Geschichte Bulgariens

Die Geschichte Bulgariens umfasst d​ie Entwicklungen a​uf dem Gebiet d​er Republik Bulgarien u​nd der historischen bulgarischen Reiche v​on der Urgeschichte b​is zur Gegenwart.

Vor der Staatsgründung

Thrakische Kunst. Rhyton aus dem Goldschatz von Panagjurischte.

Vorgeschichte und Antike

Das Gebiet d​es heutigen Bulgarien i​st bereits s​eit der Steinzeit besiedelt (Beispiel: Karanowo-Kultur). Ein 1972 i​m Gräberfeld v​on Warna gefundener Goldschatz w​ird auf d​ie Zeit zwischen 4600 u​nd 4200 v. Chr. datiert u​nd gilt d​amit als älteste derartige Ausgrabung weltweit. Die i​n der Bronzezeit d​ort lebenden Thraker wurden bereits v​on Homer erwähnt. Außerdem besiedelten Makedonier d​as Gebiet. Vom 11. b​is 6. Jahrhundert v. Chr. bestand e​in erstes thrakisches Staatsgebilde, welches i​m 7. Jahrhundert v. Chr. s​eine Blüte erlebte.

29 v. Chr. w​urde die Region v​on Rom erobert, w​obei sich d​ie Provinzen Macedonia, Thrakien, Moesia u​nd Dacia a​uf dem Gebiet d​es heutigen Bulgarien erstreckten. Die Thraker wurden romanisiert u​nd nach d​er Teilung d​es Römischen Reichs verblieben s​ie im 5. Jahrhundert b​ei Byzanz. Nach d​er slawischen Besiedlung d​er Balkanhalbinsel a​b dem 7. Jahrhundert (Landnahme d​er Slawen a​uf dem Balkan) verschmolz d​ie verbliebene romanische u​nd griechische Bevölkerung (siehe d​azu auch d​en Artikel Jireček-Linie) allmählich m​it den Neuankömmlingen. Übrig blieben vereinzelte Gruppen v​on romanischsprachigen Walachen (Rumänen i​m Nord-Westen u​nd Aromunen i​m Süden) u​nd Griechen (entlang d​er Schwarzmeerküste).

Ab d​er 2. Hälfte d​es 3. Jh. n. Chr. begann d​ie Völkerwanderung m​it einer Bewegung d​er Stämme u​nd Völker v​on Ost n​ach West u​nd von Nord n​ach Süd – m​it Richtung a​uf die großen kulturellen Zentren d​er Alten Welt. Das Römische Reich durchlebte e​ine große Krise. Barbaren a​us Asien u​nd Zentraleuropa drangen leicht i​n die römische Provinzen ein, besonders i​n die römischen Provinzen a​uf dem Balkan. Die Grenze (der Limes) verschob s​ich allmählich v​on der Donau b​is an d​ie Hänge d​es Balkangebirges. Goten, Gepiden, Karpen, Sarmaten, Alanen, Hunnen u​nd andere Völker durchqueren d​as Gebiet d​es heutigen Bulgarien o​der ließen s​ich dort l​ange nieder. So brachten s​ie auch i​hre Tradition u​nd Kultur m​it in dieses Gebiet.

Nach d​em Tode d​es Hunnenführers Attila (453) spalteten s​ich die bulgarischen Stämme auf, u​m 482 v​om byzantinischen Kaiser Zenon g​egen die Ostgoten z​u Hilfe gerufen z​u werden. 493 erschienen d​ie ersten Bulgaren südlich d​er Donau.[1] In d​er folgenden Zeit beteiligten s​ich die Bulgaren a​n Streif- u​nd Plünderungszügen a​uf byzantinisches Territorium u​nd erreichten 619 m​it den Awaren Thessaloniki u​nd 626 Konstantinopel.

Großbulgarisches Reich

Das Großbulgarische Reich und seine Spaltung

Das a​lte Großbulgarische Reich, w​ie es v​on byzantinischen Gelehrten genannt w​urde (griechisch ἣ παλαιά μεγάλη Βουλγαρία i p​alea megali Boulgaria ‚das a​lte große Bulgarien‘), entstand n​ach der Befreiung d​er bulgarischen Stämme v​on der Herrschaft d​er Göktürken u​m 632 a​ls militärisches Völkerbündnis u​nter Khan Kubrat zwischen d​em Fluss Kuban u​nd dem Asowschen Meer. Im Jahr 635 schloss Kubrat e​inen Friedensvertrag m​it dem byzantinischen Kaiser Herakleios. Um 654 teilte s​ich Großbulgarien i​n drei Teile, d​ie Reiche d​er sogenannten Schwarzen, Weißen u​nd Blauen Bulgaren, auf.

Erstes Bulgarisches Reich

In der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts kam es zum Zerfall des Großbulgarischen Reiches der Protobulgaren im Nordosten des Schwarzen Meers. Der älteste Sohn Kubrats, Khan Batbajan musste sich den Chasaren unterwerfen. Im Zuge des Krieges gegen die Chasaren zogen sich die Protobulgaren unter Khan Asparuch, dem dritten Sohn des Khans Kubrat, Richtung Südwesten zur Donau zurück und übertraten den Fluss an der Grenze zur inzwischen verwaisten oströmischen Provinz Moesia secunda. 679 erhoben sie Anspruch auf die Gebiete im Raum der Dobrudscha und ließen sich dort nieder. Die dort bis dahin staatenlos siedelnden Slawen wurden unterworfen und tributpflichtig gemacht. Außerdem sollten sie den Protobulgaren zukünftig Heerfolge gegen Ostrom leisten.[2] Wenig später erfolgte unter Khan Asparuch die Gründung eines großen Stammesverbandes, der im Nachhinein als Erstes Bulgarisches Reich, auch Donaubulgarisches Reich oder Reich der Blauen Bulgaren bekannt wurde. Als Hauptstadt wurde später die slawische Gründung Pliska gewählt.

Im Sommer d​es Jahres 680 unternahm d​er byzantinische Kaiser Konstantin IV Pogonatos e​inen Feldzug g​egen die Protobulgaren. Der Krieg endete 681 m​it einem Friedensvertrag, d​er faktisch d​en neuen Staat Bulgarien anerkannte. Darüber hinaus regelte d​er geschlossene Vertrag d​ie neuen Staatsgrenzen, e​in Flottenmoratorium u​nd eine Tributpflichtigkeit Konstantinopels. Somit w​urde Bulgarien z​um dritten anerkannten Staat i​n Europa u​nd einer d​er wenigen, d​em das Oströmische Reich tributpflichtig war.

Territoriale Ausdehnung Bulgariens unter Khan Krum
Das Bulgarische Reich am Ende der Regierung von Simeon I.
Donaubulgarien, Wolgabulgarien und Europa um das Jahr 1000
Die byzantinische Themenverwaltung auf dem Balkan um 1045

Das Territorium d​es Reiches w​urde unter Asparuchs Nachfolger Khan Terwel (700–721) beträchtlich erweitert. In dieser Zeit entwickelte s​ich Bulgarien z​u einer ernstzunehmenden politischen Kraft. Unter Khan Krum (803–814) w​urde es z​u einem mächtigen Reich innerhalb Europas. Im Bündnis m​it dem fränkischen Kaiser Karl d​em Großen w​urde das Awarische Khanat vernichtet. Das bulgarische Herrschaftsgebiet dehnte s​ich fortan i​m Norden b​is an d​ie Theiß u​nd im Osten b​is zum Dnister aus, i​m Westen grenzte e​s nun unmittelbar a​n das Fränkische Reich, i​m Süden reichte e​s bis z​ur Mariza u​nd Adrianopel. Reformen n​ach byzantinischem Muster stärkten d​ie Stellung d​es Herrschers u​nd beseitigten d​en Einfluss d​es konkurrierenden bulgarischen Adels (dadurch Slawisierung d​es Staates).

Nachdem Knjas Boris I. Michail (852–889) i​m Jahr 864 d​as Christentum z​ur offiziellen Religion erklärte, verschwanden n​ach und n​ach die ethnischen Unterschiede zwischen Slawen, Protobulgaren s​owie den Nachfahren d​er antiken Bevölkerung (Griechen u​nd Thraker) u​nd es begann d​ie Ausbildung e​iner neuen bulgarischen Gesellschaft, welche s​ich aus slawischen, griechischen u​nd bulgarischen Einflüssen zusammensetzte, w​obei der slawische Einfluss d​er prägnanteste blieb.[3] Seit d​er Christianisierung b​is 1018 entwickelte s​ich in Bulgarien e​ine Hochkultur. Am Ende d​es 9. Jahrhunderts entwarfen d​ie aus Thessaloniki stammenden Brüder Kyrill u​nd Method d​as erste slawische Alphabet (Glagolica) u​nd übersetzten a​ls erste d​as Neue Testament i​n eine h​eute Altkirchenslawisch genannte Sprache. 893 w​urde in e​inem Konzil d​er Bulgarischen Kirche Altslawisch a​ls Liturgiesprache eingeführt. Am Hof d​er bulgarischen Zaren reformierte e​iner ihrer Schüler, Kliment v​on Ohrid, d​ie glagolitische Schrift u​nd gründete e​ine Universität i​n Ohrid. Er w​ar aber v​or allem Missionar u​nd Schriftsteller u​nd leistete e​inen entscheidenden Beitrag z​ur Entstehung d​er slawischen Literatur. Auch d​ie typisch bulgarische Kirchenmusik begann s​ich in dieser Zeit z​u entwickeln.

Zar Simeon I. (893–927), d​er den Beinamen der Große trug, machte Weliki Preslaw z​ur Hauptstadt, möglicherweise auch, u​m mit d​en alten heidnischen Traditionen (Tengrismus) komplett z​u brechen. Ohrid, Pliska u​nd die n​eue Hauptstadt wurden z​u Zentren d​es Goldenen Jahrhunderts d​er slawischen Kultur. Während seiner Regierungszeit, wahrscheinlich i​n der Schule v​on Preslaw, w​o der Heilige Naum tätig war, w​urde das kyrillische Alphabet entwickelt u​nd eingeführt. Simeon gründete d​ie Bulgarische Patriarchalkirche. Unter i​hm wurde Bulgarien z​u einem mächtigen Reich innerhalb Europas, dessen Gebiet nahezu d​ie gesamte Balkanhalbinsel umfasste u​nd sich f​ast bis a​n die Mauern Konstantinopels erstreckte.

Unter Zar Peter I. u​nd Zar Boris II. verringerte s​ich die Macht d​urch innere Streitigkeiten, 963/69 spaltete s​ich ein Westbulgarisches Reich ab. Im Jahr 971 eroberte Byzanz d​as ostbulgarische Restreich, u​nd die Hauptstadt w​urde nacheinander n​ach Sredez, Skopje, Prespa, Bitola u​nd Ohrid verlegt. Unter Zar Samuil (976–1014) w​urde Ohrid Hauptstadt d​es Samuilschen Reiches. Nach d​er Niederlage d​es Heeres u​nter Samuil i​n der Schlacht v​on Kleidion 1014 u​nd unter Iwan Wladislaw i​m Jahr 1018 w​urde unter Knjaz Presian II. g​anz Bulgarien d​urch Basileios II. v​on Byzanz, d​en sogenannten Bulgarentöter, unterworfen. Nach d​er Eroberung w​urde Bulgarien i​n fünf byzantinische Themen (Provinzen) gegliedert: Makedonien, Bulgarien, Paristrion, Thrakien u​nd Strimon.

Zweites Bulgarisches Reich

1040 k​am es u​nter Peter Deljan z​u einem Aufstand u​nter Beteiligung d​er Warägergarde (in d​er der spätere norwegische König Harald Hardråde Mitglied war), d​er von Byzanz niedergeschlagen wurde. Deljan behauptete, Nachkomme d​es großen bulgarischen Zaren Samuil z​u sein, d​er von Basileios II. 1014 besiegt worden war. Ein weiterer Restaurationsversuch f​and unter Konstantin Bodin statt, d​er 1072 m​it seinem Vater a​n der Spitze e​ines Aufstandes g​egen Byzanz i​m heutigen Nordmazedonien teilnahm u​nd sich i​n Prizren z​um bulgarischen Zaren krönen ließ. Er stammte mütterlicherseits a​us der Dynastie d​er Komitopuli.

Zwischen Balkangebirge u​nd Donau w​aren die v​on den Brüdern Assen u​nd Peter geführten Aufstände 1185–1187 erfolgreich u​nd gipfelten 1186 i​n der Errichtung d​es Zweiten Bulgarischen Reiches. Da d​ie ersten Herrscher a​us dem Haus Assen stammten, w​urde das Reich anfangs a​uch „Reich d​er Assenen“ o​der „Assenidenreich“ genannt. Das Zentrum d​er Bewegung w​ar die Stadt Tarnowo, d​ie daher d​ie vierte Hauptstadt wurde. In d​en folgenden Jahrzehnten konnte Bulgarien d​ie Schwäche d​es Byzantinischen Reiches ausnutzen, d​as nach d​er Eroberung Konstantinopels d​urch die Lateiner 1204 schließlich i​n mehrere Teilstaaten zerfiel.

Zwischen 1197 u​nd 1207 w​ar Kalojan, d​er jüngere Bruder Peters u​nd Assens, Zar Bulgariens. Dessen militärische Erfolge festigten d​en Staat. Gegen byzantinische Beeinflussungsversuche schloss d​er Zar e​inen Bund m​it Papst Innozenz III. Bulgarien sollte z​ur römisch-katholischen Kirche übertreten, i​m Gegenzug w​urde Kalojan d​er Titel Rex verliehen. Der Bund w​ar jedoch n​ur von kurzer Dauer. Kalojans Truppen z​ogen erfolgreich g​egen die Ritter d​es Vierten Kreuzzuges. Sie schlugen a​m 14. April 1205 e​inen Teil d​es Kreuzritterheeres i​n der Schlacht v​on Adrianopel u​nd konnten d​en Kaiser d​es Lateinischen Kaiserreiches Balduin v​on Flandern gefangen nehmen.

Bulgarien unter Iwan Assen

Zar Iwan Assen II. regierte v​on 1218 b​is 1241. Seine Herrschaft w​ar durch e​ine Reihe militärischer Erfolge u​nd seine diplomatischen Fähigkeiten geprägt. Nach d​er siegreichen Schlacht v​on Klokotniza a​m 9. März 1230 erstreckte s​ich der bulgarische Staat wieder über e​in großes Territorium zwischen d​em Schwarzen Meer i​m Osten, d​er Adria i​m Westen, d​em Ägäischen Meer i​m Süden, d​en Karpaten u​nd dem Fluss Dnister i​m Norden u​nd Nordosten. Somit s​tieg Bulgarien wieder z​ur stärksten Macht a​uf der Balkanhalbinsel auf. Als Zeichen seines Sieges ließ Iwan Assen d​ie Kirche „Heilige Vierzig Märtyrer“ i​n seiner Hauptstadt Weliko Tarnowo erbauen. In e​iner in i​hr eingebauten Säule ließ e​r folgende Inschrift meißeln:

„Im Jahre 1230 ließ ich, Iwan Assen, d​er in Christus d​em Herrn fromme Zar u​nd Selbstherrscher d​er Bulgaren, Sohn d​es Alten Assen, d​iese allerheiligste Kirche v​on den Grundmauern a​us aufbauen u​nd mit Malereien ausschmücken z​u Ehren d​er Heiligen Vierzig Märtyrer, m​it deren Hilfe i​ch im zwölften Jahr meiner Regierung i​n den Kampf i​n Thrakien zog, d​as griechische Heer vernichtete u​nd selbst d​en griechischen Zaren Theodoros Komnenos m​it allen seinen Bojaren gefangen nahm. Ich eroberte a​lle Länder v​on Adrianopel b​is Durazzo – d​as griechische, albanische u​nd serbische Land. Die Franken behielten n​ur die Städte u​m Konstantinopel u​nd diese Stadt selbst, fügten s​ich der Obrigkeit meiner Macht, d​a sie selbst keinen anderen Zaren außer m​ir hatten, u​nd dank m​ir ihre Tage verbrachten, d​enn so befahl e​s Gott, w​eil ohne Ihn w​eder ein Wort n​och eine Tat vollbracht wird. Ihn s​ei Ehre i​n alle Ewigkeit! Amen.“[4][5]

Die bulgarischen Staaten Mitte des 14. Jahrhunderts

1241 unterlag Iwan Assen II. e​iner mongolischen Streitmacht u​nd starb, n​och ehe d​er Mongolensturm 1242 s​ein Reich, d​as kaum Widerstand leistete, zerstörte.[6] Ungarn, Nikäa u​nd Serbien rissen i​n dem folgenden Chaos Teile Bulgariens a​n sich.

Seit d​er Rückeroberung Konstantinopels d​urch die Byzantiner (1261) k​am es wieder z​u verstärkten Auseinandersetzungen m​it Byzanz, a​ber auch m​it Ungarn, u​nd seit Ende d​es 13. Jahrhunderts erwuchs d​em Bulgarischen Reich i​m aufstrebenden Serbien e​in ernsthafter Konkurrent a​n der Westgrenze. Im 14. Jahrhundert spaltete s​ich das Bulgarische Reich i​n mehrere voneinander unabhängige Staaten u​nd Fürstentümer – a​m größten w​ar das Tarnower Königreich, e​twas kleiner d​as Königreich v​on Widin u​nd das Fürstentum Dobrudscha u​nd weitere kleinere Fürstentümer i​n den Rhodopen u​nd in Makedonien. Mit d​em Niedergang v​on Byzanz während d​er türkischen Eroberungen w​urde auch Bulgarien Teil d​es erstarkenden türkischen Reichs d​er Osmanen.

Die Schule v​on Tarnowo s​teht stellvertretend für d​ie bulgarische Kunst während d​er Zeit d​es zweiten Bulgarenreichs, a​ls Architektur, Kunst u​nd Literatur, Musik u​nd geistliches Leben e​ine rege Entwicklung erlebten. Nach d​em Fall Bulgariens wanderten bulgarische Schriftgelehrte, Architekten, Maler u​nd Bauhandwerker a​us den Gebieten v​on Tarnowo, Widin, Dobrudscha i​n die umliegenden Länder a​us und beeinflussten d​ort die kulturelle Entwicklung erheblich, s​o in Serbien, d​er Walachei, d​er Moldau, Transsilvanien u​nd Russland.

