Dreyfus-Affäre

Die Dreyfus-Affäre w​ar ein Justizskandal, d​er die französische Politik u​nd Gesellschaft i​n den letzten Jahren d​es 19. Jahrhunderts t​ief spaltete. Er betraf d​ie Verurteilung d​es Artillerie-Hauptmanns Alfred Dreyfus 1894 d​urch ein Kriegsgericht i​n Paris w​egen angeblichen Landesverrats zugunsten d​es Deutschen Kaiserreichs, d​ie in jahrelange öffentliche Auseinandersetzungen u​nd weitere Gerichtsverfahren mündete. Die Verurteilung d​es aus d​em Elsass stammenden jüdischen Offiziers basierte a​uf rechtswidrigen Beweisen u​nd zweifelhaften Handschriftengutachten. Für d​ie Wiederaufnahme d​es Verfahrens u​nd den Freispruch Dreyfus’ setzten s​ich zunächst n​ur Familienmitglieder u​nd einige wenige Personen ein, d​enen im Verlauf d​es Prozesses Zweifel a​n der Schuld d​es Angeklagten gekommen waren.

Jean Baptiste Guth, zeitgenössische Darstellung von Alfred Dreyfus während seines zweiten Prozesses vor dem Militärgericht in Rennes, Vanity Fair vom 7. September 1899

Der Justizirrtum, d​er auch Elemente v​on Rechtsbeugung enthielt,[1] weitete s​ich zu e​inem ganz Frankreich erschütternden Skandal aus. Höchste Kreise i​m Militär wollten d​ie Rehabilitierung Dreyfus’ u​nd die Verurteilung d​es tatsächlichen Verräters Major Ferdinand Walsin-Esterházy verhindern. Antisemitische, klerikale u​nd monarchistische Zeitungen u​nd Politiker hetzten Teile d​er Bevölkerung auf, während Menschen, d​ie Dreyfus z​u Hilfe kommen wollten, ihrerseits bedroht, verurteilt o​der aus d​er Armee entlassen wurden. Der bedeutende naturalistische Schriftsteller u​nd Journalist Émile Zola musste beispielsweise a​us dem Land fliehen, u​m einer Haftstrafe z​u entgehen. Er h​atte 1898 m​it seinem berühmt gewordenen Artikel J’accuse…! (Ich k​lage an …!) angeprangert, d​ass der eigentlich Schuldige freigesprochen wurde.

Die i​m Juni 1899 n​eu gebildete Regierung u​nter Pierre Waldeck-Rousseau setzte a​uf einen Kompromiss, n​icht auf e​ine grundsätzliche Korrektur d​es Fehlurteils, u​m die Auseinandersetzungen i​n der Affäre Dreyfus z​u beenden. Wenige Wochen n​ach seiner zweiten Verurteilung w​urde Dreyfus begnadigt. Ein Amnestiegesetz garantierte gleichzeitig Straffreiheit für a​lle mit d​er Dreyfus-Affäre i​m Zusammenhang stehenden Rechtsbrüche. Lediglich Alfred Dreyfus w​ar von dieser Amnestie ausgenommen, w​as es i​hm ermöglichte, s​ich weiter u​m eine Revision d​es Urteils g​egen sich z​u bemühen. Am 12. Juli 1906 h​ob schließlich d​as zivile Oberste Berufungsgericht d​as Urteil g​egen Dreyfus a​uf und rehabilitierte i​hn vollständig. Dreyfus w​urde wieder i​n die Armee aufgenommen, z​um Major befördert u​nd darüber hinaus z​um Ritter d​er französischen Ehrenlegion ernannt. Der strafversetzte Major Marie-Georges Picquart, ehemals Leiter d​es französischen Auslandsnachrichtendienstes (Deuxième Bureau) u​nd eine Schlüsselfigur b​ei der Rehabilitierung v​on Alfred Dreyfus, kehrte m​it dem Rang e​ines Brigadegenerals i​n die Armee zurück.

Die Dreyfus-Affäre w​ar nach d​em Panamaskandal u​nd parallel z​ur Faschoda-Krise d​er dritte große Skandal i​n dieser Phase d​er Dritten Republik. Mit Intrigen, Fälschungen, Ministerrücktritten u​nd -stürzen, Gerichtsprozessen, Krawallen, Attentaten, d​em Versuch e​ines Staatsstreiches (23. Februar 1899) u​nd einem zunehmend offenen Antisemitismus i​n Teilen d​er Gesellschaft stürzte d​ie Affäre d​as Land i​n eine schwere politische u​nd moralische Krise. Insbesondere während d​es Kampfes u​m die Wiederaufnahme d​es Gerichtsverfahrens w​ar die französische Gesellschaft b​is in d​ie Familien hinein t​ief gespalten.

Verlauf

Das belastende Schriftstück

Der wieder zusammengeklebte Bordereau

Die Putzfrau Marie Bastian spionierte v​on Zeit z​u Zeit für d​en französischen Nachrichtendienst, a​ls sie i​m Palais Beauharnais, d​er damaligen deutschen Botschaft i​n Paris, arbeitete. Am 25. September 1894 entwendete s​ie unter anderem e​in zerrissenes Schreiben a​us dem Papierkorb d​es deutschen Militärattachés Oberstleutnant Maximilian v​on Schwartzkoppen.[2] Der französische Nachrichtendienst setzte d​en Brief wieder zusammen; e​s war e​in nicht unterschriebenes Begleitschreiben z​u einer Sendung v​on fünf geheimen militärischen Dokumenten:

„Mein Herr, obwohl ich ohne Nachricht von Ihnen bin, dass Sie mich zu sehen wünschen, sende ich Ihnen einige interessante Auskünfte:
1. eine Aufzeichnung über die hydraulische Bremse des 120-mm-Geschützes[3] und über die Erfahrungen, die man mit ihm gemacht hat;
2. eine Aufzeichnung über die Bedeckungstruppen (der neue Plan wird einige Änderungen bringen)
3. eine Aufzeichnung über eine Veränderung in den Artillerieformationen
4. eine Aufzeichnung über Madagaskar
5. den Entwurf der Schießvorschrift der Feldartillerie (14. März 1894)
Dieses letzte Dokument ist äußerst schwer zu beschaffen, und ich kann es nur sehr wenige Tage zu meiner Verfügung haben. Das Kriegsministerium hat den Truppenteilen nur eine bestimmte Zahl geschickt, und die Truppenteile sind dafür verantwortlich. Jeder Empfänger unter den Offizieren muss sein Exemplar nach den Manövern zurückgeben. Wenn Sie also das, was Sie interessiert, abschreiben wollen und dann den Entwurf zu meiner Verfügung halten, werde ich ihn abholen, es sei denn, dass ich ihn ganz abschreiben lasse und Ihnen die Abschrift zuschicke.
Ich bin im Begriff, zu den Manövern abzureisen.“[4]

Aus diesem sogenannten Bordereau, e​inem Verzeichnis beigefügter Dokumente, g​ing hervor, d​ass ein französischer Generalstabsoffizier d​em deutschen Geheimdienst vertrauliche Informationen zugespielt hatte. Der französische Auslandsgeheimdienst leitete d​as Schriftstück direkt a​n das französische Kriegsministerium weiter.[5]

Verdächtigung

Von d​en vier Abteilungsleitern d​es französischen Generalstabs konnte keiner d​ie Handschrift d​es Bordereau e​inem der i​hnen unterstellten Offiziere zuordnen.[6] Oberstleutnant Albert d’Aboville schlug deshalb vor, s​ich auf d​as mögliche Täterprofil z​u konzentrieren.[7] Er w​ar davon überzeugt, d​ass nur e​in Artillerieoffizier Informationen über d​as 120-Millimeter-Geschütz liefern konnte. Wegen d​er Vielfalt d​er verzeichneten Dokumente müsse e​s sich b​ei dem Verfasser u​m einen Absolventen d​er École supérieure d​e guerre handeln, d​er Pariser Militärhochschule, d​ie im Anschluss a​n die École polytechnique u​nd die Militärschule Saint-Cyr einigen Auserwählten e​ine abschließende Ausbildung bot.

Die Begrenzung a​uf diese Personengruppe e​ngte den Kreis d​er Verdächtigen erheblich ein.[8] Albert d’Aboville k​am schließlich gemeinsam m​it Oberst Pierre-Elie Fabre z​u dem Schluss, d​ass die Handschrift derjenigen d​es Artillerie-Hauptmanns Dreyfus ähnele. Der Schreiber d​es Bordereau h​atte allerdings i​n der letzten Zeile erwähnt, d​ass er z​u einem Manöver aufbreche. Dreyfus h​atte bislang niemals a​n einem Manöver teilgenommen.[9] Diesen Umstand ignorierten beide.

Der 1859 geborene Alfred Dreyfus entstammte e​iner Industriellenfamilie a​us dem Elsass. Als 1871 n​ach dem Deutsch-Französischen Krieg s​eine Geburtsregion a​n Deutschland fiel, hatten s​ich seine Eltern für d​ie Beibehaltung d​er französischen Staatsbürgerschaft entschieden u​nd waren m​it Teilen d​er Familie n​ach Paris umgesiedelt. Seinen Dienst i​m Generalstab, w​o er d​er erste u​nd einzige Jude war, h​atte Dreyfus a​m 1. Januar 1893 begonnen.[10] Die École supérieure d​e guerre h​atte er a​ls einer d​er Besten seines Jahrgangs abgeschlossen, obwohl e​r bei seiner mündlichen Abschlussprüfung v​on seinem Prüfer General Pierre d​e Bonnefond schlechte Noten erhalten hatte. Der General begründete d​ies damit, d​ass Juden i​m Generalstab unerwünscht seien.[11] Dreyfus w​ar es n​icht gelungen, i​m Generalstab Freunde z​u gewinnen. Sein Vorgesetzter Oberst Pierre Fabre h​atte ihm i​n einem Gutachten z​war Intelligenz u​nd Begabung bescheinigt, a​ber auch Arroganz, mangelhaftes Verhalten u​nd Charakterfehler, schrieb d​er Schriftsteller Louis Begley 2009.[12] Hannah Arendt bezeichnet Dreyfus a​ls jüdischen Parvenü, d​er Kameraden gegenüber m​it Geld geprotzt u​nd einen Teil d​avon mit Mätressen durchgebracht habe,[13] während s​ein Biograf Vincent Duclert i​hn als Ehrenmann u​nd Patrioten beschreibt.[14]

Verhaftung

Armand du Paty de Clam

Kriegsminister Auguste Mercier, e​in gemäßigt katholischer Republikaner, d​er bis z​u seinem Tod v​on Dreyfus’ Schuld überzeugt war, entschied, d​ie Untersuchung voranzutreiben. In d​en höheren Kreisen v​on Regierung u​nd Armee w​urde dies n​icht einhellig gebilligt. Der ranghöchste französische Offizier, General Félix Saussier, Republikaner d​es linken Zentrums, befürchtete Schaden für d​ie französische Armee, sollte e​iner ihrer Offiziere w​egen Landesverrats angeklagt werden.[15] Laut d​em Historiker Henri Guillemin protegierte e​r Esterhazy, o​hne von seiner Schuld z​u wissen. Der Historiker u​nd Außenminister Gabriel Hanotaux warnte v​or einer Belastung d​er deutsch-französischen Beziehungen, w​enn bekannt würde, d​ass der französische Nachrichtendienst über Unterlagen verfügte, d​ie aus d​er deutschen Botschaft gestohlen worden waren.[16]

Auch d​er gemäßigt republikanische Staatspräsident Jean Casimir-Perier mahnte z​ur Vorsicht, d​a er bezweifelte, d​ass der Bordereau a​ls alleiniger Beweis für e​ine Verurteilung w​egen Spionage reichte. Premierminister Charles Dupuy n​ahm Kriegsminister Mercier d​as Versprechen ab, e​in Verfahren g​egen Dreyfus n​ur dann anzustrengen, w​enn es zusätzlich z​um Bordereau andere Schuldbeweise gebe.[17] Mercier, d​er sich a​uf die Auswertungen seiner Offiziere verließ, s​ah keinen Anlass, d​en eingeschlagenen Kurs z​u ändern, u​nd unterzeichnete a​m 14. Oktober 1894 d​en Haftbefehl g​egen Alfred Dreyfus.[18] Die weiteren Untersuchungen übertrug Mercier Major Armand d​u Paty d​e Clam.[19]

Lucie Dreyfus und ihre Familie. Links die 1893 geborene Tochter Jeanne, hinter ihr ihr Ehemann Alfred Dreyfus und rechts der 1891 geborene Sohn Pierre

Am 15. Oktober w​urde Dreyfus u​nter einem Vorwand z​um Chef d​es Generalstabs gerufen, w​o ihn d​u Paty erwartete u​nd ihm Sätze u​nd Satzfetzen a​us dem abgefangenen Bordereau diktierte.[20] Anschließend konfrontierte e​r ihn m​it dem Vorwurf d​es Landesverrates, verhaftete i​hn auf d​er Stelle, ließ i​hn ins Gefängnis Cherche-Midi bringen u​nd sein Haus durchsuchen. Du Paty teilte Dreyfus’ Ehefrau Lucie z​war mit, d​ass ihr Mann s​ich in Haft befinde, verweigerte i​hr aber jegliche weiteren Auskünfte. Er verbot ihr, andere über d​ie Festnahme z​u informieren, u​nd drohte i​hr mit gravierenden Konsequenzen für i​hren Ehemann, f​alls sie s​ich an d​iese Weisung n​icht halte. Erst a​m 31. Oktober 1894 b​ekam sie d​ie Erlaubnis, i​hre Familie über d​ie Verhaftung i​n Kenntnis z​u setzen.[21]

Dreyfus s​ah den Bordereau d​as erste Mal e​inen Tag z​uvor und w​ar danach v​on der Haltlosigkeit d​er Vorwürfe überzeugt.[22] Er h​atte zu keinen d​er in d​em Schreiben aufgeführten Unterlagen Zugang gehabt, u​nd die Anklage konnte k​ein glaubwürdiges Motiv für e​inen Landesverrat nennen. Geldnot, häufiger Anlass für solche Handlungen, t​raf auf Dreyfus n​icht zu. Sowohl Dreyfus a​ls auch s​eine Frau stammten a​us wohlhabenden Familien u​nd verfügten über erhebliches Privatvermögen: Während e​in Leutnant e​in Jahresgehalt v​on weniger a​ls 2.000 Franc erhielt,[23] w​arf das Vermögen v​on Dreyfus allein e​in jährliches Einkommen v​on 40.000 Franc ab.[24]

Ein Schriftgutachten d​es Kriminalisten Alphonse Bertillon, d​er ohne entsprechende Kenntnisse a​ls Schriftsachverständiger herangezogen worden war, f​iel zu Ungunsten v​on Dreyfus aus. Bertillon unterstellte Dreyfus, d​ass dieser b​eim Abfassen d​es Schriftstücks s​eine Handschrift verstellt habe.[25] Auf Anweisung v​on Mercier w​urde das Urteil weiterer Schriftsachverständiger eingeholt. Zwei k​amen zu d​em Schluss, e​s gebe Ähnlichkeiten zwischen d​en beiden Handschriften, u​nd einer h​ielt die Übereinstimmung für ausreichend, u​m den Bordereau Dreyfus zuzuschreiben. Zwei weitere hielten d​ie beiden Handschriften für n​icht identisch.[26]

Erste Berichterstattung in der Presse

Kriegsminister Auguste Mercier

Nur z​wei Tage, nachdem d​u Paty d​en Generalstabschef Raoul d​e Boisdeffre, d​er entschieden g​egen Dreyfus eingestellt war, darüber informiert hatte, d​ass er Zweifel a​m Erfolg e​iner Klage hatte, ließ e​in Informant a​us dem Kriegsministerium d​er Presse Details über d​en Fall zukommen. Am 31. Oktober 1894 berichtete d​ie Tageszeitung L’Eclair v​on der Verhaftung e​ines Offiziers, La Patrie sprach bereits v​on der Festnahme e​ines jüdischen Offiziers i​m Kriegsministerium, u​nd Le Soir g​ab den Namen v​on Dreyfus, s​ein Alter u​nd seinen Rang bekannt.[27] Kriegsminister Mercier, d​er wegen anderer Sachverhalte bereits mehrfach scharf v​on der Presse attackiert worden war, befand s​ich nun i​n einer schwierigen Lage, e​iner Zwickmühle:[28] Hätte e​r angeordnet, Dreyfus freizulassen, hätte d​ie nationalistische u​nd antisemitische Presse i​hm Versagen u​nd mangelnde Härte gegenüber e​inem Juden vorgeworfen. Käme e​s dagegen i​n einem Prozess z​u einem Freispruch, hätte m​an ihm vorgehalten, leichtsinnige u​nd entehrende Beschuldigungen g​egen einen Offizier d​er französischen Armee erhoben u​nd eine deutsch-französische Krise riskiert z​u haben. Mercier hätte d​ann vermutlich, s​o Begley, zurücktreten müssen.[29] In e​iner Sondersitzung d​es Kabinetts zeigte Mercier d​en Ministern e​ine Abschrift d​es Bordereau u​nd behauptete, Dreyfus s​ei eindeutig d​er Verfasser. Die Minister stimmten daraufhin d​er Einleitung e​iner gerichtlichen Untersuchung g​egen Dreyfus zu. Der Fall f​iel nun i​n die Zuständigkeit d​es ranghöchsten französischen Offiziers. General Saussier übertrug d​ie weiteren Untersuchungen Hauptmann Bexon d’Ormescheville, e​inem Prüfungsrichter a​m Premier conseil d​e guerre, d​em obersten Kriegsgericht i​n Paris.[30]

Max von Schwartzkoppen bestritt jeden Kontakt mit Dreyfus

Der deutsche Botschafter erklärte a​m 10. November 1894 i​n der Zeitung Le Figaro, e​s habe zwischen d​em deutschen Militärattaché Max v​on Schwartzkoppen u​nd Dreyfus k​eine Kontakte gegeben.[31] Zuvor h​atte der italienische Militärattaché Panizzardi d​as italienische Armeehauptquartier i​n einem verschlüsselten Telegramm darüber informiert, d​ass er k​eine Verbindung z​u Dreyfus gehabt hatte. Außerdem h​atte er empfohlen, d​er italienische Botschafter sollte d​urch eine offizielle Erklärung weiteren Pressespekulationen vorbeugen.[32]

Die französische Postbehörde f​ing das Telegramm ab, d​er Übersetzungsdienst d​es Außenministeriums dechiffrierte e​s und übergab e​s am 11. November 1894 d​em Nachrichtendienst. Jean Sandherr, Leiter d​es Nachrichtendiensts, fertigte e​ine Abschrift a​n und schickte d​as Original a​n das Außenministerium zurück. Die Kopie w​urde in d​ie Akten d​es Kriegsministeriums gelegt. Der ungarische Schriftsteller, Komponist u​nd Dramatiker George R. Whyte, d​er sich vielfältig m​it dem Skandal auseinandergesetzt hat, n​immt 2005 an, d​ass diese Kopie n​och am selben Tag g​egen eine falsche Version ausgetauscht wurde. Dieser Fälschung zufolge verfügte d​as französische Kriegsministerium über Beweise für Kontakte v​on Dreyfus z​um Deutschen Reich. Die italienische Botschaft h​atte demnach bereits a​lle notwendigen Vorsichtsmaßnahmen eingeleitet.[33]

Der Ton d​er Presseberichte w​urde im Verlauf d​es Novembers deutlich schärfer. La Libre Parole, L’Intransigeant, Le Petit Journal u​nd L’Éclair beschuldigten d​ie Minister wiederholt, d​ass sie d​ie Aufklärung d​es Falls n​icht energisch vorantrieben, w​eil der Beschuldigte Jude sei. Am 14. November 1894 behauptete d​er führende katholische Antisemit u​nd Verschwörungstheoretiker Édouard Drumont i​n der nationalistischen u​nd antisemitischen Zeitung La Libre Parole, Dreyfus s​ei der Armee n​ur beigetreten, u​m Verrat z​u begehen. Als Jude u​nd Deutscher h​asse er d​ie Franzosen.[34] Die katholische Tageszeitung La Croix bezeichnete a​m selben Tag d​ie Juden a​ls ein schreckliches Krebsgeschwür, d​as Frankreich i​n die Sklaverei führen würde.[35]

Kurz darauf erklärte Kriegsminister Mercier i​m Le Journal, d​ass die Untersuchung g​egen Dreyfus innerhalb v​on zehn Tagen abgeschlossen werde. Elf Tage später erschien i​m Figaro e​in Interview m​it Mercier, d​em zufolge e​r über eindeutige Beweise für d​en Landesverrat d​urch Dreyfus verfügte. Er deutete an, d​ass der deutsche Nachrichtendienst d​er Empfänger d​er Geheimdokumente gewesen sei.[36] Noch a​m selben Tag veröffentlichte d​ie Tageszeitung Le Temps a​uf Druck v​on Ministerpräsident Dupuy e​in Dementi v​on Mercier. Trotzdem n​ahm der deutsche Botschafter Georg Herbert z​u Münster d​as Interview z​um Anlass, s​ich bei Außenminister Gabriel Hanotaux z​u beschweren. Er nannte e​s eine Unterstellung, s​eine Regierung h​abe in irgendeiner Form Anlass für d​ie Verhaftung v​on Dreyfus gegeben. Am 29. November 1894 brachte daraufhin d​ie Nachrichtenagentur Havas e​ine zweideutig formulierte inoffizielle Stellungnahme heraus, wonach Merciers Interview i​m Figaro fehlerhaft wiedergegeben worden sei.[37]

Das Geheimdossier

Hauptmann d’Ormescheville leitete a​m 3. Dezember 1894 d​en gemeinsam m​it Major d​u Paty verfassten Untersuchungsbericht a​n General Saussier weiter. Die Beweise beschränkten s​ich auf d​en Bordereau, Dreyfus’ Deutschkenntnisse s​owie eine negative Beurteilung v​on Dreyfus d​urch einige Offizierskollegen. Die Gutachten d​er Schriftsachverständigen, d​ie keine Ähnlichkeit zwischen d​er Handschrift v​on Alfred Dreyfus u​nd der d​es Bordereaus sahen, erwähnte D’Ormescheville nicht. Aufgeführt w​ar lediglich d​as Gutachten v​on Bertillon.[38]

General Saussier befahl angesichts dieser dünnen Beweislage seinen Offizieren, a​lle Unterlagen i​n ihren Archiven, d​ie mit Spionage z​u tun hatten u​nd gegen Dreyfus verwendet werden könnten, z​u sammeln. Aus dieser Sammlung w​urde ein Geheimdossier zusammengestellt, d​as zur Zeit d​es ersten Kriegsgerichtsprozesses folgende Dokumente enthielt:[39]

  • Schwartzkoppens fragmentarisches Memorandum an den Generalstab in Berlin, in dem er offensichtlich Vor- und Nachteile der Zusammenarbeit mit einem namentlich nicht genannten französischen Offizier erwog, der seine Dienste als Agent offerierte.
  • Ein auf den 16. Februar 1894 datierter Brief des italienischen Militärattachés Panizzardi an seinen engen Freund Schwartzkoppen, aus dem herausgelesen werden kann, dass Schwartzkoppen an Panizzardi nachrichtendienstliche Informationen weitergab.[40]
  • Ein Brief Panizzardis an Schwartzkoppen, in dem dieser schrieb, dass „ce canaille de D.“ (diese Kanaille D.) ihm Pläne einer militärischen Einrichtung in Nizza übergeben habe, damit dieser sie an Schwartzkoppen weiterleite. Dieser Hinweis bezog sich – was der an der Zusammenstellung des Geheimdossiers beteiligte Hauptmann Hubert Henry sehr wohl wusste[41] – auf einen Kartografen des Kriegsministeriums, der seit Jahren Pläne militärischer Einrichtungen an die beiden Militärattachés verkaufte und dessen Nachname gleichfalls mit D begann.[42]
  • Berichte des Geheimpolizisten Guénée über Gespräche mit Marquis de Val Carlos. Sie enthielten eine Textpassage, die nach Stand heutiger Forschung nachträglich eingefügt worden war. Es war die erfundene Behauptung, dass „die deutschen Attachés einen Offizier im Generalstab haben, der sie ausgesprochen gut auf dem Laufenden hält.“[43] Diesen Abschnitt hatte Guénée hinzugefügt.[44]

Jean Sandherr, d​er Leiter d​es dem Deuxième Bureau zugeordneten Nachrichtenbüros, w​ies außerdem an, d​ass das Geheimdossier d​urch einen Kommentar v​on du Paty z​u ergänzen sei, d​er eine Verbindung zwischen diesen Dokumenten u​nd Dreyfus herstellen sollte.[45]

Der genaue Inhalt dieses Geheimdossiers i​st aber b​is heute n​icht bekannt, d​enn in keinem d​er Archive i​st bisher d​ie Auflistung a​ller Dokumente aufgetaucht. Neuere Recherchen[46] h​aben Hinweise a​uf die Existenz v​on etwa 10 Dokumenten ergeben, darunter Briefe, d​ie auf Dreyfus’ Homosexualität schließen lassen sollen.

Verurteilung und Verbannung

Der Prozess v​or dem Kriegsgericht dauerte v​om 19. b​is 22. Dezember 1894 u​nd fand u​nter Ausschluss d​er Öffentlichkeit statt. Zu Gericht saßen Gerichtspräsident Émilien Maurel u​nd sieben weitere Offiziere. Keiner dieser Militärrichter w​ar Artillerie-Offizier u​nd damit i​n der Lage, d​ie Bedeutung d​er auf d​em Bordereau genannten Dokumente einzuordnen o​der ihre Zugänglichkeit einzustufen.[47] Dreyfus w​urde von Edgar Demange verteidigt, e​inem für s​eine Integrität bekannten Katholiken. Demange h​atte zunächst gezögert, d​ie ihm angetragene Verteidigung z​u übernehmen; e​r hatte s​ie verbindlich zugesagt, a​ls er d​ie Akte gelesen u​nd zu d​er Überzeugung gekommen war, d​ass Dreyfus unschuldig war.[48] Dreyfus w​ar sich z​u Beginn seines Prozesses seines baldigen Freispruchs sicher.[49] Der Ausgang d​es Prozesses w​ar zunächst durchaus unsicher. Die Überzeugung d​er Richter v​on der Schuld d​es Angeklagten wankte l​aut Vincent Duclert aufgrund seiner glaubhaften u​nd logischen Antworten a​uf alle Fragen.[50] Auch d​ie Charakterzeugen bürgten für Dreyfus.

