Ernst August I. (Hannover)
Ernst August I. (gebürtig Prinz Ernst August, Herzog von Braunschweig-Lüneburg; in Großbritannien Prince Ernest Augustus, 1. Duke of Cumberland and Teviotdale, KG, KP, GCB, GCH; * 5. Juni 1771 in Buckingham House, London; † 18. November 1851 in Hannover) war ein britischer Prinz aus dem Haus Hannover, einer Nebenlinie der Welfen und ab 1837 König von Hannover.
Leben
Militärische Laufbahn
Prinz Ernst August wurde 1771 im Buckingham Palace geboren. Er war der fünfte Sohn und das achte Kind König Georgs III. von Großbritannien und Irland und der Königin Sophie Charlotte. Ernst August wurde von Hauslehrern erzogen und ging im Sommer 1786 gemeinsam mit seinen Brüdern, den Prinzen August Friedrich und Adolph Friedrich unter der Aufsicht Georg Christoph Lichtenbergs zum Studium nach Göttingen. Im Jahre 1791 traten er und Adolph Friedrich in die hannoversche Armee ein, um durch den Feldmarschall Wilhelm von Freytag eine militärische Ausbildung zu erhalten. Ernst August erwies sich in der Kavallerie- und Taktikschulung durch den Hauptmann von Linsingen von den Leichten Dragonern als ausgezeichneter Reiter und guter Schütze, obwohl er sehr kurzsichtig war. Nach nur zwei Monaten Ausbildung war der Feldmarschall von Freytag von den Fortschritten seines Zöglings so beeindruckt, dass er ihn zum Rittmeister ernannte.
Im März 1792 erhielt Ernst August das Patent eines Obersten der 9. Hannoverschen leichten Dragoner und wurde im Dezember 1793 zum Chef des 2. schweren Reiterregiments und zum Kommandeur der 1. Kavalleriebrigade ernannt. Während des ersten Koalitionskrieges (1793–97) war er in Flandern stationiert und diente unter seinem älteren Bruder Friedrich, Duke of York and Albany, dem Oberbefehlshaber der vereinigten britischen, hannoverschen und österreichischen Truppen. In der Schlacht von Tourcoing (1794) verlor er sein linkes Auge und kehrte zur Genesung nach England zurück – zum ersten Mal seit 1786. Im Jahr darauf kam er zurück und kommandierte während des Rückzugs der britischen Armee durch Holland die Nachhut. 1798 wurde Ernst August zum Generalleutnant befördert und 1803 zum General. Am 29. März 1801 wurde er zum Feldmarschall ernannt. Er diente von 1801 bis 1827 als Ehrenoberst des 15. (The King's) (leichten) Dragoner-(Husaren)-Regiments der Königlich Deutschen Legion und war von 1827 bis 1830 Oberst der Royal Horse Guards. Mit der Königswürde übernahm er auch den Oberbefehl über die Hannoversche Armee.
Ehe und britische Adelswürden
Sein Vater, König Georg III., nahm ihn 1776 als Knight Companion in den Hosenbandorden auf und verlieh ihm am 29. August 1799 den erblichen britischen Peerstitel Duke of Cumberland and Teviotdale und den erblichen irischen Peerstitel Earl of Armagh. Am 29. Mai 1815 heiratete der nunmehrige Duke in Neustrelitz seine Cousine Prinzessin Friederike, die Tochter Karls II., Großherzog von Mecklenburg-Strelitz. Sie war als Witwe des Prinzen Ludwig von Preußen schwanger geworden und nur durch Heirat mit dem Prinzen Friedrich Wilhelm zu Solms-Braunfels vor einem Skandal bewahrt worden. Diese zweite Ehe entwickelte sich unglücklich und die Planungen für eine Scheidung waren bereits im Gange, als der Prinz zu Solms-Braunfels plötzlich an einem Schlaganfall starb. Deshalb war Königin Charlotte gegen diese Verbindung, obwohl ihre skandalumwitterte zukünftige Schwiegertochter ihre Nichte war. Die neue Duchess of Cumberland and Teviotdale hatte acht Kinder in ihren früheren Ehen geboren, von denen sie sechs in ihre dritte Ehe mitbrachte. Aus der Ehe mit Ernst August gingen weitere drei Kinder hervor, von denen nur eines überlebte – ein Sohn, der spätere König Georg V. von Hannover.
Der Prinzregent und spätere König Georg IV. ernannte ihn 1815 zum Knight Grand Cross des Bathordens und Knight Grand Cross des Guelphen-Ordens, 1831 wurde er Knight Companion des St. Patrick-Ordens und 1837, nach seiner Thronbesteigung in Hannover, wurde er Souverän und Großmeister des Guelphen-Ordens. 1839 stiftete er den St. Georgs-Orden als hannoverschen Hausorden.
Ernst August war der umstrittenste der Söhne Georgs III. Er galt als erzreaktionär und stellte sich gegen die Katholikenemanzipation (Catholic Emancipation Bill), die 1828 vom Premierminister, dem 1. Duke of Wellington, vorangetrieben wurde.
König von Hannover
Am 20. Juni 1837 starb Wilhelm IV., König von Großbritannien und Irland. Da er – wie zuvor schon sein Bruder Georg IV. – keine erbberechtigten Nachkommen hinterließ, folgte ihm seine Nichte Victoria, das einzige Kind Prinz Eduards, des verstorbenen Dukes of Kent and Strathearn und vierten Sohnes von Georg III., auf den Thron. In Hannover galt allerdings das Salische Gesetz, das eine männliche Erbfolge vorsah. Deshalb konnte Victoria nicht auf dem hannoverschen Thron nachfolgen. Statt ihrer wurde ihr Onkel Ernst August, Duke of Cumberland and Teviotdale, im Alter von 66 Jahren König von Hannover. Damit war die 123-jährige Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover beendet.
