Hep-Hep-Krawalle
Die Hep-Hep-Krawalle („Hep-Hep“ oder „Hepp-Hepp“ [wahrscheinlich abgeleitet vom Ruf der Viehtreiber], auch „Hep-Hep-Unruhen“) 1819 waren eine Welle gewalttätiger Ausschreitungen gegen die jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner vieler Städte und Ortschaften des Deutschen Bundes und über seine Grenzen hinaus, insbesondere in Dänemark. Ihren Ausgang nahmen die Gewaltexzesse in Würzburg, wo Anfang August 1819 über mehrere Tage pogromartige Zustände herrschten. Die antijüdischen Krawalle erregten in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit und fanden in den folgenden Wochen zahlreiche Nachahmer. Weitere schwere Ausschreitungen ereigneten sich im August 1819 in Frankfurt am Main und in Hamburg, in Städten von Oberfranken und Baden, im September dann in Kopenhagen und in Danzig. Nach heutigem Forschungsstand sind 18 schwere und 63 kleinere Krawalle und Vorfälle aus 81 Orten überliefert, die sich dezentral ereigneten und nicht koordiniert erfolgten.
Bei den Krawallen handelte es sich um die „erste weiträumige Judenverfolgung seit dem Mittelalter“[1] und „die bedeutendste Welle antijüdischer Ausschreitungen im frühen 19. Jahrhundert“.[2] Weiter gefasst waren sie der größte überregionale Aufruhr im Deutschen Bund in der Restaurationsphase bis zur Revolution 1848 überhaupt. Als Auslöser der Krawalle gilt die Debatte um die Judenemanzipation.
Während der Hep-Hep-Krawallen gab es keine jüdischen Todesopfer, allerdings wurden in Würzburg am 3. und 4. August 1819 bei Schießereien ein Angreifer und ein Soldat getötet. An den Orten schwerer Ausschreitungen zog ein gewaltbereiter Mob durch die Städte und warf die Scheiben jüdischer Wohn- und Geschäftshäuser ein. Relativ häufig wird auch von körperlichen Angriffen auf Juden berichtet. Zu Plünderungen von Geschäften oder zur Verwüstung von Synagogen kam es in Einzelfällen. Bei den zahlreichen kleineren Vorfällen handelte es sich meist um einzelne Steinwürfe, „Hep-Hep“-Rufe oder Drohungen verschiedener Art.
Als maßgebliche Akteure der Krawalle werden in den Quellen vor allem solche Personen erwähnt, die vor Ort den vermehrten Zuzug oder den sozialen Aufstieg der Juden missbilligten, also Angehörige der Mittelschicht wie Kaufleute oder Handwerker, daneben häufig auch ein randalierender Mob meist jüngerer, gewaltbereiter Personen aus der Unterschicht. Auch wenn einige Intellektuelle, die sich gegen die Judenemanzipation wandten, die Unruhen unterstützten und anstachelten, waren revolutionäre Burschenschafter nur vereinzelt beteiligt.
Polizei, Militär und Regierungsbehörden begegneten den Krawallen regional unterschiedlich und in der Anfangsphase oft zögerlich, ab September aber griffen sie meist energisch gegen aufkommende Unruhen durch. Die geheime Ministerialkonferenz, die zeitgleich ab dem 6. August 1819 in Karlsbad zusammentrat, missdeutete die Ausschreitungen als organisierte „revolutionäre Umtriebe“, weshalb die Hep-Hep-Krawalle maßgeblichen Einfluss auf die Karlsbader Beschlüsse ausübten.
In der heutigen öffentlichen Erinnerungskultur spielen die Ausschreitungen von 1819 kaum eine Rolle, auch wenn bereits zahlreiche wissenschaftliche Studien über die Ereignisse erschienen sind.
Übersicht: Orte der Hep-Hep-Krawalle
Die Liste der Orte der Hep-Hep-Krawalle 1819 weist insgesamt 81 Städte und Ortschaften aus, an denen es zu Vorfällen kam.[3] Sie sind in dieser Liste nach ihrem Ausmaß und dem Grad der Gewalttätigkeiten kategorisiert. Im Vergleich wird deutlich, dass die pogromartigen Ereignisse in Würzburg, Frankfurt am Main und Hamburg die Schauplätze der heftigsten Krawalle waren, daneben kam es in weiteren 15 Städten und Ortschaften zu schweren Ausschreitungen. Die teils schwierige Überlieferungslage der einzelnen Ereignisse findet sich in der Liste genau dokumentiert.
August 1819 |
September 1819 |
Oktober 1819 |
insgesamt | |
Pogromartige, mehrere Tage andauernde Krawalle |
Würzburg Frankfurt am Main Hamburg |
3 | ||
Schwere Ausschreitungen und Krawalle |
Bamberg Bayreuth Bühl Darmstadt Heidelberg Heidelsheim Heidingsfeld Karlsruhe Pforzheim Rimpar Untergrombach |
Danzig Kopenhagen Odense |
Dormagen | 15 |
insgesamt | 14 | 3 | 1 | 18 |
Daneben gab es über 60 kleinere dokumentierte Vorfälle in verschiedenen Städten und Ortschaften innerhalb und außerhalb des Deutschen Bundes, darunter auch Berlin, Breslau, Dresden, Düsseldorf, Graz, Halle, Kassel, Köln, Königsberg, Krakau, Leipzig, Mainz, Mannheim, Marburg, Regensburg, Schwerin, Straßburg und Wien.
Während des ganzen 19. Jahrhunderts haben antijüdische Krawalle und Ausschreitung auch in vielen anderen Städten und Ortschaften der deutschen Länder, ab 1871 im Deutschen Reich sowie in den Nachbarstaaten stattgefunden, insbesondere um 1830, 1848, 1866, zwischen 1881 und 1883 sowie zwischen 1898 und 1900.[4] Zu keiner Zeit aber gab es gleichzeitig so viele Ausschreitungen wie während der Hep-Hep-Krawalle.
