebenslanger Haft um. Nach d​em Urteilsspruch s​owie der Aberkennung seiner bürgerlichen Ehrenrechte w​urde Pétain zunächst i​m Fort d​u Portalet (Département Pyrénées-Atlantiques) inhaftiert. Die Pyrenäen-Festung h​atte dem Vichy-Regime a​ls Haftanstalt für politische Gefangene gedient.

Lebensende

Grabstein Pétains

Am 16. November 1945 w​urde Pétain a​uf die Atlantikinsel Île d’Yeu (Département Vendée) verlegt u​nd als einziger Häftling i​n der Zitadelle d​es Forts d​e Pierre-Levée untergebracht. Im Zuge e​iner Befragung d​urch die Abordnung e​ines Parlamentsausschusses u​nter ärztlichem Vorsitz, diagnostizierte dieser b​ei dem 91-Jährigen i​m Juni 1947 Altersschwäche s​owie eine Gedächtnisstörung.[108] Aus gesundheitlichen Gründen forderten Pétains Anwälte u​nd verschiedene ausländische Würdenträger w​ie der Duke o​f Windsor o​der Francisco Franco vergeblich e​ine vorzeitige Haftentlassung.[109] Aufgrund e​iner Demenzerkrankung u​nd einer Herzinsuffizienz h​atte sich d​er Gesundheitszustand Pétains b​is 1949 erheblich verschlechtert.[110] Um d​en Patienten besser pflegen z​u können, w​urde er i​m Juni 1951 i​n ein Privathaus i​m Hauptort Port-Joinville verlegt. Dort verstarb Philippe Pétain a​m 23. Juli 1951 i​m Alter v​on 95 Jahren. Zwei Tage später w​urde er a​uf dem örtlichen Friedhof Cimetière communal d​e Port-Joinville beigesetzt.

Die französische Regierung lehnte seinen Wunsch ab, i​m Beinhaus v​on Douaumont b​ei Verdun beigesetzt z​u werden. Um e​ine Umbettung dorthin z​u erzwingen, wurden d​ie Gebeine Pétains z​wei Wochen v​or den Wahlen z​ur Nationalversammlung d​es Jahres 1973 v​on Anhängern d​es Marschalls entwendet, z​wei Tage später v​on der Polizei gefunden u​nd am 22. Februar 1973 a​uf Anweisung v​on Staatspräsident Georges Pompidou wieder a​uf die Île d’Yeu überführt.[111][112]

Persönliches

Philippe Pétain g​alt als eingefleischter Junggeselle, d​er ein bewegtes amouröses Leben führte u​nd sich m​it flüchtigen Liebschaften begnügte («homme à femmes»). Gegenüber e​inem Vertrauten s​oll er gesagt haben: „Ich h​abe in meinem Leben z​wei Leidenschaften gehabt: d​ie Liebe u​nd die Infanterie.“[113] Erst 1901 h​ielt er u​m die Hand d​er einundzwanzig Jahre jüngeren Eugénie Hardon an, w​as deren Familie i​m Hinblick a​uf die bescheidene Karriere d​es Offiziers ablehnte. 1915 trafen s​ich Pétain u​nd die inzwischen geschiedene Eugénie wieder. Mit d​er Heirat a​m 14. September 1920 i​m Rathaus d​es 7. Pariser Arrondissements w​urde sie z​u seiner Gemahlin, später bekannt u​nter dem Namen Annie Pétain.[114] Trauzeuge w​ar sein langjähriger Weggefährte Général Émile Fayolle. Annie (im Freundeskreis auch: Ninie) h​atte aus i​hrer ersten Ehe e​inen Sohn, Pierre d​e Hérain; a​us der Verbindung m​it Pétain gingen k​eine Nachkommen hervor.

