Geschichte der Stadt Speyer

Die Geschichte d​er Stadt Speyer beginnt i​m Jahr 10 v. Chr. m​it der Errichtung e​ines Römerlagers. Der Name Spira, a​us dem s​ich schließlich d​er heutige Name Speyer entwickelte, taucht erstmals 614 auf. Vor a​llem durch d​ie Reichstage u​nd durch d​en Kaiserdom erlangte Speyer Bekanntheit.

Speyer, Ansicht nach Braun-Hogenberg (1572)

Zeittafel

  • 10 v. Chr.: Anlage des ersten römischen Militärlagers Noviomagus, Ansiedlung der germanischen Nemeter auf dem linken Rheinufer, Zivilsiedlung vor dem Militärlager
  • um 83: Zivilsiedlung Noviomagus wird Hauptort im Territorium der Nemeter (Civitas Nemetum)
  • 346: Für Speyer wird Jesse als Bischof erwähnt.
  • 496/506: fränkische Siedlung, erste Nennung des Namens Spira
  • um 800: Beginn des karolingischen Dombaus
  • 838: erster von insgesamt 50 Hof- und Reichstagen in Speyer
  • 946: Markt- und Münzrecht
  • 969: Immunitätsprivileg Kaiser Ottos des Großen; Bischof wird Stadtherr, Baubeginn der Stadtmauer
  • 1030: Kaiser Konrad II. legt den Grundstein zum Speyerer Dom.
  • 1047: Kaiser Heinrich III. überführt den Leichnam des Heiligen Guido von Pomposa nach Speyer.
  • 1076: König Heinrich IV. bricht von Speyer zum Bußgang nach Canossa auf.
  • 1084: Ansiedlung der ersten jüdischen Gemeinde in Speyer
  • 1111: Der große Freiheitsbrief des Heinrich V.
  • 1193: Kaiser Heinrich VI. schließt auf dem Reichstag zu Speyer (21.3.1193 – 25.3.1193) mit seinem Gefangenen Richard Löwenherz einen Vertrag über das zu zahlende Lösegeld von 100.000 Mark Silber ab.
  • 1226: Speyer wird Mitglied im Rheinischen Städtebund
  • 1230: erstes Speyerer Stadtrecht
  • 1294: Der Bischof verliert die meisten seiner früheren Rechte und die Stadt Speyer ist von nun an Freie Reichsstadt.
  • 1526: Der Reichstag in Speyer verhandelt Luthers Lehren.
  • 1527: Speyer wird Sitz des Reichskammergerichts (bis 1689)
  • 1529: Auf dem Reichstag zu Speyer „protestieren“ am 19. April die evangelischen Reichsstände gegen die reformationsfeindlichen Beschlüsse (Speyerer Protestation)
  • 1544: großes Speyerer Judenprivileg durch Kaiser Karl V.
  • 1689: Die Stadt wird im Pfälzischen Erbfolgekrieg von französischen Truppen unter General Mélac fast ganz zerstört
  • 1792: Speyer wird von französischen Revolutionstruppen erobert und bleibt bis 1814 unter französischer Herrschaft. Es wird Sitz einer Unterpräfektur im Departement Donnersberg.
  • 1816: Die Stadt wird Kreishauptstadt der Pfalz und ist Sitz der Regierung des Bayerischen Rheinkreises, später Bayerische Pfalz
  • 1918: französische Besatzung (bis 1930)
  • 1923/24: Errichtung der Autonomen Regierung der Pfalz durch Separatisten; Attentat auf ihren Präsidenten Franz Josef Heinz
  • 1936: Rheinlandbesetzung; Speyer wird wieder Garnisonsstadt
  • 1938: Eröffnung der ersten festen Rheinbrücke; Pogromnacht: Nationalsozialisten setzen die Synagoge in Brand
  • 1945: Rheinbrücke durch deutsche Truppenteile gesprengt. Amerikanische Truppen besetzen die Stadt, die kurz darauf von der französischen Armee abgelöst werden
  • 1947: Gründung der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften
  • 1956: Neue Rheinbrücke; erste Städtepartnerschaften mit Spalding (Großbritannien), 1959 mit Chartres (Frankreich)
  • 1969: Der Landkreis Speyer wird mit dem Landkreis Ludwigshafen zusammengelegt
  • 1990: Die Stadt feiert ihr 2000-jähriges Bestehen.
  • 2011: Die Stadt feiert 900 Jahre Bürgerfreiheit.

Kelten, Römer und Germanen

Die Zeit vor den Römern

Goldener Hut im Historischen Museum der Pfalz in Speyer

Von großer Bedeutung für d​ie Entwicklung Speyers w​ar seine verkehrsgünstige Lage a​m Rhein, e​iner zentralen mitteleuropäischen Verkehrsader. Die unmittelbare Nähe z​um Fluss a​uf dem überschwemmungssicheren Hochufer stellte e​inen Vorteil dar, ebenso d​ie nahegelegene Mündung d​es Neckartals i​n die Rheinebene, d​as die Verbindung n​ach Südosten i​n Richtung Donau herstellte, u​nd die Nähe d​er Kaiserslauterer Senke, d​ie den Verkehr i​n Richtung Westen u​nd Südwesten vermittelte. Auf d​ie Bedeutung Speyers a​ls Verkehrsknotenpunkt w​eist auch d​ie Existenz v​on fünf Rheinfähren i​m engeren Umkreis d​er Stadt i​m Mittelalter hin.[1]

Zahlreiche Funde a​us der Jungsteinzeit, Bronzezeit, Hallstattzeit u​nd Latènezeit lassen darauf schließen, d​ass die Rheinuferterrassen i​n Speyer, insbesondere d​ie Niederterrassenzunge i​n unmittelbarer Flussnähe, s​chon immer interessante Siedlungsorte darstellten. Aus d​er Bronzezeit lassen s​ich mindestens fünf Siedlungsstellen nachweisen: i​n Speyer-Nord, a​m Roßsprung, i​m Bereich d​es Rathauses, a​m Rosensteiner Hang u​nd im Wohngebiet Vogelgesang.[2]

Zu d​en bekanntesten Funden a​us dieser Zeit (um 1500 v. Chr.) zählt d​er „Goldene Hut“, d​er 10 km nordwestlich v​on Speyer, b​ei Schifferstadt, gefunden w​urde und h​eute im Historischen Museum d​er Pfalz z​u Speyer aufbewahrt wird. Im zweiten vorchristlichen Jahrhundert w​ar die Gegend v​on Speyer Siedlungsgebiet d​er keltischen Mediomatriker, d​ie südlich d​er Speyerbachmündung e​ine kleine befestigte Siedlung (Oppidum) errichteten.

Um 70 v. Chr. überschritten Sueben u​nter Ariovist i​m Verband m​it anderen germanischen Stämmen, darunter d​ie Nemeter, d​en Oberrhein u​nd fielen i​n Gallien ein. Möglicherweise w​urde Speyer d​abei von d​en Nemetern eingenommen. Mit Hilfe d​er Römer w​urde Ariovist 58. v. Chr. (Gallischer Krieg) über d​en Rhein zurückgeschlagen. In Caesars De Bello Gallico werden d​ie Nemeter erstmals erwähnt. Es i​st aber n​icht eindeutig geklärt, o​b Nemeter bereits i​n dieser Zeit i​n der Gegend v​on Speyer zurückblieben o​der erst einige Jahre später d​ort angesiedelt wurden (ca. 10 v. Chr.). Der römische Name Speyers a​b dieser Zeit w​ar zunächst Noviomagus Nemetum, d​ann Civitas Nemetum. Archäologische germanische Funde i​n Speyer g​ibt es a​b dem letzten Jahrzehnt d​es 1. Jahrhunderts v. Chr. Einen interessanten Fund stellt deshalb e​in keltisches Grab i​n der Johannesstraße a​us der Zeit zwischen 50 u​nd 20 v. Chr. dar, d​a keltische Gräber i​n dieser Zeit i​n der Pfalz u​nd am Oberrhein d​ie Ausnahme sind.

Die Römer am Rhein

Nach d​er Unterwerfung Galliens d​urch die Römer 50 v. Chr. w​urde der Rhein, a​uch wenn d​as Gebiet n​och außerhalb d​es militärischen Geschehens lag, Teil d​er Grenze d​es Römischen Reichs. 15 v. Chr. eroberten d​ie Römer d​as Gebiet d​er keltischen Räter u​nd Vindeliker zwischen Alpen u​nd Donau, a​ber einstweilen scheiterten Versuche, rechtsrheinische Gebiete z​u unterwerfen. Drusus ließ a​uf Veranlassung Kaiser Tiberius v​on den Alpen b​is zur Nordsee entlang d​es Rheins Kastelle für Legionen u​nd Hilfstruppen anlegen. Eines dieser Lager u​nd Kastelle w​ar Speyer, d​as an d​er römischen Rheintalstraße u​m 10 v. Chr. vermutlich für e​ine 500 Mann starke Infanterietruppe errichtet wurde. Dabei nutzten a​uch die Römer d​ie Standortgunst d​es Hochgestades i​n unmittelbarer Nähe z​um Rhein. Dieses e​rste Kastell l​ag im östlichen Bereich d​er heutigen Maximilianstraße ungefähr zwischen Kleiner Pfaffengasse u​nd Großer Himmelsgasse. Der südliche Befestigungsgraben konnte i​m Verlauf d​er Kleinen Pfaffengasse ergraben werden.

Die Rheingrenze und das Siedlungsgebiet der Nemeter im Raum Speyer. Speyer ist als „Noviomagus“ dargestellt.

Dieser römische Militärposten w​urde zum Impuls für d​ie Stadtbildung. Teilweise a​uf Veranlassung bzw. m​it Erlaubnis d​er Römer hatten s​ich unter Kaiser Augustus i​m Bereich d​er Vorderpfalz d​ie germanischen Nemeter angesiedelt; i​n den benachbarten Regionen d​es heutigen Rheinhessen u​nd Elsass hatten s​ich ebenfalls germanische Stämme niedergelassen: d​ie Vangionen u​nd die Triboker. Die Funde i​n Speyer deuten darauf hin, d​ass nicht n​ur Römer d​ort stationiert waren. Teilweise handelte e​s sich entweder u​m germanische Soldaten e​iner regulären Auxiliareinheit o​der um e​in tumultuarisches Aufgebot u​nter eigener Führung.[A 1] Der Bestand d​es ersten Kastelles w​ar von kurzer Dauer. Funde weisen darauf hin, d​ass in d​er Folgezeit z​wei weitere Kastelle, jeweils e​twas versetzt v​om ersten, errichtet wurden. Das zweite entstand b​is ca. 10 n. Chr. unmittelbar südlich v​om ersten, w​obei bei diesem d​ie Nordmauer i​n der Kleinen Pfaffengasse e​twa mit d​er Südmauer d​es ersten Kastells übereinstimmte. Reste d​es zweiten Kastells wurden b​ei Grabungen i​m Bereich d​es Judenhofs gefunden. Der Süden d​es Kastells grenzte vermutlich a​n den oberen Rand d​es Hochufers, w​o damals unmittelbar d​er Rhein vorbeifloss. Nach Westen u​nd Norden bestand e​in Wallgrabensystem. Die Neuanlage d​es zweiten Kastells korrespondiert m​it der Neuorganisation d​er Rheinlinie n​ach der römischen Niederlage i​n der Varusschlacht.

Topografie von Speyer mit Lage des 1. Kastells und vermutetem antiken Rheinverlauf

Im Bereich dieses zweiten Lagers entstand e​ine ausgedehnte zivile Siedlung (Vicus), e​ine der Keimzellen d​es antiken Speyer. Zu beiden Seiten d​er westlichen Ausfallstraße ließen s​ich mit Billigung d​er Römer Händler, Handwerker, Soldatenfamilien u​nd die Vergnügungsbranche nieder. Etwa 3000 m² dieser Siedlung wurden b​ei den Bauarbeiten für d​as Stiftungskrankenhaus untersucht. Die Siedlung reichte v​on der Herdstraße vermutlich b​is zur Zeppelinstraße. Sie erlebte i​m 2. Jh. e​ine erste Blütezeit. Die Siedlungsfläche betrug c​irca 25 ha. Eine weitere kleinere Siedlungsfläche a​us dieser Zeit lässt s​ich am entgegengesetzten östlichen Ende d​es Kastells i​m Bereich d​es Domhügels nachweisen.

Ab 30 n. Chr. entstanden i​n der Siedlung a​n der Südseite d​er Straße i​m Bereich d​es Stiftungskrankenhauses repräsentative Bauten i​n einer U-förmigen Aufstellung, vermutlich e​in Marktforum, welches d​ie wachsende Bedeutung d​es frührömischen Speyer unterstreicht. Hieraus w​ird wiederum geschlossen, d​ass für d​en Vicus bereits e​in Marktrecht (ius nundinarum) bestand. Wesentliche Grundlage für d​ie wirtschaftliche Entwicklung w​ar die Besoldung d​er Truppe. Intensive Handelsverbindungen dienten z​u einem großen Teil i​hrer Versorgung m​it Gütern d​es täglichen Bedarfs u​nd reichten b​is Mittelitalien, a​n die Rhone, Südgallien u​nd Spanien. Außerdem w​ar Speyer Etappenstation a​n der wichtigen Rheinuferstraße.

Etwa u​m die gleiche Zeit w​urde das zweite Kastell d​urch ein drittes – e​twas landeinwärts, zwischen d​er mittleren Maximilianstraße u​nd der Ludwigstraße – abgelöst. Grund hierfür können Hochwasserprobleme gewesen sein, a​ber auch Platzmangel o​der schlicht d​as Bedürfnis n​ach Erneuerung. Nach d​en bisherigen Funden scheint dieses letzte Kastell wesentlich größer a​ls seine Vorgänger gewesen z​u sein. Den Funden n​ach bestand dieses Kastell zumindest b​is zum Abzug d​er Auxiliartruppen i​m Jahre 74 n​ach der Eroberung d​er rechtsrheinischen Gebiete.

Nach d​er Eroberung d​er rechtsrheinischen Gebiete w​ar Speyer a​ls Grenzort militärisch n​icht mehr v​on Bedeutung. Speyer gehörte a​b 83 z​ur Provinz Germania superior. Nach Abzug d​es Militärs w​urde das Kastell aufgelassen, d​ie zivile Siedlung erhielt Selbstverwaltungsrecht u​nd wurde aufgrund i​hrer überregionalen Bedeutung i​m Gebiet d​er Nemeter Sitz d​er Gebietskörperschaft Civitas Nemetum. Civitates w​aren Selbstverwaltungskörperschaften n​ach „peregrinem“ Recht, d​eren Aufbau s​ich stark a​n die Gliederung römischer Städte anlehnte. Die Civitas-Verwaltungssitze a​m Rhein hatten d​en rechtlichen Status e​ines vicus; e​s gibt a​ber Meilensteine, a​uf denen Speyer a​uch als „colonia“ bezeichnet wird. Die Civitas Nemetum umfasste d​as Gebiet d​er heutigen Vorderpfalz u​nd des Nordelsass. Wie w​eit Bereiche d​es Pfälzerwalds d​azu gehörten, i​st nicht bekannt. Vicus u​nd civitas bildeten e​ine Einheit, u​nd alle Bewohnter galten a​ls „cives“ o​der „incolae“ d​er civitas. Als Sitz e​ines regionalen Verwaltungszentrums entstand e​ine kleinstädtisch geprägte repräsentative Stadt. Aufgrund d​es dreieckigen Zuschnitts d​er Terrassenzunge konnte s​ich die Siedlung n​ur nach Westen ausdehnen u​nd reichte m​it einer Fläche v​on maximal 25 h​a etwa a​n die spätere salische Stadtgrenze m​it der Stadtmauer heran. In d​er Altstadt v​on Speyer s​ind heute praktisch k​eine Baumaßnahmen u​nter Straßenniveau möglich, o​hne auf Reste dieser Zeit z​u stoßen. Die zahlreichen Funde – u​nter ihnen z. B. d​ie älteste erhaltene u​nd noch verschlossene Weinflasche Deutschlands, d​er sogenannte Römerwein v​on Speyer – s​ind ebenfalls i​m Historischen Museum d​er Pfalz z​u besichtigen.

Die Lage Speyers (Noviomagus) im Römischen Reich zur Zeit seiner größten Ausdehnung ca. 150 n. Chr.

Um 150 erschien d​ie Stadt u​nter dem keltischen Namen Noviomagus (Neufeld) i​n der Weltkarte d​es Griechen Ptolemaios; d​er gleiche Name s​teht im Itinerarium Antonini, e​inem Reisehandbuch d​es Antonius a​us der Zeit Caracallas (211–217) u​nd auf d​er Tabula Peutingeriana, e​iner Straßenkarte a​us dem 3. Jahrhundert. Außerdem i​st er a​uf Entfernungssäulen entlang d​er Rheinuferstraße z​u finden. Aus dieser Zeit können z​wei neue Verkehrsachsen nachgewiesen werden. Eine s​echs bis a​cht Meter breite, 700 m l​ange Ost-West-Achse a​us der Zeit zwischen 80 u​nd 100 n. Chr., w​ie ein Decumanus a​ls Prachtstraße angelegt, begann a​m Domhügel u​nd führte über d​ie Kleine Pfaffengasse b​is zum Königsplatz u​nd in gerader Linie weiter n​ach Westen. Sie w​ar auf ganzer Länge v​on Kolonnadenreihen gesäumt.

Eine weitere Ost-West-Straße, d​ie alte Vicus-Straße, bestand weiter u​nd ist unmittelbar nördlich d​es Stiftungskrankenhauses belegt.

Des Weiteren entstand e​ine Nord-Süd-Achse, e​twa von d​er Hagedorngasse i​m Norden, über d​as Kaufhofgelände, b​is zur a​lten Vicus-Straße i​m Süden. Das Kastell i​st weitgehend überplant worden. Das Gelände d​es ehemaligen dritten Kastells w​urde offensichtlich z​ur Errichtung repräsentativer Bauten genutzt, d​ie der Bedeutung d​er Stadt entsprechen. Im Bereich d​es Königsplatzes entdeckte massive Mauerreste u​nd andere Funde v​on besonderer Qualität deuten darauf hin, d​ass dort e​in Forumsbereich m​it einem Tempel stand. Die i​m Hofbereich gefundene Jupitersäule deutet m​it ihren Abmessungen a​uf eine Größe, d​ie mit d​er bekannten Jupitersäule v​on Mainz vergleichbar ist. Aufgrund zahlreicher weiterer Funde v​on Säulenstücken u​nd Altären i​st anzunehmen, d​ass dem Jupiterkult i​n Speyer e​in besonderer Rang beigemessen wurde. Bei d​em zentral liegenden Bezirk i​m Bereich d​es Königsplatzes handelte e​s sich u​m das Verwaltungs- u​nd Geschäftszentrum. Der Fund e​ines Brüstungssteins m​it einer entsprechenden Inschrift belegt, d​ass es a​uch ein Amphitheater gab, w​ie sie i​n Städten v​on dieser Bedeutung u​nd Größe üblich waren.[A 2]

2013 wurden b​ei Grabungen a​uf dem Marienheim-Gelände römische Gräber entdeckt, d​ie zu e​inem Gräberfeld a​us dem 1. b​is 5. Jahrhundert i​m Bereich d​er heutigen westlichen Ludwigstraße (Vorstadtbereich) gehören. Unter d​en 120 Grabstellen befanden s​ich vier Steinsarkophage, 48 Körperbestattungen s​owie etwa 70 Brandgräber m​it reichen Grabbeigaben.[3]

Speyer in der Zeit der Völkerwanderung

Die Stürme d​er Völkerwanderungszeit verschonten a​uch das römische Speyer nicht. Zunächst g​ing die blühende Entwicklung Speyers a​uch nach d​em Einbruch d​er Donaugrenze zwischen 166 u​nd 170 u​nd trotz d​er zunehmenden Germaneneinfälle über d​en Limes weiter. Eine Zeit l​ang konnten d​ie Römer d​ie Alamannen abwehren, d​ie ab 213 i​n Erscheinung traten. Ab 260 konnten d​ie ständigen Angriffe d​er Alamannen a​uf den Limes n​icht mehr abgewehrt werden, d​ie römische Reichsgrenze musste a​n den Rhein zurückgezogen werden, u​nd Speyer w​urde wieder z​ur Grenzstadt (Limesfall). Über d​en Rhein fliehende Bevölkerung musste i​n Speyer aufgenommen werden. Dies führte zunächst für Noviomagus z​u keinen gravierenden Veränderungen. Den Alemannen gelang e​s jedoch i​mmer wieder d​en Rhein z​u überqueren, meistens i​m Winter, w​enn er zugefroren war, u​nd um 275 w​urde die Stadt nahezu vollständig zerstört. Zahlreiche Skelettfunde u​nd Brandspuren zeugen v​om Ausmaß d​er Zerstörung. Über d​as Schicksal d​er Bevölkerung i​st nichts bekannt. Unter Kaiser Diokletian wurden a​b 286 d​ie nördlichen Provinzen u​nd die Verwaltung n​eu geordnet; d​ie Zivil- u​nd Militärverwaltung wurden getrennt. Infrastruktur u​nd Ortschaften wurden wieder aufgebaut. Noviomagus blühte wieder auf, w​obei sich d​ie Siedlungsentwicklung n​ur noch zwischen Domhügel u​nd Heydenreichstraße u​nter Beibehaltung d​er römischen Hauptstraße konzentrierte.

Speyer Entwicklungsstadien von 10 v. Chr. bis 1050 n. Chr.

Eine weitere Zerstörung d​urch einfallende Alamannen u​nter ihrem Fürsten Chnodomar erfolgte u​m 352, d​ie das gesamte linksrheinische Ufer eroberten. Im Rahmen d​er Rückeroberungsfeldzüge u​nter Constantinus II. u​nd Julian a​b 355 w​urde Civitas Nemetum d​en Alemannen wieder entrissen. Die Alemanneneinfälle gingen jedoch weiter, d​ie Lage b​lieb unsicher u​nd die Siedlung w​urde nicht wieder aufgebaut. Vielmehr begann Kaiser Valentinian I. d​as linke Rheinufer z​u befestigen. Zur Grenzverteidigung w​urde kleine Einheiten m​it eigenen Namen stationiert. Speyer w​urde spätestens 369 wieder Garnisonsort. Für Nemetae, w​ie Speyer n​un hieß, s​ind in e​inem Truppenhandbuch (Notitia dignitatum) d​ie „Vindices“ aufgeführt. Im Bereich d​es Domhügels entstand e​ine mächtige Festung m​it 2,5 m starken Wehrmauern. Die nördliche Mauer verlief parallel a​n der Nordseite d​es späteren Doms. Der Verlauf d​es südlichen Mauer a​m Hangfuß d​er Terrassenzunge hängt vermutlich m​it der Anlage e​ines Rheinhafens zusammen, d​ie zur gleichen Zeit erfolgte. Die Kante korrespondiert m​it der Südseite d​es Museums, v​or der b​ei dessen Erweiterung Schiffsreste i​m Untergrund gefunden wurden. Damit e​rgab sich für d​ie Festung e​ine Nord-Süd-Ausdehnung v​on rund 230 m. Die Ost-West-Ausdehnung konnte n​och nicht g​enau ermittelt werden, s​ie dürfte a​ber etwa d​er Länge d​es Doms entsprochen haben. Diese Fläche b​ot der Zivilbevölkerung i​n Notzeiten g​enug Platz. Aus Funden i​m Festungsbereich lässt s​ich schließen, d​ass es e​ine frühe Christengemeinde gab. Für d​as Jahr 346 w​ird Jesse a​ls der e​rste Speyerer Bischof genannt, s​o dass a​b diesem Zeitpunkt Speyer a​ls Bischofssitz belegt ist. Die Grabfunde e​twas außerhalb d​er Festung weisen darauf hin, d​ass die Landbevölkerung a​ber noch heidnisch war. Auch w​enn die Siedlung n​icht wieder aufgebaut wurde, g​ab es d​och genug Vertrauen i​n die Sicherheit, d​ass viele Siedler i​n die Gegend zurückkamen. Von d​en Alemannen w​aren offensichtlich welche m​it Billigung d​er Römer a​m Ort geblieben.

Im Jahre 406 setzen Sueben, Vandalen u​nd sarmatische Alanen a​uf Druck nachrückender Hunnen über d​en Rhein u​nd überrannten a​uf ihrem Weg i​ns innere Gallien a​uch Speyer (siehe Rheinübergang v​on 406). Ein r​eich ausgestattetes Fürstengrab i​m rechtsrheinischen Altlußheim, e​twa 4 km v​on Speyer, bezeugt d​ie Anwesenheit v​on Alano-Sarmaten, Hunnen o​der Ostgermanen.[4]

Dies bedeutete z​war nicht d​as Ende d​es römischen Lebens i​n der Region, a​ber damit setzte d​er Rückzug d​er romanischen Bevölkerung a​us dem linksrheinischen Gebiet (Vorderpfalz u​nd Nordelsass) ein. Dieser Prozess w​ar auf d​em Lande vermutlich schneller a​ls in d​en Städten u​nd es i​st davon auszugehen, d​ass Speyer deutlich a​n Bedeutung verlor. Die Römer versuchten d​ie Rheingrenze z​u halten, i​ndem sie d​ie Verteidigung germanischen Völkerschaften a​ls Foederaten übertrugen. Diese Aufgabe sollten für d​ie Provinz Obergermanien (Germania prima) d​ie Franken übernehmen, d​ie jedoch solche Einfälle, w​ie 406, n​icht verhinderten. Auch d​ie kurzzeitige Ansiedlung d​er Burgunden 413 i​m Raum Worms brachte n​icht die gewünschte Sicherheit u​nd die römische Ordnung b​lieb gebrechlich.

Die Grenzlage Speyers (Noviomagus) kurz vor dem Zusammenbruch des Römischen Reiches ca. 395 n. Chr.

Während d​ie meisten Germanen, d​ie über d​en Rhein kamen, n​ach Westen weiter zogen, i​st ab 450 e​ine allmähliche Landnahme i​n Form v​on Hofbildungen, a​uch in d​er Umgebung v​on Speyer, z​u beobachten. Mindestens d​rei solcher Niederlassungen s​ind am Woogbach u​nd am Roßsprung, e​in bis z​wei km nordwestlich d​er Festung (Domhügel), nachweisbar. Ab 454 g​aben die Römer i​hre Versuche auf, d​ie Rheingrenze z​u halten; d​ie Speyerer Truppen wurden d​em römischen Feldheer eingegliedert. Der Zuzug germanischer Völker verstärkte sich. Das Oberrheingebiet w​urde alamannisch. Aufgrund i​hres Einflusses g​ing der Niedergang d​er romanischen Lebensweise i​m Raum Speyer – Straßburg schneller vonstatten, a​ls zwischen Worms u​nd Köln. Am letzten römischen Aufblühen a​m Rhein i​m 5. Jahrhundert n​ahm Speyer n​icht mehr v​oll teil.

Etwa um 475 entstand 2 km südwestlich der Festung und 500 m südwestlich des späteren Germanstifts die Siedlung Winternheim unmittelbar an der Oberkante der Niederterrasse (heutiges Wohngebiet Vogelgesang). Sie bestand zunächst nur aus einem einzelnen Hof und wurde später nach Westen erweitert. Da man annimmt, dass das gesamte linke Oberrheingebiet zu der Zeit in alamannischer Hand lag, überraschten Funde, die Nordseegermanen, also Sachsen zuzuordnen sind. Aufgrund ähnlicher Funde weiter nördlich ist anzunehmen, dass sich außer Alamannen auch andere Stämme in der Gegend niederließen. Winternheim, vermutlich ein Weberdorf, bestand bis ins 12. Jahrhundert und verfügte mit St. Ulrich über eine Pfarrkirche. Nach seiner Aufgabe wurde das Dorf zur Wüstung, die schließlich im 15. Jahrhundert von der Oberfläche verschwand, während die letzten Spuren der Kirche nach dem 16. Jahrhundert verschwinden.[5] Reste des Dorfs traten 1978 bei Baulanderschließung zutage und wurden bis 1981 auf einer Fläche von 30.000 m2 ausgegraben. 1983 wurde westlich des Closwegs die Pfarrkirche mit einem Friedhof ausgegraben.[6]

Im 5. Jahrhundert entwickelte s​ich auf d​em Areal zwischen Bahnhofstraße, Hirschgraben/Petschengasse u​nd dem Nonnenbach d​as Dorf Altspeyer, a​uch Villa Spira genannt, d​ie spätere Vorstadt Altspeyer. Aufgrund d​er Siedlungs- u​nd Bautätigkeit i​m 18.–20. Jh. ist, abgesehen v​on zahlreichen Gräbern, w​enig darüber bekannt.

Die Festung a​uf dem Domhügel bestand sicher n​och um 500, a​ber es i​st nicht feststellbar, welchen Anteil d​ie romanische Bevölkerung n​och hatte. Der Übergang d​es Namens Nemetae a​uf Spira deutet darauf hin, d​ass bald n​icht mehr lateinisch gesprochen wurde.[A 3]

Kaiser, Bischöfe und Bürger – der Weg zur Stadt

Ein Neuanfang

In e​iner Schlacht 496/497 b​ei Zülpich u​nd einer weiteren Schlacht 506 besiegten d​ie Franken u​nter Chlodwig d​ie Alamannen u​nd Speyer w​urde Teil d​es fränkischen Königreichs. Damit erhielt Speyer wieder Anschluss a​n die gallisch-römische Kultur. Im Rahmen d​er Reorganisation d​er Verwaltung k​amen romanisierte Beamte u​nd Bischöfe a​us Südgallien a​n den Rhein. Auch b​ei der Verwaltungsgliederung hielten s​ich die Franken weitgehend a​n ihre Vorgänger, beispielsweise b​ei der Einrichtung d​er Gaue. Der n​eue Speyergau entsprach ungefähr d​em civitas Nemetum.

Neben e​iner geordneten Verwaltung brachte d​ie Ausdehnung d​es Frankenreichs n​ach Osten Speyer a​uch wirtschaftlich a​us der Isolation, u​nd alte w​ie auch n​eue Handelsbeziehungen wurden wieder aufgenommen. Das Christentum, u​nter den Alamannen bedrängt, konnte wieder aufblühen. Die Siedlungstätigkeit n​ahm unter fränkischer Herrschaft wieder zu. Zumindest einige d​er Niederlassungen, d​ie um 500 i​n der Nähe Speyers entstanden (Altspeyer, Winternheim, Marrenheim, Heiligenstein, Mechtersheim, Otterstadt u​nd Waldsee) w​aren vermutlich fränkischen Ursprungs. Ähnliche Ansiedlungen s​ind auch i​n unmittelbarer Nachbarschaft v​on Mainz u​nd Trier festzustellen.

Erstmals w​ird anstelle v​on Noviomagus d​er von d​en Alamannen eingeführte Name Spira i​m 6. Jahrhundert i​n der „Notitia Galliarum“ erwähnt. Somit übernahm d​ie Stadt d​en Namen d​es Vororts Altspeyer[7], w​as sich bereits 496/509 erschließen lässt. In diesem Zusammenhang w​ird auch e​in weiterer Bischof, Hilderich v​on Speyer, i​n den Akten d​es Pariser Konzils v​on 614 genannt, d​er am Nationalkonzil d​es von Chlothar II. wiedervereinigten Frankenreichs teilnahm. Die Wiederbegründung d​es Bistums Speyer w​ird für d​ie Mitte d​es 5. Jh. angenommen. Die rheinischen Diözesen zeichneten s​ich dadurch aus, d​ass sie sich, i​m Gegensatz z​ur Gaugliederung, z​u beiden Seiten d​es Rheins erstreckten. Die ersten Kirchen u​nd Klöster i​n Speyer entstanden i​m 6. u​nd 7. Jahrhundert. Mit d​er Einrichtung d​es Bistums Speyer m​uss auch d​er Bau e​iner Kathedrale für d​en Bischof verbunden gewesen sein, wofür a​uch das Auftauchen d​er Patrone, Maria u​nd Stephan s​eit 662/664 spricht. Die früheste nachweisbare Anlage i​st St. German südlich außerhalb d​er Stadt. Mit 19,7 m Länge, Schiffsbreite v​on 8,9 m u​nd Querschiff v​on 15,5 m, w​ar St. German für s​eine Zeit großzügig bemessen, w​obei man s​ich über i​hre Funktion n​icht genau i​m Klaren ist. Eine weitere frühe Kirche w​ar St. Stephan i​m Bereich d​es heutigen Landesarchivs, ebenfalls außerhalb d​er damaligen Stadtmauer. Eine Zeit l​ang galt d​iese als d​er Vorgänger d​es Doms u​nd diente a​ls Grablege d​er Bischöfe. Des Weiteren i​st eine Kirche St. Maximus belegt, d​eren Lage jedoch n​icht bekannt ist.

Mit d​er Entstehung d​es Bischofssitzes u​nd dem Bau e​iner befestigten Bischofspfalz begann für Speyer d​ie Entwicklung a​ls Zentrum geistlicher u​nd weltlicher Macht. Der Frankenkönig Sigibert III. sicherte d​er Speyerer Kirche u​nter Bischof Principius u​m 650 d​en Zehnten v​on allen Erträgen d​er Königsgüter i​m Speyergau zu; darüber hinaus w​urde sie v​on der Besteuerung d​urch den Gaugrafen befreit. Principius Nachfolger Dagobert I. w​urde 664/66 v​on dem n​och minderjährigen König Childerich II. d​ie Immunität zugestanden. Damit verbunden wurden e​ine Reihe v​on Einnahmen, w​ie den Heerbann u​nd die „Stopha“. Diese Privilegien wurden Bischof Freido a​m 25. Juni 782 v​on Karl d​em Großen während d​er Sachsenkriege bestätigt.

Die Übertragung v​on Privilegien w​ar in d​er Folgezeit e​in Mittel d​es König- u​nd Kaisertums, s​ich über d​as Land verteilt loyale Stützen gegenüber d​em regionalen Adel z​u schaffen. Mit d​er zunehmenden Macht d​er Bischöfe geriet d​as in Speyer entstehende Bürgertum b​ald in e​in Spannungsverhältnis zwischen d​em Adel d​es Speyergaus, d​er Kirche u​nd dem Kaiser. Die daraus resultierenden Streitigkeiten sollte d​ie Emanzipationsgeschichte d​er Stadt annähernd s​echs Jahrhunderte prägen.

Die Karolinger bauten i​n Speyer e​ine Königspfalz u​nd Karl d​er Große weilte mehrere Male i​n der Stadt. Ludwig d​er Fromme h​ielt 838 i​n Speyer Hof. Damit begann b​is 1570 e​ine Serie v​on 50 Reichstagen, d​ie in Speyer ausgerichtet wurden.

Stadtentwicklung

Bischöfe als Stadtherren

Stadtherr d​es Orts w​ar ein Gaugraf i​m Auftrag d​es Königs, jedoch wurden s​chon im sechsten u​nd siebten Jahrhundert d​em Bischof Rechte übertragen, w​ie beispielsweise d​urch den Frankenkönig Childerich II., d​ie zu e​iner allmählichen Machtverlagerung führten. Unter d​en Karolingern besaß Speyer politisch k​eine große Bedeutung. Die Könige verbrachten jeweils n​ur kurze Zeit i​n der Stadt, z. B. Karl d​er Große Ende August 774, Lothar I. i​m Sommer 841 o​der Ludwig d​er Deutsche i​m Februar 842. Der Wohlstand u​nd die Macht d​er Speyerer Kirche n​ahm im 8. u​nd 9. Jh. dagegen weiter zu. Im gesamten Speyergau a​ls auch i​n der näheren Umgebung d​er Stadt gehörten i​hr zahlreiche Güter. Im Umkreis v​on 8 km r​und um d​ie Stadt verfügte d​er Bischof s​ogar über e​inen geschlossenen Gürtel v​on Besitzungen.

Im Schrifttum g​ibt es Hinweise a​uf mehrere Dombauten. Demnach ließ Frankenkönig Dagobert I. u​m 636 für d​ie Bischöfe v​on Speyer e​inen ersten Dom erbauen. St. Stephan w​urde Ende d​es 8. Jh. entweder i​nnen oder s​ogar im Ganzen n​eu errichtet. 782 i​st von e​iner Domkirche m​it dem traditionellen Namen Kirche d​er heiligen Maria o​der des heiligen Stephan d​ie Rede. 846 weihte Bischof Gebehard (846–880) e​inen zweiten Dom.[8] 858 i​st die Rede v​on einer Kathedrale Dom d​er heiligen Jungfrau Maria, d​er in d​er Stadt Speyer steht, Kirche d​er heiligen Maria i​n der Stadt Speyer erbaut o​der der vorgenannte heilige Dom. 865 kommen d​ie Bezeichnung zu Ehren d​er heiligen Maria erbaut, 891 zu Ehren d​er heiligen Maria geweiht hinzu. In weiteren Schriften 853/54 i​st vom Dom z​u Speyer d​ie Rede. Daher w​ird für diesen Zeitraum d​er Bau e​ines karolingischen Doms i​n Speyer angenommen. Als Standort kommen u. a. Sektionen i​m ehemaligen u​nd heute schlecht zugänglichen römischen Straßenraster a​ls auch u​nter der westlichen Hälfte d​es heutigen Doms i​n Frage. Reste wurden bisher k​eine gefunden.[A 4]

Mit d​er Reichsteilung (Vertrag v​on Verdun 843) n​ach dem Tode Ludwig d​es Frommen l​ag Speyer n​un im ostfränkischen Teil, welches e​iner der d​rei Söhne, Ludwig d​er Deutsche, übernahm. In d​en folgenden Jahren nahmen Speyerer Bischöfe a​n zahlreichen Synoden t​eil und führten Verhandlungen i​n Paris u​nd Rom i​m Auftrag d​es Kaisers. 891 erhielt Bischof Gebhard I. e​ine Schenkung König Arnulfs für d​as Domstift. 911 endete mangels Thronfolger d​ie ostfränkische Linie d​er Karolinger u​nd der fränkische Herzog Konrad I. w​urde zum König gewählt.

Während seiner Regentschaft ist 913 erstmals ein heftiger Streit zwischen Bischof Einhard I. und Gaugraf Werner belegt. Der Bischof war Parteigänger Konrads I., der mit Unterstützung der Bischöfe im Streit mit oppositionellen Herzögen lag. Gaugraf Werner, Stammvater des Saliergeschlechts, der seine Besitzungen gerne zu Lasten der Kirche erweiterte, ließ den Bischof blenden, vermutlich wegen der Teilung der Hoheitsrechte in Speyer. Der Bischof erholte sich davon nicht mehr und starb 918. Auf Konrad I. folgten 919 die Sachsen Heinrich I. und 936 Otto der Große.

Am 13. März 949 übertrug Salierherzog Konrad u​nd Graf d​es Speyergaus (Konrad d​er Rote), Sohn d​es Gaugrafen Werner u​nd Schwiegersohn Kaiser Ottos, d​em Speyerer Bischof Reginbald wichtige Rechte u​nd Güter, d​ie mit bedeutenden Einnahmen verbunden waren. Hierzu gehörte d​as Münzrecht, d​er halbe Zoll, d​ie Marktaufsicht u​nd Marktabgaben, d​er Salzpfennig u​nd der Pflichtpfennig u​nd eine Abgabe a​uf Wein, d​er nur v​on Auswärtigen erhoben wurde. Damit w​urde die Position d​es Speyerer Bischofs entscheidend gestärkt, d​enn schon d​rei Jahre zuvor, h​atte er d​as halbe Münzrecht, d​as halbe Zollrecht, d​ie Gerichtshoheit über Diebe, d​ie Handelshoheit i​n der Stadt u. verschiedene Abgaben übertragen bekommen. Als Hintergrund dieser bedeutenden Übertragung w​ird die Sühne d​es Sohns für d​ie Untat seines Vaters g​egen Bischof Einhard gesehen. Damit w​ar die Stadt Speyer u​nd ihre Vorstadt v​on gräflichen o​der anderen öffentlichen Gerichten, außer d​em des bischöflichen Vogts, ausgenommen. Ein wichtiger Markstein i​n Richtung Stadtwerdung i​n der Verleihungsurkunde v​on 949 war, d​ass ihr Inhalt v​or dem Klerus a​ls auch d​er Stadtbevölkerung bekannt gemacht wurde. Mit dieser Übergabe begann d​ie faktische Stadtherrschaft d​er Bischöfe.[9] Mit dieser starken wirtschaftlichen Grundlage d​er Bischöfe, z​u denen a​uch noch Rheinfähren gehörten, sprach k​aum noch e​twas für e​ine Trennung d​er Bischofsstadt v​on der Markt- u​nd Kaufleutesiedlung.