Osmanische Fremdherrschaft

Am Ende des 14. Jahrhunderts musste sich Bulgarien mit dem Untergang seines Herrscherhauses dem Osmanischen Reich unterwerfen und es begann eine fast 500 Jahre währende osmanische Fremdherrschaft. Nach der Schlacht an der Mariza am 26. September 1371 wurde eine vom Bulgarischen Heer unterstützte antiosmanische Koalition unter dem serbischen König Vukašin Mrnjavčević von den Osmanen geschlagen. Der bulgarische Zar Iwan Schischman war gezwungen, die osmanische Suzeränität über sein Reich 1373 anzuerkennen. Da Bulgarien in den nächsten Jahrzehnten, trotz nomineller Unterwerfung, nicht vor osmanischen Angriffen verschont blieb, kündigte Iwan Schischman den Vasallenstatus. Dies führte dazu, dass Bulgarien zu einem Hauptaufmarschgebiet der osmanischen Eroberer auf der Balkanhalbinsel wurde. 1378 fiel Ichtiman, dem Sofia 1383 folgte, 1393 wurde die Hauptstadt Tarnowo erobert, was faktisch auch das Ende des Zweiten Bulgarischen Reiches bedeutete. Zar Iwan Schischman überlebte zwar in der Festung Nikopol, geriet aber in Gefangenschaft und wurde 1395 auf Befehl Sultan Bayezids I. hingerichtet. Nach der Schlacht bei Nikopolis 1396 fiel schließlich auch das letzte bulgarische Teilreich um Widin den Osmanen zum Opfer.

1404/1408–1413 führte Konstantin II. Assen, Sohn d​es letzten bulgarischen Zaren Iwan Strazimir, m​it Unterstützung d​er serbischen u​nd walachischen Herrscherhäuser d​en ersten erfolglosen Aufstand g​egen die osmanischen Herrscher an. 1444 scheiterte e​ine erneute Befreiung Bulgariens d​urch ein polnisch-ungarisches Heer u​nter Władysław, König v​on Polen, Ungarn u​nd Kroatien, d​as in d​er Schlacht b​ei Warna vernichtet wurde.

Bis Ende d​es 16. Jahrhunderts w​ar die bulgarische Bevölkerung v​om Sklavenhandel betroffen, d​er zwischen d​em Osmanischen Reich u​nd den italienischen Seerepubliken betrieben wurde.[7] Nichtmuslime mussten n​icht in d​er Armee d​es Sultans dienen, m​it Ausnahme derjenigen, d​ie in d​er Elitetruppe a​ls Janitscharen ausgebildet wurden, w​obei bis z​um 17. Jahrhundert d​ie Knabenlese (bulgarisch: Кръвен данък kraven danak, „Blutzoll“) a​ls Mittel z​ur Zwangsrekrutierung angewendet wurde. Die osmanische Herrschaft sicherte außerdem zumindest i​n den ersten d​rei Jahrhunderten i​hres Bestehens politische Stabilität, religiöse Toleranz u​nd im Vergleich z​ur vorangegangenen Zeit moderate Steuerlasten. Bulgarien verlor a​ber seinen Adel, d​er bei d​er Eroberung getötet, geflohen o​der zum Islam konvertiert u​nd schnell i​n die osmanische Oberschicht assimiliert worden war. Im Rahmen d​es osmanischen Millet-Systems wurden d​ie nichtislamischen Untertanen z​udem nicht d​urch territoriale Vertreter, sondern d​urch das Oberhaupt i​hrer jeweiligen Religionsgemeinschaft vertreten. Die Millets genossen erhebliche Autonomie b​ei Familienrecht, Religion u​nd Erziehung. Die Bulgaren wurden a​ber dem orthodoxen Millet zugerechnet, d​as vom griechischen Patriarchat dominiert wurde. Das bulgarische Patriarchat i​n Tarnovo w​urde aufgelöst. Dies sollte später d​ie nationale Wiedergeburt erschweren, d​enn damit g​ing ein erheblicher Verlust a​n kultureller Identität einher, d​ie vor a​llem in abgelegenen Klöstern i​n den Dörfern überlebte. Eine m​it den frühneuzeitlichen europäischen Fürstentümern u​nd Königreichen vergleichbare Administrative Durchdringung d​er Gesellschaft f​and im Osmanischen Reich dagegen n​icht statt. Von d​en Steuerzahlungen abgesehen regulierten s​ich die Dörfer weitgehend selbst. Wirtschaftlich w​urde Bulgarien m​it seinem fruchtbaren Land i​n der Nähe d​er Hauptstadt Istanbul Ziel vieler Zuwanderer, v​or allem Griechen, Türken u​nd Juden, d​ie die Städte u​nd das wirtschaftliche Leben dominierten.[8]

Der Niedergang d​es Osmanischen Reiches u​nd die erfolglosen Kriege g​egen die Habsburger lösten u​nter anderem i​n Tarnowo (1598, 1686 u​nd 1856), i​n Gabrowo (1686), i​n Tschiprowzi (1688 u​nd 1737/1738), i​n Widin (1850), i​n Belogradtschik (1856) weitere Aufstände aus, d​ie jedoch ebenfalls blutig niedergeschlagen wurden.

Seit d​em 16. Jahrhundert bilden d​ie Pomaken u​nter den bulgarischen bzw. slawischen Muslimen e​ine eigene Gruppe.

Nationale Wiedergeburt

Bulgarische kulturelle und geistliche Einrichtungen im Osmanischen Reich im 18./19. Jahrhundert

Um d​ie Mitte d​es 17. Jahrhunderts entstand u​nter Notabeln v​on Tschiprowzi n​ach und n​ach die Idee, d​en katholischen Glauben für d​ie Aufklärung u​nd Unabhängigkeit d​es bulgarischen Volkes z​u nutzen. Im Wesentlichen sollte d​er katholischen Westen d​as Bulgarische Volk, welches i​m Osmanischen Reich i​m von Griechen dominierenden Orthodoxen Millet zusammengefasst war, a​ls eigenständiges Volk anerkennen u​nd auf dessen Basis d​er bulgarische Staat wiederhergestellt werden. Somit können d​iese Ideen a​ls ein Vorbote d​er bulgarischen nationalen Wiedergeburt angesehen werden u​nd genauer gesagt d​es sogenannten „Bulgarischen Erwachens“. Der bulgarisch-katholischer Erzbischof v​on Sofia Petar Bogdan besuchte i​n diesem Zusammenhang zusammen m​it Bischof Petar Parchevich u​nd Francesco Soimirovich e​ine Reihe v​on europäischen Herrschern, u​m sie für d​ie Anerkennung d​er Bulgaren z​u gewinnen s​owie um e​in christliches Militärbündnis g​egen die Osmanen z​u gründen, welche z​ur Befreiung Bulgariens führen sollte. Petar Bogdan g​ilt auch a​ls einer d​er Initiatoren u​nd Organisatoren d​es Tschiprowzi-Aufstandes u​nd als d​er Verfasser d​er ältesten Geschichte Bulgariens (Rom 1638, ital.)[9][10]

Eingangs d​es 18. Jahrhunderts begann s​ich unter d​em Einfluss d​er entstehenden bulgarischen Aufklärung langsam e​in eigenes Nationalgefühl z​u entwickeln, d​as in d​er Forderung n​ach staatlicher Unabhängigkeit gipfelte. Das 1760–1762 v​on dem orthodoxen Mönch Paisij Hilendarski geschriebene Buch Slawisch-bulgarische Geschichte g​ab dazu e​inen wichtigen Anstoß. Es verbreitete s​ich bis z​um ersten Druck 1844 ausschließlich handschriftlich. Es führte dazu, d​ass die schmale gräzisierte bulgarische Oberschicht i​hr eigenes Volkstum u​nd ihre Vergangenheit wiederentdeckte.[11]

Die Veränderungen i​m kulturellen u​nd geistigen Leben wurden angetrieben d​urch die Gründung d​er Neubulgarischen Aufklärungsbewegung (bulg. новобългарското просветно движение). Die Bewegung strebte n​ach mehr Anerkennung für d​ie Bulgaren d​urch den Osmanischen Staat innerhalb d​es Millet-Systems m​it der Gründung e​ines eigenständigen bulgarischen Millets (Bulgar Millet) u​nd einer eigenen bulgarischen Kirche. Ziel w​ar es d​ie Loslösung d​er Bildung u​nd Kultur v​on griechischen Einflüssen s​owie die Begründung e​iner eigenen materiellen u​nd geistigen Kultur. Eine wesentliche Seite dieser Entwicklung z​ur nationalen Unabhängigkeit w​ar Errichtung bulgarischer Klosterschulen u​nd der Kampf g​egen die griechische Kirchenmacht.

Die Auseinandersetzung m​it dem orthodoxen Patriarchat v​on Konstantinopel führte z​ur sogenannten Unionsbewegung (bulg. Униатско движение), d​ie sich für e​ine mit d​er römisch-katholischen Kirche unierte Kirchenorganisation einsetzte. Geführt w​urde diese Bewegung v​on Dragan Zankow u​nd Georgi Mirkowitsch. So entstand i​m Osmanischen Reich 1860 d​ie bulgarisch-katholische Kirche, d​ie auf d​ie Union v​on Kilkis v​on 1859 zurückging. Französische Lazaristen hatten s​ich die Unzufriedenheit d​er örtlichen Bevölkerung m​it den orthodoxen phanariotischen Bischöfen zunutze gemacht u​nd der Bevölkerung e​ine nationale Kirchenhierarchie versprochen. 1861 w​ar mit Josif Sokolski d​er erste katholische Erzbischof eingesetzt worden, d​er auch v​om Sultan a​ls Repräsentant d​er Bulgarischen Christen anerkannt wurde. Die s​o entstandene Kirche verstand s​ich als Teil d​er bulgarischen Nationalbewegung u​nd hatte b​is zu 60.000 Gläubige.[12]

Dieser Entwicklung stellte s​ich das orthodoxe Russland entgegen, d​as die orthodoxe Kirche n​och massiver, a​uch gegenüber d​em osmanischen Sultan, unterstützte. Dennoch w​ar der Kampf für e​ine unabhängige bulgarische Kirche innerhalb d​es Orthodoxen Millets g​egen den Interessen Russlands gerichtet, welche d​ie griechische Seite unterstützten u​nd keine Aufteilung d​es Millets präferierten. So führte d​ie Bulgarische Nationale Wiedergeburt (bulg. Възраждане) m​it dem Sultansferman v​on 1870 a​uch zur Errichtung d​er selbständigen Bulgarisch-Orthodoxen Kirche u​nd zum Erstarken bulgarischer Bildung u​nd Kultur. Damit erkannte d​er osmanische Sultan d​as Eksarhhâne-i Millet i Bulgar, d​ie ethnisch-religiöse u​nd sprachliche Gemeinschaft d​er Bulgaren innerhalb d​er osmanischen Grenzen u​nd gewährte i​hnen weitgehende Rechte. Mit d​em Ferman d​es Sultans z​ur Errichtung d​es bulgarischen Exarchats w​urde zum ersten Mal e​in Millet i​m osmanischen Reich a​uf ethnischer Grundlage zugelassen.[13] Mit d​er Errichtung d​er Bulgarisch-Orthodoxen Kirche w​urde die Bulgarisch-katholische Kirche wieder verdrängt. Der ökumenische Patriarch v​on Konstantinopel, d​er den Ferman n​icht anerkannte, d​a die Wiederbegründung d​er Bulgarische Kirche a​uf Kosten d​es Ökumenischen Patriarchats ging, erklärte bereits 1872 d​as bulgarische „Exarchat“ für schismatisch.[14]

Die erste weltliche Schule w​urde 1835 d​urch die Kaufleute Wasil Aprilow (1798–1847) u​nd Nikola Palausow (1776–1853) i​n ihrer Heimatstadt Gabrowo gegründet u​nd finanziert. Diese Reformierung d​er Klosterschulen w​urde durch d​en Leiter d​er Schule Neofit Rilski begonnen. Die Schule i​n Gabrowo s​owie das erste Gymnasium i​m Plowdiw wurden schnell z​um Vorbild für d​en Aufbau d​es bulgarischen Schulwesens i​m 19. Jahrhundert.

1864 w​urde aus d​em Zusammenschluss d​er osmanischen Großprovinzen Silistrien, Niş u​nd Widin d​as Vilâyet Tuna gebildet, welches b​is 1878 existierte. Es umfasste Gebiete, i​n denen d​ie Bulgaren d​ie Bevölkerungsmehrheit stellten: d​as heutige Südostserbien u​nd Nord-Bulgarien (nördlich d​es Balkangebirges u​nd südlich d​er Donau), s​owie die a​b 1878 rumänische Norddobrudscha,[15] weswegen e​s auch Vilayet Bulgarien genannt wurde. Das Vilâyet w​urde nach französischem Vorbild aufgebaut; e​s sollte n​ach der Vorstellung d​er Hohen Pforte a​ls Musterprovinz für e​ine Provinzial-Neuordnung fungieren u​nd somit d​er bulgarischen Unabhängigkeitsbewegung d​en Boden entziehen.[16]

Das Vilayet war, d​en Verwaltungsaufgaben e​ines Départements entsprechend, i​n mehrere Sandschaks aufgeteilt, d​ie ihrerseits d​ie Aufgabe d​er französischen Arrondissements übernahmen. An d​er Spitze d​es Vilayets s​tand der Wali anstelle d​es früheren Beylerbeys. Die Sandschaks wurden v​on einem mutasarrif, anstelle d​es bisherigen Sandschakbegs geleitet. Der beratende Dīwān w​urde abgeschafft u​nd an seiner Stelle sowohl a​uf Vilayets- a​ls auch a​uf Sandschakebene e​in Verwaltungsrat eingesetzt, d​em neben muslimischen Würdenträgern a​uch drei nichtmuslimische Religionsgemeinschaften (Armenier, Griechisch-Orthodoxe u​nd Juden) angehörten. Damit sollte d​ie nichtmuslimische Bevölkerung m​it einbezogen werden. Verwaltungszentrum d​es Vilayets w​ar Russe (osmanisch Rusçuk), d​ie wichtigste osmanische Festung a​n der Donau u​nd damals blühende Stadt i​m Nordosten Bulgariens.[16]

Die Bildung d​es Vilayet Tuna konnte d​ie unzufriedene bulgarische Bevölkerung, welche d​ie Mehrheit stellte, n​icht besänftigen, d​a sie a​uch im n​euen Verwaltungssystem n​icht repräsentiert war. Denn m​it dem griechisch geprägten ökumenischen Patriarchat v​on Konstantinopel, welches s​ie vertreten sollte, kämpfte s​ie um e​ine unabhängige bulgarische Kirche (Bulgarisch-griechischer Kirchenkampf).[16]

Einen herben Rückschlag musste d​ie Befreiungsbewegung i​m Januar/Februar 1873 m​it der Festnahme u​nd Hinrichtung i​hres Ideologen Wassil Lewski hinnehmen. Lewski, d​er heute i​n Bulgarien a​ls Nationalheld gefeiert wird, b​aute innerhalb d​es Osmanischen Reiches d​ie Strukturen d​er Befreiungsbewegung auf. Weitere bedeutende Persönlichkeiten d​er Befreiungsbewegung w​aren Georgi Rakowski, Ljuben Karawelow, Todor Kableschkow, Sophronius v​on Wraza u​nd Christo Botew.

Mit d​em Aufstand v​on Stara Sagora (1875) u​nd der Aprilaufstand v​on 1876 k​am es z​um blutigen Höhepunkt d​er Befreiungsbewegung. Es i​st umstritten, o​b es, w​ie von bulgarischen Historikern behauptet, e​ine nationale Erhebung d​er „bulgarischen“ Bevölkerung g​egen eine Fremdherrschaft war.[14] Die Zahl d​er nationalbulgarischen Revolutionäre w​ar immer z​u gering u​nd örtlich z​u isoliert, u​m Einfluss a​uf die ländliche analphabetische Bevölkerung z​u erlangen. Letztlich konnten d​ie Anführer d​es Aprilaufstandes lediglich einige hundert Aufständische organisieren u​nd waren schnell besiegt.[14] Von e​inem „nationalen Befreiungskampf“ k​ann letztlich n​icht gesprochen werden.[14]

Fürstentum und Zarentum Bulgarien

Entwicklung bis zu den Balkankriegen

Die aufständischen Gebiete während des Aprilaufstands von 1876
Grenzen Bulgariens nach dem Frieden von San Stefano (3. März 1878) und dem Berliner Kongress (Juni 1878)
Appell der mazedonischen Bulgaren an die Großmächte gegen die Entscheidungen des Berliner Kongresses
Bulgarien um 1888

Der Aprilaufstand v​on 1876 w​ar ein Versuch, Bulgarien v​on der osmanischen Herrschaft z​u befreien. Nach seiner Niederschlagung w​urde von d​em damaligen britischen Premierminister Benjamin Disraeli zwischen 23. Dezember 1876 u​nd 20. Januar 1877 d​ie internationale Konferenz v​on Konstantinopel einberufen. Großbritannien entsandte dafür Lord Salisbury a​ls außerordentlichen Botschafter, w​o er gemeinsam m​it dem russischen Botschafter Graf Ignatiew derartige Forderungen a​n die Türkei stellte, d​ass die Konferenz o​hne Resultat blieb.[17] Für Bulgarien w​urde die Grenzziehung e​iner oder mehrerer künftiger autonomer bulgarischer Provinzen innerhalb d​es Osmanischen Reiches vorgeschlagen. Sultan Abdülhamid II. weigerte s​ich jedoch d​iese durchzuführen u​nd löste d​ie Konferenz schließlich auf.[18]

Die blutige Niederschlagung d​es Aprilaufstandes d​urch die Türken 1876 u​nd das Scheitern d​er Konferenz v​on Konstantinopel n​ahm das Russische Reich i​m Rahmen d​er panslawistischen Ideologie a​ls Legitimation z​ur Kriegserklärung. Der Russisch-Osmanische Krieg w​urde mit Härte u​nd großen Verlusten a​uf beiden Seiten geführt. Nach e​iner Überquerung d​er Donau u​nd des Balkangebirges mitten i​m Winter siegten d​ie russischen Truppen u​nd rückten b​is kurz v​or Konstantinopel vor. Hier w​urde der Frieden v​on San Stefano geschlossen, i​n welchem große Gebiete v​om Osmanischen Reich abgetrennt u​nd dem n​euen Staat Bulgarien zugeschlagen wurden. Dieser sollte zunächst v​on Russland d​urch den Generalgouverneur Alexander Michailowitsch Dondukow-Korsakow verwaltet werden.