Verlauf
Würzburg – 2. bis 8. August 1819
Die Hep-Hep-Krawalle nahmen am 2. August in Würzburg ihren Anfang.[5] Ihren Höhepunkt erreichten sie hier am 3. und 4. August und erst am 8. August konnten die bürgerkriegsähnlichen Zustände beendet werden.[6] Dass Würzburg Ausgangspunkt der Krawalle war, ist auf verschiedene Vorbedingungen zurückzuführen. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts waren viele jüdische Familien nach Würzburg neu hinzugezogen. Die Jüdische Gemeinde Würzburgs war 1819 auf etwa 400 Personen angewachsen. Die Stadt war erst 1814 an das Königreich Bayern gefallen. Das bayerische Judenedikt von 1813, welches die rechtliche Gleichstellung der Juden gewährleistete, trat 1816 auch in Würzburg in Kraft. Im Frühjahr 1819 beriet die bayerische Ständeversammlung über eine Revision des Edikts von 1813, das die Stellung der Juden weiter verbessern sollte und vom König Anfang August genehmigt wurde. Im Vorfeld wurde in den Zeitungen sehr kontrovers über das Für und Wider der „bürgerlichen Verbesserung“ und über das Niederlassungsrecht von Juden debattiert.[7]
Am 2. August 1819 erwartete eine große Menschenmenge aus Studenten und Bürgern den von den Verhandlungen im München zurückkehrenden Würzburger Landtagsabgeordneten und Professor Wilhelm Joseph Behr, der sich gegen das Judenedikt eingesetzt hatte. Abends bildete sich eine Gruppe mehrerer hundert Angreifer, die randalierend durch die Würzburger Innenstadt zog. Die Krawalle, die sich an den folgenden beiden Abenden noch steigerten, richteten sich vor allem gegen jüdische Geschäftsinhaber und ihre Familien. Sie wurden körperlich angegriffen und ihre Läden, Warenlager und Wohnhäuser teilweise zerstört. Fensterscheiben wurden eingeworfen, vereinzelt Auslagen geplündert und Firmenschilder abgerissen.[8]
Auf dem Höhepunkt der Krawalle am 3. und 4. August kam es auch zur Konfrontation zwischen Angreifern und Ordnungskräften. Ein Stadtpolizist, der das Wohnhaus des Bankiers Jakob von Hirsch schützen sollte, erschoss am Abend des 3. August dabei den judenfeindlichen und an den Angriffen beteiligten Kaufmann Josef Konrad. Am 4. August gab es ein weiteres Todesopfer, als ein Schuhmacher einen Wachsoldaten erschoss. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits die meisten der 400 jüdischen Bewohner aus der Stadt geflohen. Diejenigen, welche keine Unterkunft fanden, mussten unter freiem Himmel nächtigen. Das von der Würzburger Kreisregierung am 5. August auf 700 Soldaten aufgestockte Militär konnte die Situation erst nach drei Tagen unter Kontrolle bringen. Die meisten jüdischen Familien kehrten ab dem 8. August in ihre Häuser zurück. Das bedeutete aber nicht das Ende der Ausschreitungen, die hier noch viele Jahre lang immer wieder aufflammten. Beispielsweise wurde Ende August die Würzburger Synagoge verwüstet.
Frankfurt am Main – 8. bis 12. August 1819
Frankfurt, damals Freie Reichsstadt und Hauptstadt des Deutschen Bundes, war zwischen dem 8. und 12. August 1819 Schauplatz der neben Würzburg schwersten Gewaltexzesse. Auch hier herrschte über vier Tage ein pogromartiger Ausnahmezustand. Jüdische Geschäfte und Wohnhäuser in der Umgebung der Judengasse wurden attackiert und geplündert, Personen körperlich und teils auch mit Schusswaffen angegriffen. Bei den Krawallen gab es Verletzte, anders als in Würzburg aber gab es keine Toten. Die Zahl der Tumultanten und Angreifer, die sich am Abend des 10. August vor dem Geschäftshaus Rothschilds versammelten, wird zeitgenössischen Quellen mit bis zu 6.000 angegeben. Viele jüdische Bewohnerinnen und Bewohner verließen an diesem Tag fluchtartig die Stadt. Obwohl einige Abgeordnete der Bundesversammlung den Stadtrat sofort zum Eingreifen drängten, wurden die Polizeiwachen erst am Folgetag verstärkt. Am 12. August konnte eine massive Militärpräsenz die Lage beruhigen und die jüdischen Familien kehrten in den folgenden Tagen wieder in ihre Häuser zurück.
Franken, Baden, Kurhessen – August 1819
Etwa zeitgleich zu Frankfurt griffen die Krawalle auf das bayerische Ober- und Unterfranken über. Das Nahe Würzburg gelegene Heidingsfeld, wohin sich einige Würzburger Juden geflüchtet hatten, wurde ab dem 11. August Schauplatz von kleineren Brandstiftungen. In der Folge wurde vielen jüdischen Mietern gekündigt. Zu schweren mehrtägigen Ausschreitungen kam es zwischen dem 8. und 12. August in Bamberg und Bayreuth, wo jüdische Häuser mit Steinen beworfen wurde und die örtlichen Polizeikräfte Mühe hatten, die Krawalle zu unterbinden. Weil sich die Betroffenen nicht ausreichend beschützt sahen, wandten sie sich mit Petitionen direkt an die Staatsregierung. Diese machte die Gemeinden kollektiv für etwaige Schäden und Kosten für notwendige Soldatenquartiere haftbar, um so deren Schutz für die Juden zu erzwingen.[9] Ein weiterer schwerer Vorfall ereignete sich in Rimpar in der Nähe von Würzburg, wo am 18. August die Synagoge verwüstet wurde.[10]
Baden war im weiteren Verlauf des Augusts die Region mit den häufigsten schweren Ausschreitungen. Die Krawalle in Darmstadt, bei denen hauptsächlich Fensterscheiben eingeworfen wurden, dauerten vom 12. bis zum 14. August. In Karlsruhe kam es am 16./17. August zu ersten Hep-Hep"-Rufen und am 27./28. August zu größeren Ausschreitungen, unter anderem Steinwürfe auf jüdische Häuser. Bemerkenswert sind die Ereignisse in Heidelberg am 25. August 1819, wo sich außer Steinwürfen auch massive Plünderungen jüdischer Wohn- und Geschäftshäuser ereigneten. Weil hier die Behörden zunächst nicht einschritten, beschützten etwa 200 Heidelberger Studenten und der Jurist Anton Thibaut die Juden vor den Angriffen.[11] Zu weiteren schweren Ausschreitungen kam es auch in Heidelsheim und Untergrombach.
