Defätismus

Der Begriff Defätismus (französisch défaitisme, v​on défaite, „Niederlage“; schweizerisch a​uch Defaitismus) k​ann als Zustand d​er Mutlosigkeit o​der Schwarzseherei beschrieben werden. Ursprünglich bezeichnete e​r die Überzeugung, d​ass keine Aussicht (mehr) a​uf den Sieg besteht, u​nd eine daraus resultierende starke Neigung aufzugeben.[1]

Der Ausdruck entstand während d​es Ersten Weltkrieges i​n Frankreich u​nd bezeichnete d​en Vorwurf d​es systematischen Nährens v​on Mutlosigkeit, Resignation u​nd Zweifel a​m militärischen Sieg i​n den eigenen Reihen. Als Mittel d​er gegnerischen psychologischen Kriegsführung verdächtigt, w​urde solches Verhalten v​on Militärtribunalen sanktioniert.[2]

Als „moralischer Defätismus“ w​ird ein Defätismus bezeichnet, d​er nicht d​aran glaubt, d​ass (eigenes/fremdes) g​utes Handeln möglich ist.[3]

Historische Beispiele staatlicher Sanktionen

Widerstand g​egen die Regierungspolitik, z​umal im Zusammenhang m​it Kriegszielen, w​urde von unterschiedlichen Regimen m​it Freiheits- u​nd Todesstrafen belegt:

  • Luigi Fabbri (1877–1935), ein italienischer Anarchist, wurde während des Ersten Weltkrieges wegen „Defätismus“ zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
  • Elisabeth von Thadden (1890–1944), eine Lehrerin im Widerstand gegen das Nazi-Regime, wurde wegen Defätismus und Landesverrats zum Tode verurteilt und hingerichtet.
  • Daniil Charms (1905–1942), ein russischer Autor, wurde während der Belagerung Leningrads durch die deutsche Wehrmacht vom NKWD wegen Defätismus angeklagt und inhaftiert. Er starb im Gefängnis.
  • Hans von Sponeck (1888–1944) war zuletzt Generalleutnant der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Er wurde 1942 wegen „fahrlässigen Ungehorsams im Felde“ zum Tode verurteilt. Er hatte einen aus militärischer Perspektive sinnvollen, aber nicht genehmigten Rückzugsbefehl gegeben. Sponecks Eigenmacht rettete seine Division vor Einkesselung und Vernichtung. Die Todesstrafe wurde später in Festungshaft umgewandelt, Sponeck aber letztlich im Gefängnis umgebracht.
  • Die Mitglieder der Weißen Rose wurden unter dem Vorwurf des Defätismus zum Tode verurteilt. Im Urteil heißt es: „Die Angeklagten haben im Kriege in Flugblättern zur Sabotage … aufgerufen, defaitistische Gedanken propagiert und den Führer aufs gemeinste beschimpft.“
  • Wolfgang Borchert (1921–1947) wurde 1944 wegen Defätismus zu neun Monaten Gefängnis verurteilt. Er wurde vorzeitig zur Feindbewährung an die Front entlassen.
  • Ezra Pound (1885–1972) wurde wegen Propaganda-Tätigkeit für die Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg in den USA wegen Landesverrats angeklagt und 12 Jahre psychiatrisiert. Aus den gleichen Gründen erhielten Douglas Chandler (1889 bis nach 1963) und Robert Best (1896–1952) lebenslange Freiheitsstrafen.
  • Mildred Gillars (1900–1988) und Iva Ikuko Toguri D’Aquino (1916–2006) wurden in den USA ebenfalls wegen Landesverrats zu 10 Jahren Haft verurteilt.
  • William Joyce (1906–1946) wurde wegen „Förderung und Unterstützung der Feinde des Königs durch Ausstrahlung von Propaganda an die Untertanen des Königs zugunsten der Feinde des Königs“ im Vereinigten Königreich hingerichtet.
  • Herbert Selpin (1902–1942) wurde während der Dreharbeiten zu Titanic wegen Kritik an der Wehrmacht verhaftet und vermutlich durch die Gestapo ermordet.

Siehe auch

Wiktionary: Defätismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Nach Duden. Deutsches Universalwörterbuch.
  2. Defätismus. In: wissen.de. Abgerufen am 15. Mai 2015: „Der Begriff bedeutet Mutlosigkeit, Schwarzseherei, Resignation und kommt ursprünglich aus einem militärischen Zusammenhang, wo er sich auf Zweifel am militärischen Sieg bezieht. Das französische Wort défaitisme bezeichnet die Überzeugung, militärisch geschlagen zu werden. Es geht zurück auf défaite Niederlage (aus dem lateinischen de ‚weg‘ + facere ‚tun‘).“
  3. Peter Schallenberg: Gott, das Gute und der Mensch. Grundlagen katholischer Moraltheologie. Bonifatius, Paderborn 2009, ISBN 978-3-89710-450-1, S. 74.
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