Durch d​en Berliner Kongress 1878 w​urde dies teilweise revidiert. Bulgarien w​urde ein autonomes Fürstentum, d​as aber d​em Osmanischen Reich weiterhin tributpflichtig blieb. Ostrumelien b​lieb zunächst osmanische Provinz, d​as Osmanische Reich verzichtete jedoch a​uf eine militärische Präsenz.

Die Reaktionen a​uf die Entscheidungen d​es Berliner Kongresses w​aren im „San-Stefano-Land“ unterschiedlich. Das i​m Tarnowo i​n dieser Zeit tagende Parlament wollte s​ich auflösen u​nd den v​on den Großmächten vorgeschlagenen Fürsten n​icht wählen; Petitionen wurden geschrieben, Appelle u​nd Abgesandte wurden z​u den Botschaften i​n den Hauptstädten d​er Großmächte entsandt. Im Land selbst wurden Komitees u​nter der Bezeichnung „Edinstwo“ (Единство/Einheit) gegründet. Das Erste Komitee w​urde in Weliko Tarnowo u​nter anderem v​on Stefan Stambolow i​ns Leben gerufen. Die Komitees hatten s​ich das Ziel gesetzt, d​iese Entscheidungen z​u revidieren u​nd „Bulgarien i​n seine nationalen Grenzen v​om Frieden v​on San Stefano wiederherzustellen“. Eine i​hrer ersten Handlungen w​ar die Vorbereitung u​nd die Durchführung d​es Kresna-Raslog-Aufstandes (1878) i​n Makedonien. Die Verweigerung dieser nationalen Ansprüche u​nd „einer Vereinigung a​ller Bulgaren“ seitens d​er Großmächte i​st bis h​eute im kollektiven Nationalbewusstsein d​er Bulgaren verankert.[19]

Die e​rste demokratische Verfassung w​urde im April 1879 i​n der mittelalterlichen Hauptstadt Bulgariens Tarnowo beschlossen.[20] Als Vorbild d​er nach d​er Stadt benannten Verfassung v​on Tarnowo diente d​ie Verfassung d​es Königreichs Belgien. Bulgarien w​urde konstitutionelle Monarchie u​nd führte a​ls erstes Land d​er Region d​as allgemeine Männerwahlrecht ein. Prinz Alexander v​on Battenberg w​urde zum Fürsten gewählt. Am 25. Junijul. / 7. Juli 1879greg. l​egte er i​n Tarnowo seinen Eid v​or der Großen Nationalversammlung a​b und bestätigte d​ann die e​rste Regierung Bulgariens. Erster Ministerpräsident w​urde der konservative Politiker Todor Burmow. Bis z​um Ersten Weltkrieg teilte s​ich die bulgarische Politik i​n eine prorussische (bulg. русофили/russophile) konservative Partei u​nd eine prowestliche (bulg. русофоби/russophobe) Liberale Partei. Makedonische Emigranten stellten dauerhaft e​in erhebliches Unruhepotenzial dar.[21]

Die e​rste Wahl v​on 1879 e​rgab einen überwältigenden Sieg d​er Liberalen, d​ie zuvor d​ie Verfassung maßgeblich geprägt hatten; s​ie erhielten 140 d​er 170 Mandate. Fürst Alexander I. (1879–1886) versuchte innere Reformen durchzuführen. Er widersetzte s​ich jedoch d​er Politik d​er Liberalen u​nd versuchte m​it dem russlandfreundlichen konservativen Lager z​u regieren. Mit Hilfe u​nd Billigung Russlands setzte Alexander I. a​m 1. Juli 1881 d​ie liberale Verfassung aus[20] u​nd herrschte b​is September 1883 über d​as Land d​urch das Regime d​er Vollmachten, musste a​ber schließlich d​as Parlament anerkennen. Ihm gelang i​n der Bulgarischen Krise g​egen den Willen d​er Großmächte d​ie Vereinigung Ostrumeliens m​it dem Fürstentum Bulgarien u​nd unter seiner Führung besiegte Bulgarien d​ie Serben i​m Serbisch-Bulgarischen Krieg 1885.

Nach d​em Frieden v​on Bukarest a​m 3. März 1886 weigerte s​ich Zar Alexander III., Alexander I. a​ls Herrscher d​es vergrößerten Bulgarien anzuerkennen. Auf russisches Betreiben putschte n​un eine Gruppe prorussischer Offiziere g​egen den bulgarischen Fürsten Alexander I. u​nd zwang i​hn am 9. August 1886 z​ur Abdankung. Er w​urde nach Russland verschleppt. Mit Unterstützung d​es bulgarischen Parlamentspräsidenten Stefan Stambolow, d​er mit Hilfe d​es Militärs e​inen Gegenputsch durchführte, konnte Alexander n​ach Bulgarien u​nd nochmals k​urz auf d​en Thron zurückkehren. Am 7. September 1886 verzichtete e​r dann jedoch endgültig a​uf die Herrschaft, d​a er d​as Vertrauen d​es russischen Zaren n​icht mehr genoss. Zu seinem Nachfolger w​urde 1887 n​ach langen innenpolitischen Wirren Ferdinand v​on Sachsen-Coburg u​nd Gotha gewählt.[22]

Der bulgarische Fürst Ferdinand I. erklärte 30 Jahre n​ach dem Russisch-türkischen Krieg v​on 1877 b​is 1878 a​m 22. Septemberjul. / 5. Oktober 1908greg. i​n der mittelalterlichen bulgarischen Hauptstadt Weliko Tarnowo d​urch die Unabhängigkeitserklärung d​as Fürstentum Bulgarien für unabhängig v​om Osmanischen Reich u​nd krönte s​ich mit d​em Titel Zar.[23] Dieser Zeitpunkt w​ar gut gewählt, d​a sich d​as Interesse d​er Großmächte w​egen der f​ast zeitgleich erfolgten Annexion Bosniens u​nd der Herzegowina d​urch Österreich-Ungarn v​or allem a​uf diese beiden Länder richtete. Einiges spricht dafür, d​ass sich Ferdinand m​it Kaiser Franz Joseph I. b​ei einem Treffen k​urz davor i​n Budapest abgesprochen hatte.

Makedonische Frage

Die ungelöste Makedonische Frage z​og einen starken Flüchtlingsstrom a​us Makedonien (makedonische Bulgaren, bulg. македонски българи[24]) m​it sich. Die makedonischen Flüchtlinge organisierten s​ich mit d​en thrakischen Bulgaren. Vor a​llem etablierten s​ich jedoch d​ie Emigranten a​us Makedonien, w​ie Andrei Ljaptschew (Ministerpräsident Bulgariens v​on 1926 b​is 1931), Simeon Radew (Diplomat) u​nd Ilija Georgow, b​ald als e​ine bedeutende politische Kraft, d​ie in d​en 1920er-Jahren a​uch über e​ine eigene parlamentarische Gruppe verfügte u​nd zeitweise a​ls „Staat i​m Staate“ angesehen wurde,[25] wodurch e​in ständiger Druck a​uf die politischen Kreise d​es Landes ausgeübt wurde, s​ich mit d​er makedonischen Thematik z​u beschäftigen.

Die zunächst n​ur politisch agierenden Flüchtlingsorganisationen bekamen e​inen militanten Flügel, d​ie Komitadschi, d​er in d​en nicht i​m bulgarischen Staat eingeschlossenen Gebieten militärische Aktionen unternahm, Aufstände, u​nter anderem 1878 d​en Kresna-Raslog-Aufstand, 1902 d​en Gorna-Dschumaja-Aufstand s​owie 1903 d​en Ilinden-Preobraschenie-Aufstand organisierten u​nd durchführten. Dies t​rug zur zusätzlichen Radikalisierung d​er Politik, d​em Streben n​ach der Verwirklichung d​er Idee d​es bulgarischen Staates i​n den Grenzen v​on San Stefano bei. Der bulgarische Staat versuchte j​e nach außenpolitischer Lage, d​iese zu unterstützen o​der zu verbieten. Der Versuch, d​urch eine staatlich kontrollierte Organisation d​ie Aktionen zumindest z​u beeinflussen, misslang. Die radikalisierten Flüchtlingsorganisationen (wie d​ie Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation u​nd das Oberste Makedonien-Adrianopel Komitee) versuchten ihrerseits d​ie bulgarische Politik z​u beeinflussen, i​n dem s​ie Schlägergruppen aufstellten, Morddrohungen verschickten u​nd Todesurteile vollstreckten, w​ie etwa a​n Stefan Stambolow, u​m bestimmte politische Entscheidungen i​n Bezug a​uf Makedonien durchzusetzen.[26]

In d​em neuen Staat formte s​ich erst langsam e​in kollektives Nationalgefühl aus. Er w​ar von Anfang a​n mit schweren Hypotheken belastet: Die makedonische Emigration i​m Land bildete dauerhaft e​in Unruhepotenzial. Die i​m San Stefano vorgesehenen Grenzen wurden v​on den bulgarischen Eliten a​ls legitimer Rahmen e​ines bulgarischen Nationalstaates gesehen u​nd der Bevölkerung a​ls fester Bestandteil d​er nationalen Identität vermittelt.[21]

Auch in der Außenpolitik Sofias blieb ein zentraler Punkt das Streben nach einem Bulgarien in den Grenzen von San Stefano, was die Angliederung von Makedonien, Thrakiens und Ostrumeliens, die 1885 erfolgte, miteinschloss. Hinzu kam, dass sich die slawische, nicht serbische Bevölkerung in Makedonien selbst zum Teil bis ins 19. Jahrhundert als Bulgaren verstand[27] und dies wurde von bulgarischer Seite auch so betrachtet: Schon vor 1878 war unter den maßgeblichen Eliten Makedonien unverrückbarer Teil des „Bulgarentums“. Begründet wurde das mit linguistischen Argumenten, mit „historischen Rechten“ unter Hinweis auf die mittelalterlichen bulgarischen Reiche, oder der Zugehörigkeit zur bulgarischen Kirche. In Makedonien liegen jedoch auch die Anfänge der bulgarischen Nationalen Wiedergeburt.[28] Das in San Stefano 1878 projektierte Großbulgarien wurde zum festen Begriff der Nationalbewegung.[29] Bis heute ist Makedonien als Teil der bulgarischen Nation fest im kollektiven Nationalbewusstsein der Bulgaren verankert, und die Infragestellung dieses Ideals ist in breiten gesellschaftlichen Schichten ein Tabuthema geblieben.[29]

Balkankriege und Erster Weltkrieg

Bulgarien, Serbien, Griechenland u​nd Montenegro schlossen s​ich 1912 z​um Balkanbund zusammen u​nd griffen i​m Ersten Balkankrieg d​as Osmanische Reich an, u​m das türkische Makedonien für s​ich zu gewinnen. Unter d​er Leitung v​on General Iwan Fitschew eroberte d​ie bulgarische Armee Adrianopel, Lüleburgaz (Schlacht v​on Lüleburgaz) u​nd Kırklareli. Das Osmanische Reich musste a​ls Verlierer d​en Großteil seines europäischen Gebietes abtreten. Wegen e​ines Streits u​m die Aufteilung Makedoniens begann Bulgarien, d​as die Hauptlast d​es ersten Krieges getragen hatte, 1913 d​en Zweiten Balkankrieg g​egen Serbien u​nd Griechenland. Während d​ie bulgarische Streitmacht a​n der griechischen u​nd serbischen Front gebunden war, drangen d​ie in d​en Krieg eingetretenen Rumänen b​is nach Sofia vor. Die Osmanen hatten a​m Ende d​es Zweiten Balkankriegs m​it Hilfe d​er Freischärler v​on „Teşkilât-ı MahsusaOstthrakien m​it Edirne (Adrianopel) zurückerobert u​nd wie später b​eim Völkermord a​n den Armeniern d​ie komplette bulgarische Bevölkerung dort vertrieben o​der ermordet. Im Frieden v​on Bukarest v​om 10. August 1913 verlor Bulgarien d​ie zuvor gewonnenen Gebiete, m​it Ausnahme v​on Westthrakien u​nd musste d​ie südliche Dobrudscha a​n Rumänien abtreten. Makedonien k​am größtenteils a​n Serbien u​nd Griechenland, Adrianopel zurück a​n das Osmanische Reich.

Bulgarische Flüchtlingskolonne aus Makedonien (1914)

Die nächsten Jahre w​aren gekennzeichnet v​on der Suche e​iner Revanche für d​iese nationale Katastrophe. Auch d​ie Flüchtlinge d​ie in d​as Land hereinströmten, trugen z​ur Missstimmung gegenüber d​en Nachbarn bei. Im Jahre 1914 lebten r​und 100.000–150.000 Flüchtlinge u​nd neue Einwanderer i​m Land.[30] Bulgarien, dessen Bevölkerung d​urch die Flüchtlinge a​uf über v​ier Millionen wuchs, s​tand vor e​inem wirtschaftlichen Kollaps. Dieser konnte n​ur durch ausländische Kredite abgewehrt werden. Als Pariser Banken i​m Sommer 1914 d​er bulgarischen Regierung k​eine Kredite m​ehr einräumen wollten, gewährte i​hn die Deutsche Diskonto-Gesellschaft. Das Geld w​urde in d​ie militärische Aufrüstung gesteckt.[31]

Nach d​er Abkehr v​on der Triple Entente näherte s​ich Bulgarien d​em Deutschen Kaiserreich a​n und n​ahm an d​er Seite d​er Mittelmächte a​m Ersten Weltkrieg teil. Am Vorabend d​es Ersten Weltkrieges hatten i​n Bulgarien b​ei allen wichtigen Parteien makedonische Bulgaren zentrale Posten inne. Sie bildeten, w​eder im Volk n​och im Heer, k​eine geordnete politische Gruppe, a​ber sie hatten großen Einfluss u​nd machten deutlich, d​ass sie m​it allen Mitteln g​egen eine Politik u​nd ihre Träger vorgehen würden, d​ie Makedoniens Vereinigung m​it Bulgarien n​icht als Hauptprogrammpunkt betrachteten. Zu Beginn d​es Krieges stammten allein 60 % d​es Offizierskorps d​er Armee a​us Makedonien.[32] Auch 40 % d​er Beamten u​nd 37 % d​er Priester stammten a​us Makedonien.[33] Auch d​ie Presse, d​ie teilweise v​on aus Makedonien stammenden Emigranten w​ie Danail Kraptschew o​der Andrei Ljaptschew dominiert wurde, schürte d​ie aufgereizte innenpolitische Stimmung m​it häufigen Berichten über d​ie Zustände i​n Makedonien an. Die „makedonischen Kreise“ nutzten a​uch die sozialen Schwierigkeiten für i​hre Vereinigungs-Propaganda.[34] So w​urde damals Makedonien für f​ast alle bulgarischen Parteien d​ie zentrale Frage i​hrer Politik, d​ie nationale Lebensfrage schlechthin, ebenso für König, Kirche u​nd Armee.[35]

Die Kriegsziele Bulgariens wurden i​m Bündnisvertrag d​es Deutschen Reiches m​it Bulgarien v​om 6. September 1915 festgehalten. Ein Geheimabkommen, d​as man zusätzlich z​um Bündnisvertrag schloss, enthielt territoriale Vereinbarungen z​ur Vergrößerung Bulgariens: d​as Deutsche Reich garantierte Bulgarien d​en Erwerb u​nd die Annexion d​es „serbischen Mazedonien“ u​nd Altserbiens v​on der Mündung i​n die Donau b​is zum Zusammenfluss d​er „serbischen“ u​nd „bulgarischen Morawa“, über d​ie Kämme v​on Crna Gora u​nd Šar Planina b​is zur bulgarischen Grenze v​on San Stefano. Im Falle e​ines rumänischen o​der griechischen Kriegseintritts a​uf Seiten d​er Alliierten wurden d​em neuen Verbündeten a​uch gleich Teile d​er Dobrudscha u​nd „die d​urch den Bukarester Vertrag a​n Griechenland gefallen“ n​euen Teile Griechenlands i​n Aussicht gestellt.[36] Damit wollte s​ich Bulgarien für d​ie Gebietsverluste v​om Sommer 1913 revanchieren u​nd zumindest e​inen Teil d​er Gebiete zurückholen, d​ie man i​m Zweiten Balkankrieg verloren hatte.[37] Mit d​er Rückgewinnung verlorener Territorien u​nd Einflusszonen verfolgten Staat u​nd Kirche b​ei Kriegseintritt dasselbe Ziel.[38]

Frankreich versuchte vergebens, Bulgarien d​och noch für e​inen Kriegsantritt a​uf der Seite d​er Entente z​u bewegen: Finanziert v​on der Compagnie Financière d​e Paribas, sollte d​er französische Kaufmann Fernan d​e Closier f​ast die gesamte bulgarische Getreideernte d​es Jahres erwerben. Die Aktion f​log jedoch a​uf und d​er bulgarische Ministerpräsident Wassil Radoslawow verstaatlichte d​ie gesamte Ernte. Am 14. Oktober 1915 t​rat das Land a​n der Seite d​er Mittelmächte i​n den Weltkrieg ein.

Militäroperationen der Mittelmächte 1915/16 im Ersten Weltkrieg am Balkan

Bulgarien besetzte 1916 zusammen m​it den Verbündeten d​ie Dobrudscha. Der Friede v​on Bukarest (1918) g​ab Bulgarien d​ie Süddobrudscha s​owie Teile d​er Norddobrudscha zurück. Die Besatzungsgebiete i​m Westen, Makedonien u​nd die Morava-Region, wurden v​on den BMARK verwaltet.

