Pyrenäen
Die Pyrenäen (spanisch Pirineos, französisch Pyrénées, baskisch Pirinioak, katalanisch Pirineus, aragonesisch Perinés und okzitanisch Pirenèus; von lateinisch Pyrenaei [montes] ‚das pyrenäische Gebirge zwischen Spanien und Gallien‘)[1] sind eine rund 430 km lange Gebirgskette. Sie trennen die Iberische Halbinsel im Süden vom übrigen Europa im Norden und spannen sich vom Atlantischen Ozean im Westen (Golf von Biscaya) bis zum Mittelmeer im Osten (Golf de Roses). Sie sind Teil des Alpidischen Gebirgssystems.
Pyrenäen | |
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Topographische Karte der Pyrenäen | |
Höchster Gipfel | Pico de Aneto (3404 msnm) |
Lage | Frankreich, Spanien, Andorra |
Koordinaten | 42° 42′ N, 0° 30′ O |
Typ | Faltengebirge |
Alter des Gesteins | Alpidische Phase (100–50 mya) |
Die Staatsgrenze zwischen Frankreich und Spanien folgt im Wesentlichen dem Gebirgskamm. Mitten in den Pyrenäen liegt auch der Kleinstaat Andorra.
Die Herkunft der Bezeichnung Pyrenäen ist unbekannt. Nach griechischer und römischer Literatur, u. a. nach Silius Italicus,[2] sollen sie nach Pyrene, einer Figur aus der griechischen Mythologie, benannt worden sein.
Geographie
Die Pyrenäen werden unterteilt in die westlichen oder atlantischen Pyrenäen, die Hoch- oder Zentralpyrenäen und die östlichen Pyrenäen, zu denen der Pic du Canigou gehört. Der Bereich der Hochpyrenäen erstreckt sich vom Port de Canfranc im Westen bis zum Val d’Aran im Osten.
Die Abgrenzung zum Kantabrischen Gebirge ist fließend, kann aber etwa entlang der Linie Pamplona – Leitza – Oria-Fluss – Donostia-San Sebastián gezogen werden.[3]
Der höchste Berg ist mit 3404 Metern der Pico de Aneto im Maladeta-Massiv. Es gibt rund zweihundert Gipfel über 3000 m in den Pyrenäen. Die höchsten von ihnen sind vergletschert. Seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts ist ein starker Rückgang der Gletscher zu beobachten. Der ehemals sehr beeindruckende Ossoue-Gletscher am Vignemale hat viel von seiner einstigen Größe verloren.
Politik, Geschichte und Wirtschaft
Vor der Besiedelung durch Cro-Magnon-Menschen (Homo sapiens) war das spanische Vorland der Pyrenäen bereits von Neandertalern bewohnt, wie Funde in der Höhle Cova Gran de Santa Linya belegen.
Von steinzeitlicher Besiedlung zeugen die Cromlechs der Pyrenäen.
Durch die Pyrenäen verläuft die politische Grenze zwischen Frankreich und Spanien. Das kleine Fürstentum Andorra liegt in den östlichen Pyrenäen. Wie dem Alpenraum kommt auch den Pyrenäen eine kulturell verbindende Funktion zwischen den drei Anrainerstaaten zu, was sich beispielsweise durch die Verwendung derselben Sprachen (Katalanisch, Gaskognisch, Baskisch) zeigt.
Es wird extensive Weidewirtschaft mit Schafen, Rindern und Ziegen betrieben, in den Sommermonaten auch als Almwirtschaft. Früher häufig, heute nahezu verschwunden ist dagegen die klassische Wanderweidewirtschaft (Transhumanz).
Vor allem in den westlichen Pyrenäen werden verschiedene Käsesorten hergestellt. In dem dort überwiegenden Kalkgestein sind vielfach Höhlen vorhanden, in denen der Käse auf den Almen reifen kann. Produziert werden Käse aus Kuh- und Schafmilch, häufig auch gemischt. Bekannte Sorten sind der Ossau-Iraty Brebis-Pyrénées aus dem Vallée d’Aspe, dem Vallée d’Ossau und den angrenzenden spanischen Pyrenäen und der im Baskenland aus Kuhmilch hergestellte Pyrenäenkäse mit seiner schwarzen Wachsschicht. Aus Ziegenmilch wird frischer und gelagerter Ziegenkäse hergestellt.