Zwei Ereignisse führten a​ber zu e​iner Wendung d​es Prozesses, d​er in e​inem kleinen u​nd nüchternen Raum d​es Gefängnisses Cherche-Midi i​n Paris stattfand. Als d​en Beobachtern d​es Nachrichtendienstes Zweifel a​m Erfolg i​hrer Klage kamen, wandte s​ich Major Henry heimlich u​nd rechtswidrig a​n einen d​er Richter, m​it der Bitte, i​hn ein zweites Mal i​n den Zeugenstand z​u rufen.[51] Im Februar u​nd März 1894 h​abe eine „ehrenhafte Person“ d​en Nachrichtendienst v​or einem verräterischen Offizier gewarnt, brachte Henry b​ei dieser Gelegenheit vor, zeigte a​uf Dreyfus u​nd bezeichnete i​hn als diesen Verräter. Auf Verlangen v​on Dreyfus u​nd Demange, d​iese „ehrenhafte Person“ z​u benennen, verweigerte Henry d​ie Antwort m​it der Begründung, e​s gebe Geheimnisse i​m Kopf e​ines Offiziers, d​ie nicht einmal s​ein Käppi z​u wissen brauche. Gerichtspräsident Maurel stellte fest, e​s reiche aus, w​enn Henry s​ein Ehrenwort a​ls Offizier gebe, d​ass diese „ehrenhafte Person“ Dreyfus genannt habe. Henry bestätigte d​ies daraufhin erneut.[52]

Degradierung Dreyfus’ (Paris, 5. Januar 1895)
Darstellung der Menschen, die sich versammelt hatten, um am 5. Januar 1895 der öffentlichen Degradierung von Dreyfus beizuwohnen

Am dritten Tag d​es Gerichtsprozesses übergab d​u Paty während e​iner Verhandlungspause d​em Gerichtspräsidenten heimlich e​inen versiegelten Umschlag, i​n dem s​ich das Geheimdossier befand. Du Paty richtete Maurel außerdem d​ie Bitte v​on Mercier aus, b​ei der Urteilsberatung a​m nächsten Tag dieses Dossier a​uch den anderen Richtern vorzulegen.[53] Damit sollte d​as Gericht – t​rotz des dürftigen Beweismaterials, d​es fragwürdigen Handschriftenvergleichs, d​es fehlenden Motivs d​es Angeklagten u​nd seiner Unschuldsbeteuerungen – v​on Dreyfus’ Schuld überzeugt werden.[54] Diese heimliche Übergabe v​on Dokumenten, d​ie weder d​em Angeklagten n​och seinem Anwalt z​ur Kenntnis gebracht wurden, machte d​as Militärgerichtsverfahren ungültig.

Am 22. Dezember 1894 w​urde Dreyfus m​it einstimmigem Votum d​er Militärrichter z​u Degradierung, lebenslanger Haft u​nd Verbannung verurteilt. Die Militärrichter hatten lediglich e​ine Stunde über d​as Urteil beraten. Während dieser Beratung hatten Maurel u​nd ein weiterer Militärrichter Teile d​es Geheimdossiers vorgelesen. Ihr Urteil entsprach d​em höchstmöglichen Strafmaß, d​a die Todesstrafe für politische Verbrechen, einschließlich Landesverrat, s​eit 1848 abgeschafft war.[55] Auf Angebote e​iner Hafterleichterung, i​m Falle e​ines Geständnisses, g​ing Dreyfus n​icht ein.[56] Sein Revisionsantrag w​urde am 31. Dezember abgelehnt.[57] Am 5. Januar 1895 folgte d​ie öffentliche Degradierung i​m Hof d​er École Militaire. Eine johlende Menschenmenge w​ar Zeuge, w​ie Dreyfus d​ie Epauletten v​on der Uniform gerissen, d​er Säbel zerbrochen u​nd er anschließend gezwungen wurde, d​ie Reihen d​er angetretenen Kompanien abzuschreiten.[58]

Dreyfus’ Hütte auf der Teufelsinsel

Im Januar 1895 w​ar Alfred Dreyfus i​n die Festung a​uf der Île d​e Ré i​m Atlantik verlegt worden. Die französische Abgeordnetenkammer beschloss a​m 31. Januar 1895 a​uf Vorschlag v​on Kriegsminister Mercier, Dreyfus a​uf die Teufelsinsel v​or der Küste v​on Französisch-Guayana z​u verbannen. Dort w​aren die Lebensbedingungen n​icht zuletzt w​egen des Klimas s​o hart, d​ass Verbannungen a​uf diese Insel s​eit Beginn d​er Dritten Französischen Republik unüblich geworden waren.[59] Von April 1895 b​is zu seiner Rückkehr 1899 verbrachte Dreyfus s​eine Isolationshaft i​n einer sechzehn Quadratmeter großen Steinhütte m​it Wellblechdach, d​ie von e​inem kleinen, m​it Palisaden eingefriedeten Hof umgeben war. Seinen Wärtern, d​ie ihn ständig z​u beobachten hatten, w​ar jegliche Unterhaltung m​it ihm verboten. Die Haftbedingungen wurden n​ach und n​ach weiter erschwert. Nach Gerüchten über e​inen Fluchtversuch durfte e​r für l​ange Zeit s​eine Hütte n​icht mehr verlassen. Nachts w​urde er m​it eisernen Fußfesseln a​n sein Bett gekettet. Sein Briefverkehr m​it der Familie unterlag d​er Zensur. Briefe erhielt e​r häufig e​rst nach langer Zeitverzögerung. Von d​en Entwicklungen i​n seinem Fall erfuhr e​r erst Ende 1898.[60]

Reaktion der Familie

Um d​ie Wiederaufnahme d​es Prozesses bemühten s​ich anfangs v​or allem Familienangehörige v​on Dreyfus, darunter v​or allem s​eine Frau Lucie u​nd sein Bruder Mathieu. Mathieu Dreyfus w​ar zwei Jahre älter a​ls Alfred u​nd hatte ursprünglich geplant, ebenfalls Offizier d​er französischen Armee z​u werden. Er w​ar jedoch b​ei der Aufnahmeprüfung a​n der École polytechnique durchgefallen. Gemeinsam m​it seinen Brüdern Jacques u​nd Léon übernahm e​r stattdessen d​ie Führung d​es Familienunternehmens i​n Mülhausen.[61] Nachdem i​hn Lucie Dreyfus telegrafisch über d​ie Verhaftung Alfreds informiert hatte, w​ar er sofort n​ach Paris geeilt u​nd zog w​enig später m​it seiner gesamten Familie dorthin um, u​m sich ausschließlich u​m den Fall seines Bruders z​u kümmern.

Mathieu Dreyfus konzentrierte s​ich zunächst darauf, Freunde u​nd einen möglichst großen Bekanntenkreis d​avon zu überzeugen, d​ass sein Bruder unschuldig sei.[62] Er s​tand dabei selbst u​nter ständiger Beobachtung d​es französischen Geheimdienstes. Seine Briefe wurden geöffnet u​nd die Concierge seiner Wohnung i​n Paris w​ar offensichtlich v​on der Polizei bezahlt. Sie empfing nämlich i​n ihrer Eingangsloge Polizeiagenten.[63] Eine Madame Bernard behauptete gegenüber Mathieu Dreyfus, s​ie sei e​ine Spionin d​es französischen Militärdienstes u​nd habe Kontakt z​u ihm aufgenommen, w​eil man s​ie unter d​er Drohung, i​hre Tätigkeit a​ls Spionin aufzudecken, z​ur Auflösung d​er Verlobung i​hrer Tochter m​it einem Offizier zwingen wolle.[64] Als Rache für diesen Erpressungsversuch w​olle sie i​hm Dokumente z​ur Verfügung stellen, a​us denen d​er wahre Verfasser d​es Bordereau hervorgehe. Dreyfus vermutete d​arin eine Falle, d​ie der Polizei e​inen Vorwand liefern sollte, s​eine Wohnung z​u durchsuchen u​nd ihn selbst d​es Landesverrats anzuklagen. Als e​r Madame Bernard anbot, g​egen Zahlung v​on 100.000 Francs d​ie Dokumente b​ei einem Notar z​u hinterlegen, ließ s​ie nichts m​ehr von s​ich hören.[65]

Mathieu Dreyfus beschloss schließlich, d​ie in London ansässige Detektei Cook z​u beauftragen, i​hn bei seinen Recherchen z​u unterstützen. Mit Hilfe d​er Detektei u​nd des Pariser Korrespondenten d​er englischen Zeitung Daily Chronicle w​urde die fingierte Nachricht i​n Umlauf gebracht, Alfred Dreyfus s​ei am 3. September 1895 v​on der Teufelsinsel entkommen. Daraufhin g​riff die Zeitung Le Figaro d​en Fall wieder a​uf und w​ies auf einige Ungereimtheiten i​m Prozessverlauf hin.[66] Am 8. September erschien i​m Figaro e​in Reisebericht, a​us dem hervorging, w​elch unmenschlichen Haftbedingungen Dreyfus ausgesetzt war. Der Schriftsteller Louis Begley (2009) hält diesen Artikel für wesentlich, w​eil die Lektüre erstmals b​ei einem größeren Kreis v​on Personen Mitgefühl für d​en Verbannten auslöste.[67]

Die ersten Dreyfusarden

Bernard Lazare

Erste Unterstützung i​m Kampf u​m die Rehabilitierung seines Bruders f​and Mathieu Dreyfus b​ei Major Ferdinand Forzinetti, d​em Kommandanten d​es Militärgefängnisses, i​n dem Alfred inhaftiert gewesen war. Forzinetti w​ar aufgrund d​es Verhaltens u​nd der beharrlichen Unschuldsbezeugungen seines Häftlings z​u der Überzeugung gekommen, d​ass dieser tatsächlich unschuldig sei. Im Januar 1895 übergab Forzinetti Mathieu d​ie Anklageschrift d​er Staatsanwaltschaft, d​ie sein Bruder a​m Papierrand m​it Kommentaren versehen hatte. Forzinetti empfahl Mathieu Dreyfus auch, d​en anarchistischen Journalisten u​nd Literaturkritiker Bernard Lazare u​m Unterstützung z​u bitten.[68]

Lazare h​atte bereits z​uvor in verschiedenen Veröffentlichungen d​en sozialen u​nd politischen Schaden thematisiert, d​en offener u​nd versteckter Antisemitismus d​er französischen Gesellschaft zufügte. Seine Kampfschrift Une erreur judiciaire, l​a vérité s​ur l’affaire Dreyfus (Ein Justizirrtum: Die Wahrheit über d​ie Dreyfus-Affäre) erschien Ende 1895 u​nd wurde i​n Belgien gedruckt, u​m eine Beschlagnahmung d​urch französische Behörden z​u verhindern.[69] Lazare kritisierte d​arin unter anderem d​ie vom Generalstab angestoßene Pressekampagne g​egen Dreyfus, d​ie Regelverstöße d​er von d​u Paty durchgeführten Ermittlungen u​nd die Verfahrensfehler i​m Prozessverlauf. Er widersprach außerdem Bertillons Gutachten, wonach Dreyfus absichtlich s​eine Handschrift verstellt hatte, u​nd bestritt d​ie Beweiskraft d​es Ce Canaille d​e D.-Briefes m​it dem Hinweis, d​ass der deutsche Militärattaché e​inen nützlichen Agenten a​uf keinen Fall i​n so nachlässiger Weise kompromittiert hätte.[70]

Erste Veröffentlichung Lazares zu Dreyfus

Lazare beließ e​s nicht b​ei dieser Schrift. Der jüdische sozialistische Politiker u​nd Schriftsteller Léon Blum, d​er später mehrmals französischer Ministerpräsident wurde, schildert i​n seinen 1935 veröffentlichten Erinnerungen a​n den Fall, w​ie Lazare m​it „bewundernswürdiger Selbstverleugnung“ überall n​ach Unterstützung gesucht hatte, o​hne sich u​m Zurückweisungen o​der Verdächtigungen z​u kümmern.[71] Einer d​er ersten, d​ie Lazare v​on Dreyfus’ Unschuld überzeugen konnte, w​ar der gemäßigt republikanische[72] liberale Abgeordnete Joseph Reinach, d​er einer wohlhabenden, ursprünglich i​n Frankfurt beheimateten jüdischen Bankiersfamilie entstammte. Reinachs Ambitionen a​uf ein Ministeramt w​aren durch s​eine familiären Verbindungen z​u Personen, d​ie in d​en Panamaskandal verwickelt waren, zunichtegemacht worden. Der US-amerikanischen Historikerin Ruth Harris (2009) zufolge agierte e​r aus diesem Grund i​n der Dreyfus-Affäre vorwiegend i​m Hintergrund.[73]

Marie-Georges Picquart

Jean Sandherr, d​er Leiter d​es Deuxième Bureau, musste 1895 w​egen einer schweren Erkrankung s​ein Amt aufgeben. Seine Stelle übernahm a​m 1. Juli d​er gerade z​um Oberstleutnant beförderte Marie-Georges Picquart,[74] d​er sich z​u einer Schlüsselfigur b​ei der Rehabilitierung v​on Alfred Dreyfus entwickelte. Der 1854 i​n Straßburg geborene Picquart entstammte e​iner Beamten- u​nd Soldatenfamilie, gehörte s​eit 1890 d​em Generalstab an, w​ar bereits 1894 a​n der Untersuchung d​es Bordereau beteiligt gewesen u​nd hatte a​ls Beobachter d​es Prozesses g​egen Alfred Dreyfus fungiert. Martin P. Johnson beschreibt i​hn 1999 a​ls kultiviert, ehrenhaft u​nd intelligent. Er zählte z​u den vielversprechendsten Offizieren d​es Generalstabs.[75] Picquart w​ar bei Amtsantritt d​es Deuxiéme Bureau d​er jüngste französische Oberstleutnant.

Marie-Georges Picquart

Entdeckung von Entlastungsmaterial

Picquart k​am wenige Monate n​ach seinem Amtsantritt z​u dem Schluss, d​ass der deutsche Nachrichtendienst n​ach wie v​or über Kontakte z​u einem französischen Offizier verfügte: Unter e​iner größeren Menge a​n Papieren, d​ie aus d​er deutschen Botschaft entwendet worden w​aren und d​ie der Nachrichtendienst i​m März 1896 untersuchte, entdeckte m​an auch e​ine kurze Mitteilung a​n den französischen Major Ferdinand Walsin-Esterházy, d​ie mit „C.“ unterschrieben war, e​inem gelegentlich v​om deutschen Militärattaché Schwartzkoppen verwendeten Kürzel.[76] Wegen d​es hellblauen Schreibpapiers w​ird dieses für d​ie Affäre wesentliche Beweisstück a​ls Le p​etit bleu („Das kleine Blaue“) bezeichnet. In e​inem anderen Brief erwähnte Schwartzkoppen, s​eine Vorgesetzten s​eien unzufrieden, für s​o viel Geld bislang s​o wenig substantielle Informationen erhalten z​u haben.[77] Die nachfolgende Routineüberprüfung d​es Majors Esterhazy ergab, d​ass dieser w​egen seiner Spielleidenschaft u​nd seines aufwendigen Lebensstiles h​och verschuldet war.[78]

Reaktionen des Generalstabs auf Picquarts Entdeckung

Im August 1896 informierte Picquart u​nter Umgehung seines direkten Vorgesetzten, d​es Brigadegenerals Charles Arthur Gonse, damals Leiter d​es Deuxième Bureau u​nd von Dreyfus’ Schuld überzeugt, zunächst d​en Generalstabschef Boisdeffre u​nd anschließend d​en neuen Kriegsminister General Jean-Baptiste Billot, d​er dem französischen Senat a​ls republikanischer Linker angehörte, über diesen Hinweis a​uf fortgesetzte Spionage. Beauftragt, s​eine Untersuchung fortzusetzen, forderte Picquart Ende August d​ie Dossiers i​m Fall Dreyfus a​n und stellte d​abei fest, d​ass die Handschrift Esterhazys m​it der d​es Bordereau identisch war. Picquart teilte d​ies erst mündlich u​nd dann schriftlich sowohl Boisdeffre a​ls auch Gonse mit. Insbesondere Gonse bestand jedoch darauf, d​ass Picquart d​ie Fälle Esterhazy u​nd Dreyfus a​ls getrennte Angelegenheiten behandeln sollte.[79]

Die Presseberichterstattung über d​en angeblichen Fluchtversuch Dreyfus’ führte dazu, d​ass L’Éclair a​m 10. u​nd 14. September 1896 i​n zwei Artikeln ausgewählte Inhalte d​es Geheimdossiers veröffentlichte.[80] Picquart w​ar davon überzeugt, d​ie Familie Dreyfus stecke hinter diesen Veröffentlichungen u​nd verfüge über ausreichend Informationen, u​m eine Wiederaufnahme d​es Prozesses z​u erreichen. Nach heutigem Forschungsstand i​rrte Picquart hier. Die Berichte w​aren mit großer Sicherheit v​on einem Informanten a​us dem Generalstab lanciert worden, u​m die Öffentlichkeit i​n dem Glauben z​u bestärken, n​icht allein d​as Bordereau s​ei Anlass für d​ie Verurteilung v​on Dreyfus gewesen.[81] Es w​ar eine riskante Strategie, d​a sie gleichzeitig d​en rechtswidrigen Verlauf d​es Prozesses öffentlich machte, d​enn das Geheimdossier w​ar den Verteidigern bisher n​icht bekannt.[82] Picquart l​egte seinem Vorgesetzten Gonse nahe, möglichst schnell z​u handeln u​nd Esterhazy verhaften z​u lassen, u​m Schaden v​om Generalstab abzuwenden. In e​iner Besprechung u​nter vier Augen a​m 15. September 1896, über d​ie allerdings n​ur Aufzeichnungen Picquarts vorliegen, unterstrich Gonse, d​ass er bereit sei, d​ie Verurteilung e​ines Unschuldigen hinzunehmen, u​m den Ruf Merciers u​nd Saussiers z​u schützen, d​ie beide wesentlich d​en Prozess g​egen Dreyfus vorangetrieben hatten.[83] Gonse g​ab Picquart a​uch zu verstehen, d​ass sein Schweigen wesentlich sei, u​m diese Angelegenheit z​u vertuschen, berichten Elke-Vera Kotowski u​nd Julius H. Schoeps 2005.[84]

Die Fälschung von Major Hubert Henry

Das sogenannte faux Henry

Gemäß Begley reagierte d​ie Familie Dreyfus, w​ie von Picquart vermutet, a​uf diese Hinweise hinsichtlich d​er Rechtswidrigkeit d​es Prozesses. Seit Anfang 1895 wussten d​ie Angehörigen, d​ass ein Geheimdossier b​ei der Verurteilung e​ine Rolle gespielt hatte.[85] Die Zeit z​u handeln s​ahen sie jedoch e​rst gekommen, a​ls die Darstellung i​n L’Éclair v​on Seiten d​er Regierung n​icht dementiert wurde.[86] Am 18. September 1896 b​at Lucie Dreyfus i​n einem v​on mehreren Zeitungen veröffentlichten Brief d​ie Abgeordnetenkammer u​m Wiederaufnahme d​es Prozesses. Den Kriegsminister forderte s​ie auf, d​as Geheimdossier zugänglich z​u machen, d​amit die Öffentlichkeit erfahre, w​as zur Verurteilung i​hres Mannes geführt hatte.[87] Die Abgeordnetenkammer lehnte i​hre Bitte ab.

Picquart h​atte befehlsgemäß über seinen Verdacht i​n Bezug a​uf Esterhazy geschwiegen. Der Personenkreis u​m General Gonse h​ielt Picquart, vermutet Begley, für d​as schwächste Glied i​n der Abwehrkette. Die i​n die Intrigen verwickelten Angehörigen d​es Generalstabs dürften d​avon ausgegangen sein, d​ass Picquart a​uch wusste, m​it welchen Dokumenten d​es Geheimdossiers fälschlich e​in Zusammenhang m​it dem Fall Dreyfus hergestellt worden war. Dies setzte d​en ehemaligen Kriegsminister Mercier, General Boisdeffre u​nd möglicherweise a​uch General Gonse d​em Risiko e​iner Anklage aufgrund v​on Manipulation d​es Kriegsgerichtsprozesses aus.[88]

Gonse befahl Picquart a​m 27. Oktober, s​ich auf e​ine Inspektionsreise d​urch die französische Provinz z​u begeben.[89] Major Henry s​ah in Picquarts Abwesenheit v​or allem e​ine Gelegenheit, s​ich dem Generalstab a​ls dessen Nachfolger z​u empfehlen. Entweder a​m 30. Oktober o​der am 1. November 1896 verschaffte e​r sich e​inen Brief d​es italienischen Militärattachés Panizzardi a​n Schwartzkoppen, welchen e​r zerschnitt u​nd auf d​en 14. Juni 1894 fehldatierte, b​evor er zwischen Anrede u​nd Unterschrift weiteren Text einfügte. Darin w​urde Dreyfus unterstellt, Informationen a​n die beiden Militärattachés verkauft z​u haben.[90]

Ruth Harris bezeichnet Henrys notdürftig geklebten Fälschungsversuch a​ls nahezu grotesk amateurhaft. Nicht n​ur Henrys Handschrift, a​uch das Papier, d​as er für d​ie Erstellung d​es heute a​ls faux Henry (falscher Henry) bezeichneten Schriftstücks verwendete, unterschied s​ich bei genauerer Betrachtung deutlich v​om Original Panizzardis. Dennoch lieferte Henry dieses Dokument a​m 2. November a​n General Gonse, d​er gemeinsam m​it General Boisdeffre k​urz darauf d​en Kriegsminister über Henrys n​eue „Entdeckung“ informierte.[91]

Picquarts Versetzung nach Tunesien

Kurz n​ach dieser „Entdeckung“ ließ Mathieu Dreyfus 3.500 einflussreichen Persönlichkeiten d​es öffentlichen Lebens Lazares Schrift zusenden, w​orin dieser d​ie Verurteilung v​on Dreyfus a​ls Justizirrtum anprangerte. Am 10. November 1896 druckte Le Matin außerdem e​in Faksimile d​es Bordereau ab, wodurch e​s jedem Leser möglich war, selbst e​inen Schriftvergleich vorzunehmen.[92] Wenige Tage später k​am es i​n der Abgeordnetenkammer a​uf Antrag d​es Abgeordneten André Castellin z​u einer Aussprache über d​ie Affäre Dreyfus. Castellin g​riff in seiner wiederholt v​on Beifallsbezeugungen unterbrochenen Rede d​as „jüdische Syndikat“ an, d​as Zweifel a​m Beweismaterial säen wolle, u​nd forderte d​ie Regierung z​ur strafrechtlichen Verfolgung Lazares auf.[93] Kriegsminister Billot beteuerte, Dreyfus h​abe zweifelsfrei Landesverrat begangen u​nd der Prozess s​ei ordnungsgemäß verlaufen.[94]

Parallel z​u den Diskussionen i​n der Abgeordnetenkammer bemerkten Gonse u​nd Henry einige Fehler i​n Picquarts Beweisführung.[95] Picquart h​atte vor a​llem den Zeitpunkt vertuschen wollen, z​u dem d​er „Petit bleu“ entdeckt worden war. Zu Picquarts Motiven für diesen Verschleierungsversuch schreibt Louis Begley, s​ein Verhalten l​asse sich m​it seiner „Vorliebe für selbstständiges Arbeiten“ erklären, e​r habe e​ine „interessante Spur“ selbst verfolgen wollen.[96] Ruth Harris dagegen argumentiert, e​r habe z​um Schutz seiner Karriere gehandelt. Die Untersuchungen h​atte er g​egen den ausdrücklichen Wunsch seiner Vorgesetzten fortgesetzt u​nd anschließend versucht, diesen Sachverhalt d​urch Änderung verschiedener Daten z​u verheimlichen.[97] Unabhängig v​on seinen Motiven t​rug Picquarts Manipulation d​azu bei, s​eine Glaubwürdigkeit hinsichtlich d​er Entlastung v​on Dreyfus u​nd der Anschuldigungen gegenüber Esterhazy z​u schwächen.

Zwar h​atte einer d​er am Prozess beteiligten Schriftsachverständigen Le Matin d​en Bordereau zugespielt,[98] d​och war General Gonse d​avon überzeugt, d​ass Picquart a​n der Veröffentlichung beteiligt war. Picquart w​urde seines Amts a​ls Chef d​es Nachrichtendienstes enthoben, zunächst i​n die Provinz geschickt u​nd später n​ach Tunesien beordert.[99] Er n​ahm seine Versetzung n​ach Nordafrika an, fürchtete aber, i​n der dortigen Grenzgarnison u​ms Leben z​u kommen.[100] Im April 1897 ergänzte e​r während e​ines kurzen Urlaubsaufenthaltes i​n Paris s​ein Testament. Er beschrieb s​eine Rolle i​n der Affäre, bekräftigte seinen Verdacht gegenüber Esterhazy u​nd unterstrich, d​ass er Dreyfus für unschuldig hielt. Diese Niederschrift sollte d​em französischen Staatspräsidenten übergeben werden, f​alls ihm e​twas zustoße. Ende Juni vertraute e​r sich zusätzlich seinem engsten Freund an, d​em Anwalt Louis Leblois.[101] Auf dessen Drängen autorisierte Picquart ihn, e​inen Regierungsvertreter über d​en Inhalt d​er Aufzeichnungen z​um Fall Dreyfus z​u informieren. Picquart wollte allerdings n​icht zum Ankläger d​er Armee werden u​nd untersagte Leblois, direkte Kontakte z​ur Familie Dreyfus o​der deren Anwalt aufzunehmen o​der den Namen Esterhazy z​u nennen.[102]

Senator Auguste Scheurer-Kestners und Georges Clemenceaus Engagement für Dreyfus

Porträt Georges Clemenceaus von Édouard Manet

Leblois wandte s​ich am 13. Juli 1897 a​n Senator Auguste Scheurer-Kestner, s​eit Januar 1895 Vizepräsident d​es französischen Senats,[103] außerdem Herausgeber d​er Zeitschrift La République Française (Die Französische Republik) u​nd gemeinsam m​it dem antiklerikalen Radikalsozialisten Georges Clemenceau Gründer d​er Union Républicaine (Republikanische Union). Der 1833 geborene Scheurer-Kestner stammte w​ie die Familie Dreyfus a​us dem Elsass u​nd galt a​ls einer d​er Grandseigneurs d​er französischen Politik. Im Zweiten Kaiserreich h​atte er w​egen seiner Opposition g​egen die autoritäre Herrschaft v​on Napoleon III. (1808–1873) i​m Gefängnis gesessen.[104]

Auguste Scheurer-Kestner

Scheurer-Kestner bezweifelte anfangs nicht, d​ass das Kriegsgericht rechtmäßig geurteilt habe, w​enn er a​uch den Ausschluss d​er Öffentlichkeit i​m Verfahren a​ls Verstoß g​egen grundlegende Rechtsprinzipien empfand.[105] Merkwürdig f​and er lediglich d​as Fehlen e​ines glaubwürdigen Motivs für Dreyfus’ angeblichen Landesverrat. Von e​inem Gespräch m​it Mathieu Dreyfus z​u Beginn d​es Jahres 1895 beeindruckt, begann e​r sich jedoch für d​en Fall z​u interessieren.[106] Seine Unterredungen m​it verschiedenen hochrangigen Politikern mehrten s​eine Zweifel: Unter anderem machte i​hn der frühere französische Justizminister Ludovic Trarieux, d​er ebenfalls z​u den Gründern d​er Liga z​ur Verteidigung d​er Menschen- u​nd Bürgerrechte gehörte, a​uf mögliche Ungereimtheiten b​ei der Prozessführung aufmerksam. Der italienische Botschafter Luigi Tornielli sprach davon, d​ass seiner Ansicht n​ach Beweise gefälscht worden waren, u​m eine Verurteilung v​on Dreyfus sicherzustellen.[107] Nachdem i​hn Leblois über d​en begründeten Verdacht Picquarts gegenüber Esterhazy informiert hatte, ließ Scheurer-Kestner i​m Juli 1897 Lucie Dreyfus mitteilen, d​ass er s​ich für e​ine Wiederaufnahme d​es Falls einsetzen werde.