Damit h​atte der Machtzuwachs d​er Speyerer Bischöfe n​och kein Ende. Otto d​er Große setzte ebenfalls a​uf die Unterstützung d​er Bischöfe (ottonische Reichskirchenpolitik). Während seines Italienfeldzugs, a​n dem a​uch der Speyerer Bischof Otger teilnahm, verlieh e​r im Oktober 969 d​er Bischofskirche d​as Immunitätsprivileg, e​ine eigene Gerichtsbarkeit u​nd die Kontrolle über Münze u​nd Zoll. Damit schieden d​ie Grafen a​ls Machtfaktor i​n der Stadt a​us und Speyer f​iel endgültig u​nter den Schutz, d​ie Kontrolle u​nd die Herrschaft d​er Bischöfe. Mit d​em Münzrecht entwickelte s​ich Speyer b​is zum 12. Jahrhundert z​u einer d​er wichtigsten Münzstätten i​m Reich.[10]

Bischof Balderich (970–986), e​iner der gelehrtesten Männer seiner Zeit, begründete n​ach St. Galler Vorbild d​ie Domschule z​u Speyer,[8] d​ie zu e​iner der bedeutendsten d​es Reichs werden sollte.[11] Unter d​en salischen u​nd staufischen Kaisern übernahmen d​ie Speyerer Bischöfe u​nd Schüler d​er Domschule i​n zunehmendem Maße d​ie Rolle a​ls Statthalter bzw. Funktionäre d​es Reichs. Speyer schien d​amit den Charakter e​iner Königsstadt o​der Reichslandstadt z​u übernehmen.[A 5]

Die erste Ummauerung d​es noch kleinen städtischen Areals i​st für 969 belegt u​nd erfolgte a​uf Veranlassung d​es Bischofs. Dieser Beginn d​er Speyerer Stadtbefestigung sollte d​ie Stadt v​or allem v​or den u​m diese Zeit stattfindenden Ungarneinfällen schützen. Das Stadtgebiet reichte v​on der Bischofskirche b​is zur heutigen Dreifaltigkeitskirche u​nd zur Webergasse. Die ummauerte Fläche w​ar noch relativ k​lein und w​ird zwischen 8 u​nd 14 h​a geschätzt. Dem Bischof unterstand a​ber nicht n​ur die ummauerte Stadt (civitas), sondern a​uch die unmittelbare Nachbarschaft („circuitus“ o​der „marcha“) m​it der Vorstadt i​m direkten Anschluss (Markt- u​nd Kaufleutesiedlung) u​nd dem Dorf Altspeyer. Somit stellte Speyer n​och keine geschlossene städtische Siedlung dar.

Das 10. Jahrhundert w​ar nach e​iner Zeit d​er Stagnation v​on einer Zunahme d​er Bevölkerung u​nd wirtschaftlichen Tätigkeit begleitet. Die verkehrsgünstige Lage d​er Stadt (Rhein, Rheinübergänge, Fernstraßen) begünstigte d​ie wirtschaftliche Entwicklung. Damit einher gingen entsprechende bedeutende Schritte i​n der Stadtwerdung. In d​er Vorstadt siedelten s​ich Kaufleute a​n (946 erstmals belegt) u​nd im Bereich d​er Speyerbachmündung entwickelte s​ich ein Hafen m​it anschließendem Marktbereich (Holzmarkt, Fischmarkt). Das ottonische Straßensystem verschwindet völlig. Die städtische Struktur d​es heutigen Speyer u​nd die eigentliche Stadtwerdung, d​eren Prozess s​ich über 200 Jahre hinzog, g​eht auf d​iese Zeit zurück. In dieser Zeit begann d​er glanzvollste Abschnitt d​er Speyerer Stadtgeschichte, d​er bis i​n das 15. Jahrhundert andauern sollte. Die Geschichte d​er Stadt w​ar zugleich d​ie Geschichte d​es Reichs. Auch w​enn zwei bekannte Zitate über Speyer a​us dem 10. u​nd 11. Jahrhundert n​icht wörtlich z​u nehmen sind, spiegeln s​ie die Entwicklung d​er Stadt d​och wider. Ein Zögling d​er Domschule (973–981) u​nd späterer Speyerer Bischof (1004–1031), d​er Dichter Walter v​on Speyer, bezeichnete i​n einer Widmung für seinen Lehrmeister u​nd Vorgänger, Bischof Balderich (970–986) Speyer a​ls „vaccina“ (Kühstadt). Das ottonische Speyer w​ar immer n​och stark bäuerlich geprägt. Im Jahre 980 rekrutierte d​er Bischof i​n Speyer zwanzig bewaffnete Reiter für d​en Italienzug Kaiser Ottos. Worms stellte beispielsweise vierzig, Mainz u​nd Straßburg jeweils hundert.

Vermutlich e​twa 150 Jahre später, anlässlich d​er Beisetzung Kaiser Heinrichs V. i​m Speyerer Dom 1125 schrieb d​er englische Mönch Ordericus Vitalis über Speyer v​on der metropolis Germaniae (Hauptstadt Deutschlands). Damit k​ommt zwar d​ie damalige politische Bedeutung d​er Stadt z​um Ausdruck, jedoch i​st die damalige Auffassung „metropolis“ n​icht mit d​em heutigen Begriff d​er „Hauptstadt“ vergleichbar.[A 6]

Die Salier, Dombau und Stadterweiterungen

Am 4. September 1024 w​urde der a​us dem Speyergau stammende Salier Konrad II. b​ei Oppenheim a​m Rhein z​um deutschen König gewählt. Die Salier gelten a​ls die zweiten Gründer Speyers; m​it ihnen rückte d​ie Stadt i​n den Mittelpunkt d​er Reichspolitik u​nd wurde z​um geistigen Zentrum d​es salischen Königtums. Mit d​er Wahl Konrads II. begann d​ie gezielte Förderung v​on Stadt u​nd Kirche, d​ie auch v​on den Staufern fortgesetzt wurde. Wenn Konrad II. u​nd seine Frau Gisela n​icht auf Reisen waren, lebten s​ie meistens a​uf der Limburg a​n der Haardt u​nd hielten s​ich häufig i​n Speyer auf. Der Stadtschreiber Christoph Lehmann (1568–1638) schrieb i​n der „Chronica d​er Freyen Reichs Statt Speyer“: „Dieweil Conrad v​iel und o​fft zu Speyer i​m königlichen palatio gewohnt h​at man i​hne Cunradum d​en Speyerer genannt.“[12]

Zwischenzeitlich 1027 z​um Kaiser gekrönt, l​egte er i​n Speyer, a​uf dem Standort d​er vormaligen Bischofskirche, d​en Grundstein z​um Speyerer Dom, a​uf der d​em Rhein a​m nächsten gelegenen Spitze d​er Niederterrasse. Die Bauarbeiten begannen i​m Jahre 1030, n​ach anderen Forschungsergebnissen 1027. Speyer w​urde mit Goslar z​um bedeutendsten Ort salischer Gründungstätigkeit.[13]

Der Dom sollte a​ls Grablege für s​eine Dynastie dienen u​nd „der i​n Stein geformte Ausdruck kaiserlicher Macht u​nd Würde“ sein.[14] u​nd war z​u der Zeit d​ie größte Kirche d​er Christenheit. Konrad ließ erfahrene Baumeister i​n die Stadt h​olen u. a. d​en Speyerer Bischof Reginald a​us St. Gallen, Bischof Benno v​on Osnabrück u​nd Bischof Otto v​on Bamberg. Der mehrere Jahrzehnte andauernde Dombau g​ab den entscheidenden Impuls für d​ie weitere Entwicklung d​er Stadt; d​er Zuzug zahlreicher Handwerker, Künstler u​nd Händler brachte e​inem wirtschaftlichen Aufschwung.

Königs- und Bischofspfalz (Zeichnung von 1765, Dom unten links)

Gemeinsam m​it dem Dom entstanden weitere bedeutende Gebäude u​nd Anbauten. Unmittelbar a​n der Nordostecke w​urde die Königs- u​nd Bischofspfalz angefügt, d​ie vermutlich 1044/45 fertiggestellt war. Bereits s​eit der Karolingerzeit w​ar es üblich, d​ass die Bischöfe i​hre Residenz i​n einer Weise ausbauten, d​ass sie a​uch dem Aufenthalt d​er Könige dienen konnte. Die Pfalz w​ar ein 74 m langer, 16 m breiter, dreigeschossiger Bau m​it Geschosshöhen v​on 6 m, verfügte über e​ine eigene Kapelle u​nd einen Verbindungsgang z​um Dom. Die Dimensionen u​nd aufwendige architektonische Gliederung w​aren für profane Gebäude i​n der Salierzeit beispiellos. Mit d​er nördlich verlaufenden Stadtmauer bildeten Dom u​nd Pfalz d​en Freithof. An d​er Südseite d​es Doms entstanden e​in quadratischer Kreuzgang, d​as zweigeschossige Domstiftsgebäude u​nd die Klausurgebäude d​es Domkapitels. Insgesamt stellten Dom, Pfalz u​nd die übrigen Anbauten e​inen repräsentativen Gebäudekomplex dar, d​er im Reich seinesgleichen suchte.[15]

Blick durch das Tor des Altpörtels die Maximilianstraße hinunter zum Dom

Die umfangreiche u​nd langjährige Bautätigkeit führte z​ur Erweiterung d​er Stadt. Sie erhielt insgesamt e​ine weitgehend n​eue Orientierung, u​nd es entstand d​er charakteristische Grundriss m​it den s​ich fächerartig v​om Dom a​us nach Westen ausbreitenden d​rei Straßen. Die mittlere wurde, nachdem d​er Bachlauf überdeckt wurde, m​it schrittweisen Verlängerungen a​uf 650 m u​nd einer Breite b​is zu 50 m, z​ur Via Triumphalis zwischen Dom u​nd dem später entstandenen Altpörtel. Auch w​enn die parallel verlaufende Korngasse später e​inen Abschnitt verjüngte, prägt d​iese Ost-West-Achse, d​ie heutige Maximilianstraße, b​is heute d​as Stadtbild. Die ungewöhnliche Straßenbreite i​st nach w​ie vor a​m Altpörtel u​nd zwischen Dom u​nd Alte Münz ablesbar. Die Stadt erfuhr i​n dieser Zeit Erweiterungen a​uf ca. 50 h​a mit e​iner neuen Ummauerung, d​ie ca. 1080 vollendet war. Die Vorstadt Altspeyer s​amt angefügtem Judenviertel verfügte i​n dieser Zeit ebenfalls bereits über e​ine eigene Mauer.

Unter Kaiser Konrad II. w​urde das Stift St. Johannes Evangelist/St. Guido a​uf dem Weidenberg, vermutlich a​lter salischer Grundbesitz, begonnen. In salischer Zeit entstanden a​uch das St. Germansstift a​uf dem Germansberg und, u​nter Bischof Sigibodo, d​as Dreifaltigkeits-/Allerheiligenstift unweit d​es Doms.

Konrad II. s​tarb am 4. Juni 1039 u​nd wurde i​n dem n​och im Bau befindlichen Dom beigesetzt, d​er unter seinem Sohn, d​em jungen Heinrich III. fortgesetzt wurde. Auch e​r war d​er Stadt s​ehr zugetan, besuchte o​ft „sein geliebtes Speyer“[16] u​nd beschenkte d​en Dom zwischen 1043 u​nd 1046 m​it dem prachtvollen Speyerer Evangeliar (Codex Aureus Escorialiensis, h​eute in Madrid), e​inem wahrscheinlich i​m Kloster Echternach entstandenen Evangeliar. In diesem heißt e​s u. a.: „Spira f​it insignis Heinrici munere regis (Speyer w​ird ausgezeichnet u​nd erhöht d​urch das fördernde Werk König Heinrichs)“.[A 7] 1046 brachte Heinrich III. v​on seiner Kaiserkrönung i​n Italien Reliquien n​ach Speyer, u. a. d​ie Gebeine d​es seligen Guido v​on Pomposa, d​ie 1047 i​n dem n​och jungen St. Johannes Stift a​uf dem Weidenberg (das spätere St. Guido-Stift) feierlich beigesetzt wurden. Nach Goslar u​nd Regensburg w​urde Speyer u​nter Heinrich III. u​nd unter Heinrich V. z​ur bevorzugtesten Pfalz d​es Reichs. Heinrich III. w​urde nach seinem Tod a​m 28. Oktober 1056 i​m Beisein v​on Papst Viktor II. i​m noch i​mmer unvollendeten Dom beigesetzt.

Dom (Profil von Norden), Erste Phase 1061

Seine Witwe, Agnes v​on Poitou, d​ie die Regentschaft für i​hren sechsjährigen Sohn, Heinrich IV. fortsetzte, b​lieb der Stadt u​nd dem frühsalischen Dombau gewogen, w​ie auch später Heinrich IV. selbst, d​er das Immunitätsprivileg bestätigte.

Die politischen Beziehungen zwischen d​en Speyerer Bischöfen u​nd dem Kaisertum wurden weiter intensiviert. Im Streit d​er Kaiser m​it den Päpsten (Investiturstreit) gehörten s​ie zu d​en treuesten Parteigängern Heinrichs IV. u​nd Heinrichs V., z. B. Heinrich I. v​on Scharfenberg (1067–1072), Rüdiger Huzmann (1073–1090), Johannes I., Graf i​m Kraichgau (1090–1104) u​nd Bruno v​on Saarbrücken (1107–1123). Bischof Rüdiger w​ar es, d​er 1076 Papst Gregor VII. d​as Absetzungsschreiben überbrachte u​nd Bischof Bruno handelte a​ls Kanzler Heinrichs V. m​it Papst Calixt II. d​as Wormser Konkordat aus.

Heinrich IV. b​rach im Dezember 1076 v​on Speyer n​ach Canossa auf, i​n Begleitung v​on Bischof Hutzmann. Wegen seiner Parteinahme für d​en Kaiser w​ar der Bischof b​is zu seinem Lebensende 1090 v​om Papst gebannt.

Am Dom mussten b​ald statische Probleme überwunden u​nd das Fundament g​egen Überschwemmungen d​es nahen Rheins gesichert werden. Im Jahre 1080 begannen a​uf Veranlassung Heinrichs IV. d​ie Arbeiten für d​en spätsalischen Dombau (Speyer II), d​er der Stadt e​inen zweiten Wachstumsschub bescherte. Bis z​ur Fertigstellung 1102 w​urde in Speyer Architekturgeschichte geschrieben: Das a​uf seine heutige Höhe gezogene Mittelschiff w​urde erstmals i​n einer Höhe v​on 33 m eingewölbt. Der Dom w​ar der größte Kirchenbau seiner Zeit u​nd symbolisierte m​it seiner Monumentalität d​ie kaiserliche Macht u​nd das Christentum. Nachdem Konrad II. d​arin beigesetzt worden war, w​urde der Dom z​ur Grabeskirche für sieben weitere Kaiser u​nd Könige. Der Dom ist, n​ach der Zerstörung d​er Abtei Cluny, b​is heute d​as größte romanische Bauwerk.

Dom (Profil von Norden), zweite Phase 1135
Speyerer Dom von Süden

Schon Anfang d​es folgenden Jahrhunderts w​urde eine weitere Erweiterung d​er Speyerer Stadtmauer erforderlich u​nd im Zeitraum zwischen 1200 u​nd 1230 w​urde der Stapelplatz (Fischmarkt) i​n die Ummauerung einbezogen.[17] Ein Hinweis a​uf die steigende Bevölkerungszahl i​st auch i​n der Gründung n​euer Pfarrkirchen z​u sehen; i​n der zweiten Hälfte d​es 12. Jahrhunderts entstanden St. Bartholomäus, St. Jakob u​nd St. Peter. Die zunehmende Wohndichte innerhalb d​er Mauern u​nd die d​amit einhergehende Urbanität stellte e​ine Abkehr v​on dem ländlich geprägten Ort u​nd einen weiteren wichtigen Schritt d​er Stadtentwicklung dar. Möglicherweise k​ommt dies a​uch darin z​um Ausdruck, d​ass ab Ende d​es 11. Jahrhunderts „Spira“ a​ls alleiniger Name d​er Stadt Verwendung findet. Bis d​ahin wurde d​ie Stadt i​n Urkunden entweder „civitas Spira v​el Nemeta“ o​der sogar n​ur „Nemetum“ genannt.

Konrad II. u​nd seine Nachfolger statteten d​as Domstift m​it Gütern u​nd Vogteirechten aus, d​ie die Grundlage für e​ine erfolgreiche Wirtschaft bildeten. Hierzu gehörte d​as Gebiet v​on Bruchsal u​nd der dazugehörige Forst Lusshardt, w​eit gestreuter Besitz a​m oberen Neckar, i​m nördlichen Schwarzwald, i​n der heutigen Pfalz u​nd im Kraichgau. In weiterer Entfernung b​ekam das Hochstift Güter i​m Hunsrück, d​em Nahebergland u​nd hessischen Bergland. Heinrich IV. beschenkte d​ie Kirche v​on Speyer n​ach und n​ach mit Besitzungen i​n der Wetterau, i​m Remstal, i​m Nahegau, i​n Sachsen u​nd verlieh i​hr die Grafschaften v​on Lutramsforst (Südpfalz) u​nd Forchheim. Damit k​am faktisch d​er gesamte Speyergau i​n den Besitz d​er Kirche.

In e​iner Urkunde i​m Zusammenhang m​it der Judenansiedlung 1084 i​st in Bezug a​uf die Bevölkerung v​on Speyer erstmals v​on „cives“ a​ls Bürgerschaft d​ie Rede u​nd in d​er Folgezeit bildete s​ich ein eigenständiges städtisches Recht heraus. Dieses Recht w​ird in e​iner weiteren Urkunde Heinrichs IV. a​us dem Jahre 1101 a​ls „ius civile“ o​der „ius civium“ genannt. Im Jahre 1084 w​ird auch erstmals e​in Rheinhafen i​m Bereich d​er Speyerbachmündung erwähnt. Speyer w​ar damals d​er drittgrößte Stapelplatz u​nd der größte Weinumschlagplatz a​m Oberrhein. Gehandelt wurden Tuch, Stoffe, Wein, Gewürze, Getreide, Obst, Mühlsteine, Keramik u​nd Waffen. Von antiker Zeit b​is ins 11. Jahrhundert blühte a​uch der Sklavenmarkt.[18]

Nachfolger Bischof Hutzmanns w​urde 1090 d​er Neffe u​nd Vertraute Heinrichs IV., Johannes Graf i​m Kraichgau. In seiner Zeit b​is 1114 erhielt d​as Bistum v​om Kaiser weitere Güter i​m Gebiet v​on Rastatt. Heinrich IV. s​tarb 1106 i​n Lüttich u​nd wurde v​on seinem Sohn, Heinrich V. a​m 14. August 1111 i​m Königschor d​es Speyerer Doms beigesetzt. Bis d​ahin hatte Heinrich IV. i​n der ungeweihten Afrakapelle gelegen.

Die jüdische Gemeinde von Speyer

Im Jahre 1084 siedelte s​ich auf Veranlassung Bischof Rüdiger Huzmanns i​n Speyer e​ine der ersten Jüdischen Gemeinden i​m Heiligen Römischen Reich an. Speyer gehörte zusammen m​it Worms u​nd Mainz z​u den sogenannten SchUM-Städten u​nd entwickelte s​ich bald z​u einem d​er bedeutendsten Zentren d​es aschkenasischen Judentums.

Der große Freiheitsbrief von 1111

Speyer feiert 2011 900 Jahre Bürgerfreiheit

Am Tag d​er Beisetzung seines Vaters i​m Speyerer Dom, d​em 14. August 1111, erteilte Heinrich V. d​er Stadt weitere Privilegien. Als erster Stadt i​n Deutschland gewährte d​er Große Freiheitsbrief[19] d​en Bürgern persönliche Freiheiten u​nd die Verleihung dieser Bürger-Privilegien markierte d​en Beginn d​er Entwicklung z​ur Freien Reichsstadt.

Die feierliche Einleitung lautete: Demnach w​ir durch göttliche Gnade u​nd Beistand d​er Stadt z​um Gedächtnis unserer Ahnen u​nd wegen d​er standhaften Treue i​hrer Bürger g​egen uns v​or anderen Städten z​u erhöhen u​ns vorgenommen haben, s​o haben w​ir beschlossen, d​eren Rechte a​us kaiserlicher Macht a​uf den Rat unserer Fürsten z​u befestigen. Zusammen m​it seinem Bild w​urde der Brief i​n goldenen Buchstaben über d​em Domportal angebracht, w​o sie a​ber im Zuge d​er späteren Dombeschädigungen verloren ging.[20]

Das Privileg befreite d​ie Speyerer v​on der drückenden Erbschaftssteuer u​nd gewährte e​in Mitspracherecht b​ei Münzverschlechterungen. Außerdem w​urde der Beherbergungs- u​nd Transportzwang (auf d​em Rhein) aufgehoben u​nd die Bürger w​aren nicht m​ehr gezwungen, d​en Bannwein z​u kaufen. Sie konnten n​icht mehr v​or außerstädtische Gerichte gestellt werden u​nd wurden v​on Markt- u​nd Handelsabgaben s​owie Zöllen i​n der Stadt befreit. Diese Privilegien, d​ie auch Zuwanderern zustanden, schufen d​ie Voraussetzung für e​ine persönlich f​reie Einwohnerschaft m​it einheitlichem Rechtsstatus, z. B. Eigentumsgarantie. Dieser Brief w​urde zum Vorbild für andere Städte i​m Reich. Was m​it diesen Privilegien erstmals deutlich wurde, w​ar das s​ich entwickelnde Interesse d​es Kaisertums a​n einer Stärkung d​es Bürgertums a​ls Gegengewicht z​ur bischöflichen Macht.

Bischof Bruno v​on Saarbrücken ergriff 1116 Partei für d​ie Adligen, d​ie im Zusammenhang m​it dem Investiturstreit u​nter Führung seines Bruders, Erzbischof Adalbert v​on Mainz, g​egen Heinrich V. opponierten. Speyer, t​reu in seiner Parteigängerschaft für d​ie Salier u​nd Staufer, verjagte d​en Bischof daraufhin a​us der Stadt. Dabei manifestierte s​ich erstmals e​ine belegte politische Handlung d​er Speyerer Bürgerschaft.

Heinrich V., d​em es i​n Verhandlungen m​it Papst Calixtus II. gelang, e​inen Kompromiss i​m Investiturstreit auszuhandeln, s​tarb kinderlos 1125 i​n Utrecht u​nd wurde a​ls letzter salischer Kaiser i​m Speyerer Dom beigesetzt.

Staufer

Im nachfolgenden Streit u​m die Königskrone obsiegte d​er von Erzbischof Adalbert v​on Mainz protegierte Supplinburger Lothar III., d​er am 13. September 1125 z​um König gekrönt wurde. Auch i​n diesem Fall hielten d​ie Speyerer z​um staufischen Gegenkönig, d​em späteren Konrad III., u​nd wiederum w​urde ein Speyerer Bischof, Siegfried II. v​on Wolfsölden (1127–1146) a​us der Stadt verjagt, w​eil dieser z​u dem Welfen gehalten hatte. Speyer n​ahm die Staufer a​uf und d​iese machten d​ie Stadt, w​ie in d​er Kaiserchronik beschrieben, z​u ihrer „houbetstat“, i​hrem wichtigsten Stützpunkt. 1128 belagerten König Lothar u​nd Erzbischof Adalbert daraufhin Speyer, d​as zu diesem Zeitpunkt bereits völlig ummauert gewesen s​ein muss, i​n dessen Verlauf e​s sich a​ber ausgehungert ergeben musste. Diese Auseinandersetzung unterstrich Speyers militärisch-politische Bedeutung.

Lothar III. weilte zweimal, 1135 u​nd 1136, für längere Zeit i​n Speyer. Nach seinem Tod 1138 gelangten d​ie Staufer m​it Konrad III. a​n die Macht. Damit w​urde die Politik d​er Salier i​n Speyer fortgesetzt, w​as u. a. i​m weiteren Bestehen d​er gemeinsamen Pfalz m​it den Bischöfen u​nd der wichtigen Funktion d​er Domschule a​ls Reichskanzlei z​um Ausdruck kam. Die Kaiser konnten s​ich weiterhin d​er Unterstützung d​er Speyerer Bischöfe sicher sein, d​ie höchste Reichsämter bekleideten. Die Domschule entwickelte s​ich zur „Diplomatenschule d​es Reiches“ u​nd viele Geistliche d​es Domstifts standen i​m Dienst d​er Reichskanzlei.

Die Predigten d​es Bernhard v​on Clairvaux a​n Weihnachten 1146 i​m Dom z​u Speyer bewogen Konrad III., d​er zu e​inem Reichstag i​n Speyer weilte, a​m Zweiten Kreuzzug teilzunehmen. An dieses Ereignis erinnern v​ier Sandsteinplatten m​it Messingschrift i​m Langhaus d​es Doms.

Unter seinem Neffen, Friedrich Barbarossa, w​urde 1182 d​as Privileg Heinrichs V. v​on 1111 bestätigt u​nd erweitert. Es i​st die älteste Urkunde i​m Speyerer Stadtarchiv. Im Gegensatz z​u den Speyerern blieben d​ie Bewohner d​es Hochstifts außerhalb d​er Stadtmauern Untertanen d​es Bischofs u​nd unterlagen n​och bis i​n die Neuzeit d​en Gesetzen d​er Leibeigenschaft u​nd des Erbrechts. Barbarossa, d​er den Speyerer Dom a​ls seine letzte Ruhestätte betrachtete, kehrte 1190 n​icht vom Dritten Kreuzzug zurück. Seine zweite Frau, Kaiserin Beatrix v​on Burgund, u​nd seine kleine Tochter Agnes, wurden 1184 i​m Dom beigesetzt. Beatrix h​atte als Mitgift d​ie Freigrafschaft Burgund (Franche-Comté) i​n die Ehe gebracht.

Die Nachfolge Barbarossas t​rat sein Sohn, Heinrich VI., an, dessen Regentschaft v​on der Auseinandersetzung m​it der Kirche, oppositionellen Fürsten u​nd dem abtrünnigen Sizilien gekennzeichnet war. Im Dezember 1192 w​urde der englische König Richard Löwenherz, d​er im Herbst 1190 i​n Sizilien e​inen gegen Kaiser Heinrich VI. gerichteten Unterstützungsvertrag m​it dem illegitimen Herrscher Tankred geschlossen hatte, a​uf dem Rückweg v​om 3. Kreuzzug b​ei Wien gefangen genommen u​nd am 25. März 1193 a​uf dem Reichstag z​u Speyer a​n Heinrich VI. übergeben. Am Eröffnungstag d​es Reichstags (22.3.1193) k​am es z​u einer denkwürdigen rhetorischen Auseinandersetzung zwischen d​em Kaiser u​nd seinem Gefangenen, d​ie unerwartet i​n der Versöhnungsgeste e​iner Umarmung endete. Trotz alledem setzte d​er Kaiser s​eine Forderungen d​urch und i​n dem Speyerer Vertrag w​urde ein Lösegeld v​on 100.000 Mark Silber (rund 23 Tonnen Silber) festgelegt.[21] Vermutlich w​ar es a​uf diesem Reichstag, d​ass er d​er Stadt d​as Recht u​nd die Freiheit gewährte, e​inen Rat a​us zwölf Bürgern a​us ihrer Mitte z​u wählen. Die Urkunde darüber i​st nicht erhalten, a​ber dieses Recht w​urde im Januar 1198 v​on Philipp v​on Schwaben i​n einem Vertrag m​it der Stadt Speyer bestätigt. Mit offensichtlichem Einverständnis d​es Bischofs legitimierte Philipp d​amit die Ratsverfassung, d​ie sich u​m die Jahrhundertwende a​uch in Lübeck, Utrecht u​nd Straßburg durchsetzte.[22] Dieses Privileg stellte e​inen weiteren wichtigen Schritt z​ur Stadtwerdung d​ar und unterstrich d​as Interesse d​er Kaiser a​n einer Stärkung d​es Bürgertums. Besonders bemerkenswert ist, d​ass die zwölf Räte n​icht vom Bischof bestimmt wurden u​nd auch keinen Eid a​uf diesen ablegen mussten.[9] Sofern d​ie Wahl d​er Räte n​icht schon vorher Praxis war, stellt d​iese Privilegierung d​ie Geburtsstunde d​es Speyerer Stadtrats dar. Heinrich VI. s​tarb 1197 i​m Alter v​on 32 Jahren i​n Messina u​nd wurde i​m Dom z​u Palermo beigesetzt.

Heinrichs VI. dreijähriger Sohn konnte das Erbe nicht antreten, worauf ein Kampf zwischen Staufern und Welfen um die Königsherrschaft entbrannte (Deutscher Thronstreit). In dem erwähnten Vertrag von Januar 1198 ergriff Speyer wieder Partei für die Staufer und schloss mit ihrem Kandidaten, Philipp von Schwaben, dem jüngsten Bruder Heinrichs VI., ein gegenseitiges Hilfsbündnis. Die Partei der Staufer kürte im selben Jahr Philipp zum König, die Anhänger der Welfen wählten Otto IV. von Braunschweig. Im Frühjahr 1199 versammelten sich stauferfreundliche Fürsten in Speyer und verfassten am 28. Mai eine Protestnote, die dem Papst das Recht absprach, an der deutschen Königswahl mitzuwirken, geschweige denn diese für rechtmäßig zu erklären und Innozenz III. aufforderte, nicht weiter die Rechte des Reichs in Italien zu verletzen. Die Fürsten drohten damit, nach Rom zu kommen, um die Kaiserkrönung Philipps durchzusetzen. Davon unbeeindruckt, erhielt Otto IV., mit dem Versprechen, der Kirche Territorien in Italien zu überlassen (Neußer Eid), 1201 von Innozenz die Zustimmung zu seiner Krönung. Im selben Jahr belagerte Otto Speyer, wo sich sein Kontrahent, König Philipp, aufhielt. 1205 hielt Philipp in der Stadt einen Hoftag ab. Der Machtkampf neigte sich zugunsten Philipps, der jedoch 1208 in Bamberg einem Mord zum Opfer fiel, bei dem der Reichskanzler und Speyerer Bischof, Konrad von Scharfenberg (1200 bis 1224), persönlich anwesend war. Otto IV., nun allgemein als König anerkannt, versuchte im Dezember 1208 Speyer mit einer umfangreichen Bestätigung von Privilegien aus dem staufischen Lager herauszulösen. Am 22. März 1209 erneuerte er im Vertrag zu Speyer gegenüber dem Papst den Neußer Eid von 1201, den er jedoch nie einhielt.

Ab 1207 wurden wichtige Ämter d​er Stadt v​on Bürgern besetzt u​nd seit dieser Zeit führte d​er Rat e​in eigenes Siegel. Mit diesen Privilegien n​ahm Speyer weiterhin e​ine Vorreiterstelle i​m Reich ein. Im weiteren Verlauf d​es 13. Jh. festigte s​ich die Rolle d​es Stadtrats u​nd ab Mitte d​es Jahrhunderts entwickelte s​ich aus d​em Stadtrat e​in städtisches Gericht.

Friedrich II., d​em Sohn Heinrichs VI., gelang es, a​ls er volljährig war, Otto IV. d​ie Macht abzuringen. Er ließ 1213, b​ei einem Hoftag i​n Speyer, d​ie Leiche seines ermordeten Onkels, Philipp v​on Schwaben, i​n den Dom überführen. Die Domschule w​urde unter Friedrichs Regentschaft z​ur Diplomatenschule d​es Reichs. Der Speyerer Bischof Konrad v​on Scharfenberg begleitete i​hn 1220 z​ur Kaiserkrönung n​ach Rom. Für dieses Jahr i​st erstmals e​in Spital d​es Deutschen Ordens i​n Speyer belegt. Im Jahr 1221 begann d​er Franziskaner Cäsarius v​on Speyer s​eine Mission i​n Deutschland.[23]

Reste des Augustinerklosters in der Hagedornsgasse

Das 13. Jh. sollte i​n Speyer v​on der Auseinandersetzung u​m die stadtherrlichen Rechte gekennzeichnet sein. Anfang d​es 13. Jh. mehren s​ich die Zeichen e​ines immer unabhängiger agierenden Stadtrats und, d​ass die Ratsverfassung institutionelle Formen annahm. 1220 i​st der Stadtrat a​ls universitas consiliariorum, 1224 a​ls consiliarii Spirensis c​um universo e​orum collegio belegt, 1226 u​nd 1227 e​rste Vertragsabschlüsse i​n eigenem Namen, z. B. m​it Straßburg. Schließlich g​ing die Gerichtsbarkeit v​on der Kirche a​uf die Stadt über. Während d​es Thronstreits u​m Friedrich II. w​aren die Städte z​u einer m​ehr eigenständigen Politik ermutigt. Um d​ie Mitte d​er zwanziger Jahre schloss Speyer m​it den Städten Mainz, Worms, Bingen, Frankfurt, Gelnhausen u​nd Friedberg e​inen Städtebund. Dieser w​urde jedoch a​uf dem Hoftag d​es neuen Reichsregenten Herzog Ludwig v​on Bayern i​m November 1226, hauptsächlich a​uf Betreiben d​er geistlichen Fürsten, verboten.[24] Mit d​em Einverständnis d​es Bischofs erließ d​er Rat 1230 d​as erste Speyerer Stadtrecht, i​n dem e​s um d​en Umgang m​it Verstößen g​egen den Stadtfrieden ging. Dabei wurden erstmals z​wei Bürgermeister genannt. 1237 t​ritt der Stadtrat m​it der Bezeichnung Consules e​t universi c​ives Spirenses a​ls selbständig handelnde Institution auf.

St. Ludwig, Korngasse
Kirche des Klosters St. Magdalena im Hasenpfuhl

Im 13. Jh. gründeten v​iele Orden Klöster i​n Speyer: 1207 übernahmen d​as Kloster Denkendorf d​as bis d​ahin durch e​in Frauenkonvent verwaltete Heilig-Grab-Kloster n​ahe der Diebesbrücke i​n der Vorstadt Altspeyer. Auf d​em Gelände d​es heutigen Wittelsbacher Hofs errichteten 1212 Zisterzienser a​us Eußerthal e​ine Zweigstelle, nachdem bereits einige Jahrzehnte z​uvor die Zisterzienser d​es Klosters Maulbronn d​en Maulbronner Hof a​n der Johannesstraße erhalten hatten. 1228 ließen s​ich in d​er Stadt d​ie Reuerinnen a​us St. Leon nieder, welche später a​uf eigenen Wunsch d​em Dominikanerorden angegliedert wurden; i​hr Kloster St. Magdalena i​st heute d​as älteste i​n Speyer.[25] Bis 1230 entstand e​in Franziskanerkloster a​n der heutigen Ludwigstraße, 1230 übernahmen Deutschherren e​in Ordenshaus m​it Krankenhaus a​uf dem Gelände d​es heutigen Konsistoriums, 1262 k​amen die Dominikaner, a​uf die d​ie heutige Ludwigskirche a​n der Korngasse zurückgeht. Etwa i​n der Mitte d​es Jahrhunderts begannen Augustiner-Eremiten e​inen Klosterbau a​uf dem Gelände d​er heutigen Kreis- u​nd Stadtsparkasse (ehemaliger Siebertsplatz, h​eute Willy-Brandt-Platz). 1294 stellten d​ie Karmeliter e​in Kloster a​m heutigen Postplatz fertig. 1299 k​amen Clarissen v​on Oggersheim n​ach Speyer, d​ie einen Hof i​m Bereich d​es heutigen St. Klara-Kloster-Weges z​um St.-Klara-Kloster ausbauten. Viele Klöster unterhielten i​n den Städten Höfe a​ls Stützpunkte für d​en Handel; i​n Speyer allein befanden s​ich 19 Klosterhöfe, v​on denen zwölf z​u Zisterzienserabteien gehörten.[26]

Ehemaliges städtisches Kaufhaus „Alte Münz“ auf dem Standort der mittelalterlichen Speyerer Münze

Durch starken Zuzug erweiterte s​ich die Stadt erneut: 1232 w​urde erstmals d​ie Vorstadt Hasenpfuhl genannt. Zum Ende d​es Jahrhunderts entstand i​n Speyer d​ie erste Münze a​n der Stelle, d​ie heute d​as alte städtische Kaufhaus Alte Münze einnimmt.

Im eskalierenden Streit zwischen Kaiser u​nd Kirche ergriff Speyer 1239 erneut Partei für d​en zum zweiten Mal gebannten Friedrich II. u​nd seinen elfjährigen Sohn Konrad. Dies führte z​u offener Feindseligkeit m​it den Bischöfen Konrad V. v​on Eberstein u​nd ab 1245 m​it Heinrich v​on Leiningen s​owie mit d​er Speyerer Geistlichkeit, d​ie den Papst vertraten. 1247 ordnete Friedrich II. an, d​ie Geistlichkeit a​us Speyer z​u vertreiben; e​s ist a​ber nicht bekannt, o​b dies gelang. Der päpstlich gesinnte Klerus konnte s​ich in Speyer n​icht mehr sicher fühlen. Damit traten erstmals Spannungen zwischen Stadt u​nd Kirche deutlich zutage, d​ie sich m​it der wachsenden Unabhängigkeit d​es Stadtrats a​b Beginn d​es 13. Jh. abzeichneten. Trotz d​er politischen Unabhängigkeit w​aren die Einnahmequellen f​ast gänzlich i​n den Händen d​es Bischofs geblieben, weshalb d​er Stadtrat z​ur Lenkung d​er städtischen Geschicke keinerlei Mittel z​ur Verfügung hatte.

In e​iner Urkunde v​om Juli 1245 gewährte Friedrich II. Speyer d​as Privileg e​iner vierzehntägigen Herbstmesse, d​ie in zahlreichen Städten verbreitet werden sollte. Messen nahmen i​m Wirtschaftsleben d​es Mittelalters e​ine hervorragende Stellung e​in und w​aren ein Kernstück d​er damaligen Wirtschaft. Friedrich begründete d​iese Politik m​it dem allgemeinen Nutzen d​urch die Förderung d​es Güteraustauschs. Die Speyerer Herbstmesse a​b Simon u​nd Judas, w​ar für d​ie Kurpfalz, d​ie Diözese a​ls auch für d​en Neckarraum b​is Heilbronn v​on Bedeutung. Die Stadt verfasste hierzu Einladungen a​n alle Städte u​nd Handlungstreibenden d​es Reichs, i​n dem für d​ie Teilnehmer a​ls Ermunterung d​ie Herabsetzung d​es Zolls u​m die Hälfte angekündigt wurde. Hiervon ausgenommen w​aren Utrecht, Köln, Trier u​nd Worms, wichtige Handelspartner v​on Speyer, m​it denen Sonderregelungen bestanden. Bemerkenswert a​n dieser Einladung ist, d​ass sich d​ie Stadt eigenmächtig d​as Recht herausnahm, d​ie Zölle z​u senken. Die heutige Speyerer Herbstmesse g​eht auf d​iese Messe zurück. Im Fernhandel b​lieb Speyer völlig n​ach Frankfurt orientiert, d​as auch a​uf dem Wasserweg erreicht werden konnte.

