Resolution ES-11/1 der UN-Generalversammlung
Die Resolution ES-11/1 der UN-Generalversammlung wurde am 2. März 2022 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen auf einer Dringlichkeitssitzung verabschiedet. In ihr wurde der russische Einmarsch in die Ukraine verurteilt.
UN-Generalversammlung Resolution ES-11/1 | |
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Datum: | 2. März 2022 |
Sitzung: | Elfte Dringlichkeitssitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen |
Kennung: | A/ES-11/L.1 (Dokument) |
Abstimmung: | Dafür: 141 Dagegen: 5 Enthaltungen: 35 |
Gegenstand: | Russischer Überfall auf die Ukraine 2022 |
Ergebnis: | Angenommen |
Abstimmungsverhalten in der UN-Generalversammlung am 2. März 2022 zur Verurteilung der Invasion in die Ukraine |
Hintergrund
Am 24. Februar 2022 begann nach wochenlangen Konzentrationen russischer und belarussischer Streitkräfte entlang der ukrainischen Grenze der russische Einmarsch in die Ukraine. Noch am selben Tag kündigten die Vereinigten Staaten die Einbringung einer Resolution in den UN-Sicherheitsrat an.[1] Für diese Resolution, in der die russische Invasion „bedauert“ wurde, stimmten am 26. Februar 2022 elf Mitglieder des Sicherheitsrates, drei enthielten sich (die Volksrepublik China, Indien und die Vereinigten Arabischen Emirate), und Russland legte sein Veto dagegen ein, so dass die Resolution keine Gültigkeit erlangte.[2][3][4]
Am 27. Februar 2022 trat der UN-Sicherheitsrat erneut zusammen und beschloss mit der Resolution 2623 die Einberufung einer Dringlichkeitssitzung der UN-Vollversammlung zur Ukrainekrise. Das Abstimmungsverhalten im Sicherheitsrat war das gleiche wie zwei Tage zuvor. Der russische Vertreter votierte als Einziger gegen den Beschluss, ohne dass er jedoch dieses Mal ein Vetorecht in Anspruch nehmen konnte. Die Möglichkeit derartiger Dringlichkeitssitzungen war im Jahr 1950 mit der Resolution 377(V) eingeführt worden, für den Fall, dass der UN-Sicherheitsrat aufgrund eines Vetos nicht zu einer Entscheidung kommen konnte.[5][6]
Am 28. Februar 2022 formulierten 94 Staaten unter dem Titel „Aggression gegen die Ukraine“ („Aggression against Ukraine“) einen Entwurf für eine Resolution der UN-Generalversammlung. Der Resolutionsentwurf wurde von den folgenden 94 Staaten eingebracht:[7]
Afghanistan
Albanien
Andorra
Antigua und Barbuda
Argentinien
Australien
Bahamas
Belgien
Belize
Bosnien und Herzegowina
Botswana
Bulgarien
Chile
Costa Rica
Dänemark
Demokratische Republik Kongo
Deutschland
Dominikanische Republik
Ecuador
Estland
Fidschi
Finnland
Frankreich
Gambia
Georgien
Ghana
Grenada
Griechenland
Guatemala
Guyana
Haiti
Indonesien
Irland
Island
Israel
Italien
Jamaika
Japan
Kanada
Katar
Kiribati
Kolumbien
Kroatien
Kuwait
Lettland
Liberia
Liechtenstein
Litauen
Luxemburg
Malawi
Malta
Marshallinseln
Mikronesien
Monaco
Montenegro
Myanmar
Neuseeland
Niederlande
Niger
Nordmazedonien
Norwegen
Österreich
Palau
Panama
Papua-Neuguinea
Paraguay
Peru
Polen
Portugal
Republik Moldau
Rumänien
Samoa
San Marino
Schweden
Schweiz
Singapur
Slowakei
Slowenien
Spanien
St. Kitts und Nevis
Südkorea
Surinam
Timor-Leste
Tonga
Trinidad und Tobago
Tschechische Republik
Türkei
Tuvalu
Ukraine
Ungarn
Uruguay
Vereinigte Staaten
Vereinigtes Königreich
Zypern
Inhalt der Resolution