König Ernst August erwies sich als unbeliebter Herrscher mit anti-liberalem[1] Regierungsstil, der das relativ freiheitliche Staatsgrundgesetz, das seine Vorgänger 1833 erlassen hatten, 1837 bei seinem Amtsantritt wieder aufhob. Gegen die Aufhebung der Verfassung richtete sich 1837 der vielbeachtete Protest der Göttinger Sieben, die daraufhin sämtlich als Professoren der Universität Göttingen entlassen wurden. Nach Ausbruch der Unruhen 1848 verzichtete er bei der Prägung der Taler der Jahre 1848 und 1849 auf den Zusatz „V.G.G.“ für „von Gottes Gnaden“, was als Zugeständnis an die Revolutionäre gedeutet wurde („Angsttaler“), die ein Gottesgnadentum nicht anerkennen wollten.
Durch den Sturz des französischen Königs Louis Philippe I. infolge der Februarrevolution und die Bekanntgabe dieses Ereignisses in den Zeitungen in Hannover am 25. Februar 1848 wurden auch die Bürger des Königreiches Hannover dazu ermutigt, liberale Forderungen zu erheben.[1] Das Bürgervorsteherkollegium Hannover richtete am 6. März 1848 eine Petition mit liberalen Forderungen an König Ernst August I. Dieser zögerte zunächst, Zugeständnisse zu machen. Doch die Forderungen einer Bürgerbewaffnung in anderen Städten drohten eine Revolution gegen die Monarchie zu entfachen. Um eine solche Revolution zu verhindern, ließ sich Ernst August I. durch Alexander Levin Graf von Bennigsen überzeugen, in Reformen einzuwilligen. Er ernannte den liberalen Politiker Johann Carl Bertram Stüve zum Innenminister und beauftragte ihn mit der Schaffung einer zeitgemäßen Verfassung. Diese trat am 5. September 1848 in Kraft. Sie garantierte Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit, die Trennung von Judikative und Verwaltung sowie die Gleichberechtigung aller Konfessionen. Auf diese Weise erlangte Ernst August I. in seinen letzten Regierungsjahren im Volk durchaus Popularität.[1]
Ernst August starb am 18. November 1851 um 6.45 Uhr[1] in Hannover. Er wurde zunächst im Thronsaal des Leineschlosses aufgebahrt. Binnen zwei Tagen besuchten 30.000 Personen seinen Sarg. Am 25. November 1851 wurde ein Trauergottesdienst in der Schlosskirche begangen. Danach wurde er unter großer Anteilnahme der Bevölkerung im 1847 von Hofbaumeister Laves fertiggestellten Welfenmausoleum im Berggarten beigesetzt,[2] ebenso wie seine Gattin Königin Friederike.[3]
Freimaurerei
Ernst August wurde 1796 in England in die Freimaurerei aufgenommen. Ab 1828 war er Großmeister der von ihm gegründeten Großloge von Hannover.[4]
Ahnentafel
Denkmal
Im Jahr 1861 enthüllte sein Sohn Georg V. das Ernst-August-Denkmal als Reiterstandbild auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs in Hannover, das ein beliebter Treffpunkt ist – man verabredet sich dazu „unterm Schwanz“ (des Pferdes).
Siehe auch
- Sein Hofmarschall Ernst von Malortie verfasste zahlreiche Werke zur Hofhaltung der Welfen.
- Unter Bridge-Spielern ist Ernst August durch die Duke of Cumberland Hand bekannt.
- Der Königliche Ernst August, eine Radkorvette der Reichsflotte des Deutschen Bundes
- Ernst-August-Stadt
- Ernst-August-Stollen
Literatur
- Ernst von Malortie: König Ernst August. Hahn, Hannover 1861. (Digitalisat).
- Ferdinand Frensdorff: Ernst August. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 6, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 263–284.
- Wilhelm Rothert: Allgemeine Hannoversche Biografie. Band 2: Im Alten Königreich Hannover 1814–1866. Sponholtz, Hannover 1914, S. 119–146.
- Bernhard Mühlhan: Ernst August. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 609–611 (Digitalisat).
- Stefanie Kristina Werner: Die Ringe von König Ernst August von Hannover im Herzog Anton Ulrich-Museum. (= Patrimonia. Band 357). Hrsg. von der Kulturstiftung der Länder, Braunschweig 2011.
Weblinks
- Literatur von und über Ernst August I. im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Marko Rösseler: 5. Juni 1771 - Geburtstag Ernst August König von Hannover WDR ZeitZeichen vom 5. Juni 2021. (Podcast)
- Literatur über Ernst August I. in der Niedersächsischen Bibliographie
Einzelnachweise
- Alexander Dylong: Hannovers letzter Herrscher. MatrixMedia, Göttingen 2012, ISBN 978-3-932313-49-3, S. 73, 81.
- Dieter Brosius: Restauration und das „Schicksalsjahr“ 1866, in: Geschichte der Stadt Hannover, hrsg. von Klaus Mlynek und Waldemar R. Röhrbein, Bd. 2: Vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart, Hannover: Schlütersche Verlagsanstalt und Druckerei, ISBN 3-87706-364-0, S. 311
- Helmut Knocke, Hugo Thielen: Mausoleum, in: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon, S. 92
- Eugen Lennhoff/Oskar Posner: Internationales Freimaurer-Lexikon. Almathea-Verlag München 1980, Reprint von 1932, ISBN 3-85002-038-X
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Wilhelm IV. | König von Hannover 1837–1851 | Georg V. |
Titel neu geschaffen | Duke of Cumberland and Teviotdale 1799–1851 | Georg V. |