Aus Kurhessen sind verschiedene kleinere Vorfälle überliefert, beispielsweise aus Fulda, Kassel, Rotenburg, Marburg sowie einigen kleineren Ortschaften. Hier verhinderte aber das rigide Durchgreifen der Behörden eine Ausweitung der Krawalle.
Hamburg – 19. bis 26. August 1819
In Hamburg begannen die Hep-Hep-Krawalle am 19. August, als jüdische Gäste aus einem Kaffeehaus an der Alster vertrieben wurden. Auch hier kam es anschließend zu massiven Ausschreitungen. Ihren Höhepunkt fanden die Krawalle am 24. September. Die Angriffe richteten sich zunächst gegen jüdische Wohn- und Geschäftshäuser, deren Scheiben eingeworfen wurden. Am nächsten Tag wurden offenbar viele Juden verprügelt, die Gewalt richtete sich aber auch gegen Ordnungskräfte, wobei einzelne Mitglieder der Bürgerwehr zu den Angreifern überwechselten. Bemerkenswert ist auch ein Bekanntgabe des Hamburger Rates vom 26. August, die zur Beruhigung der Lage auffordert, gleichzeitig den Juden unterstellt, für die Ausschreitungen selbst mit verantwortlich zu sein.[12] Erst am 26. September beendete ein Militäreinsatz „mit gefälltem Bajonett“ die Unruhen. Viele jüdische Bewohner Hamburgs waren aus der Stadt geflohen.
Dänemark – September 1819
Anfang September griffen die Krawalle nach Dänemark über. Der dänische König Friedrich VI. hatte 1814 den Juden das volle Bürgerrecht verliehen. Der Staatsbankrott von 1813 hatte schon zu sozialen Spannungen geführt, die nationale Demütigung durch die erzwungene Abtretung Norwegens an Schweden im Jahr 1814 hatten die Unzufriedenheit in der Bevölkerung zusätzlich verstärkt. Jüdische Bankiers und Großkaufleute wurden für die Geldpolitik verantwortlich gemacht und ihnen wurden betrügerische Transaktionen und Spekulationen vorgeworfen. Die Hep-Hep-Unruhen in Deutschland führten in diesem gesellschaftlichen Klima auch in mehreren Städten Dänemarks im September 1819 zu antijüdischen Unruhen und Ausschreitungen, weil man befürchtete, die aus Hamburg geflüchteten Juden könnten von der Regierung in Kopenhagen angesiedelt werden. Hier kam es vom 3. bis zum 7. September zu heftigen Ausschreitungen, bei denen jüdische Geschäftshäuser verwüstet und geplündert und Juden misshandelt wurden. Auch in anderen Orten in der Nähe Kopenhagens ereigneten sich Krawalle, besonders heftig am 12. September in Odense. Während der Krawalle richteten die Angreifer ihren Protest auch gegen den König, der aber entschieden reagierte, die königliche Garde entsandte und damit die Krawalle bald beenden konnte. Anders als in vielen Staaten des Deutschen Bundes setzte die dänische Regierung danach ihre Politik der Judenemanzipation fort, verband sie aber mit der Forderung nach einer stärkeren Assimilation der Juden.
Danzig – 28. und 29. September 1819
Schwere Ausschreitungen ereigneten sich am 28. September in Danzig, wo Personen und Geschäftshäuser angegriffen sowie die Fensterscheiben mehrerer Synagoge eingeworfen wurden. Am nächsten Tag richteten sich die Angriffe gegen jüdische Geschäfts- und Wohnhäuser. Nach Aufrufen zu Plünderungen konnten „mehrere Kompanien Infanterie“ die Krawalle beenden.[13] Außer in Danzig ist es im August und September 1819 in verschiedenen Orten Preußens nur zu kleineren Vorfällen gekommen.
Frankreich – September 1819
Neben Dänemark sind Vorfälle außerhalb des Deutschen Bundes noch im Elsass und in Lothringen überliefert, wobei sich an den sieben nachgewiesenen Orten nur jeweils kleinere Vorfälle ereigneten.
Rheinland – Oktober 1819
In Dormagen löste Mitte Oktober ein Kindsmord dort Hep-Hep-Krawalle aus, nachdem das Gerücht eines jüdischen Ritualmords die Runde gemacht hatte. In diesem Zusammenhang gab es am 20. Oktober einen großen Tumult, als sich dort eine größere Menschenmenge vor dem Haus eines Juden versammelte und „Hep-Hep“ skandierte.[14] Die örtlichen Behörden griffen jetzt schnell ein und verhinderten die Ausweitung der Unruhen, allerdings kam es im Laufe des Monats noch zu einigen letzten kleineren Vorfällen im Zusammenhang der Hep-Hep-Krawalle in der näheren Umgebung.