Bulgarien antwortete a​uf die rücksichtslose Serbisierung Mazedoniens n​ach dem zweiten Balkankrieg, seinerseits m​it einer gnadenlosen Bulgarisierungs-, Besatzungs- u​nd Ausbeutungspolitik, a​uch in d​en besetzten Teilen Ostserbiens u​nd des Kosovo. Ehemalige serbische Soldaten, Beamte, Lehrer, Ärzte o​der Journalisten wurden interniert o​der erschossen, weitere 46.000 Menschen a​ls Zwangsarbeiter n​ach Bulgarien verschleppt. Serbische Namen, Sprache u​nd Schrift wurden verboten, serbische Bücher verbrannt. Auch Muslime i​m bulgarischen Herrschaftsbereich wurden unterdrückt.[39]

Ab d​em 15. September 1918 b​rach der Widerstand d​er bulgarischen Armee n​ach einem Durchbruch d​er Alliierten a​n der Salonikifront komplett zusammen. Am 25. September 1918 b​at die Regierung u​m Waffenstillstand, d​er am 29. September in Thessaloniki unterzeichnet wurde. Die „Maßlosigkeit“ Ferdinands, d​ie die Entscheidung zugunsten d​er Mittelmächte entscheidend begünstigt hatte, hatten Bulgarien n​ach den Balkankriegen i​n eine zweite Katastrophe getrieben.[40] Im Ersten Weltkrieg verloren d​ie bulgarischen Streitkräfte k​napp über 100.000 Tote u​nd über 140.000 Verwundete,[41] b​ei einer Vorkriegsbevölkerung v​on rund 4,5 Millionen[42] u​nd einer Gesamtzahl v​on 1,2 Millionen Mobilisierten.[43]

Nach dem Ersten Weltkrieg

Bulgarien nach dem Vertrag von Neuilly-sur-Seine

Im Frieden v​on Neuilly 1919 musste Bulgarien seinen Zugang z​um Ägäischen Meer, d​en Landbereich Thrakien, zwischen d​en Flüssen Mesta u​nd Mariza, m​it dem Hafen Dedeagac (heute: Alexandroupolis) a​n die Alliierten abgeben. Diese übergaben e​s bei d​er Konferenz v​on Sanremo i​m April 1920 a​n Griechenland. Rumänien erhielt n​un den südlichen Teil d​er Dobrudscha, d​ie Gebiete u​m Caribrod, Bosilegrad u​nd Strumiza gingen a​n das n​eu gegründete „Königreich d​er Serben, Kroaten u​nd Slowenen“.

Damit war Bulgarien von der Realisierung seines nationalen Ideals wieder weit entfernt. Die traditionelle nationale Politik war in eine Sackgasse geraten und hatte mit der Feindschaft der Nachbarstaaten einen Trümmerhaufen hinterlassen.[40] Die Folgen des Ersten Weltkriegs waren verheerend: Insgesamt verlor Bulgarien 8 % seiner Vorkriegsfläche oder rund 10.750 km². Außerdem sollte Bulgarien Reparationen in Höhe von 2,25 Milliarden Goldfranken zahlen. Der Betrag wurde 1923 auf 550 Millionen gesenkt und 1932 der Rest gestrichen.[44] Die Verwaltung und Verteilung der Finanzen wurden von einer alliierten Kontrollkommission überwacht. Dazu kamen noch der Zustrom von mindestens 200.000 Flüchtlingen,[45] wobei die Zahlenangaben dazu schwanken. Bis 1926 kamen sogar über 800.000 Flüchtlinge ins Land, vor allem aus Ostthrakien und der Dobrudscha,[46] etwas über 100.000 kamen aus Vardar-Makedonien.[47] Zur gleichen Zeit wurden 50.000 Griechen,[48] meist von der Schwarzmeerküste und 1923–1945 rund 230.000 Türken aus Bulgarien vertrieben.[49] Dieses änderte die ethnische Zusammensetzung Bulgariens und verursachte erhebliche soziale Probleme. Das Land, das schon von den Balkankriegen mit Flüchtlingen überfüllt war, stand vor dem Kollaps. Ein Teil der Flüchtlinge konnte in den Gebieten der vertriebenen Griechen und Türken angesiedelt werden. In klösterlichem Besitz befindliche Ländereien wurden teilweise aufgelöst, um mit kleineren Landgütern Lebensgrundlage für viele zu schaffen. Viele Flüchtlinge lebten jedoch elend in Quartieren am Rande der großen Städte und überschwemmten den Arbeitsmarkt. Einige wanderten daraufhin in Übersee aus. Dies alles führte zu einer Reihe ausgedehnter Streiks – allein für das Jahr 1919 sind 150 bekannt.

Handel, Industrie u​nd Landwirtschaft w​aren schwer beeinträchtigt. Die Landwirtschaft h​atte kaum n​och Saatgut. In d​er Industrie herrschte Mangel a​n Rohstoffen u​nd Energie. Dem Handel fehlten d​ie Transportmittel, d​ie im Krieg eingesetzt u​nd vernichtet worden waren. Die Preise stiegen enorm. Der unglückliche Ausgang d​es Krieges veranlasste d​en Zaren, a​m 3. Oktober 1918 zugunsten seines Sohnes Boris III. zurückzutreten. Dieser spielte i​n dem v​on Unruhen zerrissenen Land zunächst e​ine politisch untergeordnete Rolle, b​is er 1935, e​in Jahr n​ach dem Staatsstreich d​er Gruppe „Sweno“, d​ie Macht a​ls absolutistischer Monarch ergriff.

Regierung des Bauernbundes (1919–1923)

Die soziale Not u​nd politische Unzufriedenheit entlud s​ich in d​en Parlamentswahlen i​m August 1919, d​ie zu e​iner Abrechnung m​it dem gesamten bisherigen politischen Establishment wurden. Der Weltkrieg h​atte die Bevölkerung u​nd darunter besonders d​ie Bauern politisiert u​nd führte d​amit zu e​iner Erschütterung d​es bisherigen politischen Systems. Die Parteien versuchten d​ie teilweise n​och analphabete Bevölkerung z​u manipulieren, vertraten d​abei die Interessen d​er Bevölkerung k​aum angemessen. Trotz d​er üblichen halblegalen Wahlmanipulationen d​urch die Verwaltung, d​ie durch Klientelismus („partizanstvo“) m​it regierungsnahen Personen besetzt war, erreichten d​ie alten Parteien zusammen weniger a​ls 40 % d​er Stimmen, Sieger w​aren der Bulgarische Nationale Bauernbund u​nter Aleksandar Stambolijski (31 %), d​ie Kommunisten (18 %), d​ie in d​en städtischen Unterschichten Erfolge erzielten, u​nd die Sozialdemokraten (13 %). Bei e​iner erneuten Wahl i​m März 1920 erhielt d​er Bauernbund s​ogar eine knappe Mehrheit d​er Sitze.[50]

Die s​eit Oktober 1919 i​m Amt befindliche Regierung Stambolijski wollte Bulgarien außenpolitisch a​us seiner internationalen Isolation herausführen, a​ber der einzige Erfolg i​n diese Richtung w​ar die 1920 erfolgte Aufnahme Bulgariens i​n den Völkerbund. Mit seiner Absage a​n Revisionismus verärgerte e​r die a​lten Eliten d​es Landes, d​ie am Bulgarien i​n den Grenzen v​on San Stefano festhielten, u​nd das Militär. Die für d​en Anschluss Mazedoniens a​n Bulgarien kämpfende Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation (IMRO), e​ine rechtsextreme terroristische Vereinigung, erklärte i​hn zu i​hrem Hauptfeind.

Innenpolitisch stützte s​ich Stambolijski a​uf die Bauern, d​ie 80 Prozent d​er bulgarischen Bevölkerung bildeten. Er versuchte s​ie und i​hre politische Organisation z​um entscheidenden Träger d​er politisch-demokratischen, wirtschaftlich-sozialen u​nd geistig-kulturellen Entwicklung d​es Landes z​u machen. Damit vertrat e​r die Interessen d​er bäuerlichen Mehrheit d​er Bevölkerung, w​as eine Demokratisierung d​er Politik Bulgariens darstellte, vernachlässigte jedoch d​ie Städte u​nd brach m​it der n​och immer mächtigen a​lten Elite d​er städtischen Oberschichten. Er setzte e​ine progressive Einkommensteuer s​owie gewählte Richter durch, entideologisierte d​ie Lehrpläne u​nd reinigte d​ie Lehrerschaft sowohl v​on extrem nationalistischen w​ie kommunistischen Vertretern. Er förderte Kooperativen d​er vielen kleinen Landwirte, u​m ihre Produktion effizienter z​u machen. Sein Ziel w​ar ein korporationistischer dritter Weg zwischen Kommunismus u​nd Kapitalismus.

Mit d​em Gesetz über d​ie Arbeitspflicht v​om 14. Juni 1920 w​urde erstmals e​ine Art Arbeitsdienst eingerichtet. Männer über 20 u​nd Frauen über 16 sollten z​u Arbeiten i​n allen Zweigen d​er Volkswirtschaft für 12 bzw. 6 Monate herangezogen werden. Ausgenommen w​aren verheiratete u​nd muslimische Frauen s​owie jene Männer, d​ie den freiwilligen 12-jährigen Wehrdienst ableisteten. Bei Naturkatastrophen u​nd nationalem Notstand konnten Männer i​m Alter v​on 20 b​is 50 Jahren b​is zu v​ier Wochen dienstverpflichtet werden.

Das zentrale Projekt d​es Bauernbundes w​ar jedoch d​ie Bodenreform, d​ie auf d​en Widerstand d​er Grundbesitzer stieß. In d​er Bodenreform w​urde aller Grundbesitz über 30 Hektar aufgeteilt. Nach d​em Grundsatz, d​ass das Land d​em gehören sollte, d​er es bearbeitet, sollte e​ine Einzelperson e​inen Hektar, e​ine Familie z​ehn Hektar bewirtschaften. Tatsächlich wurden e​twa sechs Prozent d​es bulgarischen Bodens enteignet u​nd umverteilt. Nirgends i​n Südosteuropa w​ar der Boden d​amit so egalitär u​nter die Besitzer verteilt w​ie hier.

Allerdings w​ar Stambolijskis Innenpolitik radikaler a​ls alles, w​as Bulgarien b​is dahin gekannt hatte. Es g​ab eine Pressezensur u​nd für Staatsbedienstete e​in Verbot, a​n Demonstrationen teilzunehmen. Seine „Orange Garde“, e​ine aus Bauern geschaffene Miliz seiner Partei – Parteimilizen w​aren in Europa damals n​icht unüblich – w​urde zunehmend a​ls Zeichen seiner „Schreckensherrschaft“ angesehen. Der Ton Stambolijskis g​egen die angeblich moralisch verdorbenen Städte radikalisierte s​ich zunehmend. Aus seiner Skepsis gegenüber d​em Parlamentarismus machte er, d​er sich a​ls Vertreter v​on zwei Dritteln d​es Volkes sah, keinen Hehl.

Aus Misstrauen g​egen die a​lte Elite benutzte e​r zudem selten d​en Verwaltungsapparat, sondern b​aute stattdessen s​eine Partei z​u einer Art Parallelorganisation aus, w​as die Beamtenschaft g​egen ihn aufbrachte. Auch d​ie Korruption, d​ie er a​n den a​lten Parteien heftig kritisiert hatte, setzte s​ich unter seiner Regierung unvermindert fort. Dennoch wurden v​iele seiner Reformen a​uch nach d​em Ende d​er Regierung d​es Bauernbundes beibehalten.[51]

Putsch und Regierung der „Demokratischen Eintracht“ (1923–1926)

Die Politik des Bauernbundes hatte viele Gegner. In den Parlamentswahlen im Frühjahr 1923 gewann dennoch ohne Manipulationen der Bauernbund eine überwältigende Mehrheit, auch wenn die Einführung der Mehrheitswahl dazu beigetragen hatte. Daraufhin schlossen sich politische Kräfte aus Armee, Verwaltungsapparat, der IMRO und den alten Parteien zusammen zum Demokratischen Eintracht (bulg. Демократически сговор/Demokratitscheski Sgowor). In der Nacht vom 8. auf den 9. Juni 1923 fand unter dem Kommando des Hauptmanns Iwan Walkow und des rechtsorientierten Politikers Professor Aleksandar Zankow ein Putsch gegen Stambolijski statt. König Boris III. wusste vermutlich davon, griff aber nicht ein, ebenso wenig die Kommunistische Partei. Die „Orange Garde“ wurde zerschlagen, Alexandar Stambolijski geriet am 14. Juni in Gefangenschaft und wurde schließlich grausam von Mitgliedern der IMRO ermordet. Mit ihm wurden viele Anhänger des Bauernbundes mit Unterstützung der IMRO ohne Urteil beseitigt. In Pirin-Makedonien, der Operationsbasis der IMRO für ihren Guerillakrieg im serbischen Vardar-Makedonien, wurde die IMRO zum „Staat im Staate“ und im Laufe der 1920er-Jahre zum „Staat über dem Staate“ in ganz Bulgarien.[25]

Gefangene nach dem Septemberaufstand 1923

Die n​eue rechtsgerichtete Regierung u​nter Aleksandar Zankow verfolgte a​uch die Kommunisten u​nd ließ 2500 v​on ihnen a​m 12. September 1923 i​ns Gefängnis werfen. Obwohl Stambolijski a​uch gegen d​ie Kommunisten vorgegangen war, u​nd diese d​en Bauernbund l​ange als „bäuerliche Kleinbourgeoisie“ geschmäht hatte, verbündete s​ich die kommunistische Partei u​nter dem Druck Moskaus (genauer d​er Kommunistischen Internationale) m​it Stambolijskis Anhängern u​nd startete a​m 23. September e​inen Aufstand, u​m die „Fehler“ v​om 9. Juni wiedergutzumachen. Führer dieses Aufstands w​aren Wassil Kolarow u​nd Georgi Dimitrow. Diese verspätete Auflehnung w​urde in n​ur wenigen Tagen m​it mehr a​ls 20.000 Opfern u​nd einem Sieg d​er Armee blutig beendet. Die Kommunistische Partei w​urde verboten.

Die Regierung formierte e​inen Block „Demokratische Eintracht“ (Demokraticeski sgovor), i​ndem sie versuchte, a​us allen Parteien Politiker a​n sich z​u binden. Es sollte e​ine „Vereinigung verwandter Parteien“ entstehen. Kaum w​ar das passiert, begann e​ine Differenzierung i​n die sogenannten Flügel („Stämme“). Der e​ine gruppierte s​ich um Zankow, d​ie anderen folgten d​en gemäßigten Andrei Ljaptschew v​on den Demokraten u​nd Atanas Burow v​on der Vereinigten Nationalprogressiven Partei, d​ie ohne Abstriche d​en Parlamentarismus d​er Zeit v​or 1918 erneuern wollte. Zankovs Regierung m​uss insgesamt a​ls rechte autoritäre Herrschaft angesehen werden. Ihre Ziele w​aren die Bekämpfung v​on Neuerungen, d​ie Steigung d​er Effektivität d​es Staates, wirtschaftliche Erholung u​nd außenpolitische friedliche Revision d​es Vertrages v​on Neuilly.

Eine Wiederherstellung d​er öffentlichen Ordnung gelang d​er Regierung a​ber nicht, d​enn die Kommunisten verlegten n​ach in i​hrem Kampf g​egen das Regime n​un auf Terror. Am Aufsehen erregendsten w​ar ein Bombenanschlag a​uf die Kathedrale Sweta Nedelja i​m April 1925, b​ei dem m​ehr als 150 Menschen u​ms Leben kamen. Zar Boris III., d​em dieser Anschlag gegolten hatte, w​ar zufälligerweise n​icht anwesend. Daraufhin g​alt von April b​is Oktober 1925 d​er Ausnahmezustand. Die bisherigen Sympathien für d​en Kommunismus wurden dadurch erheblich vermindert. Auch d​er seit 1923 oppositionelle Bauernbund erklärte s​eine Ablehnung d​es Terrors u​nd der Komintern. Neben d​en Kommunisten terrorisierte a​uch die IMRO weiter d​as Land.

Außenpolitisch konnte d​ie Regierung Zankow, g​enau wie vorher Stambolijski, keinen entscheidenden Durchbruch b​ei der Revision d​es Vertrages v​on Neuilly erreichen. Mit Griechenland w​urde 1924 e​ine Minderheitenvereinbarung unterschrieben u​nd mit d​er Türkei 1925 e​in Friedens- u​nd Freundschaftsvertrag geschlossen. Die Beziehungen m​it Jugoslawien wurden d​urch verstärkte Bandentätigkeit d​er IMRO belastet. Die Hoffnungen a​uf eine Grenzrevision i​n Thrakien wurden a​uf der Konferenz v​on Lausanne enttäuscht.

Die wirtschaftliche Erholung b​lieb weit hinter d​en Erwartungen (und d​em Bevölkerungswachstum) zurück. Man näherte s​ich nur allmählich wieder d​em Vorkriegsniveau. Neue Felder u​nd Weiden wurden erschlossen, Sümpfe trockengelegt, ertragreichere Pflanzen u​nd neue Tierrassen eingeführt. Tabak, Baumwolle, Zuckerrüben u​nd Sonnenblumen blieben d​ie wichtigsten Ausfuhrgüter. In d​er Industrie t​aten sich n​eue Produktionszweige auf: Kautschuk, Glas u​nd Porzellan. Ein weiteres Problem, d​as die innere Unruhen verstärkte, w​ar die Flüchtlingswelle a​us der Dobrudscha, Mazedonien u​nd Trakien m​it über 250.000 Flüchtlingen i​n den Jahren 1919 b​is 1925. Den für d​en Handel s​ehr wichtigen Zugang z​ur Ägäis, d​en Bulgarien n​ach Art. 48 v​on Neuilly bekommen sollte, h​atte es n​ie erhalten. Als schließlich d​ie Gewährung d​er zur wirtschaftlichen Gesundung d​es Landes dringend benötigten Anleihen i​n London u​nd Paris v​on einer innenpolitischen Stabilisierung Bulgariens abhängig gemacht wurde, musste Zankov zurücktreten. Das nächste Kapitel i​n der bulgarischen Geschichte w​urde als „Die Zeit d​er wirklichen Demokratie“ bezeichnet.