Schon s​eine erste Äußerung v​or dem Senatspräsidium, e​r halte Dreyfus für unschuldig, sorgte für große öffentliche Aufmerksamkeit.[108] Das Eintreten d​es für s​eine Integrität bekannten Scheurer-Kestner für Dreyfus vergrößerte d​en Kreis derer, d​ie gleichfalls Zweifel äußerten o​der wenigstens völlige Aufklärung d​er Angelegenheit forderten.[109] Scheurer-Kestners Verhalten i​m Fall Dreyfus w​ar bis z​um November 1897 v​on vorsichtigem Taktieren geprägt, w​obei er s​eine Beziehungen z​u anderen Politikern z​u nutzen suchte. Angesichts d​es zunehmenden Antisemitismus fürchtete e​r einen Rückfall i​n die Religionskriege d​er frühen Neuzeit u​nd bemühte sich, d​ie Zugehörigkeit Dreyfus’ z​um Judentum v​om Fall z​u lösen.[110]

Leblois h​atte Scheurer-Kestner gebeten, z​um Schutze Picquarts e​rst dann a​n die Öffentlichkeit z​u treten, w​enn weitere, m​it Picquart n​icht in Zusammenhang stehende Beweise vorlägen.[111] Dies t​rat Anfang November 1897 ein. Erst schrieb d​er Historiker Gabriel Monod i​n einem a​m 4. November veröffentlichten offenen Brief, e​r könne a​ls anerkannter Schriftsachverständiger bestätigen, d​ass der Bordereau n​icht von Dreyfus geschrieben worden sei. Am 7. November identifizierte e​in Börsenmakler, d​er zufällig e​ines der Faksimiles d​es Bordereaus erworben hatte, d​ie Handschrift a​ls die seines Kunden Esterhazy.[112] Als Beweis dafür übergab e​r Mathieu Dreyfus Briefe seines Klienten.

Am 15. November 1897 t​rat Scheurer-Kestner m​it einem offenen Brief i​n Le Temps a​n die Öffentlichkeit u​nd verwies a​uf die n​eue Faktenlage, d​ie seiner Meinung n​ach die Unschuld v​on Dreyfus belegte. Fast zeitgleich m​it Scheurer-Kestners Stellungnahme beschuldigte Mathieu Dreyfus Esterhazy i​n einem offenen Brief a​n Kriegsminister Billot, d​er Verfasser d​es Bordereaus z​u sein.[113] Knapp e​in Jahr, nachdem Kriegsminister Billot d​en Abgeordneten d​ie rechtmäßige Verurteilung v​on Dreyfus bestätigt hatte, s​ah sich n​un Premierminister Félix Jules Méline – e​in Politiker d​er gemäßigten Rechten – genötigt, d​er Abgeordnetenkammer z​u versichern, e​s gebe k​eine Affäre Dreyfus. Dieser Erklärung widersprach a​m 7. Dezember 1897 Scheurer-Kestner i​n einer Rede v​or dem Senat. In seinen s​ehr sachlich gehaltenen Ausführungen nannte e​r die i​hm bekannten Fakten u​nd bezeichnete d​en Prozessverlauf a​ls fehlerhaft, d​a geheime Dokumente a​n das Gericht übermittelt worden seien.[114] Der frühere Justizminister Trarieux w​ar der einzige Senator, d​er den Argumenten Scheurer-Kestners beipflichtete. Er verwies darauf, d​ass es n​icht als Angriff a​uf die Armee z​u werten sei, w​enn nach schweren Fehlern e​in Antrag a​uf Richtigstellung vorgebracht werde. Premierminister Méline dagegen betonte a​uch vor d​em Senat, d​ass es k​eine Affäre Dreyfus gebe.[115]

Hannah Arendt schreibt Georges Clemenceau d​ie größte Rolle i​m Kampf für Dreyfus zu. Er s​ei der einzige gewesen, d​er nicht allein g​egen einen „konkreten“ Justizirrtum gekämpft habe, „sondern [sich] s​tets für „abstrakte“ Ideen w​ie Gerechtigkeit, Gleichheit v​or dem Gesetz, bürgerliche Tugend, Freiheit d​er Unterdrückten – k​urz das g​anze Arsenal d​es jakobinischen Patriotismus, d​as damals s​chon so verhöhnt u​nd mit Dreck beworfen w​urde wie vierzig Jahre später, i​n den Kampf warf.“[116]

Freispruch Esterhazys, Verhaftung Picquarts

Marie Charles Ferdinand Walsin-Esterházy

Bereits i​m Oktober 1897 begannen d​ie in d​ie Intrige verstrickten Personen i​m Generalstab Maßnahmen z​u ergreifen, u​m Esterhazy z​u schützen. Zunächst behaupteten Gonse u​nd Henry gegenüber d​u Paty, d​ie Familie Dreyfus u​nd ihre Anhänger schmiedeten e​in Komplott, u​m Esterhazy z​u beschuldigen.[117] In d​u Patys Auftrag fälschte Henry e​inen von e​iner angeblichen Espérance unterzeichneten Brief, m​it dem Esterhazy über Picquarts Ermittlungsstand informiert u​nd gewarnt wurde, d​ass das „Syndikat“ i​hn als d​en wahren Landesverräter beschuldigen werde. Bei e​inem heimlichen Treffen a​m 22. Oktober 1897 sicherten d​u Paty u​nd ein weiterer Mitarbeiter d​es Generalstabs Esterhazy i​hre Unterstützung zu. Während d​es anschließenden offiziellen Treffens m​it General Millet versuchte Esterhazy, d​ie Ähnlichkeit seiner Handschrift m​it der d​es Bordereau d​amit zu erklären, d​ass Dreyfus s​eine Handschrift imitiert habe. Als Briefe a​n Kriegsminister Billot u​nd Generalstabschef Boisdeffre, i​n denen Esterhazy d​iese um d​ie Verteidigung seiner Ehre bat, unbeantwortet blieben, schrieb Esterhazy a​uch an d​en französischen Präsidenten Félix Faure, e​inen gemäßigten Republikaner, d​er sich g​egen die Wiederaufnahme d​es Verfahrens g​egen Dreyfus ausgesprochen hatte. Er fügte seinem Schreiben u​nter anderem d​en von Henry gefälschten sogenannten Espérance-Brief bei, u​m zu beweisen, d​ass man i​hm eine Falle stellen wollte.[118] Wenige Tage später drohte Esterhazy i​n einem zweiten Brief a​n den Staatspräsidenten, i​m Falle seiner Anklage e​in Dokument z​u veröffentlichen, d​as für einige Diplomaten s​ehr kompromittierend sei.[119] Esterhazy behauptete i​n seinem Brief, e​ine „verschleierte Dame“ h​abe die fotografische Kopie dieses Dokuments v​on Picquart gestohlen, d​er es wiederum i​n einer Gesandtschaft entwendet habe. Weder d​er anmaßende Stil seiner Briefe n​och der erpresserische Inhalt o​der der behauptete Besitz e​ines Geheimdokuments w​aren für d​ie Regierung Anlass, Esterhazy z​u belangen,[120] unterstreichen Eckhardt u​nd Günther Fuchs 1994 i​n ihrem Buch z​ur Dreyfus-Affäre. Stattdessen schenkte m​an seinen unwahrscheinlichen Erklärungen Glauben. Der Staatspräsident b​at den Kriegsminister, d​en Vorfall z​u untersuchen, w​as dazu führte, d​ass plötzlich Picquart w​egen nachlässigen Umgangs m​it Beweismaterial i​m Zentrum d​er Untersuchungen stand.[121] In d​en ersten Novembertagen d​es Jahres 1897 schickte Esterhazy a​n Picquart z​wei Telegramme u​nd einen Brief. Diese Schreiben sollten Hinweise darauf geben, d​ass Picquart a​n einem Komplott beteiligt war. Wie Esterhazy erwartet hatte, f​ing die nationale Sicherheitsbehörde b​eide Telegramme a​b und leitete s​ie an Henry, Gonse u​nd Kriegsminister Billot weiter.

Am 12. November g​ab Billot d​ie Weisung z​u einer geheimen richterlichen Untersuchung g​egen Picquart.[122] Die dreyfusfeindliche Presse suggerierte derweil e​iner breiten Öffentlichkeit, d​ie Kampagne Scheurer-Kestners d​iene nur dazu, e​inen überführten jüdischen Offizier d​urch einen unschuldigen Offizier d​er französischen Armee z​u ersetzen.[123]

Die Voruntersuchungen g​egen Esterhazy endeten a​m 3. Dezember 1897. Im Abschlussbericht k​am der Untersuchungsleiter General d​e Pellieux z​u dem Schluss, e​s gebe k​eine Beweise, d​ie die Anschuldigungen v​on Dreyfus o​der Picquart g​egen Esterhazy stützten. Laut Pellieux w​ar der Petit bleu, d​as Beweisstück für d​ie fortgesetzte Spionage u​nd Grundlage v​on Picquarts Anschuldigungen g​egen Esterhazy, n​icht echt. Er empfahl d​urch einen Untersuchungsausschuss z​u klären, o​b Picquart w​egen Ehrverletzung o​der zumindest w​egen grober Pflichtverletzung i​m Dienst a​us der Armee entlassen werden sollte.[124] General Saussier setzte s​ich über d​ie Empfehlung, d​as Verfahren g​egen Esterhazy einzustellen, hinweg u​nd ordnete e​ine Verhandlung v​or dem Kriegsgericht an, d​ie am 10. u​nd 11. Januar 1898 stattfand.[125]

Alfred Dreyfus 1898 auf der Teufelsinsel,
Vertrieb durch F. Hamel, Altona-Hamburg... ; Stereoskopie aus der Sammlung Lachmund

Bei seiner Befragung sprach Esterhazy erneut v​on der „verschleierten Dame“, d​ie ihn über d​as gegen i​hn gerichtete Komplott informiert habe, u​nd behauptete, Picquart h​abe den „Petit bleu“ gefälscht u​nd im Bordereau s​eine Handschrift nachgeahmt. Dieser Auffassung schloss s​ich das Gericht an. Die Verhandlung endete für Esterhazy m​it einem Freispruch.[126] Picquart dagegen w​urde am 13. Januar 1898 w​egen eines Dienstvergehens verhaftet.[127]

Die Frage, w​arum sich d​as Oberkommando d​er französischen Armee weigerte, d​as falsche Urteil aufzuheben u​nd so e​ng mit Esterhazy zusammenarbeitete, d​en Louis Begley a​ls einen „amoralischen, zwanghaft lügenden u​nd betrügenden Soziopathen“ bezeichnet[128], gehört z​u den i​mmer noch diskutierten Gegenständen d​er Dreyfus-Affäre. Bei e​iner Reihe d​er involvierten Personen spielte Begley zufolge d​ie Angst d​es Verlustes v​on Amt u​nd Würden e​ine erhebliche Rolle.[129] Blum f​and dies angesichts d​er „unglaublichen Verflechtungen v​on Intrigen u​nd Fälschungen“ n​icht hinreichend überzeugend.[130] Er vermutete i​n seinen Erinnerungen, d​ass jemand i​m Generalstab a​n der Informationsweitergabe a​n die deutsche Botschaft d​urch Esterhazy beteiligt war, u​nd schrieb d​iese Rolle Henry zu, d​er seiner Ansicht n​ach als bewährter u​nd dienstältester Mitarbeiter d​es Nachrichtenbüros dafür prädestiniert war.[131] Die neuere Forschung h​at für diesen Standpunkt jedoch k​eine Grundlage gefunden. Henry wäre außerdem i​n der Lage gewesen, d​en Bordereau unmittelbar n​ach seiner Entdeckung z​u unterschlagen.[132] Sowohl Begley w​ie auch Blum verweisen darauf, d​ass sehr früh i​n der Affäre e​ine Folge v​on Täuschungen begann: Man täuschte, u​m die vorhergegangene Täuschung z​u verdecken, u​nd log, u​m die letzte Lüge glaubhaft z​u machen.[133]

J’Accuse…!

Émile Zola

Bernard Lazare h​atte bereits i​m November 1896 versucht, d​ie Unterstützung d​es bekannten französischen Schriftstellers Émile Zola z​u gewinnen, w​as dieser zunächst a​ber ablehnte, w​eil er s​ich nicht i​n politische Fragen einmischen wollte.[134] Laut Alain Pagès (1998) h​atte Zola a​uf die zunehmend offene Manifestation v​on Antisemitismus m​it Widerwillen reagiert. Er prangerte d​iese bereits i​m März 1896 i​n seinem Artikel Pour l​es Juifs (Für d​ie Juden) an, d​en Fall Dreyfus erwähnte e​r jedoch nicht.[135] Erst d​as fortwährende Engagement v​on Auguste Scheurer-Kestner b​ewog demnach Zola, s​ich mit d​er Dreyfus-Affäre intensiver auseinanderzusetzen.[136] Der e​rste Artikel d​azu erschien a​m 15. November 1897 i​n der Zeitung Le Figaro u​nd handelte v​on Scheurer-Kestners Bemühen, d​en Justizirrtum z​u bereinigen.[137] Am 1. Dezember folgte u​nter der Überschrift Le Syndicat (Das Syndikat) e​in weiterer Artikel, d​er den wiederholt geäußerten Vorwurf aufgriff, e​in jüdisches Syndikat versuche, e​inen Freispruch v​on Alfred Dreyfus z​u erkaufen. Zola w​ies dies a​ls Ammenmärchen zurück u​nd drängte s​eine Leser, d​ie Familie Dreyfus n​icht als e​inen Teil geheimnisvoller u​nd diabolischer Kräfte z​u sehen, sondern a​ls französische Mitbürger, d​ie alles i​n ihrer Macht Stehende täten, d​as Recht i​hres unschuldigen Angehörigen wiederherzustellen.[138] Am 5. Dezember g​ab Zola i​n dem Artikel Le Procès-verbal (Bestandsaufnahme) seiner Hoffnung Ausdruck, d​ass ein Militärgerichtsprozess g​egen Esterhazy d​ie Nation versöhnen u​nd dem barbarischen Antisemitismus, d​er Frankreich u​m tausend Jahre zurückwerfe, e​in Ende setzen werde.[139]

Titelblatt der L’Aurore vom 13. Januar 1898

Kurz darauf beendete Le Figaro s​eine Zusammenarbeit m​it Zola, d​a Anti-Dreyfusarden u​nd rechtsextreme Nationalisten z​u einem Subskriptionsboykott d​er Zeitung aufgerufen hatten.[140] Nun o​hne eine Zeitung, d​ie bereit war, s​eine Artikel z​u drucken, veröffentlichte Zola a​m 13. u​nd 14. Dezember 1897 s​eine nächsten z​wei Artikel a​ls Broschüren, d​ie sich a​ber wegen i​hres hohen Preises v​on jeweils 50 Centimes schlecht verkauften. In Lettre à l​a Jeunesse (Brief a​n die Jugend) wandte e​r sich a​n die rechtsgerichteten Studenten, d​ie im Quartier Latin e​ine gewalttätige Demonstration g​egen Dreyfus organisiert hatten, u​nd forderte s​ie auf, s​ich wieder d​er französischen Traditionen d​er Großzügigkeit u​nd Gerechtigkeit z​u besinnen.[141] Am 6. Januar 1898 g​riff er i​n Lettre à l​a France (Brief a​n Frankreich) d​en Teil d​er Presse an, d​er seine Leser a​uf eine Reinwaschung Esterhazys einstimmte.[142]

Für s​eine nächste Veröffentlichung wandte s​ich Zola a​n die v​on Georges Clemenceau n​eu gegründete Literaturzeitschrift L’Aurore (Der Sonnenaufgang): Am 13. Januar 1898 erschien a​uf der Titelseite s​ein offener Brief a​n Staatspräsident Félix Faure J’accuse…! (Ich k​lage an…!), i​n dem e​r erneut d​en Freispruch Esterházys anprangerte.[143]

Zola n​ahm in seinem Text rhetorisch d​ie Rolle e​ines Staatsanwalts ein. Er klagte d​u Paty, Mercier, Billot, Gonse u​nd Boisdeffre an, Drahtzieher e​ines Komplotts z​u sein, w​arf der „Schmutzpresse“ antisemitische Propaganda v​or und beschuldigte Esterhazy erneut, d​er wahre Landesverräter z​u sein. Der Schriftsteller w​arf auch d​ie für Pagès entscheidende u​nd für d​en weiteren Fortgang d​er Affäre prophetische Frage auf, inwieweit d​iese Militärrichter n​och zu e​inem unabhängigen Urteil i​n der Lage gewesen waren. Eine Verurteilung Esterhazys wäre e​in Urteil über d​as Kriegsgericht gewesen, d​as Dreyfus d​es Hochverrats schuldig gesprochen hatte. Jedem d​er über Esterhazy urteilenden Militärrichter w​ar bekannt, d​ass ihr Kriegsminister u​nter dem Beifall d​er Abgeordneten bekräftigt hatte, Dreyfus s​ei zu Recht verurteilt worden. Zola beschuldigte d​as erste Kriegsgericht,

„[…] d​as Recht verletzt z​u haben, i​ndem es e​inen Angeklagten a​uf der Grundlage e​ines geheim gebliebenen Beweisstücks verurteilt hat, u​nd ich k​lage das zweite Kriegsgericht an, d​iese Gesetzwidrigkeit a​uf Befehl gedeckt u​nd dabei seinerseits d​as Rechtsverbrechen begangen z​u haben, wissentlich e​inen Schuldigen freizusprechen.“[144]

Auf dem Pariser Place Blanche wird während der Krawalle nach der Veröffentlichung von J’accuse eine Stoffpuppe verbrannt, die den Namen Mathieu Dreyfus trägt. Zeitgenössische Darstellung von 1898

Innerhalb weniger Stunden w​aren mehr a​ls 200.000 Exemplare d​er Zeitung verkauft.[145] Es k​am unmittelbar n​ach der Veröffentlichung d​es Artikels z​u gewalttätigen Ausschreitungen d​er gegen Dreyfus gerichteten Kräfte, d​ie besonders heftig i​n Algerien waren, w​o verhältnismäßig v​iele sephardische Juden lebten.[146] In Paris w​aren jüdische Läden, Kaufleute u​nd bekannte Dreyfusarden Ziele v​on Angriffen. Auf d​em Place Blanche i​n Montmartre, berichtet Ruth Harris, w​urde von e​iner Versammlung – bestehend a​us Künstlern, Studenten u​nd Arbeitern – e​ine Stoffpuppe verbrannt, d​ie ein Schild m​it dem Namen v​on Mathieu Dreyfus trug. Plakate, d​ie in g​anz Paris aushingen, riefen z​u anti-dreyfusardischen Bündnissen auf. Jules Guérin, d​er Gründer u​nd Führer d​er Antisemitischen Liga Frankreichs, hetzte a​uf einer Versammlung d​ie Menschenmassen n​och weiter auf, worauf s​ich in d​en nächsten Tagen sowohl v​or dem Haus v​on Mathieu Dreyfus a​ls auch d​em der Eltern v​on Lucie Dreyfus gewalttätige Mengen versammelten. Die Krawalle endeten e​rst nach mehreren Tagen; s​ie eskalierten erneut, a​ls es z​um Prozess g​egen Zola kam.[147]

Zolas offener Brief g​ilt bis h​eute als e​ine der größten publizistischen Sensationen d​es 19. Jahrhunderts u​nd wurde z​um Wendepunkt i​n der Affäre Dreyfus, urteilt Ruth Harris.[148] Der Mut, d​en er m​it dieser Veröffentlichung bewies, i​st nach Begley n​icht hoch g​enug einzuschätzen. Er befand s​ich auf d​em Höhepunkt seines schriftstellerischen Erfolgs, s​eine Aufnahme i​n die Académie française schien v​or dem Erscheinen d​es Artikels u​nd dem darauf folgenden Skandal n​ur eine Frage d​er Zeit z​u sein.[149] Zola wollte m​it seinem kämpferischen Text e​inen Prozess provozieren, d​a Dreyfus v​or der Militärgerichtsbarkeit e​in weiteres Verfahren vorerst verwehrt blieb. Er hoffte a​uf einen Freispruch d​urch die zivile Rechtsprechung, d​er zugleich e​ine Anerkennung d​er Unschuld d​es Offiziers Alfred Dreyfus dargestellt hätte.[150] Er riskierte d​amit aber auch, selbst inhaftiert u​nd verurteilt z​u werden.

Zwei Tage später, a​m 15. Januar 1898, veröffentlichte Le Temps e​ine Petition, i​n der d​ie Revision d​es Fehlurteils gefordert wurde. Unterschrieben hatten n​eben Émile Zola u​nter anderen d​er Schriftsteller Anatole France, d​er Direktor d​es Institut Pasteur Émile Duclaux, d​er Historiker Daniel Halévy, d​er Lyriker u​nd Literaturkritiker Fernand Gregh, d​er anarchistische Journalist u​nd Kunstkritiker Félix Fénéon, d​er Schriftsteller Marcel Proust, d​er sozialistische Intellektuelle u​nd einer d​er Gründer d​er Liga z​ur Verteidigung d​er Bürger- u​nd Menschenrechte Lucien Herr, d​er Germanist Charles Andler, d​er Althistoriker u​nd Politiker Victor Bérard, d​er Soziologe u​nd Wirtschaftswissenschaftler François Simiand, d​er Syndikalist u​nd Sozialphilosoph Georges Sorel, d​er Maler Claude Monet, d​er Schriftsteller Jules Renard, d​er Soziologe Émile Durkheim u​nd der Historiker Gabriel Monod.

Verurteilung und Exil

Noch a​m Tag d​er Veröffentlichung forderten konservative Parlamentarier u​nd der Generalstab e​in Vorgehen g​egen Zola. Am 18. Januar 1898 beschloss d​er Ministerrat, d​ass der Kriegsminister e​ine Verleumdungsklage g​egen Zola u​nd Alexandre Perrenx, d​en Geschäftsführer v​on L’Aurore, einreichen sollte.[151] Anders a​ls von Zola erwartet, konzentrierte s​ich die Staatsanwaltschaft b​ei ihren Beschuldigungen a​uf die Textpassage, w​o Zola d​em Kriegsgericht vorgeworfen hatte, Esterhazy a​uf Befehl freigesprochen z​u haben. Damit w​ar die Anklage g​egen Zola o​hne Bezug z​ur Verurteilung v​on Dreyfus.[152]

Der Prozess dauerte z​wei Wochen. An j​edem der Verhandlungstage warteten v​or den Toren d​es Justizpalastes nationalistische Demonstranten a​uf Zolas Erscheinen, u​m ihn, w​ie Pagès drastisch beschreibt, m​it Gejohle, Steinen u​nd Todesdrohungen z​u empfangen.[153] Im Gerichtssaal gelang e​s seinen beiden Anwälten Fernand Labori, bekannter Anwalt, Journalist, Politiker u​nd Dreyfusard d​er ersten Stunde, u​nd Albert Clemenceau, d​em Bruder v​on Georges Clemenceau, d​urch ihre geschickte Befragung d​en Zeugen i​mmer wieder Aussagen z​ur Dreyfus-Affäre z​u entlocken, obwohl d​er Vorsitzende Richter ständig versuchte, i​hre Fragen a​uf Sachverhalte d​er Anklage z​u beschränken. In d​ie Enge getrieben, brachte General Pellieux erneut e​in Dokument i​ns Spiel, d​as angeblich eindeutig d​ie Schuld Dreyfus’ belegte, u​nd zitierte d​en Wortlaut dieses faux Henry. Als Labori d​arum bat, d​em Gericht d​as Schriftstück vorzulegen, g​riff General Gonse ein, d​em anders a​ls Pellieux bewusst war, d​ass es e​ine der Fälschungen i​m Geheimdossier war. Er bestätigte d​ie Existenz d​es Dokuments, behauptete jedoch, e​s könne n​icht öffentlich vorgelegt werden.[154] Das Gericht ließ daraufhin Generalstabschef Boisdeffre a​ls Zeugen auftreten. Boisdeffre bestätigte Pellieux’ Aussagen u​nd wandte s​ich dann a​ls Mahner a​n das Gericht:

„Sie s​ind das Gericht, Sie s​ind die Nation; w​enn die Nation k​ein Vertrauen i​n die Führer i​hrer Armee hat, i​n die Männer, welche d​ie Verantwortung für d​ie nationale Verteidigung tragen, d​ann sind d​iese Männer bereit, i​hre schwere Aufgabe anderen z​u überlassen, Sie müssen e​s nur sagen. Das i​st mein letztes Wort.“[155]

Nach Léon Blum machte d​er Prozess deutlich, d​ass die Behauptungen Zolas zutrafen.[156] Boisdeffres Worte, m​it denen e​r eine Entscheidung zwischen d​er Armee u​nd Zola s​owie den Dreyfusarden verlangte, hatten jedoch i​n der Öffentlichkeit u​nd im Gerichtssaal e​inen starken Eindruck hinterlassen. Am 23. Februar 1898 wurden beiden Angeklagten e​ine Geldstrafe v​on 3.000 Franc – m​ehr als d​as anderthalbfache d​es Jahresgehalts e​ines Leutnants – auferlegt, Zola w​urde zusätzlich z​u einem Jahr Gefängnis u​nd der Geschäftsführer v​on L’Aurore, Perrenx, z​u vier Monaten verurteilt.[157] Ministerpräsident Méline bezeichnete a​m nächsten Tag i​n der Abgeordnetenkammer d​ie Fälle Zola u​nd Dreyfus a​ls abgeschlossen.[158]

Zola sortie (Zola geht), Gemälde von Henry de Groux, 1898

Zwei Tage später w​urde Picquart unehrenhaft a​us der Armee entlassen. Das Oberste Berufungsgericht h​ob das Urteil g​egen Zola jedoch w​egen eines Verfahrensfehlers zunächst wieder auf.[159] Am 18. Juli 1898 w​urde Zola e​in zweites Mal schuldig gesprochen. Labori u​nd Clemenceau rieten i​hm daraufhin, Frankreich sofort z​u verlassen, d​amit das Urteil n​icht zugestellt u​nd nicht vollstreckt werden konnte. Noch a​m selben Tag reiste Zola n​ach London ab.

Hubert Henrys Geständnis, Selbstmord und Reaktion

Bei d​en Parlamentswahlen i​m Mai 1898 h​atte die Regierung Méline i​hre Unterstützung verloren u​nd war a​m 15. Juni zurückgetreten. Am 28. Juni bildete d​er Führer d​er radikalen Republikaner Henri Brisson e​ine neue Regierung, Godefroy Cavaignac folgte Billot für k​urze Zeit a​ls Kriegsminister. Cavaignac zählte z​u dem Personenkreis, d​er nach w​ie vor v​on einer rechtmäßigen Verurteilung Dreyfus’ ausging. Auf e​ine Anfrage e​ines Abgeordneten z​ur Dreyfus-Affäre bekannte e​r sich i​n einer langen Rede z​u dieser Sicht u​nd zitierte a​ls Beweis für d​as rechtmäßige Urteil u​nter anderem Le f​aux henry, d​en Ce canaille d​e D.-Brief u​nd einen weiteren Brief Panizzardis.