Hintergründe und Deutung der Krawalle
Ursachen und Vorgeschichte
Zeitgenossen zeigten sich von den Hep-Hep-Krawallen überrascht, dennoch „geschahen sie keineswegs zufällig. […] Sie stellten auch keinen Rückfall ins Mittelalter dar, sondern waren durchaus Ausdruck einer aktuellen Konfliktsituation“.[2] Während der napoleonischen Herrschaft waren in den besetzten Provinzen, in verschiedenen Rheinbund-Staaten und auch in Preußen viele Reformbestrebungen umgesetzt worden, unter anderem projüdische Gesetze mit dem Ziel einer Gleichstellung von Jüdinnen und Juden. In verschiedenen Judenedikten wurde ihnen gleiches Recht etwa zur Gewerbe- und Niederlassungsfreiheit zuerkannt. Die Edikte auf den gesamten Deutschen Bund zu übertragen scheiterte beim Wiener Kongress. In vielen seiner Mitgliedsstaaten gab es in den Jahren darauf heftige Kontroversen darüber, die Judenemanzipation wieder rückgängig zu machen. In Würzburg war diese Debatte der Auslöser der Krawalle.
Von den Regierungsbehörden wurden die Hep-Hep-Krawalle in erster Linie als revolutionäre Umtriebe eingeschätzt (s. staatliche Reaktionen), was inzwischen aber als widerlegt gilt. In der Forschungsliteratur werden die Ursachen der Krawalle dennoch kontrovers gedeutet. Eleonore Sterling, die bereits in den 1950er Jahren zu den „Anfängen des politischen Antisemitismus“ geforscht hat, erklärte sie als eine Form des Sozialprotests im Übergang vom religiös motivierten Antijudaismus zum modernen Antisemitismus.[15] Vor dem Hintergrund der damaligen Wirtschaftskrise (ausgelöst u. a. durch das Jahr ohne Sommer und dem Import billiger englischer Manufakturwaren) und zunehmender Verarmung großer Teile der Bevölkerung habe der Sozialneid gegen die Juden die Krawalle entfacht. Stefan Rohrbacher hat in seiner Dissertation Gewalt im Biedermeier von 1993 hervorgehoben, dass den Krawallen an den verschiedenen Orten unterschiedliche Vorbedingungen und Ursachen zugrunde liegen.[16] Werner Bergmann sieht in seiner Gesamtdarstellung zur antijüdischen Gewalt im 19. Jahrhundert von 2020 den Hauptgrund für die lokalen Konflikte in der durch die Judenedikte jetzt mögliche Neuansiedlung von Juden, was zu Konkurrenzsituationen und somit ganz spezifischen Konfliktsituationen geführt habe. Dass Menschenrechte und die Judenemanzipation „eben nicht von unten eingeklagt wurden, sondern sich obrigkeitlichem Zwang, z. T. auch durch Napoleon, verdankten“,[17] habe zu dem Eindruck geführt, die Juden hätten mit dem Staat konspiriert, was den Konflikt zusätzlich angeheizt habe.
Die Angreifer setzten sich laut Bergmann wesentlich aus „Handwerkern, Kleinbürgern und dem gewerblichen Mittelstand“[18] zusammen. Daneben gab es offenbar auch viele Teilnehmer der Krawalle aus der Unterschicht, die sich den Angreifern anschlossen. Einige Burschenschafter können wohl als Vordenker der antijüdischen Stimmungen gelten, waren aber nicht die maßgeblichen Akteure der Hep-Hep-Krawalle. Schon in Würzburg hatten sich an den Ausschreitungen offenbar keine bei der Ankunft Behrs am 2. August 1819 anwesenden Studenten der Würzburger Universität beteiligt.[19] In Heidelberg hatten Burschenschafter die Juden sogar beschützt.
Formen der Gewalt
Die Rekonstruktion der zahlreichen Vorfälle und Ereignisse in verschiedenen Städten und Ortschaften hat Stefan Rohrbacher zu einer differenzierten Analyse der Gewaltexzesse zusammengefasst. Frühere historische Darstellungen der Krawalle hätten ein größeres Ausmaß an Gewalt behauptet, so beispielsweise bei Léon Poliakov:
„Die Unruhen […] begannen im allgemeinen mit einer Zusammenrottung, während der die jüdischen Passanten belästigt wurden; dann stürzte sich die mit Äxten und Eisenstangen bewaffnete Menge unter Hep!-Hep!-Rufen in das jüdische Wohnviertel oder die Judengasse, um sich dort einer systematischen Plünderung hinzugeben. Oft bildete die Synagoge das erste Ziel; sie wurde mit aller Gründlichkeit ausgeplündert. Gewalttaten wurden zwar in einem überreichen Maße verübt, doch blieben Mordfälle dabei selten.“[20]
Rohrbacher macht deutlich, dass es solche Formen der Gewaltexzesse so nicht gegeben hat. Die meisten Schilderungen der Krawalle bezögen sich erstens auf Menschenansammlungen, die „Hep-Hep“-Rufe skandierten, sowie auf Steinwürfe gegen jüdische Wohn- und Geschäftshäuser. Pogromartige Ausschreitungen mit einem randalierenden und gewaltbereiten Mob hat es in den oben aufgeführten 18 Orten gegeben. Es gab dabei keine jüdischen Todesopfer, wohl aber viele tätliche Angriffe auf Juden. Eleonore Sterling erklärt hierzu:
„Mitten in diesem Lärm und wütenden Spektakel nach Ermordung des Juden in effigie, nach Vernichtung seines Eigentums und Schändung seiner heiligen Stätten, macht der tobende Haufe [sic!] aber plötzlich halt: die lebenden Menschen werden von keinem angetastet. – Damals kommen die Juden noch mit dem Leben davon.“[21]
Zu massiven Plünderungen wie etwa in Heidelberg kam es selten, auch die Verwüstung von Synagogen wie in Würzburg oder Rimpar sind nur selten überliefert.
Entwicklung und Herkunft des Begriffs „Hep-Hep“
Die Herkunft des Ausrufs „Hep-Hep“ (auch „Hepp-Hepp“), der 1819 bereits weit verbreitet war,[22] wird unterschiedlich abgeleitet.