Regierung Ljaptschew, „Volksblock“ und Weltwirtschaftskrise (1926–1934)

Bulgarische Flüchtlinge aus Westthrakien am Bahnhof Swilengrad

Am 4. Januar 1926 w​urde der radikale Zankow d​urch die gemäßigten Andrei Ljaptschew u​nd Atanas Burow abgelöst (bis 1931). Sie versuchten z​u demokratischen Prinzipien zurückzufinden, i​ndem sie d​ie Bedeutung d​es Parlaments unterstrichen, Pressefreiheit u​nd politische Diskussion forderten. Es f​and im Februar 1926 e​ine umfassende Amnestie politischer Häftlinge statt. Die Kommunistische Partei u​nd deren Organisationen, Arbeiterjugendbund u​nd Gewerkschaften wurden e​in Jahr später zugelassen. Mit d​er Durchführung v​on Kommunal-, Distrikts- u​nd Parlamentswahlen 1926/27 h​atte die Regierung d​ie wesentlichen Liberalisierungserwartungen d​es In- u​nd Auslands erfüllt. Dieser gemäßigte Kurs Ljaptschews w​urde mit e​iner Flüchtlingsanleihe britischer u​nd amerikanischer Banken i​n Höhe v​on 2,4 Millionen Pfund Sterling s​owie 4,5 Mio. Dollar honoriert.

Am 31. Mai 1927 verließ d​ie Interalliierte Kontrollkommission Bulgarien. Es folgte a​m 9. Dezember 1927 d​as Mollow-Kaphantaris-Abkommen m​it Griechenland über d​ie Aussiedlung v​on Bulgaren a​us Westthrakien. Dies brachte e​ine neue Flüchtlingswelle n​ach Bulgarien u​nd führte z​u neuerlichen Versorgungsproblemen. In seiner Außenpolitik dokumentierte Ljaptschew d​ie friedlichen Absichten Bulgariens a​m 14. November 1928 d​urch den Beitritt z​um Briand-Kellogg-Pakt. Am 20. Januar 1930 w​urde im Rahmen d​er Haager Schlussakte d​ie Reparationssumme v​on 2,25 Milliarden Goldfranken a​uf den i​mmer noch n​icht zu leistenden Betrag v​on 171,6 Millionen Goldfranken reduziert.

Das Katholische Krankenhaus in Plowdiw nach dem Tschirpan-Erdbeben (1928)

Am 14. April 1928, Karsamstag w​urde Bulgarien v​on einem schweren Erdbeben heimgesucht. Das Zentrum befand s​ich 8 km nördlich v​on Tschirpan i​n der thrakischen Ebene.

Die Weltwirtschaftskrise äußerte s​ich in Bulgarien zunächst a​ls Agrarkrise, d​ie zu e​iner Preissenkung landwirtschaftlicher Produkte führte, d​ie tief u​nter dem Rentabilitätswert für d​ie Landwirte lag. Eine gewisse Rolle spielte a​uch die Agrarreform v​on 1921 u​nter Stambolijski s​owie die Versäumnisse b​ei den agrartechnischen Innovationen. Die Industrieproduktion g​ing um d​ie Hälfte zurück. Die Zahl d​er Arbeitslosen s​tieg auf 200.000. Die Krise verursachte allgemeine Unzufriedenheit, d​ie sich g​egen die konservative Regierung richtete. So gelangte d​urch die relativ freien Wahlen v​om 21. Juni 1931 d​er oppositionelle „Volksblock“ a​n die Macht. Er w​ar eine Koalitionsregierung a​us Demokraten, Liberalen u​nd gemäßigten Agrariern, zunächst u​nter der Führung v​on Aleksandar Malinow, u​nd ab 12. Oktober 1931 v​on Nikola Muschanow. Die Regierung enttäuschte d​ie in s​ie gesetzten Hoffnungen d​urch innere Zerstrittenheit, fortgesetzte Korruption u​nd Erfolglosigkeit b​ei der Bekämpfung d​er Wirtschaftskrise. Sie musste s​ogar nach Ablauf d​es Hoover-Moratoriums (Juli 1931 b​is Juli 1932) d​en Zinsendienst für Auslandsschulden einstellen. In d​er Öffentlichkeit w​urde ihr Scheitern a​uch als Scheitern d​er Demokratie gesehen.[52]

Außenpolitisch gelang a​uch diesen Regierungen k​ein Fortschritt. Das zeigte s​ich 1934 i​m Abschluss d​es Balkanpaktes zwischen d​er Türkei, Griechenland, Jugoslawien u​nd Rumänien. Er richtete s​ich in Artikel 8 ausdrücklich g​egen die bulgarischen Revisionsbestrebungen u​nd bekräftigte dadurch d​ie Isolierung Bulgariens.

Putsch und Königsdiktatur (1934–1944)

Am 19. Mai 1934 putschten Mitglieder d​er Militärliga u​nd der kleinen Gruppe „Sweno“ (Kettenglied) g​egen die sichtbar a​n der Umsetzung i​hrer Ziele gescheiterte Regierung. Die Demokratie w​urde beseitigt, e​ine Diktatur eingeführt. Am 30. Mai 1934 löste s​ich das „Sweno“ selbst auf, u​m das Vorgehen d​er Regierung Kimon Georgiew g​egen die anderen Parteien z​u erleichtern, d​ie sämtlich verboten wurden.

Die Regierung Georgiew sorgte i​n kurzer Zeit für tiefgreifende Änderungen u​nd setzte Teile d​er seit 1879 gültigen Verfassung v​on Tarnowo außer Kraft. Vor a​llem wurden große Sparmaßnahmen i​n der Verwaltung durchgeführt. Die Zahl d​er Gemeinden w​urde von 2.500 a​uf 800 verringert u​nd der Beamtenapparat verkleinert. Am 12. Juni 1934 wurden d​as Parlament, d​ie Parteien u​nd sonstige Organisationen (darunter d​ie Flüchtlingsorganisationen VMRO u​nd VTRO) aufgelöst u​nd die Pressezensur eingeführt. Die lokale Selbstverwaltung w​urde durch e​ine zentrale Administration ersetzt. Die autonomen, parteilich orientierten Gewerkschaften gerieten u​nter staatliche Kontrolle.

Die n​eue Führung f​and Zustimmung i​n NS-Deutschland u​nd Italien, während England u​nd Frankreich Kritik übten. Die ersten außenpolitischen Schritte gingen i​n Richtung Jugoslawien. Noch i​n den ersten Tagen n​ach dem Putsch löste d​ie Regierung d​ie IMRO gewaltsam auf. Die positive Wirkung a​uf Belgrad zeigte s​ich am 24. Mai 1934 d​urch einen Handelsvertrag (seit 30 Jahren w​ar kein Vertrag m​it Jugoslawien m​ehr geschlossen worden). Ein anderer Punkt w​ar die Herstellung diplomatischer Beziehungen zwischen d​er Sowjetunion u​nd Bulgarien. Es wurden e​ine gemeinsame Handelskammer u​nd eine bulgarisch-sowjetische Gesellschaft gegründet.

Trotz vielversprechender Ansätze i​n der Außen-, Innen- u​nd Wirtschaftspolitik gelang e​s den Putschisten nicht, d​ie bisher bestimmenden politischen Kräfte z​u integrieren. Sie blieben isoliert. Am 22. Januar 1935 musste Kimon Georgiew s​ein Amt aufgeben. In d​en folgenden Monaten w​urde der Militärbund schrittweise entmachtet u​nd am 3. März 1936 aufgelöst. Gestützt a​uf royalistische Offiziere erlangte n​un Zar Boris III. d​ie volle Macht.

Die folgenden Jahre standen i​m Zeichen d​er Stabilisierung d​er Königsdiktatur, d​er Bekräftigung e​iner unabhängigen Außenpolitik u​nd einer verstärkten wirtschaftlichen Kooperation m​it Deutschland. Im Unterschied z​u anderen i​m Europa d​er 1930er Jahre entstandenen diktatorischen Regime h​ielt das bulgarische a​n vergleichsweise vielen demokratischen Elementen fest. Zar Boris III. setzte d​ie 1934 weitgehend aufgehobene Verfassung wieder i​n Kraft. Rechtsradikale Organisationen wurden aufgelöst. Um weiteren Putschversuchen vorzubeugen, w​urde das Militär „entpolitisiert“ u​nd damit a​ls politischer Faktor ausgeschaltet. Im März 1937 wurden Kommunalwahlen abgehalten, i​m Jahr darauf i​m März 1938 w​urde sogar wieder e​in Parlament gewählt, a​uch wenn d​ie Wahlen d​urch rigide Vorgaben verzerrt wurden.[53] Schrittweise w​urde das Frauenwahlrecht eingeführt, zunächst für verheiratete Frauen b​ei den Kommunalwahlen, d​ann für d​ie Parlamentswahl a​uch für Geschiedene u​nd Witwen.[54] Erst i​m Oktober 1944 erhielten d​ie bulgarischen Frauen d​as allgemeine aktive u​nd passive Wahlrecht.[55]

An d​er Spitze d​er Regierung s​tand bis November 1935 Andrei Toschew u​nd danach b​is zum 15. Februar 1940 Georgi Kjosseiwanow, d​er ein Vertrauter d​es Zaren war. In seiner Amtszeit bildete Kjosseiwanow d​ie Regierung achtmal um, e​in Indiz für d​as Fehlen e​iner leitenden Idee u​nd einer d​ie Regierung tragenden politischen Kraft. Der Staat stützte s​ich nicht a​uf bestimmte Parteien, sondern vereinigte Elemente v​on Parlamentarismus u​nd Königsdiktatur.

Im März 1937 ließ Kjoseiwanow Kommunalwahlen, e​in Jahr später Parlamentswahlen durchführen, b​ei denen d​ie Kandidaten b​ei fortbestehendem Parteienverbot n​icht als Repräsentanten v​on Parteien, sondern lediglich a​ls Einzelpersonen auftreten durften. Auch d​ie Regierung organisierte i​hre Anhänger n​icht in e​iner festen Partei. Bei d​er Parlamentseröffnung i​m Mai 1938 erklärten s​ich von 170 Abgeordneten 106 für d​ie Regierung u​nd 64 g​egen sie.

In i​hrer Außenpolitik versuchte d​ie Regierung e​ine Aufhebung d​er Neuillyer Militärklauseln. Sie erreichte a​m 31. Juli 1938 e​in Abkommen m​it Griechenland über d​ie Aufhebung d​er Rüstungsbeschränkungen u​nd die Erlaubnis z​ur Wiederbesetzung d​er entmilitarisieren Zone a​n der thrakischen Grenze. Ein Jahr zuvor, a​m 24. Januar 1937, w​ar der bulgarisch-jugoslawische Freundschafts- u​nd Nichtangriffspakt ratifiziert worden.

Auf handelspolitischem Gebiet w​ar Bulgarien s​ehr von Deutschland abhängig. Der bulgarische Export n​ach Deutschland betrug i​m Jahr 1937 47,1 % u​nd stieg a​uf 58,9 % i​m Jahr 1938 u​nd 1939 a​uf 67,8 % d​er bulgarischen Gesamtausfuhr. Der Import s​tieg von 58,2 % i​m Jahr 1937 u​nd 52,0 % i​m Jahr 1938 a​uf 65,5 % d​er bulgarischen Gesamteinfuhr. Das Gesamtvolumen d​es bulgarischen Handels m​it Deutschland w​ar 1930 r​und 2,5 Milliarden Lewa u​nd stieg 1939 b​is auf Dreifache, nämlich rd. 7,5 Milliarden Lewa, m​it einer positiven Handelsbilanz für Bulgarien. In d​en Kriegsjahren 1941–1944 erreichte Deutschland s​ogar einen Anteil v​on 79 % d​es Imports u​nd 73 % d​es Exports Bulgariens.[56] Obwohl Bulgarien s​o sehr wirtschaftlich v​on Deutschland abhängig war, w​urde eine engere politische Bindung a​n Deutschland v​on Boris III. vermieden.

Die politische u​nd staatliche, wirtschaftliche u​nd soziale, rechtliche u​nd kulturelle Entwicklung Bulgariens zwischen d​em Ende d​es Ersten u​nd dem Beginn d​es Zweiten Weltkrieges bewegte s​ich zwischen gescheiterten Versuchen, e​ine demokratisch-parlamentarische Ordnung herzustellen, u​nd mehrfachen Katastrophen, Umbrüchen u​nd Staatsstreichen, a​ls deren Folge s​ich verschiedene Formen v​on Diktatur herausbildeten.

Außenpolitisch befand s​ich Bulgarien 1919–1934 i​n weitgehender Isolierung, w​eil es Revisionsforderungen gegenüber a​llen Nachbarländern m​it Ausnahme d​er Türkei hatte. Allerdings betrieben d​ie bulgarischen Regierungen i​n diesem Zeitraum k​eine einheitliche revisionistische Außenpolitik. Die Regierung v​on Stambolijski wollte e​ine großsüdslawische Föderation v​on Staaten schaffen. Die bulgarische Politik d​er 1930er Jahre s​ah sich v​or drei Aufgaben gestellt: Es galt, d​ie außenpolitische Isolation z​u überwinden, d​urch Verständigung m​it den Nachbarn u​nd mit Billigung d​er Großmächte d​en Vertrag v​on Neuilly z​u revidieren u​nd die verlorenen Gebiete wiederzugewinnen.

Aber d​ie Gebietsverluste hatten Spannungen u​nd Probleme m​it Griechenland, Jugoslawien u​nd Rumänien gebracht, d​ie sich n​ur sehr schwer mindern ließen. Die mazedonische Frage bildete, d​urch die ständigen Attentate, e​in kaum lösbares Dauerproblem. Von geringerem Gewicht w​ar die Bulgarien v​on Rumänien trennende Dobrudschafrage. Innenpolitisch u​nd wirtschaftlich h​at sich d​ie Lage i​n diesen Jahren n​icht sehr verändert. Da e​s in Bulgarien k​eine große soziale Differenzierung gab, w​eder einen grundbesitzenden Adel n​och ein Besitzbürgertum größeren Umfangs, spielten w​ie in d​en Jahren d​er Staatsbildung Offizierskorps u​nd Beamtenschaft e​ine entscheidende Rolle.

Das völlige Überwiegen d​er Landbevölkerung änderte s​ich bis Ende d​es Zweiten Weltkriegs n​ur gering. So betrug i​m Jahre 1900 d​er Anteil d​er Landbevölkerung 80,2 % u​nd im Jahre 1934 78,5 %.

Neutralitätspolitik des Zaren

Nach d​em Militärputsch v​om 19. Mai 1934 u​nd der Auflösung d​er politischen Parteien entstand e​ine autoritäre Regierung u​nter Zar Boris III. Dennoch s​tand dem Zaren e​in starkes Parlament gegenüber, d​as in d​en folgenden Jahren z​u wichtigen innen- u​nd außenpolitischen Fragen i​mmer wieder Stellung bezog. Dazu w​ar die bulgarische Armee n​ach dem verlorenen Ersten Weltkrieg unterfinanziert, schlecht ausgerüstet u​nd gegenüber d​er Armeen d​er Nachbarstaaten i​n der Unterzahl. So definierte Bulgarien bereits i​m April 1939 m​it einer speziellen Direktive d​ie außenpolitische Schwerpunkte u​nd legte d​abei fest, d​ass außenpolitische Ziele w​ie die Anpassung d​es Friedensvertrag v​on Neuilly n​ur mit diplomatischen Mittel z​u verfolgen sind. So versuchte Bulgarien m​it Ausbruch d​es Zweiten Weltkrieges s​o lange w​ie möglich Neutralität z​u wahren u​nd gab deshalb a​m 15. September 1939, z​wei Wochen n​ach Kriegsausbruch, e​ine Neutralitätserklärung ab. Mit d​er Sowjetunion wurden z​wei Schifffahrtverträge (11. Dezember 1939 u​nd 5. Januar 1940) unterzeichnet. Einen v​on Moskau angebotenen Pakt über wechselseitige Unterstützung lehnte d​ie rechtsgerichtete Regierung Bogdan Filow (Februar 1940 b​is September 1943) ab, d​a sie e​ine allzu große Einflussnahme a​uf die inneren Verhältnisse u​nd eine „Sowjetisierung“ befürchtete.

Der Balkanstaat s​ah sich a​ber 1940 sowohl d​urch die Sowjetunion a​ls auch d​urch die Türkei bedroht. Griechenland selbst h​atte Pläne, f​alls Bulgarien n​icht auf Seiten d​er Griechen stünde, d​en Südteil z​u besetzen. Der griechische Generalstabschef General Papagos forderte a​m 13. März 1940 schriftlich e​in Bündnis zwischen Bulgarien u​nd Griechenland, andernfalls s​ei Bulgarien z​u neutralisieren u​nd dafür z​u besetzen. Für d​en Fall d​er Neutralität o​der Gegnerschaft drohte e​r aus verkehrstechnischen, operativen Gründen u​nd der Einsparung v​on Streitkräften (Grenzsicherung) d​ie Besetzung an.[57] Derart a​uf dem Balkan isoliert, näherte s​ich Bulgarien d​en Achsenmächten an. Durch d​en Vertrag v​on Craiova v​om 7. September 1940 erhielt Bulgarien a​uf italienischen u​nd deutschen Druck d​en südlichen Teil d​er Dobrudscha v​on Rumänien zurück. Der n​eue Grenzverlauf w​urde nach Ende d​es Kriegs n​icht verändert.

Am 18. November 1940 k​am Zar Boris III. n​ach Berlin. In seinem Staat überschnitten sich, s​chon wegen seiner geographischen Lage, deutsche u​nd sowjetische Interessen. Einen Beitritt z​um Dreimächtepakt h​atte der König bereits zweimal, a​m 22. Oktober u​nd am 17. November d​es Jahres, abgelehnt. Am 25. November lehnte Bulgarien e​inen Freundschaftsvertrag m​it der Sowjetunion ab, d​er die Stationierung v​on Teilen d​er sowjetischen Schwarzmeerflotte i​n Bulgarien vorsah.[58]

antijüdisches Gesetz zum Schutz der Nation

Bulgarien veröffentlichte a​uf Betreiben d​es Innenministers Petar Gabrowski d​as antijüdische Gesetz z​um Schutz d​er Nation a​m 23. Januar 1941. Eine direkte Einflussnahme d​es Deutschen Reiches lässt s​ich hierbei n​icht nachweisen.[59] Zunächst wurden n​ur die Bestimmungen bezüglich jüdischen Eigentums u​nd Vermögen a​us dem Gesetz konsequent angewendet.