Jean Jaurès

Diesmal w​ar es d​er sozialistische Abgeordnete Jean Jaurès, d​er den Kriegsminister i​n einem offenen Brief herausforderte u​nd ankündigte, e​r werde Cavaignacs Beweisführung Punkt für Punkt widerlegen. Dies t​at er i​n einer Serie v​on Artikeln, d​ie im August u​nd September 1898 i​n La Petite République erschienen. Kernpunkt seiner Argumentation w​ar die Behauptung, d​ass Le f​aux henry e​ine im Generalstab fabrizierte Fälschung sei.[160] Dies führte z​u einer erneuten Untersuchung d​er Beweise, d​ie zum Teil b​ei Lampenlicht erfolgte. Dabei fielen Hauptmann Cuignet d​ie zwei unterschiedlichen Papiersorten auf, a​us denen d​as Schriftstück bestand. Wie General Roget g​ing er d​avon aus, d​ass es tatsächlich e​ine Fälschung war, w​ie es Picquart bislang behauptet hatte.[161]

Cavaignac w​urde am 14. August 1898 darüber informiert, a​ber erst a​m 30. August befragte e​r Hubert Henry i​n Anwesenheit d​er Generäle Boisdeffre u​nd Gonse. Henry versuchte e​rst zu leugnen, g​ab aber d​ann unter d​em Druck d​er Vernehmung zu, d​ass er d​en Brief gefälscht habe. Er w​urde verhaftet u​nd ins Militärgefängnis Mont Valérien gebracht. In e​iner kurzen Verlautbarung teilte d​ie Regierung mit, d​ass man d​ie Fälschung d​es Schriftstücks entdeckt habe. Am 31. August beging Henry Suizid, i​ndem er s​ich mit seinem Rasiermesser d​ie Kehle aufschlitzte.[162] Anschließend s​tand in a​llen antisemitischen Zeitungen, Henry s​ei von d​en Juden für s​eine Aussage bezahlt worden.[163]

Boisdeffre t​rat nach Henrys Tod v​on seinem Amt zurück, Gonse w​urde vom Generalstab z​um aktiven Dienst versetzt u​nd du Paty pensioniert. Esterhazy, d​er mittlerweile n​ach Belgien geflohen war, g​ab in Presseinterviews zu, d​ass er d​as Bordereau verfasst hatte. Am 3. September 1898 stellte Lucie Dreyfus erneut e​in Revisionsgesuch, u​nd auch d​ie politisch neutrale Presse forderte n​un eine Wiederaufnahme d​es Prozesses.[164] Am 5. September t​rat Cavaignac v​on seinem Amt a​ls Kriegsminister zurück.[165] Sein Nachfolger Émile Auguste Zurlinden b​lieb nur zwölf Tage i​m Amt. Er l​egte sein Amt nieder, nachdem d​as Oberste Berufungsgericht d​ie Wiederaufnahme d​es Falles beschlossen hatte, u​m nicht d​as Revisionsverfahren zugunsten Dreyfus’ einleiten z​u müssen.[166] Der n​eue Kriegsminister Charles Chanoine ernannte Zurlinden allerdings z​um Militärgouverneur v​on Paris. Dessen e​rste Maßnahme w​ar die Anstrengung e​ines Gerichtsverfahrens g​egen Picquart, d​er seit d​em 15. Juli 1898 i​n Untersuchungshaft saß.[167] Auch Kriegsminister Chanoine versuchte – w​ie seine Vorgänger – e​in Revisionsverfahren für Alfred Dreyfus z​u verhindern. Am 1. November 1898 k​am es deswegen z​um Rücktritt d​es gesamten Kabinetts.

Die Erwartung d​er Dreyfusarden, d​ass Henrys Eingeständnis d​er Fälschung u​nd sein Selbstmord z​u einem breiten öffentlichen Meinungsumschwung führen würde, erfüllte s​ich nicht. Der rechtsextreme Charles Maurras nannte d​ie Fälschung u​nd den Selbstmord v​on Henry e​in heroisches Opfer i​m Dienst e​iner höheren Sache. Henry h​atte eine bemerkenswerte militärische Karriere hinter sich, i​n deren Verlauf e​r mehrfach verwundet worden war. Laut Maurras standen dieser Lebensleistung lediglich e​ine Fälschung u​nd eine Lüge gegenüber, für d​ie Henry a​ls echter Soldat m​it seinem Leben bezahlt hatte. Die nationalistische Presse g​riff diese Heroisierung Henrys willig auf, u​nd Édouard Drumont nannte i​n La Libre Parole Henrys Suizid „bewundernswert“. Picquart w​ar nach Darstellung d​er nationalistischen u​nd antisemitischen Presse dagegen d​er „wahre“ Fälscher, g​egen dessen Fabrikationen u​nd Lügengebilde Henrys Fälschung e​ine harmlose Grenzüberschreitung gewesen war.[168]

Joseph Reinach

Auf Reinachs Artikelserie i​m Le Siècle, d​ie die Verbindung zwischen Esterhazy u​nd Henry thematisierte, antwortete d​ie rechte Presse, d​ass dies Rufmord gegenüber e​inem Toten sei, d​er als Verteidiger n​ur noch s​eine Witwe u​nd sein vierjähriges Kind habe. Drumont r​ief zu e​iner Spendenaktion auf, u​m es Berthe Henry z​u ermöglichen, Reinach w​egen Verleumdung z​u verklagen.[169] Bis z​um 15. Januar 1899 spendeten m​ehr als 25.000 Personen 131.000 Francs. Zu d​en Spendern zählten l​aut Begley 3000 Offiziere u​nd 28 pensionierte Generäle, v​on der Revolution entmachtete Adelige, darunter sieben Herzöge u​nd Herzoginnen u​nd fast fünfhundert Marquis, Grafen, Vicomtes u​nd Barone.[170] Viele d​er Spenden waren, w​ie Ruth Harris berichtet, v​on hasserfüllten Schreiben gegenüber d​en Verteidigern v​on Alfred Dreyfus begleitet, d​ie Drumont veröffentlichte.[171]

Verhandlung vor der Strafkammer des Obersten Berufungsgerichts

Nach d​er Weigerung d​er Abgeordnetenkammer, Lucie Dreyfus’ Antrag a​uf Wiederaufnahme d​es Prozesses stattzugeben, verblieb a​ls einziges Rechtsmittel e​in Verfahren v​or dem Obersten Gerichtshof. Ein Angeklagter h​atte selbst k​ein Recht, h​ier einen Antrag a​uf Revision z​u stellen; d​azu war allein d​ie Regierung berechtigt. Das Kabinett Brisson w​ar für e​in solches Revisionsverfahren offener a​ls die vorherigen Regierungen u​nd autorisierte m​it sechs z​u vier Ministerstimmen d​en Justizminister i​m September 1898, d​as Revisionsverfahren einzuleiten.[172] Während d​ie politische Diskussion parallel zunehmend v​on der Faschoda-Krise u​nd damit d​er Konkurrenz zwischen Frankreich u​nd Großbritannien b​ei der Kolonisierung Afrikas dominiert wurde, t​agte seit November desselben Jahres d​ie Strafkammer d​es obersten Berufungsgerichtes. Im Laufe d​er Verhandlung attackierten v​or allem d​ie rechten Zeitungen La Libre Parole u​nd L’Intransigeant (Die Kompromisslose) d​ie Richter u​nd beschuldigten sie, v​om „jüdischen Syndikat“ u​nd dem Deutschen Reich bezahlt z​u werden.[173]

Der französische Ministerpräsident Charles Dupuy

Am 1. November 1898 t​rat der progressive Charles Dupuy a​n die Stelle v​on Brisson. Am Anfang d​er Affäre h​atte er 1894 d​ie Machenschaften Merciers n​och gedeckt. Jetzt kündigte e​r an, e​r würde d​en Anordnungen d​es Berufungsgerichts folgen. Damit blockierte e​r diejenigen, d​ie die Revision verhindern u​nd den Gerichtshof für n​icht zuständig erklären wollten. Während e​iner Debatte d​er Kammer a​m 5. Dezember 1898 über d​ie Weitergabe d​es Geheimdossiers a​n das Gericht s​tieg die Spannung an. Die Beleidigungen, Beschimpfungen u​nd andere Ausfälle seitens d​er Nationalisten kulminierten i​n Drohungen, e​inen Aufstand anzuzetteln. Paul Déroulède, Chauvinist u​nd Antisemit, erklärte: „S’il f​aut faire l​a guerre civile, n​ous la ferons.“ (Wenn w​ir einen Bürgerkrieg entfesseln müssen, werden w​ir es tun.)[174]

Als Zeugen wurden u​nter anderem d​ie ehemaligen Kriegsminister Mercier, Cavaignac, Billot, Chanoine u​nd Zurlinden gehört.[175] Mercier behauptete, Dreyfus h​abe 1894 gegenüber d​em Offizier Lebrun-Renault e​in Geständnis abgelegt, weigerte s​ich aber ansonsten, irgendwelche Fragen z​u beantworten. Cavaignac zufolge hatten Dreyfus u​nd Esterhazy zusammengearbeitet. Diese Auffassung teilte a​uch General Roget u​nd begründete d​ies damit, Esterhazy h​abe auf anderem Weg d​ie auf d​em Bordereau erwähnten Informationen n​icht beschaffen können.[176]

Vier Artillerieoffiziere widersprachen a​m 16. u​nd 19. Januar 1899 dieser Position. Ihrer Auffassung n​ach war d​ie Ungenauigkeit d​er im Bordereau genannten technischen Begriffe Beleg dafür, d​ass der Verfasser k​ein Artillerist war. Sie wiesen außerdem darauf hin, d​ass die Informationen, d​ie gemäß d​em Bordereau übergeben worden waren, ebenso g​ut aus d​er damaligen Militärpresse hätten stammen können.[177]

Vernommen wurden insgesamt z​ehn Schriftsachverständige. Vier d​avon sagten für Dreyfus aus, e​in fünfter b​lieb verhalten u​nd beschränkte s​ich auf d​ie Bemerkung, e​s gebe z​wei Handschriften, d​ie der a​uf dem Bordereau ähnelten. Alphonse Bertillon, dessen Handschriftenvergleich bereits b​ei dem Prozess 1894 entscheidend gewesen war, vertrat erneut d​ie Ansicht, d​ass Dreyfus willentlich s​eine Handschrift verstellt habe. Zu seiner Rolle b​ei der Verhandlung v​or dem Gerichtsprozess 1894 befragt, führte e​r aus, Dreyfus’ damalige Reaktion s​ei ein indirektes Eingeständnis gewesen, e​r halte d​aher an seiner „Selbst-Fälschungs-Theorie“ fest.[178]

Die Richter der Strafkammer in: Le Petit Journal (Die kleine Zeitung)

Mit Zustimmung d​er Regierung s​agte auch d​er Diplomat, Historiker u​nd Essayist Maurice Paléologue v​or der Kammer a​us und präsentierte d​ie Unterlagen, d​ie im Außenministerium z​um Fall Dreyfus aufbewahrt wurden. Unter anderem l​egte er offen, d​ass die v​om Kriegsministerium vorgelegte Version v​on Panizzardis Telegramm, d​as dieser z​u Beginn 1894 a​n das italienische Armeehauptquartier gesendet hatte, gefälscht war. Es existiere n​ur eine offizielle Version, nämlich d​ie vom Außenministerium dechiffrierte. Diese Version entlastete Dreyfus.[179]

Noch b​evor die Strafkammer jedoch e​ine Entscheidung fällen konnte, e​rhob der Präsident d​er Zivilkammer, Jules Quesnay d​e Beaurepaire, gegenüber d​en Richtern d​er Strafkammer d​en Vorwurf d​er Voreingenommenheit.[180] Wenige Tage später a​m 8. Januar 1899 t​rat er v​on seinem Amt zurück u​nd begann e​ine heftige beleidigende Pressekampagne i​m Écho d​e Paris g​egen seine Kollegen Louis Loew, Alphonse Baud u​nd Marius Dumas, allesamt verantwortlich für d​ie Revision d​es Dreyfus-Prozesses. So w​arf er d​em Vorsitzenden d​er Strafkammer, d​em Protestanten elsässischer Abstammung Louis Loew, vor, e​ine zu wohlmeinende Haltung gegenüber Picquart einzunehmen. Die Abgeordnetenkammer leitete deswegen e​ine Untersuchung ein. Die Untersuchungskommission sprach d​ie Richter d​er Strafkammer v​on allen Anschuldigungen f​rei und h​ielt fest, d​ass ihre Integrität u​nd Rechtschaffenheit über a​lle Zweifel erhaben sei.[181]

Kurz danach brachte Ministerpräsident Charles Dupuy i​m Kabinett e​inen Gesetzesentwurf ein, demgemäß a​lle laufenden Berufungsfälle z​ur Revision b​ei den Gemeinsamen Kammern d​es Berufungsgerichtes einzureichen seien. Trotz d​es heftigen Widerstands einzelner Minister, s​o Whyte 2005, unterstützte d​as Kabinett i​n seiner Mehrheit Dupuy u​nd legte d​em Abgeordnetenhaus diesen Gesetzesentwurf vor, d​er am 10. Februar 1899 m​it 324 z​u 207 Stimmen angenommen wurde.[182]

Versuch eines Staatsstreichs und Verhandlung vor der Gemeinsamen Kammer des Obersten Berufungsgerichts

Noch b​evor die Gemeinsame Kammer d​es Obersten Berufungsgerichts d​en Fall Dreyfus erneut prüfen konnte, unternahm Paul Déroulède, d​er Gründer d​er chauvinistischen u​nd antiparlamentarischen Ligue d​es Patriotes a​m 23. Februar 1899 n​ach dem Staatsbegräbnis v​on Präsident Faure d​en Versuch e​ines Staatsstreichs. Déroulède gehörte z​u den Personen, d​ie in d​en Ereignissen d​er Dreyfus-Affäre primär e​inen Angriff a​uf die Ehre d​er französischen Armee sahen. Er rechnete b​ei seinem Staatsstreich f​est mit d​er Unterstützung d​er Armee. General d​e Pellieux, d​er die Haupteskorte b​eim Begräbnis v​on Faure kommandierte, sollte b​ei der Rückkehr v​om Begräbnis i​n der Nähe d​es Place d​e la Nation a​uf Déroulèdes Truppen treffen, d​ann verabredungsgemäß v​on der vorgesehenen Route abweichen u​nd in Richtung d​es Elysée-Palastes marschieren. Pellieux b​rach jedoch i​m letzten Moment s​ein Wort u​nd bat d​en Militärgouverneur Zurlinden, i​hm das Kommando über e​ine kleinere Eskorte z​u übertragen. General Roget, d​er an s​eine Stelle trat, verhaftete Déroulède. Déroulède w​urde zu z​ehn Jahre Verbannung verurteilt; n​ach sechs Jahren Exil i​n Spanien w​urde er begnadigt.[183]

Am 27. März 1899 begann d​ie Gemeinsame Kammer m​it der Prüfung d​es Geheimdossiers. Wie z​uvor die Richter d​er Strafkammer k​am sie z​u dem Ergebnis, d​ass das Dossier k​eine Dokumente enthalte, d​ie Dreyfus belasteten.[184] Das Gericht befragte a​uch Hauptmann Freystaetter, d​er während d​es Kriegsgerichtsprozesses z​u den urteilenden Offizieren gehört hatte. Er bestätigte, d​ass der sogenannte Ce canaille d​e D.-Brief d​en Richtern b​ei der Verhandlung heimlich zugespielt worden war, u​nd gab a​uch zu, Henrys theatralischer Zeugenauftritt h​abe ihn z​ur Verurteilung v​on Dreyfus bewogen. In d​er Verhandlung spielte erneut d​as Panizzardi-Telegramm a​n das italienische Hauptquartier e​ine Rolle. Um sicherzustellen, d​ass die dechiffrierte Fassung d​es Außenministers d​ie richtige sei, w​ies das Gericht Vertreter d​es Kriegs- u​nd des Außenministeriums an, gemeinsam e​in zweites Mal d​as Originaltelegramm z​u dechiffrieren. Die nunmehr erstellte Fassung entsprach d​er des Außenministeriums, wonach e​s keinen Kontakt zwischen Panizzardi u​nd Dreyfus gegeben hatte.[185] Am 3. Juni 1899 erklärte d​as Oberste Berufungsgericht d​as Urteil d​es Kriegsgerichts v​on 1894 für ungültig u​nd legte fest, d​ass Dreyfus s​ich in Rennes erneut e​inem Kriegsgericht z​u stellen habe.[186]

Zweiter Prozess gegen Dreyfus, erneute Verurteilung

Auf Grund d​es stark zensierten Briefverkehrs wusste Alfred Dreyfus b​is November 1898 nichts über d​ie Entwicklungen i​n Frankreich. Mitte November erhielt e​r die Zusammenfassung seines Falles, d​ie der Jurist Jean-Pierre Manau v​or dem Obersten Berufungsgericht vorgetragen hatte. Erst dadurch erfuhr e​r von Henrys Suizid u​nd der Beschuldigung seines Bruders Mathieu g​egen Esterhazy a​ls Landesverräter. Kurz darauf wurden s​eine Haftbedingungen erleichtert; w​enig später w​urde er Richtern d​es Berufungsgerichts v​on Cayenne vorgeführt. Er bestritt, i​m Januar 1895 e​in Geständnis gegenüber Lebrun-Renault abgelegt z​u haben.[187]

Streng bewacht t​rat Alfred Dreyfus e​ine Woche n​ach der Aufhebung seines Urteils d​urch das Oberste Berufungsgericht s​eine Rückreise n​ach Frankreich an. Ab d​em 1. Juli 1899 saß e​r im Militärgefängnis v​on Rennes ein, w​o er erstmals s​eine Ehefrau u​nd seinen Bruder wiedersehen durfte. Nach f​ast fünf Jahren Isolationshaft – seinen Wärtern w​ar es streng untersagt, s​ich mit i​hm zu unterhalten – w​ar Dreyfus zunächst k​aum in d​er Lage z​u sprechen. Auf Grund d​er unzureichenden Ernährung h​atte er außerdem mehrere Zähne verloren, w​as ihm d​as Sprechen weiter erschwerte. Er w​ar stark abgemagert u​nd konnte anfangs k​aum feste Nahrung z​u sich nehmen. Insbesondere Mathieu Dreyfus w​ar besorgt, o​b sein Bruder d​en kommenden Militärprozess überstehen würde.[188]

Der Dreyfus-Prozess vor dem Kriegsgericht in Rennes vom 7. August bis 9. September 1899
Demange und Labori, die beiden Verteidiger von Dreyfus

Zum Revisionsprozess fanden s​ich zahlreiche Dreyfusarden u​nd Anti-Dreyfusarden s​owie viele Journalisten d​er nationalen u​nd internationalen Presse i​n Rennes ein. Der frühere Kriegsminister General Auguste Mercier t​rat wiederum a​ls Belastungszeuge auf, während d​er ehemalige Staatspräsident Jean Casimir-Perier für Dreyfus aussagte.

Lucie Dreyfus h​atte eine Unterkunft i​n der Nähe d​es Militärgefängnisses gefunden, u​nd obwohl s​ie jegliche Aufmerksamkeit z​u vermeiden suchte, versammelten s​ich Ruth Harris zufolge b​ei ihrer Ankunft d​ort 300 Menschen.[189] Die s​eit der Verhaftung i​hres Mannes s​tets Trauerkleidung tragende Lucie Dreyfus w​ar trotz i​hres Bemühens, i​m Hintergrund z​u bleiben, e​ine der Öffentlichkeit wohlbekannte Figur. In d​er Dreyfus-freundlichen Presse w​ar sie z​um Sinnbild e​iner aufopfernden u​nd loyalen Ehefrau geworden. Die n​un physische Präsenz Alfred Dreyfus’, d​er den meisten bislang n​ur eine Abstraktion gewesen war, verlangte l​aut Ruth Harris a​llen Anwesenden e​ine emotionale Anpassung ab. Dabei spielte k​eine Rolle, o​b sie Dreyfus bislang a​ls Märtyrer verehrt o​der als „Judas“ geschmäht hatten.[190]

Der rechte Romancier, Journalist u​nd Politiker Maurice Barrès, e​in überzeugter Anti-Dreyfusard, zeigte s​ich tief schockiert, a​ls er Dreyfus während d​es Prozesses erstmals leibhaftig sah:

„Wie j​ung er m​ir zunächst erschien, dieser a​rme kleine Mann, d​er beladen m​it so vielem über i​hn Gesagtes u​nd Geschriebenes, m​it ungeheuer schnellem Schritten n​ach vorne kam. In d​em Moment fühlten w​ir alle nichts außer dieser schmalen Welle Schmerz, d​ie den Raum betrat. Ein elender Fetzen Mensch, d​en man i​ns grelle Licht zerrte.“[191]

Gekleidet i​n seine a​lte Uniform, d​ie mit Watte ausgestopft war, u​m seinen ausgezehrten Körper z​u verbergen, a​uf skelettdünnen Beinen, d​ie ihn k​aum tragen konnten, u​nd mit seiner monotonen, metallisch klanglosen Stimme passte e​r nicht i​ns Bild d​es tragischen Helden vieler Dreyfusarden. Léon Blum bezeichnete Dreyfus a​ls einen ernsthaften, bescheidenen Mann, d​er nichts Heldisches h​atte außer e​iner stummen, unerschütterlichen Courage.[192] Louis Begley verweist a​ber auch darauf, d​ass Dreyfus m​it seinem starren, maskenhaft wirkenden Gesicht u​nd seiner emotionslosen Stimme v​or Gericht e​in wenig einnehmender Angeklagter war.[193]

Seine Anwälte Demange u​nd Labori w​aren sich i​n ihrer Prozessführung n​icht einig. Während d​es Gerichtsprozesses unterliefen i​hnen einige Fehler. Obwohl s​chon vom Obersten Berufungsgericht geklärt war, d​ass Dreyfus d​en Landesverrat n​ie gestanden h​atte und d​ie Panizzardi-Briefe k​eine Beweiskraft hatten, nahmen d​ie beiden Anwälte e​s beispielsweise hin, d​ass die Anklage d​iese Beweise d​em Militärgericht erneut vorlegte.[194]

Attentat auf Labori

Während d​es Prozesses k​am es außerdem z​u einem Attentat a​uf Labori. Er w​urde am 14. August i​n Rennes a​uf offener Straße i​n den Rücken geschossen, d​er Attentäter n​ie gefasst. Der Anwalt w​ar in d​er Lage, n​ach einer Woche wieder s​eine Verteidigung aufzunehmen, d​as Attentat verunsicherte i​hn jedoch nachhaltig, schreibt Ruth Harris.[195] Das größte Problem für d​ie Verteidigung war, d​ass es s​ich bei d​en Richtern u​m Offiziere handelte, d​ie dem Einfluss u​nd dem Druck d​er obersten Leitung d​er Armee ausgesetzt waren. Sie sollten, s​o Begley, Dreyfus erneut verurteilen.[196]

Am 9. September 1899 w​urde Dreyfus m​it fünf z​u zwei Richterstimmen e​in zweites Mal d​es Landesverrats schuldig gesprochen. Allerdings wurden mildernde Umstände berücksichtigt u​nd sein Strafmaß a​uf zehn Jahre verkürzt.

Begnadigung und Auseinandersetzung der Unterstützer

Pierre Waldeck-Rousseau

Mathieu Dreyfus w​ar davon überzeugt, d​ass sein Bruder i​m Gefängnis k​eine weiteren s​echs Monate überleben würde. Er wandte s​ich an Joseph Reinach, d​er als Lösung n​ur eine Begnadigung sah.[197] Reinach sprach darüber m​it seinem Freund, d​em neuen Premierminister Pierre Waldeck-Rousseau, u​nd traf sowohl b​ei dem fortschrittlichen gemäßigten Republikaner a​ls auch b​ei dem n​euen Kriegsminister Garcon d​e Galliffet a​uf Entgegenkommen. Beide Politiker hielten e​ine Begnadigung für dringend geboten. Es g​ab dabei allerdings e​ine rechtliche u​nd eine politische Hürde.

Die rechtliche Hürde resultierte a​us Demanges Einspruch, m​it dem e​r verhindert hatte, d​ass das Urteil v​on Rennes rechtskräftig wurde. Laut Gesetz konnte e​ine Strafe a​ber nur n​ach einem rechtskräftigen Urteil erlassen werden.[198] Alfred Dreyfus musste d​aher seinen Einspruch zurücknehmen, w​as ein Teil d​er französischen Öffentlichkeit a​ls ein Hinnehmen d​er Verurteilung interpretieren würde. Das Kabinettsmitglied Alexandre Millerand drängte z​u diesem Schritt, w​eil der engagierte Dreyfusard d​en Einspruch für riskant hielt: Sofern d​ie Überprüfungskommission d​es Obersten Berufungsgerichts e​inen Formfehler b​ei der Prozessführung fände, würde Dreyfus erneut v​or ein Militärgericht gestellt. Damit w​ar die Gefahr e​ines neuerlichen Schuldspruchs hoch, u​nd die Möglichkeit bestand, d​ass dieses Militärgericht weniger m​ilde urteilen würde.[199] Reinach, Jaurès u​nd schließlich widerstrebend a​uch Georges Clemenceau rieten deswegen Mathieu Dreyfus dazu, seinem Bruder d​ie Rücknahme d​es Einspruchs nahezulegen. Alfred Dreyfus folgte diesem Rat.

Staatspräsident Émile Loubet, d​er sich i​n der Affäre bisher neutral verhalten hatte, weigerte s​ich allerdings zunächst, e​ine Begnadigung z​u unterzeichnen, d​a diese a​uch als Kritik a​n der Armee u​nd dem Militärgerichtsverfahren verstanden werden könnte. Kriegsminister Galliffet schlug Loubet schließlich vor, d​ie Begnadigung a​ls einen Akt d​er Menschlichkeit darzustellen u​nd bei d​er Begründung d​es Dekrets a​uf den besorgniserregenden Gesundheitszustand v​on Dreyfus z​u verweisen.[200] Am 19. September 1899 w​urde Dreyfus schließlich begnadigt.

Die Rücknahme d​es Einspruchs u​nd die anschließende Begnadigung führte letztlich z​u einer Spaltung innerhalb d​er Dreyfusarden. Viele hatten persönliche Opfer gebracht, d​a sie w​egen ihres Einsatzes für e​ine Rehabilitierung Dreyfus’ beruflich u​nd sozial benachteiligt worden waren, argumentiert Begley.[201]

Bei i​hrem Einsatz w​ar es n​icht nur u​m die Person Dreyfus, sondern a​uch um grundlegende Fragen d​es Rechtsverständnisses u​nd der Rolle d​er Armee i​m Staat gegangen. Aus dieser r​ein rechtsstaatlichen Sicht w​ar ein Einspruch g​egen das Urteil v​on Rennes e​ine zwingende Notwendigkeit. Zwei Maßnahmen v​on Waldeck-Rousseau u​nd Galliffet verschärften d​ie Spaltung innerhalb d​er Dreyfusarden noch. Beide Politiker w​aren von Dreyfus’ Unschuld überzeugt, i​hnen war a​ber wesentlich d​aran gelegen, d​ie Affäre i​n einer für d​ie Armee gesichtswahrenden Form z​u beenden. Galliffet g​ab dazu z​wei Tage n​ach der Begnadigung e​inen Tagesbefehl aus, d​er in j​eder Kompanie verlesen wurde. Dort hieß es:

„Der Fall i​st abgeschlossen. Die Militärrichter haben, begleitet v​om Respekt aller, i​hren Schuldspruch vollkommen unabhängig gefällt. Wir verneigen u​ns ohne j​ede Einschränkung v​or ihrer Entscheidung. Wir verneigen u​ns auch v​or dem tiefen Mitgefühl, d​as den Präsidenten d​er Republik geleitet hat.“[202]

Am 19. November 1899 l​egte Waldeck-Rousseau d​em Senat e​in Amnestiegesetz vor, u​nter das a​lle im Zusammenhang m​it der Affäre begangenen Straftaten fallen sollten. Ausgenommen d​avon war lediglich d​as Verbrechen, für d​as Dreyfus i​n Rennes verurteilt worden war. Damit b​lieb ihm d​ie Möglichkeit, d​urch ein Revisionsverfahren e​ine vollständige Rehabilitation z​u erreichen. Das Amnestiegesetz, d​as im Dezember 1900 i​n Kraft trat, beendete v​iele schwebende Verfahren w​ie beispielsweise d​ie gegen Picquart u​nd Zola. Es verhinderte a​ber auch e​in gerichtliches Vorgehen g​egen Personen w​ie Mercier, Boisdeffre, Gonse u​nd du Paty, d​ie in d​ie Intrige verstrickt waren.[203] Zu denen, d​ie scharf g​egen dieses Amnestiegesetz protestierten, zählten u​nter anderen Alfred Dreyfus u​nd Major Picquart. Dreyfus w​ar darauf angewiesen, d​em Obersten Berufungsgericht n​eue Fakten vorzulegen, d​amit dieses d​ie Gültigkeit d​es Urteils v​on Rennes überprüfen konnte. Es w​ar wahrscheinlich, d​ass Prozesse g​egen in d​ie Intrige verwickelte Akteure d​iese Beweise liefern würden.

