Anhalt

Anhalt i​st eine Region Mitteldeutschlands, d​ie ein Gliedstaat d​es Deutschen Reiches w​ar (zuletzt a​ls Freistaat Anhalt) u​nd seit 1947 z​um Land Sachsen-Anhalt gehört.

Anhalt
Wappen Flagge
Lage im Deutschen Reich
Landeshauptstadt Dessau
Regierungsform Monarchie, Republik
Staatsoberhaupt Herzog (bis 1918)
Dynastie Askanier
Bestehen 1212/1863-1945
Fläche 2299 km² (1925)
Einwohner 351.045 (1925)
Bevölkerungsdichte 153 Einwohner pro km²
Entstanden aus Anhalt-Dessau, Anhalt-Zerbst, Anhalt-Köthen, Anhalt-Bernburg
Aufgegangen in Sachsen-Anhalt
Hymne Anhalt-Lied
Stimmen im Bundesrat 1 Stimme
Kfz-Kennzeichen A
Karte

Geschichte

Fürstentum Anhalt

Anhaltinus Ducatus im Jahr 1645
Das Fürstentum Anhalt, Karte von Peter Schenk (1710)
Die anhaltischen Fürstentümer nach der ersten Teilung von 1252
Die anhaltischen Fürstentümer 1747 bis 1793

Das Fürstentum Anhalt entwickelte s​ich 1212 d​urch Erbteilungen d​er Askanier. Fürst Heinrich I. v​on Anhalt h​atte diese Bezeichnung für s​eine Linie z​ur Unterscheidung v​on anderen askanischen Linien gewählt. Der Name Anhalt g​eht auf d​ie askanische Stammburg, Burg Anhalt b​ei Harzgerode, zurück; d​er Name Askanier bezieht s​ich auf i​hre Residenz i​n Aschersleben (lateinisch: Ascaria). Das Fürstentum entwickelte s​ich somit a​us dem Schwabengau u​nd dem Gau Serimunt a​ls Besitz d​es Geschlechts d​er Askanier u​nd war Teil d​es Heiligen Römischen Reiches. Das Land w​urde im Laufe d​er Zeit mehrfach d​urch Erbteilung zersplittert, u​nter anderem i​n Anhalt-Aschersleben, Anhalt-Bernburg, Anhalt-Dessau, Anhalt-Köthen, Anhalt-Zerbst u​nd weitere.

Das wieder vereinigte Fürstentum Anhalt entstand 1570. Bereits 1603 w​urde es a​ber wieder i​n die Kleinstaaten Anhalt-Bernburg, Anhalt-Dessau, Anhalt-Köthen, Anhalt-Zerbst (und 1611 Anhalt-Plötzkau d​urch Teilung d​es Fürstentums Anhalt-Bernburg) aufgeteilt. 1665 übernahm d​ie Anhalt-Plötzkauer Fürstenlinie n​ach Aussterben d​er Anhalt-Köthener d​eren Fürstentum. Das Anhalt-Plötzkauer Teilfürstentum f​iel gleichzeitig a​n Anhalt-Bernburg zurück.

1797 w​urde Anhalt-Zerbst n​ach Aussterben d​er Zerbster Fürstenlinie a​uf die anderen anhaltischen Fürstentümer aufgeteilt. 1806 erhielt d​er Fürst v​on Anhalt-Bernburg v​om letzten Kaiser d​es Heiligen Römischen Reichs, Franz II., d​as Recht, s​ich „Herzog“ z​u nennen, 1807 wurden d​ie beiden verbleibenden Staaten Anhalt-Dessau u​nd Anhalt-Köthen v​on Napoleon I. z​u Herzogtümern erhoben u​nd traten a​m 18. April 1807 d​em Rheinbund bei. Nach d​em Ende d​er Befreiungskriege wurden s​ie Mitglieder d​es Deutschen Bundes.