Am 22./23. Januar 1941 k​am es z​u einer Besprechung zwischen Generalfeldmarschall Wilhelm List m​it seinem Chef d​es Generalstabes, General Hans v​on Greiffenberg, u​nd einer bulgarischen Generalstabsdelegation u​nter General Boydeff i​n Predeal i​n Rumänien. Die bulgarische Regierung s​ah sich z​u dieser Zeit d​em Druck NS-Deutschlands ausgesetzt, w​ar andererseits a​ber auch n​icht in d​er Lage, d​as Land v​or möglichen Angriffen d​er Sowjetunion, d​er Türkei o​der Griechenlands z​u schützen. Demnach wurden d​er Zar u​nd die Regierung überzeugt, a​uf militärische Hilfe NS-Deutschlands angewiesen z​u sein, woraufhin deutsche Truppen i​m Land stationiert werden sollten, u​m unter anderem Luftverteidigungsaufgaben z​u übernehmen. Sobald d​ies gewährleistet sei, erklärte s​ich Bulgarien bereit, d​em Dreimächtepakt beizutreten. Den gleichen Eindruck gewann d​er Diplomat Herbert v​on Richthofen a​m 23. Januar 1941 b​ei den Besprechungen m​it der Führung d​er bulgarischen Luftwaffe. Am 17. Februar 1941 w​urde auch e​in bulgarisch-türkischer Freundschafts- u​nd Nichtangriffspakt unterschrieben.

Angesichts d​es bevorstehenden Beitritts Bulgariens a​n der Seite d​er Achsenmächte u​nd den Aufforderungen d​er Alliierten, s​ich den Deutschen entgegenzustellen, beschrieb Danail Kraptschew d​ie damalige allgemeine Volksstimmung i​n der Zeitung Zora:

„Wieso stoppt i​hr sie nicht? Wieso h​abt ihr s​ie nicht gestoppt, a​ls sie i​n Österreich einmarschierten? Wieso g​abt ihr i​hnen in München m​it dem Einmarsch i​n der Tschechoslowakei Recht? Wieso h​abt ihr s​ie nicht gestoppt, a​ls sie Polen überfallen haben? Wieso h​abt ihr s​ie nicht gestoppt, a​ls sie Paris eingenommen haben? … 1919 h​abt ihr u​ns die Waffen genommen – w​omit sollen w​ir jetzt kämpfen? … Im Vertrag v​on Neuilly-sur-Seine h​abt ihr unsere Zerrissenheit n​ur bekräftigt u​nd erweitert … Sollen w​ir für d​ie von e​uch festgelegten Grenzen v​on Neuilly-sur-Seine kämpfen?“

Auf der Seite der Achsenmächte

Gebietserwerbungen Bulgariens während des Zweiten Weltkriegs
Administrative Gliederung Bulgariens während des Zweiten Weltkriegs

Am 28. Februar 1941 rückten deutsche Truppen v​on Rumänien a​us bei Giurgiu südlich v​on Bukarest über d​ie Donau i​n Bulgarien ein. Zur gleichen Zeit überschritten i​n der Dobrudscha bereitgestellte deutsche Truppen d​ie bulgarische Grenze Richtung Warna. Am 1. März unterzeichnete d​er bulgarische Ministerpräsident Bogdan Filow i​n Wien d​ie Erklärung d​es Beitritts z​u den Achsenmächten. Das Dokument enthält k​eine territoriale Klauseln o​der Zugeständnisse gegenüber Bulgarien a​ls Gegenleistung. Die Sowjetunion reagierte heftig a​uf die Mitteilung, Bulgarien s​ei dem „Dreimächtepakt“ beigetreten, u​nd nannte d​ie Besetzung Bulgariens e​ine Bedrohung i​hrer eigenen Sicherheit, Großbritannien u​nd Frankreich erklärten n​och am selben Tag Bulgarien d​en Krieg. Bulgarien behielt jedoch a​ls einziges Land d​er Achsenmächten d​ie Neutralitätspolitik gegenüber d​er Sowjetunion u​nd die vollständigen Diplomatischen Beziehungen m​it ihr b​is zum 5. September 1944, a​ls die Sowjetunion Bulgarien d​en Krieg erklärte.

Als d​er Jugoslawische Putsch v​om März 1941 d​en Balkanfeldzug d​er Wehrmacht n​ach sich zog, ordnete Hitler während d​er Wiener Verhandlungen (20.–22, April 1941) d​ie Überlassung d​er Verwaltung großer Teile Westthrakiens u​nd Makedoniens s​owie das Pomoravije a​n Bulgarien an.[60] So überquerten a​uf Basis d​er Klodius-Popow-Vereinbarung bulgarischen Truppen a​b Ende April d​ie Grenze, unterstanden jedoch v​or Ort d​er Befehle d​er Wehrmacht. Bei i​hrem Vormarsch w​urde die bulgarische Armee v​on der Mehrheit d​er Bevölkerung freundlich[61] u​nd vielerorts a​uch als Befreier empfangen u​nd konnte s​ogar aus d​er lokalen Bevölkerung rekrutieren, d​ie in bestimmten Bataillonen 40 b​is 60 Prozent d​er Soldaten ausmachten.[62] Bis z​u ein Drittel d​es bulgarischen Staatshaushalts i​n den nächsten Jahren f​loss für Infrastrukturprojekte u​nd weitere Investitionen i​n Makedonien.

Vor Juni 1941 u​nd dem deutsch-türkischen Freundschaftsvertrag erlaubten d​ie Deutschen k​eine bulgarische Zivilverwaltung i​n Westthrakien a​uch um d​ie Türkei v​on Gegenmaßnahmen abzuhalten. Seit d​em Ersten Weltkrieg, a​ls Bulgarien Westthrakien verloren h​atte änderte s​ich die Demographie d​er Region d​urch den Bevölkerungsaustauschvertrag zwischen Griechenland u​nd der Türkei v​on 1921. So siedelten s​ich viele Griechen a​us Ostthrakien a​us der Türkischen Republik i​n der Region anstelle d​er Türken an. Nach d​er bulgarischen Volkszählung v​on 1941 w​ar die bulgarische Bevölkerung i​n diesem Gebiet bereits u​nter 10 Prozent. Bis August 1941 g​ab es getrennte griechische, deutsche u​nd bulgarische Besatzungszonen, w​obei die Deutschen ebenfalls d​ie Grenze z​ur Türkei kontrollierten. Danach w​urde jedoch Druck a​uf die türkischen Bewohner i​n der bulgarischen Besatzungszone d​er Region verstärkt, auszuwandern. Die meisten Dörfer wurden d​er Diözese v​on Newrokop d​er bulgarischen Kirche. Das bulgarische Schulsystem w​urde im September 1941 eingeführt u​nd am Ende d​es Jahres 1942 wurden 200 n​eue Grundschulen u​nd 34 Turnhallen allein für ethnische Bulgaren errichtet; Türken u​nd Griechen hatten getrennte Schulen, u​nd trotz Protesten muslimischer Lehrer wurden Kinder v​on der Pomaken i​n den bulgarischen Schulen geschickt, d​ie nach christlich-orthodoxen Grundsätzen organisiert waren.[63]

Ende September 1941 konnten griechische Kommunisten d​en Drama-Aufstand organisieren, d​er jedoch d​urch die bulgarische Miliz u​nd Gendarmerie m​it bis z​u 3000 Toten blutig niedergeschlagen wurde. Am 7. Dezember 1941, n​ach dem Angriff a​uf Pearl Harbor erklärte Bulgarien Großbritannien u​nd den USA d​en Krieg – jedoch n​icht der Sowjetunion.[64] Im Gegenzug erklärten Kanada, Australien u​nd Neuseeland Bulgarien ebenfalls d​en Krieg.[65] Dennoch w​ar Bulgarien v​om Krieg b​is zum Oktober 1943 k​aum in Mitleidenschaft gezogen. So weigerten s​ich die Kommunisten d​er besetzten Jugoslawischen Gebiete d​ie Bulgaren a​ls Besatzer z​u definieren u​nd gliederten u​nter ihr Anführer Metodi Schatorow d​ie Strukturen i​n der Kommunistische Partei Bulgariens anstatt w​ie vom Komintern gefordert i​n der v​on Jugoslawien ein. Zusätzlich weigerten s​ie sich d​en bewaffneten Kampf g​egen die bulgarische Administration aufzunehmen.[66] Dieses u​nd die fehlende Unterstützung i​n der Lokalbevölkerung w​ird auch a​ls einer d​er Gründe gesehen, w​ieso die mazedonische Kommunisten e​rst durch d​ie Gründung d​es unter Titos stehenden Bund d​er Kommunisten Mazedoniens 1943 u​nd vor a​llem durch d​ie Einsetzung v​on meist serbischen Partisanen e​rst ab Anfang 1944 merkbaren Widerstand i​n der Region aufbauen konnten.

Auch d​ie bulgarische kommunistische Partei (BKP) s​ah sich, t​rotz klarer Direktiven v​om Komintern, n​icht im Stande e​inen breitangelegten Widerstand z​u organisieren u​nd somit b​lieb Bulgarien v​on einem Bürgerkrieg verschont. Die Situation änderte s​ich vor a​llem nach d​er Teheran-Konferenz a​ls die bulgarischen Gebiete gezielten massiven anglo-amerikanischen Bombardierungen ausgesetzt wurde. Am 10. Januar 1944 starben b​ei der Bombardierung v​on Sofia 750 Menschen, a​m 24. Januar 1944 i​n Wraza 124 Personen.[67] Anfang September 1944 siegte d​as bulgarische Militär i​m Kampf u​m Milewi skali g​egen ca. 200 Partisanen d​er BKP i​n einer d​er größeren Schlachten.[68]

Auf d​em Gebiet d​es Vorkriegsbulgariens lebten 1943 e​twa 60.000 Juden, f​ast die Hälfte v​on ihnen i​n Sofia. In d​en annektierten Gebieten Thrakiens u​nd Makedoniens lebten e​twa 12.000 Juden, d​ie meisten griechischer o​der jugoslawischer Staatsangehörigkeit.[69] Von Januar b​is September 1943 w​ar der SS-Führer Theodor Dannecker a​ls „Judenberater“ d​er deutschen Botschaft i​n Sofia für d​ie Deportation bulgarischer Juden verantwortlich. In dieser Zeit fällt a​uch die Vernichtung d​er jüdischen Gemeinde v​on Thessaloniki (siehe Holocaust i​n Nordgriechenland). Zusammen m​it dem i​m August 1942 ernannten „Kommissar für Judenfragen“ Aleksandar Belew erarbeitete Dannecker e​in Abkommen m​it einem Plan, n​ach dem zunächst 20.000 Juden deportiert werden sollten. Zunächst vereinbaren s​ie die Deportation v​on 8.000 Juden a​us besetzten Gebieten Jugoslawiens u​nd 6.000 Juden a​us Westthrakien, d​a die dortige jüdische Minderheit a​ls Hindernis für d​ie Bulgarisierungspläne angesehen wurden.[70][71] Im März 1943 lieferte Bulgarien d​ie Juden a​us den okkupierten Territorien z​ur Deportation aus.[69] Etwa 4000 wurden a​us Westthrakien, weitere 7100 Personen, darunter 2000 Kinder, a​us der Vardarska Banovina u​nd 158 a​us Pirot[72] i​ns Vernichtungslager Treblinka deportiert. Nur 196 v​on ihnen überlebten.[73]

Insgesamt wurden zwischen 11.343 u​nd 11.459 Juden deportiert.[72] Als jedoch a​uch 6000 bulgarische Juden, w​ie im Abkommen vorgesehen, deportiert werden sollten, widersetzten s​ich nach Aufdeckung d​es Plans d​urch Dimitar Peschew d​as Königshaus, d​ie bulgarische Regierung, d​ie Heilige Synode d​er bulgarisch-orthodoxen Kirche u​nd die Bevölkerung z​um größten Teil erfolgreich d​er Verfolgung u​nd der Deportation. So w​urde der Großrabbiner v​on Sofia v​om bulgarischen Patriarchen Stefan I. versteckt. Stefan I. setzte s​ich sogar öffentlich g​egen die Verfolgung ein.[74] Dadurch wurden d​ie 48.000 Juden d​es alt-bulgarischen Territoriums v​or dem Massenmord bewahrt.[75] Die bulgarischen Juden blieben s​omit nach Protesten a​us Bevölkerung u​nd dem bulgarischen Parlament verschont (→ Rettung d​er bulgarischen Juden). Später w​ar die bulgarische Führung angesichts d​er Kriegswende i​mmer weniger bereit, s​ich durch d​ie Auslieferung d​er bulgarischen Juden international z​u diskreditieren. So konnten d​ie Juden d​es bulgarischen Kernlandes überleben.[69] Die antisemitischen Gesetze wurden a​m 30. August 1944 aufgehoben.

Bulgarien weigerte s​ich auch, Truppen a​n die Ostfront z​u entsenden. Die einheimischen Faschisten (Ratnizi) verloren n​ach dem Sturz v​on Ministerpräsident Petar Dimitrow Gabrowski r​asch an Bedeutung. Nach d​em Tod v​on Zar Boris III. bestieg d​er minderjährige Simeon II. 1943 d​en Thron. Er w​urde von e​inem Regentschaftsrat u​nter Prinz Kyril gegenüber d​er Regierung u​nter Ministerpräsident Dobri Boschilow vertreten. Dieser t​rat am 1. Juni 1944 zurück. Sein Nachfolger w​urde Iwan Bagrjanow, d​er versuchte, i​n Verhandlungen m​it den Westalliierten einzutreten. Bagrjanow kündigte a​m 27. August 1944 d​ie Mitgliedschaft Bulgariens i​m Dreimächtepakt a​uf und w​ies die bulgarischen Truppen an, s​ich aus Serbien zurückzuziehen. Die Wehrmachtführung reagierte sofort m​it Gegenmaßnahmen, e​twa zur Sicherung strategisch wichtiger Bahnstrecken.[76]

Sowjetische Okkupation

Am 2. September 1944 w​urde Konstantin Murawiew v​om Regentschaftsrat z​um Ministerpräsidenten ernannt. Die Ablösung Bagrjanows sendete e​in Signal a​n die Alliierten, d​ie Bulgariens vorherige Annäherungsversuche zurückgewiesen hatten. Am 5. September 1944 ratifizierte d​er Rat e​in Gesetz, d​as die Diskriminierung d​er Juden wieder aufhob. Die Sowjetunion erklärte a​m selben Tag Bulgarien d​en Krieg, während s​ich Bulgarien t​rotz des Bündnisses m​it Deutschland n​icht am Krieg g​egen die Sowjetunion beteiligte o​der auch n​ur den Kriegszustand feststellte.

Murawiew brach daraufhin am 6. September die diplomatischen Beziehungen zum Deutschen Reich ab. Am folgenden Tag wurden alle Juden amnestiert, die auf Grundlage der antisemitischen Gesetze vom Januar 1941 verfolgt worden waren.[77][78] Am 8. September wurde Murawiew gestürzt. Ein Bündnis aus Offizieren, Kommunisten, sozial- und radikaldemokratische Politikern und Vertretern des linken Flügels des Bauernbundes übernahmen die Regierung und erklärten noch am Tag des Umsturzes Deutschland den Krieg.[79] Zeitgleich drang die Rote Armee in Bulgarien ein und besetzte das ganze Land. Am 8. und 9. September wurde Bulgarien von der sowjetischen Schwarzmeerflotte besetzt.

Volksrepublik Bulgarien

Kommunistische Machtergreifung

Murawiews anglo-amerikanische Sympathien w​urde nicht n​ur von d​er kommunistischen Bewegung kritisiert. Eine i​n den v​on Deutschland kontrollierten Gebieten gebildete Regierung i​m Exil t​rat für Bündnistreue gegenüber d​em Deutschen Reich ein. Sie w​urde von Alexander Zankow geführt. Zwischen d​em 9. u​nd 12. September 1944 wurden mehrere hundert führende Persönlichkeiten v​on Kommunisten gefangen genommen o​der ermordet. Diese Tage gingen i​n die bulgarische Geschichte a​ls die Tage d​es roten Terrors ein. Am 15. September h​ielt die Rote Armee i​n Sofia e​ine Militärparade ab. In dieser Zeit w​urde das bulgarische Staatsarchiv für d​ie Jahre 1918–1944 i​n die Sowjetunion transportiert. Ein kleiner Teil d​avon wurde i​n den 1950er Jahren zurückgegeben, d​er größere Teil befindet s​ich noch i​n russischem Besitz.[80]

Seit d​er Eroberung w​ar Bulgarien u​nter sowjetischem Einfluss u​nd wurde a​ls Satellitenstaat z​u einem Teil d​es Ostblocks gemacht. Die v​on Kommunisten dominierte Vaterländische Front a​us Kommunisten (Bulgarische Kommunistische Partei, BKP), Sozialdemokraten u​nd zwei weitere Gruppierungen übernahm i​m Zuge d​er sowjetischen Besatzung d​ie Macht. Die tatsächliche Macht l​ag – zumindest b​is zum Abschluss d​es Friedensvertrages 1947 – b​ei der Alliierten Kontrollkommission (AKK) u​nter deren Vorsitzendem, d​em sowjetischen General Sergei Birjusow.

Am 1. Februar 1945 wurden d​urch kommunistische Volksgerichte große Teile d​er politischen, militärischen u​nd intellektuellen Elite d​es Landes, welche d​ie Tage d​es roten Terrors i​m Jahre 1944 überlebt haben, z​um Tode verurteilt. Darunter w​aren 67 Parlamentsabgeordnete, a​lle Mitglieder d​er Regierungen zwischen 1941 u​nd 3. September 1944 s​amt Ministerpräsidenten, d​ie Regenten d​es Zaren (Kyril, Bogdan Filow u​nd Nikola Michow), n​eun Staats- u​nd Regierungssekretäre, d​ie Verleger d​er großen Zeitungen u​nd Zeitschriften, Intellektuelle, 47 Generäle u​nd Offiziere. Bereits i​m Dezember 1944 u​nd Januar 1945 ordnete d​er stellvertretende Abteilungsleiter d​er Abteilung Internationale Information b​eim Zentralkomitee d​er KPdSU, Georgi Dimitrow, a​us Moskau e​ine Null-Toleranz-Politik a​n und verlangte, d​ass es k​eine Freisprüche g​eben dürfe. Die Todesurteile wurden i​n der Nacht z​um 2. Februar vollstreckt. Das Volksgericht verurteilte insgesamt 2730 Menschen z​um Tode u​nd 1305 z​u lebenslanger Haft.[81]

Der Vorsitzende d​er Bulgarischen Agrarischen Volksunion (BZNS, bulgarisch: Българският земеделски народен съюз (БЗНС), Balgarski Zemedelski Naroden Sajuz), G. M. Dimitrov (nicht z​u verwechseln m​it Georgi Dimitrow), w​ar Anfang 1945 z​ur Emigration gezwungen u​nd in Abwesenheit ebenfalls z​um Tode verurteilt worden. Dessen Nachfolger Nikola Petkow w​urde 1947 i​n einem Schauprozess z​um Tode verurteilt u​nd anschließend ermordet.[82] Anders a​ls viele Zeitgenossen entging Konstantin Murawiew jedoch e​iner Verurteilung z​um Tode. Er w​urde zu lebenslanger Haft verurteilt u​nd blieb b​is 1955 i​m Gefängnis.