Nach einer länglichen Präambel, in der, wie in Resolutionen der UN-Generalversammlung üblich, auf zahlreiche vorangegangene Resolutionen Bezug genommen wurde, verurteilte die Resolution die russische Erklärung zu einer „speziellen Militäroperation in der Ukraine“ vom 24. Februar 2022, und erklärte, dass keinerlei territoriale Veränderungen im Gefolge der Invasion als legal anerkannt würden, äußerte ihre Sorge über die humanitäre Lage im Kriegsgebiet und missbilligte die russische Ankündigung, die Nuklearstreitkräfte in erhöhte Alarmbereitschaft zu versetzen.[8]
Es folgten 16 Punkte mit Forderungen und Erklärungen:[8]
- ein Bekenntnis zur Souveränität, Unabhängigkeit, Einheit und territorialen Integrität der Ukraine „innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen“, einschließlich der Hoheitsgewässer;
- ein scharfes Bedauern der Aggression Russlands gegen die Ukraine, die einen Verstoß gegen Artikel 2 Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen darstelle;
- eine Aufforderung an Russland, die Gewaltanwendung gegen die Ukraine unverzüglich einzustellen und auch jede weitere rechtswidrige Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen einen UN-Mitgliedstaat zu unterlassen;
- die Forderung nach einem unverzüglichen, vollständigen und bedingungslosen Abzug aller militärischen Streitkräfte aus dem Hoheitsgebiet der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen;
- das Bedauern über die russische Anerkennung der sogenannten Republiken Donezk und Lugansk;
- eine Aufforderung an Russland, die Anerkennung der Staatlichkeit der Regionen Donezk und Lugansk in der Ukraine unverzüglich und bedingungslos zurückzunehmen;
- eine Aufforderung an Russland, sich an die in der Charta und der Erklärung über freundschaftliche Beziehungen niedergelegten Grundsätze zu halten;
- eine Aufforderung an alle Parteien, sich an die Vereinbarungen von Minsk zu halten und in den einschlägigen internationalen Gremien, einschließlich des Normandie-Formats und der Trilateralen Kontaktgruppe, konstruktiv auf deren vollständige Umsetzung hinzuarbeiten;
- eine Aufforderung an alle Parteien, die sichere und ungehinderte Weiterreise zu Zielen außerhalb der Ukraine zu ermöglichen und den raschen, sicheren und ungehinderten Zugang zu humanitärer Hilfe für die Bedürftigen in der Ukraine zu erleichtern, die Zivilbevölkerung, einschließlich des humanitären Personals, und Personen in gefährdeten Situationen zu schützen und die Menschenrechte zu achten;
- das Bedauern über die Beteiligung von Belarus an der unrechtmäßigen Gewaltanwendung gegen die Ukraine und eine Aufforderung an Belarus, den internationalen Verpflichtungen des Landes nachzukommen;
- eine Verurteilung aller Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht sowie Verletzungen und Missbräuche der Menschenrechte und eine Aufforderung an alle Parteien, die einschlägigen Bestimmungen des humanitären Völkerrechts, einschließlich der Genfer Konventionen von 1949 und des Zusatzprotokolls I von 1977, soweit anwendbar, strikt einzuhalten und die internationalen Menschenrechtsnormen zu achten, sowie die Achtung und den Schutz des gesamten medizinischen Personals und des ausschließlich mit medizinischen Aufgaben betrauten humanitären Personals, seiner Transportmittel und Ausrüstungen sowie der Krankenhäuser und sonstigen medizinischen Einrichtungen gewährleisten;
- die Forderung, dass alle Parteien ihren Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht, die Zivilbevölkerung und zivile Objekte zu schonen, in vollem Umfang nachkommen, indem sie es unterlassen, Objekte, die für das Überleben der Zivilbevölkerung unentbehrlich sind, anzugreifen, zu zerstören, zu entfernen oder unbrauchbar zu machen, und indem sie das humanitäre Personal und die für humanitäre Hilfsmaßnahmen eingesetzten Sendungen achten und schützen;