In den Vorgebirgen wird sowohl auf der französischen (Irouléguy, Jurançon, Corbières) als auch auf der spanischen Seite Weinbau betrieben. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts spielte Schmuggel eine wichtige Rolle. Als Tragtiere dienten in den westlichen Pyrenäen die Pottok-Ponys, während sich im Osten die Mérens als Schmugglerponys bewährten.
Verkehr
Wie jedes Hochgebirge stellen die Pyrenäen ein bedeutendes Hindernis für den landgebunden Verkehr dar. Die wichtigsten Straßen- und Bahnverbindungen befinden sich daher ganz im Osten und ganz im Westen des Gebirges – da, wo es noch relativ niedrig ist. Im Westen führt die Autobahn zwischen Bordeaux bzw. Toulouse einerseits, dem spanischen Baskenland und Madrid andererseits über den Grenzübergang Irún (Behovia). Die Autobahn im Osten verbindet Marseille und Barcelona sowie die übrigen Orte der französischen bzw. spanischen Mittelmeerküste und überschreitet die Grenze in dem kleinen Ort Le Perthus; auf spanischer Seite liegt an der Grenze die Gemeinde La Jonquera. Über diese beiden Autobahn-Grenzübergänge läuft der größte Teil des Warenverkehrs zwischen der iberischen Halbinsel und dem übrigen Europa.
Die beiden wichtigsten Eisenbahnverbindungen führen ganz im Osten und ganz im Westen von Norden nach Süden durch die Pyrenäen, nämlich bei Irún/Hendaye und Cerbère/Portbou, jeweils nahe der Küste. Sie verbinden Frankreich und Spanien.
Zentrale Verbindung ist die Strecke bei Cerbère/Portbou von Lyon nach Barcelona, Madrid, Sevilla, die an das europäische Schnellfahrnetz angeschlossen ist und auch auf spanischer Seite in Normalspur ausgeführt ist. Das spanische Schnellfahrnetz in Normalspur erschließt bislang nicht die spanische Atlantikküste. Zugverbindungen von SNCF und Renfe sind rar und im Grenzbereich teilweise sehr langsam. Es bietet sich ggf. an bereits ab Hendaye (Frankreich) mit der schmalspurigen Strecke von EuskoTren (ehemalige Ferrocarriles de Vía Estrecha (FEVE)) nach San Sebastian und ggf. weiter nach Bilbao zu fahren, da hier nach dichtem Taktfahrplan gefahren wird. Eine Fahrt nach Madrid erscheint wenig sinnvoll, so dass diese Strecke international nur eingeschränkt nutzbar ist.
Als weitere grenzüberschreitende Bahnverbindung existiert eine Strecke vom Bahnhof Portet-Saint-Simon südlich von Toulouse über Latour-de-Carol und Puigcerdà nach Barcelona (→ Bahnstrecke Portet-Saint-Simon–Puigcerdà). In Latour-de-Carol erfolgt der Wechsel auf spanische Breitspurzüge der Rodalies Barcelona. Sie führt durch den 5414 m langen Tunnel ferroviaire du Puymorens.
Eine früher bestehende weitere Verbindung (Bahnstrecke Pau–Canfranc und Bahnstrecke Saragossa–Canfranc (Breitspur)) durch den Somport-Tunnel ist zwischen Bedous und Canfranc seit 1970 unterbrochen und wurde nicht repariert (Bus als Schienenersatzverkehr). Beide Strecken sind für den internationalen Verkehr ohne Bedeutung. Grenzüberschreitender Güterverkehr ist wegen des Wechsels von Normalspur auf Breitspur nicht mehr möglich. Entsprechende Anlagen (Umspurung oder Umladung) wurden abgebaut.