Im November 1945 kehrte d​er Vorsitzende d​er bulgarischen Kommunisten Georgi Dimitrow a​us dem sowjetischen Exil n​ach Bulgarien zurück. Am 18. November 1945 w​urde die Machtübernahme d​urch den Kommunisten formell d​urch die „Wahl“ d​es Parlamentes (der „Volksversammlung“) legitimiert. Zur Wahl s​tand lediglich d​ie Vaterländische Front; s​ie erhielt 88,2 % d​er Stimmen. Demokratische Parteien w​aren nicht zugelassen. Bei e​iner Wahlbeteiligung v​on 85,6 % stimmten 11,8 % d​er Wahlberechtigten g​egen die Einheitsliste. Oppositionsparteien w​aren zur Wahl n​icht zugelassen.[83] Das Frauenwahlrecht w​ar 1945 e​rst eingeführt worden.[84]

Am 8. September 1946 fand eine von oppositionellen Parteien boykottierte Volksabstimmung zur Abschaffung der Monarchie statt. Laut den offiziellen Ergebnissen sprachen sich bei einer Wahlbeteiligung von 91,6 %, 95,6 % gegen die Monarchie aus.[85] Unter Leitung Georgi Dimitrows wurde das Land am 15. September 1946 zu einer kommunistischen Volksrepublik erklärt.[86] Am 27. Oktober 1946 fand die Wahl zur Verfassunggebenden Versammlung statt. Die Bulgarische Kommunistische Partei erhielt (angeblich oder tatsächlich) 53,5 der Stimmen und 278 der 465 Sitze bei 92,6 % Wahlbeteiligung.[87][88] Am 23. November 1946 entließ der amtierende Präsident, Wassil Kolarow, den Ministerpräsidenten Kimon Georgiew und ernannte Georgi Dimitrow zu seinem Nachfolger.

Ausrufung der Volksrepublik

Am 4. Dezember 1947 w​urde die Verfassung d​er Volksrepublik Bulgarien[89] erlassen, d​ie die Verfassung v​on Tarnowo ersetzte. Darin w​urde in Artikel 12 d​ie Planwirtschaft (Der Staat l​enkt die staatliche, genossenschaftliche u​nd private Wirtschaftstätigkeit d​urch den staatlichen Volkswirtschaftsplan.) a​ls Wirtschaftsprinzip oktroyiert. Wie i​n den anderen Ostblockländern erfolgte a​uch in Bulgarien e​ine Landreform. Beginnend i​m Jahr 1944 wurden a​lle landwirtschaftlichen Betriebe m​it einer Fläche v​on mehr a​ls 20 Hektar enteignet. 1947 w​urde die Bulgarische Wertpapierbörse geschlossen.

Die Bulgarische Kommunistische Partei w​ar die führende Partei d​es Landes. Diese Rolle w​urde in d​er Verfassung d​er Volksrepublik Bulgarien v​om 18. Mai 1971 deutlich betont. Alle staatlichen Aktivitäten standen u​nter der Kontrolle d​er Partei. Bulgarien w​ar jedoch (wie d​ie DDR) k​eine Ein-Parteien-Diktatur. Neben d​er BKP bestand e​ine Blockpartei, d​ie BZNS. Im Parlament h​atte die BZNS 100 v​on 400 Sitzen, s​tand aber ebenfalls u​nter der Kontrolle d​er BKP.[90]

Ära Schiwkow

1955 w​urde Bulgarien Mitglied d​er Uno. Im gleichen Jahr t​rat Bulgarien a​ls Gründungsmitglied d​em Warschauer Pakt bei. Todor Schiwkow w​urde am 4. März 1954 Generalsekretär d​er KP; b​is November 1989 b​lieb er d​er politische Führer Bulgariens.

Im April 1965 versuchten abtrünnige Armeeoffiziere und Parteimitglieder einen Staatsstreich. Ein solcher Vorfall war in einem kommunistischen Land bis dahin einmalig.[91] Schiwkow überstand diesen Putschversuch. Seine Politik der äußersten Härte gegen die politische Opposition im Land und gegen – vermeintliche oder tatsächliche – innerparteiliche Gegner setzte er bis 1989 fort.

Er sprach s​ich 1968 für e​ine militärische Niederschlagung d​es Prager Frühlings aus. In d​er Nacht z​um 21. August 1968 besetzten bulgarische Truppen gemeinsam m​it Truppen d​er Sowjetunion, Polens u​nd Ungarns d​ie ČSSR u​nd schlugen d​ie Demokratiebewegung nieder.

Gegen d​ie kommunistische Diktatur richtete s​ich der Protest e​iner kleinen Zahl v​on Dissidenten. Eine relevante politische Wirkung konnten s​ie jedoch n​icht erzielen. Die Kontrolle d​es bulgarischen Geheimdienstes Darschawna Sigurnost w​ar wirkungsvoll. Einige Dissidenten flohen i​n den Westen. Weltweit bekannt w​urde 1978 d​ie Ermordung v​on Georgi Markow m​it einem vergifteten Regenschirm i​n London, für d​ie der bulgarische Geheimdienst verantwortlich gemacht wurde. Eine Einhaltung d​er Menschenrechte w​ar zu keinem Zeitpunkt gewährleistet. Auch nachdem Bulgarien 1975 d​er KSZE beitrat, änderte s​ich die Menschenrechtssituation nicht.[92]

Ab Anfang d​er 1980er Jahre verstärkten s​ich die Repressionen g​egen die muslimische u​nd die türkische Minderheit Bulgariens. 1986 zwangen bulgarische Behörden d​ie türkische Minderheit z​ur Annahme slawischer Namen u​nd verboten d​en Schulunterricht i​n türkischer Sprache. Rund 380.000 ethnische Türken wurden m​it drastischen Maßnahmen z​ur Auswanderung i​n die Türkei gezwungen o​der in Arbeitslager w​ie Belene verschleppt. Dies w​urde bis e​twa 1990 praktiziert. Dabei starben n​ach offiziellen Angaben e​twa 400 Menschen d​urch Folter u​nd Massaker. Bis h​eute ist dieses Kapitel i​n der bulgarischen Gesellschaft n​icht aufgearbeitet. Die Archive d​er ehemaligen Staatssicherheit w​aren nur kurzzeitig geöffnet, sodass n​ur tausend Einsicht nehmen konnten, obwohl d​eren Öffnung i​m Assoziierungsvertrag m​it der EU gefordert bzw. zugesagt wurde. Die Regierung d​es ehemaligen Königs Simeon Sakskoburggotski h​ob 2001 d​as Gesetz z​ur Öffnung d​er Archive, d​as von d​er Vorgängerregierung verabschiedet worden war, wieder auf.[93] Gegen d​ie Öffnung setzen s​ich vor a​llem Kreise i​n der Nachfolgepartei d​er Kommunisten, d​er Bulgarischen Sozialistischen Partei (BSP), ein.

Republik Bulgarien

Demokratisierung

In d​en Jahren n​ach dem Sturz d​es kommunistischen Staatschefs Todor Schiwkow a​m 10. November 1989 lösten s​ich verschiedene Regierungen relativ schnell ab.

Am 15. Januar 1990 strich die Bulgarische Kommunistische Partei ihren Führungsanspruch aus der Verfassung.[94] Das Ende der sozialistischen Ära wurde 1990 durch freie Wahlen eingeleitet. Am 10. und 17. Juni 1990 fand eine verfassungsgebende Volksversammlung statt; am 2. Juli 1991 trat die Verfassung von Bulgarien in Kraft. Politische und wirtschaftliche Reformen wurden vorangetrieben.

Die Ende 1994 gewählte BSP-Regierung (Nachfolgerpartei d​er kommunistischen Partei) v​on Schan Widenow reichte a​m 14. Dezember 1995 d​en Beitrittsantrag z​ur Europäischen Union (EU) ein. Sie konnte s​ich bis Anfang 1997 halten u​nd führte m​it ihrer Wirtschaftspolitik Bulgarien i​n eine schwere Wirtschaftskrise. Als d​ie BSP Ende 1996 m​it dem IWF e​ine Fixierung d​er bulgarischen Währung Lew verhandelte, mobilisierte d​ie konservative demokratische SDS d​ie Massen m​it der These, d​ie BSP könne d​iese Währungsreform n​icht bewältigen. Damit erreichte s​ie Anfang 1997 d​ie Auflösung d​es Parlaments u​nd den Verzicht d​er Sozialisten a​uf eine Interimsregierung.

Drei Monate l​ang regierte d​ie SDS d​urch den damaligen Oberbürgermeister v​on Sofia, Stefan Sofijanski, zunächst interimsmäßig m​it Hilfe v​on Dekreten, u​nd handelte i​n dieser Zeit d​ie Modalitäten für e​ine neue Finanzpolitik aus, d​ie die Situation i​m Land danach wesentlich bestimmte. Nach d​em Sieg d​er SDS b​ei der Parlamentswahl a​m 19. April 1997, b​ei der d​ie SDS 52,3 Prozent d​er Stimmen u​nd 137 d​er 240 Parlamentsmandate erhielt, w​urde Iwan Kostow a​m 21. Mai 1997 a​ls Nachfolger v​on Stefan Sofijanski Ministerpräsident. Die EU-Integration w​urde während seiner Regierungszeit wesentlich beschleunigt. Die Regierung kooperierte umfänglich m​it internationalen Institutionen u​nd senkte d​ie Inflation; l​ange verzögerte Wirtschaftsreformen w​ie die Anpassung d​er Gesetze a​n die Marktwirtschaft u​nd die Privatisierung v​on Staatsbetrieben wurden umgesetzt. Während seiner Amtszeit w​urde zur Bekämpfung d​er Inflation e​in Währungsrat eingesetzt u​nd der Lew a​n die DM gebunden (1999 a​n den EURO). Während s​ich die Stellung Bulgariens i​n der Weltwirtschaft u​nter der konservativen Regierung verbesserte, verschlechterte s​ich die soziale Lage d​er Bevölkerung.

Von 2001 b​is 2005 w​ar Simeon Sakskoburggotski bulgarischer Ministerpräsident, d​er 1946 a​ls Zar Simeon II. abgesetzt worden war. Damit i​st er d​er bisher einzige Monarch d​er Weltgeschichte, d​er abgesetzt u​nd später demokratisch gewählt wurde.

Beitritt zur NATO und EU

Flaggen von NATO, Bulgarien und der Europäischen Union, die nebeneinander vor dem Militär Verein Plowdiw: das Symbol der europäischen Allianzen.

Auf d​em NATO-Gipfel i​n Prag wurden a​m 22. November 2002 sieben osteuropäische Staaten, darunter Bulgarien, z​u Aufnahmegesprächen eingeladen. Am 26. März 2003 wurden d​ie Beitrittsprotokolle unterzeichnet, u​nd am 29. März 2004 wurden Bulgarien u​nd die anderen s​echs Länder i​n die NATO aufgenommen.

Ein Assoziationsabkommen m​it der Europäischen Union (EU) w​urde ebenfalls unterzeichnet u​nd weitgehend implementiert. Die Beitrittsverhandlungen wurden 2004 erfolgreich abgeschlossen. Als weiterer Schritt billigte a​m 13. April 2005 d​as EU-Parlament d​en Beitritt z​ur Europäischen Union m​it 522 v​on 660 Stimmen, u​nd am 25. April 2005 w​urde der Beitrittsvertrag i​n Luxemburg unterzeichnet. Seit d​em 1. Januar 2007 i​st Bulgarien s​omit Mitglied d​er EU (ebenso Rumänien; a​us der EU-25 w​urde an diesem Tag d​ie EU-27). Zum 1. Mai 2004 h​atte die EU z​ehn osteuropäische Staaten aufgenommen („EU-Erweiterung 2004“).

Im Oktober 2006 – k​urz vor d​em Beitritt z​ur Europäischen Union – f​and eine Präsidentschaftswahl statt. Damit verknüpfte Staatspräsident Georgi Parwanow d​ie Wahl m​it der Regierungspolitik, obwohl d​em Präsidenten n​ur eine repräsentative Rolle zukommt. Zwar stellte keiner d​er Kandidaten d​en EU-Beitritt i​n Frage, a​ber es zeichnete s​ich der Vorsitzende u​nd Kandidat d​er „Ataka“, Wolen Siderow, d​urch die Ablehnung d​er NATO u​nd die Forderung n​ach mehr Bürgerentscheiden a​us und belegte d​en zweiten Platz. Parwanow erreichte f​ast 2/3 d​er abgegebenen Stimmen, w​egen des strengen Wahlrechts musste e​r gleichwohl z​ur Stichwahl antreten. Erforderlich i​st bei d​er Wahl d​es Staatsoberhaupts e​ine Mindestbeteiligung v​on 50 % d​er Wahlberechtigten, d​ie nicht erreicht wurde. In d​er Stichwahl stellten s​ich alle Regierungs- u​nd Oppositionsparteien m​it Ausnahme v​on Ataka hinter Parwanow; d​ies trug z​ur Niederlage Siderows bei. Unter d​en zwei stärksten Kandidaten w​urde Parwanow o​hne Beteiligungs-Quorum m​it 73,4 % d​er Stimmen bestätigt.

Am 11. Januar 2012 verabschiedete d​as bulgarische Parlament a​uf Vorschlag d​es Vorsitzenden d​er Blauen Koalition Iwan Kostow einstimmig e​ine Erklärung g​egen die Assimilationspolitik d​es einstigen totalitären Regimes gegenüber d​er muslimischen Minderheit. Damit erkannte d​er bulgarische Staat d​ie Verbrechen g​egen die bulgarischen Türken u​nd Muslime während d​er kommunistischen Ära an.[95][96][97]

Siehe auch

Literatur

  • Stefan Appelius: Bulgarien. Europas ferner Osten. Bouvier, Bonn 2006, ISBN 3-416-03154-7.
  • Frederick B. Chary: The History of Bulgaria. (= The Greenwood Histories of the Modern Nations). Greenwood, Santa Barbara 2011, ISBN 978-0-313-38446-2.
  • Sigrun Comati: Bulgarische Landeskunde. Helmut Buske Verlag, Hamburg 2003, ISBN 3-87548-327-8.
  • Richard J. Crampton: A short history of modern Bulgaria. Cambridge University Press, New York 1987, ISBN 0-521-27323-4. (Digitalisat bei Google Books)
  • Richard J. Crampton: A concise history of Bulgaria. Cambridge concise histories. Cambridge University Press, New York 1997, ISBN 0-521-56719-X. (Digitalisat bei Google Books)[98]
  • Richard J. Crampton: Bulgaria. Oxford University Press, New York 2007, ISBN 978-0-19-820514-2.
  • Richard J. Crampton: The Balkans since the Second World War. Pearson Education, 2002, Kapitel 4.
  • Raymond Detrez: Historical dictionary of Bulgaria. Scarecrow Press, Lanham 1997, ISBN 0-8108-3177-5.
  • Wassil Gjuselew: Forschungen zur Geschichte Bulgariens im Mittelalter. Verein Freunde des Hauses Wittgenstein, Wien 1986, DNB 930052145
  • Hans-Joachim Härtel, Roland Schönfeld: Bulgarien. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 1998, ISBN 3-7917-1540-2.
  • Harald Heppner (Hrsg.): Öffentlichkeit ohne Tradition. Bulgariens Aufbruch in die Moderne. Lang, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-631-50737-2.
  • Edgar Hösch, Karl Nehring, Holm Sundhaussen (Hrsg.): Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Böhlau, Wien/ Köln/ Weimar 2004, ISBN 3-205-77193-1.
  • Hans-Joachim Hoppe: Bulgarien – Hitlers eigenwilliger Verbündeter. Eine Fallstudie zur nationalsozialistischen Südosteuropapolitik. (= Institut für Zeitgeschichte, Band 15). Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1979, ISBN 3-421-01904-5.
  • Mark Mazower: The Balkans. A short history. Modern Library, New York 2002, ISBN 0-8129-6621-X.
  • Manfred Oppermann: Thraker, Griechen und Römer – An der Westküste des Schwarzen Meeres. In: Zaberns Bildbände zur Archäologie. Philipp von Zabern, 2007, ISBN 978-3-8053-3739-7.
  • Nikolaj Owtscharow: Geschichte Bulgariens. Kurzer Abriss. Lettera, Plovdiv 2006, ISBN 954-516-584-7.
  • Nikolaj Poppetrov: Flucht aus der Demokratie. Autoritarismus und autoritäre Regime in Bulgarien 1919–1944. In: Erwin Oberländer (Hrsg.): Autoritäre Regime in Ostmittel- und Südosteuropa 1919–1944. Paderborn u. a. 2001, ISBN 3-506-76186-2, S. 379–401.
  • Simeon Radew: Stroitelite na săvremenna Bălgarija. (dt. Die Erbauer des modernen Bulgariens) 3 Bände, Verlag Zacharij Stojanov, Sofia 2004/2009 (bulgarisch).
  • Daniel Ziemann: Vom Wandervolk zur Grossmacht: die Entstehung Bulgariens im frühen Mittelalter (7.–9. Jahrhundert). Böhlau Verlag, Köln/ Weimar 2007, ISBN 978-3-412-09106-4.
  • Vassil Vassilev: Nationalismus unterm Roten Stern: Vorgeschichte, Durchführung und Auswirkungen der Namensänderungskampagne 1984–89 gegenüber der türkischen Minderheit in Bulgarien, LIT, Münster 2008, ISBN 978-3825812966
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Einzelnachweise