- Als wahrscheinliche Wortherkunft wird Hep als Ausruf von Viehtreibern gedeutet, wie es auch das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm von 1877 erklärt. In Franken war Hep geläufig entweder als Lockruf, die Aufforderung an Ziegen davonzulaufen (hau ab, lauf weg!) oder auch als Befehl zu springen, z. B. bei Dressur und Darbietungen im Zirkus.[23] Rainer Wirtz, Detlev Claussen und Stefan Rohrbacher vermuteten deshalb, der Ziegen- oder Tieranruf sei ursprünglich in Süddeutschland auf Juden übertragen worden.[24]
- Zeitzeugen wie Rahel Varnhagen oder der deutschjüdische Historiker Heinrich Graetz deuteten sie als Abkürzung einer mittelalterlichen Kreuzfahrerparole: Hierosolyma est perdita („Jerusalem ist verloren“). Die Antisemitismusforscher Werner Bergmann und Rainer Erb halten diese Deutung für unwahrscheinlich, da die Kreuzfahrerparole korrekt „Hierosolyma sunt perdita“ lautete, ihre Tradierung in Handwerkerkreisen nicht bezeugt sei und diese kaum Latein gekannt und benutzt hätten.[25] Zeitgenössische Zeitungsberichte erklärten Hep auch als Variante von Heb, das Hebräer abkürzen sollte. Andere erklärten es als Kombination der Anfangsbuchstaben von drei großen historischen Judenfeinden: Haman, Esau, Pharao.[26]
Reaktionen und Folgen
Staatliche Reaktionen und Karlsbader Beschlüsse
Die staatlichen Behörden reagierten zwiespältig auf die Ausschreitungen. Wie in der Liste der Orte der Hep-Hep-Krawalle 1819 deutlich wird, schritten Regierungsbehörden, Polizei oder Militär in der Anfangsphase der Krawalle oft erst spät ein, um die Gewalt zu beenden. An anderen Orten reagierten die staatlichen Behörden unverzüglich und konnten so beginnende Ausschreitungen unterbinden.
Eine wichtiger Zusammenhang der Hep-Hep-Krawalle besteht zur zeitgleich (vom 6. bis zum 30. August 1819) tagenden Ministerialkonferenz in Karlsbad. Zwar wurden die Karlsbader Beschlüsse durch die Ermordung Kotzebues fünf Monate zuvor ausgelöst, der Eindruck der Hep-Hep-Krawalle hat die Beschlüsse aber mit beeinflusst. Die Regierungsbehörden der Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes vermuteten hinter den Krawallen “revolutionäre Umtriebe” organisierter Burschenschafter und setzten zur Klärung einen Untersuchungsausschuss in Mainz ein. Metternich äußerte sich in einem Brief vom 14. August 1819:
„Sobald [sich] Ausbrüche der rohen Masse einmal […] in einem Staat gezeigt haben, ist sonst keine Sicherheit vorhanden, dass dieselben nicht zu jedem Augenblick und über jeden anderen Gegenstand wieder entstehen könnten.“[27]
Die durch die Hep-Hep-Krawalle angeheizte Revolutionsangst führte jedenfalls dazu, dass die Karlsbader Beschlüsse schnell durchgesetzt und am 20. September 1819 in Frankfurt verabschiedet wurden. Die strikten Überwachungs- und Unterdrückungsmaßnahmen führten letztlich dazu, dass die Welle der Hep-Hep-Krawalle im Oktober 1819 gebrochen wurde.
Auswirkungen auf die Judenemanzipation
Die Hep-Hep-Krawalle führten zu regional unterschiedlichen Rückschritten bei der Judenemanzipation. Trotz des Eingreifens der Behörden wurden die Unruhen als praktisches Argument gegen die Judenemanzipation vorgebracht, die die Gefahr gesellschaftlicher Auseinandersetzungen mit sich bringe. Damit wurde die volle Gleichberechtigung der Juden jahrzehntelang verzögert und erst 1871 mit der Gründung des Deutschen Reiches allgemeines Gesetz. In den Jahren nach 1819 flammten zudem antijüdische Krawalle immer wieder auf.
Überlieferung
Schriftliche Quellen
Die Rekonstruktion der Vorfälle während der Hep-Hep-Krawalle beruht erstens auf behördlichen Akten,[28] zweitens auf Flugblättern, Proklamationen, Drohbriefen und Plakaten,[29] drittens auf einigen Briefen und anderen persönlichen Aufzeichnungen[30] sowie viertens auf zahlreichen Zeitungsberichten, die selbst wichtiger Auslöser für die Ausbreitung der Krawalle waren. Beispiele zur zeitgenössischen Darstellung der Krawalle in der Presse finden sich in den Rheinischen Blättern vom 14. August 1819[31] oder in der Augsburger Postzeitung vom 28. August 1819.[32]
Gegen die Juden gerichtete Drohungen waren meist mit antijüdischen und religiösen Behauptungen und Ressentiments unterlegt, wie diese Proklamation aus Danzig (vermutlich vom September 1819) deutlich macht:
„Brüder in Christo!
Auf, auf, sammelt euch, rüstet euch mit Muth und Kraft gegen deine Feinde unseres Glaubens, es ist Zeit, das Geschlecht der Christusmörder zu unterdrücken, damit sie nicht Herrscher werden über euch und unsere Nachkommen, denn stolz erhebt schon die Juden Rotte ihre Häupter und spotten unserer Ehrfurcht, daß wir unsere Knie beugen für den, den sie gewürgt, darum nieder! nieder mit ihnen, ehe sie unsere Priester kreutzigen, unsere Heiligthümer schänden und unsere Tempel zerstören, noch haben wir Macht über ihnen und die Gewalt ist in unseren Händen, darum laßt uns jetzt ihr sich selbst gefälltes Urtheil an ihnen vollstrecken, laut dem sie geschrien: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder! Auf, wer getauft ist, es gilt der heiligsten Sache, fürchtet nichts und zögert keine Stunde, den Streit für den Glauben offen zu wagen. Diese Juden, die hier unter uns leben, die sich wie verzehrende Heuschrecken unter uns verbreiten, und die das ganze preußische Christentum dem Umsturz drohen, das sind Kinder derer, die da schrien: kreutzige, kreutzige.