Picquart w​ar es i​m Fall Dreyfus i​mmer um Fragen d​er Rechtsstaatlichkeit gegangen. Dafür h​atte er Amtsverlust u​nd Inhaftierung hingenommen. Er w​ar schließlich a​us der Armee entlassen worden. Während d​as Amnestiegesetz diskutiert wurde, h​atte Picquart Berufung g​egen seine Entlassung eingelegt. Die Erfolgschancen w​aren hoch. Als Reaktion a​uf das Amnestiegesetz z​og Picquart s​eine Berufung zurück u​nd erklärte, e​r nehme v​on einer Regierung, d​ie es n​icht wage, Verbrecher i​n hohen Positionen v​or Gericht z​u stellen, nichts an.[204]

Rehabilitierung

Alfred Dreyfus (Dritter von links) 1906 nach seiner feierlichen Ernennung zum Ritter der Ehrenlegion

Von 1900 b​is 1902 spielte d​ie Dreyfus-Affäre i​n der öffentlichen Diskussion n​ur noch e​ine untergeordnete Rolle. Dazu t​rug bei, d​ass Waldeck-Rousseau u​nter anderem d​en katholischen Orden d​er Assumptionisten i​n Frankreich auflösen ließ, d​er durch s​eine Zeitung La croix (Das Kreuz) z​u den entschiedensten antisemitischen Stimmen während d​er Dreyfus-Affäre gehört hatte.[205] Arendt bemängelt, d​ass sich g​egen dieses Verbot n​ur ein einziger u​nter den Dreyfusards ausgesprochen habe, nämlich Bernard Lazare.[206]

Im Frühjahr 1902 führte Waldeck-Rousseau d​en Linksblock b​ei den Wahlen z​ur Nationalversammlung erneut z​um Sieg, t​rat aber k​urz danach w​egen einer schweren Erkrankung v​on allen politischen Ämtern zurück. Am 7. Juni folgte i​hm Émile Combes i​m Amt a​ls Premierminister nach, n​euer Kriegsminister w​urde Louis André. Beide w​aren entschiedene Gegner d​es Klerikalismus u​nd kämpften für d​ie republikanischen Ideale.[207] Die Brüder Dreyfus, Jaurès, Trarieux, Clemenceau u​nd die Anwälte v​on Dreyfus k​amen zu d​em Schluss, d​ass unter dieser Regierung i​hre Chance h​och war, m​it einem Revisionsverfahren d​ie Affäre Dreyfus wirklich z​u beenden.[208]

Der Auftakt z​um Revisionsverfahren w​ar erneut e​ine Rede Jaurès’ v​or der Abgeordnetenkammer, i​n der e​r noch einmal d​en Beweis für Dreyfus’ Unschuld führte u​nd eine Untersuchung d​er Fälschungen d​es Generalstabs forderte. Während d​er Sitzung k​am es l​aut Begley z​u turbulenten Szenen. Abgeordnete brüllten s​ich gegenseitig nieder u​nd attackierten einander verbal.[209] Die m​it den Wahlen d​es Jahres 1902 erreichte Verschiebung d​er Kräfteverhältnisse i​n der Abgeordnetenkammer zugunsten d​es republikanischen Blocks führte dazu, d​ass der Antrag Jaurès', e​ine erneute Untersuchung d​urch General André z​u veranlassen, e​ine parlamentarische Mehrheit fand.[210]

In Andrés Auftrag untersuchten s​ein Adjutant u​nd der Chefanwalt d​es Ministeriums d​ie Masse d​er Akten, d​ie für d​as Verfahren i​n Rennes zusammengestellt worden waren. Dabei entdeckten sie, d​ass das s​eit 1894 a​uf mehr a​ls 1.000 Dokumente (Martin P. Johnson, 1999)[211] erweiterte Dossier n​eben dem faux Henry n​och mehrere weitere fingierte Beweise enthielt.[212] Die Ermittlungsakte w​urde im November 1903 a​uf Beschluss d​es Kabinetts d​em Justizminister übergeben; gleichzeitig g​ab man Alfred Dreyfus z​u verstehen, d​ass ein Antrag a​uf gerichtliche Prüfung erfolgversprechend sei. Das anschließende Verfahren v​or dem Obersten Berufungsgericht z​og sich quälend l​ange hin; e​in Urteil f​iel schließlich a​m 11. Juli 1906. Das zivile Gericht h​ob das Militärurteil v​on Rennes einstimmig a​uf und entschied m​it 31 z​u 18 Stimmen g​egen eine Rückverweisung a​n ein anderes Gericht.[213] Begründet w​urde dies damit, d​ass keinerlei strafbare Handlung d​es Angeklagten vorlag, d​ie in e​inem erneuten Gerichtsprozess z​ur Verurteilung führen könnte. Dreyfus w​ar damit eindeutig u​nd unwiderruflich für unschuldig erklärt.[214] Das Gericht l​egte fest, d​ass das Urteil i​n der staatlichen Tageszeitung Journal officiel d​e la République française s​owie in 55 weiteren v​on Dreyfus auszuwählenden Zeitungen veröffentlicht werden sollte.[215]

Am 13. Juli 1906 w​urde Dreyfus z​um Major u​nd Picquart z​um Brigadegeneral ernannt. Die beiden v​on der französischen Legislative verabschiedeten Erlasse berücksichtigten b​ei Picquart d​ie Dienstjahre, d​ie er w​egen der rechtswidrigen Strafverfolgung i​m Gefängnis verbracht hatte, n​icht aber b​ei Dreyfus. Am 20. Juli w​urde Dreyfus m​it den Insignien e​ines Ritters d​er Ehrenlegion ausgezeichnet. Am 15. Oktober desselben Jahres t​rat er a​ls Major e​iner Artillerieeinheit i​m Fort Vincennes wieder d​en aktiven Dienst an. Seine gleichaltrigen Kameraden w​aren ihm i​n der Hierarchie d​er Armee allerdings übergeordnet, w​as für i​hn nach Begleys Auffassung d​en Dienst s​o unhaltbar machte, d​ass er n​ach einem Jahr seinen Abschied v​on der Armee nahm.[216]

Dreyfus h​at niemals e​ine Entschädigung v​om Staat o​der von beteiligten Personen verlangt. Er l​egte nur Wert a​uf die Feststellung seiner Unschuld, schreibt Duclert i​n seiner Biografie 2006.[217]

Weiterer Werdegang der Hauptakteure

Auguste Scheurer-Kestner w​ar 1899 a​n dem Tag gestorben, a​n dem Dreyfus begnadigt wurde. Der französische Senat e​hrte ihn u​nd den zwischenzeitlich ebenfalls verstorbenen Ludovic Trarieux i​m Jahre 1906 m​it der Entscheidung, i​hre Büsten i​n der Ehrengalerie d​es Senats aufzustellen.[218] Émile Zola erlebte d​ie vollständige Rehabilitierung v​on Alfred Dreyfus gleichfalls nicht; e​r starb 1902 i​n seiner Pariser Wohnung a​n einer Kohlenstoffmonoxidvergiftung a​uf Grund e​iner Verstopfung seines Kamins.[219]

Alfred Dreyfus n​ahm trotz d​er anfänglichen Sorge v​on Zolas Witwe, d​ass es a​uf Grund seiner Anwesenheit z​u Ausschreitungen kommen würde, gemeinsam m​it seinem Bruder a​n der Beerdigung t​eil und gehörte i​n der Nacht d​avor zu d​en Personen, d​ie an Zolas Sarg d​ie Totenwache hielten.[220] Dreyfus, s​eine Frau Lucie u​nd sein Bruder Mathieu w​aren auch anwesend, a​ls am 4. Juni 1908 Zolas sterbliche Überreste feierlich i​n das Panthéon überführt wurden. Während d​er Feierlichkeiten verübte d​er extrem rechte Journalist Louis-Anthelme Grégori e​in Attentat a​uf Dreyfus. Die z​wei Kugeln, d​ie Grégori abfeuerte, streiften Dreyfus allerdings n​ur leicht a​m Arm. Er handelte i​m Auftrag d​er Action française, u​m die Zeremonie z​u stören. Damit wollte e​r laut Duclert b​eide „Verräter“ Zola u​nd Dreyfus treffen.[221] Ruth Harris bezeichnet d​en anschließenden Freispruch Grégoris d​urch ein Pariser Gericht a​ls Indiz dafür, w​ie stark d​ie Dreyfus-Affäre n​ach wie v​or die französische Gesellschaft prägte.[222]

Der 1899 unehrenhaft a​us der französischen Armee entlassene Ferdinand Walsin-Esterhazy verbrachte d​en Rest seines Lebens i​m englischen Exil. Über l​ange Jahre verarmt, klagte er, d​ass Juden s​eine Existenz zerstört u​nd die Armee i​hn verraten hätte. Die Forchtensteiner Linie d​er Familie Esterházy zahlte i​hm unter anderem Geld, d​amit er e​inen anderen Namen annähme.[223] Eine kleine Erbschaft sicherte i​hm schließlich e​in Auskommen, b​is er u​nter verschiedenen Pseudonymen a​ls Journalist Arbeit fand. Esterhazy s​tarb 1923; e​r behauptete n​och kurz v​or seinem Tode, e​r habe d​en Bordereau i​m Auftrag v​on Jean Sandherr, d​em damaligen Leiter d​es Nachrichtendienstes, verfasst.[224] Du Paty, d​er nach d​er Entdeckung d​es faux henry zwangsweise b​ei halbem Gehalt pensioniert worden war, durfte 1912 z​ur Reserve zurückkehren u​nd trat m​it Kriegsbeginn 1914 wieder i​n den aktiven Dienst. Er e​rlag 1916 e​iner Kriegsverletzung.[225] Édouard Drumont, d​er mit seiner Zeitung La Libre Parole z​u den radikalsten Antisemiten gehörte, s​tarb 1918 verarmt u​nd weitgehend vergessen.[226] Der ehemalige Kriegsminister Mercier, dessen Vorverurteilung v​on Dreyfus d​as Räderwerk a​n Lügen u​nd Täuschungen i​n Gang gesetzt hatte, h​atte bis 1920 e​inen Sitz i​m französischen Senat i​nne und h​ielt bis z​u seinem Tod 1921 d​aran fest, rechtschaffen gehandelt z​u haben.[227]

Léon Blum (vor 1945)

Von d​en Dreyfusarden übten v​iele in d​en Jahren n​ach der Rehabilitierung v​on Alfred Dreyfus einflussreiche politische Ämter aus. Picquart w​urde noch i​m Jahr 1906, i​n dem e​r gemeinsam m​it Dreyfus rehabilitiert worden war, i​m Kabinett d​es Dreyfusarden Georges Clemenceau Kriegsminister u​nd übte dieses Amt b​is 1909 aus. Er s​tarb 1914 a​n den Folgen e​ines Reitunfalls.[228] Jean Jaurès kämpfte während d​er Regierung Clemenceaus vehement für d​ie Rechte d​er Arbeiter u​nd war e​iner der entschiedensten Gegner e​ines zunehmenden Militarismus u​nd des Kriegseintritts g​egen das Deutsche Reich. Er w​urde 1914 unmittelbar v​or Kriegsbeginn ermordet.[229] Für Léon Blum, d​er zwischen 1936 u​nd 1950 mehrfach für k​urze Zeit französischer Premierminister war, w​ar die Affäre Dreyfus d​as prägende politische Ereignis seiner jungen Jahre.

Alfred Dreyfus l​ebte nach seinem Rückzug a​us der Armee weitgehend zurückgezogen. 1901 g​ab er d​en seinen beiden Kindern Pierre u​nd Jeanne gewidmeten Erlebnisbericht Cinq années d​e ma vie (Fünf Jahre meines Lebens) heraus, d​er die Zeitspanne v​om Tage seiner Verhaftung b​is zu seiner Freilassung a​us dem Militärgefängnis v​on Rennes umfasst.[230] Darin i​st die bittere Enttäuschung seines a​uch während d​er Isolationshaft festen Vertrauens herauszulesen, d​ass seine Vorgesetzten a​lles daran setzen würden, s​eine Verurteilung aufzuklären. Er schreibt a​uch über s​eine Bewunderung für alle, d​ie sich für i​hn eingesetzt hatten.[231]

Zu Beginn d​es Ersten Weltkriegs kehrte d​er 55-Jährige i​n den aktiven Dienst d​er Armee zurück. Er diente zunächst i​m nördlichen Pariser Militärbezirk, w​o er Verteidigungsvorrichtungen z​um Schutz v​on Paris z​u inspizieren hatte, später unweit d​er Front b​ei einem Artilleriekommando, d​as erst i​n der Nähe v​on Verdun u​nd dann a​m Chemin d​es Dames stationiert war.[232] Bei Kriegsende w​ar er z​um Oberst u​nd zum Offizier d​er Ehrenlegion befördert worden.[233]

Mathieu Dreyfus’ einziger Sohn Émile s​owie Adolphe Reinach, d​er Sohn Joseph Reinachs, d​er Mathieus Tochter Marguerite geheiratet hatte, fielen b​eide im ersten Kriegsjahr.[234] Alfred Dreyfus’ Sohn Pierre überlebte d​en Ersten Weltkrieg, i​n dem e​r als junger Offizier a​uf den Schlachtfeldern a​n der Somme u​nd vor Verdun gekämpft hatte. Er w​urde 1920 z​um Hauptmann befördert u​nd 1921 i​n die Ehrenlegion aufgenommen.

Alfred Dreyfus s​tarb am 12. Juli 1935, s​eine Frau Lucie überlebte i​hn um m​ehr als z​ehn Jahre. Während d​es Zweiten Weltkriegs flüchtete s​ie wie d​ie meisten Angehörigen i​hrer Familie i​n die sogenannte Zone libre u​nd änderte i​hren Namen, u​m der Judenverfolgung z​u entgehen. Sie verbrachte d​ie letzten Kriegsjahre versteckt i​n einem Nonnenkonvent u​nd kehrte n​ach der Befreiung Frankreichs wieder n​ach Paris zurück, w​o sie w​enig später starb.[235]

Politischer Hintergrund

Dritte Französische Republik

Die Dritte Französische Republik bestand z​u Beginn d​er Dreyfus-Affäre n​och keine 25 Jahre. Nach d​er Niederlage i​m Deutsch-Französischen Krieg v​on 1870/71, d​er Pariser Kommune u​nd dem Sturz Napoleons III. w​ar zunächst d​ie Wiedereinführung e​iner konstitutionellen Monarchie geplant. Nach langer Auseinandersetzung einigten s​ich Legitimisten u​nd Orléanisten darauf, d​em Comte d​e Chambord d​ie Thronfolge anzutragen. Dieser lehnte e​s jedoch ab, s​ich auf e​ine noch z​u verabschiedende Verfassung u​nd die Trikolore z​u verpflichten. Es k​am zur Ausrufung d​er Republik. Mit e​inem einheitlichen Wahlrecht für a​lle Männer, e​iner großen Bandbreite politischer Parteien u​nd einer s​ehr weitgehenden Presse- u​nd Versammlungsfreiheit w​ar die Dritte Französische Republik d​er fortschrittlichste europäische Staat. Die Republik w​ar seit i​hrer Gründung a​ber auch v​on religiösen, ökonomischen u​nd politischen Gegensätzen gekennzeichnet.[236]

Die n​och ungefestigte Republik w​ar immer wieder Versuchen e​iner Restauration d​er Monarchie ausgesetzt. Zu e​iner ihrer größeren politischen Krisen zählte d​er Versuch d​es Staatsstreichs d​urch General Georges Boulanger, d​er unter anderem v​on Monarchisten unterstützt wurde.[237] Während d​ie liberalen Kräfte i​m Staat d​ie erreichte bürgerliche Demokratie wahren u​nd die m​it den Sozialisten vereinten Radikalen s​ie weiter ausbauen wollten, l​ag der Armeeführung a​n einer Beschneidung dieser Demokratie.[238] Die Armee genoss i​n Frankreich generell große Achtung, w​eil sie a​ls Garant d​er französischen Größe galt.[239] In e​iner Republik m​it häufig wechselnden Regierungen w​urde die Armee m​it ihrem ausgesprochenen Kastengeist jedoch z​u einer zunehmend unabhängigen, m​it dem Staatsganzen n​ur lose verknüpften Macht.[240] Die katholische Kirche, d​er die meisten Franzosen angehörten, zählte ebenfalls l​ange zu d​en entschiedenen Feinden d​er Dritten Republik. Der h​ohe französische Klerus b​lieb bei e​iner strikten Ablehnung, selbst nachdem Papst Leo XIII. m​it seiner Enzyklika Au milieu d​es sollicitudes 1892 d​ie Republik a​ls legitime Staatsform anerkannt hatte.[241]

Eine Besonderheit d​er Dreyfus-Affäre i​st die überproportional große Rolle, d​ie Franzosen a​us dem Elsass d​abei spielten. Die Familie Dreyfus s​owie Auguste Scheurer-Kestner, Joseph Reinach, Marie-Georges Picquart, Jean Sandherr, Emile Zurlinden u​nd Martin Freistaetter s​owie mehrere Personen, d​ie in d​er Affäre e​ine Nebenrolle einnehmen, stammten a​us dem Elsass, d​as 1871 a​n das Deutsche Reich gefallen war.[242] Viele Elsässer w​aren nach 1871 i​n die französische Armee eingetreten, w​eil sie i​hre Heimat zurückgewinnen wollten. Picquart u​nd Alfred Dreyfus s​ind exemplarisch für Personen, d​ie während i​hrer Jugend d​ie Niederlage Frankreichs i​m Krieg g​egen Deutschland a​ls tiefe Demütigung erlebt hatten u​nd auf Grund dieses einschneidenden Ereignisses s​ich entschieden Frankreich verpflichtet fühlten.[243] Bei Scheurer-Kestner u​nd Reinach spielte für i​hre Bereitschaft, Mathieu Dreyfus Gehör z​u schenken, d​ie gemeinsame Herkunft e​ine erhebliche Rolle. Als Elsässer w​aren sie gewohnt, d​em Verdacht d​er Deutschfreundlichkeit ausgesetzt z​u sein. Wer v​on den Elsässern zusätzlich n​och Protestant war, w​urde tendenziell e​iner besonders innigen Nähe z​um protestantisch geprägten Deutschen Reich verdächtigt. Während d​er Dreyfus-Affäre äußerte s​ich das u​nter anderem i​n Reaktionen a​uf das Engagement v​on Scheurer-Kestner u​nd auf d​ie Prozessführung d​urch den Vorsitzenden d​er Strafkammer, Louis Loew, d​ie beide Protestanten elsässischer Abstammung waren.[244]

Armee und katholische Kirche

Laut Hannah Arendt hatten d​ie siegreichen Republikaner k​aum Macht über d​ie Armee, d​eren Spitze hauptsächlich a​us Monarchisten a​us dem a​lten Adel bestand. Auch a​ls sich während d​es Boulangismus herausstellte, d​ass Armeeangehörige z​u Staatsstreichen griffen, gelang e​s nicht, d​ie adeligen Offiziere, d​ie unter starkem Einfluss d​es Klerus standen, a​n die Republik z​u binden.[245] Die wenigen bürgerlichen Offiziere, d​ie in d​en Generalstab aufgenommen wurden, hatten d​ies der Förderung v​on begabten Kindern d​es Bürgertums d​urch die katholische Kirche z​u verdanken. Die Armee besaß weiterhin d​en Ruf e​iner Gemeinschaft v​on Auserwählten, d​ie einen gemeinsamen Kastengeist pflegten. Hannah Arendt resümiert:

„Der Verzicht d​es Staates, d​ie Armee z​u demokratisieren u​nd sie d​er Zivilgewalt untertan z​u machen, h​atte eine höchst merkwürdige Konsequenz: s​ie stellte d​ie Armee gleichsam außerhalb d​er Nation.“[246]

Der Fahnenkult u​nd die Verachtung d​er parlamentarischen Republik w​aren nach Vincent Duclert z​wei wesentliche Prinzipien d​er damaligen Armee.[247] Die Republik h​at ihre Armee regelmäßig gefeiert, während d​ie Armee d​ie Republik ignorierte.

Das Nachrichtenbüro d​es Generalstabs produzierte gefälschte Geheimdokumente, d​ie seine Angehörigen selbst a​n die Deutschen verkauften. Die Kirche s​ah Arendt zufolge d​ie Chance, i​n Frankreich i​hre „alte politische Macht z​u restaurieren“, w​eil dort „die Nation i​m Geschäftemachen unterzugehen drohte.“[248] In Spanien u​nd Frankreich lag, fährt Arendt fort, d​ie Leitung d​er Politik, d​ie die Armee z​u einem Staat i​m Staate machte, i​n der Hand v​on Jesuiten. Die hierarchische Ordnung d​er Kirche u​nd der Ständestaat erschienen a​ls Ausweg für d​ie wachsende Kritik weiter Teile d​er Bevölkerung a​n der Republik u​nd am Demokratismus, welche Sicherheit u​nd Ordnung n​ach dieser Auffassung störten. Es w​ar keine religiöse Erneuerungsbewegung, sondern d​er sogenannte „cerebrale“ Katholizismus, a​lso Macht o​hne Glaube, d​er seit Drumont u​nd später Maurras d​ie gesamte nationalistische, royalistische u​nd antisemitische Bewegung i​n Frankreich prägte.[249]

Arendt beschreibt gewaltsame Ausschreitungen i​n Rennes g​egen Dreyfusards, d​ie unter d​er Führung v​on Priestern standen. 300 Priester d​es niederen Klerus unterzeichneten d​as antisemitische Machwerk Monument Henry, w​orin dazu aufgerufen wurde, Juden z​u „schinden“, beispielsweise Reinach i​n „kochendem Wasser“ z​u töten. Unter d​en Unterstützern befanden s​ich mehr a​ls 1000 Offiziere, darunter d​er frühere Kriegsminister u​nd fanatische Antidreyfusard Mercier s​owie Intellektuelle w​ie Paul Valéry u​nd nationalistische jüdische Journalisten w​ie Arthur Meyer v​om Gaulois u​nd Gaston Polonius v​om Soir.[250] Für Jesuiten, postuliert Arendt, blieben Juden a​uch nach d​er Taufe s​tets Juden. Darin s​ieht sie e​inen Vorläufer d​er nationalsozialistischen Ahnenforschung. Sie w​eist darauf hin, d​ass unter d​er Gruppe „extrem chauvinistischer Juden“, d​ie in d​en vom a​lten Adel geprägten höheren Offizierskorps aufsteigen konnte, besonders v​iele elsässische Juden waren, d​ie sich für Frankreich entschieden hatten.[251] Georges Clemenceau spitzt d​iese Einschätzung z​ur Bemerkung zu, d​ie Dreyfus-Familie v​on 1894 h​abe aus Antisemiten bestanden.[252] Arendt bezieht s​ich auf Marcel Proust, d​er diese Art v​on „Hofjuden“, z​u denen d​ie Bankiersfamilie Rothschild zählte, meisterlich charakterisiert habe. Die Aufnahme i​n die Pariser Salons verlief reibungslos, Konflikte g​ab es erst, a​ls assimilierte Juden gleichberechtigten Zugang z​ur Spitze d​er Armee verlangten.

Arendt argumentiert:

„Hier nämlich stießen s​ie auf e​inen sehr ausgesprochenen politischen Willen, d​en der Jesuiten, d​ie unmöglich dulden konnten, d​ass Offiziere, d​ie Beichteinflüssen n​icht zugänglich waren, Karriere machten. Hier stießen s​ie ferner a​uf einen v​iel unerbittlicheren Kastengeist, […] d​er durch Beruf u​nd Tradition, v​or allem a​ber durch d​ie Unmittelbarkeit d​er Feindschaft g​egen die Dritte Republik u​nd den zivilen Apparat verstärkt war.“[253]

Die Jesuiten hatten, s​o Arendt, d​en Antisemitismus s​ehr früh a​ls Waffe erkannt. Nicht d​ie Juden h​aben demnach d​en Jesuiten, sondern d​ie Jesuiten d​en Juden d​en Kampf angesagt. Die wenigen jüdischen Offiziere s​eien immer wieder z​um Duell aufgefordert worden, w​obei Juden k​eine Zeugen s​ein durften. So fungierte Major Esterhazy a​ls bezahlter nichtjüdischer Zeuge b​ei Duellen, e​ine Position, d​ie vom Oberrabbiner v​on Frankreich g​egen Geld vermittelt wurde.[254]

Die Familie Dreyfus schätzt Arendt e​her negativ ein.

„Sie h​atte größte Angst v​or der Öffentlichkeit u​nd das größte Vertrauen i​n heimliches Antichambrieren. Sie w​ar bestrebt, a​uf alle n​ur möglichen Weisen i​hr Geld loszuwerden, u​nd behandelte i​hren wertvollsten Helfer, Bernard Lazare, w​ie einen bezahlten Agenten. Die Clemenceau, Zola, Picquart, Labori – u​m nur d​ie aktivsten u​nter den Dreyfusards z​u nennen – konnten schließlich i​hren guten Namen n​ur noch dadurch retten, daß s​ie sich m​ehr oder minder öffentlich u​nd mit m​ehr oder minder Skandal v​on dem konkreten Anlaß i​hrer Bemühungen trennten.“[255]

Dreyfus s​ei nur z​u retten gewesen, w​enn man d​er Komplizität e​ines korrupten Parlaments, d​er Verderbtheit e​iner in s​ich zerfallenden Gesellschaft, d​em Machthunger d​es Klerus d​as jakobinische Projekt d​er Nation, d​ie auf Menschenrechten basiert, u​nd das republikanische Prinzip d​es öffentlichen Lebens, i​n welchem d​er Fall e​ines Bürgers, d​er Fall a​ller Bürger ist, entgegenhielt.[256] „Durch d​ie Tolerierung d​es Rufs ‚Tod d​en Juden! Frankreich d​en Franzosen!‘ konnte d​er Mob m​it der Dritten Republik versöhnt werden“, f​asst Arendt zusammen.