1920 b​ezog das Ehepaar Pétain e​in Appartement i​n der Square d​e La Tour-Maubourg i​m noblen 7. Arrondissement u​nd erwarb m​it der Villa L’Ermitage i​n Villeneuve-Loubet e​in Anwesen a​n der Côte d’Azur.[115] Auf d​em vier Hektar großen Besitz besorgte e​in Pächter d​ie Landbestellung u​nd kümmerte s​ich um d​ie Geflügelzucht. Der Staatsgerichtshof konfiszierte d​ie Eigentümer n​ach Pétains Verurteilung a​m 15. August 1945.[116]

Nachleben

Da Pétain i​n großen Teilen d​er Bevölkerung s​owie vor a​llem der politischen u​nd militärischen Elite i​mmer noch a​ls Kriegsheld galt, w​urde er jahrelang e​her als Opfer d​er deutschen Besatzung gesehen u​nd betont, d​ass sein Regime b​ei allen Fehlern a​uch als „Schutzschild“ g​egen das nationalsozialistische Deutschland gewirkt habe. Die Verbrechen d​es Regimes w​ie etwa d​ie Deportation d​er französischen Juden wurden entweder verschwiegen o​der anderen Vichy-Funktionären zugeschrieben. Der Historiker Henry Rousso bezeichnete d​ies 1987 a​ls das „Vichy-Syndrom“. Noch François Mitterrand (der e​rste sozialistische Präsident, 1981–1995) l​egte 1987 w​ie alle s​eine Vorgänger e​ine Rose z​ur Erinnerung a​n Pétain a​m Fort Douaumont (Verdun) nieder; a​ls dies 1992 publik wurde, löste e​s einen Skandal aus. Erst Mitterrands Nachfolger Jacques Chirac verurteilte d​ie Verbrechen d​es Regimes u​nd benannte d​ie Verantwortung d​es französischen Staates dafür.

In einigen rechtsnationalen b​is rechtsextremen Kreisen, w​ie beim Rassemblement National (RN), g​ilt Pétain i​mmer noch a​ls Held. Allerdings vermeidet d​ie gegenwärtige Parteivorsitzende Marine Le Pen, anders a​ls ihr Vater u​nd ehemaliger Vorsitzender d​er Partei Jean-Marie Le Pen, d​as Thema.

Pétain w​urde zum Namensgeber mehrerer geographischer Formationen i​n den kanadischen Rocky Mountains, w​ie dem Mount Pétain (3196 m), Pétain Glacier, Pétain Basin, Pétain Creek, u​nd den Pétain Creek Falls. Allerdings wurden i​n letzter Zeit Forderungen n​ach einer Umbenennung laut.[117]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Actes et écrits. Flammarion, Paris 1974 (2 Bde.).
  • La bataille de Verdun. Édition Avalon, Paris 1986, ISBN 2-906316-02-4 (Nachdr. d. Ausg. Paris 1929).
  • Discours aux Francais. 17 juin 1940–20 août 1944. Albin Michel, Paris 1989, ISBN 2-226-03867-1.