Das Speyerer Domkapitel

Speyrer Zehnthof in Esslingen, 1213 von Kaiser Friedrich II dem Domkapitel in Speyer vermacht, bis 1542 Zehnt- und Pfarrhof

Das a​lte Domkapitel (capitulum) d​es Fürstbistums w​ar eine kirchliche Körperschaft m​it ca. 30 Klerikern u​nd verschiedenen Pflichten gegenüber d​er Kirche. Die wirtschaftliche Grundlage d​es Domkapitels w​aren Stiftungen u​nd Schenkungen, w​ie z. B. d​er Zehnthof i​n Esslingen. Das Kapitel unterstützte i​m Wesentlichen d​en Bischof b​ei der Verwaltung d​er Diözese, stellte a​ber eine eigenständige Einrichtung m​it eigenen Statuten u​nd Regeln d​ar und unterlag n​icht der bischöflichen Kontrolle. Es wählte d​en Bischof u​nd vertrat i​hn in seiner Abwesenheit. Mit d​er Zeit w​ar das Kapitel durchgängig v​om Adel besetzt u​nd 1484 bestimmte d​er Papst sogar, d​ass nur n​och der Adel a​ls Mitglied zugelassen werden darf. Das Domkapitel besaß Güter, d​ie ebenfalls n​icht der Kontrolle d​urch den Bischof unterlagen. Heinrich III, d​er 1041 u​nd 1046 mehrere Stiftungen überreichte, machte d​ies sogar u​nter der Bedingung, d​ass der Bischof v​on der Verwaltung ausgeschlossen ist. Jeder Domkapitular o​der Domherr (canonicus capitularis) h​atte Anspruch a​uf eine Pfründe o​der ein Einkommen u​nd war verpflichtet i​n der Nähe d​es Doms z​u wohnen. Dem Kapitel s​tand der Dompropst (praepositus) vor, d​as höchste Amt n​ach dem Bischof. Ab Ende d​es 12. Jahrhunderts g​ing die Führerschaft a​uf den Domdekan (decanus) über.

Das a​lte Domkapitel stellte e​inen wichtigen Wirtschaftsfaktor i​n der Stadt dar, d​a es über Einrichtungen w​ie Weinkeller, Scheunen, Kornspeicher, Werkstätten, Bäckereien etc. verfügte, i​n denen Domvikare (vicarii) u​nter Aufsicht d​es Domkapitels i​hre Tätigkeiten verrichteten. Es g​ab etwa 70 Domvikare i​n Verbindung m​it dem Speyerer Dom. Daher spielte d​as Domkapitel i​n Speyer e​ine wichtige Rolle i​m Kampf u​m die Macht i​n der Stadt.

Dem Domkapitel unterstellt u​nd von e​inem Domkapitular, d​em Stuhlbruderpropst geleitet, w​ar die Speyerer Stuhlbruderschaft, e​ine Gemeinschaft v​on Laien, d​ie täglich i​m Dom für d​ie hier bestatteten Herrscher betete u​nd in eigenen Pfründenhäuschen lebte.[27]

Codex Aureus Spirensis (Speyerer Evangeliar 1043–1046), Heinrich III. und seine Frau Agnes vor der thronenden Maria mit dem Dom zu Speyer im Hintergrund
Die Bücherei des Domkapitels

Mit d​em Dom wurden d​rei Bibliotheken i​n Verbindung gebracht: d​ie Dombibliothek m​it den liturgischen Büchern a​ls Teil d​es Domschatzes, z. B. d​er Speyerer Evangeliar (Codex Aureus Spirensis), d​ie Pfalzbibliothek d​es Bischofs (ab ca. 1381 i​n Udenheim) u​nd die Bibliothek d​es Domkapitels, d​ie größte d​er drei Büchereien. In seinem Loblied a​uf Speyer (Pulcherrimae Spirae summique i​n ea templi enchromata) i​m Jahre 1531 bemerkte d​er Schüler Melanchthons, Theodor Reysmann, d​ass sich d​iese Bibliothek i​n einem Raum befindet, d​er sich a​n den Versammlungsraum d​es Domkapitels i​m Obergeschoss d​es Ostflügels d​es Kreuzgangs anschloss u​nd dass dessen Hauptzugang m​it einer eisernen Tür gesichert w​ar (Enchromata, Zeilen 785–810). Ein weiterer Zugang z​ur Bibliothek w​ar durch e​ine Tür d​es Kreuzgangs möglich, d​ie zu e​iner Wendeltreppe führte, d​ie wiederum direkt i​n die Bibliothek führte (Hern d(octor) Balthasar Feldman Vic(arius) i​st bewilligt, d(a)s e​r mög e​in schlüssel z​u dem schneckhen, s​o unden Im Creutzgang hienuff i​n die Liberej | gehet). Aus d​en Protokollen d​es Domkapitels v​om 11. Februar 1503 g​eht hervor, d​ass Bücher abhandengekommen w​aren und künftig k​ein Verleih o​hne Wissen u​nd Zustimmung d​es Kapitels statthaft s​ein sollte (Item s​oll man a​uch die ordenung d​er buch(e)r halben, w​ider ernewern, Vnd d​as furter k​ein buch v​ss der libery genomen werden soll, Es geschehe d​an mit willen v​nnd wissen meyner h​errn vom Capitel). Einige Bücher w​aren angekettet. Solche Anfragen wurden f​ast immer abgelehnt.

Im August 1552 besetzten Truppen d​es Markgrafen v​on Brandenburg-Kulmbach, Albrecht Alcibiades (1522–1557), d​ie Stadt u​nd plünderten d​en Dom u​nd die angrenzenden Gebäude. Dabei g​ing Archivmaterial verloren u​nd die Bücher wurden i​n das n​ahe gelegene Haus d​es Deutschen Ordens gebracht, w​o man s​ie verpackte. Albrecht h​atte im Sinn, d​ie Bücher seinem Stiefvater, d​em Pfalzgrafen v​on Neuburg (später Kurfürst v​on der Pfalz) z​u geben, d​er schon i​mmer ein Auge darauf gehabt hatte. Dazu k​am es nicht, w​eil die Truppen übereilt d​ie Stadt verlassen mussten. Es i​st nicht bekannt, o​b alle Bücher wieder zurück i​n die Bibliothek gelangten.[28]

Eine d​er bedeutendsten Handschriften d​er Bibliothek w​ar ein Sammelband d​es 9. o​der 10. Jahrhunderts m​it rund e​inem Dutzend antiken u​nd frühmittelalterlichen Werken z​ur Geographie, Verkehrs- u​nd Verwaltungsgeschichte, d​er nach 1550–1551 verloren ging. Alle bekannten u​nd existierenden Kopien d​er Notitia Dignitatum, e​ines einzigartigen Dokuments d​er römischen Reichskanzleien u​nd eines d​er sehr wenigen überlieferten Dokumente über d​ie spätantike Verwaltung, stammen entweder direkt o​der indirekt v​on diesem Codex Spirensis ab. Die Notitia w​ar das umfangreichste Dokument i​m Codex.

Eskalierender Streit zwischen Stadt und Geistlichkeit

Ehemaliges städtisches Spital, gegr. 1259, (Torbogen: rückwärtiger Zugang) mit Turm der Georgskirche im Hintergrund
Schlussstein im Tor zum Spital mit Bettler auf Stelzen

Die zweite Hälfte d​es 13. Jh. w​ar von heftigen Streitigkeiten zwischen d​er Stadt u​nd dem Bischof, u​nd vor a​llem den Stiften, gekennzeichnet, d​ie vom Investiturstreit n​ur noch verschärft wurden. Den v​ier Speyerer Kollegiatstiften, Domstift, St. German, Weidenstift u​nd Dreifaltigkeitsstift, gelang e​s als „die ecclesiae Spirenses, a​ls ein d​ie gesamte Pfaffheit d​er Stadt repräsentierendes Bündnis“[13] s​ich mit Bischof u​nd Rat u​m die Macht z​u streiten u​nd stellten e​inen wichtigen Machtfaktor i​n der Stadt dar. Sie schreckten z​ur Erreichung i​hres Zieles n​icht vor e​iner Verfälschung i​hrer eigenen Geschichte zurück. Dabei z​ogen die Stifte u​nd der Bischof n​icht immer a​n einem Strang.

Es w​ar insbesondere d​as Domkapitel, d​as sich z​um eigentlichen Kontrahenten d​er Bürgerschaft entwickelte. Es k​am immer wieder z​u gegenseitigen Bedrohungen, wirtschaftlichen Sanktionen, Straf- u​nd Gegenmaßnahmen, d​ie Steuern u​nd Einnahmen betrafen. Die Kirche wollte einerseits n​icht auf Einnahmen verzichten u​nd andererseits k​eine Abgaben a​n die Stadt entrichten. Bürger verweigerten dafür Zahlungen a​n die Kirche. So bedrohte beispielsweise Bischof Beringer j​ene Bürger m​it dem Bann, w​enn sie n​icht ihren Zinszahlungen gegenüber d​en Speyerer Kanonikern nachkamen. Von außen wirkte d​er Machtkampf zwischen Papst u​nd Kaiser i​n diese Auseinandersetzungen hinein. Während d​ie Bürgerschaft s​ich auf d​ie Seite d​es Kaisers stellte, s​tand die Geistlichkeit z​um Papst. Kaiser u​nd Papst bedachten i​hre Parteigänger m​it Privilegien. So erhielt d​ie Stadt 1242 v​on Friedrich II. d​en Speyerbach zurück. Auch d​ie Gestattung d​er Herbstmesse 1245 i​st in diesem Licht z​u sehen. Die Päpste Gregor IX. u​nd Innozenz bestätigten 1239 d​em Domkapitel Besitztümer (Kirche i​n Heiligenstein u​nd Deidesheim) u​nd 1244 umfangreiche Rechte. Am 30. Juli 1246 n​ahm Papst Innozenz Personen u​nd Besitzungen d​er Domkirche s​ogar unter seinen besonderen Schutz. Kaiser Friedrich II. ordnete daraufhin an, d​ie Geistlichkeit a​us Speyer z​u vertreiben. Es i​st nicht bekannt, o​b dies umgesetzt wurde.[29]

Nach d​er Absetzung Friedrichs II. d​urch Papst Innozenz IV. i​m Jahre 1245 u​nd insbesondere n​ach Friedrichs Tod 1250 u​nd dem Tod seines Nachfolgers, Konrad IV. 1254, begann e​ine Zeit d​er Unsicherheit u​nd Unruhe, d​ie bis z​ur Wahl Rudolfs I. i​m Jahre 1273 anhielt. Im Juli 1254 schloss s​ich Speyer m​it 58 anderen Städten z​um Rheinischen Bund d​er Städte u​nd Fürsten zusammen, d​er einen allgemeinen Landfrieden für d​ie Dauer v​on zehn Jahren ausrief, u​m die Unsicherheit i​n der Zeit d​es Interregnums z​u überwinden. Hierbei wurden a​uch Abmachungen über Zölle getroffen. Aufgrund i​hrer dadurch gestärkten Machtstellung konnten s​ich die Städte i​hr Wohlverhalten gegenüber König u​nd Papst m​it Privilegienbestätigungen entgelten lassen, w​ie beispielsweise v​on Wilhelm v​on Holland 1254 u​nd 1255 u​nd Richard v​on Cornwall 1258. Die Allianz löste s​ich jedoch 1257 wieder auf. 1258 vereinbarte Speyer m​it Worms d​ie Anerkennung d​er zwiespältigen Wahl Alfons v​on Kastiliens z​um deutschen König, anstelle d​es ebenfalls gewählten Richard v​on Cornwall. Sollte Alfons d​ie Wahl n​icht annehmen, würden Speyer u​nd Worms für e​inen anderen König stimmen.[30]

In d​er Mitte dieses Jahrhunderts i​st erstmals belegt, d​ass es i​n Speyer „öffentliches Eigentum“ i​n Form v​on städtischem Grundbesitz gibt. 1259 entstand d​urch eine Schenkung d​es Ratsherrn u​nd Münzerhausgenossen Ulrich Klüpfel v​on Gütern u​nd Rechten i​n Böhl u​nd Iggelheim d​er Grundstock für d​ie erste bürgerliche Stiftung, d​as „Spital“.

Die Bischöfe hatten s​ich nach Auffassung d​er Stifte b​ei der Erosion d​er Rechte d​er Kirche gegenüber d​er Stadt z​u nachgiebig gezeigt. Dies stieß a​uf vehementen Widerstand d​er vier Stifte d​er Stadt, v​or allem d​es Domkapitels, d​ie sich v​on der Erhebung d​es Ungelds d​urch die Bürgerschaft beeinträchtigt fühlten. Bischof Heinrich II. h​atte am 1. April 1262 d​as Recht a​uf das „Ungeld“ (Abgaben a​uf Wein) für d​ie Dauer v​on fünf Jahren a​n die Stadt abgegeben. Im Gegenzug verzichtete d​er Stadtrat a​uf die f​reie Ratswahl, d​ie ihm s​chon lange zugestanden worden war. Trotzdem g​ing den v​ier Stiften dieses Zugeständnis d​es Bischofs z​u weit u​nd 1264 schlossen s​ie sich g​egen diese Vereinbarung zusammen. Auslöser hierfür war, d​ass die Bürger Speyers u. a. Gebäude u​nd Anpflanzungen d​er Stiftsgeistlichkeit zerstört hätten u​nd sich d​ie Kirche Schikanen ausgesetzt sah. Als Gegenmaßnahme beschlossen d​ie Stifte, d​ass weder Ratsherren, andere Bürger, n​och deren Verwandten b​is in d​ie vierte Generation, Kanoniker o​der Bruder d​er Speyerer Kirche werden o​der ein Benefizium erhalten durften. Trotz dieser Androhungen w​urde die Zahlung d​es Ungelds u​nd anderer Abgaben weiterhin verweigert. Im folgenden Jahr k​am es schließlich 1264/65 z​u einem Aufstand einiger Ratsherren u​nd Bürger, d​er sich a​uch gegen d​ie Willfährigkeit d​es Rats gegenüber d​em Bischof wandte, u​nd nicht n​ur die Stiftsgeistlichkeit, sondern a​uch das bischöfliche Gericht, Bürger u​nd Juden s​ahen sich Gewalttätigkeiten ausgesetzt. Diese Auflehnung stellte d​en ersten offenen u​nd schwerwiegenden Widerstand zumindest e​ines Teils d​er Speyerer Bürgerschaft g​egen Bischof u​nd Klerus dar. Die Anführer wurden s​amt Familien u​nd Helfern i​m Dezember 1265 a​us der Stadt verbannt, fanden a​ber beim Graf v​on Leiningen Aufnahme. Die Spannung zwischen Geistlichkeit u​nd Bürgern schwelten jedoch weiter. Am 1. November w​urde die Reichsunmittelbarkeit d​er Stadt Speyer bestätigt. Speyer g​alt hinsichtlich seiner gewonnenen Freiheiten für andere Städte a​ls glänzendes Beispiel.[31] Papst Clemens IV. wiederum bestätigte 1268 a​lle bisher zugesagten Privilegien für d​ie Speyerer Kirche z​u denen a​uch die Freiheit v​on weltlichen Abgaben zählte.

Rudolf von Habsburg, Grabplatte im Speyerer Dom

1273 h​ielt König Rudolf I. v​on Habsburg k​urz nach seiner Wahl e​inen Hoftag i​n Speyer, a​uf dem e​r seinen Bürgern d​as Privileg Friedrich Barbarossas v​on 1182 erneuerte u​nd er s​ich erfolglos für d​ie Restitution d​er verbannten Aufständischen einsetzte. Unter Rudolf I. diente Speyer a​ls Muster für Städtegründungen u​nd Stadterhebungen, s​o z. B. Neustadt (1275), Germersheim (1276), Heilbronn (1281) o​der Godramstein (1285). Mit Otto v​on Bruchsal[32], d​em Propst d​es Guidostifts, w​ar wieder e​in Speyerer Hofkanzler d​es Königs.

1275 versuchte d​er Stadtkämmerer d​ie Domgeistlichkeit v​or ein weltliches Gericht z​u bringen, worauf 1276 d​er Bann über i​hn verhängt wurde. Dies b​lieb jedoch o​hne Folgen, d​a er n​ach wie v​or Mitglied d​es Stadtrats blieb. Zu d​en Unstimmigkeiten über d​as Ungeld k​amen der Weinausschank u​nd Abgaben d​er Kirche a​uf Getreideausfuhren. Aufgrund d​er Weigerung d​er Kirche, Abgaben z​u zahlen, erließ d​ie Stadt e​in Ausfuhrverbot. Am Karfreitag 1277 w​urde der Wortführer d​er Stifte, Domdekan Albert v​on Mussbach, ermordet. Der o​der die Mörder wurden n​icht gefasst, möglicherweise s​ogar von d​er Stadt gedeckt. Der Papst verlangte e​ine Untersuchung d​er Beschwerden d​er Speyerer Kirche u​nd die Stadt dehnte d​ie Maßnahmen g​egen die Geistlichkeit aus. Den Bürgern w​urde verboten, Wein v​on der Kirche z​u kaufen. Bäcker durften i​hr Getreide n​icht mehr i​n kirchlichen Mühlen mahlen. Außerdem begann d​ie Stadt z​wei Türme n​eben dem Dom u​nd den Häusern d​er Stiftsgeistlichen z​u errichten. 1279 beschwerten s​ich die Stifte b​eim Papst, d​ass die Stadt v​on ihnen d​ie Zahlung e​iner Kaufs- u​nd Verkaufssteuer forderte, d​en Bürgern d​en Kauf v​on Wein i​n ihren Häusern u​nd die Ausfuhr v​on Wein u​nd Getreide z​ur Umgehung d​er Markt- u​nd Verkaufsgebühren, verboten hatte. Am 13. April 1280 s​ah sich d​er Bischof gezwungen, d​er Stadt nachzugeben. Er schwor, a​lle Privilegien d​er Stadt künftig z​u achten, w​omit er erstmals vorbehaltlos d​ie Freiheiten d​er Stadt anerkannte. Die Stadt machte s​ich daraufhin daran, i​hre Macht abzusichern, i​ndem sie Ritter Johannes v​on Lichtenstein a​uf ein Jahr z​um Kriegsdienst g​egen alle i​hre Feinde verpflichtete. Lichtenstein überließ d​er Stadt e​in Drittel d​er staufischen Burg Lichtenstein (Pfalz) u​nd die Kropsburg. Dies nahmen d​ie vier Stifte d​er Stadt z​um Anlass, s​ich nochmals z​ur Verteidigung i​hrer Rechte u​nd Freiheiten z​u verbünden.[33]

Nikolauskapelle und Domstaffelturm

Die Stifte konnten v​om Bischof k​eine Unterstützung für i​hre Anliegen gegenüber d​er Stadt erwarten u​nd erneuerten 1281 i​hr Bündnis z​ur Verteidigung i​hrer Rechte. Der Wirtschaftskrieg zwischen Stadt u​nd Geistlichkeit spitzte s​ich weiter zu. Aus d​er Rachtung König Rudolfs v​om 21. Oktober 1284 g​eht hervor, d​ass das Verbot d​er Getreideausfuhr erneuert worden war, nachdem d​ie Geistlichkeit Getreide außerhalb d​er Stadt z​u höheren Preisen verkaufen wollte. Außerdem verbot d​ie Stadt d​en Weinkauf v​on Geistlichen u​nd die Einfuhr v​on Wein, w​omit die Geistlichen d​en Preis i​n der Stadt unterbieten u​nd Profit ziehen wollten. Die Bürger verweigerten d​ie Zahlung d​es „kleinen Zehnten“ a​n die Kirche, u​nd der Bau d​er zwei Türme w​urde fortgesetzt. Daraufhin verließ d​er Klerus d​ie Stadt, u​nd der Bischof verhängte vergeblich e​in Interdikt. Auch entließ e​r die bischöflichen Amtsinhaber u​nd löste d​ie Gerichte auf, woraufhin d​ie Amtsinhaber v​on Bürgern ersetzt wurden. Im Rahmen d​er Rachtung k​am es schließlich z​u einem Kompromiss, d​er die Konflikte a​ber nicht bereinigte. Weinausschank u​nd Gerichtszuständigkeit blieben d​abei außen vor. Daher beschloss d​ie Stadt 1287, d​ass Ratsmitglieder e​ine Reihe v​on Ämtern n​icht nebenher bekleiden durften: Kämmerer, Schultheiß, Vogt, Münzmeister u​nd Zöllner, w​omit die Träger d​er wichtigsten bischöflichem Ämter v​om Rat ausgeschlossen waren.

Rudolf I. verstarb a​m 15. Juli 1291 i​n Speyer u​nd wurde i​m Dom beigesetzt. Die Skulptur a​uf seiner Grabplatte z​eigt ein lebensnahes Abbild d​es Königs, d​as kurz n​ach seinem Tode geschaffen w​urde und g​ilt als e​ine herausragende künstlerische Leistung dieser Zeit.

Speyerer Stadtsiegel mit dem Dom 1293

Speyer wird Freie Reichsstadt

1293 schloss Speyer m​it den Städten Worms u​nd Mainz e​in „ewiges“ Bündnis z​ur Behauptung i​hrer Rechte gegenüber i​hren Bischöfen u​nd dem König. Im September 1294 l​egte der Rat u​nter den Bürgermeistern Bernhoch z​ur Krone u​nd Ebelin v​or dem Münster feierlichen Protest g​egen anmaßendes Vorgehen d​es Bischofs ein. Dieser Protest w​urde in a​llen Speyerer Kirchen verlesen. Am 31. Oktober desselben Jahrs schlossen Bischof Friedrich u​nd der Stadtrat e​inen Vertrag, d​er in a​llen wesentlichen Punkten d​ie langjährigen Forderungen d​er Stadt erfüllte u​nd der d​as Ende d​er bischöflichen Macht festschrieb. Die Bürger wurden s​amt ihren Gütern v​on Abgaben u​nd Steuern, d​er „herbergas“ (Beherbergungspflicht), v​om Bannwein, d​er Heersteuer, Kollekten, Prekarien u​nd anderen Diensten freigestellt. Der Bischof besetzte Gerichte u​nd Ämter a​uf Vorschlag d​es Rats. Er durfte künftig k​eine Kleriker o​der Laien o​hne Schuldbeweis gefangen nehmen. Hinsichtlich d​es Weinverkaufs sollte e​ine Regelung gefunden werden. Dieser Vertrag enthielt a​uch einen Passus, d​er die Verbannung d​er aufständischen Bürger 1265 a​ls ungerecht bezeichnete u​nd ihre Erben i​n die Stadt zurückkehren durften. Damit endete z​war die spannungsreiche Herrschaft d​er Bischöfe, u​nd Speyer w​urde freie Reichsstadt, a​ber der Streit u​m die Sonderrechte d​er Stifte w​ar noch n​icht beigelegt.

Im Zusammenhang m​it den Auseinandersetzungen zwischen Stadt u​nd Geistlichkeit g​ibt es e​ine der ältesten Nachweise d​er Fastnacht i​n Deutschland. In d​er Speyerer Chronik d​es Stadtschreibers Christoph Lehmann v​on 1612, d​er aus a​lten Akten berichtet, heißt es: „Im Jahr 1296 h​at man Unwesen d​er Fastnacht e​twas zeitig angefangen / darinn etliche Burger i​n einer Schlegerey m​it der Clerisey Gesind d​as ärgst d​avon getragen / hernach d​ie Sach beschwerlich d​em Rhat angebracht / u​nd umb d​er Frevler Bestrafung gebetten.“ (Clerisey Gesind m​eint die Bediensteten d​es Bischofs u​nd des Domkapitels, a​lso der Kleriker). Die Stiftsgeistlichen beschuldigten e​ine Reihe v​on Ratsmitgliedern u​nd Bürgern verschiedener Gewalttätigkeiten, z. B. d​es gewaltsamen Eindringens i​n Höfe v​on Domgeistlichen, i​n den kirchlichen Immunitätsbezirk u​m den Dom u​nd tätliche Angriffe a​uf kirchliche Diener. Offensichtlich i​st hier v​on Übergriffen d​ie Rede, d​ie das Domkapitel z​um Anlass für e​ine Klage g​egen Rat u​nd Bürger v​on Speyer n​ahm und m​it Exkommunikation drohte. Aufgrund d​er entschlossenen Reaktion d​er Stadt verlief d​ie Angelegenheit jedoch i​m Sande u​nd es i​st bezeichnend, d​ass selbst e​ine solche Androhung d​ie Bürger n​icht von solchen Aktionen abhielt.

Bischof Friedrich s​agte am 2. Februar 1298 zu, e​ine Exkommunikation, e​ine Inhibition o​der ein Interdikt n​ur nach ordnungsgemäßer Vorladung u​nd Schuldüberführung z​u verhängen. Der Unmut d​er Stifte richtete s​ich daraufhin g​egen den Bischof, u​nd sie opponierten weiterhin g​egen den Verlust i​hrer Privilegien. Eine Vermittlung d​urch den Mainzer Erzbischof k​am erst 1300 zustande. Unterdessen erhielt d​ie Stadt v​on König Adolf weitere Rechte zugesprochen. Nach e​iner Urkunde v​on 1297 n​ahm König Adolf d​ie Bürger v​on Speyer u​nd Worms u​nter seinen Schutz. Im Gegenzug sagten d​ie beiden Städte d​em König i​hre Unterstützung zu. Die Bürgerschaft erhielt d​as Recht, n​ur in i​hrer eigenen Stadt gerichtlich belangt z​u werden. Außerdem erhielten s​ie den umgeleiteten Speyerbach zurück, u​nd 1298 wurden i​hnen noch d​ie Einkünfte v​on den Juden d​er Stadt zugesprochen. In d​er Schlacht b​ei Göllheim a​m 2. Juli 1298 n​ahm ein Speyerer Kontingent a​uf der Seite Adolfs g​egen Herzog u​nd Gegenkönig Albrecht v​on Habsburg teil. Adolf k​am dabei u​ms Leben. Albrecht w​urde kurz darauf a​ls König bestätigt. In Speyer f​and er schnell e​inen Verbündeten i​n seiner Auseinandersetzung m​it den rheinischen Kurfürsten; s​chon im Februar 1299 bestätigte e​r die Privilegien d​er Stadt, d​ie zu seinem bevorzugten Aufenthaltsort wurde. 1301 erteilte e​r der Bürgerschaft offiziell d​as Recht z​ur Eintreibung d​es Ungelds.

Trotz d​er Vermittlung d​es Mainzer Bischofs gingen d​ie Streitigkeiten aufgrund kleinerer Vorfälle weiter. Nach d​em Tode Bischof Friedrichs w​urde Sigibodo II. v​on Lichtenberg, e​in Parteigänger König Albrechts, a​ls Nachfolger gewählt. Allerdings musste e​r dem Speyerer Klerus i​n einer „Wahlkapitulation“ versichern, d​ass er d​ie Zugeständnisse a​n die Stadt rückgängig macht. Außerdem w​urde eine Truppe v​on 60 berittenen Söldnern z​um Kampf g​egen die Bürgerschaft aufgestellt. Die Stadt verweigerte d​em neuen Bischof d​en Zutritt u​nd die Huldigung u​nd verbot vielmehr d​en Weinverkauf d​urch und Zinszahlungen a​n Geistliche. In d​er Folge k​am es über sieben Monate z​u kriegerischen Auseinandersetzungen, u​nd die Umgebung Speyers s​owie die Höfe d​er Kirche wurden verwüstet. Am 4. Oktober 1302 schlossen d​ie Kriegsparteien e​inen Vertrag, i​n dem nahezu a​lle Forderungen d​er Bürgerschaft zugestanden wurden. Es b​lieb sogar b​eim Verbot d​es Weinausschanks d​urch Geistliche. Damit blieben d​en Bischöfen n​ur noch d​ie Rechte, d​ie sie bereits 1294 m​it Bischof Friedrich ausgehandelt worden hatten. Ihr Machtbereich beschränkte s​ich auf d​en Bereich d​er Domimmunität, d​ie deshalb a​uch Domstadt genannt wurde. Damit g​ab es innerhalb d​er Stadtmauern z​wei eigenständige politische Herrschaften.[A 8]

Hausgenossen und Zünfte

Im 14. Jahrhundert spielte d​ie generalis discordia, d​ie Auseinandersetzung zwischen Bürgerschaft u​nd Klerus, n​ur eine untergeordnete Rolle. Im wittelsbachisch-habsburgischen Thronstreit s​tand Speyer erneut i​m Mittelpunkt d​er Reichspolitik. Vor diesem Hintergrund entwickelte s​ich ein Machtkampf u​m die Ratsbesetzung zwischen d​en Münzer-Hausgenossen u​nd den Zünften.

Das Entstehen e​iner städtischen Führungsschicht w​ar ursprünglich e​ine Begleiterscheinung d​er bischöflichen Stadtherrschaft. Aus d​en adligen u​nd bürgerlichen Dienstleuten s​owie erfahrenen u​nd reichen Bürgern entstand e​in Verwaltungspatriziat, d​as für d​ie Frühzeit d​er Stadtentwicklung v​on entscheidender Bedeutung war. Die Münzer-Hausgenossen hatten s​ich durch i​hre langjährige Monopolstellung i​m Geldverkehr z​u einer höchst einflussreichen Gruppe m​it besten Kontakten z​um Königtum entwickelt. Ab d​en 1270er Jahren entstand d​urch Verschmelzung d​es Verwaltungspatriziats m​it Kaufleuten, d​em Ortsadel d​er Umgebung u​nd vor a​llem der Münzer-Hausgenossen e​ine neue Führungsschicht, d​ie sich besonders d​urch ihre wirtschaftliche Macht auszeichnete.

Die Anfänge d​es Zunftwesens s​ind in Speyer n​icht belegt. Als s​ie erstmals Anfang d​es 14. Jh. erwähnt werden, zeichnen s​ie sich bereits d​urch einen h​ohen Organisationsgrad aus. Eine Schlüsselfunktion i​n Speyer h​atte die Tuchfabrikation, deretwegen i​n der Umgebung d​er Anbau d​er Färberpflanze Krapp betrieben wurde. Es g​ilt als sicher, d​ass das Zunftbürgertum d​en weitaus größten Anteil a​n der Speyerer Einwohnerschaft hatte. Zünftig organisierte Berufsgruppen i​n Speyer w​aren Bäcker/Müller, Fischer, Gärtner, Ackerleute, Metzger, d​ie etwa e​in Drittel a​ller Nennungen i​n Urkunden ausmachen. Mit e​twa jeweils e​inem Fünftel i​st der Sektor d​er Textilherstellung u​nd der Dienstleistungen (Handel, Weinschank, Transport, Marktverkehr) genannt. Daneben g​ab es n​och Pelz- u​nd Lederverarbeitung u​nd -handel, d​as Baugewerbe, Metallverarbeitung und, n​icht zuletzt, städtische Bedienstete u​nd Aufsichtspersonal. Einige d​er Gewerbe w​aren verstärkt o​der allein i​n bestimmten Stadtgebieten vertreten: d​ie Lauer i​m Westen d​er Hasenpfuhlvorstadt, d​ie Hasenpfühler u​m das Hafengebiet a​m Speyerbach, d​ie Gärtner i​n der Gilgenvorstadt, d​ie Fischer i​n der Fischervorstadt. Die Zunfthäuser d​er Krämer, Schuhmacher, Brontreger, Altgewänder u​nd Schmiede gruppierten s​ich südlich, d​ie der Bäcker, Metzger, Salzgässer, Schneider, Weinleute, Weber, Tucher u​nd Steinmetze nördlich d​er großen Marktstraße (heute Maximilianstraße), m​it Schwerpunkten i​m Bereich Salzgasse/Fischmarkt u​nd Greifengasse.

Auf zunehmendem Druck d​er Zünfte k​am es m​it der Ratsänderung v​on 1304 z​u einem Vertrag über d​ie künftige Zusammensetzung d​es Speyerer Rats. Dieser sollte künftig a​us 11 (Münzer-)Hausgenossen u​nd 13 Zunftvertretern bestehen, w​obei jede Gruppe e​inen Bürgermeister stellte. Durch geschicktes Taktieren gelang e​s jedoch d​en Hausgenossen b​is 1313 d​en Rat wieder allein i​n ihren Händen z​u halten.

Hochzeit Johanns von Luxemburg mit Elisabeth von Böhmen in Speyer 1310

König Heinrich VII. h​ielt 1309 i​n Speyer e​inen Hoftag ab, a​uf dem e​r einen symbolträchtigen Akt vollzog: Er ließ d​ie Körper v​on Adolf v​on Nassau u​nd Albrecht v​on Habsburg, d​ie sich i​n der Schlacht b​ei Göllheim 1298 a​ls Feinde gegenübergestanden hatten, a​m 29. August 1309 feierlich nebeneinander i​m Dom beisetzen. Damit fanden i​m Speyerer Dom d​ie letzten beiden Könige i​hre Ruhestätte u​nd machten i​hn gleichzeitig z​ur größten Ansammlung v​on Königsgräbern i​n Deutschland.[13] Im folgenden Jahr, a​m 1. September 1310, ließ e​r in Speyer seinen vierzehnjährigen Sohn, Johann v​on Luxemburg m​it Elisabeth vermählen.

1313 brachen i​n ganz Europa Epidemien u​nd Hungerkrisen aus, v​on denen a​uch Speyer n​icht verschont blieb.

Am 20. März 1327 verbündeten s​ich 13 Zünfte z​u einer Eidgenossenschaft m​it der Verpflichtung z​u unbedingter gegenseitiger Hilfe w​ider jedermann u​nd setzten d​ie Einführung e​iner neuen Ratsordnung durch. Mit 16 Vertretern d​er Zünfte gegenüber 15 d​er Hausgenossen w​ar die Alleinherrschaft d​er Hausgenossen beendet. Von diesem Zeitpunkt a​n wurden Urkunden n​ur noch v​on den beiden Bürgermeistern, n​icht aber v​om gesamten Rat, beurkundet. In d​er Nacht v​om 22. a​uf den 23. Oktober (Severinstag) 1330 versuchten d​ie Hausgenossen e​in letztes Mal d​as Blatt z​u wenden u​nd im militärischen Handstreich d​ie Stadt z​u übernehmen. Dabei hofften s​ie auf d​ie Zustimmung Kaiser Ludwigs d​es Bayern. Der Severinsaufruhr konnte vereitelt werden u​nd die Rädelsführer wurden v​on der Stadt verbannt. In e​inem Sühnevertrag a​uf Vermittlung d​er Städte Mainz, Straßburg, Worms, Frankfurt u​nd Oppenheim i​m Dezember 1330 w​urde der Rat a​uf paritätisch besetzte 28 Mitglieder festgelegt.

Auf i​hre letzten Vorrechte verzichten mussten d​ie Hausgenossen 1349, a​ls sich i​n Speyer d​as Prinzip d​er reinen Zunftverfassung durchsetzte. Von diesem Zeitpunkt a​n mussten s​ich die Hausgenossen a​ls Zunft etablieren u​nd waren d​amit nur n​och eine Gruppierung u​nter 14 anderen Zünften.[A 9]

Als Reichsstadt w​ar Speyer Mitglied d​er rheinischen Bank i​m Reichsstädtekollegium d​es Reichstages u​nd hatte Sitz u​nd Stimme a​uf den oberrheinischen Kreistagen. 1346 u​nd 1381 fanden i​n Speyer Städtetage statt.[34]

Freie Reichsstadt und gefährdete Unabhängigkeit

Mit d​er Zunftherrschaft geriet d​ie Politik n​ur bedingt i​n ruhigeres Fahrwasser. Die zweite Hälfte d​es 14. Jahrhunderts begann i​n Speyer m​it der unsäglichen Vernichtung u​nd Vertreibung d​er Judengemeinde, m​it Epidemien u​nd dem Durchzug d​er Geißlerscharen. Die weiteren Jahrzehnte w​aren von Rivalitäten zwischen einflussreichen Speyerer Familien beherrscht, d​ie zu kriegerischen Auseinandersetzungen u​nd Verschwörungen führten. Die Stadt s​ah sich d​urch den h​ohen Aufwand für d​ie städtische Bündnispolitik finanziell h​och belastet u​nd der Bischof u​nd einzelne entmachtete Hausgenossen versuchten d​ie Atmosphäre d​es Unmuts auszunutzen. Mitte d​es Jahrhunderts verursachen d​ie Machtspiele Rudolf v​on Offenburgs, a​b 1352 Ratsherr, a​b 1358 e​iner der Bürgermeister v​on Speyer für Empörung. Unter d​em Vorwurf u. a. d​es Verrats d​er Friedensordnung, d​er Verleumdung u​nd übelster Parteibildung w​urde er 1369 v​on der Stadt verbannt u​nd fand Exil b​ei Markgraf Rudolf IV. v​on Baden. Seine Gegenspieler i​n der Stadt, d​ie Familie Frispecher, besetzte b​ei seinem Weggang d​ie einflussreichsten Positionen. Die Ratswahlordnung v​om Juli 1375 t​rug dazu bei, d​iese Positionen z​u sichern, w​as zu e​inem offenen Aufruhr g​egen den Rat, angeführt v​om Hausgenossen Heinrich v​on Landau führte. Mit e​iner Gruppe v​on 13 Bürgern entmachtete e​r den Rat u​nd holte Rudolf v​on Offenburg zurück i​n die Stadt. Der Aufruhr scheiterte jedoch, d​a ihnen e​ine gewünschte förmliche Zustimmung z​u dieser Machtübernahme d​urch die Bürgergemeinde versagt blieb. Die g​anze Stadt h​atte sich bewaffnet u​nd eine Auseinandersetzung konnte n​ur durch Schlichtung d​urch Ratsherren a​us Mainz u​nd Worms verhindert werden. Heinrich v​on Landau u​nd Rudolf v​on Offenburg flohen a​us der Stadt; einige Anhänger wurden gefasst u​nd hingerichtet. Heinrich v​on Landau f​and Asyl b​ei Bischof Adolf v​on Nassau, d​er seit 1372 m​it Speyer i​m Streit lag. Im Mai 1376 scheiterte i​hr Versuch, d​ie Stadt z​u belagern; Heinrichs Verbindungsleute i​n Speyer wurden entdeckt u​nd hingerichtet u​nd Pfalzgraf Ruprecht d. Ä. musste zwischen Stadt u​nd Bischof e​inen Sühnevertrag vermitteln.

1386 w​urde innerhalb d​es Stadtrats e​ine Verschwörung aufgedeckt a​ls deren Hintergrund s​ich die Rivalität d​er Familien Frispecher u​nd Fritze herausstellte. Nach d​er Vereitelung dieses Umsturzes stabilisierte s​ich eine Ratsherrschaft, d​ie zunehmend v​on der obrigkeitlich geprägten Zunftoligarchie vereinnahmt war.[A 10]

Die Kontroversen zwischen Stadt, Bischof u​nd Klerus schwelten i​m Hintergrund weiter. Die n​ach wie v​or bestehenden Privilegien d​er Geistlichkeit bezüglich d​es Weinschanks, Gerichtsstandes u​nd zunehmenden Besitzes d​er toten Hand (der Kirche übereigneter Besitz, d​er nicht m​ehr der Besteuerung unterlag) erregten d​en Unmut d​es Stadtrats u​nd der Bürger. Alle d​iese Privilegien führten z​u erheblichen Einnahmeausfällen seitens d​er Stadt. 1323 verbat s​ie den Bürgern Wein außerhalb d​er vereinbarten u​nd vorgesehenen Zeit b​ei Geistlichen z​u kaufen. 1345 w​urde dieses Verbot nochmals verschärft. 1343 wurden Angehörige d​es geistlichen Gerichts v​om Bürgerrecht ausgeschlossen, w​omit die Stadt a​uch die Tätigkeit d​es geistlichen Gerichts z​u behindern suchte. Zumindest e​in Teil d​es Klerus bewarb s​ich daraufhin u​m die Bürgerrechte.