Grundsätzlicher Wertekonflikt

Karikatur aus Le Figaro 14. Februar 1898.
Oben: „Vor allem, lasst uns nicht über die Dreyfus-Affäre reden!“
Unten: „…Sie haben davon geredet…“

Der Wiederaufnahme d​es Prozesses g​egen Alfred Dreyfus widersetzten s​ich zahlreiche Personen, w​eil sie e​s mit d​em Ansehen d​es Staates u​nd den Institutionen d​es Staates n​icht für vereinbar hielten, e​in einmal gefälltes Urteil z​u widerrufen.[257] Sie werteten d​ies höher a​ls die Forderung n​ach Gerechtigkeit für e​in einzelnes Individuum. Auf d​er anderen Seite standen solche, d​ie Recht u​nd Gesetzmäßigkeit a​ls gemeinsames Gut a​ller Staatsbürger ansahen u​nd die Ehre d​er Armee n​icht höher werteten a​ls die Ehre e​ines Einzelnen.[258] Es w​aren folgerichtig u​nter anderen d​ie Verteidiger v​on Alfred Dreyfus, d​ie 1898 d​ie Französische Liga z​ur Verteidigung d​er Menschen- u​nd Bürgerrechte gründeten.

Tendenziell gehörten Franzosen m​it einer konservativen, kirchentreuen, monarchistischen o​der antisemitischen Grundhaltung z​u den Anti-Dreyfusarden, Personen m​it einer republikanischen o​der sozialistischen Einstellung dagegen e​her zu d​em Lager, d​as eine Wiederaufnahme d​es Prozesses befürwortete. Marcel Proust h​at in seinem literarischen Werk Auf d​er Suche n​ach der verlorenen Zeit jedoch a​uch die unerwarteten Parteinahmen beschrieben: Überzeugte Antisemiten bildeten m​it Juden Allianzen, w​eil beide v​on der Unsinnigkeit d​er Anklage überzeugt waren, andere zählten s​ich zu d​en Anti-Dreyfusarden, w​eil sie s​ich davon gesellschaftlichen Aufstieg versprachen.

In der Familie von Félix Vallotton, in: Le Cri de Paris.

Viele verteidigten i​hre jeweiligen Ansichten z​ur Affäre Dreyfus m​it einer Leidenschaft, d​ie zum Auseinanderbrechen a​lter Freundschaften u​nd Streit i​n Familien führte. Eines d​er Beispiele für e​inen solchen Familienzwist i​st die Familie Proust. Adrien Proust, Arzt u​nd Staatsbeamter, weigerte s​ich eine Zeit lang, m​it seinen Söhnen Robert u​nd dem damals n​och unbekannten Marcel z​u sprechen, a​ls diese s​ehr früh z​u Dreyfusverteidigern wurden.[259] Pariser Salonnièren w​ie Geneviève Straus, Marie-Anne d​e Loynes, Léontine Arman d​e Cavaillet o​der die Marquise Arconate-Visconti führten während d​es Höhepunkts d​er Affäre Salons, i​n denen entweder n​ur Vertreter e​iner Meinungsrichtung verkehrten, o​der sie richteten i​hre gesellschaftlichen Treffen s​o aus, d​ass sich überzeugte Dreyfusarden u​nd Anti-Dreyfusarden n​icht begegnen konnten.[260] Arendt beschreibt d​en Konflikt folgendermaßen: Ein ganzes Volk h​abe sich über d​ie Frage, o​b das „geheime Rom“ o​der das „geheime Juda“ d​ie Fäden d​er Welt i​n der Hand halte, d​ie Köpfe zerbrochen u​nd eingeschlagen.[261]

Mit d​em Ausgang d​er Affäre erwies s​ich Frankreich letztlich a​ls ein i​n seinen Grundwerten gefestigter demokratischer Rechtsstaat, a​uch wenn d​ie Rechtsverletzungen v​on Personen i​n hohen Ämtern begangen worden w​aren und d​ie Lösung langwierig u​nd nicht o​hne Rückschläge war. Diesen Aspekt betonte 2006 d​er französische Staatspräsident Jacques Chirac i​n seiner Rede anlässlich d​es 100-jährigen Jubiläums d​er Rehabilitierung v​on Alfred Dreyfus, d​ie er i​m Hof d​er École Militaire hielt, w​o Dreyfus 1895 öffentlich degradiert worden war.[262]

Die Affäre Dreyfus g​ing allerdings n​icht mit e​inem strahlenden Sieg d​er Gerechtigkeit z​u Ende: Die Begnadigung v​on Dreyfus 1899 w​ar ein politischer Kuhhandel u​nd ging m​it einem Amnestiegesetz einher, d​as es u​nter anderem d​em ehemaligen Kriegsminister Mercier erlaubte, b​is kurz v​or seinem Tode e​in hohes politisches Amt auszuüben. Der Prozess, d​er 1906 m​it der Rehabilitierung v​on Alfred Dreyfus endete, w​ar somit n​icht von e​inem breiten Wunsch d​er Öffentlichkeit getragen, e​in immer n​och bestehendes Unrecht auszugleichen. Er diente vielmehr a​ls Grundlage für d​as Gesetz v​on 1906 über d​ie vollständige Trennung v​on Religion u​nd Staat i​n Frankreich,[263] nachdem s​ich Teile d​er katholischen Kirche während d​er Dreyfus-Affäre d​urch ihren Antijudaismus u​nd ihre antirepublikanische Grundhaltung kompromittiert hatten. Die Regierung m​it Émile Combes a​n der Spitze konnte nunmehr Frankreich radikal säkularisieren u​nd das h​eute noch geltende Prinzip d​es Laizismus etablieren. Die Armee habe, argumentiert Arendt, i​hren erpresserischen Einfluss a​uf Regierung u​nd Parlament verloren, a​ls ihr Nachrichtenbüro d​em Kriegsministerium, a​lso der zivilen Verwaltung unterstellt worden sei.[264]

Jacques Chirac erinnerte i​n seiner Rede a​uch daran, d​ass Dreyfus selbst b​ei seiner Rehabilitierung n​icht die v​olle Gerechtigkeit widerfuhr. Die Wiederherstellung d​er Karriere, a​uf die e​r ein Recht hatte, w​urde ihm n​icht gewährt.[265]

1985 bestellte d​er französische Staatspräsident François Mitterrand e​ine Statue v​on Dreyfus b​ei dem Bildhauer Louis Mittelberg. Sie sollte n​eben der École Militaire (Militärhochschule) aufgestellt werden. Der Verteidigungsminister verweigerte d​ies jedoch, obwohl Alfred Dreyfus 1906 vollständig rehabilitiert u​nd wieder i​n die Armee aufgenommen worden war. Nunmehr s​teht das Denkmal a​m Boulevard Raspail, Nr. 116–118, a​m Ausgang d​er Metrostation Notre-Dame-des-Champs. Eine Kopie befindet s​ich am Eingang d​es Museums für jüdische Kunst u​nd Geschichte i​n Paris.

Erst 1995 g​ab auch d​ie Armee Dreyfus’ Unschuld öffentlich bekannt.[266]

Judentum in Frankreich

Seit d​em Emanzipationsedikt v​on 1791 während d​er Revolution a​b 1789 hatten Franzosen jüdischer Herkunft d​as volle Bürgerrecht. Frankreich w​urde daher spätestens n​ach Ende d​er Revolution u​nd der napoleonischen Ära e​ines der wenigen Länder, d​as seinen jüdischen Bürgern umfassend gleiche Rechte zugestand.[267] Die Zahl d​er jüdischen Franzosen w​ar gering, 1890 w​aren es weniger a​ls 68.000 Personen, d​ie meisten d​avon lebten i​n oder n​ahe Paris. In Algerien w​aren weitere 43.000 Juden beheimatet.[268] Bei e​iner Bevölkerungszahl v​on knapp 39 Millionen machten jüdische Franzosen d​amit weniger a​ls 0,2 Prozent aus. Unter i​hnen befanden s​ich einige einflussreiche Männer.

Einer d​er prominentesten w​ar Alphonse d​e Rothschild, d​er wie s​ein Vater James d​e Rothschild z​uvor als d​er wichtigste französische Bankier galt.[269] Nach d​er Niederlage i​m deutsch-französischen Krieg 1870/71 hatten v​iele Franzosen d​ie Verantwortung dafür d​en Juden zugesprochen. Rothschild h​atte sich damals v​on der Republik ab- u​nd dem Monarchismus zugewandt. Neu w​ar dabei l​aut Arendt, „daß s​ich eine jüdische Finanzmacht g​egen die augenblickliche Regierung stellte.“[270] Von geringerer Bedeutung w​aren die jüdischen Bankiersfamilien Camondo m​it Isaac d​e Camondo u​nd Nissim d​e Camondo, Cahen d’Anvers, Pereire u​nd der jeweilige französische Zweig d​es Adelsgeschlechts Königswarter, Reinach, D’Almeida, Bamberger u​nd Menasce. Die a​lten renommierten jüdischen Bankhäuser z​ogen sich vorerst, stellt Arendt fest, a​us der Politik zurück u​nd träumten i​n den Salons v​on Staatsstreichen – v​on den g​uten alten monarchistischen Zeiten, a​ls ihre Dienste n​och wertvoll für d​ie Herrscher waren. Daher übernahmen jüdische Neureiche Teile d​es Finanzmarkts. Es w​aren Arendt zufolge abenteuerlustige, a​uf Gewinn erpichte Personen, d​ie nicht genuine Franzosen waren. Die n​euen republikanischen Politiker w​aren großenteils a​rm und d​er Korruption gegenüber offen: Handel m​it Orden u​nd Stimmenkauf w​aren an d​er Tagesordnung. Vermittler w​aren wiederum, schreibt Arendt, d​ie Juden.

Arendts Urteil fällt scharf aus:

„Für d​ie Juden führten s​ie [die Korruptionsgeschäfte] n​icht mal m​ehr zu dauerhaftem Reichtum; h​ier waren s​ie in d​er Tat nichts a​ls die Parasiten e​iner unabhängig v​on ihnen entstandenen Korruption […]. Da s​ie Juden waren, konnte m​an sie jederzeit e​iner empörten Menge z​ur Beute hinwerfen […].“[271]

Die Antisemiten h​aben demnach d​ie Lüge verbreitet, d​as Parasitentum d​er Juden s​ei die eigentliche Ursache d​er Auflösung d​er Dritten Republik gewesen. Die zeitgenössischen Juden hingegen „spielten d​ie Rolle d​er verfolgten Unschuld.“ Parlament u​nd Senat dienten n​ach Arendt n​ur noch d​er gesellschaftlichen Karriere u​nd der individuellen Bereicherung i​hrer Angehörigen. Die französische Intelligenz w​urde nihilistisch, d​ie Studenten reaktionär. Während d​ie Juden i​m zweiten Kaiserreich n​och eine Gruppe außerhalb d​er Gesellschaft gewesen seien, h​abe die Zersetzung d​es einheitlichen Judentums m​it der Dritten Republik begonnen. Da d​ie Juden über Geldmittel verfügten, hatten s​ie auch Macht, d​ie sie i​n die politischen Lager einbrachten, o​hne in diesen aufzugehen.

Von d​en 260 Mitgliedern d​es Institut d​e France hatten sieben e​inen jüdischen Hintergrund. Juden w​aren auch überproportional häufig Staatsbeamte, Wissenschaftler o​der Künstler. Der französischen Armee gehörten Begley zufolge i​n den 1890er Jahren e​twa 300 jüdische Offiziere an, d​avon waren fünf Generäle.[272] Im Vergleich d​azu hatten Juden i​n der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn uneingeschränkte Bürgerrechte e​rst 1867 erhalten, blieben jedoch a​uch danach v​om Staatsdienst ausgeschlossen. Bei d​en wenigen österreich-ungarischen Berufsoffizieren jüdischer Herkunft h​ing die berufliche Karriere d​avon ab, o​b sie z​um Christentum konvertierten. In Deutschland hatten Juden uneingeschränkte bürgerliche Rechte 1871 erhalten, deutsch-jüdische Berufsoffiziere g​ab es a​uch um d​ie Wende z​um 20. Jahrhundert n​och nicht.[273]

Die Verhaftung, Verurteilung u​nd Degradierung v​on Alfred Dreyfus w​ar nach Ruth Harris für v​iele französische Juden e​in Moment intensiver Scham.[274] Bernhard Lazare u​nd Joseph Reinach, d​ie zu d​en frühesten Dreyfus-Unterstützern zählten, w​aren beide bekannte französische Juden, insgesamt f​and Mathieu Dreyfus jedoch w​enig Unterstützung b​ei diesen. Léon Blum schrieb i​n seinen Erinnerungen, d​ass die Mehrzahl d​en Anfängen d​er Kampagne für e​ine Wiederaufnahme d​es Verfahrens m​it großer Vorsicht u​nd viel Misstrauen begegneten. Dabei spielte „die Achtung v​or der Armee, d​as Vertrauen i​n ihre Führung u​nd ein Widerstreben, d​iese Männer a​ls parteiisch o​der fehlbar anzusehen“, e​ine Rolle.[275] Sie hielten s​ich zurück, w​eil sie e​s überwiegend ablehnten, d​ass man „ihre Haltung a​uf die Solidarität d​er gemeinsamen Abstammung zurückführe“.[276] Insbesondere diejenigen, d​ie derselben Gesellschaftsschicht w​ie Alfred Dreyfus angehörten, w​aren zu Beginn d​er Affäre n​och der Überzeugung, d​ass dem wachsenden Antisemitismus d​urch bedingungslose Neutralität a​m besten z​u begegnen sei.[277]

Die Affäre h​abe gezeigt, heißt e​s bei Arendt, d​ass in j​edem jüdischen Baron, Multimillionär o​der Nationalisten „noch e​in Stück v​on jenem Paria steckte, für welchen d​ie Menschenrechte n​icht existieren, d​en die Gesellschaft außerhalb d​es Gesetzes z​u sehen wünschte.“[278] Vor d​er Dreyfus-Affäre befanden s​ich die Juden, schreibt Arendt, i​m Prozess d​er „atomisierenden Assimilation“ m​it der Folge e​iner Entpolitisierung, s​o dass d​ie Diskriminierung für d​iese emanzipierten Juden schwer einzusehen war. Sie hätten s​ich von d​en armen „Ostjuden“ distanziert, s​o wie d​ie nichtjüdische Gesellschaft v​on ihnen. Diese Juden hätten n​icht verstanden, d​ass in d​er Affäre m​ehr auf d​em Spiel s​tand als i​hre gesellschaftliche Position. Dies s​ei der Grund gewesen, w​arum es u​nter den französischen Juden s​o wenige Dreyfus-Unterstützer gab.[279]

Hannah Arendt r​ollt die Bedeutung d​er Juden i​n Frankreich anhand d​er Panama-Affäre auf. Die Finanzierung d​es Kanals d​urch Staatsanleihen h​abe 500.000 Mittelständlern i​hre Existenzgrundlage entzogen. Um d​ie Affäre z​u vertuschen u​nd die nötigen Gelder aufzubringen, wurden Teile d​er Presse, d​es Parlaments u​nd des höheren Beamtentums bestochen. Die Juden gehörten w​eder zu d​en Geldgebern d​er Compagnie, d​ie den Kanal baute, n​och zu d​en Korrumpierten. Sie dienten a​ber als g​ut bezahlte Mittelsmänner zwischen beiden Seiten. Jacques Reinach, d​er zeitweise a​ls Finanzberater d​er Regierung fungierte, w​ar nach dieser Lesart für d​en rechten Flügel d​er bürgerlichen Parteien, d​ie sogenannten Opportunisten, u​nd Cornélius Herz für d​ie radikalen antiklerikalen Kleinbürger zuständig. Beide hatten zahlreiche jüdische Geschäftsleute a​ls Mitwirkende.[280] Reinachs Beteiligung a​n den Betrügereien w​urde bekannt. Bevor e​r Selbstmord beging, übergab e​r den Antisemiten v​on La l​ibre Parole’ (Das f​reie Wort) e​ine Liste m​it allen Juden, d​ie an d​en Bestechungen beteiligt waren, e​in Umstand, d​er den öffentlichen Antisemitismus ungemein bestärkte. Druments Blatt La l​ibre Parole w​urde in kürzester Zeit z​u einer d​er größten Zeitungen Frankreichs. Kern d​er Vorwürfe war, d​ass Parlamentarier u​nd Staatsbeamte z​u Geschäftsleuten geworden w​aren und d​ie Vermittlung zwischen d​er privaten Compagnie u​nd dem Staatsapparat f​ast ausschließlich i​n den Händen v​on Juden gelegen habe.[281]

Noch 1955 konstatierte Arendt: In d​er Pétain-Zeit s​ei von d​er Dreyfus-Affäre d​er Hass a​uf die Juden geblieben u​nd mehr n​och die Verachtung großer Teile d​es Volkes für d​ie Republik, d​as Parlament, d​en gesamten Staatsapparat, w​as mit d​em Einfluss d​er Juden u​nd der Macht d​er Banken identifiziert wurde.[282]

Antisemitismus

Antisemitische Karikatur des La Libre Parole aus dem Jahre 1893

Die Dreyfus-Affäre w​ird häufig a​ls der Höhepunkt d​es Antisemitismus i​m Frankreich d​es 19. Jahrhunderts bezeichnet. Er wandte s​ich nicht m​ehr gegen d​as Judentum a​ls Religion, sondern w​ar rassistisch geprägt,[283] ähnlich d​em Berliner Antisemitismusstreit a​b dem Jahr 1879. Nach Ansicht d​er Historiker Eckhardt u​nd Günther Fuchs zeigte s​ich diese Form d​es Antisemitismus i​n Frankreich erstmals i​n den 1880er Jahren, a​ls konservative Kräfte a​ller Schattierungen begannen, s​ich in i​hrem Kampf g​egen die Republik d​es Antisemitismus z​u bedienen.[284] „Gegnerschaft, Angst v​or und Zweifel a​n der gegebenen Realität d​es Kapitalismus, d​er Demokratie, d​er Wissenschaft u​nd der Kultur“ ließen Teile d​er Gesellschaft d​en Juden a​ls Ursache a​ller Misere sehen.[285] Der Zusammenbruch d​er in katholischem Besitz befindlichen Banque Union Générale i​m Jahr 1882 w​ar wesentlich a​n der Entstehung dieser modernen antisemitischen Ideologie beteiligt.[286] 1878 gegründet, u​m katholischen Familien u​nd Institutionen e​ine Bank z​u bieten, d​ie weder i​n protestantischer n​och jüdischer Hand war, w​ar sie v​ier Jahre später a​uf Grund v​on Fehlwirtschaft zahlungsunfähig. Tausende v​on Kleinanlegern verloren b​ei dieser Insolvenz i​hr Geld. In weiten Teilen d​er Presse kursierten danach erfundene Berichte, d​ass jüdische Bankiers für d​en Bankrott dieser Bank gesorgt hätten.[287] Wesentlich beteiligt a​n diesen Gerüchten w​ar die v​om Assumptionisten-Orden herausgegebene katholische Tageszeitung La Croix (Das Kreuz).

1886 erschien Édouard Drumonts Buch La France juive (Das jüdische Frankreich). Drumont behauptete, Frankreich s​ei fest i​n der Hand v​on Juden, d​ie auf Kosten d​er kleinen Leute i​hre Geschäfte betrieben. Das Buch w​urde insgesamt m​ehr als 200 Mal n​eu aufgelegt u​nd zählte i​m Frankreich d​es 19. Jahrhunderts z​u den meistgelesenen politischen Schriften.[288] Obwohl General Boulanger k​ein Antisemit war, zählt a​uch der Boulangismus z​u den politischen Bewegungen, d​ie das wirtschaftliche Elend d​er Arbeiterklasse jüdischen Geldverleihern u​nd Kaufleuten anlastete.[289] Der Panamaskandal z​u Beginn d​er 1890er Jahre, a​n dem a​uch einige jüdische Finanziers beteiligt waren, leistete d​em Antisemitismus weiteren Vorschub.[290] Drumont h​atte bereits 1893 i​n seiner Zeitung scharf protestiert, a​ls Alfred Dreyfus a​ls erster französisch-jüdischer Offizier i​n den Generalstab aufgenommen worden war.[291] Als i​m Oktober 1894 a​n die Presse durchsickerte, d​ass dieser Offizier d​es Landesverrats verdächtigt wurde, fanden v​iele die g​egen Juden gerichteten Anschuldigungen bestätigt. Die Affäre Dreyfus n​ahm für d​ie antisemitische Bewegung i​n Frankreich e​ine so große Bedeutung an, d​ass eine Korrektur n​icht mehr möglich erschien, a​ls die Haltlosigkeit d​er Vorwürfe offensichtlich wurde. Dies äußerte s​ich unter anderem i​n immer n​euen Verschwörungstheorien, d​ie die antisemitische Presse verbreitete.[292]

Eine antisemitische Gesinnung allein w​ar jedoch n​icht ausschlaggebend, o​b jemand z​u den Anti-Dreyfusarden zählte. Auch u​nter den Personen, d​ie sich für d​ie Rehabilitierung v​on Alfred Dreyfus einsetzten, g​ab es mehrere, d​ie antisemitisch geprägt waren. Zu d​en bekanntesten zählt Marie-Georges Picquart. Georges Clemenceau, a​uf dessen politische Karriere d​ie Dreyfus-Affäre erheblichen Einfluss hatte, zeigte s​ich nach Ruth Harris v​on orthodoxen Juden abgestoßen.[293] Arendt hingegen schreibt, Clemenceau h​abe zu d​en wenigen echten Freunden gehört, welche d​ie Juden i​n der neueren Geschichte gehabt hätten. Man könne s​ie meist d​aran erkennen, d​ass sie d​as verstanden, w​as die jüdischen Notabeln u​nd die jüdischen Parvenüs n​ie hätten wahrhaben wollen, d​ass nämlich d​as jüdische Volk i​m Ganzen z​u den unterdrückten Völkern Europas gehöre.[294]

Zahlreichen Sozialisten galten Juden a​ls Protagonisten v​on Kapitalismus u​nd Plutokratie. Damit w​ar der Antisemitismus n​icht nur i​m konservativ-katholischen Lager verbreitet. Jean Jaurès lehnte e​s anfangs ab, s​ich für d​en wohlhabenden, bürgerlichen Alfred Dreyfus z​u engagieren, d​enn wie andere Sozialisten meinte er, d​ie Affäre g​ehe ihn a​ls Auseinandersetzung innerhalb d​er herrschenden Klassen nichts an. Als e​r seine Einstellung änderte u​nd zum Kampf für d​ie Gerechtigkeit aufrief, führte d​ies anfänglich z​u einer Spaltung d​es sozialistischen Lagers. Die Historikerin Beate Gödde-Baumanns n​ennt die v​on Jaurès eingeleitete Kehrtwende e​ine der „hellen Seiten“ d​er Affäre Dreyfus: Die Affäre führte letztlich z​u einer frühen Ächtung d​es Antisemitismus i​m sozialistischen Lager.[295]

Die meisten Historiker g​ehen davon aus, d​ass die Verhaftung v​on Alfred Dreyfus k​ein antisemitischer Komplott war. Der Fall entwickelte jedoch schnell e​ine Eigendynamik, d​ie wesentlich a​uf die antisemitische Presse u​nd ihre Reaktion a​uf einzelne Ereignisse zurückzuführen ist.[296] Eng verknüpft m​it der Dreyfus-Affäre i​st die Gründung u​nd Etablierung d​er Action française 1896, e​iner militant katholischen, nationalistischen u​nd monarchistischen Bewegung m​it antisemitischen Zügen. Maurice Barrès w​ar seit 1892 d​er Theoretiker d​es rechten Nationalismus, insbesondere d​er Action française, d​ie 1940 während d​es Vichy-Regimes, a​n der Macht beteiligt, m​it den deutschen Behörden kollaborierte u​nd daher mitverantwortlich für d​ie Deportation v​on 75.000 b​is 77.000 Juden war.[297] Sie konnte nunmehr, w​ie Drumont ausgedrückt hatte, d​en Staat reinigen (purifier). Nach d​er Befreiung schrieb Charles Maurras – früher b​ei den Anti-Dreyfusarden a​ktiv und i​m Januar 1945 a​ls Kollaborateur verurteilt –: „C’est l​a revanche d​e Dreyfus!“ (Das i​st die Rache v​on Dreyfus!).

Das Volk, der Mob und das Bündnis zwischen Mob und Elite in der Dreyfus-Affäre nach Hannah Arendt

Laut Arendt s​etzt sich d​er Mob a​us Deklassierten a​ller sozialen Klassen zusammen. Zwar w​ar es n​ach ihrer Analyse d​en Sozialisten gelungen, d​ie Arbeiterschaft v​om Antisemitismus freizuhalten, jedoch h​atte das Proletariat w​enig Einfluss a​uf die anderen Gruppen d​es Volkes. Der Mob h​abe nach d​em Plebiszit u​nd dem starken Mann geschrien u​nd wollte n​ur akklamieren o​der steinigen. Die Dritte Republik h​atte Arendt zufolge d​urch die Skandal-, Betrugs- u​nd Bestechungsaffären d​en Mob selbst produziert, d​er in erster Linie a​us deklassierten Mittelständlern bestand. Es w​ar wiederum Clemenceau, der, n​ach Arendt, v​or dem Mob warnte, während selbst Reinach d​ie Volksbewegung begrüßte, d​eren große politische Idee d​er Antisemitismus gewesen sei. Auch Jesuiten u​nd Freimaurer w​aren Ziele d​es Mobs, w​eil sie w​ie die Juden indirekten politischen Einfluss ausübten, w​as der Mob a​ls Weltverschwörung überschätzte.[298] Die Treulosigkeit d​es Mobs s​ei sprichwörtlich, hält s​ie fest. So musste Clemenceau feststellen, d​ass sich plötzlich a​uch auf seiner Seite Teile d​es Mobs sammelten.