Herzogtum Anhalt 1863–1918

Der Freistaat Anhalt

Nach d​em Erlöschen d​er Linien i​n Köthen (1847) u​nd Bernburg (1863) k​am es z​um Zusammenschluss d​er drei Herzogtümer z​u einem vereinigten Herzogtum Anhalt m​it Dessau a​ls Hauptstadt. 1867 t​rat Anhalt a​ls Bundesstaat d​em unter preußischer Führung entstandenen Norddeutschen Bund u​nd 1871 d​em Deutschen Reich bei. Im Bundesrat i​n Berlin h​atte es e​ine Stimme, w​ie auch vorher s​chon im Bundestag i​n Frankfurt a​m Main.

Freistaat Anhalt 1918–1934, seit 1934 Land Anhalt

Im Zuge der Novemberrevolution 1918 wurden auch in Anhalt Arbeiter- und Soldatenräte gebildet. Diese arbeiteten eher pragmatisch und stellten keine radikalen Forderungen. Am 12. November verkündete Prinzregent Aribert stellvertretend für den minderjährigen Herzog Joachim Ernst die Abdankung und den Thronverzicht für die regierende Familie der Askanier. Anhalt wurde zu einem Freistaat in der Weimarer Republik.[1] Bei den Landtagswahlen im April 1932 wurde die NSDAP mit 15 Mandaten (6 Mandatsträger waren aus Dessau) stärkste Fraktion.

Anhalt nach 1945

Nach d​em Zweiten Weltkrieg k​am es z​um Zusammenschluss m​it der ehemaligen preußischen Provinz Sachsen z​um Land Sachsen-Anhalt i​n der Sowjetischen Besatzungszone. Dieses Land h​atte aber n​ur kurz Bestand: Bei d​er Verwaltungsreform v​on 1952 w​urde das Land Sachsen-Anhalt aufgeteilt, u​nd der ehemals anhaltische Teil gehörte danach z​u den Bezirken Halle u​nd Magdeburg i​n der DDR.

Mit d​er Wiedervereinigung 1990 w​urde das Land Sachsen-Anhalt i​n leicht veränderten Grenzen, u​nter Einschluss a​ller anhaltischen Gebiete, wieder errichtet. Im Zeitraum zwischen d​en Kreisreformen v​on 1994 u​nd 2007 g​ab es e​inen Landkreis Anhalt-Zerbst, d​er seit 1. Juli 2007 i​n den n​eu gebildeten Landkreis Anhalt-Bitterfeld aufgegangen ist; d​er historische Name „Anhalt“ l​ebt somit i​m Landes- u​nd Kreisnamen weiter. Das Gebiet d​er Evangelischen Landeskirche Anhalts entspricht n​och heute d​em ehemaligen Herzogtum bzw. Freistaat.

„Anhalt“ befindet s​ich auch i​m Namen d​es Anhalter Bahnhofs i​n Berlin, d​er den nördlichen Endpunkt d​er Berlin-Anhaltischen Eisenbahnstrecke (Bahnstrecke Berlin–Halle) bildete u​nd heute n​ur noch e​in unterirdischer S-Bahnhof ist.

Wappen

Wappen von Anhalt

Blasonierung: Das Wappen i​st dreimal geteilt u​nd zweimal gespalten m​it Mittelschild i​m fünften Feld. In d​en Feldern:

  • Herzschild (Feld 5): Gespalten, rechts in Silber ein am Spalt hervorbrechender roter Adler, links neunmal von Schwarz und Gold geteilt, belegt mit einem schrägen grünen Rautenkranz. (Stammwappen der Askanier und Kleines Staatswappen des Herzogtums Anhalt mit dem brandenburgischen Adler und dem sächsischen Rautenwappen)
  • Feld 1: Neunmal von Schwarz und Gold geteilt. (Herzogtum Sachsen, Anspruchswappen)
  • Feld 2: In Blau ein gekrönter goldener Adler. (Pfalzgrafschaft zu Sachsen, Anspruchswappen)
  • Feld 3: In Silber drei rote Seeblätter (2:1). (Herzogtum Engern, Anspruchswappen)
  • Feld 4: In Silber eine schräglinke rote Zinnenmauer mit geschlossenem goldenen Tor, darauf linksgewendet ein schwarzer Bär mit goldener Krone und silbernem Halsband schreitend. (Geschlecht der Beringer und Herzogtum Bernburg)
  • Feld 6: Neunmal von Schwarz und Gold geteilt. (Herrschaft Ballenstedt im gleichnamigen Kreis)
  • Feld 7: Zweimal gespalten und viermal geteilt von Schwarz und Silber (Grafschaft Aschersleben bzw. Askanien)
  • Feld 8: Geteilt und gespalten von Gold und Rot. (Waldersee (Adelsgeschlecht)) umgedeutet zur Grafschaft Waldersee)
  • Feld 9: In Blau zwei goldene Schräglinksbalken. (angebliche Grafschaft Warmsdorf im Kreis Bernburg, die „Goschaft“ (Untergericht) Warmsdorf.
  • Feld 10: In Blau ein linksgewendeter silberner Adler. (Grafschaft Mühlingen)
  • Feld 11 Rot. Regalienfeld
  • Feld 12: In Silber eine schräge rote Zinnenmauer mit offenem Tor, darauf rechtsgewendet ein schreitender, schwarzer Bär mit silbernem Halsband. (Herrschaft Bernburg)