Nun auf zur Rache! unser Kampfgeschrey sey Hepp! Hepp!! Hepp!!!
Aller Juden Tod und Verderben, Ihr müßt fliehen oder sterben.“[33]
Der Stich von Johann Michael Voltz
Außer der Radierung von Johann Michael Voltz (1784–1858) ist keine weitere Bildquelle zu den Hep-Hep-Krawallen überliefert. Der Druck wurde in Nürnberg bei Friedrich Campe verlegt und wird unterschiedlich entweder mit Würzburg oder Frankfurt untertitelt.[34] Voltz war kein Augenzeuge der Ereignisse, stützte seine bildliche Darstellung offenbar auf damalige Berichte und hat offenbar einen fiktiven Schauplatz gezeichnet, denn die Gebäude lassen sich weder Frankfurt noch Würzburg eindeutig zuordnen.
Das ganze Bild illustriert einen ungeheuren Gewaltexzess. Wohnungen werden geplündert und Stühle, Porzellan, Töpfe, Flaschen, anderer Hausrat, Schubladen, ein Laken und ein großer Spiegel auf die Straße geworfen. Der Zeichner legt nahe, dass auch Frauen an den Ausschreitungen beteiligt waren. Bei dem auf den Juden rechts einschlagenden Mann mit Weste und Frack könnte es sich laut Amos Elon vielleicht um einen Apotheker oder einen Schullehrer handeln.[35] Von links sieht man Kavallerie in die Stadt einziehen. Im Hintergrund sind einige jüdische Männer mit Dreispitz- und Zylinderhüten und Bärten zu erkennen, die von einem mit zweizinkigen Heugabeln, Holzknüppeln und auch einer Axt bewaffneten Mob angegriffen werden. Ein Mann schießt aus einem Fenster in die Menge. Die Wohnung, aus der er schießt, hat er zuvor offenbar mit einer Leiter erklommen.
Rezeption
Die Hep-Hep-Krawalle stießen 1819 auf ein großes Medienecho und wurden von einer „breiten Öffentlichkeit wie bei Zeitungsschreibern, Politikern und Intellektuellen“[36] aufmerksam verfolgt und von restaurativen Kräften auch instrumentalisiert, Furcht vor revolutionären Umtrieben und Verschwörungen zu schüren. In der Folgezeit wurden die Ereignisse aber offenbar weniger rezipiert. Die Angreifer konnten froh sein, dass sie kaum Konsequenzen für die Krawalle tragen mussten, denn es gab nur wenige Verhaftungen. Die Regierenden legten größtes Interesse darauf, weiteren Aufruhr zu verhindern. Und die Jüdinnen und Juden, die mehrheitlich nach Emanzipation strebten, wollten die Ereignisse vermutlich möglichst vergessen machen.[37]
Anders verhält es sich in der heutigen Erinnerungskultur. Detlev Claussen stellte 1987 hierzu fest: „Im deutschen Geschichtsbewusstsein sind sie so gut wie gar nicht vorhanden – man hat sie vergessen“.[38] Die Hep-Hep-Krawalle sind – gemessen am großen Ausmaß der Gewalt und der beteiligten Angreifer – heute ein kaum erinnertes Ereignis des 19. Jahrhunderts. Es gibt auch keine Erinnerungsorte wie Denkmäler oder Gedenktafeln zu den Ereignissen von 1819.
Auch der Geschichtsunterricht wird bis heute von einem Geschichtsbild dominiert, dass für das frühe 19. Jahrhundert die Entstehung der Nationalbewegung in den Mittelpunkt rückt. Die 1810er Jahre werden maßgeblich auf die Ereigniskette Völkerschlacht 1813, Wiener Kongress und Restauration, Wartburgfest 1817 und schließlich als Reaktion auf die revolutionären Umtriebe die Beschlüsse in Karlsbad 1819 reduziert.[39] Vor dem Hintergrund der um sich greifenden entfesselten Gewalt der Hep-Hep-Krawalle lassen sich beispielsweise die Karlsbader Beschlüsse und die Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, anders verstehen und einordnen.
Literatur
- Werner Bergmann: Tumulte ― Excesse ― Pogrome: Kollektive Gewalt gegen Juden in Europa 1789–1900. Wallstein Verlag, Göttingen 2020, ISBN 978-3-8353-3645-2
- Detlev Claussen: Vom Judenhass zum Antisemitismus. Materialien einer verleugneten Geschichte. Luchterhand Verlag, Darmstadt 1987, ISBN 3-630-61677-1
- Rainer Erb, Werner Bergmann: Die Nachtseite der Judenemanzipation – Der Widerstand gegen die Integration der Juden in Deutschland 1780–1860. Metropol, Berlin 1989, ISBN 3-926893-77-X
- Heinrich Graetz: Geschichte der Juden. Band 11, 2. Auflage. Leipzig 1900, S. 300–345 (Online bei Zeno.org, hier: Auszug zu den Hep-Hep-Unruhen).
- Jacob Katz: Die Hep-Hep-Verfolgungen des Jahres 1819. Metropol Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-926893-17-6.
- Stefan Rohrbacher: Gewalt im Biedermeier. Antijüdische Ausschreitungen in Vormärz und Revolution (1815–1848/49). Campus-Verlag, Frankfurt/New York 1993, ISBN 3-593-34886-1 (zugleich Dissertation, TU Berlin 1990).
- Stefan Rohrbacher: Deutsche Revolution und antijüdische Gewalt (1815–1848/49). In: Peter Alter, Claus-Ekkehard Bärsch, Peter Berghoff (Hrsg.): Die Konstruktion der Nation gegen die Juden. Wilhelm Fink, 1999, ISBN 3-7705-3326-7, S. 29–47.