Eine geplante fünfte Bahnstrecke von Lleida in Spanien nach Frankreich endet bis heute in La Pobla de Segur in Spanien. Ein Weiterbau nach Frankreich erfolgte bisher nicht.
Die landschaftlich reizvolle Ligne de Cerdagne hat nur Schmalspurbreite mit Seitenoberleitung und verläuft in Ost-West Richtung in Frankreich. Sie führt von Latour-de-Carol nach Villefranche-de-Conflent mit Anschluss an die normalspurige Strecke nach Perpignan. Die Strecke dient nur noch touristischen Zwecken und ist weder für den regionalen noch internationalen Verkehr von Bedeutung.
Wichtige Landstraßen verbinden die Städte Pau (Frankreich) und Jaca bzw. Huesca (Spanien) durch den Somport-Tunnel sowie Foix (Frankreich) und Manresa (Spanien) über den Grenzübergang Bourg-Madame/Puigcerdá und durch den Cadí-Tunnel. Die sonstigen Straßen, die die Pyrenäen überschreiten, haben vorwiegend nur regionale Bedeutung. Erwähnenswert ist der camino frances, der von Frankreich ausgehende Jakobsweg, der Pilgerweg nach Santiago de Compostela. Viele Pilger beginnen ihn in der Kleinstadt Saint-Jean-Pied-de-Port, etwa 8 Kilometer vor der spanischen Grenze. Andorra ist nur über eine einzige Landstraße erreichbar, wobei von Frankreich aus entweder der Envalira-Tunnel oder die Landstraße über den Envalira-Pass zu benutzen ist.
Geologie
Die Pyrenäen entstanden wie die Alpen vor rund 50 bis 100 Millionen Jahren im Tertiär. Die westlichen Pyrenäen bestehen überwiegend aus Kalkstein, wogegen in den Zentralpyrenäen verschiedene Granite dominieren. Das Faltengebirge wurde vor allem während der Würmeiszeit mit einer geschlossenen Eisdecke überzogen. Durch die Eiszeit haben sich etliche Hängetäler und viele tausend Gletscherseen gebildet. Durch diese Randbedingungen kann es bei gleichzeitiger Schneeschmelze und starken Regenfällen zu großflächigen Verheerungen kommen, wie zum Beispiel bei den Überschwemmungen in den Pyrenäen 2013.
Fauna
Auf der französischen Seite leben in den großen Mischwäldern bis in etwa 1800 m Höhe noch einige Braunbären. In den hochalpinen Bereichen ist die Pyrenäengämse (französisch isard, spanisch sarrio oder rebeco) anzutreffen. Sie kommt aber auch im Kantabrischen Gebirge und den Abruzzen vor. Trotz Schutzmaßnahmen ist die örtliche Unterart pyrenaica des Iberiensteinbocks im Jahr 2000 aus unbekannten Gründen endgültig ausgestorben. Am westlichen Ende der Gebirgskette hat der weltweit stark bedrohte Europäische Nerz sein letztes natürliches Vorkommen in Westeuropa. Obwohl ursprünglich nicht heimisch, haben sich die aus den Alpen eingebürgerten Murmeltiere sehr verbreitet. Selten und in seinem Bestand bedroht ist der Pyrenäen-Desman, eine Art aus der Familie der Maulwürfe. An Vögeln sind etwa der Stein-, Zwerg-, und Habichtsadler sowie Gänse-, Schmutz- und Bartgeier zu nennen. Weitere besonders bemerkenswerte, weil zumeist weiträumig isolierte Brutvogelarten sind Alpenschneehuhn, Auerhuhn, Weißrückenspecht, Mornellregenpfeifer, Mauerläufer, Alpendohle, Erlenzeisig, Zitronenzeisig, Ringdrossel und Bergpieper. Es gibt eine große Anzahl von Insekten, hier fallen vor allem die rund 300 Schmetterlingsarten sowie Heuschrecken und Käfer auf. Zu den endemischen Arten dieses Gebirges gehören der Pyrenäen-Gebirgsmolch und die Mohrenfalterart Erebia gorgone.
