Friedrich Ferdinand von Beust
Friedrich Ferdinand Graf von Beust (auch: Ferdinand Beust) (* 13. Januar 1809 in Dresden; † 24. Oktober 1886 auf Schloss Altenberg, bei St. Andrä-Wördern) war ein Staatsmann im Königreich Sachsen und in der Habsburgermonarchie. Als Gegenspieler von Bismarck versuchte er, eine gemeinsame Politik der deutschen Mittelstaaten zwischen Österreich und Preußen zustande zu bringen.
Leben
Beust studierte 1826 bis 1830 Rechts- und Staatswissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen und der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin. Danach trat er in den diplomatischen Dienst des Königreiches Sachsen. Er wurde 1836 Legationssekretär in Berlin und 1838 in Paris, 1841 Geschäftsträger in München, 1846 Ministerresident in London und 1848 Gesandter in Berlin.[1]
Beust war von 1849 bis 1866 sächsischer Außenminister, von 1849 bis 1853 zugleich Kultusminister sowie von 1853 bis 1866 zugleich Innenminister. Zusätzlich amtierte er vom 25. Oktober 1858 bis 15. August 1866 als Vorsitzender des Gesamtministeriums des Königreiches Sachsen, galt aber schon vor 1858 als maßgebendes Mitglied des Kabinetts. Den Dresdner Maiaufstand ließ er 1849 mit Hilfe preußischer Truppen niederschlagen. Mit Preußen und Hannover schloss er das Dreikönigsbündnis. Da sich Bayern und Württemberg nicht anschlossen, wandte sich Beust von Preußen ab und Österreich zu.[2] In dieser Zeit gewann er entscheidenden Einfluss auf König Johann I.
Beust sah sich als Pendant zum preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck, obwohl Sachsen weder politisch noch militärisch oder wirtschaftlich eine mit Preußen vergleichbare Großmachtposition besaß. Auf den Würzburger Konferenzen arbeitete er an einer gemeinsamen Politik der Mittelstaaten und legte auch einen eigenen Plan zur Reform des Deutschen Bundes vor. 1864 war Beust Vertreter des Bundes auf der Londoner Konferenz zur Beendigung des Deutsch-Dänischen Krieges.
1866 führte er Sachsen an der Seite Österreichs in den Deutschen Krieg. Nach der Niederlage in der Schlacht von Königgrätz schied er auf Wunsch Bismarcks aus dem sächsischen Dienst aus und ging nach Österreich.
Beust war vom 30. Oktober 1866 bis 1871 österreichischer bzw. österreichisch-ungarischer Außenminister, ab dem 7. Februar 1867, vor Abschluss des Ausgleichs mit Ungarn, bis zum Ende des Jahres auch österreichischer Ministerpräsident. Als dieser führte er im Februar 1867 den Ausgleich mit Ungarn durch und leitete die konstitutionelle Verfassung ein. Er führte ab dem 23. Juni 1867 zusätzlich zur Funktion des k.u.k. Außenministers auch den Titel des Reichskanzlers.[2] Nach seinem Ausscheiden erlosch diese Amtsbezeichnung.
Nach seiner Entlassung als Außenminister und Reichskanzler am 8. November 1871 wurde er Botschafter in London und von 1878 bis 1882 in Paris. Sein Nachfolger als k.u.k. Außenminister wurde Graf Gyula Andrássy. 1882 zog er sich ins Privatleben zurück.
Familie
Als Mitglied der adeligen Familie Beust führte er den Adelstitel Freiherr. 1868 wurde er in den Grafenstand erhoben. Seine Eltern waren der Oberhofsgerichtsrat Friedrich Karl Leopold von Beust (1779–1845) und dessen Ehefrau Erdmuthe Wilhelmine von Carlowitz (1774–1854).
Sein älterer Bruder Friedrich Constantin von Beust war Oberberghauptmann in Sachsen und Generalinspektor der Bergwerke in Cisleithanien.