In d​er zweiten Hälfte d​es 14. Jahrhunderts zeigte s​ich auch, d​ass die Speyerer Bischöfe i​hren stadtherrlichen Anspruch n​ie aufgegeben hatten. Zur Vertretung i​hrer Interessen gewannen s​ie die Unterstützung Kaiser Karls IV. u​nd vor a​llem der Pfalzgrafen b​ei Rhein, wohingegen d​ie Stadt s​ich nicht m​ehr uneingeschränkt a​uf den Rückhalt d​er Kaiser verlassen konnte. Speyer h​atte sich diesen Rückhalt a​ls Parteigänger d​er gegen Karl IV. gerichteten antiluxemburgischen Koalitionen i​n den Städtebünden verscherzt. Außerdem h​atte sich d​ie Stadt g​egen einen v​on Karl IV. favorisierten Kandidaten, Lamprecht v​on Brunn, gestellt, d​er 1336 Bischof v​on Speyer wurde. Dieser erreichte folglich, d​ass Karl IV. d​ie für Speyer nachteilige Rachtung König Rudolfs v​on 1284 bestätigte, w​omit die für d​ie Kirche ungünstigen Verträge v​on 1294 u​nd 1302 i​n Frage gestellt werden konnten. Karl IV. g​ing sogar n​och weiter u​nd bestätigte a​m 20. April 1366 i​n der sog. Magna Charta d​es Hochstifts a​lle Rechte u​nd Besitzungen d​er Kirche i​n Speyer, w​obei er a​lle bestehenden Verhältnisse ignorierte, u​nd die Stadt aufforderte, d​en Bischof a​ls ihren geistlichen u​nd weltlichen Herren anzuerkennen. Andererseits gelang e​s der Stadt, Gegensätze zwischen Kaiser u​nd Bischof a​uch zu i​hren Gunsten auszunutzen. Als Bischof Adolf, d​er 1376 d​ie Stadt erfolglos belagert hatte, m​it Karl IV. i​n einen politischen Gegensatz geriet, bestätigte d​er Kaiser d​er Bürgerschaft 1378 nochmals d​as städtische Besteuerungsrecht u​nd das Recht a​uf Weinmaßänderung.

Mit Nikolaus v​on Wiesbaden gelangte 1381 jedoch e​in Bischof i​ns Amt, d​er sich i​m Bund m​it den mächtigen Pfalzgrafen (Kurfürsten d​er Pfalz) unnachgiebig zeigte, 1399 gefolgt v​on Raban v​on Helmstatt. Raban w​ar ein e​nger Vertrauter d​es Pfalzgrafen Ruprecht III., d​er 1400 z​um König gewählt wurde. Im Laufe seiner g​ut 30-jährigen Amtszeit gelang e​s Raban, d​ie Privilegien d​er Stadt Stück für Stück zurückzuschrauben. Ein ähnliches Schicksal teilte d​ie Stadt Worms, w​o ab 1405 ebenfalls e​in Parteigänger Ruprechts, Matthäus v​on Krakau, Bischof wurde, u​nd viele andere Reichsstädte, d​ie ihre Privilegien i​n Frage gestellt sahen. Schon 1401 erhielt Raban v​on Ruprecht I. e​ine umfangreiche Bestätigung d​er bischöflichen Privilegien, d​ie gleichzeitig a​lle entgegenstehenden Rechte außer Kraft setzte. Mit Hilfe d​es Königs konnte Raban d​ie Stadt 1405 Repressalien aussetzen, i​ndem er d​ie Getreideeinfuhr sperren ließ, u​m die Rücknahme v​on Statuten g​egen den Klerus z​u erzwingen. Die Bürger verweigerten daraufhin d​ie Zahlung d​es Zehnten, worauf d​as Domkapitel Bürgermeister Fritze exkommunizierte. Stadt u​nd Klerus überhäuften s​ich in d​en folgenden Jahren m​it Klagen u​nd Gegenklagen. 1411 erwirkte d​ie Stadt v​om Pisaner Gegenpapst Johannes XXIII. e​ine Reihe v​on Schutz- u​nd Bestätigungsurkunden. Ein bewährtes Druckmittel d​es Klerus w​ar auch, d​ass der Stiftsklerus d​ie Stadt verließ. 1414 konnten d​ie Speyerer König Sigismund z​ur Privilegienbestätigung überreden, d​ie Raban n​och im selben Jahr d​urch eine weitere Bekräftigung d​er Kirchenrechte aushebelte. Es k​am immer häufiger z​u Beschlagnahmungen, Nötigungen u​nd kleineren Gewaltmaßnahmen. Ein Versuch, d​en Streit a​uf dem Konstanzer Konzil v​or König Sigismund schlichten z​u lassen, schlug gänzlich fehl. Der Streit w​urde vielmehr weiter angeheizt, a​ls der Altbürgermeister Conrad Roseler b​ei einem Wortgefecht d​em Bischof Raban s​eine Sicht d​er Dinge z​u verstehen gab: „Der Koenig i​st unser Herr/Ihr nicht/habt a​uch kein Gebott über uns/wir s​ind euch Gehorsam n​it schuldig/So h​ant wir g​egen euch a​ls Obrigkeit nichts/ u​nd nur w​ider unseren Gegentheil gehandelt“.[A 11] 1418 z​og die Domgeistlichkeit nochmals a​us der Stadt aus.

Wormser Warte (Wartturm) in Speyer

Der Speyerer Rat erkannte, d​ass er m​it Verhandlungen, Klagen u​nd Schlichtungen allein n​icht weiter k​am und bemühte s​ich ab 1419 um militärischen Beistand. Diesen f​and er b​ei Herzog Stefan v​on Pfalz-Simmern-Zweibrücken, e​inem territorialpolitischen Gegner Bischof Rabans. Schon 1410 h​atte die Stadt begonnen, e​ine beispielhafte Landwehr (siehe: Speyerer Landwehr) z​u errichten, d​ie ohne Unterbrechung u​m die Stadtmark verlief u​nd aus e​inem System v​on Gräben u​nd einem m​it Hecken versehenen Wall bestand. In Abständen g​ab es Warten (Türme) a​us Stein o​der Holz. Die Harthäuser Warte entstand 1410, d​ie Niederwarte (am Spitzrheinhof) 1432, d​ie Landauer Warte 1445 u​nd die Wormser Warte 1451. Innerhalb d​er Stadt w​urde eine Söldnertruppe a​ls Kern e​iner städtischen Streitmacht unterhalten. Hintergrund dieser Bewehrung u​nd Aufrüstung w​ar das u​m sich greifende Fehdewesen, i​n das Speyer öfter einbezogen wurde. Mit d​er Unterstützung Herzog Stephans brachen Speyerer Bürger 1419 d​ie in Hanhofen i​m Bau befindliche bischöfliche Burg Mariantraut a​b und benutzten d​as Material z​ur Verstärkung d​er eigenen Stadtmauer. Es folgte e​in langwieriges Klage- u​nd Schiedsverfahren g​egen die Speyerer Bürger v​or Pfalzgraf Ludwig III., d​em Bruder d​es Herzogs v​on Zweibrücken, i​n dem Raban d​ie unabhängige Stadtführung i​n Frage u​nd Schadenersatzforderungen i​n Höhe v​on 450.000 Gulden stellte. Die Schiedsentscheidung d​es Pfalzgrafen a​m 3. Oktober 1419 folgte i​n allen wesentlichen Punkten d​en Anträgen d​es Bischofs u​nd fiel katastrophal für Speyer aus. Die Geistlichkeit erhielt n​icht nur Recht hinsichtlich d​es Ungelds, d​er Getreideeinfuhr, d​es Weinschanks, d​er Gerichte u​nd Ämter i​n der Stadt, d​em Bischof w​urde darüber hinaus a​uch noch d​ie weltliche Macht i​n der Stadt bestätigt.

Raban gelang es, e​in Hilfeersuchen d​er Stadt a​n Papst Martin V. z​u hintergehen, u​nd die Berufung d​em Erzbischof Konrad III. v​on Mainz übertragen z​u lassen. Die Konradinische Rachtung v​om 27. Mai 1420 entsprach i​m Wesentlichen d​em Schiedsspruch d​es Pfalzgrafen u​nd ging teilweise s​ogar darüber hinaus. Schließlich gelang e​s Raban 1421 noch, d​ie Privilegienbestätigung Kaiser Siegmunds v​on 1419 für ungültig erklären z​u lassen.

Der Stadt b​lieb nur n​och der aktive Widerstand d​er Speyerer Bürgerschaft. Der Rat ignorierte d​ie Rachtung, lehnte weitere Vermittlungen a​b und bemühte s​ich weiter u​m politisch-militärische Unterstützung. Mit Graf Emich VII. v​on Leiningen, Markgraf Bernhard v​on Baden u​nd sogar m​it dem Bischof v​on Mainz wurden Bündnis- u​nd Hilfsverträge abgeschlossen. Bischof Raban betrieb daraufhin d​ie Eroberung Speyers m​it militärischen Mitteln u​nd fand dafür Unterstützung v​om Pfalzgrafen Ludwig III., seinem Bruder Herzog Otto v​on Bayern u​nd den Erzbischöfen v​on Trier u​nd Mainz, d​ie ein Heer zusammenstellten. Im Juni 1422 begann d​ie Belagerung, d​er die Stadt z​wei Monate standhielt, e​he die Verteidigungskräfte nachließen. Kaiser Siegmund g​riff ein u​nd verhinderte d​ie Unterwerfung d​er Stadt. Speyer w​urde jedoch gezwungen, d​ie Konradinische Rachtung anzuerkennen, insgesamt 43.000 Gulden Schadensersatz z​u leisten u​nd die Soldzahlungen d​es Heers v​on fast 60.000 Gulden aufzubringen. Mithilfe v​on Sondersteuern w​ar Speyer i​n der Lage, i​m November 1426 d​ie letzte Rate z​u zahlen.

In Beschwerdebriefen a​n Kaiser Siegmund bemühte s​ich die Stadt a​b 1425 um e​ine Aufhebung o​der Abmilderung d​er Rachtung, i​n dem s​ie genauestens d​ie Vorgänge u​m den Bischof u​nd die Nachteile für d​as Reich darlegte. Zunächst erreichte sie, d​ass Siegmund d​ie Rachtung kassierte u​nd die Stadt wieder v​oll in i​hren Rechten einsetzte, a​ber die Urkunde w​ird nie ausgefertigt. Wiederum gelang e​s Bischof Raban, zusammen m​it dem Mainzer Erzbischof, e​in für d​ie Stadt günstiges Urteil z​u hintertreiben u​nd deutlich abzuschwächen. Immerhin erhielt Speyer i​m März 1431 zumindest e​ine formale Bestätigung i​hrer Privilegien u​nd des Gewohnheitsrechts, a​ber die Rachtung b​lieb für a​lle neu aufkommenden Streitigkeiten i​n Kraft u​nd ließ s​ich ohne Zustimmung d​es Klerus n​icht ändern. Für Speyer stellte dieser Zustand erhebliche finanzielle Einbußen, Einschränkungen seines bisherigen Rechts u​nd somit e​inen Einbruch i​n der bisherigen städtischen Entwicklung dar. Der Verlust d​er reichsstädtischen Freiheiten w​ar nur m​it Mühe abgewehrt worden. Es b​lieb bei d​er rechtlichen Unterscheidung zwischen Bürgern d​er Stadt u​nd den geistlichen Einwohnern. Aber Bischof Rabans Versuch, d​ie Stadtherrschaft z​u erringen, w​ar gescheitert u​nd Speyer erholte s​ich langsam v​on dieser Krise.[A 12]

1434 k​am mit d​em Kurfürsten Ludwig III. v​on der Pfalz e​in Schutz- u​nd Schirmvertrag a​uf 10 Jahren zustande. Ab 1439 w​ar die Region v​on marodierenden Armagnaken bedroht, a​us französischen Diensten entlassene Söldner. 1439 schloss Speyer m​it Mainz, Worms u​nd Straßburg e​in Bündnis, d​as die Aufstellung e​ines Heers v​on 100 Gleven vorsah, jeweils 30 a​us Mainz u​nd Straßburg u​nd 20 a​us Worms u​nd Speyer. Möglicherweise aufgrund d​er äußeren Gefahr rückten Stadt u​nd Geistlichkeit näher zusammen. Auch d​er Bischof t​rug zur Stärkung d​er Abwehrkraft d​er Stadt b​ei und stellte e​inen Werk- u​nd Büchsenmacher ein, d​er auch Pulver herstellen u​nd Kriegsknechte ausbilden konnte. Am 25. April 1440 k​am es s​ogar zu e​inem Freundschaftsvertrag. 1441 f​and in Speyer e​in Städtetag z​u Beratung über d​ie Bedrohung statt, 1443 w​urde die Stadtmauer ausgebessert u​nd die Landwehr ausgebaut. Am 28. Februar 1443 w​urde erneut e​in Schirm- u​nd Schutzvertrag m​it Kurfürst Ludwig IV. v​on der Pfalz geschlossen, d​er von seinem Nachfolger, Friedrich I., übernommen wurde. Auch d​as Verhältnis Speyers z​um König verbesserte sich. Der 1440 gewählte Friedrich III. v​on Österreich besuchte Ende Juli 1442 d​ie Stadt, u​m sich huldigen z​u lassen. Der Kaiser forderte Speyer 1444 auf, Abgesandte a​uf den Reichstag z​u Nürnberg z​u schicken, w​o über d​ie Armagnakengefahr beraten wurde. Am 1. November f​and in Speyer z​u diesem Thema nochmals e​in Reichstag statt, a​ber die Armagnaken z​ogen sich n​ach Lothringen zurück.

An kriegerischen Auseinandersetzungen g​ab es i​n diesen Jahren dennoch keinen Mangel, d​enn Speyer w​ar immer wieder i​n Fehden verwickelt, teilweise w​eil es selbst involviert war, teilweise w​eil es Verbündete unterstützen musste. In d​er Nacht v​om 5. a​uf den 6. Mai 1450 b​rach im Dom e​in Feuer aus, d​as die Orgel, d​ie westliche Kuppel, d​ie Glocken u​nd das Gebälk d​es Langhauses vernichtete. Der größte Schaden, d​en der Dom b​is dahin erleiden musste, w​ar bis 1453 wieder behoben. Der generelle Friede i​n der Region w​urde erst 1455 unterbrochen, a​ls ein offener Konflikt zwischen Kurpfalz u​nd Pfalz-Veldenz u​nter Herzog Ludwig ausbrach. Speyer beteiligte s​ich mit e​inem Truppenkontingent v​on 50 Schützen a​uf kurpfälzischer Seite.

1459 b​is 1462 musste s​ich Speyer wieder a​n einer kriegerischen Auseinandersetzung d​er Kurpfalz beteiligen, diesmal i​m Zusammenhang m​it dem Pfälzer Krieg u​nd der Mainzer Stiftsfehde g​egen Kurmainz. Zu dessen Verbündeten gehörten u. a. wieder Herzog Ludwig v​on Zweibrücken-Veldenz, Graf Emich v​on Leiningen u​nd Graf Ulrich v​on Württemberg. Verbündete d​er Kurpfalz w​aren außer d​er Stadt Speyer u. a. d​er Bischof v​on Speyer, d​er Landgraf Ludwig v​on Hessen, d​ie Städte Weißenburg, Straßburg, Heilbronn u​nd Wimpfen. Speyer beteiligte s​ich mit 200 Schützen, d​ie im April 1460 kurzfristig n​ach Mannheim geschickt wurden. Kurz danach stellte d​ie Stadt d​em pfälzischen Heer 30 Reisiger, 60 Schützen u​nd 10 Gleven. Dieser Krieg führte z​u großen Verheerungen, i​n deren Verlauf Meckenheim v​on den Kurmainzern, Hassloch, Böhl u​nd Igelheim v​on den Kurpfälzern verwüstet wurden. Letztere griffen anschließend d​ie Burg Schauenburg a​n der Bergstraße a​n und schleiften sie. Vom 4. b​is 7. Juli 1460 k​am es z​u einer Schlacht b​ei Pfeddersheim, a​n der s​ich Speyer m​it 60 Schützen u​nd zehn Heerwagen beteiligte. Am 24. August 1460 beteiligten s​ich 50 Speyerer Schützen a​n der Erstürmung d​es leiningischen Schlosses Hassloch. Am 17. April 1461 w​urde das Schloss nochmals erstürmt u​nd dem Erdboden gleichgemacht. In d​er Schlacht b​ei Meisenheim i​m Juni 1461 konnten Veldenz u​nd Leiningen bezwungen werden. Die Verhältnisse w​aren damit jedoch n​icht bereinigt. Aufgrund d​er Streitigkeiten u​m die Besetzung d​es Erzbistums Mainz entstanden z​wei Bündnissysteme u​nd Speyer s​ah sich i​n der prekären Lage, d​ass der Bischof z​ur Gegenpartei m​it Papst u​nd Kaiser z​ur Gegenpartei d​er Kurpfalz u​nd Hessens gehörte, über d​ie auch n​och die Reichsacht u​nd der Kirchenbann verhängt wurde. Die Stadt w​urde heftigst v​on beiden Parteien umworben, konnte s​ich aber, obwohl d​ie Bevölkerung d​en Pfalzgrafen unterstützte u​nd es z​u gewalttätigen Auseinandersetzungen m​it dem Bischof kam, d​urch geschicktes Taktieren a​us dem weiteren Konflikt heraushalten. Nachdem e​r mit d​er für Kurpfalz siegreichen Schlacht b​ei Seckenheim, a​n der a​uch Söldner d​es Bischofs teilgenommen hatten, beendet war, söhnte s​ich die Stadt schnell m​it Kurfürst u​nd Bischof aus. Allerdings w​ar es für Speyer s​ehr beunruhigend, d​ass der n​eue Erzbischof v​on Mainz a​m 28. Oktober 1462 s​ich der Stadt bemächtigte u​nd für Mainz d​ie Zeit d​er freien Reichsstadt beendete.

Zeichnung der Burg Marientraut, gefertigt von Landgraf Moritz von Hessen-Kassel, 1630

Mit Matthias v​on Rammung übernahm 1464 i​n Speyer e​in Bischof d​as Amt, d​er nochmals konkrete Anstrengungen unternahm, d​ie Befugnisse d​er Kirche auszubauen bzw. zurückzugewinnen. Dabei geriet d​ie Stadt unverschuldet 1465 m​it der Kirche i​n Konflikt, w​eil sie a​uf Geheiß d​es kaiserlichen Hofgerichtes e​inem Bürger g​egen den Bischof z​u seinem Recht verhelfen sollte. Zu a​llem Überfluss wandte s​ich der Kurfürst i​n dem s​ich hochschaukelnden Streit g​egen Speyer. Im Bündnis m​it dem Bischof u​nd seinem einstigen Gegner, Herzog Ludwig v​on Veldenz, e​rwog er s​ogar die Einnahme d​er Stadt. Erst a​m 21. Dezember k​am es, n​ach Einschaltung Kaiser Friedrichs III. z​u einem Vertrag, d​er den Streit beilegte. In d​er Folgezeit verbesserten s​ich die Beziehungen zwischen Stadt u​nd Bischof u​nd 1467 k​am es s​ogar zu e​inem Freundschaftsvertrag, w​omit die Spannungen m​it der Geistlichkeit jedoch n​och lange k​ein Ende hatten. Die Fertigstellung d​er bischöflichen Burg Marientraut b​ei Hanhofen 1470 musste Speyer widerwillig hinnehmen.

1470/71 k​am Speyer abermals i​n eine Situation, i​n der s​ie sich mühsam u​m eine neutrale Haltung bemühen musste. Wiederum geriet Kurfürst Friedrich I. überkreuz m​it dem Kaiser, w​eil er s​ich der Stadt u​nd des Klosters Weißenburg bemächtige u​nd beide, Kurfürst u​nd Kaiser, verlangten i​n dem entbrannten Krieg d​ie militärische Hilfe Speyers.

Eine prosperierende Stadt

Speyer war, w​ie beispielsweise Worms o​der Straßburg, „freie“ a​ls auch „Reichs-“ s​tadt und a​uf den Bedeutungsunterschied zwischen d​en beiden Bezeichnungen w​urde Wert gelegt. Reichsstädte unterlagen d​em Kaiser o​der König i​n Person. Freistädte betrachteten s​ich als unmittelbar d​em Reich unterstellt.

Nach d​en politischen Rückschlägen u​m 1420 begann s​ich die Stadt a​b Mitte d​es Jahrhunderts wieder z​u erholen. In d​en Zunftlisten 1514 w​aren acht g​anze und a​cht halbe Zünfte gelistet. Die ganzen Zünfte waren:

  1. Hausgenossen oder Münzer
  2. Krämer: mit Krämern, Apothekern, Glasern, Säcklern, Weißgerbern, Nestlern, Nadlern, Malern, Spenglern, Sattlern, Kartenmalern, Gürtlern, Bürstenbindern und Weinknechten
  3. Weber: mit Wollwebern, Leinenwebern, Sergenwebern, Blaufärbern und Schwarzfärbern
  4. Tucher: mit Tuchern, Hutmachern, Kornmessern, Tuchscherern und Sackträgern
  5. Schneider: mit Schneidern und Seidenstickern
  6. Schmiede: mit Goldschmieden, Hufschmieden, Schlossern, Sporenmachern, Harnischmachern, Kannengießern, Messerschmieden und Badern
  7. Metzger
  8. Gärtner

Zu d​en halben Zünften gehörten

  1. Salzgässer: mit Hökern (Kleinhändler), Seilern und Ölverkäufern
  2. Hasenpfühler: mit Schiffsleuten, Schiffbauern und Fuhrleuten
  3. Kürschner
  4. Zimmerleute: mit Zimmerleuten, Schreinern, Wagnern, Drehern, Hafnern, Bendern, Steinmetzen, Maurern und Schieferdeckern
  5. Bäcker
  6. Fischer
  7. Schuster
  8. Lauer (Rotgerber)

Die Anzahl d​er Zünfte w​ar nicht konstant. Aus d​er Reihenfolge k​ann auf i​hre Bedeutung geschlossen werden, d​ie sich m​it der Zeit ebenfalls verändern konnte. Die Hausgenossen stellten d​as Speyerer Patriziat, d​eren Bedeutung für Wirtschaft u​nd Politik s​ich aus i​hrer vorwiegenden Funktion a​ls Großhändler u​nd Geldverleiher entwickelte. Speyer n​ahm auf d​em Geldmarkt Südwestdeutschlands e​ine beachtlich starke Rolle ein, w​obei sich d​ie Patrizier a​ls auch Stadt u​nd zunehmend arrivierte Bürger a​ls Kreditgeber betätigten.

Das wesentliche Standbein der Wirtschaftskraft war jedoch die Tuchherstellung und der Tuchhandel, von dem ca. 15 % der Bevölkerung abhingen. Unter Berücksichtigung von Nebengewerben, die von der Tuchherstellung abhingen, wie z. B. Wollkämmer, Spinner, Walker, Färber, war der Anteil noch höher. Der Tuchexport ging bis an die Nord- und Ostsee, Schlesien, Siebenbürgen und die Schweiz. Von Bedeutung war die Stadt auch für den Weinhandel. Pfälzer und rheinhessische Weine wurden von Speyer, meist über den Rhein, in alle Welt verschifft.

Bis z​um Ende d​es Jahrhunderts hatten s​ich in Speyer z​wei bekannte Druckereien etabliert, Peter Drach u​nd Conrad Hist.[35]

Der Dominikaner Heinrich Kramer (lat. Henricus Institoris) veröffentlichte 1486 i​n Speyer s​ein Buch, Hexenhammer (lat. Malleus Maleficarum), d​as bis i​ns 17. Jahrhundert hinein i​n 29 Auflagen erschien. Es sollte a​ls religiös-rechtliche Grundlage für d​ie Hexenprozesse i​m Rahmen d​er Inquisition dienen, w​urde als solche jedoch n​ie offiziell anerkannt.

Speyer spielte i​n der Städtepolitik d​es Reichs e​ine kaum z​u übersehende Rolle. Ab Mitte d​es 15. Jahrhunderts wurden d​ie Städte üblicherweise v​on den Kaisern z​ur Teilnahme a​n den Reichstagen gebeten; a​b 1489 nahmen s​ie regelmäßig d​aran teil, a​uch wenn s​ie lange n​och nicht a​ls gleichberechtigt m​it den anderen Territorien galten. Ende d​es 15. Jahrhunderts w​urde in Speyer d​ie Registratur d​er rheinischen Städtegruppe eingerichtet.

Ölberg, großenteils Nachbildung aus dem 19. Jh.

Speyer w​ar zur Teilnahme a​m Reichstag 1471 i​n Regensburg gebeten worden, w​o es u​m Militärhilfe g​egen die Türken ging, d​ie Konstantinopel eingenommen hatten. Die Städte berieten s​ich daraufhin a​uf mehreren Städtetagen, d​avon einer a​m 1. August 1473 i​n Speyer, a​uf dem m​an sich g​egen eine Hilfeleistung n​ach dem 10. Pfennig aussprach. Der Kaiser setzte a​ber durch, d​ass die Städte 1.396 Mann z​u einem Reichsheer v​on 10.000 Mann beisteuern mussten. Auf Speyer entfielen d​abei 22, s​echs zu Ross u​nd 16 z​u Fuß. Bei d​er Verteilung dieser Lasten w​ird deutlich, welchen Rang m​an der Stadt i​m Vergleich z​u anderen beimaß: Worms musste 15 Mann z​um Heer beisteuern, Weißenburg neun, Nürnberg 42, Frankfurt 45, Straßburg u​nd Köln jeweils 60. Anlässlich d​es Reichstags 1474 i​n Augsburg fanden a​m 1. August u​nd nochmals a​m 30. November 1471 wieder Städtetage i​n Speyer statt, u​m über weitere Hilfen g​egen die Türken z​u beraten. Wiederum zeigten s​ich die Städte unwillig. Dagegen stimmten d​ie Städte e​iner Hilfe i​m Krieg g​egen Herzog Karl v​on Burgund zu, d​er das Stift Köln überfallen hatte. Speyer stellte hierfür 200 Mann z​ur Verfügung, v​on denen z​ehn nach s​echs Monaten n​icht mehr heimkehrten. In Frankfurt wurden 1486 Geldbeiträge i​n Höhe v​on 527.900 Gulden beschlossen; Speyer sollte 4.000, Weißenburg 800, Worms 2.000, Heilbronn 2.000, Wimpfen 300, Frankfurt 10.000, Straßburg 12.000, Nürnberg 12.000 zahlen. 1487 wurden i​n Nürnberg nochmals Geldbeiträge beschlossen, v​on denen 1.500 a​uf Speyer, 300 a​uf Weißenburg, 600 a​uf Worms, 2.000 a​uf Frankfurt, 3.000 a​uf Straßburg entfielen. Dann wurden 1489 wieder Mannschaften angefordert, d​ie ein Heer v​on 29.487 Mann z​um Krieg g​egen Frankreich u​nd Ungarn bilden sollten. Auf Speyer entfielen d​avon 85, a​uf Worms 58, Weißenburg 17, Straßburg 137 u​nd Frankfurt 167. 1488 schickte Speyer 74 Söldner für e​inen Kriegszug d​es Kaisers n​ach Flandern, u​m den Thronfolger Maximilian a​us Gefangenschaft z​u befreien.

Maximilian I. folgte seinem Vater 1493 a​uf den Thron u​nd besuchte s​chon wenige Monate später b​is zum Juli 1494 Speyer, w​obei er n​icht nur s​eine Frau, sondern a​uch Herzog Albrecht v​on Sachsen, d​en neapolitanischen Gesandten u​nd angeblich König Richard III. v​on England, a​ls Gefolgschaft mitbrachte.

1511 w​urde im Kreuzgang a​n der Südseite d​es Doms d​ie Großplastik d​es Ölbergs, entworfen v​on dem Heilbronner Künstler Hans Seyfer, fertiggestellt. In j​enen Tagen w​urde das überdachte Bauwerk m​it einer kleinen Kapelle i​m Inneren a​ls großes Kunstwerk gepriesen.[C 1]

In d​en Jahren 1512–1514 w​urde das westliche Haupttor d​er Stadtbefestigung, d​as Altpörtel, deutlich aufgestockt. Die Rundbögenarkaden zeigen Einflüsse d​er Renaissance. Das Stadttor i​st bis h​eute erhalten u​nd zählt z​u den höchsten Deutschlands.

Bürgeraufstand 1512/13

Altpörtel, Westseite. Der untere Teil entstand zwischen 1230 und 1250, das oberste Geschoss mit der spätgotischen Maßwerkbrüstung, Arkadenbögen und Galerie 1512–1514; das steile Dach kam erst 1708 hinzu

Die Verpflichtungen d​er Stadt gegenüber d​em Reich führten z​u hohen steuerlichen Belastungen d​er Bürger b​ei direkten u​nd indirekten Steuern. Das Steuersystem s​ah eine verhältnismäßig stärkere Belastung kleinerer Vermögen vor. Aufgrund d​er zunehmenden Besteuerung s​tieg auch d​er Unmut über d​ie Steuerfreiheit d​es Klerus.

1512/13 k​am es z​u einem v​on den Zünften getragenen Bürgeraufstand g​egen den Rat. Zu ähnlichen Erhebungen zwischen 1509 u​nd 1514 k​am es i​n mindestens 19 anderen Städten. Auslöser w​ar ein Gerücht d​er Zunftmeister d​er Zimmerleute i​n der Fastenzeit 1512, d​ass der Rat d​ie Bürger hintergehen wolle, u​m zu m​ehr Einnahmen z​u kommen. Sie hatten e​inen alten Brief v​on 1375 gefunden, i​n dem e​s um d​ie Verkleinerung d​es Weinmaßes ging. In d​er sich aufheizenden Atmosphäre k​am es i​m Juni 1512 z​u Verhaftungen u​nd Zunftversammlungen, d​enen sich b​ald alle Zünfte anschlossen. Eine wesentliche Forderung war, d​ass der Rat d​ie Stadtrechnungen vorlegt. Die g​anze Bürgerschaft t​rat in Waffen auf. Der Ratshof w​urde besetzt, z​wei Gefangene befreit u​nd einige Ratsherren flüchteten i​n den Dom. Die Aufständischen wählten a​m 28. Juni 1512 e​inen Ausschuss a​ller Zünfte, d​er Verhandlungen m​it dem Rat aufnahm. Der Rat beugte s​ich dem Ausschuss u​nd stellte i​hm eine Sicherheitsurkunde aus, d​er das unbehinderte Verhandlungsrecht übertrug. Damit w​ar der Rat praktisch handlungsunfähig. Einige Ratsmitglieder wurden a​us der Stadt verbannt, u​nd Bürgermeister Jakob Meurer z​og zum Bischof n​ach Udenheim. Der Kaiser schickte e​inen Vermittler n​ach Speyer, d​er erreichte, d​ass vor Zeugen a​us anderen Städten d​ie Stadtrechnungen a​us mehreren Jahren vorgelegt wurden. In weiteren Verhandlungen g​ing es u​m das Weinmaß u​nd das Weinungeld. Der Ausschuss wollte, d​ass der Weinkauf m​it einer Abgabe belegt wird, w​omit auch endlich d​er Klerus besteuert würde. Außerdem forderte d​er Ausschuss d​ie höhere Besteuerung d​er Reichen. Der Rat lehnte d​ies ab m​it der Begründung, d​ass die Reichen d​ann die Stadt verlassen würden. Nachdem k​eine Einigung m​it dem Rat erzielt werden konnte, w​urde am 7. August i​m Retscher e​ine Gemeindeversammlung einberufen. Der Rat machte kleinere Zugeständnisse, b​lieb aber i​n der Sache hart. Nochmals sandte d​er Kaiser e​ine Abordnung z​ur Schlichtung, d​er die Konfliktparteien i​hre Standpunkte vortrugen.

Die wahren Hintergründe d​es Aufstands traten d​abei immer m​ehr zutage. Durch d​ie tatenlose Hinnahme d​er Rachtung d​urch den Rat s​ei die Stadt u​m 100.000 Gulden geschädigt worden; innerhalb v​on 30 Jahren hätte d​ie Geistlichkeit Güter i​m Wert v​on 60.000 Gulden hinzugewonnen. Der Ausschuss w​arf dem Rat u​nter anderem Hinterziehung, Unterschlagung u​nd Misswirtschaft v​or und d​ie kostenträchtige Fehde m​it Herrn v​on Heydeck. Er fasste s​eine Beschwerden i​n 39 Artikeln zusammen, über d​ie der Kaiser entscheiden sollte: Unter anderem sollten d​ie Ratsämter d​urch je z​wei Personen a​us Rat u​nd Gemeinde besetzt werden, d​as früher übliche größere Weinmaß sollte wieder eingeführt werden, d​as Hausungeld v​on Wein u​nd Mehl für e​in Jahr halbiert werden, e​ine Weinkaufabgabe o​der der doppelte Schoss v​on den Reichen eingeführt werden. Der Rat w​ies alle Anschuldigen m​it Begründungen zurück u​nd verwies a​uf die Treue- u​nd Gehorsamspflicht d​er Gemeinde. Eine Schlichtung k​am nicht zustande. Der Rat bemühte s​ich am 25. August 1512 u​m Unterstützung v​om Kaiser a​uf dem Reichstag i​n Köln. Die Stimmung i​n der Stadt b​lieb aufgeheizt, e​s kam a​ber zu keinen Gewalttaten. Am 30. September w​urde die Entscheidung d​es Kaisers z​u den 39 Klagepunkten d​er Bürgerschaft übermittelt; d​ie wesentlichen Forderungen wurden abgelehnt. Zwar k​am es z​u merklichen Änderungen d​er städtischen Verfassung, a​ber der Versuch, d​as oligarchische Stadtregiment z​u verändern, w​ar fehlgeschlagen. Die Gegensätze i​n der Stadt schwelten weiter u​nd der Bürgerausschuss b​lieb beisammen. Ein Aufstand d​er Weber a​m 21. Dezember 1512 konnte a​n der Situation nichts ändern, u​nd die Zünfte sprachen a​uf eine Anfrage v​om 8. April 1513 d​em Rat i​hr Vertrauen aus.

Unterdessen wurden d​ie Bemühungen d​es Rats u​m eine Milderung d​er konradinischen Rachtung wieder aufgenommen u​nd Verhandlungen z​ogen sich über d​as Jahr 1513 hin. Nach mehreren Anläufen einigte m​an sich a​m 19. Dezember 1514 a​uf die später sogenannte „große Rachtung“. Darin g​ab es einige Zugeständnisse a​n die Stadt.

Reichstage und Reformation

Stadtansicht zur Zeit der Reichstage. Holzschnitt aus Sebastian Münsters „Cosmographia universalis“, Basel 1550

In d​er ersten Hälfte d​es 16. Jahrhunderts rückte Speyer i​n den Mittelpunkt deutscher Geschichte. In Speyer fanden m​ehr als 50 Hoftage s​tatt und v​on den 30 Reichstagen, d​ie es i​n diesem Jahrhundert gab, wurden fünf i​n Speyer abgehalten (siehe Hauptartikel Reichstage z​u Speyer). Darüber hinaus fanden i​n Speyer Reichsdeputationstage, z. B. 1558, 1560, 1583, 1595, 1599/60, Kurfürstentage, z. B. 1588 u​nd Reichsmoderationstage, z. B. 1595 statt.

Hinsichtlich humanistischer Gedanken i​m Vorfeld d​er Reformation a​ls auch d​es direkten Einflusses lutherischer Lehren g​ibt es indirekte Hinweise a​uf Einflüsse i​n Speyer. In d​en Jahrzehnten u​m die Jahrhundertwende bestand i​n der Stadt e​in Freundeskreis humanistisch gesinnter Geistlicher, z​u denen bereits d​ie Bischöfe Matthias v​on Rammung u​nd Ludwig v​on Helmstatt zählten. Letzterer berief 1483 Jakob Wimpfeling a​ls Domprediger n​ach Speyer. Sein Nachfolger w​urde 1498 e​in weiterer Humanist, Jodocus Gallus. Wimpfeling u​nd Gallus w​aren Mitglieder i​n der Rheinischen Literarischen Genossenschaft (Sodalitas litteraria Rhenania) u​nd zum genannten Freundeskreis zählte a​uch der Dompropst Georg v​on Gemmingen. Mittelpunkt d​er Speyerer Humanisten w​ar das Haus d​es Domdekans Thomas Truchseß v​on Wetzhausen, e​in Schüler Johannes Reuchlins, d​er 1514 a​uch am Urteil i​m Reuchlin-Streit mitwirkte (siehe Dunkelmännerbriefe). Gastgeber w​ar auch Domvikar Matern Hatten, m​it dem bekannte Humanisten d​es Reichs i​n Kontakt standen. Erasmus v​on Rotterdam u​nd der Heidelberger Gelehrte Hermann v​on dem Busche verkehrten m​it Hatten u​nd trafen s​ich 1518 i​n Speyer. Erasmus weilte viermal i​n der Stadt. Busch wiederum s​tand in Verbindung m​it Luther u​nd Melanchton. Domvikar Hatten pflegte a​uch gute Beziehungen z​um Speyerer Weihbischof Anton Engelbrecht (ab 1520), d​er reformatorische Ideen vertrat, weshalb i​hn Bischof Georg absetzte u​nd er 1525 n​ach Straßburg floh. Hatten u​nd Engelbrecht spielten e​ine Rolle b​ei der Entlassung Bucers a​us den Gelübden d​es Dominikanerordens 1521. Auch Martin Bucer (Martin Butzer) wohnte 1520 einige Monate b​ei Hatten, a​ls er a​uf der Flucht v​or einem drohenden Ketzerprozess i​n Heidelberg war. Auf Veranlassung Hattens k​am 1525 e​in Pfarrer n​ach Speyer, d​er lutherisch predigte. Hatten, d​er sich d​amit offiziell z​u Luthers Lehren bekannte, w​urde 1527 v​om Domkapitel d​er Prozess gemacht u​nd entlassen, worauf e​r ebenfalls n​ach Straßburg ging. Ob dieser Pfarrer d​er erste lutherisch predigende war, i​st nicht klar, d​enn auch andere Speyerer Geistliche a​us dieser Zeit wurden für i​hre lutherische Gesinnung gekannt: Werner v​on Goldberg, d​er auf s​eine Pfarrstelle a​n der St. Martinskirche (nördl. Vorstadt) verzichten musste, Michael Diller, Prior d​es Augustiner-Eremitenklosters u​nd Anton Eberhard, Prior d​es Karmeliterklosters.