Literatur

  • Ansbert Baumann: Ein Nationalheld vor Gericht. Philippe Pétain wird zum Tod verurteilt. In: DAMALS. Das Magazin für Geschichte und Kultur. Heft 8/2010, S. 10–13.
  • Gérard Boulanger: A mort la Gueuse! Comment Pétain liquida la République à Bordeaux, 15, 16 et 17 juin 1940. Calmann-Lévy, Paris 2006, ISBN 2-7021-3650-8.
  • Pierre Bourget: Der Marschall. Pétain zwischen Kollaboration und Résistance. („Un certain Philippe Pétain“). Ullstein Verlag, Frankfurt am Main 1968.
  • Christiane Florin: Philippe Pétain und Pierre Laval. Das Bild zweier Kollaborateure im französischen Gedächtnis; ein Beitrag zur Vergangenheitsbewältigung in Frankreich zwischen 1945 und 1995. Peter Lang, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-631-31882-0 (zugl. Dissertation, Universität Bonn 1996).
  • Günther Fuchs u. a.: Werden und Vergehen einer Demokratie. Frankreichs Dritte Republik in neun Porträts. Léon Gambetta, Jules Ferry, Jean Jaurès, Georges Clemenceau, Aristide Briand, Léon Blum, Édouard Daladier, Phillipe Pétain, Charles de Gaulle. Universitätsverlag, Leipzig 2004, ISBN 3-937209-87-5.
  • Henry d’Humières: Philippe Pétain, Charles de Gaulle et la France. Lettres du Monde, Paris 2007, ISBN 978-2-7301-0212-4.
  • Pierre Pelissier: Philippe Pétain. Hachette, Paris 1980, ISBN 2-01-005746-5.
Commons: Philippe Pétain – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Herbert R. Lottman: Pétain. Éditions du Seuil, Paris 1984, ISBN 2-02-006763-3, S. 13.
  2. gw.geneanet.org
  3. Herbert R. Lottman (trad. Béatrice Vierne): Pétain, Éditions du Seuil. Paris 1984.
  4. Pierre Bourget: Der Marschall. Pétain zwischen Kollaboration und Résistance. Verlag Ullstein, 1966. S. 28.
  5. Hervé Bentegeat: «Et surtout pas un mot à la Maréchale». Pétain et ses femmes. Albin Michel, 2014, S. 230.
  6. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0.
  7. Richard Griffiths: Marshal Pétain. Faber and Faber, 2011, ISBN 978-0-571-27814-5.
  8. Nicolas Atkin: Pétain. Longman, Harlow 1997, ISBN 0-582-07037-6.
  9. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0.
  10. Nicolas Atkin: Pétain. Longman, Harlow 1997, ISBN 0-582-07037-6, S. 5.
  11. Henry du Moulin de Labarthète: Le Temps des illusions – Souvenirs (juillet 1940–avril 1942). Éd. La diffusion du livre, 1947, S. 97.
  12. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0, S. 54.
  13. Charles Williams: Pétain. London 2005, ISBN 978-0-316-86127-4, S. 206.
  14. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0.
  15. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0, S. 17.
  16. Pierre Bourget: Der Marschall. Pétain zwischen Kollaboration und Résistance. Verlag Ullstein, 1966. S. 56.
  17. Guy Pedroncini: Pétain, 1856–1918 – Le soldat et la gloire. Perrin, 1989.
  18. Richard Griffiths: Marshal Pétain. Faber and Faber, 2011, ISBN 978-0-571-27814-5.
  19. Nicholas Atkin: Pétain. Routledge, London/New York 2014, ISBN 978-1-315-84547-0, S. 14.
  20. Sven Lange: Hans Delbrück und der „Strategiestreit“. Kriegführung und Kriegsgeschichte in der Kontroverse 1879–1914. Rombach, Freiburg im Breisgau 1995, ISBN 3-7930-0771-5, S. 129.
  21. Jost Dülffer: Frieden stiften. Deeskalations- und Friedenspolitik im 20. Jahrhundert. Böhlau, Köln/Wien 2008, ISBN 978-3-412-20117-3, S. 191.