Von Beust heiratete 1843 Freiin Mathilde von Jordan (1817–1886), die Tochter des bayrischen Generalleutnants Wilhelm Freiherr von Jordan und seiner Frau Violanda geb. Gräfin von Sandizell.[3] Sie bekamen eine Tochter, Marie (1845–1926), die 1863 in Dresden den späteren sächsischen Finanzminister Léonce Freiherr von Könneritz heiratete, sowie drei Söhne.
Graf von Beust ruht auf dem Evangelischen Friedhof Matzleinsdorf (Gruft 10, rechts) in Wien.
Schriften (Auswahl)
- Erinnerungen zu Erinnerungen. Verlag Wöller, Leipzig, 1881.
- Aus drei Viertel-Jahrhunderten. 2 Bände, Verlag Cotta, Stuttgart 1887. (Digitalisat. Band 1); (Digitalisat. Band 2)
- Oesterreichs Neutralitäts-Politik, und das künftige Verhältniss der österreichisch-ungarischen Monarchie zu Deutschland. Verlag Ludwig Aigner, Pest 1870 (Digitalisat).
Literatur
- Beust Friedrich Ferdinand. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 79 f. (Direktlinks auf S. 79, S. 80).
- Bernhard Erdmannsdörffer: Beust, Friedrich Ferdinand Freiherr, später Graf von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 46, Duncker & Humblot, Leipzig 1902, S. 494–532.
- Jonas Flöter: Beust, Friedrich Ferdinand Freiherr (seit 1868 Graf) von. In: Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (Hrsg.): Sächsische Biografie.
- Jonas Flöter: Beust und die Reform des Deutschen Bundes 1850–1866. Sächsisch-mittelstaatliche Koalitionspolitik im Kontext der deutschen Frage (=Geschichte und Politik in Sachsen, Band 16). Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2001.
- Josef Matzerath: Friedrich Ferdinand Freiherr von Beust. Diskretion und Dissens in der Mitte des 19. Jahrhunderts. In: Ewald Grothe (Hrsg.): Konservative deutsche Politiker im 19. Jahrhundert. Wirken – Wirkung – Wahrnehmung, Historische Kommission für Hessen, Marburg 2010, S. 105–123.
- Hellmuth Rößler: Beust, Friedrich Ferdinand Frhr., Graf von (seit 1868). In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 198–200 (Digitalisat).
- Helmut Rumpler: Die deutsche Politik des Freiherrn von Beust 1848–50. Zur Problematik mittelstaatlicher Reformpolitik im Zeitalter der Paulskirche. Wien 1972.
- Constantin von Wurzbach: Beust, Friedrich Ferdinand Graf. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 22. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1870, S. 482 f. (Digitalisat).
- Gothaisches genealogisches Taschenbuch der gräflichen Häuser. 1874, S.88f.
Einzelnachweise
- Biografie bei Archiv für Geschichte und Soziologie in Österreich
- Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE). Verlag Saur, München 2005, Band 1, ISBN 978-3-598-25031-6, S. 627 f.
- Josef Matzerath: Adelsprobe an der Moderne. Sächsischer Adel 1763 bis 1866. Entkonkretisierung einer traditionalen Sozialformation. Verlag Steiner, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-515-08596-0, S. 245.
Weblinks
- Literatur von und über Friedrich Ferdinand von Beust im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Literatur von und über Friedrich Ferdinand von Beust in der Sächsischen Bibliografie
- Eintrag zu Friedrich Ferdinand von Beust im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Jonas Flöter: Friedrich Ferdinand von Beust im Visier seiner politischen Gegner – zur Entstehung eines Negativ-Bildes in der Geschichtsschreibung. Redemanuskript, 2001.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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– | k.u.k. Außenminister 30. Dez. 1867 – 8. Nov. 1871 | Gyula Andrássy |
Franz Karl Becke | k.u.k. Finanzminister (interim.) 15. Jän. 1870–21. Mai 1870 | Menyhért Lónyay |
Rudolph Apponyi von Nagy-Appony | Österreichisch-ungarischer Botschafter im Vereinigten Königreich 1871–1878 | Alajos Károlyi |
Felix von Wimpffen | Österreichisch-ungarischer Botschafter in Frankreich 1878–1882 | Felix von Wimpffen (2.) |