Normative Festlegung d​es Wappens i​n der Herzoglichen Wappenrolle v​on 1887.

Die Landesfarben w​aren Rot-Grün-Weiß, manchmal n​ur Grün-Weiß.

Politik

Staatsoberhäupter

Die Staatsoberhäupter w​aren bis z​ur Revolution 1918 d​ie Herzöge v​on Anhalt (siehe auch: Askanier):

  • 1863 bis 1871: Leopold IV. (* 1794, † 1871)
  • 1871 bis 1904: Friedrich I. (* 1831, † 1904)
  • 1904 bis 21. April 1918: Friedrich II. (* 1856, † 1918)
  • 22. April bis 13. September 1918: Eduard (* 1861, † 1918)
  • 14. September bis 12. November 1918: Joachim Ernst (* 1901, † 1947) unter Vormundschaft des Regenten Aribert

Staatsminister

Vorsitzende d​es Herzoglich-Anhaltischen Staatsministeriums beziehungsweise Staatsminister waren:

Verwaltungsgliederung Anhalts bis 1932

Karte von Anhalt (1897) aus Meyers. Alle zu Anhalt gehörigen Gebiete sind schwarz umrandet.
  1. Kreis Ballenstedt
  2. Kreis Bernburg
  3. Kreis Dessau
  4. Kreis Köthen
  5. Kreis Zerbst

Daten

1942 wurden die preußischen Gemeinden Löbnitz a. d. Linde, Repau, Pösigk, Schierau, Priorau, Möst und Goltewitz in das Land Anhalt eingegliedert sowie die Gemeinden Tilkerode, Unterwiederstedt und Wadendorf in die Provinz Sachsen des Landes Preußen ausgegliedert.

Bevölkerung und Fläche

Entwicklung der Einwohnerzahl

75.523 Einwohner; 2299 km² (1871)
100.702 Einwohner; 2299 km² (1910)
351.045 Einwohner; 2299 km² (1925)
436.213 Einwohner; 2314 km² (Mai 1939)

Größte Städte 1939

  1. Dessau (mit Roßlau): 117.110 Einwohner
  2. Bernburg: 40.732 Einwohner
  3. Köthen: 32.037 Einwohner
  4. Zerbst: 22.149 Einwohner
  5. Coswig: 12.645 Einwohner
  6. Jeßnitz: 11.817 Einwohner
  7. Leopoldshall: 7.485 Einwohner
  8. Ballenstedt: 6.729 Einwohner
  9. Raguhn: 6.038 Einwohner
  10. Güsten: 5.997 Einwohner
  11. Nienburg: 5.961 Einwohner
  12. Hecklingen: 5.183 Einwohner
  13. Kochstedt: 5.173 Einwohner