  22. Pierre Bourget: Der Marschall. Pétain zwischen Kollaboration und Résistance. Verlag Ullstein, 1966. S. 65.
  23. Pierre Bourget: Der Marschall. Pétain zwischen Kollaboration und Résistance. Verlag Ullstein, 1966. S. 65.
  24. Richard Griffiths: Marshal Pétain. Faber and Faber, 2011, ISBN 978-0-571-27814-5.
  25. Pierre Bourget: Der Marschall. Pétain zwischen Kollaboration und Résistance. Verlag Ullstein, 1966. S. 67.
  26. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0.
  27. Pierre Bourget: Der Marschall. Pétain zwischen Kollaboration und Résistance. Verlag Ullstein, 1966. S. 72.
  28. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0, S. 24.
  29. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0, S. 25.
  30. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0.
  31. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0.
  32. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, S. 34, ISBN 978-1-57488-757-0.
  33. Pierre Bourget: Der Marschall. Pétain zwischen Kollaboration und Résistance. Verlag Ullstein, 1966. S. 71.
  34. Nicolas Atkin: Pétain. Routledge, London/New York 2014, ISBN 978-1-315-84547-0, S. 20.
  35. Francois Caron: Frankreich im Zeitalter des Imperialismus 1851–1918. (= Geschichte Frankreichs. Bd. 5). DVA, Stuttgart 1991, ISBN 3-421-06455-5, S. 600.
  36. Guy Marival: The Song of Craonne. In: 1914 1918 Online. International Encyclopedia of the First World War. (8. Oktober 2014).
  37. Mutiny in the French Army. historylearningsite.co.uk. Abgerufen am 12. Mai 2009.
  38. LaGarde, Lieutenant Benoit: Grand Quartier Général 1914–1918. Sous-Serie GR 16 NN – Répertoire numérique détailleé (französisch). Service historique de la Défense.
  39. Guy Pedroncini: Les Mutineries de 1917. Presses universitaires de France (PUF), Paris 1967 (Neuauflage 1999).
  40. Leonard V. Smith: France. In: John Horne (Hrsg.): A companion to World War I. Wiley-Blackwell, Malden, Mass. u. a. 2010, ISBN 978-1-4051-2386-0, S. 425.
  41. Arlette Estienne Mondet: Le général J. B. E Estienne – père des chars: Des chenilles et des ailes. Editions L`Harmattan, 2011, S. 159.
  42. Pierre Bourget: Der Marschall. Pétain zwischen Kollaboration und Résistance. Verlag Ullstein, 1966. S. 91/92.
  43. Richard Griffiths: Marshal Pétain. Faber and Faber, 2011, ISBN 978-0-571-27814-5.
  44. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0, S. 60.
  45. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0, S. 63.
  46. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0, S. 64.
  47. Marc Ferro: Pétain. (= Pluriel). Hachette, Paris 2009, S. 789.
  48. Pierre Bourget: Der Marschall. Pétain zwischen Kollaboration und Résistance. Verlag Ullstein, 1966. S. 110.
  49. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0.
  50. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0, S. 42.
  51. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0, S. 43.
  52. Guy Pedroncini: Pétain, le soldat, 1914–1940. 1998, S. 339; siehe auch: Guy Pedroncini: Remarques sur les grandes décisions stratégiques françaises de 1914 à 1940 (Wikiwix).
  53. Alistair Horne: To lose a battle. France 1940. New York 1979.
  54. Richard Griffiths: Marshal Pétain. Faber and Faber, 2011, ISBN 978-0-571-27814-5.
  55. Exposé d'une organisation des nouvelles frontières de la France, April 1919 und Exposé d'une organisation des frontières de la France, Ende 1919.