- Eleonore Sterling: Anti-Jewish Riots in Germany in 1819 – A Displacement of Social Protest. In: Historia Judaica 12/1950, S. 105–142.
- Eleonore Sterling: Judenhaß. Die Anfänge des politischen Antisemitismus in Deutschland (1815–1850). (früher: Er ist wie du. Aus der Frühgeschichte des Antisemitismus in Deutschland (1815–1850). Kaiser, München 1956). Überarbeitete und erweiterte Ausgabe. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1969. DNB 458231886.
Weblinks
- Sven Felix Kellerhoff: Eine Judenschlacht wie im Mittelalter. In: Welt.de, 2. August 2019.
- Daniel Meßner: GAG113: Die Hep-Hep-Unruhen von 1819. In: Podcast Geschichten aus der Geschichte, 22. November 2017.
- Christoph Pallaske: Die Hep-Hep-Krawalle von 1819 gehören in den Geschichtsunterricht. In: Blog Historisch denken – Geschichte machen, 21. Oktober 2021.
- Klaus-Peter Schroeder: Anton Friedrich J. Thibaut und die „Hep-Hep-Unruhen“ des Jahres 1819 auf YouTube, 19. Juni 2019 (Video, Universität Heidelberg, 14:57 Min.).
- David Shyovitz: The Hep Hep Riots. In: Jewish Virtual Library (englisch).
- Moshe Zimmermann: Die Hep-Hep-Unruhen in Hamburg. Ludolf Holsts Schrift „Über das Verhältnis der Juden zu den Christen in den Handelsstädten“. In: Institut für die Geschichte der deutschen Juden (Hrsg.): Juedische-Geschichte-Online.net, 9. März 2017.
Einzelnachweise
- Stefan Rohrbacher: Gewalt im Biedermeier. 1993, S. 99.
- Werner Bergmann: Tumulte ― Excesse ― Pogrome, 2020, S. 137.
- Vgl. Stefan Rohrbacher: Gewalt im Biedermeier, 1993, S. 102–124. Anmerkung: Die auf diesen Seiten erwähnten Städte- und Ortsnamen in einer Übersicht, die von Bayern über andere deutsche Bundesstaaten bis Frankreich (Elsass) und Dänemark reicht, ergibt sich die Summe von über 80 Ortsnamen. Die bei Werner Bergmann: Tumulte ― Excesse ― Pogrome, 2020, auf S. 140 genannte Zahl von fast fünfhundert Orten beruht auf einem Irrtum, da sich das von Bergmann erwähnte Ortsregister im Buch von Rohrbacher tatsächlich auf die Jahre 1815–1848/49 bezieht.
- Siehe hierzu die Liste bei Werner Bergmann: Tumulte ― Excesse ― Pogrome, 2020, S. 767–794.
- Gelegentlich wird auch Meiningen als Ausgangspunkt der Hep-Hep-Krawalle genannt, wo es bereits Ende März 1819 zu Vorfällen kam. Angesichts der Bedeutung der Würzburger Ereignisse für die unmittelbar danach um sich greifenden Gewaltexzesse erscheint dies aber wenig plausibel. Vgl. zu Meiningen Christoph Gann: Meiningen als Ausgangspunkt der antijüdischen Krawalle von 1819 („Hep-Hep-Krawalle“), in: Hennebergisch-Fränkischer Geschichtsverein (Hrsg.): Jahrbuch 2017, Kloster Veßra/Meiningen/Münnerstadt 2017, S. 253–284.
- Alle der in diesem Abschnitt Verlauf aufgeführten Angaben und Nachweise zu den Ereignissen und zum Verlauf der Hep-Hep-Krawalle finden sich in der Liste der Orte der Hep-Hep-Krawalle 1819, die sich hauptsächlich stützt auf Stefan Rohrbacher: Gewalt im Biedermeier, 1993, S. 94–156 und Werner Bergmann: Tumulte ― Excesse ― Pogrome, 2020, S. 137–183.
- Hierzu auch Stefan Rohrbacher: The „Hep Hep“ Riots of 1819. In: Christhard Hoffmann, Helmut Walser Smith, Werner Bergmann (Hrsg.): Exclusionary Violence: Antisemitic Riots in Modern German History. 2. Auflage 2002, ISBN 0-472-06796-6, S. 23–42
- Detaillierter zu den Ereignissen in Würzburg vgl. Ursula Gehring-Münzel: Vom Schutzjuden zum Staatsbürger – Die gesellschaftliche Integration der Würzburger Juden 1803–1871. Schöningh, Würzburg 1992, ISBN 3-87717-768-9 (zugleich Dissertation an der Universität Würzburg 1987) und dies.: Die Würzburger Juden von 1803 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. Band III/1–2: Vom Übergang an Bayern bis zum 21. Jahrhundert. Theiss, Stuttgart 2007, DNB 458231886, S. 499–528 und 1306–1308, sowie als Primärquelle auch der Bericht (Zirkular) des königlich bayerischen Staatsrats und Generalkommissärs des Untermainkreises, Freiherrn von Asbeck zu Würzburg, 11. August 1819, unter Würzburg in der Liste der Orte der Hep-Hep-Krawalle
- Johannes Staudenmaier: Die Hep-Hep-Unruhen des Jahres 1819 und ihre Auswirkungen auf die Stadt Bamberg. In: Berichte des Historischen Vereins Bamberg für die Pflege der Geschichte des Ehemaligen Fürstbistums. Band 154, 2018, S. 139–150.
- Siehe hierzu den Zeitungsbericht unter Überlieferung – Schriftliche Quellen.
- Zur Rolle der Studenten in Heidelberg vgl. Heinrich Graetz: Hep-Hep-Krawalle im Jahr 1819, Geschichte der Juden, aus Band 11, 2. Auflage von 1900 – S. 334 ff.
- Bekanntmachung des Hamburger Senats vom 26. August 1819, Online unter: Christoph Pallaske: Die Hep-Hep-Krawalle von 1819 gehören in den Geschichtsunterricht. In: Blog Historisch denken – Geschichte machen, 21. Oktober 2021, Quelle 2.