- ein Ersuchen an den UN-Nothilfekoordinator, 30 Tage nach Verabschiedung dieser Resolution einen Bericht über die humanitäre Lage in der Ukraine und über die humanitäre Reaktion vorzulegen;
- die Forderung zur sofortigen friedlichen Beilegung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine durch politischen Dialog, Verhandlungen, Vermittlung und andere friedliche Mittel;
- die Unterstützung der Bemühungen des Generalsekretärs, der Mitgliedstaaten, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und anderer internationaler und regionaler Organisationen zur Unterstützung der Deeskalation sowie die Bemühungen der Vereinten Nationen, einschließlich des Krisenkoordinators der Vereinten Nationen für die Ukraine, und der humanitären Organisationen zur Bewältigung der humanitären Krise und der Flüchtlingskrise, die durch die Aggression Russland ausgelöst wurde;
- den Beschluss, die elfte Dringlichkeitssondersitzung der Generalversammlung vorübergehend zu vertagen und den Präsidenten der Generalversammlung zu ermächtigen, ihre Sitzungen auf Antrag von Mitgliedstaaten wieder aufzunehmen.
Abstimmungsverhalten
Die Abstimmung über den Resolutionsentwurf fand am 2. März 2022 statt. Eine große Mehrheit der Delegierten stimmten der Resolution zu, womit sie angenommen war. Noch während der Verlesung des Abstimmungsergebnisses wurde UN-Generalversammlungspräsident Abdulla Shahid vom Beifall der aufstehenden Delegierten unterbrochen.[9]
Weblinks
Offizielle deutsche Übersetzung der Resolution A/ES-11/L.1 des Deutschen Übersetzungsdienstes der Vereinten Nationen
Einzelnachweise
- William Mauldin: U.S. Says Russia Will Face U.N. Security Council Resolution. In: The Wall Street Journal. Abgerufen am 3. März 2022 (englisch).
- Russland verhindert Resolution im UN-Sicherheitsrat. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 26. Februar 2022, abgerufen am 28. Februar 2022.
- Russia blocks Security Council action on Ukraine. UN News, 26. Februar 2022, abgerufen am 28. Februar 2022.
- Security Council resolution 2623 (2022) [on convening an emergency special session of the General Assembly on Ukraine]. In: UN Digital Library. Abgerufen am 3. März 2022 (englisch).
- Nicole Ruder, Kenji Nakano, Johann Aeschlimann: The GA Handbook – A practical guide to the United Nations General Assembly. Hrsg.: Ständige Vertretung der Schweiz bei den Vereinten Nationen. 2017, ISBN 978-0-615-49660-3, S. 15 (englisch, PDF).
- UN-Generalversammlung: Dringlichkeitssitzung zur Ukraine. UNRIC = Regionales Informationszentrum der Vereinten Nationen, 28. Februar 2022, abgerufen am 28. Februar 2022.
- Eleventh Emergency Special session 1 March 2022. (PDF) Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen in New York, abgerufen am 3. März 2022 (englisch).
- Aggression against Ukraine : Voting Summary. un.org (UN-Pressemitteilung), 2. März 2022, archiviert vom Original am 3. März 2022; abgerufen am 3. März 2022 (englisch).
- General Assembly resolution demands end to Russian offensive in Ukraine. UN News, 2. März 2022, abgerufen am 30. März 2022 (englisch).
- Venezuela wurde aufgrund ausstehender Beitragszahlungen von den Abstimmungen der 76. Vollversammlung und der Dringlichkeitssitzung suspendiert.