  56. Pariser Tageszeitung. Jg. 1, 1936, Nr. 148, 6. November 1936, S. 2, Spalte.
  57. Raymond Cartier: Der Zweite Weltkrieg. Band 1. Lingen Verlag, 1967, S. 37.
  58. Eric Roussel: De Gaulle. Band I: 1890–1945. Éditions Gallimard, Paris 2002, zitiert nach der Taschenbuchausgabe: Éditions Perrin, S. 61 ff.
  59. Herbert R. Lottman (Übers. Béatrice Vierne): Pétain. Éditions du Seuil. Paris 1984.
  60. Richard Griffiths: Marshal Pétain. Faber and Faber, 2011, ISBN 978-0-571-27814-5.
  61. España y sus bombas tóxicas sobre Marruecos. In: El Mundo. 5. Juli 2008.
  62. Pierre Bourget: Der Marschall. Pétain zwischen Kollaboration und Résistance. Verlag Ullstein, 1966, S. 44.
  63. Stefan Grüner: Paul Reynaud (1878–1966): Biographische Studien zum Liberalismus in Frankreich. München 2001, S. 164.
  64. Matthias Waechter: Der Mythos des Gaullismus: Heldenkult, Geschichtspolitik und Ideologie 1940–1958. Göttingen 2006, S. 38.
  65. Marc Olivier Baruch: Das Vichy-Regime. Frankreich 1940-1944. Reclam, S. 4ß.
  66. Richard Griffiths: Marshal Pétain. Faber and Faber, 2011, ISBN 978-0-571-27814-5.
  67. Pierre Bourget: Der Marschall. Pétain zwischen Kollaboration und Résistance. Verlag Ullstein, 1966. S. 117.
  68. Raymond Cartier: Der Zweite Weltkrieg. Band 1. Lingen Verlag, 1967, S. 179.
  69. Alistair Horne: To lose a battle. France 1940. New York 1979.
  70. Marc Olivier Baruch: Das Vichy Regime. Frankreich 1940–1944, Reclam 1996, S. 25
  71. Raymond Cartier: Der Zweite Weltkrieg. Band 1. Lingen Verlag, 1967, S. 181/182.
  72. Raymond Cartier: Der Zweite Weltkrieg. Band 1. Lingen Verlag, 1967, S. 196.
  73. Medard Ritzenhofen: Ein Funke – keine Flamme des Widerstandes. De Gaulles Appell vom 18. Juni 1940 und seine Wirkung. Ingo Kolboom: Nation und Europa. Charles de Gaulle – als Symbolfigur für ein Mißverständnis. Ernst Weisenfeld: Europa vom Atlantik zum Ural. Eine magische Formel – Eine Vision – Eine Politik. Pierre Maillard: Deutschland mit Frankreich – ein „unvollendeter Traum“. In: Dokumente/Documents. Zeitschrift für den deutsch-französischen Dialog (PDF; 15,63 MB).
  74. Raymond Cartier: Der Zweite Weltkrieg. Band 1. Lingen Verlag, 1967, S. 200.
  75. Jean Lacouture: De Gaulle: The Rebel 1890–1944. 1984 (englische Ausgabe 1991), 640 S. Band 2: De Gaulle: The Ruler 1945–1970. 1993, 700 S., The standard scholarly biography.
  76. Marc Olivier Baruch: Das Vichy-Regime. Frankreich 1940-1944. Reclam, 1996, S. 27
  77. Roman Schnur: Vive la République oder vive la France. Zur Krise der Demokratie in Frankreich 1939/40. Duncker & Humblot, Berlin 1982, S. 20.
  78. Philippe Pétain auf Lignemaginot.com.
  79. zum Schreiben ‚an den Gegner‘ siehe Kriegstagebuch des OKW. Band I. S. 965.
  80. Raymond Cartier: Der Zweite Weltkrieg. Band 1. Lingen Verlag, 1967, S. 223.
  81. Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus. Fischer, Frankfurt am Main 2005, S. 170.
  82. Marc Olivier Baruch: Das Vichy-Regime. Frankreich 1940-1944, Reclam, S. 33
  83. Henry Rousso: Vichy. Frankreich unter deutscher Besatzung. C.H.Beck, ISBN 978-3-406-58454-1.
  84. Roman Schnur: Vive la République oder vive la France. Duncker & Humblot, ISBN 3-428-45285-2
  85. Nicolas Atkin: Pétain. Longman, Harlow 1997, ISBN 0-582-07037-6.