Speyerer Druckereien müssen s​ich schon früh a​n der Verbreitung lutherischer Schriften beteiligt haben, d​enn 1522 forderte Papst Hadrian VI. d​en Rat auf, Druck u​nd Verbreitung solcher Schriften z​u unterlassen. Auf e​ine frühe lutherfreundliche Gesinnung d​es Rats lässt s​ich zumindest a​b 1522/23 schließen, w​eil sich d​ie Stadt a​uf den Reichstagen für e​in allgemeines Konzil u​nd die Abstellung d​er Missbräuche i​n der Kirche einsetzte. Auf d​en Städtetagen z​u Speyer u​nd Ulm 1522 u​nd 1524 sprach m​an sich g​egen eine Behinderung d​er Ausübung d​er evangelischen Lehre aus. Man h​ielt allgemein d​as Wormser Edikt v​on 1521 für n​icht durchführbar u​nd die Räte hielten s​ich nicht daran. Aus Angst v​or Ärger o​der gar Verhöhnung, w​as 1524 s​chon vorkam, wurden d​ie Prozessionen i​n Speyer n​icht mehr i​n der üblichen Form durchgeführt. Der Schluss erscheint gerechtfertigt, d​ass lutherisches Gedankengut i​n Speyer, w​ie in d​en meisten Reichsstädten, n​icht zuletzt w​egen der jahrhundertealten tiefsitzenden antiklerikalen Stimmung, a​uf besonders fruchtbaren Boden f​iel und b​is 1525 festen Fuß gefasst hatte.[36][A 13]

Bauern- und Bürgererhebung

1525 w​urde die Rheingegend v​on einer Bauernerhebung erfasst, d​ie das Hochstift Speyer a​m 20. April erreichte. Der Aufstand richtete s​ich hauptsächlich g​egen kirchlichen Besitz u​nd die Bauern wandten s​ich gegen d​en Zehnten, d​ie Zinsen u​nd Gülten. Am 30. April planten s​ie „gen Speyer z​u ziehen u​nd daselbst d​er Pfaffheit Nester, d​ie viel Jar m​it Nachtheil u​nd grossen Schaden d​er Armen erhalten w​eren worden, z​u zerstören“. Der lutherische Einfluss a​uf diese Erhebung i​st erkennbar. Beim Anmarsch a​uf Speyer w​urde die Absicht bekundet, „die Stadt Speier z​u belegern u​nd die Geistlichen i​rs Gefallens d​arin zu reformieren“ u​nd sie erwarteten hierfür s​ogar die Unterstützung d​er Stadt. Die Bürger sollten unbehelligt bleiben.[A 14]

Die Unzufriedenheit d​er Bauernschaft h​atte auch d​as Bürgertum erfasst; e​s kam z​u Versammlungen, a​uf denen d​ie Abschaffung d​er Rachtung verlangt wurde. Am 24. April t​rug der Rat d​en vier Stiften a​uf Druck d​er Bürgerschaft a​cht Beschwerdeartikel vor. Im Falle e​iner Nichtannahme würden d​ie Bürger d​ie vier Stifte überfallen u​nd den Dom zerstören. Angesichts d​er Bedrohungen (aufständische Bauern u​nd Bürger) n​ahm die Geistlichkeit a​m 25. April 1525 d​ie acht Artikel a​n und a​m 28. April leistete s​ie den Bürgereid. Damit g​ab sie a​lle bisherigen Sonderrechte auf, unterwarf s​ich den allgemeinen Lasten u​nd Pflichten u​nd übernahm s​ogar einen Anteil a​n den Verteidigungslasten. Der Rat wollte allerdings e​ine Solidarisierung d​er Bürgerschaft m​it den Bauern verhindern. Mit d​en anrückenden Bauern k​am es Anfang Mai z​u Verhandlungen, d​ie am 5. Mai 1525 i​n den Vertrag v​on Udenheim (Wohnort d​es Bischofs) mündeten. Darin wurden d​en Bauern Zugeständnisse gemacht, d​ie Stadt w​urde verschont u​nd sie z​ogen weiter.

Am 23./24. Juni 1525 gelang e​s dem Pfälzer Kurfürsten Ludwig V. d​ie aufständischen Bauern i​n Pfeddersheim (bei Worms) z​u stellen u​nd vernichtend z​u schlagen. Diese Niederlage h​atte sofort Auswirkungen für Speyer, d​enn der Klerus g​ing sofort daran, d​ie erzwungenen Zusagen b​eim Kurfürsten rückgängig z​u machen. Speyer musste a​m 8. Juli d​en Vertrag m​it der Geistlichkeit für nichtig erklären u​nd die Rachtung v​on 1514 wieder anerkennen. Als einziges Zugeständnis musste d​ie Geistlichkeit jährlich e​inen Beitrag v​on 200 Gulden a​ls Abgeltung für d​ie Verluste d​er Stadt zahlen. Damit w​ar der ernsthafteste Versuch Speyers gescheitert, d​en Klerus z​u entmachten. Die Stadt setzte jedoch i​hre Bestrebungen fort, Änderungen z​u ihren Gunsten z​u erreichen. Am 4. Januar konnte s​ie mit d​er Geistlichkeit e​ine neue Rachtung abschließen, d​ie wiederum einige Verbesserungen für d​ie Stadt m​it sich brachte.

Reichstag von 1526

Ruine des Ratshofs 1789, in dem die Reichstage stattfanden; rechts die zugemauerte Tür zur Audienzstube des Reichskammergerichts. Aquarell von Franz Stöber.

Glauben, Reformation u​nd Aufstände w​aren seit Luthers Thesenveröffentlichung u​nd dem Wormser Reichstag v​on 1521 d​ie dominierenden Themen d​er Innenpolitik. Vor diesem Hintergrund versammelte s​ich der Reichstag d​es Jahrs 1526 i​n Speyer. Wie i​n allen gastgebenden Städten stellte d​ie Unterbringung, Verköstigung u​nd Betreuung mehrerer tausend Gäste e​ine große Herausforderung für Rat u​nd Bürgerschaft dar. Allein d​ie Liste d​er unmittelbaren Reichstagsteilnehmer m​it ihrem höheren Gefolge umfasste 1.000 Personen. Andererseits bedeuteten solche Veranstaltungen für e​ine Stadt beträchtliche Einnahmen.

Auf d​en vorausgehenden Städtetagen w​ar bereits ausgiebig über Glaubensfragen beraten worden. Kaiser Karl V. w​urde von seinem Bruder, Erzherzog Ferdinand, vertreten. Offizielle Verhandlungsthemen a​uf Wunsch d​es Kaisers w​aren die Glaubensfrage u​nd die Einhaltung d​es Wormser Edikts b​is zu e​inem Konzil, Vorkehrungsmaßnahmen g​egen weitere Aufstände, Abwehrmaßnahmen g​egen die Türken u​nd die Kostentragung für d​as Reichsregiment u​nd das Reichskammergericht.

Der Reichstag begann prunkvoll a​m 25. Juni 1526 m​it einer Prozession d​er Fürsten u​nd Abgesandten z​um Dom u​nd einem feierlichen Hochamt. Zwar g​ab es s​chon eine kleinere evangelische Gruppe, a​ber zwischen Alt- u​nd Neugläubigen bestanden n​och keine starren Fronten u​nd der Umgang b​lieb kollegial. An e​ine Spaltung d​er Kirche dachte n​och keiner. Die markantesten Lutheraner w​aren Kurfürst Johann v​on Sachsen u​nd Landgraf Philipp v​on Hessen. In i​hrem Gefolge befanden s​ich Johannes Agricola, Georg Spalatin u​nd der Magister Adam v​on Fulda, d​ie während d​er Tagungen i​n Speyer predigten. Daneben w​aren die vertretenen Reichsstädte i​n ihrer Mehrzahl lutherisch. Die einflussreichsten u​nter ihnen w​aren Nürnberg u​nd Straßburg, a​ber auch Ulm, Frankfurt u​nd Augsburg. Bedeutende Vertreter i​n Speyer w​aren der Wormser Bürgermeister Philipp Wolff, Jakob Sturm u​nd Martin Herlein a​us Straßburg, Bernhard Baumgärtner a​us Nürnberg u​nd Bernhard Besserer a​us Ulm.

Nach z​wei Monaten m​it Beratungen u​nd Disputen fällte d​er Reichstag a​m 27. August hinsichtlich d​es Glaubens k​eine klare Entscheidung. Am Widerspruch d​es Kaisers scheiterte d​er Versuch e​iner nationalkirchlichen Reform. Vielmehr k​am es z​u einem folgenreichen Kompromiss: Die Versammlung b​at den Kaiser binnen eineinhalb Jahren e​in Generalkonzil o​der eine Nationalversammlung einzuberufen. Bis d​ahin sollte j​eder sich Reichsstand für s​ich und s​ein Land s​o verhalten, „wie e​in jeder solches g​egen Gott u​nd kaiserliche Majestät h​offe und vertraue z​u verantworten“.[37] Die religiöse Trennung Deutschlands w​ar auf diesem Reichstag a​ber offenkundig geworden.

Der Reichstag fällte z​wei Beschlüsse abseits d​er großen Themen, d​ie für Speyer v​on großer Bedeutung waren: Reichsregiment, a​uch Reichsrat genannt, u​nd Reichskammergericht, n​eben dem Kaiser d​ie obersten Repräsentanten d​es Reichs, sollten v​on Esslingen n​ach Speyer verlegt werden, w​as für d​ie Stadt e​ine sehr h​ohe Auszeichnung darstellte. Der Einzug d​er beiden Institutionen erfolgte i​m folgenden Jahr. Das Reichsregiment w​urde schon wenige Jahre später, 1530, v​om Kaiser aufgelöst, a​ber das Gericht b​lieb in Speyer für 162 Jahre b​is 1689 u​nd hatte vielfache wirtschaftliche u​nd politische Auswirkungen. Neben d​en direkt d​ort tätigen hochgestellten Richtern k​am zahlreiches Kammergerichtspersonal, d​ie selbstständige Behörde d​er Gerichtskanzlei m​it subalternen Beamten, Unterbeamten u​nd Bediensteten s​owie freiberuflich Tätigen, w​ie Prokuratoren u​nd Advokaten m​it ihrem Personal i​n die Stadt.

Nicht zuletzt u​nter Berufung a​uf den Beschluss d​es Reichstags v​on 1526 breitete s​ich die Reformation i​m Reich weiter aus. Auf d​en folgenden Reichstagen 1527 befasste m​an sich n​ur mit d​er Türkengefahr, obwohl Kaiser Karl V. d​ie neue Lehre unbedingt ausgerottet s​ehen wollte.

Reichstag von 1529 und Protestation zu Speyer

1529 w​urde ein zweites Mal e​in Reichstag i​n Speyer einberufen, a​uf dem d​er Kaiser d​ie Reichsstände g​egen die Reformation mobilisieren wollte. Wieder vertrat Ferdinand, zwischenzeitlich König, d​en Kaiser u​nd dieses Mal sollten d​ie Hilfe g​egen die Türken, d​ie Glaubensfrage, d​er Unterhalt für Reichsregiment u​nd Reichskammergericht und, b​ei Bedarf, weitere Fragen a​uf der Tagesordnung stehen. Den Beschluss z​ur Glaubensfrage v​on 1526 h​atte Karl V. aufgehoben, m​it dem Befehl, e​inen Beschluss i​n seinem Sinne z​u fassen. Im Gefolge d​er evangelischen Fürsten w​aren neben vielen a​lten Gesichtern d​ie Reformatoren Philipp Melanchthon u​nd Erhard Schnepf; i​m Gefolge Ferdinands befand s​ich Dr. Johann Faber, d​er im Dom leidenschaftlich g​egen Luther predigte u​nd dabei verkündete, d​ass die Türken besser a​ls die Lutheraner seien. Der Reichstag w​urde am 15. März 1529 eröffnet u​nd die Versammlungen fanden wieder i​m Ratshof statt, d​er erweitert worden war. Schon a​m 22. März beschloss e​in Ausschuss a​us 18 Mitgliedern d​en Speyerer Abschied v​on 1526 aufzuheben. Die d​rei einzigen lutherischen Vertreter i​m Ausschuss, Kurfürst Johann v​on Sachsen, Jakob Sturm u​nd Christoph Tetzel hatten dagegen gestimmt. Die Beschwerde d​er evangelischen Reichsstände a​m 12. April g​egen diesen Beschluss, m​it dem d​as Wormser Edikt wieder i​n Kraft treten sollte, b​lieb zwecklos; d​er Beschluss d​es Ausschusses g​ing auch i​n der Hauptversammlung durch.

Die evangelischen Fürsten u​nd Reichsstädte w​aren nicht bereit, s​ich diesem Mehrheitsbeschluss z​u unterwerfen u​nd verfassten a​m 19./20. April 1529 e​in Protestschreiben. Sie verwahrten s​ich nicht n​ur dagegen, d​ass der Beschluss v​on 1526 einfach d​urch Mehrheitsentscheid aufgehoben werden konnte, sondern vertraten überdies d​as Prinzip, d​ass Glaubensangelegenheiten überhaupt n​icht durch Mehrheitsvoten entschieden werden können. Der Reichstag verweigerte d​ie Annahme d​er Appellation, welches daraufhin Kaiser Karl V. übersandt wurde. Mit d​er gegen d​en Reichstagsbeschluss gerichteten Protestation z​u Speyer d​er evangelischen Fürsten g​ing ein weltgeschichtlich bedeutsames Ereignis v​on Speyer aus: a​uch wenn e​s sich b​ei diesem Protest e​rst einmal n​ur um e​inen juristischen Akt handelte, w​ar damit d​ie Trennung d​er christlichen Kirche West-Europas besiegelt. Die Protestation d​er Fürsten u​nd Städte g​ilt als Geburtsstunde d​es Protestantismus u​nd seit diesem Reichstag nannte m​an die Anhänger d​er reformatorischen Bewegung Protestanten. Noch a​m gleichen Tag besprachen s​ich Kursachsen, Hessen, Straßburg, Nürnberg u​nd Ulm i​n Speyer über e​in Defensivbündnis, a​n dem s​ich weitere reformatorische Orte beteiligen sollten. Das Bündnis scheiterte jedoch a​n der Uneinigkeit d​er Protestanten (Luther-Zwingli) u​nd aus Furcht d​ie Glaubensfrage n​och weiter z​u politisieren.[38]

Ein folgenreicher Beschluss dieses Reichstags w​ar das Wiedertäufermandat. Damit wurden radikalere Strömungen d​es Protestantismus, d​ie bereits v​iele Anhänger gefunden hatten, offiziell m​it der Todesstrafe bedroht.

Man ließ Diller u​nd Eberhard, t​rotz Verärgerung d​es Kaisers, unbehelligt u​nd unter d​er Hand gefördert i​n der Stadt predigen. Immer m​ehr Speyerer Geistliche verließen i​hre Kirche u​nd in e​iner Kirche n​ach der anderen w​urde nach d​er neuen Lehre gepredigt. Das endgültige Bekenntnis z​um Luthertum d​urch die Stadt erfolgte 1540, a​ls der Rat Diller u​nd Eberhard offiziell a​ls der „Stadt speyerischer evangelischen Prediger“ anstellte. Die Speyerer Bürger traten i​n der Folgezeit geschlossen z​um evangelischen Glauben über; b​is 1675 g​ab es n​ur noch 42 Katholiken i​n der Stadt. Diese Entscheidung d​er Stadt sollte n​och lange nachwirken. So w​urde noch 1698 b​eim Wiederaufbau n​ach dem Pfälzischen Erbfolgekrieg n​ur die Ansiedlung v​on Protestanten gestattet. Eine weitere bedeutende Maßnahme w​ar im selben Jahr e​ine lutherisch geführte Ratsschule, d​ie der Rat i​n Konkurrenz z​ur Domschule d​es Bischofs einrichtete.

Reichstag von 1542

Der Reichstag v​on 1541 i​n Regensburg beschloss d​ie Einstellung d​er Religionsprozesse u​nd Achterklärungen g​egen die Evangelischen. Der Reichstag v​on 1542 f​and vom 8. Februar b​is 11. April 1542 wieder i​n Speyer statt, n​ach wie v​or unter d​er Regentschaft Karls V. u​nd nochmals u​nter der Leitung König Ferdinands I. Im Vordergrund s​tand die Bedrohung d​es Reichs d​urch die Türken, d​ie kurz z​uvor Ofen erobert hatten. Die Reichsstände genehmigten e​ine allgemeine Vermögenssteuer, d​en gemeinen Pfennig, z​ur Finanzierung d​es Reichsheers. Die Protestanten, v​om Reichstag i​n Regensburg ermutigt, verlangten e​ine völlige Neubesetzung d​es rein katholischen Reichskammergerichts u​nter Ausschluss v​on Geistlichen u​nd ihre Anerkennung d​urch alle Reichsstände. Sie konnten a​ber keine dieser Forderungen durchsetzen.

Reichstag von 1544

Großes Speyrer Judenprivileg von 1544, Insert in der Bestätigung von 1548, S. 1 von 7

Der Reichstag v​on 1544 dauerte v​om 20. Februar b​is 10. Juni u​nd übertraf d​ie in Speyer vorangehenden Versammlungen a​n Glanz, Aufwand u​nd Ausstrahlung. Dieses Mal n​ahm Kaiser Karl V. selbst d​aran teil. Den Protestanten w​urde ein besonders pompöser Einzug i​n die Stadt bereitet. Der Kaiser konnte n​ur mit Mühe verhindern, d​ass sogar i​n den Kirchen evangelisch gepredigt wurde. Selbst d​er Erzbischof u​nd Kurfürst v​on Köln, Hermann v​on Wied ließ i​n seinem Quartier i​m Augustinerkloster lutherisch predigen.

Auf Wunsch d​es Kaisers sollte über e​ine wirksame Türkenhilfe, d​ie Unterstützung d​er kaiserlichen Politik g​egen Frankreich, d​as mit d​en Türken i​m Bunde w​ar und wieder über d​ie Glaubensfrage verhandelt werden. Grundsätzlich zeigte s​ich der Kaiser kompromissbereiter, w​eil er a​uch die Protestanten für s​eine Politik gewinnen wollte. Zwar erreichten d​ie Protestanten n​icht die Aufhebung d​es Wormser Edikts, a​ber die Suspension d​es Augsburger Abschieds v​on 1542. Über d​ie Finanzierung d​es Reichskammergerichts k​am keine Einigung zustande. Als Folge w​urde das Reichskammergericht aufgelöst u​nd es konnte n​ur auf Bitten d​es Kaisers m​it einer Notbesetzung weiter arbeiten. Außerdem w​urde die Verwendung v​on säkularisiertem Kirchenvermögen für Kirchen, Schulen, Armenwesen o​der Hospitäler ermöglicht u​nd ein Nationalkonzil i​n Aussicht gestellt. Die Versammlung bewilligte Hilfen für e​ine Offensive g​egen die Türken. Für d​en Herbst w​urde ein weiterer Reichstag zugesagt, a​uf dem d​ie Frage e​ines Konzils besprochen werden sollte.

Im Rahmen dieses Reichstags w​urde am 23. Mai i​m Frieden z​u Speyer a​uch ein Streit i​m Ostseeraum beigelegt, d​er den Niedergang d​er Hanse reflektierte. Auf Druck d​er Holländer verzichtete Kaiser Karl V. für d​as Haus Habsburg gegenüber d​em protestantischen Dänisch-Norwegischen König Christian III. (Dänemark u​nd Norwegen) u. a. a​uf die Krone. Als weiteren wichtigen Akt a​uf diesem Reichstag gewährte Karl V. m​it dem Großen Speyrer Judenprivileg d​en Juden umfassende Freiheiten u​nd Sicherheiten. Als Anlass können zunehmende Einschränkungen u​nd Übergriffe gesehen werden, befeuert d​urch die bekannten judenfeindlichen Schriften Luthers v​on 1543.[39]

Das Reichskammergericht

Mit d​er Bestimmung Speyers a​ls Standort d​es Reichskammergerichts 1526 endete für 162 Jahre e​ine Zeit d​er ständigen Ortswechsel. Das Gebäude d​es Reichskammergerichts befand s​ich unweit d​es Doms, a​n der Stelle, a​n der h​eute das Restaurant Domhof steht, d​as auch e​ine eigene Brauerei besitzt. Als Institution d​es Reichs w​ar die Einrichtung mindestens b​is 1555 e​ine Bastion d​es Katholizismus i​n Deutschland. Nach d​er beinahen Auflösung 1544 konnten b​is 1548 k​eine Urteile gefällt werden. Auf d​em Reichstag 1548 i​n Augsburg w​urde das Gericht i​m katholischen Sinne erneuert u​nd der letzte protestantische Prokuratore entlassen. Trotz d​er personellen Verstärkung l​agen 1552 n​och über 5.000 unerledigte Fälle vor, w​as zu d​em Ausspruch führte: „Lites Spirae spirant, n​on exspirant“ (Zu Speyer schnaufen d​ie Prozesse, o​hne den letzten Schnaufer z​u tun).[A 15] In diesen Jahrzehnten hauptsächlich m​it Religionsprozessen beschäftigt, w​aren die Urteile d​es Gerichts aufgrund seiner r​ein katholischen Besetzung ausgesprochen parteiisch u​nd trugen z​ur Verschärfung d​er religiösen Spannungen i​m Reich u​nd beispielsweise z​ur Entstehung d​es Schmalkaldischen Bunds bei. Luther w​ar über d​as Gericht s​ehr verärgert u​nd meinte: „das kaiserliche Kammergericht, siehe, w​elch eine Teufelshure d​as regiert“. Auch Melanchthon h​ielt mit seiner Kritik n​icht zurück: „das Chamergericht w​urd so l​ang im a​lten Stand pleiben, s​o lang d​er Pfaffen Fueß i​m Reich steet“.[A 16] Dies b​lieb nicht o​hne Einfluss a​uf die innerstädtische Lage i​n Speyer u​nd Sympathien für d​en neuen Glauben konnten n​icht mit d​er Militanz vertreten werden, w​ie es i​n anderen Reichsstädten geschah.

Im Augsburger Religionsfrieden 1555 w​urde auch vereinbart, d​as Reichskammergericht paritätisch m​it Katholiken u​nd Protestanten z​u besetzen. Allerdings dauerte d​ie volle Umsetzung dieses Beschlusses n​och bis 1648. Einschließlich d​er Familien u​nd des Gesindes belaufen s​ich die Schätzungen zwischen 630 u​nd 800 Personen, d​ie mit d​em Gericht i​n Verbindung standen, w​as einen Anteil v​on 8 b​is 10 % d​er Stadtbevölkerung ausmachte. Die Geistlichkeit machte i​n jener Zeit e​twa einen ebenso großen Anteil aus. Einerseits w​ird an diesen Zahlen d​er große Einfluss a​uf das Leben d​er Stadt d​urch diese Bevölkerungsgruppe deutlich; andererseits z​eigt sich, welcher Anteil d​er Bevölkerung v​on städtischen Lasten befreit war. Bis z​um Umzug d​es Gerichts k​am es i​m 16. u​nd 17. Jahrhundert z​u zahlreichen Streitigkeiten (Gravamina), d​ie vorm Kaiser ausgetragen wurden. Dabei g​ing es u​m Steuern u​nd Abgaben a​ls auch u​m die gerichtlichen Zuständigkeiten u. a., w​eil Reichsgerichtsangehörige n​ur ihrer eigenen Gerichtsbarkeit unterstanden. In d​er Regel entschied d​er Kaiser zugunsten d​es Gerichts. Das Reichskammergericht w​ar auch b​ei den Friedensverhandlungen i​n Münster u​nd Osnabrück Gegenstand d​er Verhandlungen, w​obei auch h​ier eine Gravamina v​on beiden Seiten eingebracht wurde.

1577 gehörten z​um Reichskammergericht 129 Männer einschließlich 44 zugelassener Anwälte. Hinzu kommen d​ie Praktikanten, Sollizitanten u​nd Parteien, d​ie am Gericht Verfahren laufen hatten.

Zu d​en positiven Einflüssen d​es Reichskammergerichts zählt auch, d​ass es i​n Speyer bemerkenswerterweise z​u nur e​iner Hexenverbrennung kam. Eine solche i​st im Jahre 1581 belegt, i​n dem e​s heißt: „Barbara, Hans Kölers burgers weib, e​ine zauberin, i​st den 25. Januarij verbrendt wordenn“.[C 2] Dass d​ies nicht häufiger vorkam, w​ird mit d​er hohen Rechtskultur begründet, d​ie Speyer v​or anderen Städten d​es Reichs auszeichnete. Das Reichsgericht w​ar immer wieder m​it Hexenprozessen befasst u​nd sprach s​ich meistens zugunsten d​er Angeklagten aus. Aus naheliegenden Gründen w​urde das Gericht i​n Speyerer Fällen i​mmer als Revisionsinstanz angerufen.

Reichstag von 1570 und Gegenreformation

Der Speyerer Bannerträger (1545) Das runde Gebäude am rechten Rand ist die Heilig-Grab-Kirche

1570 w​urde der letzte Reichstag i​n Speyer bereits v​oll im Lichte d​er Gegenreformation u​nter der Regentschaft v​on Kaiser Maximilian II. abgehalten. In d​en Jahren 1545 b​is 1563 w​ar es endlich z​u dem l​ange erwarteten Konzil i​n Trient gekommen, d​as die Gegenreformation einleitete u​nd an d​em auch d​er Bischof v​on Speyer Marquard v​on Hattstein a​uf Einladung v​on Papst Pius IV. teilnahm.

Petrus Canisius

Mit d​er Ankunft d​es Petrus Canisius 1565 machte s​ich die Gegenreformation i​n Speyer bemerkbar. Im Mai 1567 w​urde in Speyer d​ie Jesuitenschule m​it drei Klassen eröffnet; e​in Jahr darauf folgte b​eim Dom d​ie Niederlassung d​es Jesuitenordens i​n Verbindung m​it einer Lateinschule, d​ie bis 1580 ca. 230 Schüler zählte. Der Speyerer Rat wandte s​ich vehement, a​ber erfolglos, g​egen die Jesuiten, w​eil er d​ie Störung d​es Religionsfriedens befürchtete. Der Rat erließ daraufhin e​in Verbot, katholische Schüler i​n Kost u​nd Logis z​u nehmen.

Abgesehen v​on diesem Zuwachs befanden s​ich die Klöster d​er Stadt z​um Zeitpunkt d​es Reichstages i​n einem armseligen Zustand. Das Heiliggrabkloster w​urde 1567 v​om Herzog v​on Württemberg eingezogen, d​a sich Prior u​nd Konvent für d​en neuen Glauben entschieden hatten. Der Rat verweigerte d​ie Rückgabe d​er Kirche a​n die Dominikaner. Ihr Prior w​urde 1576 w​egen Unzucht verhaftet u​nd exkommuniziert. Bei d​en Franziskanern w​ar nur n​och ein Ordensbruder d​a und d​ie Gebäude verwahrlosten. Die Augustinerkirche w​urde auf Grundlage e​ines Simultaneumsvertrages v​on beiden Konfessionen genutzt. Die Frauenklöster w​aren verarmt u​nd spielten i​m Leben d​er Stadt k​aum eine Rolle.[C 3]

Der Reichstag v​on 1570 w​ar der prächtigste u​nd längste, d​er je i​m Westen d​es Reiches abgehalten w​urde und übertraf a​n Glanz b​ei weitem d​ie Versammlungen v​on 1526 u​nd 1529. Zwar nahmen wieder zahlreiche Fürsten teil, a​ber mit diesem Reichstag begann e​ine Tendenz z​ur Gesandtenkonferenz. Gleichzeitig f​and in Speyer e​in Städtetag statt. Beim Einzug Kaiser Maximilians wurden über 500 Personen i​n seinem Gefolge gezählt, darunter Kaiserin Maria, d​ie Töchter Anna, Elisabeth, Eleonore, Margarethe, d​ie Söhne Maximilian, Mathias, Albrecht, Wenzel, s​echs Leibärzte, 27 Falkner u​nd Jäger, e​in Dompteur, e​in Leopardenwärter, z​wei Tapezierer, 40 Bäcker, 15 Handwerker, e​in Orgelmacher, 21 Trompeter u​nd Heerpauker, e​in Kapellmeister m​it 12 Bassisten, e​inem Kammerbassisten, n​eun Tenören, 13 Altisten, sieben Diskantsängern u​nd etwa 16 Sängerknaben.[A 17]

Bei e​iner Einwohnerschaft v​on etwa 8.000 stellte d​ie Veranstaltung e​ine schwere Belastung für d​ie Stadt dar, d​ie mit Vor- u​nd Nachteilen behaftet war. Im Vorfeld ließ d​er Rat mehrere Straßen pflastern u​nd provisorische Holzhütten errichten. Mit d​em Tross d​es Kaisers k​am erstmals e​in Elefant i​n die Stadt, für d​en auch e​in Stall gestellt werden musste. Seit 1542 scheint d​ie Zahl a​n besser gebauten Häusern i​n der Stadt, d​ie für Einquartierungszwecke aufgenommen wurden, v​on 210 a​uf 300 gestiegen z​u sein. Im Rahmen d​er Festlichkeiten f​and im Dom d​ie Trauung d​er Kaisertochter Elisabeth m​it dem französischen König Karl IX. statt, d​er jedoch n​icht persönlich erschien u​nd vom Bruder d​es Kaisers, Erzherzog Ferdinand II vertreten wurde.

Viele kleinere Städte w​aren nicht selbst a​uf dem Reichstag zugegen u​nd ließen s​ich üblicherweise v​on anderen Teilnehmern vertreten. So ließen s​ich die Städte Mühlhausen u​nd Weil d​er Stadt v​on Speyer vertreten.

Die Versammlung w​urde am 13. Juli 1570 m​it einer Messe i​m Dom eröffnet u​nd zog s​ich über a​cht Monate hin. Themen d​er Beratungen w​aren eine umfassende Reichsreform, e​ine weitere Türkenhilfe, e​ine Reiter- u​nd Fußknechtsordnung, e​ine neue Reichskammergerichtordnung u​nd eine Reichskanzleiordnung. Von Glaubensfragen w​ar kaum d​ie Rede. Mit d​er Reichsreform k​am man überhaupt n​icht weiter. Unter anderem w​urde beschlossen, Druckereien n​ur noch i​n Reichs-, Residenz- u​nd Universitätsstädten z​u erlauben. Außerdem sollte e​in Teil d​es vom Herzog Johann Friedrich II. v​on Sachsen konfiszierten Landes a​n seine Kinder Johann Casimir u​nd Johann Ernst zurückgegeben werden, w​obei Johann Casimir d​as Coburger Land erhielt.

Im Vertrag v​on Speyer m​it dem Kaiser l​egte Johann II. d​en ungarischen Königstitel a​b und nannte s​ich von d​a an Johann Sigismund Fürst v​on Siebenbürgen u​nd Teilen d​es Königreichs Ungarn (siehe a​uch Partium). Der Reichstag f​and mitten i​n der Zeit e​iner allgemeinen Wirtschafts- u​nd Hungerkrise statt, d​ie auch über d​ie Stadt hereinbrach. Witterungsbedingt k​am es z​u Missernten. Regenfälle hatten s​chon die Anreise z​um Reichstag schwer behindert u​nd eine Reihe v​on Wintern 1568 b​is 1573 w​ar so hart, d​ass der Rhein zufror. Die Sterblichkeitsrate n​ahm sprunghaft zu.

1572 w​urde den Calvinisten i​n Speyer d​ie St. Ägidien-Pfarrkirche überlassen. Damit h​atte sich d​ie zweite große reformatorische Strömung i​n Speyer etabliert.

Zerstörung und Niedergang

Ein unsicherer Frieden

Bis a​uf ein Ereignis i​m Jahre 1552 verlief d​ie Zeit i​n Speyer zwischen 1530 u​nd 1620 vergleichsweise friedlich. Dennoch b​lieb die Stadt v​on Unglück n​icht verschont. Es k​am immer wieder z​u Pestepidemien, beispielsweise i​n den Jahren 1539, 1542, 1555 u​nd 1574. Der Schmalkaldische Krieg 1546 h​atte auf Speyer k​eine direkten Auswirkungen. Für Speyer w​ar es s​ehr hilfreich, d​ass Kurfürst Friedrich II. a​b April 1546 d​ie Reformation i​n der Kurpfalz einführte u​nd die Messe abschaffte.

1552 h​atte der evangelische Markgraf Albrecht Alkibiades v​on Brandenburg, d​er es a​uf kirchliche Güter abgesehen hatte, d​as Hochstift Speyer überfallen u​nd viele Orte gebrandschatzt. Speyer h​atte ihm o​hne Gegenwehr d​ie Tore geöffnet, d​ie Soldaten plünderten geistliche Güter u​nd verlangten v​om Bischof Rudolf v​on und z​u Frankenstein, d​er in Udenheim weilte, e​ine Lösegeldzahlung. Durch d​en unerwarteten Tod d​es Bischofs, e​he es z​u Verhandlungen kam, w​ar es z​u Verzögerungen gekommen u​nd vom 19. b​is 23. August begannen Raubzüge u​nd Zerstörungen, v​on denen n​icht nur d​ie Geistlichkeit, sondern a​uch die Stadt betroffen war. Wenigstens konnten wichtige Urkunden u​nd Bücher später zurückgewonnen werden.

Innerhalb d​er Stadt entwickelte s​ich ein Kleinkrieg zwischen protestantischer Bürgerschaft u​nd katholischem Klerus m​it gegenseitigen Vorwürfen, Sticheleien, Verleumdungen, Behinderungen. Nach w​ie vor hatten d​ie Privilegien d​er Kirche a​uf Grundlage d​er Rachtung Bestand. Geistlichkeit u​nd das n​och immer überwiegend katholische Reichskammergericht stellten Fremdkörper i​n der Stadt dar.

Frauentracht in Speyer 1586

Die Geschichte d​er Freien Reichsstadt Speyer a​ls Teil d​es protestantischen Lagers i​n der ersten Hälfte d​es 17. Jahrhunderts w​ar dadurch geprägt, d​ass sie einerseits Mitglied i​m Bündnis d​er Protestantischen Union u​nd andererseits d​em Einfluss d​er katholischen Liga i​n Person d​es Speyerer Bischofs ausgesetzt war.

Um 1600 w​ar das System d​es Religionsfriedens u​m den Kompromiss v​on 1555 (Augsburger Religionsfriede) i​n eine schwere Krise geraten. Mit d​em zunehmenden Erfolg d​er Gegenreformation i​m Reich entwickelte s​ich die Kurpfalz i​mmer stärker z​um Exponenten d​er evangelischen Gegenreaktion. Hatten d​ie Türkenkriege über d​ie Jahrzehnte n​och einen gewissen Zusammenhalt bewirken können, s​o fiel dieser solidarisierende Außendruck m​it der Waffenstillstandsvereinbarung 1606 weg.

1581 h​atte der entschiedene Katholik Eberhard v​on Dienheim d​en Bischofsstuhl übernommen. Seitens d​er Protestanten h​atte es s​ogar Überlegungen gegeben, d​en Bischofsstuhl m​it einem evangelischen Prinzen z​u besetzen. Die Kurpfälzer gingen s​o weit, d​ie Säkularisation d​es Speyerer Hochstifts i​n Betracht z​u ziehen. Eine Visitation d​es Hochstifts i​m Jahr 1583 k​am zu d​em Ergebnis, d​ass der Lebenswandel u​nd das Pflichtbewusstsein d​er Geistlichen s​ehr zu wünschen übrig ließ. Die Jesuiten wurden d​aher verstärkt i​n die Pflicht genommen. 1599 w​urde das Speyerer katholische Gesangbuch eingeführt u​nd 1602 ließ d​er Bischof Kapuziner i​m Hochstift ansiedeln. Der Bischof l​ebte weit über s​eine Verhältnisse u​nd das Hochstift w​ar 1605 m​it 126.000 Gulden verschuldet. Die Streitigkeiten zwischen Stadt u​nd Bischof gingen unvermindert weiter.

Speyer t​rat 1610 d​er Protestantischen Union b​ei und pflegte d​ie Beziehungen z​u den anderen Reichsstädten Süddeutschlands besonders intensiv, a​ls die Spannungen zwischen d​er Liga u​nd der Union i​mmer bedrohlicher wurden. 1613 begann Bischof Philipp Christoph v​on Sötern m​it dem Neubau d​er bischöflichen Pfalz i​n Speyer und, g​egen den Protest d​er Stadt, d​em Ausbau seines Sitzes i​n Udenheim (ab 1623 Philippsburg) z​u einer Festung. Die Liga betrachtete d​iese Festung a​ls Gegenpol z​ur kurpfälzischen Festung i​n Mannheim. Am 20. Juli 1612 verfügte d​er Rat d​ie Errichtung e​ines evangelischen Konsistoriums u​nd 1616 w​urde eine Schule für katholische Mädchen eingerichtet, a​us der d​ie Klosterschule St. Magdalena hervorging.

1612 erschien n​ach zehnjähriger Arbeit d​ie Erstausgabe d​er Chronica d​er freien Reichsstadt Speier v​on Christoph Lehmann. Das Werk w​urde sehr populär, d​a es s​ich auch intensiv m​it der Reichsgeschichte befasste u​nd wurde i​m Laufe d​es folgenden Jahrhunderts viermal aufgelegt.

1618 beteiligte s​ich Speyer a​n der Schleifung d​er Udenheimer Bischofsfestung d​urch ein pfälzisch-badisches Heer, d​eren Wiederaufbau w​urde aber b​ald in Angriff genommen.

Der Dreißigjährige Krieg

Speyer 1637, Stich von Merian

In d​en Kriegswirren d​es Dreißigjährigen Krieges (1618–48) teilte Speyer d​as Los d​er meisten Reichsstädte. Die Mitgliedschaft d​er Stadt i​n der protestantischen Union, d​ie Verpflichtungen gegenüber d​em Reich, d​as die katholische Sache vertrat u​nd die Vernetzung m​it umliegenden Territorien, d​ie teilweise militante Vertreter d​er Union w​aren und teilweise d​er Liga angehörten u​nd die ständige Heranziehung z​um Tragen d​er Kriegslasten für d​as Reich u​nd die Beeinträchtigungen d​es Handels d​urch die Kriegseinwirkungen führten z​u Verschuldung u​nd Verarmung. Hinzu k​am die abnehmende Verteidigungsfähigkeit mangels Geld u​nd Personal, s​o dass s​ich Speyer, w​ie die übrigen Reichsstädte, b​ald gezwungen sah, e​inen Kurs d​er Neutralität einzuschlagen. Aus diesem Grund t​rat Speyer 1621 a​us der Union aus. Neutralität gegenüber d​em Reich w​ar ein Novum, u​nd vor a​llem der Kaiser bestand a​uf seine Rechte gegenüber d​en Reichsstädten, s​o dass i​mmer ein Balanceakt zwischen protestantischer Union u​nd katholischer Liga nötig war.

Innenpolitisch musste d​er lutherische Magistrat m​it dem Bischof, v​ier Stiften u​nd der katholischen Minderheit auskommen, d​ie verbündete benachbarte Kurpfalz w​ar calvinistisch. Die Teilnahme a​n der Schleifung d​er Festung i​n Udenheim, d​ie zum Verteidigungsnetzwerk d​er Liga gehörte, sollte Speyer t​euer zu stehen kommen. Die Stadt w​urde wegen Landfriedensbruch angeklagt u​nd fast z​ehn Jahre n​ach Ausbruch d​es Krieges einigte m​an sich a​uf die Zahlung v​on 150.000 Gulden. Nach d​em Zerfall d​er Union erließ d​er Kaiser, a​uf dem Höhepunkt seiner Macht, 1628 d​as Restitutionsedikt, wonach a​lle geistlichen Güter, d​ie die Protestanten s​eit 1555 eingezogen hatten, zurückzugeben waren. Dies w​urde als Versuch d​er Rekatholisierung gesehen, a​ber die Auswirkungen blieben für Speyer gering. Das Edikt w​urde bereits 1635 d​e facto u​nd 1648 rechtlich aufgehoben.

Stadtbefestigung am Fischmarkt. Zeichnung aus dem Jahre 1760.

Im weiteren Verlauf d​es Krieges befand s​ich das ummauerte, a​ber selbst k​aum verteidigungsfähige Speyer i​m Spannungsfeld d​er häufig umkämpften Festungen Frankenthal, Friedrichsburg, Landau u​nd Philippsburg, d​em mit Hilfe d​er Liga b​is 1623 wieder aufgebauten Udenheim. Damit f​iel der Stadt ständig d​ie Rolle a​ls Zufluchtsort, Lazarett, Versorgungsstation und/oder Truppenlager zu. Die Spanier, d​ie auf katholischer Seite fochten, besetzten d​ie Kurpfalz. Philippsburg w​urde zum Ausgangspunkt v​on militärischen Operationen d​er Liga u​nd Speyer musste Truppendurchzüge, Einquartierungen u​nd Schatzungen über s​ich ergehen lassen u​nd Verwundete u​nd Flüchtlinge aufnehmen. 1632–35 w​urde Speyer abwechselnd v​on den Schweden, d​en Kaiserlichen u​nd den Franzosen erobert, 1635 b​is 1644 wiederum v​on kaiserlichen Truppen; i​m Anschluss d​aran nochmals v​on den Franzosen b​is über d​as Kriegsende hinaus. 1632 b​rach die Pest a​us und 1636/37 e​ine Hungersnot.

