Generalissimus
Generalissimus (von italienisch Generalissimo, etwa „General der Generäle“) ist eine veraltete Bezeichnung für eine Oberbefehlshaberposition. Der Generalissimus war befugt, sowohl militärisch als auch politisch auf eigene Verantwortung zu handeln. Mit dem Ausdruck wird ein über den Marschällen und Generälen stehender Oberbefehlshaber sämtlicher Streitkräfte eines Landes bezeichnet.
Albrecht von Wallenstein wurde durch die kaiserliche Instruktion vom 27. Juni 1625 „zum General über diesen Unsern nach dem Heiligen Römischen Reich abgeordneten Sukkurs“. Er erhielt damit als einziger habsburgischer General diesen Rang und Titel als unumschränkter Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armada,[1] als General der Generale, der so auch über die Befehlshaber (auch über Generalleutnant Tilly) der ligistischen Armeen gestellt wurde. Im Sprachgebrauch führt das zum Titel des Generalissimus.
In der Habsburgermonarchie besaß der Generalissimus die Befehlsgewalt des Generalleutnants (im 17. Jahrhundert höchster Generalsrang); anders als dieser unterstand der Generalissimus jedoch nicht dem Wiener Hofkriegsrat und durfte autonom handeln. War ein Generalissimus eingesetzt, blieb während seiner Amtszeit die Position des Generalleutnants unbesetzt.
In moderneren Zeiten wurde der Begriff Generalissimus wieder als militärischer Titel verschiedener Diktatoren – oft einhergehend mit Personenkult – verwendet.
Beispiele
- 1625 bzw. 1632: Albrecht von Wallenstein (HRR)
- 1634: Matthias Gallas (HRR)*
- 1641: Lennart Torstensson (Schweden)
- 1673: Ruprecht von der Pfalz, Herzog von Cumberland (England)*
- 1702: Franz du Hamel (Republik Venedig)
- 1702: Georg von Dänemark (Großbritannien)
- 1716: Friedrich (Schweden)
- 1727: Alexander Danilowitsch Menschikow (Russland)
- 1740: Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel (Russland)
- 1792: Nikolaus von Luckner (Frankreich)
- 1799: Alexander Wassiljewitsch Suworow (Russland)
- 1806: Karl von Österreich-Teschen (Österreich)
- 1812: Francisco de Miranda (Venezuela)
- 1821: José de San Martín (Peru, Argentinien, Chile)
- 1823: Michael von Braganza (Portugal)
- 1846: Antonio López de Santa Anna (Mexiko)
- 1918: Ferdinand Foch (Frankreich – Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte)
- 1927: Zhang Zuolin (China – Peking) (Großmarschall)
- 1928: Chiang Kai-shek (China – Nanking, später Taiwan)
- 1933: Rafael Trujillo (Dominikanische Republik)
- 1936: Francisco Franco (Spanien) (Generalísimo – 1. Oktober 1936)
- 1945: Josef Stalin (Sowjetunion – 27. Juni 1945; russisch Генерали́ссимус Сове́тского Сою́за)
- 1992: Kim Il-sung (Nordkorea) (Dae Wonsu, „Großmarschall“)
- 1992: Than Shwe (Myanmar)
- 2012: Kim Jong-il (Nordkorea; posthum)
*) Es ist unklar, ob Matthias Gallas und Ruprecht von der Pfalz diesen Titel tatsächlich trugen.
Der Titel General of the Armies of the United States ist vergleichbar. Ihn erhielten:
- 1776: George Washington, der postum 1976 dazu ernannt wurde, aber als Oberbefehlshaber der Kontinentalarmee auch öffentlich Generalissimo genannt wurde
- 1919: John J. Pershing als Oberbefehlshaber der American Expeditionary Forces in Europa
Darüber hinaus wurden einige Oberbefehlshaber als Generalissimo bezeichnet, ohne diesen Rang erhalten zu haben:
- 1702: John Churchill, 1. Duke of Marlborough als Oberbefehlshaber der Generalstaaten (Niederlande)
- 1939: Maurice Gamelin, Général d’Armée, Généralissime als Befehlshaber der französischen Streitkräfte
- 1940: Maxime Weygand, Général d’Armée, Généralissime, Nachfolger Gamelins
Siehe auch
Literatur
- Quellen und Forschungen zur vaterländischen Geschichte, Literatur und Kunst, hrsgg. von Wilhelm Braumüller, Wien 1849.
Anmerkungen
- Hellmut Diwald: Wallenstein, Goldmann Sachbuch, München/Esslingen 1981, S. 286 f.