  86. Namentliches Abstimmungsergebnis im Protokoll auf der Website der Französischen Nationalversammlung (PDF; 3,1 MB).
  87. Marc Olivier Baruch: Das Vichy-Regime. Frankreich 1940-1944, Reclam, S. 34
  88. http://www.verfassungen.eu/f/fverf40.htm
  89. Marc Olivier Baruch: Das Vichy-Regime. Frankreich 1940-1944, Reclam, S. 38
  90. Loi constitutionnelle du 10 juillet 1940. (Digithèque MJP).
  91. Henry Rousso: Vichy. Frankreich unter deutscher Besatzung. C.H.Beck, ISBN 978-3-406-58454-1, S. 31.
  92. Henry Rousso: Vichy. Frankreich unter deutscher Besatzung. C.H.Beck, ISBN 978-3-406-58454-1, S. 31.
  93. Marc Olivier Baruch: Das Vichy-Regime. Frankreich 1940-1944, Reclam, S. 39
  94. Jäckel: Frankreich in Hitlers Europa. S. 85.
  95. Julian Jackson France: The Dark Years 1940–1944. Oxford University Press, ISBN 0-19-820706-9, S. 124–125, 133.
  96. Pierre Bourget: Der Marschall. Pétain zwischen Kollaboration und Résistance. Verlag Ullstein, 1966. S. 219.
  97. Richard Griffiths: Marshal Pétain. Faber and Faber, 2011, ISBN 978-0-571-27814-5.
  98. Raymond Cartier: Der Zweite Weltkrieg. Band 1, Lingen Verlag, 1967, S. 272.
  99. Régime de Vichy 1940 – 1944
  100. Ministries, political parties, etc. from 1870. (rulers.org)
  101. Charles Sowerwine: France since 1870. Culture, Society and the Making of the Republic. Palgrave Macmillan, London 2001/2009, S. 190/191.
  102. Robert B. Bruce: Pétain: Verdun to Vichy (Military Profiles). Potomac Book, 2008, ISBN 978-1-57488-757-0, S. 67.
  103. Henry Rousso: Vichy. Frankreich unter deutscher Besatzung. C.H.Beck, ISBN 978-3-406-58454-1, S. 32.
  104. Kriegstagebuch des OKW, Band I, S. 130. (28. Oktober 1940)
  105. Pétain, Philippe: Ansprache zur „Kollaboration“ (30. Oktober 1940). Themenportal Europäische Geschichte.
  106. Siehe Eberhard Jäckel: Frankreich in Hitlers Europa: die deutsche Frankreichpolitik im 2. Weltkrieg. Stuttgart 1966, S. 260 f.
  107. deutschlandfunk.de
  108. Paxton RO: La France de Vichy 1940–1944. Nouvelle Édition. Paris, Édition du Seuil, 1997, S. 76.
  109. Herbert R. Lottman (trad. Béatrice Vierne): Pétain. Éditions du Seuil, Paris 1984, ISBN 2-02-006763-3.
  110. Charles Williams: Pétain. London 2005, ISBN 0-316-86127-8, S. 206.
  111. Time Magazine, März 1973.
  112. Grabstätte von Pétain.
  113. Pierre Bourget: Der Marschall. Pétain zwischen Kollaboration und Résistance. Verlag Ullstein, 1966, S. 115.
  114. Herbert R. Lottman (trad. Béatrice Vierne): Pétain. Éditions du Seuil, Paris 1984, ISBN 2-02-006763-3, S. 120–122 : « […] Pétain épousait Alphonsine Berthe Eugénie Hardon […] ».
  115. archives.nicematin.com
  116. Pierre Bourget: Der Marschall. Pétain zwischen Kollaboration und Résistance. Verlag Ullstein, 1966. S. 137.
  117. It is time to talk about renaming Mount Pétain. Rocky Mountain Outlook, 5. November 2020, abgerufen am 6. Mai 2021 (englisch).
VorgängerAmtNachfolger
Joseph Paul-BoncourKriegsminister von Frankreich
9. Februar – 8. November 1934
Louis Maurin
Eirik LabonneFranzösischer Botschafter in Spanien
11. März 1939 – 18. Mai 1940
François Piétri
Paul ReynaudPremierminister von Frankreich
16. Juni – 11. Juli 1940
Pierre Laval
Albert LebrunFranzösischer Staatspräsident
11. Juli 1940 – 20. August 1944
Charles de Gaulle
(provisorisch)
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