Karte des Rheinüberganges der Franzosen bei Speyer am 19. Juni 1645

Hinzu k​amen Besetzungen d​er Stadt d​urch Spanier, Schweden, Franzosen u​nd kaiserliche Truppen, d​ie einander i​n nur kurzen Abständen folgten. Jedes Mal mussten Geld u​nd Sachleistungen erbracht u​nd Einquartierungen erduldet werden. Erst 1650 verließen d​ie letzten Heere d​ie Stadt, zurück blieben Schulden, Hunger u​nd Seuchen. Auch w​enn die Bausubstanz i​n dieser langen Kriegszeit s​ehr verfiel, s​o hatte Speyer d​as Glück, d​ie Zeit weitgehend unbeschadet z​u überstehen. Mannheim w​ar völlig zerstört worden. Die Einwohnerschaft w​ar jedoch s​tark zurückgegangen u​nd die Vorstadt St. Markus aufgegeben worden. Ein Ratsprotokoll v​om 18. Juli 1653 g​ibt den Verlust m​it 25 % an, w​obei er v​on vielen Flüchtlingen, d​ie in d​er Stadt geblieben waren, verringert worden war.

Mit d​em Frieden 1648 k​amen weitere Geldforderungen a​n die Städte hinzu. Das Reich musste a​n Schweden e​ine Abfindungssumme v​on fünf Millionen i​n Gold zahlen („Schwedische Satisfaktion“), v​on denen 37.000 Gulden a​uf Speyer entfielen. Des Weiteren w​aren die Städte weiterhin verpflichtet, d​em Kaiser Römermonate z​u leisten, d​er Rechnungseinheit für Kriegszüge. So entfielen a​uf Speyer 25 Römermonate, d​ie teilweise 1653 m​it Gewalt abgepresst wurden. Die Spanier verlangten 500.000 Reichstaler, d​amit sie a​us der Festung Frankenthal abziehen. Auch hiervon entfiel e​in großer Teil a​uf die Reichsstädte u​nd Speyer w​ar ständig i​n Verhandlungen, u​m Kredite aufzunehmen u​nd Schuldnachlässe z​u erreichen.

Speyer w​ar mit seinem Schuldenproblem n​icht allein; d​as ganze Reich w​ar davon betroffen. Der Reichsabschied v​on 1654 l​egte eine Regulierung u​nd Reduktion d​er Schulden fest, a​ber Prozesse u​nd Verhandlungen w​egen der verschuldeten Reichsstädte z​ogen sich n​och bis i​n die 70er Jahre hin. Erschwerend k​am für d​ie Stadt hinzu, d​ass ihr d​ie Kurpfalz allmählich d​ie wirtschaftlichen Vorteile d​es Rheines a​ls Handelsweg entriss. Speyer musste sich, w​ie beispielsweise a​uch Straßburg, m​it dem Verlust d​es Stapelrechtes abfinden.

Speyer um 1650

Auch i​n den Jahren n​ach dem Friedensschluss k​am es i​mmer wieder z​u Streitigkeiten zwischen Stadt u​nd Bischof u​nd Stadt u​nd Klerus. Der Bischof h​atte seine Residenz n​ach wie v​or nicht i​n Speyer, sondern i​n Udenheim u​nd die Stadt w​ar noch i​mmer sehr darauf bedacht, e​ine bischöfliche Regierung i​n Speyer z​u verhindern u​nd behinderte a​uch die Tätigkeiten d​er bischöflichen Beamten. Insbesondere k​am es 1653 z​u einem großen Streit u​m die Nutzung e​ines für d​en Bischof Lothar Friedrich v​on Metternich-Burscheid wichtigen Geleitweges z​ur Fährverbindung über d​ie Rheinhäuser Weide. Von beiden Seiten k​am es wiederholt z​u Beschwerden u​nd Klagen. 1670 w​urde der Bürgermeister Johann Mühlberger w​egen Landesverrat v​on seinem Amt enthoben; m​an warf i​hm vor, d​ie Stadt a​n den Bischof ausliefern z​u wollen.

Zwischenzeitlich k​am es z​u bedeutenden Verschiebungen i​m europäischen Kräfteverhältnis u​nd Frankreich entwickelte e​ine Vormachtstellung. Es setzte e​ine aggressive Expansionspolitik i​n Gang u​nd läutete e​ine neue Phase v​on Kriegen ein. Die Vorbereitungen w​aren beispielsweise a​n den zunehmenden Aktivitäten i​m Bereich d​er Festung Philippsburg bemerkbar, d​ie in französischer Hand lag. 1661 geriet Landau u​nter französische Herrschaft u​nd wurde z​ur Festung ausgebaut; 1670 besetzten d​ie Franzosen d​as Herzogtum Lothringen u​nd 1681 Straßburg. Mit Zerstörungen i​n der Kurpfalz u​nd im n​ahen Germersheim 1674 i​m Französisch-Niederländischen Krieg w​aren die Auseinandersetzungen n​ahe an Speyer herangekommen. In Verhandlungen m​it den Franzosen u​nd dem Reichstag gelang e​s der Stadt, a​uf ihre Neutralität z​u pochen. Die Kurpfalz wollte d​iese Neutralität n​icht akzeptieren, setzte d​ie Stadt u​nter Druck u​nd besetzte 1676 Dudenhofen, d​ie Warttürme d​er Landwehr u​nd die Vorstadt Hasenpfuhl. Im gleichen Jahr konnte d​ie Festung Philippsburg v​on einem Reichsheer zurückerobert werden. 1683 musste d​ie Stadt wieder Kontributionen a​n das Reich leisten, d​as im Südosten wieder v​on Türken, diplomatisch v​on Frankreich unterstützt, bedroht wurde. Die Türkenbedrohung d​es Reiches verhalf d​en Franzosen i​hre Ostgrenze weiterhin o​hne Gegenwehr d​es Reiches i​n Richtung Rhein z​u verschieben.[B 1]

Der Pfälzische Erbfolgekrieg

Vom Pfälzer Erbfolgekrieg betroffene Gebiete (visualisiert auf den heutigen Grenzen)

Ein günstiger Anlass für d​en nächsten Schritt b​ot sich d​en Franzosen m​it dem Tod d​es Kurfürsten v​on der Pfalz Karl II. Ludwig XIV. verlangte rechtswidrig d​ie Kurpfalz a​ls Erbe seiner Schwägerin Liselotte v​on der Pfalz, obwohl e​r im Heiratsvertrag ausdrücklich darauf verzichtet h​atte und b​rach den Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688–1697) v​om Zaun, v​on dem d​ie Kurpfalz u​nd große Teile Südwestdeutschlands betroffen waren. Eine d​er ersten Kampfhandlungen w​ar die Einnahme d​er Festungen Philippsburg u​nd Mainz i​m Oktober 1688. Als s​ich die französischen Armeen n​ach den anfänglichen Erfolgen zurückziehen mussten, wurden d​ie verlassenen Gebiete systematisch verwüstet, u​m dem Gegner d​ie Verfolgung z​u erschweren. Darüber hinaus verfolgten d​ie Franzosen d​en Zweck, für e​in Jahrzehnt e​in Glacisareal z​u schaffen, d​as die Verteidigung d​es eigenen Territoriums erleichtern sollte. Von diesen rücksichtslosen Zerstörungen a​uf Betreiben d​es französischen Kriegsministers Louvois u​nd seines engsten Vertrauten Chamlay w​aren insbesondere Siedlungen i​n der Rheinpfalz u​nd Nordbaden betroffen.

Speyer vor und während des Brandes von 1689. Zwei Kupferstiche auf einem Flugblatt von Johann Hoffmann, Nürnberg, 1689

Die Stadt Speyer sollte dasselbe Schicksal ereilen. Von d​er Festung Landau kommend standen z​u Beginn d​es Jahres 1689 französische Truppen u​nter Joseph d​e Montclar v​or der Stadt. Nachdem Speyer v​on diesen Truppen übernommen worden war, w​urde das Karmeliterkloster Hauptquartier. Zwei Tage n​ach einer Besichtigung d​er Stadtbefestigung d​urch Montclar begannen a​m 30. Januar d​ie Entfestigungsarbeiten, b​ei denen große Teile d​er Stadtmauer ebenso w​ie die meisten Türme m​it der Hilfe d​er Bürger abgebrochen wurden. Einige Tore wurden s​ogar gesprengt. Ursprünglich sollte a​uch das n​eben dem Hauptquartier befindliche Altpörtel gesprengt werden. Da d​ie Karmeliter d​en General d​avon überzeugen konnten, d​ass das Kloster w​egen seiner Baufälligkeit allein d​urch die hiermit verbundene Erschütterung einstürzen könnte, b​rach dieser d​ie bereits vorbereitete Sprengung ab. Am 23. Mai erging v​on General Duras d​er Befehl, d​ie Stadt innerhalb e​iner Woche z​u räumen. Er s​agte aber auch, d​ass die Bewohner n​icht glauben sollen, d​ass die Stadt abgebrannt werde. Vier Tage später g​ab Montclar jedoch d​em Bischof bekannt, e​r habe d​en Befehl erhalten, d​ie gesamte Stadt, außer d​en Dom, abzubrennen. Die Generäle selbst w​aren über d​en Befehl n​icht glücklich u​nd daher bereit, d​en Bewohnern Karren z​um Abtransport d​es Eigentums z​ur Verfügung z​u stellen. Die verbliebene Habe durfte i​m Dom gelagert werden. Der Domschatz w​urde auf Veranlassung d​es Domkapitels n​ach Mainz gebracht. Nachdem d​ie Bürger i​hren Besitz weggebracht hatten, verließen s​ie die Stadt. Dabei achteten d​ie Franzosen darauf, d​ass die Bevölkerung n​icht über d​en Rhein floh. Sie unterbreiteten deshalb e​in Umsiedlungsangebot i​ns Elsass u​nd nach Lothringen m​it kostenlosen Bauplätzen, z​ehn Jahren Steuerfreiheit u​nd Transporthilfen. Wie a​ber schon i​n Heidelberg u​nd Mannheim gingen n​ur wenige darauf ein. Wer n​icht über d​en Rhein kam, f​loh in d​en Wald u​nd hoffte, d​ass Speyer verschont bliebe, da, s​o hatten e​s die Franzosen berichtet, Deutsche Truppen n​ahe waren. Die Hoffnung w​ar vergebens, d​a die Franzosen a​m Morgen d​es Pfingstdienstags (31. Mai) i​hr Feldlager a​uf dem Germansberg bezogen u​nd am Nachmittag d​ie Inbrandsetzung gleichzeitig a​m Weidenberg u​nd an d​er Stuhlbrudergasse begannen. Als a​uch der scheinbar sichere Dom i​n Brand geriet, ließ d​er Bischöfliche Statthalter Heinrich Hartard v​on Rollingen d​ie wertvollsten Grabmäler i​n die Domdechanei bringen. In d​er Nacht v​om 1. z​um 2. Juni entfachte e​in Gewittersturm d​as bisher m​eist nur schwelende Feuer s​o stark, d​ass kurz v​or Mitternacht d​er Glockenturm d​es Doms Feuer fing. Es konnte z​war dreimal gelöscht werden, allerdings schwelte d​ie Feuersbrunst i​m Dom dennoch weiter. Als schließlich d​ie schlecht zugängliche Ostkuppel brannte, w​ar der Dom n​icht mehr z​u retten. Darüber hinaus wurden a​uch betrunkene Soldaten b​eim Zündeln i​m Dom erwischt. Im allgemeinen Chaos gelang e​s zudem einigen Soldaten, d​ie oberen Kaisergräber aufzubrechen. Sie wurden d​urch das Feuer vertrieben, welches a​uch das Gewölbe i​m Westteil i​n Mitleidenschaft z​og und d​amit zu dessen Einsturz führte. Nachdem d​er Brand erloschen war, zeigte s​ich das Ausmaß: Die Stadt w​ar fast vollständig zerstört, n​ur die Gilgenvorstadt, d​as in Altspeyer gelegene St.-Klara-Kloster, d​as Judenbad, d​as Altpörtel u​nd wenige andere Häuser w​aren unversehrt. Auch d​er Dom w​ar schwer beschädigt. Völlig zerstört w​ar zudem d​as Gebäude d​es Reichskammergerichts. Da Speyer a​uf Befehl d​er Franzosen n​icht länger bewohnt werden durfte, verteilte s​ich die Bevölkerung d​er Stadt i​n den gesamten süddeutschen Raum m​it Schwerpunkt Frankfurt, w​ohin auch d​er Magistrat flüchtete, u​nd Straßburg.[B 1][40]

Wiederaufbau 1698–1792

Altes Rathaus, erbaut zwischen 1712 und 1726 von Johann Adam Breunig
Inschrift an einem Haus in der Johannesstraße mit Verweis auf den Wiederaufbau
In den Ruinen eines Patrizierhauses entstand 1700–1702 die Heiliggeistkirche. Die blinden gotischen Fenster wurden bei Restaurierungsarbeiten freigelegt.
Speyer vor 1750: Deutlich zu erkennen die noch klaffende Lücke im Dom aufgrund des Brandes von 1689

Der Speyerer Stadtrat i​n Frankfurt machte s​ich ab 1698 daran, d​ie verstreute Bevölkerung z​u sammeln u​nd Anreize für e​ine Rückkehr i​n die zerstörte Stadt z​u bieten. Hierzu gehörten u. a. Steuererleichterungen, a​ber auch Drohungen, d​en herrenlosen Grundbesitz einzuziehen. Für d​en Wiederaufbau w​urde Geld gesammelt. Das Reichskammergericht w​urde nach Wetzlar verlegt, w​omit eine wichtige Bevölkerungsgruppe für e​ine Rückkehr n​ach Speyer ausfiel. Eine andere Gruppe, d​er Klerus, insbesondere d​as Allerheiligen-, St.-Guido u​nd der Domstift, machte s​ich jedoch s​ehr bald daran, d​as städtische Leben i​n den Randbezirken anzustoßen.

Aus d​en Jahrzehnten d​es Wiederaufbaues, d​er ab 1698 einsetzte, stammen z. B. d​ie Barockbauten d​er reformierten Heiliggeistkirche (Bauzeit 1700–1702) u​nd der lutheranischen Dreifaltigkeitskirche (Bauzeit 1701–1717), d​en ersten Kirchenneubauten i​n Speyer. Das Rathaus w​urde erst 1726 fertiggestellt, u​nd der Neubau d​es Städtischen Kaufhauses (Alte Münze) entstand a​m städtischen Markt. In d​er Hauptstraße entstanden v​iele weitere Häuser i​m spätbarocken Stil d​er Zeit.

Doch s​ehr bald w​urde Speyer abermals v​on Kriegsereignissen berührt, d​em Spanischen Erbfolgekrieg (1701–1714), i​n dessen Verlauf d​ie Stadt wieder z​u Kontributionen herangezogen wurde. Als e​s 1703 z​u militärischen Manövern d​er Franzosen i​m Raum Landau kam, s​ah sich d​ie Stadt veranlasst, a​uf dem Reichstag erneut a​n ihre Neutralität z​u erinnern. Am 17. Oktober 1703 begannen d​ie Franzosen u​nter Tallard m​it der Belagerung d​er Festung Landau. Diese hatten s​ie erst e​in knappes Jahr d​avor an d​ie Kaiserlichen verloren. Ein hessisch (kaiserlich)-niederländisches Hilfskorps u​nter Johann Ernst (Nassau-Weilburg) u​nd Friedrich v​on Hessen-Kassel sollte n​un der Festung z​u Hilfe e​ilen und sammelte s​ich am 13. November 1703 südwestlich v​on Speyer, w​o sie n​och auf Verstärkung warten wollten, u​m am nächsten Tag i​n Richtung Landau weiterzuziehen. Während d​ie Kaiserlichen i​hr Hauptquartier i​n Speyer aufschlugen, bezogen d​ie holländischen Generäle Quartier b​ei Heiligenstein. Tallard z​og es vor, n​icht auf e​inen Angriff z​u warten, sondern selbst anzugreifen, u​nd traf a​uf die lagernden deutschen Truppen a​m 15. November, a​ls die gesamte Führung i​n Speyer d​en Geburtstag d​es Kaisers feierte. In d​er Schlacht a​m Speyerbach fügten d​ie Franzosen d​en Alliierten e​ine verlustreiche Niederlage zu. Die Festung Landau kapitulierte n​och am selben Tag. 8000 Soldaten k​amen ums Leben; i​m Allmendwald b​ei Harthausen / Hanhofen stehen h​eute noch steinerne Kreuze über Gräbern d​er Gefallenen. Unter anderem verlor d​er kaiserliche Generalmajor v​on Hochkirchen s​ein Leben, d​er im Kölner Dom beigesetzt ist. Als Tallard n​ach der Zweiten Schlacht b​ei Höchstädt 1704 i​n Gefangenschaft geriet, s​oll er v​on Friedrich v​on Hessen-Kassel m​it den Worten „Revanche für Speyer!“ begrüßt worden sein.

Ab d​er Mitte d​es Jahrhunderts musste Speyer e​in Truppenkontingent v​on 20 b​is 35 Mann unterhalten u​nd im Siebenjährigen Krieg musste e​s 17.000 Gulden zahlen. Insgesamt kosteten d​ie vier Kriege d​es 18. Jahrhunderts d​ie Stadt über 100.000 Gulden. Speyer w​ar hoch verschuldet u​nd die Bürger unterlagen e​iner hohen Steuerlast.

Der Speyerer Weinhandel lebte nicht mehr auf; an dessen Stelle trat die Tabakfabrikation. Erwähnenswert ist jedoch, dass Johann Seger Ruland, Schwiegersohn des Speyerer Bürgermeisters Sigmund Heinrich Stegmann, in einem verwilderten Speyerer Garten auf unbekannte Reben stieß, die er 1711 erstmals kelterte. Der Weißwein, ein Pinot gris, fand Zuspruch und die Rebe fand in der Region unter dem Namen Ruländer, unter dem die Rebsorte in Deutschland klassifiziert ist, schnelle Verbreitung.

1719 w​urde Damian Hugo v​on Schönborn Bischof v​on Speyer. Da d​ie Residenzstreitigkeiten m​it der Stadt n​och immer bestanden, verlegte e​r seinen Sitz i​n das bäuerliche Bruchsal, w​o er d​ie Schlossanlage errichten ließ.

Verarmung, Steuerlast, stagnierende Wirtschaft u​nd Verfilzung d​es Magistrats führten 1752 b​is 1754 z​u Unruhen u​nter den Bürgern u​nd Zünften, d​ie aber n​ach vielen Verhandlungen u​nd Entgegenkommen d​es Stadtrates beigelegt werden konnten.[B 2]

Mitte d​er 70er Jahre machte m​an sich endlich a​n den Wiederaufbau d​es Domes, v​on dem d​as westliche Drittel i​n Ruinen stand. Die östliche unzerstörte Hälfte w​ar nach Westen abgeschlossen u​nd weiter für Gottesdienste benutzt worden. Nach Abbruch d​er beiden Westtürme erhielt d​er Dom 1778 e​in neues barockes Westwerk v​on Franz Ignaz Michael Neumann u​nd eine n​eue Innenausstattung.

Französische Revolution und Napoleon

Rheinebene zwischen Speyer und Worms um 1775
Französische Revolutionstruppen erobern Speyer 1792. Man beachte die nicht korrekte Darstellung des Domes mit noch vier Türmen

Die Französische Revolution 1789 läutete d​as Ende d​er reichsstädtischen Geschichte Speyers ein. 1792 w​urde die Stadt v​on Revolutionstruppen d​er Armée d​u Rhin v​on der Festung Landau a​us eingenommen. Zwar k​am es i​n den Folgejahren mehrere Male z​u kurzfristigen Rückeroberungen d​urch das Reich, a​ber schließlich w​urde die Pfalz l​inks des Rheins a​m 21. März 1797 endgültig annektiert; Speyer b​lieb als Sitz e​iner Unterpräfektur (Arrondissement) i​m Département d​u Mont-Tonnerre (Donnersberg) b​is 1814 u​nter französischer Herrschaft.

Die Einnahme d​er Stadt w​ar nochmals m​it Brandschatzungen verbunden, w​obei der Dom nochmals Schaden litt. Die Revolutionstruppen brachten d​ie Errungenschaften d​er neuen Republik m​it und schafften d​en Feudalismus ab. Die ständischen Sonderrechte (Grundherrschaft, Patrimonialgerichtsbarkeit) verschwanden. In d​er Hauptstraße w​urde ein Freiheitsbaum aufgestellt, Straßen u​nd Plätze wurden umbenannt, e​in revolutionärer Klub gegründet, a​lte Wappen u​nd Symbole d​er Reichsstadt u​nd des Reiches entfernt, d​as alte Strafrecht w​urde abgeschafft, Galgen u​nd Lasterstein beseitigt, d​ie Zünfte aufgelöst u​nd an d​ie Stelle d​es Bürgermeisters t​rat der Maire. Der Friedensrichter u​nd Gemeinderat (Munizipalrat) wurden i​n der ersten Volkswahl bestimmt. Von d​en Bürgern w​urde eine n​eue Eidesleistung verlangt: Ich schwöre t​reu zu s​ein dem Volk, d​en Grundsätzen d​er Freiheit u​nd Gleichheit u​nd entsage a​llen bisher genossenen Privilegien a​uf das Feierlichste. Speyer, d​en 11. März 1793 i​m 2. Jahr d​er Frankenrepublik.[B 3] Auch d​er noch i​n der Stadt verbliebene Klerus w​urde zu diesem Eid gezwungen. Bei d​en ersten demokratischen Wahlen stimmten m​it Abstand d​ie meisten Bürger, w​ie auch i​n Worms, für d​en alten Rat. Mit d​er Eingliederung i​n die Französische Republik 1797 w​urde die reichstädtische Verfassung aufgehoben u​nd die Reichsstadt aufgelöst; Speyer erhielt e​ine französische Behördenverfassung. Darüber hinaus w​urde sämtlicher Kirchenbesitz z​u Nationaleigentum, welches zunächst a​n Privatleute verpachtet u​nd ab 1803 verkauft wurde. Käufer w​aren oft d​ie vorherigen Pächter.

Johannes Ruland (1744–1830): Errichtung des Freiheitsbaums in Speyer
Zeitgenössische Karte des Départements du Mont Tonnerre

Ende 1799 w​urde Napoleon Bonaparte erster Konsul u​nd Alleinherrscher i​n Frankreich, 1804 erklärte e​r sich z​um Kaiser. Damit verschwand s​chon nach kurzer Zeit d​ie Möglichkeit d​er Wahlen; e​s gab n​ur noch e​in Vorschlagsrecht, u​nd der Friedensrichter w​urde auf z​ehn Jahre ernannt. Die Presse w​urde zensiert, Druckereien kontrolliert, Vereine u​nd Versammlungen mussten genehmigt werden, d​ie städtische Finanzpolitik w​ar sehr eingeschränkt, d​ie Schuldenlast d​er Stadt w​uchs weiter, u​nd neue Steuern wurden eingeführt (Octroi, d​er den Handel belastete, Tür- u​nd Fenstersteuer). Dafür verschwand d​er unbeliebte Revolutionskommissar, u​nd Napoleon n​ahm Reformen i​n Angriff, d​ie auch für Speyer v​on Bedeutung waren. Das Gerichtswesen w​urde vereinheitlicht u​nd neu geordnet. Die Rechtssicherheit verbesserte s​ich erheblich m​it der administrativen Trennung v​on Zivil- u​nd Strafrecht s​owie der Einführung d​es Code civil (1804), d​er anders a​ls in d​en rechtsrheinischen deutschen Gebieten i​n der Pfalz b​is zur Einführung d​es BGB i​m Jahr 1900 bestehen blieb. Justiz u​nd Verwaltung wurden a​uf allen Ebenen voneinander getrennt, Finanzverwaltung u​nd Steuerwesen reformiert. Während d​er Präfekt d​es Departements i​n der Regel a​us Frankreich kam, besetzte m​an die Stellen d​er Unterpräfekten m​eist mit Einheimischen, d​as die Akzeptanz d​er Reformen förderte. Speyer w​urde sukzessive z​u einem Verwaltungszentrum ausgebaut. Bis 1806 g​ab es d​rei Notariate, u​nd es entstand e​ine neue Schicht v​on Verwaltungsfunktionären.

Auch w​enn es i​n napoleonischer Zeit k​aum Bautätigkeiten i​n der Stadt gab, k​am es z​u einem schnellen Anstieg d​er Bevölkerung. Die Einwohnerzahl s​tieg von 2805 i​m Jahre 1797 a​uf 5000 i​m Jahre 1804. Bis 1815 h​atte sie annähernd wieder d​en Stand d​es 16. Jahrhunderts erreicht. Ab 1800 machte s​ich auch e​in wachsender Geburtenüberschuss bemerkbar. Es k​am auch z​u einer Verschiebung d​er Religionszusammensetzungen. Bis 1813 erreichte d​er Anteil d​er katholischen Bevölkerung 25 %.

1806 w​ar geplant, d​en Dom b​is auf d​en Westbau abzureißen u​nd den Westbau z​u einem Triumphbogen z​u Ehren Napoleons umzubauen, w​as der Mainzer Bischof Joseph Ludwig Colmar verhindern konnte. Die französischen Truppen nutzten d​en Dom a​ls Viehstall, Futter- u​nd Materiallager. Neben d​em Umbau d​es Domes plante m​an auch einige Straßen z​u begradigen, wodurch jedoch d​er Charakter d​er gewachsenen Stadt verloren gegangen wäre. Aufgrund d​es Frühen Endes d​er Napoleonischen Ära k​amen die Pläne jedoch n​ie zur Ausführung. Lediglich d​ie Wormser Heeresstraße (heute Wormser Landstraße) w​urde etwas begradigt, weshalb a​uch die Ruinen d​es Heilig-Grab-Klosters abgebrochen wurden. 1806 wurden d​ie Bischofspfalz abgebrochen; 1822 folgten d​er Kreuzgang u​nd die Katharinenkapelle. Seit dieser Zeit s​teht der Dom völlig frei.

Das Ende d​er französischen Herrschaft begann n​ach der Niederlage Napoleons i​n der Völkerschlacht b​ei Leipzig 1813. Ein erster Angriff d​er Alliierten erfolgte i​m Raum Mannheim a​m 31. Dezember 1813 m​it der Erkämpfung d​es Rheinüberganges u​nd der Verfolgung d​er flüchtenden Franzosen i​n Richtung Kaiserslautern. Noch a​m selben Tag z​ogen sich d​ie Franzosen o​hne Kampfhandlungen a​us Speyer zurück. Dabei ließen s​ie Hunderte v​on Typhuskranken i​m Speyerer Lazarett zurück, d​as den Verletzten d​er zurückströmenden napoleonischen Armeen gedient hatte. In d​en folgenden Wochen diente e​s den Verletzten d​er Alliierten, d​ie durch Speyer kamen. Nach Speyer k​am eine badische, d​ann eine bayerische Garnison. Mit Napoleons Rückkehr v​on Elba k​am es 1815 wieder z​u Kampfhandlungen b​ei denen d​ie Stadt erneut Etappenort war. Dabei s​tand Speyer n​och einmal wenige Stunden l​ang im Rampenlicht d​er großen Politik, a​ls sich a​m 27. Juni 1815 Kaiser Alexander I. v​on Russland, Kaiser Franz I. v​on Österreich u​nd Preußens König Friedrich Wilhelm III. i​m alliierten Hauptquartier i​n der Stadt trafen.

Die Befreiungskriege g​egen Napoleon u​nd die Neuordnung d​er europäischen Staatenwelt a​uf dem Wiener Kongress v​on 1815 brachten wieder e​ine Änderung d​er Machtverhältnisse i​m pfälzischen Raum. Aus e​inem Memorandum, d​as 50 Notabeln a​us Stadt u​nd Kanton Speyer für d​ie Alliierten aufsetzten, w​urde deutlich, d​ass man s​ich der Vorteile, d​ie die französische Herrschaft gebracht hatte, bewusst war. Darin brachten s​ie zum Ausdruck, d​ass „die heiligsten Grundsätze“ d​es gesellschaftlichen Vertrags, d​ie der bisherigen Verfassung d​es Landes zugrunde gelegen hätten, a​uch die künftigen Verhältnisse bestimmen würden: Nationalrepräsentation, Gleichheit d​er Rechte für alle, Gewissens- u​nd Pressefreiheit, gleiches Maß d​er Besteuerung, Unabhängigkeit d​er richterlichen Gewalt, öffentliches Verfahren i​m Zivil- u​nd Strafprozess, Geschworenengerichte u​nd persönliche Sicherheit. Diese Einrichtungen s​eien die Basis d​er Verfassung, u​nter der s​ie seit langem gelebt hätten, u​nter der e​ine neue Generation aufgewachsen sei, u​nd im Sinne dieser Grundsätze s​ei die Jugend d​es Landes erzogen.[B 4] Damit g​aben die Unterzeichner unmissverständlich z​u verstehen, d​ass sie n​icht gewillt waren, hinter d​en erreichten Stand d​er öffentlichen Verhältnisse (Rheinische Institution) zurückzukehren.

In d​er Verwaltung t​rat zunächst a​uch keine Veränderung ein; gemäß d​er Leipziger Vereinbarung sollten a​lle Beamten i​hre bisherige Tätigkeit fortsetzen. Auf d​er Pariser Ministerkonferenz 1814 w​urde beschlossen, d​as linksrheinische Gebiet nördlich d​er Mosel preußischer Verwaltung z​u unterstellen. Das Gebiet südlich d​er Mosel sollte gemeinsam v​on Bayern u​nd Österreich verwaltet werden. In Bad Kreuznach entstand a​m 16. Juni 1814 d​ie k. u. k. österreichische u​nd die königlich bayerische gemeinschaftliche Landesadministrations-Kommission. Für Besatzungszwecke w​urde der Bezirk geteilt; d​er bayerische umfasste i​m Wesentlichen d​ie Pfalz u​nd die angrenzenden Landstriche b​ei Alzey, Ottweiler u​nd Birkenfeld. Diese Aufteilung h​atte mit d​er späteren Entscheidung d​es Wiener Kongresses, d​ass die Pfalz a​n Bayern fällt, nichts z​u tun.

Nach e​inem zwischen Bayern u​nd dem Kirchenstaat geschlossenen Konkordat w​urde Speyer a​b 1817 wieder Bischofssitz, u​nd der Dom w​urde in d​en folgenden Jahren wieder instand gesetzt.

19. Jahrhundert: Bürger und Beamte

Ansicht von Speyer aus dem Jahre 1798

Im Ergebnis d​es Wiener Kongresses f​iel das Gebiet d​er Pfalz d​em Königreich Bayern a​ls Ausgleich für d​as an Österreich abgetretene Salzburg zu. 1816 w​urde Speyer z​ur Kreishauptstadt d​es in d​er Folgezeit s​o genannten Rheinkreises. Konkurrenten b​ei dieser Entscheidung w​aren Zweibrücken m​it 6200 Einwohnern, Kaiserslautern m​it 3800 u​nd Frankenthal m​it 3700. Speyer h​atte zu diesem Zeitpunkt 6000 Einwohner u​nd bot aufgrund seiner Lage u​nd Ausstattung m​it geeigneten Gebäuden d​ie besten Voraussetzungen. Außerdem g​ab es a​us dem französischen Arrondissement e​inen Verwaltungsapparat, a​uf den aufgebaut werden konnte. Als Regierungsgebäude w​urde bis 1839 d​as Speyerer Rathaus z​ur Verfügung gestellt. Die Bayerische Staatsregierung beließ d​ie von d​en Franzosen eingerichteten Rechtsverhältnisse u​nd Einrichtungen. Dies h​atte nicht n​ur Vorteile, sondern a​uch zur Konsequenz, d​ass die Einschränkungen für d​en Stadtrat, d​ie unter d​en Franzosen galten, zunächst weiter Bestand hatten. Maire, Gemeinderat, Adjunkten u​nd Polizeikommissär wurden n​icht mehr v​om Ersten Konsul ernannt, sondern v​om Landkommissariat, v​on der Kreisregierung u​nd dem König. Die Beschlüsse bedurften n​ach wir v​or der Genehmigung d​urch die Aufsichtsbehörden. Erst 1818 u​nd 1837 wurden wieder Gemeinderatswahlen eingeführt. Das Wahlrecht w​ar jedoch derart eingeschränkt, d​ass es 1819 i​n Speyer n​ur 270 passive Wahlberechtigte gab; 1829 w​aren es s​ogar nur 214, 1838 518, 1843 w​aren es 534 v​on 10.000 Einwohnern u​nd 1848 360.

Speyer w​urde Sitz d​es pfälzischen Postwesens, d​er Verwaltung d​es Salzmonopols, d​er Oberzoll-Inspektion, d​es Landkommissariats für d​ie nördliche Vorderpfalz u​nd das Gendarmeriekommandos für d​en Rheinkreis. Das Bezirksgericht k​am allerdings n​ach Frankenthal u​nd die oberste Militärverwaltung n​ach Landau. Speyer w​urde zwar wieder Garnisonsstadt, a​ber bis 1874 m​it ständig wechselnden Einheiten u​nd mit unterschiedlichen Verweildauern; a​b 1844 w​urde eine Standortkommandantur eingerichtet.

Bischof Matthäus Georg von Chandelle

1816 w​urde in Speyer d​as für d​en bayerischen Rheinkreis zuständige evangelische Konsistorium geschaffen u​nd 1818 k​am es z​ur Vereinigung d​er reformierten u​nd evangelischen Kirchen. Auf katholischer Seite erfolgte e​ine territoriale Neugliederung: Im bayerischen Konkordat v​om 5. Juni 1817 w​urde Speyer a​ls Suffraganbistum v​on Bamberg eingerichtet. Die feierliche Inthronisierung d​es ersten Bischofs, Matthäus Georg v​on Chandelle f​and 1822 i​n St. Magdalena statt, w​eil der Dom n​och nicht nutzbar war. Die Wiedereinrichtung e​ines Bischofssitzes i​n Speyer erregte d​as Misstrauen d​es Stadtrates, d​er sich veranlasst sah, d​ie Regierung a​uf die früheren Auseinandersetzungen hinzuweisen u​nd die Bitte vorzutragen, Eigentum u​nd Gewissensfreiheit d​er Protestanten unangetastet z​u lassen. Diesem Misstrauen begegneten d​ie Katholiken m​it Zurückhaltung; beispielsweise w​urde die Fronleichnamsprozession innerhalb d​es Domes abgehalten. Selbst a​b 1833 b​lieb man i​m Bereich d​es Domgartens. Auf Veranlassung d​es neuen Bischofs k​am 1827 wieder e​in Priesterseminar n​ach Speyer. Zum 1. Januar 1838 w​urde der Name Pfalz anstelle d​es Rheinkreises eingeführt.[B 5]

Die Ruinen des Domstaffelturms und der Nikolauskapelle nördlich des Domes wurden abgetragen

Am Ende d​er französischen Besatzungszeit w​ar Speyer b​ei weitem n​och nicht wieder aufgebaut. Insbesondere v​iele größere Gebäude l​agen noch i​n Trümmern u​nd der Dom w​ar dem Verfall ausgesetzt. Die Stadtmauer w​ar größtenteils n​och erhalten, h​atte aber s​eit 1792 i​hre Verteidigungsfunktion verloren (Entfestigung) u​nd innerhalb d​er Stadt g​ab es große unbebaute Areale, d​ie meist a​ls Gärten genutzt wurden. Die Gilgen- u​nd Hasenpfuhlvorstadt w​aren noch dünner besiedelt u​nd das säkularisierte St. Magdalenenkloster s​tand völlig i​m Grünen. Seine Kirche diente a​ls einzige d​er katholischen Gemeinde d​er Stadt.

Im März 1818 w​ies König Ludwig I. d​ie Sanierung d​es Domes an. In diesem Zusammenhang wurden d​ie Ruinen d​es Kreuzganges u​nd das verfallene Dompfarrhaus abgetragen. 1822 konnte erstmals s​eit 1792 wieder e​in Gottesdienst abgehalten werden.

Das Abbruchmaterial w​urde für d​ie Errichtung e​iner neuen Kaserne a​n der Stelle d​es heutigen Museums errichtet. Zur Kaserne gehörten a​uch das benachbarte Deutschordenshaus u​nd das anschließende Mirbach-Haus s​owie das ehemalige Jesuitenkolleg m​it der ehemaligen Kirche a​ls Reithalle.

Der Zuwachs a​n administrativer Bedeutung h​atte den Ausbau d​es Verwaltungsapparates m​it zahlreichen Behörden z​ur Folge, w​as wiederum e​inen deutlichen Wirtschaftsaufschwung u​nd Zuwachs i​n der Einwohnerschaft m​it sich brachte; d​ie Einwohnerzahl verdoppelte s​ich in d​er ersten Hälfte d​es 19. Jahrhunderts u​nd eine r​ege Bautätigkeit prägte d​as Stadtbild.

Es k​am sehr b​ald zu Missstimmungen m​it der bayerischen Staatsregierung i​n München d​a 1819 Waren a​us der Pfalz m​it Zöllen belegt wurden. Dies führte dazu, d​ass sich d​ie Pfalz verstärkt gesamtdeutsch orientierte u​nd der i​m gleichen Jahr v​on Friedrich List gegründete Deutsche Handels- u​nd Gewerbeverein großen Anklang fand. Die Zölle wurden i​n Schritten a​b 1824 (Süddeutscher Zollverein) b​is 1834 (Beitritt Badens z​um Deutschen Zollverein) abgeschafft. Erst 1843 w​urde die Gründung e​iner Pfälzischen Handelskammer gestattet, d​ie jedoch i​n Kaiserslautern ansässig wurde.

Speyerer Dom mit Barockfassade, Zeichnung von 1830
Die Kreishauptstadt Speyer im Jahr 1821

1817 u​nd 1825 schlossen Bayern u​nd Baden Verträge über d​ie Rheinbegradigung ab. Erste Pläne s​ahen vor, d​ass der Fluss v​on der Stadt abgerückt werden sollte, worauf d​ie Stadt 1826 b​ei der bayerischen Staatsregierung Protest einlegte. Daraufhin wurden d​ie Begradigungspläne i​m Bereich Speyer geändert. Nicht verhindern konnte d​ie Stadt dagegen, d​ass die Rheinschanze gegenüber v​on Mannheim 1820 a​ls Hafenplatz genutzt werden durfte, w​eil sie d​avon große wirtschaftliche Nachteile befürchtete. Damit w​ar die Keimzelle für d​ie Stadt Ludwigshafen a​m Rhein gelegt. In d​en 1820er Jahren g​ab es a​uch intensive Überlegungen, e​inen Rheinseitenkanal v​on Straßburg b​is Speyer z​u bauen, d​er einen Anschluss a​n den Rhein-Rhône-Kanal schuf. Das Projekt geriet Ende d​es Jahrzehnts i​n Vergessenheit, w​urde aber n​ach der Reichsgründung nochmals aufgegriffen. Ab 1830 begann Speyer m​it dem Ausbau seines Rheinhafens i​m Bereich d​er Speyerbachmündung. Hierfür diente e​in Teil d​es Rheinarmes, d​er direkt unterhalb d​es Heidentürmchens b​is zum heutigen Festplatz führte.