- Zu Danzig vgl. auch Michael Szulc: Emanzipation in Stadt und Staat. Die Judenpolitik in Danzig 1807–1847. Wallstein Verlag, Göttingen 2016, ISBN 978-3-8353-1853-3, S. 173–230.
- Vgl. hierzu Joan Peter Delhoven, Hermann Cardauns: Die rheinische Dorfchronik des Joan Peter Delhoven aus Dormagen (1783–1823), Dormagen 1966, S. 231f.
- Eleonore Sterling: Judenhaß. Die Anfänge des politischen Antisemitismus in Deutschland (1815–1850), S. 162–165.
- Stefan Rohrbacher: Gewalt im Biedermeier, 1993, S. 131–149.
- Werner Bergmann: Tumulte ― Excesse ― Pogrome, 2020, S. 138, Bergmann bezieht sich hier auf Eleonore Sterling.
- Werner Bergmann: Tumulte ― Excesse ― Pogrome, 2020, S. 180 ff.
- Ursula Gehring-Münzel: Die Würzburger Juden von 1803 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, 2007, S. 502 f.
- Léon Poliakov: Geschichte des Antisemitismus, Bd. 6, Worms 1987, S. 102 f., zitiert nach Stefan Rohrbacher: Gewalt im Biedermeier, 1993, S. 128.
- Zitiert in Eleonore Sterling: Judenhass, 1969, S. 163.
- Stefan Rohrbacher: Gewalt im Biedermeier, 1993, S. 95.
- Im Odenwald riefen Tänzer sich bei der „Judenpolka“ auch ein rhythmisches Hepp zu. Vgl. hierzu Thorsten Muth: Das Judentum: Geschichte und Kultur. Pressel, 2009, ISBN 3-937950-28-1, S. 41.
- Rainer Wirtz: „Widersetzlichkeiten, Excesse, Crawalle, Tumulte und Skandale“. Ullstein (Sozialgeschichtliche Bibliothek), 1981, ISBN 3-548-35119-0, S. 289, Fußnote 15; Detlev Claussen: Vom Judenhass zum Antisemitismus, 1989, S. 74; Stefan Rohrbacher: Gewalt im Biedermeier, 1993, S. 94 ff.
- Rainer Erb, Werner Bergmann: Die Nachtseite der Judenemanzipation, 1989, S. 218 ff. Lion Feuchtwanger beschreibt den Ursprung des Begriffes in seinem Werk Der jüdische Krieg, in dem der Untergang Jerusalems und des Tempels durch die Römer geschildert wird – nach Quellen des jüdisch-römischen Historikers Josephus Flavius. Demnach hätten bereits die Römer nach der Zerstörung bei gleichzeitiger Prägung der Münze „Iudaea capta“ den Begriff als Siegesruf angewandt, gemäß dem Satz „Hierosolyma est perdita“.
- Philologen und Völkerkundler um 1900 führten das Kurzwort auf einen hebräischen bzw. chaldäischen Wortstamm zurück, der Feind oder Widersacher bedeute. Vgl. Christian Anton Krollmann: Warum gab es 1819 eine „Judenhetze“? Berlin 1899; zitiert in Eleonore Sterling: Anti-Jewish Riots in Germany in 1819, S. 108.
- Zitiert nach Eleonore Sterling: Judenhass, 1969, S. 165.
- Als Beispiel der „Bericht des Oberpolizeidirektors an den kurfürstlichen Oberschulrat in Kassel vom 16.09.1819“ (HStAM Best. 17 h Nr. 170) als Faksimile auf den Seiten des Staatsarchivs Marburg: „… so stören sie doch die Ruhe und Sicherheit in den Straßen.“ Vor 200 Jahren: Antisemitische „Hepp-Hepp-Unruhen“, 2019.
- Als Beispiel eine Proklamation aus Danzig, ohne Datum [September 1819], und die als Plakat veröffentliche Bekanntmachung des Hamburger Senats vom 26. August 1819, Online unter: Christoph Pallaske: Die Hep-Hep-Krawalle von 1819 gehören in den Geschichtsunterricht. In: Blog Historisch denken – Geschichte machen, 21. Oktober 2021, Quellen 1 und 2
- Als Beispiel der Brief von Ludwig Robert an Rahel Verhagen vom 22. August 1819 über die Ereignisse in Heidelberg und in Karlsruhe, Online unter: Christoph Pallaske: Die Hep-Hep-Krawalle von 1819 gehören in den Geschichtsunterricht. In: Blog Historisch denken – Geschichte machen, 21. Oktober 2021, Quelle 5
- Rheinische Blätter vom 14. August 1819, S. 539.
- Augsburgische Ordinari Postzeitung von Staats-, gelehrten, historisch- u. ökonomischen Neuigkeiten vom 28. August 1819
- Zitiert nach: Eleonore Sterling: Judenhass, S. 171 [Amtliche Abschrift, Zentralarchiv Merseburg, Rep. 77, Abt. I, Tit. XXX, Nr. 4 (1819)]
- Zu Würzburg beispielsweise bei der Museumslandschaft Hessen Kassel und zu Frankfurt beim Deutschen Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg
- Amos Elon: The Pity of it All: A History of Jews in Germany, 1743–1933, New York 2002, S. 103 Internet Archive
- Stefan Rohrbacher: Gewalt im Biedermeier, 1993, S. 94
- Christoph Pallaske: Die Hep-Hep-Krawalle von 1819 gehören in den Geschichtsunterricht. In: Blog Historisch denken – Geschichte machen, 21. Oktober 2021.
- Detlev Claussen: Vom Judenhass zum Antisemitismus., 1989, S. 73
- Christoph Pallaske: Die Hep-Hep-Krawalle von 1819 gehören in den Geschichtsunterricht. In: Blog Historisch denken – Geschichte machen, 21. Oktober 2021.