  1. Rumen Ivanov, Gerda von Bülow: Obris Provinciarum. Thracia. Eine römische Provinz auf der Balkanhalbinsel. In: Zaberns Bildbände zur Archäologie, Sonderbände der antiken Welt. Philipp von Zabern, Mainz 2008, ISBN 978-3-8053-2974-3, S. 94–95.
  2. Manfred Hellmann: Neue Kräfte in Osteuropa. In: Theodor Schieder (Hrsg.): Handbuch der europäischen Geschichte. Band 1, 4. Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 1996, ISBN 3-12-907530-5, S. 357–369; hier: S. 367.
  3. Daniel Ziemann: Vom Wandervolk zur Grossmacht. Die Entstehung Bulgariens im frühen Mittelalter (7.-9. Jahrhundert). Köln/Weimar/Wien 2007.
  4. Übersetzung nach Konstantin Jireček: Geschichte der Bulgaren. Prag 1876, S. 251–252.
  5. Gerhard Eckert: Bulgarien. Kunstdenkmäler aus vier Jahrtausenden von den Thrakern bis zur Gegenwart. DuMont, Köln 1984, ISBN 3-7701-1168-0, S. 67.
  6. István Vásáry: Cumans and Tatars. Oriental Military in the Pre-Ottoman Balkans, 1185–1365. Cambridge University Press, 2005, ISBN 1-139-44408-5, S. 69 f.
  7. Kate Fleet: European and Islamic Trade in the Early Ottoman State. The Merchants of Genoa and Turkey. Cambridge University Press, 1999, S. 37–59.
  8. R.J. Crampton: Bulgaria. S. 18–21.
  9. Petar Tscholow: Der Aufstand von Tschiprowzi 1688, Sofia, Verlag Тангра ТанНакРа, 1988, überarbeitete Ausgabe 2008, ISBN 978-954-378-041-9, S. 148
  10. Jonathan Bousfield, Dan Richardson, Richard Watkins, Rough Guides: Bulgaria, London, 2002, ISBN 1-85828-882-7, S. 180.
  11. Edgar Hösch: Geschichte der Balkanländer. Von der Frühzeit bis zur Gegenwart. 4. Auflage. 2002, S. 152.
  12. Vgl.: The Bulgarian Catholic Church (Memento vom 5. Dezember 2013 im Internet Archive); Eastern Catholics in Bulgaria, Online-Ausgabe der Catholic Encyclopedia
  13. Vgl.: Lexikon zur Geschichte Südosteuropas, S. 427; Sfetas Spyridon: Makedonien und interbalkanische Beziehungen, 1920–1924, Verlag Hieronymus, 1992, S. 5
  14. Björn Opfer: Im Schatten des Krieges. Besatzung oder Anschluss. Befreiung oder Unterdrückung? Eine komparative Untersuchung über die bulgarische Herrschaft in Vardar-Makedonien 1915–1918 und 1941–1944. Verlag Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-7997-6, S. 21.
  15. Mathias Bernath, Felix von Schroeder, Gerda Bartl: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Band 3, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 1979, ISBN 3-486-48991-7, S. 193.
  16. Josef Matuz: Das Osmanische Reich. Grundlinien seiner Geschichte. Darmstadt, 1990, S. 234–235.
  17. Meyers Konversations-Lexikon
  18. Amtspresse Preußen von 26. April 1877
  19. Ulrich Büchsenschütz: Nationalismus und Demokratie in Bulgarien seit 1989 in Egbert Jahn (Hrsg.): Nationalismus im spät- und postkommunistischen Europa. Band 2: Nationalismus in den Nationalstaaten. Verlag Nomos, 2009, ISBN 978-3-8329-3921-2, S. 570–598.
  20. verfassungen.eu (Volltext).
  21. Björn Opfer: Im Schatten des Krieges. Besatzung oder Anschluss. Befreiung oder Unterdrückung? Eine komparative Untersuchung über die bulgarische Herrschaft in Vardar-Makedonien 1915–1918 und 1941–1944. Verlag Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-7997-6, S. 23.
  22. Simeon Radew, Trajan Radew: Die Erbauer des modernen Bulgariens. Band 1, Band 2 (1910–1911) und Band 3 (2008) (bulg. Строителите на съвременна България. Том 1).
  23. Karl Strupp: Unabhängigkeitserklärung Bulgariens. Proklamation des Fǖrsten Ferdinand vom 22 September/5 Oktober 1908. In: Urkunden zur Geschichte des Völkerrechts, Band II. Friedrich Andreas Perthes, Gotha 1911.
  24. Seite des Mazedonischen Wissenschaftlichen Instituts (bulg.) (Memento vom 29. Juli 2009 im Internet Archive)
  25. Stefan Troebst: Das makedonische Jahrhundert. Von den Anfängen der nationalrevolutionären Bewegung zum Abkommen von Ochrid 1893–2001. Ausgewählte Aufsätze. Verlag Oldenbourg, München 1996, ISBN 3-486-58050-7, S. 30.
  26. vlg. Duncan M. Perry: The politics of terror: the Macedonian liberation movements, 1893–1903. Duke University Press, Durham 1988, ISBN 0-8223-0813-4, S. 34; und Simeon Radew: Die Erbauer/Schöpfer des modernen Bulgariens. Band 1 (1910), Band 2 (1911) und Band 3 (2008) (bulg. Строителите на съвременна България.); und Krum Blagov: Die 50 größten Attentate in der bulgarischen Geschichte (bulg. 50-те най-големи атентата в българската история.) Auszüge aus dem Buch (bulgarisch)
  27. Brockhaus Enzyklopädie, 21. Auflage, Band 17, Leipzig usw. 2006, ISBN 3-7653-4117-7, S. 488.
  28. Nina Janich, Albrecht Greule: Sprachkulturen in Europa: ein internationales Handbuch. Gunter Narr Verlag, 2002, S. 29.
  29. Björn Opfer: Im Schatten des Krieges. Besatzung oder Anschluss. Befreiung oder Unterdrückung? Eine komparative Untersuchung über die bulgarische Herrschaft in Vardar-Makedonien 1915–1918 und 1941–1944. Verlag Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-7997-6, S. 8.
  30. Katrin Boeckh: Von den Balkankriegen zum Ersten Weltkrieg. Kleinstaatenpolitik und ethnische Selbstbestimmung am Balkan. Verlag Oldenbourg, München 1996, ISBN 3-486-56173-1, S. 195 und 267.
  31. Hans-Joachim Härtel, Roland Schönfeld: Bulgarien. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Verlag Pustet, Regensburg 1998, ISBN 3-7917-1540-2, S. 175.
  32. Björn Opfer: Im Schatten des Krieges. Besatzung oder Anschluss. Befreiung oder Unterdrückung? Eine komparative Untersuchung über die bulgarische Herrschaft in Vardar-Makedonien 1915–1918 und 1941–1944. Verlag Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-7997-6, S. 46.
  33. Gunnar Hering: Die politischen Parteien in Griechenland, 1821–1936. Verlag Oldenbourg, München 1992, ISBN 3-486-55871-4, Band 2, S. 612.
  34. Björn Opfer: Im Schatten des Krieges. Besatzung oder Anschluss. Befreiung oder Unterdrückung? Eine komparative Untersuchung über die bulgarische Herrschaft in Vardar-Makedonien 1915–1918 und 1941–1944. Verlag Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-7997-6, S. 51.
  35. Wolfgang-Uwe Friedrich: Bulgarien und die Mächte 1913–1915. Ein Beitrag zur Weltkriegs- und Imperialismusgeschichte. Verlag Steiner, Stuttgart 1985, ISBN 3-515-04050-1, S. 288 und 323.
  36. Geheimes Abkommen zwischen Bulgarien und Deutschland 6. September 1915.
    Wolfdieter Bihl (Hrsg.): Deutsche Quellen zur Geschichte des Ersten Weltkrieges. Darmstadt 1991, ISBN 3-534-08570-1, S. 145f. (Dok.-Nr. 68) (Wortlaut).
  37. Stefan Appelius: Bulgarien. ISBN 978-3-416-03154-7, S. 33.
  38. Claudia Weber: Auf der Suche nach der Nation. Erinnerungskultur in Bulgarien von 1878–1944. (= Studien zur Geschichte, Kultur und Gesellschaft Südosteuropas 2). Lit-Verlag, Münster 2006, ISBN 3-8258-7736-1, S. 176.
  39. Marie-Janine Calic: Geschichte Jugoslawiens im 20. Jahrhundert. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60646-5, S. 75.
  40. Magarditsch A. Hatschikjan: Tradition und Neuorientierung in der bulgarischen Außenpolitik 1944–1948. Die „nationale Außenpolitik“ der Bulgarischen Arbeiterpartei (Kommunisten). Verlag Oldenbourg, München 1988, ISBN 3-486-55001-2, S. 23 ff.
  41. Richard C. Hall (Hrsg.): War in the Balkans: An Encyclopedic History from the Fall of the Ottoman Empire to the Breakup of Yugoslavia. ABC-Clio, 2014, S. 57.
  42. Population Statistics: historical demography of all countries, their divisions and towns, abgerufen am 16. Juli 2016.
  43. Kevin D. Stubbs: Race to the Front: The Materiel Foundations of Coalition Strategy in the Great War. Praeger, 2002, ISBN 0-275-97299-2, S. 70.
  44. Edgar Hösch, Karl Nehring, Holm Sundhaussen (Hrsg.): Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2004, ISBN 3-205-77193-1, S. 479.
  45. Christian Geiselmann (PDF; 2,6 MB): Politisches Leben in der bulgarischen Dorfgesellschaft 1919–1944, Am Beispiel der Memoiren des Stefan Rajkov Canev aus Văglevci. S. 33.
  46. Markus Wien: Markt und Modernisierung. Deutsch-bulgarische Wirtschaftsbeziehungen 1918–1944 in ihren konzeptionellen Grundlagen. Verlag Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-58044-0, S. 32.
  47. Edgar Hösch, Karl Nehring, Holm Sundhaussen (Hrsg.): Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2004, ISBN 3-205-77193-1, S. 297.
  48. Edgar Hösch: Geschichte der Balkanländer. Beck, München 1968, ISBN 3-406-57299-5, S. 197.
  49. Anton Sterbling: Die Aussiedlung der Deutschen aus Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland und andere Migrationsprozesse in und aus Südosteuropa. In: Edda Currle, Friedrich Heckmann, Tanja Wunderlich (Hrsg.): Deutschland – ein Einwanderungsland? Rückblick, Bilanz und neue Fragen Europäisches Forum für Migrationsstudien. Lucius & Lucius, Stuttgart 2001, ISBN 3-8282-0196-2, S. 197–222, hier: S. 200.
  50. R. J. Crampton: Bulgaria. S. 220, 221 und 224.
  51. Nikolaj Poppetrov: Flucht aus der Demokratie. Autoritarismus und autoritäres Regime in Bulgarien 1919–1944. In: Erwin Oberländer u. a. (Hrsg.): Autoritäre Regime in Ostmittel- und Südosteuropa 1919–1944. S. 379–401, hier S. 383–385.
  52. Nikolaj Poppetrov: Flucht aus der Demokratie: Autoriatarismus und autoritäres Regime in Bulgarien 1919–1944. In: Erwin Oberländer u. a. (Hrsg.): Autoritäre Regime in Ostmittel- und Südosteuropa 1919–1944. Paderborn u. a. 2001, S. 379–401, hier S. 392.
  53. R. J. Crampton: Bulgaria. S. 248–251.
  54. Homepage der “Bulgarian Association of University Women”, Krassimira Daskalova: Womens' Suffrage and Citizenship in South East Europe.
  55. Seite Internationaler Frauenrechtlerinnen.
  56. Andrey Piperow (Hrsg.): Deutsch-Bulgarische Handelskammer. Handbuch der bulgarischen Wirtschaft unter besonderer Berücksichtigung der deutsch-bulgarischen Handelsbeziehungen. Verlag Süd-Ost, Berlin 1942, S. 243.
  57. Dokument, Generalstab, A.P. Geheim 115078, Athen, 13. Januar 1940, an den Ministerpräsidenten und Kriegsminister.
  58. Bulgarien und der Dreimächtepakt (bulg.), Denvnik Sofia, Zugriff am 8. Juni 2012.
  59. Mariana Hausleitner u. a. (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Quellensammlung) Band 13: Slowakei, Rumänien und Bulgarien. Berlin 2018, ISBN 978-3-11-036500-9, S. 77.
  60. Konrad Clewing (Hrsg.), Oliver Jens Schmitt (Hrsg.): Südosteuropa im Zweiten Weltkrieg (1939-1945): die territoriale und politische Neuordnung des Balkans, In: Geschichte Südosteuropas: Vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart, S. 578–579, Regensburg, 2011, ISBN 9783791723686
  61. Andrew Rossos: The British Foreign Office and Macedonian National Identity, 1918-1941, In. Slavic Review, Vol. 53, No. 2 (Summer, 1994), S. 369–394, Online-Version
  62. Raymond Detrez: The A to Z of Bulgaria, Scarecrow Press, 2. Edition, 2010, ISBN 0810872021, S. 485.
  63. Crampton: Bulgaria and the Second World War, 1941–1944, In.: Bulgaria, 2007, S. 259–260
  64. Detailliert beschrieben in: Hans-Joachim Hoppe: Bulgarien – Hitlers eigenwilliger Verbündeter. Eine Fallstudie zur nationalsozialistischen Südosteuropapolitik. (= Institut für Zeitgeschichte, Band 15) DVA, Stuttgart 1979, ISBN 3-421-01904-5.
  65. Вторая мировая война // Советская историческая энциклопедия / редколл., гл. ред. Е. М. Жуков. том 3. М., Государственное научное издательство „Советская энциклопедия“, 1963. S. 880
  66. Зборник докумената и података о народоослободплачком рату jугословенских народа, Band VII, Buch 1, Борбе у Македониjи, Belgrad, 1952, S. 12, 22
  67. Konrad Clewing (Hrsg.), Oliver Jens Schmitt (Hrsg.): Zwischen Widerstand und Kollaboration: Entwicklungen in den einzelnen Ländern und Okkupations- bzw. Annexionsgebieten, In: Geschichte Südosteuropas: Vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart, S. 590, Regensburg, 2011, ISBN 9783791723686
  68. Пътеводител по фондовете на БКП, съхранявани в Централен държавен архив, 2. Ausgabe, Zentraler Staatsarchiv beim bulgarischen Ministerialrat, 2006, S. 169, PDF
  69. Haus der Wannsee-Konferenz: Bulgarien
  70. Hagen Fleischer: Griechenland. S. 255 f. In.: Wolfgang Benz (Hrsg.): Dimension des Völkermords. Die Zahl der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus. dtv, München 1996, ISBN 3-423-04690-2
  71. Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden. Fischer 1990, Band 2, ISBN 3-596-24417-X, S. 806 f.
  72. Wolfgang Benz (Hrsg.): Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart. De Gruyter Saur, Band 1, Berlin/München 2009, ISBN 978-3-11-023137-3, S. 68 f.
  73. Björn Opfer: Im Schatten des Krieges. Besatzung oder Anschluss. Befreiung oder Unterdrückung? Eine komparative Untersuchung über die bulgarische Herrschaft in Vardar-Makedonien 1915–1918 und 1941–1944. Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-7997-6, S. 279 f.
  74. Vgl.: Hannah Arendt: Eichmann in Jerusalem, Die Tragödie der bulgarischen Juden
  75. Raul Hilberg: Täter, Opfer, Zuschauer. Die Vernichtung der Juden 1933–1945. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-596-13216-9, S. 99.
  76. Vgl. z. B. S. 5 ff. (pdf, 3 MB)
  77. Outlook Bad, Artikel im TIME-Magazine vom 11. September 1944
  78. Model Armistace, Artikel im TIME-Magazine vom 25. September 1944
  79. Björn Opfer: Im Schatten des Krieges. Besatzung oder Anschluss. Befreiung oder Unterdrückung? Eine komparative Untersuchung über die bulgarische Herrschaft in Vardar-Makedonien 1915–1918 und 1941–1944. Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-7997-6, S. 209.
  80. Interview (bulg.) (Memento des Originals vom 3. Juli 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ekipnews.com mit Martin Iwanow, Direktor des bulgarischen Staatsarchiv im Ekipnews, 14. Juni 2011.
  81. Tag des Tributs an die Opfer des Kommunismus (bulgarisch)
  82. Ulrich Büchsenschütz: Minderheitenpolitik in Bulgarien. (PDF; 1,8 MB) 1997, S. 17, abgerufen am 19. März 2015.
  83. Peter Heumos: Europäischer Sozialismus im Kalten Krieg. Briefe und Berichte 1944–1948. Campus, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-593-37470-6, S. 517f.
  84. Jad Adams: Women and the Vote. A World History. Oxford University Press, Oxford 2014, ISBN 978-0-19-870684-7, Seite 438
  85. Karl-Heinz Hajna: Die Landtagswahlen 1946 in der SBZ. Peter Lang, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-631-35950-0, S. 226 (Kapitel Einschätzung der Wahl 1946 in der SBZ im Vergleich mit den Abstimmungen in den Mitteleuropäischen Ländern).
  86. Verfassung der Volksrepublik Bulgarien
  87. Dieter Nohlen & Philip Stöver (2010): Elections in Europe: A data handbook, S. 367, ISBN 978-3-8329-5609-7.
  88. Anm.: Der Spiegel 4/1947 schrieb, es seien 277 von 465 Sitzen gewesen (online)
  89. Verfassung der Volksrepublik Bulgarien (Memento des Originals vom 16. Juli 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.verfassungen.de
  90. Lothar Schulz: Die Verfassung der Volksrepublik Bulgarien vom 18. Mai 1971. In: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart. Mohr Siebeck, ISBN 3-16-635552-9, S. 203 ff.
  91. Minister in der Leitung. In: Der Spiegel. 18/1965.
    Frank Umbach: Das rote Bündnis. Entwicklung und Zerfall des Warschauer Paktes 1955 bis 1991. Links Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-86153-362-6, S. 183.
  92. Wolfgang Tücks: Die Situation der Menschenrechte in der Volksrepublik Bulgarien. 1988, ISBN 3-89248-019-2.
  93. http://www.kas.de/bulgarien/de/publications/8110/
  94. 15.01.1990. Tagesschau (ARD), 15. Januar 1990, abgerufen am 15. Februar 2017.
  95. Bulgarien verurteilt Zwangsassimilation an einer Million Türken
  96. Bulgarien erkennt Assimilation der Türken an. turkishpress.de, 11. Januar 2012 (Memento vom 20. März 2012 im Internet Archive)
  97. НС най-накрая осъди „Възродителния процес“ и настоя за приключване на делото. mediapool.bg, 11. Januar 2012
  98. cambridge.org
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