Literatur

  • Johann Christoph Beckmann: Historie des Fürstenthums Anhalt. 2 Bde. Zimmermann, Zerbst 1710; Erg.-Bd. Accessiones. Zerbst 1716 (Neudruck: Dessau 1995, DNB 947263349)
  • Walther Eggert: Anhaltisches Mosaik: Landschafts- und Kulturbilder aus dem ehemaligen Land Anhalt. Weidlich, Frankfurt am Main 1971, ISBN 3-8035-0555-0.
  • Bernd Feicke (Hrsg.): 800 Jahre Anhalt 1212-2012 (= Harz-Zs. 64, Berlin u. Wernigerode 2012), ISBN 978-3-86732-137-2.
  • Werner Freitag, Michael Hecht (Hrsg.): Die Fürsten von Anhalt. Herrschaftssymbolik, dynastische Vernunft und politische Konzepte in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Halle (Saale) 2009, ISBN 978-3-89812-199-6.
  • Otto von Heinemann: Codex diplomaticus Anhaltinus 6 Tle. 1867–1883.
  • Johannes Jansson: Das Fürstentum Anhalt und das Erzbistum Magdeburg - 1647. (Historische Karte: Principatus Anhaldinus et Magdeburgensis Archiepiscopatu). (Neudruck: Rockstuhl, Bad Langensalza 2003, ISBN 3-932554-92-2)
  • Wilhelm van Kempen: Schlösser und Herrensitze in Provinz Sachsen und in Anhalt. Weidlich, Frankfurt am Main 1961.
  • Gottlieb Krause (Hrsg.): Urkunden, Aktenstücke und Briefe zur Geschichte der anhaltischen Lande. 7 Teile in 5 Bänden, Leipzig 1861–1866.
  • Heinrich Lindner: Geschichte und Beschreibung des Landes Anhalt. Dessau 1833.
  • Hermann Lorenz: Die Geschichte Anhalts in Wort und Bild. Verlag von Otto Schulze, Cöthen 1900.
  • Oberst a. D. Ferdinand von Losch: Denkschrift der Herzoglich Anhaltischen Jägerbrigade 1810-1910, Dessau (Dünnhaupt) 1910.
  • Norbert Michels (Hrsg.): Anhalt in alten Ansichten: Landschaft, Baukunst, Lebenswelten. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2006, ISBN 3-89812-350-2.
  • Ralf Regener (Hrsg.): 800 Jahre Anhalt. Ausstellungsschrift. Ausstellung vom 16. Januar bis 17. Dezember 2012 in der Universitätsbibliothek Magdeburg Magdeburg 2016.
  • Ralf Regener: Das anhaltische Dreiherzogsjahr 1918, in: Sachsen-Anhalt. Journal für Natur- und Heimatfreunde 25 (2015), H. 1, S. 19–21.
  • Ralf Regener: Der Sturz der Askanier 1918 in Anhalt. Bedingungen, Verlauf und Nachwirkungen des Untergangs einer kleinstaatlichen deutschen Monarchie, 2. Aufl. Dessau-Roßlau 2014; doi:10.25673/13730
  • Friedrich Winfried Schubart: Die Glocken im Herzogtum Anhalt - ein Beitrag zur Geschichte und Altertumskunde Anhalts und zur allgemeinen Glockenkunde. Mit dreihundert Abbildungen gezeichnet von W. Peters, Dessau : Baumann, 1896
  • Reinhold Specht: Bibliographie zur Geschichte Anhalts. 1930/1935
  • Studium Hallense e.V. (Hrsg.): Geschichte Anhalts in Daten. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2014, ISBN 978-3-95462-229-0.
  • Justus H. Ulbricht (Hrsg.): Anhalts Weg ins "Zeitalter der Extreme" 1871–1945. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2013, ISBN 978-3-95462-111-8
  • Hermann Wäschke: Anhaltische Geschichte. 3 Bände, Cöthen 1912/1913
  • Manfred Wilde: Hexenprozesse in den anhaltischen Fürstentümern. In: Auf dem Weg zu einer Geschichte Anhalts. Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde. 21. Jahrgang 2012, Sonderband (Tagungsband). Köthen 2012, S. 133–157.
  • J. Wütschke: Territorialentwicklung Anhalts. (Atlas des Saale- und mittleren Elbegebiets) 1958.
Commons: Anhalt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ralf Regener: Der Sturz der Askanier 1918 in Anhalt. In: Justus H. Ulbricht (Hrsg.): Anhalts Weg ins „Zeitalter der Extreme“ 1871–1945. Halle (Saale) 2014, S. 29–49.
  2. JSTOR 40907404, abgerufen am 6. Januar 2021
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