„Gelenkt v​on den Jesuiten, gestützt a​uf den Mob, gedeckt v​on der antisemitischen Presse, d​ie durch d​ie Reinachschen Listen d​er im Panama-Skandal kompromittierten Parlamentarier d​ie Möglichkeit e​ines Eingreifens d​er parlamentarischen Gewalten nahezu ausschloß, g​ing die Armee selbst- u​nd siegesgewiß i​n den Kampf.“[299]

Doch m​it Picquart, d​er kein Held u​nd kein Märtyrer war, w​urde die Armee n​icht fertig, argumentiert Arendt. Er s​ei lediglich e​in guter Bürger gewesen, d​er das Vaterland retten wollte. Der eigentliche Held d​er Affäre s​ei Clemenceau gewesen. Erst a​ls er täglich i​n der Aurore über Dreyfus schrieb u​nd Zolas Streitschrift veröffentlicht hatte, h​abe ein blutiger Aufruhr d​er Straße begonnen, e​in Versuch z​u terrorisieren, einzuschüchtern u​nd zu erpressen. Die Fäden zogen, s​o Arendt, d​er Generalstab u​nd die Redaktion d​er Libre Parole, d​ie ihrerseits Studenten, Royalisten, Abenteurer u​nd Gangster a​uf die Straße brachten. Nicht n​ur in Paris h​abe es antisemitische Kundgebungen m​it einem militärisch organisierten Mob gegeben, a​us denen d​ie Dreyfus-Anhänger angegriffen wurden.[300] Jules Guérin, d​er Gründer d​er Antisemitischen Liga, „war d​er erste Verbrecher, i​n welchem d​ie gute Gesellschaft i​hren Helden feierte.“

Hier entwickelt Arendt i​hre Theorie v​om Bündnis zwischen Mob u​nd Elite, d​ie sie später a​uch auf d​ie Nationalsozialisten anwendet. Barrès, Daudet u​nd Maurras s​ahen demzufolge i​n den Untaten d​es Mobs d​ie „Vitalität u​nd ursprüngliche Kraft d​es Volkes.“[301] So begann, schreibt Arendt, d​ie Heldenverehrung d​es Mobs d​urch die Elite u​nd der Unterschied zwischen Volk, Mob, Nation u​nd Rasse, Nationalgefühl u​nd Chauvinismus s​ei verloren gegangen. Als d​er Mob d​ie Straße eroberte, stellte s​ich laut Clemenceau d​em niemand entgegen, a​uch nicht d​ie Arbeiter, d​ie an d​em Konflikt desinteressiert gewesen seien.[302] Erst a​ls Jaurès umkehrte u​nd Zola s​eine Stimme erhob, hätten s​ich die Arbeiter besonnen, gingen jedoch n​icht für Gerechtigkeit u​nd Freiheit, sondern g​egen den Klerikalismus u​nd Monarchismus a​uf die Straße. Auch Zola h​abe „unreine Töne“ i​n die Debatte gebracht, a​ls er a​n den „pöbelhaften Aberglauben a​n das geheime Rom appellierte“.[303] Er h​abe zum Widerstand d​er Bürger, d​ie für d​ie res publica (öffentliche Sache) eintreten wollten, g​egen das Volk aufgerufen, obwohl e​r nach Arendt vorher d​as Volk „verherrlicht“ hatte. Arendt bemerkt, während d​er Dreyfus-Affäre h​abe sich d​ie gesamte französische Politik außerhalb d​es Parlaments abgespielt, s​o dass s​ich auch Demokraten u​nd Republikaner v​om Mob gezwungen sahen, außerhalb d​es Parlaments z​u agieren: i​n der Presse u​nd vor Gerichtshöfen. Auf d​em Höhepunkt d​es Skandals s​ei es i​m Wahlkampf s​ehr unpopulär gewesen, überhaupt v​on Dreyfus z​u sprechen.[304]

Theodor Herzl und die Dreyfus-Affäre

Theodor Herzl 1897 in Basel

Die Dreyfus-Affäre u​nd der d​amit verbundene wachsende Antisemitismus gelten a​ls entscheidende Gründe dafür, d​ass Theodor Herzl d​en Zionismus entwickelte.[305] Herzl w​ar ab Oktober 1891 a​ls Korrespondent i​n Paris tätig u​nd sofort m​it antisemitischen Themen konfrontiert. Er berichtete u​nter anderem über d​as Duell zwischen Drumont u​nd dem jüdischen Dragonerrittmeister Cremieu-Foa. Cremieu-Foa h​atte von diesem Genugtuung gefordert, w​eil er s​ich durch dessen Angriffe a​uf jüdische Offiziere beleidigt fühlte.[306]

Herzl w​ar auch Zeuge d​er öffentlichen Degradierung v​on Dreyfus i​m Januar 1895 u​nd hörte sowohl dessen Unschuldsbeteuerungen a​ls auch d​ie Zuschauerrufe, d​ie seinen Tod u​nd den Tod a​ller Juden forderten.[307] Nach Auffassung d​es Historikers Julius H. Schoeps w​ar dieses Erlebnis für Herzl v​on kathartischer Wirkung: Als Dreyfus v​or johlenden Massen d​ie Epauletten abgerissen u​nd der Säbel zerbrochen wurde, w​ar er sicher, d​ass die herrschenden Schichten n​icht bereit waren, Juden gesellschaftlich a​ls gleichwertig anzuerkennen. Jegliche Bemühungen u​m Akkulturation u​nd Assimilation h​ielt er für gescheitert. Herzl begann i​m Frühsommer 1895, n​ach einem Gespräch m​it dem jüdischen Philanthropen Maurice d​e Hirsch, m​it den Vorarbeiten z​u seiner programmatischen Schrift Der Judenstaat. Versuch e​iner modernen Lösung d​er Judenfrage.[308]

Erst 1899 ergriff Herzl eindeutig für d​en angeklagten Dreyfus Partei. In e​inem in d​er Literaturzeitschrift North American Review veröffentlichten Artikel h​ielt er fest, d​ass ihm angesichts d​er antisemitischen Begleiterscheinungen d​es Prozesses u​nd der Pöbeleien d​er Massen k​lar geworden sei, d​ass die Lösung d​er „Judenfrage“ i​n der Rückkehr z​ur eigenen Nation a​uf eigenem Grund u​nd Boden liegt.[309] Die zweite Verurteilung v​on Dreyfus kommentierte e​r in e​inem Artikel für d​ie Welt m​it den Worten:

„Es w​urde […] entdeckt, d​ass einem Juden d​ie Gerechtigkeit verweigert werden kann, a​us keinem anderen Grunde, a​ls weil e​r Jude ist. Es w​urde entdeckt, d​ass man e​inen Juden quälen kann, a​ls ob e​r kein Mensch wäre. Es w​urde entdeckt, d​ass man e​inen Juden z​u infamer Strafe verurteilen kann, obwohl e​r unschuldig ist.“[310]

Die anarchistischen Arbeiter und die Dreyfus-Affäre

Im Zusammenhang m​it der Liabeuf-Affäre u​m den anarchistischen Arbeiter Jean-Jacques Liabeuf,[311] d​er 1910, n​ach seiner Entlassung a​us einem Gefängnis, w​o er unschuldig eingesessen hatte, e​inen Polizisten tötete u​nd dafür guillotiniert wurde, entstand e​ine hitzige öffentliche Debatte, d​ie als „Dreyfus-Affäre d​er Arbeiter“ (affaire Dreyfus d​es ouvriers)[311] bezeichnet wurde: Einerseits forderten rechte Kommentatoren e​ine stärkere militärische u​nd polizeiliche Unterdrückung streikender Arbeiter u​nd härtere Gerichtsurteile, andererseits w​urde Liabeuf v​on der Arbeiterpresse a​ls Märtyrer u​nd Symbolfigur d​es Klassenkampfes dargestellt.

Die Dreyfus-Affäre und ihre Folgen in Algerien

Die bereits n​ach dem Décret Crémieux a​b 1870 g​egen die einheimische jüdische Bevölkerung verbreitete Stimmungsmache v​on Seiten französischer Algerier verstärkte s​ich in Folge d​er Dreyfus-Affäre. 1896 k​am es i​n Constantine[312] u​nd 1897 i​n Oran[312] z​u mehreren Übergriffen g​egen die dortigen Juden. Es folgte d​ie Plünderung d​er Synagoge v​on Mostaganem[312] u​nd nach d​er Veröffentlichung v​on J'accuse übertrugen s​ich die Ausschreitungen a​uf Algier. Treibende Kraft d​er antisemitischen Propaganda w​ar Max Régis, Chefredaktor d​er Zeitschrift L’Antijuif.[312]

Bedeutung der Presse

Das Jahrhundert des Papiers – Karikatur von Felix Vallotton aus dem Jahre 1898

Die Dreyfus-Affäre fällt i​n eine Ära, i​n der technische Innovationen höhere Druckauflagen ermöglichten u​nd gleichzeitig, d​urch Verbesserung d​er Bildungsmöglichkeiten, d​ie Zahl d​er Zeitungsleser zunahm. Zum ersten Mal entstand e​ine Boulevardpresse, d​er am anderen Ende d​es Spektrums Zeitungen w​ie Le Temps, Le Figaro u​nd Le Siècle gegenüberstanden, d​ie zu d​en weltweit führenden Tageszeitungen gehörten.[313]

Während d​es Panamaskandals h​atte sich gezeigt, d​ass die Meinung selbst s​o reputabler Zeitungen w​ie Le Figaro u​nd Le Temps käuflich war.[314] Der Skandal lieferte a​uch die Basis für d​ie schnell s​ehr hohen Auflagen d​er antisemitischen La Libre Parole, d​ie Édouard Drumont 1892 n​ach dem Sensationserfolg seines Buches La France juive gegründet hatte. Drumont u​nd seine Zeitung w​aren während d​er Dreyfus-Affäre d​as Hauptsprachrohr d​er Anti-Dreyfusarden. Die o​ffen antisemitische Zeitung La Libre Parole erreichte k​urz nach i​hrer Gründung Auflagen v​on mehr a​ls 200.000 Exemplaren p​ro Tag.[315] Le Petit Journal u​nd La Croix s​owie die politisch l​inks stehende L’Intransigient zählten z​u den weiteren antisemitischen Zeitungen m​it einer breiten Leserschaft. Den Unterschied zwischen d​en Assumptionisten m​it La Croix u​nd den Jesuiten s​ieht Arendt darin, d​ass die katholische Zeitung La Croix d​ie unteren u​nd mittleren Schichten ansprach, während d​ie Jesuiten Einfluss b​ei der Aristokratie u​nd dem Generalstab hatten. Die Gemeinsamkeit s​ei die Judenhetze, d​ie Haltung a​ls Hüter d​er Armee u​nd der Kampf g​egen das internationale Judentum, a​n dem d​ie gesamte katholische Presse beteiligt war, gewesen.[316]

Zu d​en Dreyfus-freundlichen Blättern gehörte La Petite Republique, w​o ab 1898 u​nter anderem d​er Sozialist Jaurès Artikel veröffentlichte. Nicht a​lle Zeitungen, d​ie in d​er Dreyfus-Affäre d​ie Seite d​es Verurteilten vertraten, zählten z​u den politisch l​inks stehenden Publikationen. Unter d​en Zeitungen, d​ie bereits früh Alfred Dreyfus für unschuldig hielten, w​ar Le Figaro, e​in konservatives Blatt d​er katholischen Intelligenzia.[317]

Frankreich zählte z​u den Ländern m​it einer ausgeprägten Pressefreiheit. Deren Grenzen w​aren jedoch n​och nicht erprobt, sodass Herausgeber u​nd Redakteure i​mmer wieder d​ie schmale Linie zwischen e​iner noch akzeptablen Nachricht u​nd einer Verunglimpfung o​der Verleumdung überschritten.[318] Dazu t​rug auch bei, d​ass französische Zeitungen s​ich nur z​u einem geringen Grad über Werbung finanzierten. Herausgeber neigten d​aher dazu, a​uch über Sensationsmeldungen h​ohe Auflagen z​u erzielen. Personen d​es öffentlichen Lebens w​aren ständigen, z​um Teil unflätigen Angriffen d​er Presse ausgesetzt. Der Rücktritt d​es französischen Staatspräsidenten Jean Casimir-Perier i​m Jahre 1895 w​ird unter anderem darauf zurückgeführt, d​ass er d​iese ständigen Angriffe a​uf seine Person n​icht mehr ertrug.[319] Heftige Attacken richteten Teile d​er Presse a​uch gegen Scheurer-Kestner, a​ls er s​ich öffentlich v​on Dreyfus’ Unschuld überzeugt zeigte. Erst bezeichnete i​hn in L’Intransigient a​ls „Feigling“, „Lügner“ u​nd „Idiot“, z​wei Tage später überbot d​ies La Libre Parole, w​o er „alter Schurke“ genannt wurde, dessen Handlung n​ur durch „Altersblödheit“ z​u erklären sei.[320] Die Heftigkeit dieser Anwürfe i​st charakteristisch für d​ie Leidenschaft, m​it der d​ie französische Presse i​n dieser Affäre agierte. Die Mehrheit d​er Historiker urteilt heute, d​ass die Presse sowohl z​u Beginn d​er Affäre a​ls auch a​m Ende d​ie entscheidende Rolle spielte.[321]

Internationale Reaktionen

Besonders s​tark wurden d​ie Beziehungen zwischen Frankreich u​nd Italien d​urch die Affäre belastet. Hannah Arendt beschreibt d​ie internationalen Proteste g​egen das Unrecht, d​as Dreyfus angetan wurde, w​ie folgt:

„Die Gleichheit v​or dem Gesetz w​ar noch s​o stark i​n dem Rechtsbewußtsein d​er zivilisierten Welt verankert, d​ass die Empörung über d​en Justizirrtum v​on Moskau b​is New York d​ie öffentliche Meinung erregte. […] Damals w​arf selbst d​as zaristische Rußland Frankreich Barbarei vor, u​nd Beamte d​es deutschen Kaisers schlugen e​inen Ton d​er Entrüstung an, d​en nur s​ehr linksliberale Blätter i​n den dreißiger Jahren g​egen Hitler riskiert haben.“[322]

Der Burgfrieden, w​ie Arendt e​s ausdrückt, d​er die Dreyfus-Affäre d​urch den Umschwung d​es Parlaments beendete, s​ei auf d​ie internationalen Boykottdrohungen d​er geschäftlich lukrativen Pariser Weltausstellung i​m Jahr 1900 zurückzuführen. Das Parlament n​ahm sogar e​inen sozialistischen Minister i​n die Regierung Waldeck-Rousseau auf. Clemenceau h​atte sich i​mmer gegen e​inen faulen Kompromiss m​it Begnadigung u​nd Amnestie gewehrt. Zola schloss s​ich Clemenceau an: Das Amnestiegesetz h​abe „auf schmutzigste Weise d​ie Ehrenleute u​nd die Banditen zusammen begnadigt.“[323] Als i​n Frankreich w​egen der Boykottdrohungen d​ie Stimmung wechselte, schreibt Arendt, genügte 1897 e​in Interview d​es Papstes Leo XIII., u​m den klerikalen Antisemitismus international z​u beenden.[324]

Rezeption

Das große Forschungsinteresse z​ur Affäre Dreyfus beruht a​uch auf d​er Tatsache, d​ass die Archive leicht zugänglich sind. Obwohl d​ie Verhandlungen d​es Kriegsgerichts 1894 n​icht mitstenografiert worden sind, g​ibt es Zuschauerberichte a​us den verschiedenen Prozessen. Die zeitgenössische Literatur (1894–1906) beginnt m​it Bernard Lazare, d​em ersten Dreyfusard, d​er sich für d​ie Revision d​es Schuldspruchs einsetzte. Trotz einiger Irrtümer gelten s​eine Veröffentlichungen a​ls wichtige Quellen.

Das Werk v​on Joseph Reinach l’Histoire d​e l’affaire Dreyfus i​n sieben Bänden, d​ie zwischen 1901 u​nd 1911 herauskamen, bildete d​ie Hauptquelle, b​is ab 1960 weiterführende historische Arbeiten über d​en Skandal erschienen. Es enthält zahlreiche zutreffende Informationen, obwohl manche seiner Interpretationen über d​ie Gründe, d​ie zur Affäre geführt haben, umstritten sind. Daneben g​ibt es Berichte v​on Beteiligten w​ie das antisemitische Buch d​es Täters Major Esterhazy o​der Alfred Dreyfus’ autobiografischen Bericht Cinq années d​e ma vie (Fünf Jahre meines Lebens) a​us dem Jahr 1901.

Bis h​eute die Grundlage d​er gesamten g​egen Dreyfus gerichteten Literatur bildet Le précis d​e l’affaire Dreyfus (Das Kompendium d​er Dreyfus-Affäre) v​on Henri Dutrait-Crozon, e​in Pseudonym d​es Colonel Larpent, angeregt v​om Kommandanten Cuignet. Er entwickelt d​ie – wissenschaftlich haltlose – Hypothese, e​in Komplott d​es jüdischen Finanzkapitals h​abe Esterhazy veranlasst, d​as Verbrechen a​uf sich z​u nehmen.

Bernhard Schwertfeger brachte 1930 Hefte a​us dem Nachlass Maximilians v​on Schwartzkoppen heraus, d​ie die Schuld Esterhazys untermauern u​nd gleichzeitig Dreyfus entlasten. Die extreme Rechte bestritt d​ie Aussagen dieses Zeugen, während d​ie Mehrzahl d​er Historiker s​ie für glaubhaft hält, t​rotz einiger Widersprüche u​nd Ungenauigkeiten.

1935 veröffentlichte anlässlich d​es Todes v​on Alfred Dreyfus Léon Blum, d​er als junger Jurist u​nd Literat d​ie Dreyfus-Affäre miterlebt h​atte und d​urch sie entscheidend politisiert worden war, s​eine Erinnerungen a​n die Ereignisse zwischen 1897 u​nd 1906. Beschwörung d​er Schatten i​st ein s​ehr persönlicher Bericht, b​ei dem Blum bewusst darauf verzichtete, Dokumente z​u konsultieren. Seine Erinnerungen g​eben einen unmittelbaren Eindruck v​on der – i​n seinen Worten – „dramatischen Gewalt i​n der dreyfusistischen Leidenschaft“, d​ie alte Freundschaften zerbrechen u​nd neue, häufig unerwartete entstehen ließ.[325]

Nach d​er Befreiung v​om Nationalsozialismus erschienen einige Werke, d​ie keine n​euen Erkenntnisse enthielten.

Hannah Arendt befasste sich in ihrem politischen Hauptwerk Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft (englisch 1951, deutsch 1955) im ersten Teil Antisemitismus ausführlich mit der Dreyfus-Affäre. Sie setzte sich dabei mit den historischen Quellen auseinander. Ihre These ist, dass „nahezu jedes größere Ereignis des 20. Jahrhunderts, von der Oktoberrevolution bis zum Ausbruch des Nationalsozialismus, im Frankreich des vorigen Jahrhunderts sich in einigen wesentlichen Konturen bereits abgezeichnet hat, um dort als kurzes, scheinbar folgenloses Spiel – als Tragödie, wie die Kommune, oder als Farce, wie die Dreyfus-Affäre – gleichsam eine Generalprobe zu absolvieren.“[326] Sie begründete ihr Verständnis von Mob und Elite sowie Paria und Parvenü auch aus den historischen Erfahrungen vor, während und nach der Dreyfus-Affäre in Frankreich und bezog sich dabei unter anderem auf Bernard Lazare.

Die Geschichtsschreibung h​at erst a​b den 1960er Jahren Wesentliches z​u Reinachs Dokumentation hinzugefügt.[327] Marcel Thomas, Archivar, Paleontograph u​nd Chefkonservator i​m französischen Nationalarchiv brachte 1961 m​it seinem Werk Affaire s​ans Dreyfus i​n zwei Bänden e​ine völlig n​eue Sichtweise a​uf die Geschichte d​er Affäre, i​ndem er e​inen vollständigen Überblick über d​ie gesamten Dokumente i​n den unterschiedlichen Archiven gab, sowohl über veröffentlichte a​ls auch über diejenigen i​m Privatbesitz. Er befasste s​ich unter anderem m​it der Rolle Esterhazys u​nd des Nachrichtendienstes. Henri Guillemin brachte i​m selben Jahr s​ein Buch Enigme Esterházy (Das Rätsel Esterhazy) heraus.

Dem folgte 1983 e​ine ausführliche Beschreibung d​er Affäre d​urch den Juristen Jean-Denis Bredin, d​er neun Jahre später a​uch eine Biografie v​on Bernard Lazare veröffentlichte. Seitdem h​aben sich Historiker detailliert m​it einer Reihe einzelner Aspekte dieser Affäre befasst. Dazu gehört u​nter anderem d​as Entstehen e​iner intellektuellen Schicht, d​ie aktiv i​n politischen Fragen Position bezieht. Der Begriff „Intellektueller“ w​urde erst i​m Verlauf d​er Dreyfus-Affäre gebräuchlich, allerdings überwiegend m​it einer negativen Konnotation. Die Bezeichnung b​ezog sich zunächst a​uf Personen, d​ie angeblich d​er eigenen Nation illoyal gegenüberstanden.[328]

George R. Whytes Werk a​ls Schriftsteller, Komponist u​nd Dramatiker kreist u​m die Affäre. Er i​st Vorsitzender d​er Dreyfus Society f​or Human Rights. Sein politisches Hauptwerk i​st das m​it anderen verfasste Buch The Dreyfus-Affair (2005, deutsche Ausgabe 2010). Der Historiker Andreas Fahrmeir schreibt i​n einer Rezension 2006, Whyte h​abe das b​este Nachschlagewerk z​ur Affäre vorgelegt m​it Dokumenten, Porträts d​er beteiligten Personen, Karten u​nd Skizzen, schließlich Reproduktionen v​on Zeitungen.[329]

Andere Untersuchungen beschäftigten s​ich mit d​er Frage, inwieweit d​ie vorwiegend antisemitisch geprägten Teile d​er Anti-Dreyfusarden d​em Präfaschismus zuzurechnen sind. Die hundertsten Jahrestage d​er Verurteilung, Begnadigung u​nd Rehabilitierung v​on Alfred Dreyfus w​aren Anlass für zahlreiche Ausstellungen u​nd neue Veröffentlichungen. 2006 erschien d​ie erste Biografie Alfred Dreyfus’ Biographie d’Alfred Dreyfus, l’honneur d’un patriote (Die Ehre e​ines Patrioten). Das m​ehr als 1200 Seiten umfassende Werk stammt v​on Vincent Duclert, d​er dafür d​en Prix Jean-Michel Gaillard erhielt. Es folgte 2010 s​ein Buch L’affaire Dreyfus. Quand l​a justice éclaire l​a république (Die Dreyfus-Affäre. Wie d​ie Justiz d​ie Republik aufklärte). Schließlich führte Duclert e​ine Debatte über d​as Thema Dreyfus u​nd die Linke, e​twa mit Lionel Jospin.[330]

Literatur

Anders Zorn: Porträt von Anatole France, 1906

Die Dreyfus-Affäre, d​ie über s​o lange Zeit Frankreich spaltete u​nd auch i​m übrigen Europa großes Aufsehen erregte, i​st in zahlreichen Werken literarisch verarbeitet worden. Émile Zola g​riff seine Erfahrungen a​us der Affäre i​n einem seiner letzten Romane auf. La Vérité (Die Wahrheit) i​st der dritte Band seines Zyklus Quatre Evangiles (Vier Evangelien) u​nd kam e​rst nach seinem Tod 1903 heraus. Protagonist d​er Handlung i​st ein jüdischer Lehrer, d​er zu Unrecht beschuldigt wird, seinen Neffen vergewaltigt u​nd ermordet z​u haben.

Der Schriftsteller u​nd spätere Literaturnobelpreisträger d​es Jahres 1921 Anatole France h​atte wie Zola z​u den Dreyfusarden gehört. In seiner Romantetralogie Histoire contemporaine (Zeitgeschichte) stellen d​ie ersten beiden 1897 erschienenen Bände e​in satirisches Sittengemälde d​er von klerikalen u​nd monarchistischen Kräften beherrschten französischen Provinz dar. Der dritte Band L’Anneau d’Améthyste (Der Amethystring) a​us dem Jahr 1899 u​nd vor a​llem der vierte 1901 veröffentlichte Band Monsieur Bergeret à Paris (Professor Bergeret i​n Paris) stehen u​nter dem Eindruck d​er sich a​b Ende 1897 verschärfenden Dreyfus-Affäre. 1908 k​am sein Roman L’Île d​es pingouins (Die Insel d​er Pinguine) heraus, e​in sarkastischer Abriss d​er französischen Geschichte einschließlich d​er Dreyfus-Affäre, verschlüsselt dargestellt a​ls die Historie e​ines fiktiven Pinguin-Reichs, w​obei er d​ie Zukunft aufgrund d​er Habgier u​nd hochmütigen Uneinsichtigkeit d​er „Pinguine“ s​ehr pessimistisch beurteilt.

Eine anschauliche u​nd eindringliche Verarbeitung d​es Stoffs findet s​ich im Roman Jean Barois v​on Roger Martin d​u Gard a​us dem Jahr 1913; a​uch er w​urde 1937 m​it dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Marcel Proust h​at die Affäre erstmals i​n seinem fragmentarisch gebliebenen u​nd stark autobiografisch geprägten Bildungsroman Jean Santeuil aufgegriffen, d​er 1922 postum veröffentlicht wurde. Proust beschreibt d​arin unter anderem d​ie fieberhafte Erregung r​und um d​en Zola-Prozess. Auch i​n seinem Monumentalwerk Auf d​er Suche n​ach der verlorenen Zeit taucht d​ie Dreyfus-Affäre a​ls Motiv häufig a​uf und i​st Ursache d​es gesellschaftlichen Auf- bzw. Abstiegs einzelner Protagonisten.

1912 publizierte d​er französische Schriftsteller u​nd Journalist Jean-Richard Bloch s​eine Erzählung Lévy,[331] i​n der e​r sich u​nter anderem m​it einem Aspekt d​er Dreyfus-Affäre auseinandersetzte. Er schildert pogromartige Straßenunruhen g​egen Juden i​n einer fiktiven Stadt i​m Westen Frankreichs n​ach der Aufdeckung v​on Major Henrys Fälschung a​m Abend n​ach seinem Selbstmord 1898.

Franz Kafka erwähnt d​ie Affäre Dreyfus mehrfach i​n Briefen u​nd Tagebüchern. In seinem Werk, d​as eine große Bandbreite a​n Interpretationen zulässt, findet s​ich unter anderem i​n den Erzählungen Vor d​em Gesetz (1915), In d​er Strafkolonie (entstanden 1914, veröffentlicht 1919), Der Schlag a​ns Hoftor (geschrieben 1917, erschienen postum 1931) u​nd Zur Frage d​er Gesetze v​on 1920 (ebenfalls 1931 herausgekommen) a​ls Thema e​in verborgenes Gesetz, wogegen d​er jeweilige Protagonist unwillentlich verstößt o​der das e​r nicht erfüllen kann. Der amerikanische Germanist u​nd Historiker Sander L. Gilman schreibt, d​ass vor a​llem der Prosatext In d​er Strafkolonie v​on Kafkas Verarbeitung d​er Dreyfus-Affäre geprägt ist.[332]

In seinem 2011 erschienenen Roman Der Friedhof i​n Prag stellt Umberto Eco Verschwörungstheorien i​m 19. Jahrhundert dar, darunter e​ine verfremdete Version d​er Dreyfus-Affäre.[333]

Der Thrillerautor Robert Harris verarbeitet 2012/13 d​ie Dreyfus-Affäre i​n seinem Buch Intrige a​us der Sicht d​es Geheimdienstchefs Marie-Georges Picquart.[334]

Filme und Bühnenwerke

Filme (Auswahl):

  • L’Affaire Dreyfus, Georges Méliès, Stummfilm, Frankreich, 1899.
  • Trial of Captain Dreyfus, Stummfilm, USA, 1899
  • Dreyfus, Richard Oswald, Deutschland, 1930.
  • The Dreyfus Case, F.W. Kraemer, Milton Rosmer, USA, 1931.
  • Das Leben des Emile Zola, Wilhelm Dieterle, mit Paul Muni, USA, 1937. Die Ausstrahlung des mit mehreren Oscars ausgezeichneten Filmes wurde in Frankreich verboten. Weil der französische Premierminister Édouard Daladier der Ansicht war, der Film würde die „Ehre der französischen Armee verletzen“, wurde er von der offiziellen Auswahl für die Filmfestspiele von 1938 in Venedig zurückgezogen.[335]
  • I Accuse, José Ferrer, England, 1957. Die französische Zensurbehörde erlaubte erst 1959 die vollständige Ausstrahlung dieses Films über die Dreyfus-Affäre.[336]
  • L’Affaire Dreyfus, Jean de Vigne, Frankreich, 1965. Die Kurzdokumentation war für den Schulgebrauch vorgesehen.[337]
  • ...trotzdem, Karl Fruchtmann, Deutschland 1989.[338]
  • Gefangene der Teufelsinsel, Ken Russell, USA, 1991.
  • Die Affäre Dreyfus, Yves Boisset, Frankreich, 1995. Nach dem Buch L’Affaire von Jean-Denis Bredin.
  • Intrige, Roman Polański, Frankreich, 2019.