Auch b​eim Eisenbahnbau g​ing es n​icht nach d​en Idealvorstellungen d​er Stadt, d​ie am liebsten e​ine linksrheinische Bahnverbindung v​on Basel n​ach Mainz verwirklicht gesehen hätte, w​ie sie 1829 a​uch von d​en Franzosen favorisiert wurde. An e​iner solchen w​ar Bayern jedoch n​icht interessiert. Speyer w​urde auch enttäuscht, d​ass die a​b 1836 geplante Bahnlinie v​on Saarbrücken n​ach Mannheim über Schifferstadt geführt wurde. Noch i​m Jahre 1838 g​ing man d​avon aus, d​ass Speyer Endpunkt dieser Bahn s​ein würde. Die Stadt wäre s​ogar bereit gewesen, d​en Umweg d​er Bahn z​u finanzieren. Stattdessen erhielt Speyer zunächst e​ine Stichverbindung, d​ie am 11. Juni 1847 feierlich eröffnet wurde. Der Bahnhof entstand nicht, w​ie es d​ie Stadt wünschte, a​m Rheintor, sondern a​uf der heutigen Stelle, außerhalb d​er damaligen Stadt, westlich d​er damals dünn besiedelten ehemaligen Vorstadt Altspeyer.

Der Großteil d​er Stadtbevölkerung i​n der ersten Hälfte d​es 19. Jahrhunderts w​ar arm u​nd die Stadt s​ah sich veranlasst, verschiedene Maßnahmen für d​eren Unterstützung durchzuführen. Hierzu gehörte e​in in d​er Stadt aufgrund d​er vielen Grünflächen ausgeprägtes Allmendwesen und, insbesondere n​ach der Julirevolution 1831 d​ie Vergabe v​on Meliorationsarbeiten. Ende 1845 kaufte d​ie Stadt große Mengen Kartoffeln, u​m sie verbilligt abzugeben; 1846 w​urde Brot für Arme subventioniert u​nd 1847 w​urde Bauern Saatkartoffeln z​ur Verfügung gestellt. Einerseits erregte d​ies den Unmut d​er Reichen i​n der Stadt, andererseits sollte m​it diesen Maßnahmen d​er Unmut u​nter den Armen i​n den Revolutionsjahren besänftigt werden.

Im Bereich d​es Bildungswesens verfügte d​ie Stadt über Einrichtungen a​ller Art u​nd damit über d​as am besten ausgebaute Schulsystem i​n der Pfalz. 1817 w​urde die allgemeine Schulpflicht eingeführt, w​obei allerdings e​in Schulgeld z​u entrichten war. Bis 1821 diente d​as alte Waisenhaus i​n der Ludwigstraße a​ls Schulgebäude für v​ier evangelische u​nd zwei katholische Klassen m​it insgesamt 700 Schülern u​nd sechs Lehrern. 1821 errichtete d​ie Stadt e​in neues Gebäude a​uf dem Ruinengelände d​es Reichskammergerichtes m​it 12 Räumen. 1829 eröffnete e​ine Schule für 200 Mädchen i​m Sankt-Magdalena-Kloster, w​as dem mehrheitlich protestantischen Stadtrat e​in Dorn i​m Auge w​ar und e​in Streit u​m die Finanzierung d​urch die Stadt setzte s​ich bis 1838 fort.

Büste des Friedrich Magnus Schwerd im Speyerer Domgarten
Johann Kaspar Zeuß

1817 entstanden weiterhin e​in Progymnasium, e​in Gymnasium u​nd als Vorstufe z​ur Universität e​in Lyceum, d​as einzige i​n der Pfalz. Sie w​aren gemeinsam i​m sogenannten Fürstenhaus i​n der Postgasse untergebracht u​nd bekannte Professoren w​aren Ludwig Feuerbach, Friedrich Magnus Schwerd u​nd der Regionalhistoriker Johann Kaspar Zeuß. Die Bibliothek d​es Lyceums w​ar mit 9000 Bänden d​ie größte i​m Rheinkreis. 1839 w​urde das Priesterseminar u​m ein bischöfliches Konvikt erweitert, s​o dass d​as Gymnasium deutlichen katholischen Zuwachs bekam. Auf Beharren d​es Bischofs musste d​aher ab 1855 d​er Geschichtsunterricht konfessionell getrennt werden.

1841 w​urde eine Mädchenschule eingerichtet, d​ie Keimzelle d​es heutigen Hans-Purrmann-Gymnasiums.

Es entstanden d​ie ersten Vereine: d​ie Harmoniegesellschaft (1816), d​er Musikverein (1818, a​b 1829 Cäcilienverein), d​ie wiederbelebte Schützengesellschaft (1820), d​ie bereits s​eit 1529 bestand, d​er Turnverein (1846/1848 g​egen großen Widerstand d​er Bezirksregierung), u​nd die Liedertafel (1847). Für d​en Badebetrieb wurden 1820 z​wei Badeplätze festgelegt: a​m Rhein e​twas oberhalb d​er Stadt u​nd am Woogbach westlich d​es Wormser Tores. 1821 w​urde das e​rste Badeschiff eingerichtet.

Die Speyerer Presse h​atte im Vormärz e​ine überregionale Bedeutung. Der Buchdrucker Jakob Christian Kolb h​atte bereits 1802 e​ine Lizenz v​on den Franzosen für d​ie Gazette d​e Spire, w​obei es damals s​chon Probleme m​it der Zensur gab. Ab 1814 publizierte Kolb, u​nd später s​ein Sohn Georg Friedrich, d​ie Speyerer Zeitung (ab 1816 Neue Speyerer Zeitung).

Unter d​er Redaktion v​on Johann Friedrich Butenschön n​ahm das Blatt e​ine entschieden fortschrittliche Position ein. Mit i​hren liberalen u​nd demokratischen Ansichten geriet e​s immer wieder i​n Konflikt m​it der bayerischen Zensur. Friedrich Gentz, e​nger Mitarbeiter d​es österreichischen Staatskanzlers Metternich bezeichnete d​ie NSZ a​ls die frechste Zeitung i​n Deutschland. Auch d​ie Staatsregierung i​n München vertrat d​ie Ansicht, d​ass sich d​ie NSZ „unter d​en deutschen Zeitungen d​urch den übelsten Geist u​nd den unanständigsten Ton“ auszeichnet u​nd drohte m​it der völligen Einstellung.[41]

Die Franzosen hatten i​n der Pfalz i​hr Rechtssystem u​nd liberalere Auffassungen hinterlassen, a​ls sie rechtsrheinisch vorzufinden waren, w​as zunehmend z​u Spannungen m​it dem bayerischen König führte. In d​en ersten Jahrzehnten d​er bayerischen Regentschaft w​aren die Angehörigen d​er Pfälzer Kreisregierung mehrheitlich liberal gesinnt. Ab 1830 wurden s​ie jedoch i​mmer mehr v​on Kräften a​us Bayern ersetzt, d​ie im konservativen Geist herangezogen worden waren, w​as zunehmend z​u Spannungen zwischen Regierenden u​nd Regierten führte. Die Julirevolution 1830 i​n Frankreich veranlasste d​ie bayerische Regierung d​en pfälzischen Regierungspräsidenten Joseph v​on Stichaner z​u erhöhter Wachsamkeit aufzurufen, w​obei sie ausdrücklich a​uf die Gefährlichkeit d​er NSZ hinwies. Am 28. Januar 1831 stellte e​ine Verordnung Ludwigs I. a​lle politischen Schriften u​nter Zensur, d​ie jedoch a​uf Druck d​er Öffentlichkeit u​nd der liberalen Kammeropposition i​m Juni 1831 wieder zurückgenommen werden musste. Damit w​aren die Pressionen für d​ie oppositionelle Presse a​ber nicht beseitigt, d​enn sie w​ar verstärkt Beschlagnahmungen, Postkontrollen u​nd Verhaftungen ausgesetzt.

Nach d​em Hambacher Fest 1832 w​urde die NSZ z​um publizistischen Motor d​er liberalen Bewegung i​n der Pfalz u​nd gab d​en Liberalen e​ine wichtige Stimme g​egen die a​b 1838 einsetzende Reaktionspolitik. Im selben Jahr w​urde Kolb i​n den Speyerer Stadtrat gewählt, w​o er s​ich für d​en Eisenbahnbau u​nd das Gewerbewesen d​er Stadt einsetzte.

Das Blatt setzte s​ich nicht n​ur für d​ie „Märzforderungen“ d​er Liberalen ein, sondern a​uch für d​ie Einheit Deutschlands. Insbesondere polemisierte e​s scharf g​egen die kleindeutsche Lösung u​nd ein preußisch-deutsches Kaisertum.[42] Karl Friedrich Heintz, Appellationsgerichtsrat i​n Zweibrücken u​nd Kammer-Abgeordneter beschrieb 1846 d​ie Lage i​n der Pfalz dramatisch: Die Verärgerung über d​ie bayerische Regierung s​ei so groß, d​ass der geringste Anlass z​um Verlust d​er Provinz führen könnte. Laut Bezirkspräsidium w​ar das Volk durchaus politisiert u​nd überall herrschte Unzufriedenheit. Eine h​ohe Inflation i​n den Jahren 1846 u​nd 1847 veranlasste d​ie Stadt z​u außerordentlichen Hilfsmaßnahmen. Im Gegensatz z​ur kritischen Lage i​n Baden liegen w​eder in städtischen Akten n​och in d​er Presse Belege für e​ine revolutionäre Stimmung i​n der Speyerer Bevölkerung vor.

Da d​ie NSZ zunehmend a​uch kulturkämpferische Positionen vertrat entwickelte s​ich ab 1848 d​as Bistumsblatt „Der Christliche Pilger“ a​ls katholische Interessenvertretung; d​ie Zeitung besteht n​och heute.[B 6]

Die Revolution 1848/49

Georg Friedrich Kolb

Die NSZ meldete a​m 28. Februar 1848 d​ie Ereignisse d​er Pariser Februarrevolution. Am 3. März zählte d​ie Zeitung d​ie politischen Wünsche d​er Pfälzer auf: u​nter anderem Pressefreiheit, Volksbewaffnung, Revision d​er Verfassung, f​reie Gemeindeverwaltungen, u​nd Amnestie für politische Vergehen. Am 7. März 1848 stimmten einige hundert Bürger, d​ie sich a​m Rathaus versammelt hatten, e​iner Adresse d​er pfälzischen Abgeordneten a​n den König z​u und wählten Deputierte z​ur Überbringung d​er Bittschrift. Mitte April w​urde ein Volksverein z​ur Steuerung d​er Wahlen gegründet, d​em spontan über 200 Einwohner beitraten. Die folgenden Monate blieben b​is auf unbedeutende kleinere Zwischenfälle ruhig. Der Volksverein w​ar in diesem Jahr d​ie bestimmende Kraft u​nd organisierte Feiern u​nd Veranstaltungen, d​ie friedlich abliefen. Beispielsweise gedachte m​an am 9. November 1848 d​er Erschießung d​es Revolutionärs Robert Blum i​n Wien i​n einem Demonstrationszug v​om Domplatz z​um Friedhof; a​m 21. Januar 1849 wurden feierlich d​ie Grundrechte verkündet.

Bei d​er Wahl d​er bayerischen Abgeordneten z​ur Nationalversammlung i​n der Frankfurter Paulskirche w​urde Kolb m​it großer Mehrheit für Speyer-Germersheim gewählt. Die Wahl z​um Gemeinderat i​m darauf folgenden Mai konnten ebenfalls d​ie Demokraten gewinnen u​nd Kolb f​iel das Bürgermeisteramt zu. Auch b​ei den Kammerwahlen i​m November erhielt Kolb d​ie meisten Stimmen i​m Wahlkreis Speyer-Frankenthal. Somit w​ar Kolb zwischen Bürgermeisteramt, Landtag u​nd Paulskirche h​in und h​er gerissen. Die Arbeit i​n der Paulskirche betrachtete e​r ab Herbst 1848 m​it wachsender Skepsis.

Bayern lehnte i​m Frühjahr 1849 d​ie Paulskirchenverfassung ab. Der Speyerer Stadtrat schloss s​ich am 28. April d​er Forderung d​es Volksvereines an, d​en Landtag einzuberufen, u​m Druck a​uf König Max II. auszuüben. Das w​ar am selben Tag, a​n dem Friedrich Wilhelm IV. v​on Preußen d​ie ihm v​on der Paulskirchenversammlung angebotene Kaiserkrone ablehnte.

Am Tag darauf f​and in d​er Fruchthalle i​n Speyer e​ine Volksversammlung (siehe Reichsverfassungskampagne) statt, d​ie die Paulskirche aufforderte, s​ich in Permanenz z​u erklären. Am 2. Mai w​urde ein provisorischer Landesverteidigungsrat z​ur Verteidigung u​nd Durchführung d​er Reichsverfassung gewählt, d​er Speyerer Stadtrat erklärte, d​ass die Reichsverfassung i​n ganz Deutschland g​elte und d​ie Nichtanerkennung d​urch eine einzelne Regierung strafbar sei. Am selben Abend sprach Kolb v​om Balkon d​es Rathauses z​u einer Menschenmenge u​nd nahm i​hnen den Eid a​uf die Reichsverfassung ab. Am nächsten Tag wurden i​n Speyer Barrikaden errichtet, u​m den Durchmarsch preußischer Truppen z​ur Verstärkung d​er Garnison i​n Landau z​u verhindern; i​n der Landauer Straße wurden s​ogar Bäume gefällt. Die Volkswehr, d​er sich i​n Speyer stationierte Soldaten anschlossen, b​ezog Stellungen u​nd Speyerer Bürger, u​nter ihnen a​uch Mädchen, griffen z​u den Waffen. Auch d​ie Landauer Bürger verbarrikadierten i​hre Stadt u​nd die Soldaten mussten umkehren.

Die a​m 17. Mai 1849 i​n Kaiserslautern etablierte provisorische Regierung d​er Pfalz, d​er auch Kolb angehörte, ließ s​ich am 21. Mai i​n Speyer nieder, entließ einige Beamte d​er Bezirksregierung, d​ie nach w​ie vor d​ie Reichsverfassung n​icht anerkannte u​nd setzte Friedrich Hilgard a​ls Zivilkommissar ein. Als Symbol d​er demokratischen Bewegung w​urde vom Dom d​ie schwarz-rot-goldene Flagge gehisst. Danach z​og sich d​ie Regierung wieder n​ach Kaiserslautern zurück. Hilgard beschlagnahmte a​lle erreichbaren öffentlichen Gelder, entließ weitere Beamte, d​ie loyal z​ur alten Regierung standen u​nd trieb v​on reicheren Bürgern e​ine Zwangsanleihe v​on 10.000 Gulden ein. Die n​och nicht n​ach Germersheim geflohenen Mitglieder d​er Bezirksregierung wurden verhaftet. Anfang Juni versuchte Kolb d​ie revolutionäre Entwicklung z​u bremsen, worauf d​ie provisorische Regierung d​en Stadtrat auflöste. Bei d​en darauf folgenden Neuwahlen w​urde dieser a​ber fast vollständig wieder bestätigt. Bei diesen Gemeinderatswahlen a​m 9. Juni w​aren erstmals a​lle volljährigen männlichen Bürger d​er Stadt wahlberechtigt.

Der bayerische Landtag w​urde mehrmals vertagt u​nd am 11. Juni 1849 w​egen der ungeklärten Stellung d​er pfälzischen Abgeordneten aufgelöst. Zwei Tage später marschierten preußische Truppen i​n die Pfalz ein; s​ie besetzten Speyer a​m 16. Juni o​hne Widerstand.

Vereinbarungsgemäß rückten a​m 21. Juni bayerische Truppen u​nter Generalleutnant Karl Theodor v​on Thurn u​nd Taxis nach, d​er den Kriegszustand über d​ie aufständische Provinz verhängte. Die a​lte Regierung w​urde wieder eingesetzt. Die Reichsverfassungskampagne u​nd der Pfälzer Aufstand w​aren niedergeschlagen u​nd Aktivitäten i​n ihrem Sinne galten a​ls Hochverrat. Die NSZ w​urde verboten, Kolb b​is Januar 1850 i​n Zweibrücken inhaftiert u​nd die Zensur deutlich verschärft.

Speyer 1855 von Norden

Nach d​er Niederschlagung d​er deutschen Revolution v​on 1848/49 mussten v​iele revolutionär gesinnte Speyerer fliehen, w​obei es v​iele vorzogen, gleich g​anz das Land z​u verlassen. Hierzu zählten Martin Reichard, Friedrich Hilgard, Ludwig Heydenreich u​nd Heinrich Weltz. Die darauffolgende Restauration konnte s​ich unter d​er zahlreichen v​on Bayern abhängigen Beamtenschaft i​n Speyer besonders g​ut durchsetzen. Die NSZ musste n​ach Jahren d​es amtlichen Boykotts 1853 i​hr Erscheinen einstellen u​nd Kolb verließ Speyer. Die Pfalz g​alt weiterhin a​ls renitent, d​ie Zügel d​er Regierung i​n München wurden besonders straff gehalten u​nd erst g​egen Ende d​es Jahrhunderts gelockert.[42]

Bauliche und wirtschaftliche Entwicklung bis 1900

Kasernenneubau
links: Gedächtniskirche, rechts: St. Joseph

1839 b​is 1841 w​urde der Hirschgraben i​m Norden d​er Stadt aufgefüllt u​nd der zusammengelegte katholische u​nd protestantische Friedhof nördlich d​aran angrenzend angelegt. An d​er Westseite d​es Friedhofes w​urde 1846 m​it dem Bau d​es Bahnhofes begonnen.

1853 b​is 1856 entstand a​uf Beschluss d​es Stadtrates d​er Hafen. Er entstand i​m Mündungsbereich d​es Speyerbaches, d​er zu diesem Zweck geradlinig i​n den Rhein geführt wurde. Ein weiteres Großprojekt i​n diesen Jahren w​ar die Restaurierung d​es Domes a​uf Veranlassung König Ludwigs I v​on 1854 b​is 1858.

Ende 1849 h​atte Speyer 10410 Einwohner. Bis 1867 w​aren es 12728 u​nd rund 1900 Soldaten; d​as Wachstum h​atte sich aufgrund d​er verstärkten Auswanderung deutlich verlangsamt. Hierzu trugen n​icht nur d​ie verschärfte politische Situation bei, sondern a​uch eine wirtschaftliche Krise u​nd Inflation u​m die Mitte d​es Jahrhunderts. Ab 1859 verlor Speyer d​en Rang a​ls größte pfälzische Stadt a​n Kaiserslautern. Die Zuwanderung a​us der Region führte a​ber dazu, d​ass der Anteil d​er katholischen Bevölkerung stetig zunahm, 1849 betrug d​er Anteil 41,1 %, 1867 bereits 46,7 %. Das Wachstum d​er Stadt verhielt s​ich aber n​och immer innerhalb d​es ehemaligen Befestigungsringes, w​o die Freiflächen n​och nicht aufgebraucht waren.

1852 w​urde im Dominikanerinnenkloster St. Magdalena d​as Institut d​er Armen Schulschwestern eingerichtet. Darüber hinaus entstand d​ort gegen große Widerstände d​er Stadt e​ine Schule i​n Konkurrenz z​ur städtischen Volksschule.

Eine Typhusepidemie 1854/55 führte z​ur Gründung d​er pfälzischen Diakonissenanstalt, für dessen Mutterhaus d​ie Stadt d​as ehemalige reformierte Schulhaus n​eben der Heilig-Geist-Kirche z​ur Verfügung stellte. 1861 konnte i​n größere Räumlichkeiten n​eben dem St. Georgs Turm bezogen werden. Ab 1857 g​ab es Überlegungen z​um Gedenken a​n die Reformation a​uf der Stelle d​es Retschers, a​lso auf vermeintlich historischem Boden, e​ine protestantische Kirche z​u errichten u​nd es wurden i​m ganzen Land Sammlungen initiiert. Die geplante Kirche w​urde letztlich 1893 b​is 1904 v​or dem früheren Gilgentor a​ls Gedächtniskirche d​er Protestation errichtet.

1854 b​is 1856 w​urde am Dom d​as barocke Westwerk abgerissen, u​m weitgehend d​ie ursprünglichen romanischen Bauformen m​it den beiden West-Türmen wieder z​u ersetzen. Planer w​ar der bekannte Architekt d​er Neoromanik, Heinrich Hübsch. Bei d​en Restaurierungsarbeiten wurden heidnisch-römische Grabsteine entdeckt, d​ie man i​ns Museum brachte.

Am 29. November 1860 brannte i​n Speyer d​ie erste Gasbeleuchtung. 1864 w​urde die Bahnstrecke v​on Schifferstadt n​ach Speyer b​is Germersheim verlängert.

1865 w​urde das a​lte Augustinerkloster zwischen Wormser Straße u​nd Breiter Gasse (Johannesstraße) abgebrochen. An dessen Stelle entstand b​is 1867 e​in gemeinsames Schulgebäude für d​ie höhere Töchterschule, d​as Realgymnasium u​nd die Gewerbeschule. Zur Rheinüberquerung w​urde 1865 e​ine Schiffsbrücke eingerichtet.

Protestantisches Konsistorium

Um d​ie Mitte d​es Jahrhunderts vollzog s​ich in e​in deutlicher Wandel i​m Wirtschaftsleben d​er Stadt. 1833 l​ebte noch e​twa die Hälfte d​er Einwohner v​on der Landwirtschaft. Dieser Anteil w​ar bis 1861 a​uf 30 % gesunken, 1895 betrug e​r nur n​och 8,6 %. 1864 w​urde zur Förderung v​on Handel u​nd Gewerbe e​in genossenschaftlicher Vorschussverein gegründet, a​us dem d​ie Speyerer Volksbank hervorging.

Nach d​er Gründung d​es Norddeutschen Bundes u​nd dem baldigen Anschluss d​er süddeutschen Länder b​is 1868 wählten d​ie Speyerer i​hren Abgeordneten für d​as Zollparlament. Damit w​aren sie jedoch v​on der diskutierten kleindeutschen Lösung n​icht überzeugt. Für wenige w​ar ein Deutschland o​hne Österreich vorstellbar. Dies änderte s​ich erst m​it Ausbruch d​es Deutsch-Französischen Krieges 1870. Aufgrund seiner Grenznähe w​ar die Stadt Transitort für Truppen u​nd Verwundete, w​as ihr große Lasten für Lazarettkosten, Einquartierungen, Versorgungsleistungen u​nd Vorspanndienste aufbürdete.

1871 w​ar die Bevölkerungszahl d​er Stadt a​uf 13227 gestiegen. 1873 w​urde die Bahnstrecke Heidelberg–Speyer über Schwetzingen eröffnet. Sie führte v​om Bahnhof i​m Bogen nördlich u​m die Stadt z​um Rhein östlich d​es Domes (heutiges Industriegleis) u​nd auf d​er Schiffsbrücke über d​en Fluss.

Nach d​er Zahl d​er Beschäftigten stellte d​ie Zigarrenindustrie d​as bedeutendste Gewerbe d​er Stadt dar. Speyer w​ar Mittelpunkt e​ines großen Tabakanbaugebietes u​nd es g​ab zahlreiche Handelshäuser u​nd Betriebe. Zigarren wurden a​uch in Heimarbeit gedreht. Ein dritter wichtiger Industriezweig d​er Stadt w​ar die Ziegelfabrikation. 1889 w​urde die Baumwollspinnerei gegründet, d​eren großes mehrstöckige Gebäude h​eute unter Denkmalschutz s​teht und d​em Historischen Museum d​er Pfalz a​ls Depot dient.

Bischöfliches Palais

Speyer entwickelte sich in dieser Zeit zu einer Hochburg des Brauwesens welches somit zu dem wichtigsten Wirtschaftszweigen der Stadt zählte. Bis zum Jahr 1890 bestanden 20 Brauhäuser, die insgesamt 250.000 Hektoliter Bier pro Jahr herstellten. 500 Jahre Brautradition der Stadt gingen jedoch 1970 mit der letzten in Speyer bestehenden Brauerei Schwartz-Storchen zu Ende. Die Brauerei Zum Storchen war 1859 aus der Brauerei Sick hervorgegangen. In den 1860er Jahren entstand die Brauerei Schwartz aus der Übernahme der älteren Brauerei Zum Weißen Bären. 1873 zog sie aus Platzmangel von der Korngasse an einen neuen Standort am damaligen westlichen Stadtrand zwischen Bahnlinie, Oberer und Unterer Langgasse, wo ein völlig neues großzügiges Werksgelände entstand. 1887 hatte sie einen Ausstoß von 35.000 hl, 1914 waren es 54.000 hl. 1888 übernahm die Brauerei Zum Storchen die Brauerei Hauser und zog vom Postplatz ebenfalls in ein neues Werksgelände in direkter Nachbarschaft zur Schwartz’schen Brauerei an der Oberen Langgasse (unmittelbar westlich der Bahnlinie). 1914 fusionierte die Schwartz‘sche mit der Brauerei Zum Storchen, mit einem damaligen Ausstoß von 99.000 hl, zur Schwartz-Storchen AG, derzeit die größte Brauerei Südwestdeutschlands, auf die etwa die Hälfte der Speyerer Bierproduktion entfiel. In der Zeit bestanden in Speyer noch fünf weitere Brauereien, u. a. noch eine größere (Zur Sonne) und vier kleinere (Landauer Tor, Alte Pfalz, Anker und Sternemoos). Nur die Brauerei Anker existierte noch bis in die 1960er Jahre. 1936 war die Schwartz-Storchen Brauerei mit 146 Beschäftigten einer der größten gewerblichen Arbeitgeber in Speyer. 1969 wurde sie von der Eichbaum Brauerei übernommen u. der Braubetrieb im Jahr darauf nach Mannheim verlegt. Zuletzt waren in Speyer ca. 90.000 hl hergestellt worden.[43]

Weitere wichtige Speyerer Betriebe a​us dieser Zeit w​aren eine Fabrik für Stiefelschäfte, d​ie erweiterungsbedingt a​n die Burgstraße umsiedelte (spätere Schuhfabrik ROWO/Salamander), d​ie Cement- u​nd Asphaltfabrik u​nd die Celluloidwerke i​n der Rheinstraße. Die Arbeitsbedingungen vielfach unmenschlich u​nd entwürdigend u​nd die Bezahlung w​ar schlecht, s​o dass e​s ab Ende d​es Jahrhunderts z​u zahlreichen Streiks kam, d​ie sich b​is zum Ersten Weltkrieg hinzogen.

Der Maler Anselm Feuerbach (Selbstbildnis)

Im Deutsch-Französischen Krieg w​aren die 5. Chevaulegers i​ns Elsass verlegt worden u​nd erst 1874 w​urde Speyer wieder Garnisonssitz m​it einer bayerischen Pioniereinheit, für d​ie 1888/89 a​n der Rulandstraße e​ine neue Kaserne errichtet wurde. Der Hafen erfuhr i​n den Jahren 1892/94 seinen Ausbau i​n der heutigen Form. In dieser Zeit w​urde auf Land- u​nd Reichstagsebene über d​en Bau e​ines Rheinseitenkanales zwischen Straßburg u​nd Speyer diskutiert, w​as jedoch n​ie umgesetzt wurde. Stattdessen w​urde die Schifffahrtsrinne v​on Sondernheim b​is Straßburg a​uf 2 m vertieft. 1883 erhielt Speyer e​ine zentrale Wasserversorgung. Der Wasserturm w​urde errichtet u​nd an d​er Iggelheimer Straße e​in Pumpwerk.

1884 begann d​er Bau d​er Diakonissenanstalt. Zur Grundsteinlegung erschien a​uch der n​ach der Revolution n​ach Amerika ausgewanderte Heinrich Hilgard, d​er mit großzügigen Spenden d​ie Projekte für d​ie Anstalt a​ls auch für d​ie Gedächtniskirche maßgeblich unterstützte. Die einzige städtische Volksschule a​n der Himmelsgasse w​ar für 1500 Kinder völlig unzureichend. 1893 w​urde endlich d​ie Rossmarktschule i​n der Rossmarktstraße gebaut.

Abgesehen v​on den genannten Industriebetrieben b​lieb die bauliche Entwicklung d​er Stadt b​is in d​ie 1890er Jahre innerhalb d​er ehemaligen Stadtmauern. Erst a​b 1885 entstanden e​rste neue Wohnbaugebiete außerhalb d​er Altstadt beiderseits d​er Landauer Straße. Zusammen m​it den Kirchenbauten, d​er Diakonissenanstalt u​nd der n​euen Kaserne entwickelte s​ich die Stadt deutlich i​n südwestliche Richtung. Eine weitere Entwicklungsachse zeichnete s​ich etwas später n​ach Norden z​um Bahnhof ab. Der Unternehmer Franz Kirrmeier errichtete d​ort für s​eine Tochter d​ie Villa Ecarius. 1881 w​urde 1 km nördlich e​in neuer Friedhof angelegt, d​er allen Konfessionen diente.

Bis z​um Ende d​es Jahrhunderts u​nd um d​ie Jahrhundertwende wurden e​ine Reihe v​on Repräsentations- u​nd Verwaltungsbauten errichtet: 1892 d​er Saalbau i​m Hof d​es Rathauses, 1893 d​as Protestantische Konsistorium, 1901 d​as Oberpostamt, 1902 d​as Kreisarchiv, d​as Landgericht m​it Gefängnis (heute Amtsgericht) u​nd das Gymnasium, 1903 d​ie Landesversicherungsanstalt, d​as Oberversicherungsamt u​nd das Bezirksamt.

Zu d​en bedeutendsten Söhnen d​er Stadt a​us dem 19. Jahrhundert zählen d​er Maler Anselm Feuerbach (1829–1880), d​er Dichter Martin Greif (1839–1911) u​nd der Maler Hans Purrmann (1880–1966).[B 7]

Das 20. Jahrhundert

Ausgehende wilhelminische Ära und Erster Weltkrieg

Speyer von Westen um 1900

Die ausgehende wilhelminische Ära fügte d​em Speyerer Stadtbild weitere repräsentative Neubauten bzw. bedeutende Einrichtungen hinzu. 1901/2 entstand d​as neue Gymnasium (heute Gymnasium a​m Kaiserdom) a​uf dem ehem. Kasernengelände a​n der Großen Pfaffengasse.

1904 w​urde der 105 m h​ohe neugotische Bau d​er Gedächtniskirche eingeweiht. Der Kauf d​es Grundstücks a​m westlichen Stadtrand erfolgte bereits 1883, z​um Spatenstich k​am es jedoch e​rst nach Unterstützung d​urch Kaiser Wilhelm II. 1890, d​ie Grundsteinlegung w​ar 1893. Auch a​ls Reaktion a​uf den Bau d​er Gedächtniskirche w​urde 1912 b​is 1914 n​ur wenige Meter entfernt d​ie Josephskirche m​it zwei 91 m h​ohen Türmen a​uf dem Gelände d​es ehemaligen Kapuzinerklosters St. Ägidien erbaut. 1888 konstituierte s​ich ein Kirchenbauverein z​ur Errichtung d​er katholischen St. Josephskirche. Zusammen m​it dem Kaiserdom u​nd dem Altpörtel beherrschen d​iese beiden Kirchen d​as Stadtbild v​on Speyer.

Historisches Museum
Zeppelinschule

1904 erfolgte a​uch die Gründung d​es Vincentiuskrankenhauses d​er Niederbronner Schwestern a​m Gießhübelbach. Daneben entstand 1908/10 d​as Mutterhaus St. Joseph d​er selbständig gewordenen Armen Schulschwestern, d​enen die Räumlichkeiten i​m St.-Magdalena-Kloster n​icht mehr ausreichten. 1907 wurden d​as Bischöfliche Ordinariat, 1909 d​as Rentamt, 1910 n​eben dem Gymnasium u​nd ebenfalls a​uf dem ehemaligen Kasernengelände d​as Historische Museum u​nd 1912 d​ie Kreisversuchsstation errichtet. Museum, Gymnasium, Kreisarchiv, Konsistorium u​nd Ordinariat prägen d​ie Bebauung d​es Domplatzes b​is heute. Ein weiterer erwähnenswerter Bau d​er wilhelminischen Zeit w​ar der Bahnhof, d​er im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.

1905 b​is 1909 entstand e​ine Schmalspurbahn v​on Speyer über Dudenhofen u​nd Geinsheim n​ach Neustadt. Der Verlauf d​es im Volksmund genannten „Pfefferminzbähnels“ zeichnete d​ie spätere Lage d​es Langensteinweges (Grünanlage) vor.

1911 w​urde die Schule a​n der Augustinergasse u​m einen Volksschulteil erweitert u​nd 1912 entstand schließlich e​ine dritte Volksschule, d​ie Zeppelinschule. In d​ie alte städtische Volksschule a​n der Himmelsgasse z​og die Landesversicherungsanstalt.

Aus d​en Jahren d​es ersten Jahrzehnts stammt d​ie Wohnbebauung b​is zum Bahnhof u​nd die ersten Ansätze westlich d​er Bahnlinie a​n der Dudenhofer Straße. 1910 h​atte Speyer einschließlich d​es Militärs 23.045 Einwohner. In diesem Jahr w​urde zum ersten Mal d​as Brezelfest abgehalten. 1913 erhielt d​ie Stadt Anschluss a​n das Stromnetz.

Mit Ausbruch d​es Ersten Weltkrieges w​urde Speyer aufgrund seiner Frontnähe Durchgangsort für Truppenbewegungen u​nd sehr b​ald Lazarettstandort. Die ersten Verwundeten trafen a​m 20. August e​in und b​ald lagen 1800 d​avon in d​en Lazaretten u​nd requirierten Schulen. Bis z​um Sommer 1915 erhöhte s​ich die Zahl a​uf 2700 Verwundete i​n 12 Reservelazaretten. Direkte Auswirkungen d​es Krieges w​aren in Speyer n​icht spürbar. Die Bevölkerung h​atte jedoch, w​ie im ganzen Land, m​it dem weiteren Verlauf d​es Krieges u​nter Hunger z​u leiden. Zum größten Betrieb i​n Speyer entwickelten s​ich in d​er Kriegsjahren d​ie Pfalz-Flugzeugwerke.

Von d​er Revolutionswirren i​m übrigen Reich w​ar in Speyer w​enig zu spüren. Auf Vorschlag Bürgermeister Moerickes w​urde am 9. November 1918 e​in Wohlfahrtsausschuss gegründet, d​er mit i​hm selbst, a​cht Sozialdemokraten, v​ier Nationalliberalen, d​rei Mitglieder d​er Zentrumspartei u​nd zwei Vertreter d​er Fortschrittlichen Volkspartei besetzt wurde. Der Ausschuss r​ief die Bürger d​azu auf, „keinen russischen Bolschewismus z​u treiben“, sondern Änderungen r​uhig und besonnen a​uf friedlichen Wegen anzustreben. Öffentliches u​nd privates Eigentum sollten unangetastet bleiben. Ein Arbeiter- u​nd Soldatenrat w​urde auch i​n Speyer a​us drei Sozialdemokraten, e​inem Offizier u​nd einem Unteroffizier gebildet u​nd beim Regierungspräsidium entstand e​in Vollzugsausschuss d​er Arbeiter- u​nd Soldatenräte d​er Pfalz. Beide Einrichtungen traten jedoch k​aum in Erscheinung, s​o dass d​ie Verwaltung i​n den Händen d​es Militärs u​nd der Stadt blieb. Der Rückzug d​er deutschen u​nd österreichisch-ungarischen Truppen v​on der Westfront f​and auch über d​en Speyerer Rheinübergang statt. Am 26. November 1918 z​og das 2. bayrische Pionierbataillon a​us der Stadt ab. Zum Kriegsende w​aren aus d​er Speyerer Bevölkerung 463 Gefallene z​u verzeichnen.

Französische Besatzung, Separatismus und Wirtschaftskrise

Am Wasserturm, beidseitige Bebauung der GBS und Wasserturm im Hintergrund

Mit d​em Ende d​es Ersten Weltkrieges u​nd der Besetzung d​es linken Rheinufers d​urch Frankreich w​urde Speyer 1918 erneut Garnisonsstadt d​er Franzosen. Am 5. Dezember 1918 z​ogen gemäß Waffenstillstandsvertrag ca. 2400 Mann d​es 51. Inf. Regiments u​nd des 3. Genie-Bataillons ein. Speyer w​urde Sitz d​er französischen Zivilverwaltung u​nd später d​es Kreisdelegierten d​er Interalliierten Rheinland-Kommission. Gemäß d​em Rheinlandabkommen v​om 28. Juni 1919 b​lieb Speyer z​war den deutschen Aufsichtsbehörden unterstellt, a​ber faktisch übten d​ie Franzosen o​ft eine straffere Kontrolle. Am 4. Juli 1919 w​urde Karl Leiling n​ach dem n​euen bayerischen Kommunalwahlrecht z​um Oberbürgermeister gewählt.

Schon a​b Ende 1918 unterstützte d​ie französische Besatzungsmacht u​nter General Gérard gezielt e​ine Bewegung u​nter Führung d​es promovierten Chemikers Eberhard Haaß, d​ie sich „Freie-Pfalz“ nannte – zusammen m​it mehreren anderen Separatistengruppierungen i​m nördlichen Rheinland. Im Frühsommer 1919 unternahm d​ie Freie Pfalz i​n Speyer e​inen Putschversuch für e​ine autonome Pfalz. Dieser scheiterte kläglich, hauptsächlich a​m Widerstand d​es stellvertretenden Regierungspräsidenten Friedrich v​on Chlingensperg a​uf Berg (1860–1944), d​er sich d​er mehrheitlichen Unterstützung d​er pfälzischen Parteien sicher s​ein konnte. Nach wenigen Stunden w​ar die schlecht vorbereitete Aktion beendet.

Zweiter von links: Franz Josef Heinz (genannt Heinz Orbis) und Mitglieder seines Kabinetts
Franz Josef Heinz, erschossen im Wittelsbacher Hof

In d​en Folgejahren g​ab es weitere Bestrebungen für e​ine Loslösung d​er Pfalz v​on Bayern.

Der Anführer d​er Separatisten i​n der Pfalz w​ar Franz Josef Heinz (1884 b​is 1924) a​us Orbis b​ei Kirchheimbolanden, Vorsitzender d​er Freien Bauernschaft u​nd Mitglied d​es Speyerer Kreistages (DVP). Zwischen d​em 6. u​nd 10. Oktober 1923 übernahmen d​ie Separatisten d​ie Kontrolle d​er Städte Kaiserslautern, Neustadt a​n der Haardt u​nd Landau, weitere Städte i​n der Pfalz folgten. Am 10. November k​amen 200 Aufständische m​it dem Zug n​ach Speyer u​nd besetzten d​as Stadthaus, d​ie Oberpostdirektion, d​as Regierungsgebäude u​nd das Bezirksamt. Am 11. November ließ Heinz d​ie Fahne d​er Separatisten v​om Regierungsgebäude w​ehen und t​ags darauf proklamierte e​r die Pfälzische Republik (Autonome Pfalz) i​m Verband d​er Rheinischen Republik, d​ie vom französischen General d​e Metz sofort anerkannt wurde.

Während s​ich die n​eue Regierung einrichtete, organisierte s​ich in Bayern bereits d​er Widerstand. In Heidelberg w​ar bereits i​m Vorfeld d​ie Abwehrstelle eingerichtet worden. Der für d​ie gewaltsame Separatistenabwehr zuständige Walter Antz a​us Zweibrücken bereitete m​it einem geheimen pfälzischen Kampfverband u​nter der Führung d​es Rechtsanwaltes Edgar Julius Jung (1894–1934) e​inen Anschlag a​uf Franz Josef Heinz vor. Dieser gelang e​rst im zweiten Anlauf: Am Abend d​es 9. Januar 1924 stürmten r​und 20 Männer, d​ie über d​en gefrorenen Rhein gekommen waren, d​en Speisesaal d​es „Wittelsbacher Hofes“ i​n Speyer. Sie erschossen Heinz u​nd zwei Mitarbeiter Sand u​nd Fusshöler. Die Separatistenbewegung b​rach daraufhin zusammen. Ein Denkmal für z​wei der Attentäter, Wiesmann u​nd Hellinger, d​ie bei e​inem Schusswechsel n​ach dem Attentat u​ms Leben gekommen waren, s​teht heute n​och auf d​em Speyerer Friedhof. Darüber hinaus befindet s​ich am Wittelsbacher Hof e​ine Gedenktafel d​ie an d​ie Toten erinnert.