Flora
Die Flora enthält etwa 4500 Pflanzenarten, von denen 150 endemisch sind.[4] Sie sind Rudimente der letzten großen Eiszeiten: während des Pleistozäns reichten viele Pflanzenarten vom kalten Norden bis in den wärmeren Süden, aber sie konnten die Pyrenäen nicht überqueren. Allerdings flüchteten einige von ihnen in Täler und sind in diesem Gebiet endemisch geworden. Beispiele sind die Pyrenäen-Lilie und der Pyrenäen-Felsenteller.
Nationalparks
Es gibt in den Pyrenäen drei Nationalparks. Der älteste ist der 1917 auf der spanischen Seite geschaffene Nationalpark Ordesa y Monte Perdido, südlich vom Cirque de Gavarnie gelegen. Dieser umfasst eine Fläche von etwa 156 km². Gleichfalls in Spanien liegt der Nationalpark Aigüestortes i Estany de Sant Maurici mit einer Ausdehnung von rund 141 km² und ist damit der kleinste der drei Nationalparks. Auf der französischen Seite wurde 1967 der Bereich von den Bergen südlich von Lescun im Vallée d’Aspe im Westen bis einschließlich zum Néouvielle-Massiv im Osten zum Nationalpark (Parc National des Pyrénées) erklärt. Dieser hat eine Fläche von 457 km².
Erforschung der Pyrenäen
Einer der bedeutendsten Pyrenäenforscher war der französische Geograph und Alpinist Franz Schrader (1844–1924), dessen Vater zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus Magdeburg nach Frankreich übergesiedelt war. Er hat verschiedene bedeutende Massive der Pyrenäen kartiert, besonders bekannt wurde er für die Erforschung der Cirque de Gavarnie, zu deren Füßen im kleinen Ort Gavarnie er auch begraben liegt, neben einem anderen bekannten Pyrenäenforscher, Henry Russell. Schrader war der Erstbesteiger der Grand Bachimale (3144 m), der Dreitausender wurde ihm zu Ehren Pic Schrader benannt. Schrader war Präsident des Club Alpin Français und Ritter der Ehrenlegion.
Kunst, Kultur und Literatur
Der Pyrenäismus war eine hauptsächlich literarische Bewegung. Ihr Gründer war der französische Politiker Louis Ramond de Carbonnières. Die Bewegung beschäftigt sich mit der künstlerischen Auseinandersetzung mit Natur und Lebensweise in den Pyrenäen.
Panorama
- Pic Posets (3375 m)
- Monte Perdido (3355 m) und Cilindro de Marboré (3328 m) von der Brèche de Touquerouye gesehen
- Vallée d’Ossau
- Neouvielle und Lac d’Aumar
- Valle de Gistaín (Spanien)
- Die Nadeln von Ansabère
Literatur
- Friedrich Edelmayer: Der Pyrenäenraum, in: Europäische Geschichte Online, hrsg. vom Institut für Europäische Geschichte (Mainz), 2011, Zugriff am: 24. August 2011.
- Claus Paegelow: Pyrenäen Bibliografie. Andorra, spanische & französische Pyrenäen. Pyrenees Bibliography. Andorra, Spain & French Pyrenees. Claus Paegelow, Bremen 2008, ISBN 978-3-00-023936-6.
- Kurt Tucholsky: Ein Pyrenäenbuch. Rowohlt, Reinbek 1962, ISBN 978-3-499-10474-9.
- Lisa Fittko, Mein Weg über die Pyrenäen: Erinnerungen 1940/41; München 1985.
Weblinks
- Mineralienatlas - geologisches Portrait: Pyrenäen (Wiki)
- http://www.pyrenees-team.com/ (französisch)
Einzelnachweise
- Karl Ernst Georges: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch. 8., verbesserte und vermehrte Auflage. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1918 (zeno.org [abgerufen am 11. April 2019]).
- Silius Italicus, Punica, Liber III, 420 ff.
- Matthias Weiller: Pyrenäen, abgerufen am 17. April 2020.
- Marcel Saule: La Grande Flore illustrée des Pyrénées. Éditions Milan, ISBN 2-74590-637-2 (frz.)