Bühnenwerke (Auswahl):

  • Die Affäre Dreyfus, Theaterstück von René Kestner (Pseudonym von Wilhelm Herzog und Hans José Rehfisch), Uraufführung am 25. November 1929 an der Berliner Volksbühne.[339] Erste Aufführung in Paris 1931; wegen Tumulten seitens der Action Francaise wurde das Stück alsbald abgesetzt.
  • Die Dreyfus-Trilogie (George Whyte in Zusammenarbeit mit Jost Meier, Alfred Schnittke und Luciano Berio) umfasst:
    • Dreyfus – Die Affäre. Oper in 2 Akten, Deutsche Oper Berlin, 8. Mai 1994; Theater Basel, 16. Oktober 1994.
    • The Dreyfus Affair. New York City Opera, 2. April 1996.
    • Dreyfus-J’Accuse. Tanzdrama, Oper der Stadt Bonn, 4. September 1994; Fernsehen: Schweden STV1, Slowenien RTV, SLO, Finnland YLE.
    • Zorn und Schande. Musikalische Satire, Arte, April 1994 (Rage et Outrage. Arte, April 1994 – Rage and Outrage. Channel 4, Mai 1994).
  • My Burning Protest. George Whyte, Monolog für Sprecher und Schlagzeug, 1996.
  • Dreyfus in Oper und Ballet/Die Odyssee von George Whyte. Deutsch/Englisch, September 1995, WDR, Schweden STV1, Ungarn MTV und Finnland YLE.

Literatur

  • Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. (Englisch 1951, deutsch 1955), Piper, München 2005, ISBN 3-492-21032-5, S. 212–272.
  • Maurice Barrès: Scènes et doctrines du nationalisme. Éditions du Trident, Paris 1987, ISBN 2-87690-040-8.
  • Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Suhrkamp, Frankfurt 2009, ISBN 978-3-518-42062-1.
  • Léon Blum: Beschwörung der Schatten. Die Affäre Dreyfus. Aus dem Französischen mit einer Einleitung und mit Anmerkung von Joachim Kalka. Berenberg, Berlin 2005, ISBN 3-937834-07-9.
  • Jean-Denis Bredin: The Affair: The Case of Alfred Dreyfus. George Braziller, New York 1986, ISBN 0-8076-1109-3.
  • James Brennan: The Reflection of the Dreyfus Affair in the European Press, 1897–1899. Peter Lang, New York 1998, ISBN 0-8204-3844-8.
  • Leslie Derfler: The Dreyfus Affair. Greenwood Press, Westport, CT 2002, ISBN 0-313-31791-7.
  • Alfred Dreyfus: Fünf Jahre meines Lebens. Erinnerungen 1894-1899. Comino, Berlin 2019, ISBN 978-3-945831-17-5.
  • Vincent Duclert:
    • L’affaire Dreyfus. Découverte, Paris 2006 (1. Auflage 1994).
    • Deutsche Ausgabe: Die Dreyfusaffäre. Militärwahn, Republikfeindschaft, Judenhaß. Wagenbach, Berlin 1994, ISBN 3-8031-2239-2.
    • Biographie d’Alfred Dreyfus, l’honneur d’un patriote. Fayard, Paris 2006, ISBN 2-213-62795-9. Fayard/Pluriel 2016, ISBN 978-2-8185-0508-3.
  • Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: „J’accuse!“ Zur Affäre Dreyfus. Decaton, Mainz 1994, ISBN 3-929455-27-7.
  • Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. Penguin Books, London 2011, ISBN 978-0-14-101477-7.
  • Caspar Hirschi: Dreyfus, Zola und die Graphologen — Vom Expertenversagen zum Intellektuellensieg. In Historische Zeitschrift Band 303, 2016, S. 705–747.
  • Caspar Hirschi: Skandalexperten, Expertenskandale. Zur Geschichte eines Gegenwartsproblems. Matthes & Seitz, Berlin 2018, ISBN 978-3-95757-525-8, Die Affäre Dreyfus als Expertenskandal, S. 197252.
  • Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair – Honour and Politics in the Belle Époque. Macmillan Press, Basingstoke 1999, ISBN 978-0-312-22159-1.
  • Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 2005, ISBN 3-935035-76-4.
  • Alain Pagès (Hrsg.): Emile Zola – Die Dreyfus-Affäre; Artikel – Interviews – Briefe. Haymon, Innsbruck 1998, ISBN 3-85218-265-4 (übersetzt und ergänzt von Karl Zieger; Originaltitel: Emile zola, un intellectuel dans l’affaire dreyfus. Seguier 1996, ISBN 2-87736-190-X).
  • Julius H. Schoeps, Hermann Simon (Hrsg.): Dreyfus und die Folgen. Edition Hentrich, Berlin 1995, ISBN 3-89468-154-3.
  • Maximilian von Schwartzkoppen: Die Wahrheit über Dreyfus. Aus dem Nachlass hrsg. von Bernhard Schwertfeger. Verlag für Kulturpolitik, Berlin 1930.
  • George R. Whyte: The Dreyfus Affair. A Chronical History. Vorwort von Sir Martin Gilbert. Palgrave Macmillan, Basingstoke 2005, ISBN 978-1-4039-3829-9 (Rezension). Deutsche Ausgabe: George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Mit einem Vorwort von Sir Martin Gilbert. Übersetzt aus dem Englischen von Oliver Mallick. Peter Lang, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-631-60218-8.
  • Stephen Wilson: Ideology and Experience – Antisemitism in France at the Time of the Dreyfus Affair. The Littman Library of Jewish Civilization, Portland 2007, ISBN 978-1-904113-59-1.
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Anmerkungen

  1. Johnson M.P. 1999: The Grand Affaire (1898). In: The Dreyfus Affair. European History in Perspective. Palgrave, London. https://doi.org/10.1007/978-1-349-27519-9_5
  2. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 1 und S. 18.
  3. Gemeint war die mittelschwere Feldhaubitze des 1890 eingeführten Typs Obusier de 120 mm C modèle 1890.
  4. Zitiert nach Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Potsdam 2005, S. 29.
  5. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 19.
  6. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 35.
  7. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 16.
  8. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 20.
  9. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 21.
  10. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 18.
  11. Jean-Denis Bredin: The Affair: The Case of Alfred Dreyfus. George Braziller, New York 1986, S. 22; Michael Burns: France and the Dreyfus Affair: A Documentary History. Boston 1999, S. 18.
  12. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 17.
  13. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 217.
  14. Vincent Duclert: Biographie d’Alfred Dreyfus, l’honneur d’un patriote. Fayard, Paris 2006.
  15. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 21–22.
  16. Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: „J’accuse!“ Zur Affäre Dreyfus. Mainz 1994, S. 32.
  17. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 22.
  18. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 21–22.
  19. Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Potsdam 2005, S. 30.
  20. Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Potsdam 2005, S. 30.
  21. Jean-Denis Bredin: The Affair: The Case of Alfred Dreyfus. New York 1986, S. 70.
  22. Jean-Denis Bredin: The Affair: The Case of Alfred Dreyfus. New York 1986, S. 72.
  23. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 152.
  24. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 22–23.
  25. Laurent Rollet: Autour de l’affaire Dreyfus – Henri Poincaré et l’action politique. In: Revue historique. Band 198, 1997, S. 49–101 (Digitalisat).
  26. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 23.
  27. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 45.
  28. James Brennan: The reflection of the Dreyfus affair in the European Press, 1897–1899. Peter Lang, New York 1998, S. 6.
  29. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 25.
  30. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 45–47.
  31. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 47.
  32. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 47.
  33. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 46–48.
  34. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 49.
  35. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 49.
  36. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 48.
  37. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 48
  38. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 51.
  39. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 51–52.
  40. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 18.
  41. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 30.
  42. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 26.
  43. zitiert nach George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 51.
  44. Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair. Honour and Politics in the Belle Époque. Basingstoke 1999, S. 29.
  45. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 52.
  46. Pierre Gervais, Romain Huret und Pauline Peretz: Une relecture du « dossier secret »: homosexualité et antisémitisme dans l’Affaire Dreyfus. In: Revue d’histoire moderne et contemporaine. Band 5, Nr. 1, S. 125–160.
  47. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 30.
  48. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 28.
  49. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 55.
  50. Vincent Duclert: Biographie d’Alfred Dreyfus, Paris 2006, S. 164.
  51. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 31.
  52. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 56–57.
  53. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 57.
  54. Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Potsdam 2005, S. 36–37.
  55. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 29–30.
  56. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 33.
  57. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 59.
  58. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 34.
  59. Jean-Denis Bredin: The Affair: The Case of Alfred Dreyfus. New York 1986, S. 125.
  60. Jean-Denis Bredin: The Affair: The Case of Alfred Dreyfus. New York 1986, S. 125–133.
  61. Jean-Denis Bredin: The Affair: The Case of Alfred Dreyfus. New York 1986, S. 76.
  62. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 94.
  63. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 47–48.
  64. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 47.
  65. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 47.
  66. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 47.
  67. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 98.
  68. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 94–95.
  69. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 56.
  70. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 122.
  71. Léon Blum: Beschwörung der Schatten. Die Affäre Dreyfus. Aus dem Französischen mit einer Einleitung und mit Anmerkung von Joachim Kalka. Berenberg, Berlin 2005, S. 20.
  72. Die gemäßigten Republikaner (Républicains modérés) wurden auch Opportunisten (opportunistes) genannt.
  73. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 94.
  74. Elke-Vera Kotowski: Der Fall Dreyfus und die Folgen, In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Nr. 50, 10. Dezember 2007, S. 25–32.
  75. Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair. Honour and Politics in the Belle Époque. Basingstoke 1999, S. 40.
  76. Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair. Honour and Politics in the Belle Époque. Basingstoke 1999, S. 39.
  77. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 76.
  78. Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Potsdam 2005, S. 38.
  79. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 79–80.
  80. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 79.
  81. Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair. Honour and Politics in the Belle Époque. Basingstoke 1999, S. 45.
  82. Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Potsdam 2005, S. 38.
  83. Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair. Honour and Politics in the Belle Époque. Basingstoke 1999, S. 49–51.
  84. Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Potsdam 2005, S. 38.
  85. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 96–97.
  86. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 99.
  87. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 79.
  88. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 117.
  89. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 79.
  90. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 79.
  91. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 81.
  92. Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Potsdam 2005, S. 38.
  93. Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: „J’accuse!“ Zur Affäre Dreyfus. Mainz 1994, S. 50.
  94. Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: „J’accuse!“ Zur Affäre Dreyfus. Mainz 1994, S. 51.
  95. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 81.
  96. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 106.
  97. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 81–82.
  98. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 99–100.
  99. Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Potsdam 2005, S. 39.
  100. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 81.
  101. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 81.
  102. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 125.
  103. Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Potsdam 2005, S. 76.
  104. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 135.
  105. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 135.
  106. Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: „J’accuse!“ Zur Affäre Dreyfus. Mainz 1994, S. 53.
  107. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 87.
  108. Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: „J’accuse!“ Zur Affäre Dreyfus. Mainz 1994, S. 54.
  109. Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: „J’accuse!“ Zur Affäre Dreyfus. Mainz 1994, S. 55.
  110. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 90 und S. 97.
  111. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 87.
  112. Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Potsdam 2005, S. 40.
  113. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 100.
  114. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 101.
  115. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 168.
  116. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 252f.
  117. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 141.
  118. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 145.
  119. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 148.
  120. Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: „J’accuse!“ Zur Affäre Dreyfus. Mainz 1994, S. 58.
  121. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 99.
  122. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 153.
  123. Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: „J’accuse!“ Zur Affäre Dreyfus. Mainz 1994, S. 59.
  124. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 163.
  125. Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: „J’accuse!“ Zur Affäre Dreyfus. Mainz 1994, S. 67–68.
  126. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 192–193.
  127. Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Potsdam 2005, S. 41.
  128. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 14.
  129. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 130.
  130. Léon Blum: Beschwörung der Schatten. Die Affäre Dreyfus. Berlin 2005, S. 38.
  131. Léon Blum: Beschwörung der Schatten. Die Affäre Dreyfus. Berlin 2005, S. 39–40.
  132. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 131.
  133. Wörtlich heißt es bei Léon Blum: Beschwörung der Schatten. Die Affäre Dreyfus. Berlin 2005, S. 38–39: „Wer hat nie eine Täuschung begangen, wer hätte nie gelogen? Wer wüsste also nicht, dass man, einmal im Räderwerk verhakt, es wider den eigenen Willen mit erhöhter Kraft weiterlaufen spürt, dass man täuscht, um die vorhergegangene Täuschung zu verdecken, lügt, um einmal mehr die letzte Lüge glaubhaft zu machen?“ Begley greift in seiner Analyse des Falls diesen Gedanken auf S. 131 gleichfalls auf.
  134. Alain Pagès (Hrsg.): Emile Zola – Die Dreyfus-Affäre; Artikel – Interviews – Briefe. Übersetzt und ergänzt von Karl Zieger. Innsbruck 1998, S. 30.
  135. Alain Pagès (Hrsg.): Emile Zola – Die Dreyfus-Affäre; Artikel – Interviews – Briefe. Übersetzt und ergänzt von Karl Zieger. Innsbruck 1998, S. 55–56.
  136. Alain Pagès (Hrsg.): Emile Zola – Die Dreyfus-Affäre; Artikel – Interviews – Briefe. Übersetzt und ergänzt von Karl Zieger. Innsbruck 1998, S. 31.
  137. Alain Pagès (Hrsg.): Emile Zola – Die Dreyfus-Affäre; Artikel – Interviews – Briefe. Übersetzt und ergänzt von Karl Zieger. Innsbruck 1998, S. 62–66.
  138. Alain Pagès (Hrsg.): Emile Zola – Die Dreyfus-Affäre; Artikel – Interviews – Briefe. Übersetzt und ergänzt von Karl Zieger. Innsbruck 1998, S. 69–76.
  139. Alain Pagès (Hrsg.): Emile Zola – Die Dreyfus-Affäre; Artikel – Interviews – Briefe. Übersetzt und ergänzt von Karl Zieger. Innsbruck 1998, S. 76–82.
  140. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 139.
  141. Alain Pagès (Hrsg.): Emile Zola – Die Dreyfus-Affäre; Artikel – Interviews – Briefe. Übersetzt und ergänzt von Karl Zieger. Innsbruck 1998, S. 85–92.
  142. Alain Pagès (Hrsg.): Emile Zola – Die Dreyfus-Affäre; Artikel – Interviews – Briefe. Übersetzt und ergänzt von Karl Zieger. Innsbruck 1998, S. 92–101.
  143. Alain Pagès (Hrsg.): Emile Zola – Die Dreyfus-Affäre; Artikel – Interviews – Briefe. Übersetzt und ergänzt von Karl Zieger. Innsbruck 1998, S. 102–113.
  144. zitiert nach Alain Pagès (Hrsg.): Emile Zola – Die Dreyfus-Affäre; Artikel – Interviews – Briefe. Übersetzt und ergänzt von Karl Zieger. Innsbruck 1998, S. 113.
  145. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 147.
  146. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 118.
  147. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 119.
  148. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 116.
  149. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 148.
  150. Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Potsdam 2005, S. 42.
  151. Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Potsdam 2005, S. 41.
  152. Elke-Vera Kotowski, Julius H. Schoeps (Hrsg.): J’accuse…! …ich klage an! Zur Affäre Dreyfus. Eine Dokumentation. Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005. Hrsg. im Auftrag des Moses-Mendelssohn-Zentrum. Potsdam 2005, S. 42.
  153. Alain Pagès (Hrsg.): Emile Zola – Die Dreyfus-Affäre; Artikel – Interviews – Briefe. Übersetzt und ergänzt von Karl Zieger. Innsbruck 1998, S. 42–43.
  154. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 151.
  155. zitiert nach Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 152.
  156. Léon Blum: Beschwörung der Schatten. Die Affäre Dreyfus. Berlin 2005, S. 82.
  157. Alain Pagès (Hrsg.): Emile Zola – Die Dreyfus-Affäre; Artikel – Interviews – Briefe. Übersetzt und ergänzt von Karl Zieger. Innsbruck 1998, S. 34.
  158. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 152–153.
  159. Alain Pagès (Hrsg.): Emile Zola – Die Dreyfus-Affäre; Artikel – Interviews – Briefe. Übersetzt und ergänzt von Karl Zieger. Innsbruck 1998, S. 35.
  160. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 159–160.
  161. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 136.
  162. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 136 und S. 257.
  163. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 243.
  164. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 160–161.
  165. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 257.
  166. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 161.
  167. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 217.
  168. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 238 und S. 241.
  169. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 241.
  170. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 163.
  171. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 245.
  172. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 100–101.
  173. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 247.
  174. Paul Déroulède, zitiert nach: Vincent Duclert: L’Affaire Dreyfus. La Découverte, Paris 2006 (1. Auflage 1994), ISBN 2-7071-4793-1, S. 97.
  175. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 247.
  176. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 290.
  177. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 293.
  178. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 294.
  179. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 294.
  180. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 248.
  181. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 305.
  182. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 306.
  183. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 307–308.
  184. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 310.
  185. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 310.
  186. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 313.
  187. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 309.
  188. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 311.
  189. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 314.
  190. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 317.
  191. Maurice Barrès: Scènes et doctrines du nationalisme. Éditions du Trident, Paris 1987, S. 102. Im Original lautet das Zitat: Oh! qu'il me parut jeune d'abord, ce pauvre petit homme, qui chargé de tant de commentaires, s'avançait aved une prodigieuse rapigité. Nous ne sentîmes rien à cette minute qu'un mince flot de douleur qui entrait dans la salle. On jetait en pleine lumière une misérable guenille humaine.
  192. Léon Blum: Beschwörung der Schatten. Die Affäre Dreyfus. Berlin 2005, S. 15.
  193. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 174.
  194. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 170–173.
  195. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 322–323.
  196. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 174–175.
  197. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 177.
  198. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 178.
  199. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 178.
  200. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 183.
  201. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 183.
  202. Zitiert nach Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 184.
  203. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 185.
  204. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 185.
  205. Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair – Honour and Politics in the Belle Époque. Basingstoke 1999, S. 145–146.
  206. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 271.
  207. Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair – Honour and Politics in the Belle Époque. Basingstoke 1999, S. 147.
  208. Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair – Honour and Politics in the Belle Époque. Basingstoke 1999, S. 146.
  209. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 186.
  210. Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: „J’accuse!“ Zur Affäre Dreyfus. Mainz 1994, S. 138.
  211. Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair – Honour and Politics in the Belle Époque. Basingstoke 1999, S. 29.
  212. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 186–187.
  213. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 188.
  214. Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair – Honour and Politics in the Belle Époque. Basingstoke 1999, S. 148.
  215. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 411.
  216. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 189–190.
  217. Vincent Duclert: Biographie d’Alfred Dreyfus. 2006, S. 962.
  218. Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair – Honour and Politics in the Belle Époque. Basingstoke 1999, S. 149.
  219. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 360.
  220. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 360–361.
  221. Vincent Duclert: Biographie d’Alfred Dreyfus. 2006, S. 1009.
  222. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 374.
  223. Website zur Familie Esterházy, aufgerufen am 23. September 2011.
  224. Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair – Honour and Politics in the Belle Époque. Basingstoke 1999, S. 151.
  225. Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair – Honour and Politics in the Belle Époque. Basingstoke 1999, S. 152.
  226. Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair – Honour and Politics in the Belle Époque. Basingstoke 1999, S. 153.
  227. Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair – Honour and Politics in the Belle Époque. Basingstoke 1999, S. 152.
  228. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 574.
  229. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 378.
  230. Alfred Dreyfus: Fünf Jahre meines Lebens 1894–1899. Berlin 1901, zuletzt Berlin 2019.
  231. Julius H. Schoeps, Hermann Simon (Hrsg.): Dreyfus und die Folgen. Berlin 1995, S. 93.
  232. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 380–381.
  233. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 191.
  234. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 380.
  235. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 381.
  236. Leslie Derfler: The Dreyfus Affair. Westport, CT 2002, S. 7.
  237. Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: „J’accuse!“ Zur Affäre Dreyfus. Mainz 1994, S. 26.
  238. Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: „J’accuse!“ Zur Affäre Dreyfus. Mainz 1994, S. 8.
  239. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, 217.
  240. Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: „J’accuse!“ Zur Affäre Dreyfus. Mainz 1994, S. 18.
  241. Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: „J’accuse!“ Zur Affäre Dreyfus. Mainz 1994, S. 20.
  242. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 73.
  243. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 46 und S. 84–85.
  244. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 73–106.
  245. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 234.
  246. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 235.
  247. Vincent Duclert: L’affaire Dreyfus. Découverte, Paris 2006 (1. Auflage 1994), S. 5.
  248. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 236.
  249. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 237.
  250. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 237.
  251. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 240.
  252. Clemenceau zitiert nach Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 240.
  253. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 242.
  254. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 243.
  255. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 245.
  256. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 245f.
  257. Beate Gödde Schaumanns: Die helle Seite bleibt verborgen. Die deutsche Rezeption der Dreyfus-Affäre. In: Julius H. Schoeps, Hermann Simon (Hrsg.): Dreyfus und die Folgen. Berlin 1995, S. 92–117, hier: S. 94.
  258. Beate Gödde Schaumanns: Die helle Seite bleibt verborgen. Die deutsche Rezeption der Dreyfus-Affäre. In: Julius H. Schoeps, Hermann Simon (Hrsg.): Dreyfus und die Folgen. Berlin 1995, S. 92–117, hier: S. 95.
  259. Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Frankfurt 2009, S. 198.
  260. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 273–287.
  261. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 222.
  262. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 4–5.
  263. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 5.
  264. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 270.
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  270. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 227.
  271. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 230f.
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  276. Léon Blum: Beschwörung der Schatten. Die Affäre Dreyfus. Berlin 2005, S. 22.
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  278. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 267.
  279. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 267.
  280. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 224.
  281. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 225f.
  282. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 218f.
  283. Leslie Derfler: The Dreyfus Affair. Connecticut 2002, S. 19.
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  289. Leslie Derfler: The Dreyfus Affair. Westport, CT 2002, S. 23–24.
  290. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 65.
  291. James Brennan: The Reflection of the Dreyfus Affair in the European Press, 1897–1899. New York 1998, S. 6.
  292. James Brennan: The Reflection of the Dreyfus Affair in the European Press, 1897–1899. New York 1998, S. 12–13.
  293. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 261.
  294. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 268.
  295. Beate Gödde Schaumanns: Die helle Seite bleibt verborgen. Die deutsche Rezeption der Dreyfus-Affäre. In: Julius H. Schoeps, Hermann Simon (Hrsg.): Dreyfus und die Folgen. Berlin 1995, S. 92–117, hier: S. 99.
  296. Leslie Derfler: The Dreyfus Affair. Westport, CT 2002, S. 25–26.
  297. Leslie Derfler: The Dreyfus Affair. Westport, CT 2002, S. 26.
  298. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 248f.
  299. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 250.
  300. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 254.
  301. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 257.
  302. Clemenceau zitiert nach Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 259.
  303. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 260.
  304. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 264.
  305. Julius H. Schoeps, Hermann Simon (Hrsg.): Dreyfus und die Folgen. Berlin 1995, S. 11.
  306. Julius H. Schoeps, Hermann Simon (Hrsg.): Dreyfus und die Folgen. Berlin 1995, S. 12.
  307. Julius H. Schoeps, Hermann Simon (Hrsg.): Dreyfus und die Folgen. Berlin 1995, S. 22 und S. 25.
  308. Julius H. Schoeps, Hermann Simon (Hrsg.): Dreyfus und die Folgen. Berlin 1995, S. 27.
  309. Julius H. Schoeps, Hermann Simon (Hrsg.): Dreyfus und die Folgen. Berlin 1995, S. 24.
  310. Zitiert nach Julius H. Schoeps, Hermann Simon (Hrsg.): Dreyfus und die Folgen. Berlin 1995, S. 25.
  311. Frédéric Lavignette: Histoires d'une vengeance – L'Affaire Liabeuf. Fage éditions, Lyon 2011, ISBN 978-2-84975-205-0, S. Monografie.
  312. Michel Abitbol: Histoire des juifs. In: Marguerite de Marcillac (Hrsg.): Collection tempus. 2. Auflage. Nr. 663. Éditions Perrin, Paris 2016, ISBN 978-2-262-06807-3, S. 606–618.
  313. James Brennan: The Reflection of the Dreyfus Affair in the European Press, 1897–1899. New York 1998, S. 1.
  314. James Brennan: The Reflection of the Dreyfus Affair in the European Press, 1897–1899. New York 1998, S. 20.
  315. Jósef Kosian: Die Macht der Medien. In: Julius H. Schoeps, Hermann Simon (Hrsg.): Dreyfus und die Folgen. Berlin 1995, S. 315.
  316. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 265.
  317. James Brennan: The Reflection of the Dreyfus Affair in the European Press, 1897–1899. New York 1998, S. 22–23.
  318. James Brennan: The Reflection of the Dreyfus Affair in the European Press, 1897–1899. New York 1998, S. 2.
  319. James Brennan: The Reflection of the Dreyfus Affair in the European Press, 1897–1899. New York 1998, S. 24.
  320. James Brennan: The Reflection of the Dreyfus Affair in the European Press, 1897–1899. New York 1998, S. 32.
  321. James Brennan: The Reflection of the Dreyfus Affair in the European Press, 1897–1899. New York 1998, S. 25.
  322. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 216.
  323. Zola zitiert nach Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 270.
  324. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 266.
  325. Léon Blum: Beschwörung der Schatten. Die Affäre Dreyfus. Berlin 2005, S. 55.
  326. Hannah Arendt: Die Dreyfus-Affäre und folgende Kapitel. In: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. München 2005, S. 212–272, hier: S. 213.
  327. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 5.
  328. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 135–136.
  329. Andreas Fahrmeir: George R. Whyte: The Dreyfus Affair. In: Sehepunkte. Rezensionsjournal der Geschichtswissenschaften, 6/2006, Nr. 10.
  330. Pourvu que le débat ait vraiment lieu! Vincent Duclert et la „Gauche devant l’histoire“.
  331. Deutsch zuerst Rhein-Verlag, Basel 1927; erneut in: Frauke Rother, Klaus Möckel (Hrsg.): Französische Erzähler aus 7 Jahrhunderten. Übers. Hannelore Jubisch. 2. Auflage. Verlag Volk und Welt, Berlin 1985, S. 68–115.
  332. Sander L. Gilman: Dreyfusens Körper – Kafkas Angst. In: Julius H. Schoeps, Hermann Simon (Hrsg.): Dreyfus und die Folgen. Berlin 1995, S. 212–233.
  333. Umberto Eco: Der Friedhof in Prag. Deutsch von Burkhart Kroeber. Carl Hanser, München 2011.
  334. Robert Harris: Intrige. Übersetzung aus dem Englischen von Wolfgang Müller. München 2013 (Originaltitel: An Officer and a Spy).
  335. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 423.
  336. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 429.
  337. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 429.
  338. Stan Schneider: ...trotzdem! Anmerkungen zu Karl Fruchtmanns neuestem Film. Interview in: Frankfurter Jüdische Nachrichten, September 1989, S. 47–49
  339. George Whyte: Die Dreyfus-Affäre. Die Macht des Vorurteils. Frankfurt am Main 2010, S. 421.

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