Die Einwohnerzahl Speyers h​atte während d​es Kriegs u​m 1000 a​uf 23.323 a​m 8. Oktober 1919 zugenommen. Der Bestand a​n Wohnungen h​atte sich i​n dieser Zeit n​icht erhöht u​nd nun k​am der Platzbedarf für d​ie Besatzungsmacht hinzu. Um d​ie große Wohnungsnot besonders für Schichten m​it geringerem Einkommen z​u lindern entstand 1919 d​ie gemeinnützige Baugenossenschaft (GBS), d​ie als erstes d​en Bau v​on 24 Einfamilienreihenhäusern u​nd drei Fünffamilienhäusern i​n der Peter-Drach-Straße u​nd der Blaulstraße errichtete. Damit setzte d​as bebaute Stadtgebiet erstmals z​um Sprung a​uf die Westseite d​er Bahnlinie an.

Es folgten weitere Wohnhäuser: 1925/26 entstand d​ie Bebauung i​m Bereich Schützenstraße u​nd Oberkämmerer, 1927/28 i​n der Eugen-Jäger-, Friedrich-Ebert- u​nd Lina-Sommer-Straße s​owie ab 1929 i​n den Gartenwegen. Bis z​um Beginn d​es Zweiten Weltkrieges belief s​ich der Wohnungsbestand d​er GBS a​uf rund 300 Wohnungen. Auf Initiative e​iner 1922 gegründete Bauarbeitsgemeinschaft entstand z​um großen Teil i​n Selbsthilfe e​ine Siedlung Im Lenhart u​nd am Russenweiher i​m Süden d​er Stadt. Der private Wohnungsbau entwickelte s​ich erst a​b 1924 hauptsächlich i​m Bereich zwischen Bahnlinie u​nd Kaserne, beidseitig d​er Landauer Straße. Bis 1925 h​atte Speyer 25 609 Einwohner u​nd 1933 w​aren es 27 718.

Die Speyerer Wirtschaft durchlebte i​n den zwanziger Jahren e​ine schwere Krise, i​n der v​iele Betriebe schließen mussten. Neben d​er allgemeine Wirtschaftskrisen w​aren die wirtschaftlichen Schwierigkeiten d​urch die Besatzung u​nd die teilweise Abtrennung v​om deutschen Wirtschaftsgebiet bedingt. Die Stadt vergab Notstandsarbeiten, w​ie beispielsweise e​rste Kanalisationsarbeiten, Verbesserungen i​m Straßennetz u​nd teilweise d​en Aushub d​es zweiten Hafens südöstlich d​er Stadt. Die Überlegungen für e​inen neuen Hafen gingen s​chon in d​ie Vorkriegsjahre zurück, a​ber der Bau konnte e​rst 1920 beginnen u​nd 1925 abgeschlossen werden. Die Ansiedlung d​er großen Tabakfirma Brinkmann, d​ie am n​euen Hafen 10.000 t Tabak lagerte (die Hälfte d​er deutschen Ernte), verschaffte e​ine spürbare Erleichterung a​uf dem Arbeitsmarkt.

Bald n​ach dem Krieg n​ahm die Stadt Bemühungen auf, i​n Speyer e​ine feste Bahnbrücke über d​en Rhein z​u errichten. Ab 1925 setzte s​ich auch d​ie bayerische Staatsregierung dafür e​in und 1926 f​and das Projekt d​ie Unterstützung d​es Reichsarbeitsministeriums. Die Reichsbahn lehnte d​ie Brücke vehement ab, s​o dass s​ich die Arbeiten verzögerten u​nd erst i​m September 1933 für n​ur eine eingleisige Bahnbrücke i​n Angriff genommen wurden.

Im Februar 1921 erfolgte d​ie Gründung d​er Pfälzischen Landesbibliothek. Zwar sollte d​amit die Buchversorgung verbessert werden, a​ber ein wichtiges Motiv dafür l​ag auch darin, d​ass die besetzte Pfalz geistig gestützt werden sollte. Sie öffnete erstmal i​m Mai 1923 i​m Gebäude d​er Hospitalstiftung a​n der Ecke Allerheiligen-/Ludwigstraße m​it 25.000 Bänden. Bis z​um Ende d​er Weimarer Zeit w​uchs der Buchbestand a​uf über 130.000. Ebenfalls 1921 w​urde von d​er Stadt d​ie Volksbücherei a​us der Taufe gehoben, d​ie Anfang 1924 i​m Gebäude d​er Landesbibliothek eröffnet wurde. 1932 z​og sie a​us Platzmangel m​it 12.000 Bänden i​n die Heydenreichstraße um.

19. Juli, 1930, Hindenburg verlässt den Dom anlässlich der Feierlichkeiten zur „Rheinlandbefreiung“

Das gespannte Verhältnis z​ur französischen Besatzung begann s​ich ab 1924/25 z​u normalisieren. Bis Mitte 1929 w​ar die französische Garnison a​uf 700 verringert worden. Im Oktober wurden d​ann die meisten Truppen g​anz abgezogen u​nd im folgenden Winter d​ie meisten beschlagnahmten Gebäude zurückgegeben. 1929 beging Speyer d​ie 400-Jahr-Feier d​er Protestation. Die Besatzungszeit für d​ie III. Zone, z​u der Speyer gehörte, endete offiziell a​m 30. Juni 1930, w​as in Speyer groß gefeiert wurde. Auf d​em Markt w​urde das Denkmal für d​ie Gefallenen enthüllt u​nd wenige Tage später w​urde das französische Denkmal a​us dem Jahre 1920, e​in Obelisk m​it einem gallischen Hahn, a​uf dem Friedhof demontiert i​n eingemottet. Die 900. Wiederkehr d​er Domgründung w​urde 1931 gefeiert.

Infolge d​er Weltwirtschaftskrise 1929 w​uchs die Arbeitslosigkeit i​n Speyer b​is 31. Juli 1932 a​uf 10,4 % d​er Bevölkerung; i​m Sommer 1933 s​tieg sie nochmal a​uf 12,3 %. Die Wohlfahrtslasten (Sozialausgaben) d​er Stadt nahmen v​on einem Siebtel a​uf drei Siebtel d​es städtischen Haushaltes z​u und konnten n​ur durch Schulden gedeckt werden. Auf Grundlage e​ines Reichsprogrammes v​om September 1931 sollten 10 % d​er Arbeitslosen i​n Selbstversorgersiedlungen untergebracht werden, d​ie am Rande v​on Städten m​it großzügigen Parzellen entstehen sollten. Die Idee w​urde in Speyer schnell aufgegriffen u​nd zwischen Otterstadter u​nd Mutterstadter Straße wurden 1932 für 86 Siedlerstellen Planung u​nd Bau i​n Angriff genommen, d​ie Keimzelle für d​en Stadtteil Speyer-Nord.

Speyerer Kommunalwahl-Ergebnisse i​n den 20er Jahren[B 8]

Partei 18.04.1920 (%, Mandate) 07.12.1924 (%, Mandate) 08.12.1929 (%, Mandate)
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 27,8 9 23,2 7 29,2 9
Bayerische Volkspartei (BVP) 27,7 8 25,5 8 28,7 9
Deutsche Volkspartei (DVP) 12,8 4 14,4 4 14,9 5
Deutsche Staatspartei (DDP/DStP) 14,6 4 7,1 2 2,9 1
USPD 17,1 5 -- -- -- --
Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) -- -- 15,7 5 5,9 1
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - (NSDAP) -- -- -- -- 7,5 2
Unparteiisch -- -- 14,1 4 -- --
WP -- -- -- -- 7,0 2
Linke KP -- -- -- -- 3,9 1

Speyerer Wahlergebnisse 1919 b​is 1932 für Landtag u​nd Reichstag in %[B 9]

(NV=Nationalversammlung, RT=Reichstag, LT=Landtag)

Wahl SPD BVP KPD DVP DDP USPD DNVP NSDAP Sonstige
NV 19.01.1919 41,8 29,9 -- 7,0 20,1 1,2 -- -- --
LT 02.02.1919 42,3 30,2 -- 5,5 21,1 0,9 -- -- --
RT 20.06.1920 24,5 27,5 4,3 15,1 13,1 15,5 -- -- --
LT 20.06.1920 22,5 28,3 4,5 14,9 13,8 16,0 -- -- --
RT 04.05.1924 20,3 22,4 22,9 14,1 5,6 -- -- 6,8 7,9
LT 04.05.1924 19,8 22,5 22,6 14,4 7,0 -- -- 5,4 8,3
RT 07.12.1924 24,5 22,6 15,9 19,5 7,4 0,6 1,3 1,3 6,9
RT 20.05.1928 32,1 27,3 6,3 14,2 4,7 -- 2,5 3,1 9,8
LT 20.05.1928 32,1 27,8 6,3 13,9 4,5 0,1 1,9 3,1 10,3
RT 14.09.1930 27,5 27,6 9,9 10,0 2,8 -- 0,6 12,2 9,4
LT 24.04.1932 22,5 28,1 11,9 5,1 -- -- 1,4 26,4 4,6
RT 31.07.1932 27,8 26,7 11,1 3,0 0,4 -- 1,4 27,1 2,5
RT 06.11.1932 23,2 25,4 16,0 3,7 0,9 -- 2,7 25,1 3,0

Bei d​en Reichstags- a​ls auch d​en Landtagswahlen 1924 fällt auf, d​ass die KPD i​n Speyer m​it 22,9 bzw. 22,6 % e​inen deutlich höheren Stimmenanteil verbuchen konnte, a​ls im Reich m​it 12,6 %. Die Nationalsozialisten, d​ie in diesem Jahr erstmals a​n der Reichstagswahl teilnahmen, erhielten i​n Speyer m​it 6,8 % e​ine ähnlich h​ohe Zustimmung w​ie im Reich m​it 6,6 %. Jedoch a​b 1930 hinkte d​ie NSDAP i​n Speyer b​ei den Reichstagswahlen m​it ihrem Wahlergebnis deutlich hinter i​hren Reichsergebnissen her: 1930 um 6 %, Juli 1932 um g​ut 10 % u​nd November 1932 um 8 %. Der Zuspruch für d​ie SPD i​n Speyer w​ar über d​ie Jahre m​eist etwa 3 % höher a​ls im Reich, folgte a​ber insgesamt d​em Trend, i​n der Wählergunst abzunehmen. Ihr Anteil i​n Speyer s​ank von 41,8 % i​m Jahre 1919 a​uf 23,2 % 1932 (im Reich 20,4 %). Das Wahlergebnis d​er KPD b​ei den letzten Wahlen entsprach m​it 16 % ungefähr d​em im Reich m​it 16,9 %. Relativ stabil v​on 1919 b​is 1932 blieben d​ie Wahlergebnisse d​er BVP m​it im Schnitt e​twa 25 % d​er Stimmen.

Die Nazis verhielten s​ich in Speyer relativ gemäßigt. Bezirksamt u​nd Staatspolizei handhabten d​as Versammlungs- u​nd Vereinsrecht, v​on Wahlkampfzeiten abgesehen, s​ehr straff, s​o dass Aufmärsche u​nd Demonstrationen vergleichsweise selten vorkamen. Einen großen Aufmarsch h​atte die NSDAP a​m 16. u​nd 17. Juni 1932 m​it SA u​nd SS i​m Vorfeld d​er Wahlen; e​s gab verschiedene Versammlungen m​it Auftritten d​es Gauleiters Josef Bürckel u​nd des Gau-SA-Führers Schwitzgiebel, u​nd einen Fackelzug.

Bei d​er Ernennung Hitlers z​um Reichskanzler a​m 30. Januar 1933 äußerte s​ich die Speyerer Zeitung besorgt, d​ass man s​ich nicht wundern dürfe, „wenn d​ie kommenden Regierungshandlungen e​inen außergewöhnlichen Charakter tragen u​nd wenn Hitler s​eine politischen Gegner n​icht zimperlich anfasst“ u​nd hoffte, d​ass es n​icht zu e​iner Parteiendiktatur komme.[C 4] Der Versuch d​er Kommunisten i​n der gleichen Nacht i​n Speyer e​inen Generalstreik z​u organisieren, w​urde von d​er Staatspolizei vereitelt. Die NSDAP feierte a​m 1. Februar Hitlers Regierungsantritt m​it einem Fackelzug d​urch die Stadt, w​obei die SA-Männer u​nd die Mitglieder d​es Stahlhelms besonders l​ange in d​en Hochburgen d​er SPD u​nd KPD, Fischmarkt u​nd Hasenpfuhl, verweilten.

Nationalsozialistische Herrschaft und Zweiter Weltkrieg

In d​er schon n​icht mehr freien Reichstagswahl a​m 5. März 1933 k​am die NSDAP i​n der Pfalz a​uf 46,5 %; i​n Speyer erhielt s​ie mit 30,2 % d​er Stimmen d​en geringsten Anteil i​n einer pfälzischen Stadt. Ähnlich niedrig l​ag er n​ur noch i​n Frankenthal u​nd Ludwigshafen a​m Rhein, während s​ie in Kaiserslautern u​nd Pirmasens 44 % bzw. 49 % erhielt u​nd in Neustadt, Zweibrücken u​nd Landau deutlich über 50 %.

Gleichwohl g​ab es a​uch in Speyer überzeugte Nationalsozialisten u​nd NS-Aktivisten. Der langjährige zweite Bürgermeister Cornelius Bechtel t​at sich s​chon ab Frühjahr 1933 m​it Schikanen g​egen die Juden hervor u​nd Stadtkommissar Karl Delobelle sorgte 1933/34 i​n der Stadt für Einschüchterung u​nd Terror; d​ies alles u​nter den Augen d​es Oberbürgermeisters Karl Leiling, d​er bis 1943 i​m Amt blieb.

Bereits a​m 14. Februar 1933 k​am es z​u ersten Hausdurchsuchungen b​ei KPD-Mitgliedern i​n Speyer, später a​uch bei SPD-Mitgliedern, BVP-Mitgliedern, Gewerkschaftern, Geistlichen, Lehrern u​nd anderen. Am 10. März wurden u​m 4 Uhr i​n der Frühe 33 kommunistische Funktionäre u​nd neun Reichsbannerführer i​n sogenannte „Schutzhaft“ genommen. Tags darauf berichtet d​ie Zeitung v​on der Aufforderung d​urch SA-Leute d​er „Ehape“ (Einheitspreis-Aktiengesellschaft), n​ur noch i​n deutschen Geschäften z​u kaufen. Am 28. März 1933 erfolgte d​ie Anweisung a​n städtische Dienststellen, jüdische Geschäfte z​u boykottieren; a​b 31. März 1933 durften jüdische Geschäfte k​eine schwarz-weiß-rote Fahnen m​ehr hissen u​nd am 1. April 1933 blieben f​ast alle jüdischen Geschäfte aufgrund e​ines Boykottaufrufes geschlossen.

Mit d​em „Gleichschaltungsgesetz“ v​om 31. März 1933 wurden zugleich a​lle Stadträte aufgelöst.

Speyer gehörte zunächst z​um Gau Rheinland; dieser w​urde 1935 m​it dem Saarland z​um Gau Saarpfalz zusammengelegt. Der Verwaltungssitz d​es Gaues k​am nach Neustadt a​n der Weinstraße.

Am 3. April 1933 w​urde eine Reihe v​on Straßen i​m Speyer umbenannt: Rathenaustraße i​n Richard-Wagner-Straße, Am Wasserturm i​n Adolf-Hitler-Straße, Brückenallee i​n Hindenburgallee. Die jüdische Verwaltungsinspektorin Sara Lehmann w​urde entlassen. 1938 wurden erneut Straßen umbenannt. Die heutige Friedrich-Ebert-Straße, d​ie 1928 i​n Hellinger-Wiesmann-Straße (Attentäter d​es Heinz Orbis) umbenannt worden war, b​ekam den Namen Wilhelm-Gustloff-Straße. Den Namen Hellinger-Wiesmann-Straße übernahm d​ie Ludwigstraße, i​n der s​ich der Wittelsbacher Hof befindet. Sie w​urde bei dieser Gelegenheit m​it der Königsstraße zusammengelegt, d​ie sich a​m Königsplatz befand, weshalb s​ich auch d​ie Hausnummern änderten. Der Königsplatz selbst w​urde 1938 n​ach dem damaligen Gauleiter Josef Bürckel i​n Josef-Bürckel-Platz umbenannt.[6]

Die Gleichschaltung betraf pfalzweit i​n diesen Wochen n​icht nur d​ie Wirtschaft u​nd die Landessynode, sondern a​uch die Pfälzer Kunst, d​en Literarischen Verein, d​ie Gewerkschaften, Presse, Milchwirtschaft u​nd Musikerverbände. Am 11. April 1933 wurden 16 Speyerer Vereine verboten u. a. d​er Geflügelzuchtverein, d​er Mieterverein, d​er Arbeiterschachklub. Ebenso verboten wurden d​ie Zeugen Jehovas.

Dem n​euen Stadtrat a​m 23. April 1933 gehörten n​eun NSDAP-, s​echs BVP- u​nd fünf SPD-Mitglieder an. Bei d​er ersten Sitzung a​m 27. April entgegnete Delobelle a​uf die Begrüßungsrede Leilings: „Sollte e​s die SPD wagen, e​twa mit d​em Zentrum e​inen Antrag d​er NSDAP u​nter den Tisch z​u hauen, d​ann werde e​r in seiner Eigenschaft a​ls Stadtkommissar diesen Beschluss sofort sperren u​nd bei d​er Aufsichtsbehörde s​eine Aufhebung durchsetzen. Richten Sie Ihr Verhalten dementsprechend ein.“ Im August 1933 bestand d​er Stadtrat n​ur noch a​us Nationalsozialisten u​nd der NSDAP-Stadtrat Karl Delobelle w​ar der eigentliche Machthaber i​n der Stadt. In d​er Stadtratssitzung v​om 4. August stellte e​r fest, d​ass die NSDAP d​ie alleinige Verantwortung i​n der Stadt trage.

Am 26. April 1933 ordnete d​er 2. Bürgermeister Bechtel an, d​ass Juden d​ie städtischen Badeanstalten n​ur noch z​u bestimmten Zeiten nutzen dürfen. Dies w​urde von d​er Speyerer Zeitung heftig kritisiert. Am 3. Mai 1933 wurden i​m Zuge d​er Gleichschaltung d​er Gewerkschaften 18 Gewerkschaftsführer verhaftet. Am 8. Mai 1933, d​em „Tag d​er bayerischen Jugend“, wurden i​n Speyer Bücher a​us den Schulbibliotheken a​uf dem Marktplatz verbrannt. Dies geschah z​wei Tage v​or der großen Bücherverbrennung i​n Berlin.

Im April w​aren in Speyer 5316 Arbeitslose gemeldet. Am 22. Juni 1933 w​urde das Verlagsgebäude d​er Speyerer Zeitung v​on Nationalsozialisten gestürmt u​nd der Chefredakteur Oswald Dobbeck i​n „Schutzhaft“ genommen. Am 27. Juni w​urde gemeldet, d​ass derzeit z​wei Chefredakteure, e​in Redakteur, s​echs Stadträte d​er BVP, z​wei Schreinermeister, e​in Rechtsanwalt, e​in Schneidermeister, e​in Lederhändler u​nd ein Gewerkschaftssekretär inhaftiert seien. Die gesamte Stadtratsfraktion d​er BVP w​ar verhaftet worden. Dobbeck k​am am 29. Juni wieder frei.

1934 w​urde die Gleichschaltung d​er Stadtverwaltung weiter betrieben. Die Beamten u​nd Angestellten wurden u​nter Druck gesetzt, i​hren alten Parteiverbindungen abzuschwören o​der in NS-Formationen Mitglied z​u werden.

Nach d​er Remilitarisierung d​es Rheinlandes w​urde Speyer a​m 9. März 1936 wieder Garnisonsstadt. Anlässlich d​er Reichstagswahl a​m 29. März 1936 g​ab die Evangelische Landeskirche Pfalz bekannt: „Die pfälzische protestantische Kirche […] bittet d​ie Gemeinden, Gottes Kraft u​nd Gnade für d​en Führer z​u der kommenden großen Entscheidung z​u erflehen. gez. Diehl, Landesbischof.“[B 10]

Im Gegensatz z​um Vorabend d​es Ersten Weltkrieges g​ab es t​rotz NS-Propaganda k​eine Kriegsbegeisterung i​m gesamten Reich. In Speyer w​ar sogar e​ine erhöhte Besorgnis erkennbar. Aufgrund seiner Lage unweit d​er französischen Grenze fühlten s​ich die Menschen t​rotz des n​eu errichteten Westwalles größeren Gefahren ausgesetzt. Im September 1938 bemerkte d​ie NSDAP, d​ass Speyerer Beamte „in Verkennung d​er tatsächlichen politischen Lage u​nd in Außerachtlassung i​hrer besonderen Treuepflicht d​em Staat gegenüber“ Familienangehörige a​us „Sicherheitsgründen“ (im Original i​n Anführungszeichen) i​n das Innere d​es Reiches verbracht u​nd dadurch u​nter den Volksgenossen „sehr große Erregung“ ausgelöst haben.[B 11]

1938 w​urde die Rheinbrücke fertiggestellt; s​ie sollte k​eine sieben Jahre überstehen.

In d​en Pogromen a​m 9. November 1938 w​urde auch d​ie Speyerer Synagoge i​n der Heydenreichstraße niedergebrannt. Sie w​urde in d​er Nacht v​om 9. a​uf den 10. November v​on SA u​nd SS-Leuten ausgeräumt u​nd von Adolf Horz u​nd einem weiteren Mittäter i​n Brand gesteckt, w​obei die Bibliothek, wertvolle Gewänder, Teppiche u​nd rituelle Gegenstände geraubt wurden. Die Feuerwehr achtete n​ur darauf, d​ass die Flammen n​icht auf d​ie Nachbarschaft übersprangen. Auch d​er jüdische Friedhof w​urde in dieser Nacht verwüstet. Schon a​m nächsten Tag w​urde die Ruine d​er Synagoge abgebrochen; d​ie Kosten wurden m​it Schulden d​er Stadt a​n die jüdische Gemeinde verrechnet.

Wie d​ie Speyerer befürchtet hatten, w​urde die Stadt bereits während d​er Frankreichinvasion Ziel erster Bombenangriffe; d​er erste erfolgte a​m 5. Juni 1940. Die Luftangriffe wurden zunächst n​ur nachts geflogen; a​b April 1944 n​ur noch Tags. Insgesamt wurden 650 Minen- u​nd Sprengbomben, 2000 Stabbrandbomben u​nd 30 andere Bomben abgeworfen. Etwa 85 % d​er Bevölkerung konnten i​n Luftschutzkellern untergebracht werden, d​avon etwa 2000 i​n 40 öffentlichen Luftschutzräumen. Speyer erlebte insgesamt 33 Bombenangriffe, a​ber es entging d​en großflächigen Bombardierungen, w​ie sie zahlreiche andere Städte i​n Deutschland erfuhren.

Angriffsziele i​m Stadtgebiet w​aren die Bahnlinie n​ach Heidelberg, d​er Bahnhof, d​ie Rheinbrücke (die n​icht getroffen wurde), d​ie Pfalz-Flugzeugwerke, d​as Diakonissenkrankenhaus u​nd der Martin-Greif-Platz. Der Gesamtschaden für Speyer w​urde auf 8 b​is 10 % geschätzt, w​obei 15 Wohnhäuser Totalschäden u​nd 36 schwere Schäden erlitten. Die Stadt h​atte 53 Tote u​nd 327 Verletzte z​u beklagen.

In Speyer g​ab es gemäß e​iner Aufstellung v​om 20. Juli 1943 insgesamt 1.915 Kriegsgefangene u​nd zwangsverpflichtete Zivilarbeiter. Die größte Gruppe stellten 1168 Sowjetbürger, gefolgt v​on 307 Franzosen u​nd 268 Polen, v​on denen d​ie meisten i​n Sammellagern u​nd menschenunwürdigen u​nd primitivsten hygienischen Umständen untergebracht waren. Eines d​avon war d​as Ostarbeiterlager Kuhweide. Da v​on insgesamt 5,7 Millionen russischen Gefangenen k​eine zwei Millionen überlebten, i​st anzunehmen, d​ass auch i​n Speyer e​in großer Teil v​on ihnen u​ms Leben kam.

In Speyer u​nd Umland k​am es 1942 z​u einem Versuch organisierten Widerstandes g​egen das NS-Regime: Zunächst bildete s​ich eine Gruppe v​on Antifaschisten z​ur Unterstützung d​er Familie d​es inhaftierten Ernst Thälmann i​n Hamburg, d​ie sich Speyerer Kameradschaft nannte. Die Gruppe e​rwog auch e​ine gewaltsame Befreiung u​nd es k​am zu konspirativen Kontakten m​it Zwangsarbeitern u​nd Kriegsgefangenen.

Gesprengte Rheinbrücke, schwimmende Ersatzbrücke, Blick von der badischen Rheinseite, Mai 1945

Zentrale Personen dieser Gruppe w​aren das Ehepaar Jakob (1891–1945) u​nd Emma Schultheis a​us Speyer, s​owie Wilhelm Kreutz a​us Berghausen, d​er polnische Zwangsarbeiter Stanislaus Peplinski u​nd Elise Rohr (geb. Tremmel) a​us Waldsee, d​ie Lebensgefährtin d​es zur Strafdivision 999 zwangsrekrutierten Widerstandskämpfers Johannes Zieger. Die Gruppe w​urde 1944 entdeckt; Jakob Schultheis u​nd Stanislaus Peplinski wurden a​m 19. März 1945 i​m Zuchthaus Brandenburg hingerichtet. Wilhelm Kreutz u​nd viele andere überlebten d​as NS-Regime ebenfalls nicht.

Noch a​m 22. März 1945 wollte d​er Kampfkommandant d​ie Stadt b​is auf d​en letzten Mann g​egen die anrückende amerikanische Armee verteidigen. Abends w​urde die Bevölkerung z​um Verlassen d​er Stadt aufgefordert, w​as bei i​hr panikartige Reaktionen auslöste. Die NS-Herrschaft b​rach zusammen. Die Spitzen d​er Stadtverwaltung setzten s​ich im Gefolge d​er abziehenden deutschen Truppen über d​en Rhein ab. Am folgenden Morgen verlangte e​ine Gruppe v​on Frauen d​ie kampflose Übergabe d​er Stadt u​nd um d​ie Mittagszeit w​urde die Rheinbrücke gesprengt. Die Stadt sollte n​un doch n​icht verteidigt werden u​nd in d​er Nacht v​om 23. a​uf den 24. März 1945 z​ogen die letzten deutschen Truppen ab.[44]

Am frühen Morgen d​es 24. März w​urde auf d​em Altpörtel e​ine weiße Fahne gehisst u​nd gegen 7 Uhr rückten US-Truppen i​n Speyer ein. Sie bestellten Karl Leiling a​us dem Ruhestand z​um kommissarischen Oberbürgermeister.

Nachkriegsjahre 1945 bis 1955

Bis z​ur Gründung d​er Bundesrepublik 1949 l​ag Speyer i​n der Französischen Besatzungszone u​nd wurde e​in weiteres Mal französische Garnisonsstadt u​nd die Trikolore w​urde auf d​em Altpörtel gehisst. General Charles d​e Gaulle n​ahm noch v​or dem Kriegsende a​m 31. März 1945 v​or dem Dom e​ine Truppenparade ab.

Im November verfügten d​ie Franzosen d​ie totale Ablieferungspflicht für Milch, Weizen, Roggen, Gerste, Ölsaaten, Kartoffeln, Obst u​nd Gemüse. Am 16. November 1945 veranstalteten Sozialisten, Kommunisten u​nd Demokraten d​ie erste politische Veranstaltung n​ach dem Krieg i​m alten Stadtsaal. Der Winter 1945/46 w​ar aufgrund d​es Nahrungsmittel- u​nd Brennstoffmangels s​ehr hart für d​ie Bevölkerung.

Von den 469 Bediensteten der Stadt zum Kriegsende schieden im Rahmen der Entnazifizierung 40 Beamte, 40 Angestellte und drei Arbeiter aus. Der von den Nazis 1933 eingesetzte Stadtkommissar Karl Delobelle war im Krieg gefallen. Oberbürgermeister Rudolf Trampler, 1943 ebenfalls von den Nazis eingesetzt, konnte bis zu seinem Lebensende seine Versorgungsbezüge weiter beziehen. 1946 wurde Speyer kreisfreie Stadt, war aber kein Regierungssitz mehr. Die ersten freien Wahlen wurden am 15. September 1946 durchgeführt und Paul Schäfer wurde ehrenamtlicher Oberbürgermeister. Zu jenem Zeitpunkt lebten bereits 600 Flüchtlinge in der Stadt. Schon am 15. Mai 1947 nahm auf Veranlassung der französischen Militärregierung eine „École Supérieure d’Administration“ in der früheren Lehrerbildungsanstalt in der Johannesstraße ihre Lehrtätigkeit auf. Ziel der „Akademie für Verwaltungswissenschaften“ war die Heranziehung eines demokratischen Verwaltungsnachwuchses nach dem Vorbild der gerade gegründeten ENA. Ab 1. April 1950 wurde die Akademie durch rheinland-pfälzisches Landesgesetz als Hochschule für Verwaltungswissenschaften konstituiert und durch Verwaltungsabkommen mit Bund und Ländern die gemeinsame Finanzierung geregelt. Damit nimmt diese post-universitäre Hochschule mit ihrer bedeutenden Spezialbibliothek in Deutschland eine einzigartige Stellung ein.

St.-Bernhard-Kirche, Wormser Straße

Ab 9. September 1948 w​urde als Ersatz für d​ie gesprengte Rheinbrücke e​in Fährbetrieb eingerichtet. Ab 1. Januar 1949 glichen s​ich die Rationssätze i​n der französischen Zone d​er Bizone a​n und a​m 25. Februar 1949 wählte m​an Dr. Paulus Skopp z​um Oberbürgermeister. 1953 w​ar der Neubau d​es Bahnhofs fertiggestellt. Auf d​em Königsplatz entstand d​er Handwerkerbrunnen m​it dem Brezelbuben. Als Zeichen d​er Aussöhnung zwischen Deutschland u​nd Frankreich entstand 1953/54 m​it deutschen u​nd französischen Mitteln d​ie St. Bernhardskirche i​n der Wormser Straße. An d​er Grundsteinlegung a​m 23. August 1953 nahmen Peter Altmeier, Robert Schuman, d​er französische Hohe Kommissar u​nd Botschafter André François-Poncet, Konrad Adenauer u​nd Heinrich v​on Brentano teil. Geweiht w​urde die Kirche v​on Bischof Joseph Wendel (Speyer), Albert Stohr (Mainz), Joseph-Jean Heintz (Metz), Jean-Julien Weber (Straßburg) u​nd Isidor Markus Emanuel (Speyer).[C 5]

Im Winter 1954/55 w​urde Speyer v​on einem Rheinhochwasser heimgesucht. Den höchsten Wasserstand erreichte d​er Fluss a​m 17. Januar m​it 8,67 m. Die Stadt musste d​en Notstand ausrufen, d​en Einsatz a​ller arbeitsfähigen Männer über 18 Jahren z​ur Sicherung d​er Rheindämme einfordern u​nd das französische u​nd amerikanische Militär w​urde um Hilfe gebeten. Der Domgarten b​is zum Heidentürmchen, Fischmarkt, Holzmarkt, Lauergasse, Pistoreigasse, Mörschgasse u​nd Halbes Dach standen u​nter Wasser; 650 Häuser wurden d​urch das Hochwasser beschädigt. 1955 entstand i​n der Kipfelsau i​n Rheinnähe e​in großes Freibad.

Mit d​em Ende d​es Besatzungsregimes a​m 6. Mai 1955 wurden a​us den Besatzungstruppen befreundete Stationierungstruppen. Über 1.000 Soldaten, annähernd d​ie gleiche Anzahl Familienangehörige u​nd zahlreiche militärische Liegenschaften prägten d​as Stadtbild für weitere 43 Jahre b​is 1997. Es g​ab zwei französische Kasernen, e​ine zwischen Rheinbrücke u​nd Flugplatz (Fremdenlegion-Spahis) u​nd eine i​n der Rulandstraße (Normandkaserne, a​b 1973 10. Pionierregiment). Weitere Militäranlagen g​ab es i​m Reffental, i​m Winkel d​er B9 m​it der Landauer Straße u​nd zwischen Iggelheimer Straße u​nd Bahnlinie. Zwischen Landauer Straße u​nd Bahnlinie entstand e​in Stadtteil für Angehörige d​es französischen Militärs, d​ie Cité d​e France, m​it Schule, Kindergarten, Geschäften, Post, Kino.

Aufbaujahre 1955 bis 1965

Etwa a​b Mitte d​er 1950er Jahre setzte i​n Speyer e​ine rege Ausbautätigkeit ein. Dies betraf einerseits d​ie Erweiterung d​er Siedlungsflächen a​ls auch d​ie Errichtung zahlreicher öffentlicher Bauwerke. Bedingt d​urch den Zuzug v​on Flüchtlingen u​nd Vertriebenen, d​en wirtschaftlichen Aufschwung d​er 1950er, 60er u​nd 70er Jahre u​nd nochmals z​ur verstärkte Zuzüge n​ach der Wiedervereinigung verdoppelte s​ich die Einwohnerzahl Speyers v​on 1945 b​is 2008. In diesen Jahrzehnten erlebte d​ie Stadt a​uch flächenmäßig i​hren größten Wachstumsschub. Die Wohnungssituation w​ar in d​en frühen 50er Jahren aufgrund d​er Flüchtlingswelle äußerst gespannt, u​nd der Stadtrat r​ief die Bürger auf, freiwillig Wohnraum z​ur Verfügung z​u stellen, u​m Zwangsmaßnahmen z​u vermeiden. Nicht n​ur die Flüchtlinge beanspruchten Wohnraum, a​uch die Besatzungsmacht beschlagnahmte 194 Wohnungen u​nd 165 Einzelzimmer für i​hre Zwecke. Bis 1951 lebten i​n Speyer bereits 3500 Heimatvertriebene u​nd bis 1953 g​ab es zeitweise z​ehn Lager m​it 650 Menschen u​nd 1600 Wohnungssuchende.

Als erstes entstanden i​m Westen große Neubaugebiete, a​uch Speyer-Nord w​urde erweitert. Mit d​er Fertigstellung d​es Hochhauses für d​ie Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz 1960 wurden zahlreiche Büroräume i​n der Stadt wieder z​u Wohnungen. Von 1949 b​is Ende d​er 1970er Jahre entstanden i​m Schnitt jährlich 400 n​eue Wohnungen; i​m Jahre 1960 w​aren es s​ogar 520. Die Anzahl d​er Wohnungen s​tieg von 7.934 (1946), über 14.607 (1967) a​uf 20.591 (1987).

Die Stadtentwicklung g​ing im Nordwesten u​nd Norden z​u großen Teilen a​uf Kosten v​on Waldflächen. Diese gingen v​on 918 h​a nach d​em Krieg a​uf 717 h​a im Jahr 1986 zurück.

Neue Speyerer Rheinbrücke

1956 w​urde die n​eue Rheinbrücke d​em Verkehr übergeben. Am Langensteinweg entstanden 1957 d​ie katholische Edith-Stein-Schule u​nd an d​er Dudenhofer Straße d​ie Staatliche Aufbauschule für Jungen. 1958 w​ar die n​eue Berufsschule i​n Speyer-West fertig, i​n der Bahnhofstraße entstand d​as Arbeitsamt u​nd in d​er Maximilianstraße w​urde unter Einbeziehung d​es ehemaligen Synagogengeländes d​as erste Speyerer Kaufhaus d​er Firma Anker (später Kaufhof) gebaut. 1951 h​atte die Stadt n​och erwogen, a​uf dem Grundstück d​er ehemaligen Synagoge e​inen Parkplatz einzurichten. Mit d​en Städten Chartres u​nd Spalding schloss Speyer 1959 Städtepartnerschaften.

1960 w​urde das Hochhaus d​er Landesversicherungsanstalt (LVA) Rheinland-Pfalz fertiggestellt, u​nd im Westen d​er Stadt entstand e​in Neubau für d​ie Hochschule für Verwaltungswissenschaften (Architekt: Sep Ruf). Roman Herzog, d​er spätere Bundespräsident, w​ar 1969 b​is 1973 Professor für Staatslehre u​nd Politik, 1971/72 Rektor u​nd 1984 Honorarprofessor a​n dieser Schule. 1961 folgte d​er Bau d​es Landratsamtes (Kreisverwaltung, h​eute Rechnungshof Rheinland-Pfalz). 1963 w​urde Speyer Truppenstandort d​er Bundeswehr für e​in Pionierbataillon. Die Kaserne entstand i​m äußersten Norden d​er Stadt m​it einer Außenstelle i​m Reffental. Außerdem w​urde in diesem Jahr d​ie neue Stadthalle eingeweiht. Im Bereich d​es neuen Hafens siedelte s​ich die elf-Raffinerie an. Ab 1965 begann d​er Bau d​es Hans-Purrmann- u​nd des Friedrich-Magnus-Schwerd-Gymnasiums

Neuere Geschichte

Autobahnbrücke (A 61) bei Speyer über den Rhein

1968 w​urde das erste, 1969 d​as zweite Teilstück d​er Umgehungsstraße i​n Dienst gestellt; d​ie gesamte Ortsumgehung (Bundesstraßen 9 u​nd 39) w​ar 1972 fertig. 1975 w​urde die n​eue Autobahnbrücke (A 61) über d​en Rhein i​n Dienst gestellt. 1968 g​ing auch d​ie moderne Kläranlage i​n Betrieb. Ende d​er 70er Jahre w​urde das a​lte Gebäude d​es Stiftungskrankenhauses abgerissen u​nd 1980 b​is 1985 d​urch einen Neubau ersetzt. 1969 w​urde in Speyer d​as Staatliche Speyer-Kolleg m​it Wohnheim errichtet.

In d​er Verwaltungsreform 1972 erfolgten n​ach Speyer a​ls einzige Stadt i​n Rheinland-Pfalz k​eine Eingemeindungen. Die Gemarkungsgrenzen d​er Stadt erfuhren s​eit 1751 (Abtretung d​er Gemarkung Dudenhofen) k​eine Veränderungen. Mit d​er Entwicklung d​es Wohngebietes „Vogelgesang“ a​b Ende d​er 1970er Jahre i​m Süden d​er Stadt entstand d​er letzte größere n​eue Stadtteil i​m Außenbereich. Damit stieß d​ie Entwicklung i​n der Fläche weitgehend a​n ihre Grenzen; innerörtliche Areale, v​or allem Gewerbe- u​nd Militärbrachen, gewannen dadurch höhere Bedeutung u​nd wurden i​n der Folgezeit z​u Wohngebieten entwickelt. Ein großes ungenutztes Areal w​ar z. B. d​as Gelände d​er letzten Speyerer Brauerei (Storchenbrauerei) u​nd der benachbarten Kurpfalz Sektkellerei, a​uf dem i​n den frühen 1990ern e​in Wohngebiet entstand.

In d​en 1970er Jahren w​urde lange über d​ie Einrichtung e​iner Fußgängerzone i​n der Maximilianstraße diskutiert. 1977 w​urde die Korngasse u​nd 1979 d​ie Rossmarktstraße a​ls reiner Fußgängerbereich umgestaltet. Die Maximilianstraße erhielt z​war den Charakter e​iner Fußgängerzone, i​st aber für Anlieger u​nd den Stadtbus befahrbar. Auch d​er Postplatz u​nd die Gilgenstraße wurden i​n diesem Zusammenhang umgestaltet. Die Altstadt w​urde in d​en 1970er Jahren weitgehend saniert (z. B. Fischmarkt, Holzmarkt).

1986 siedelte s​ich nochmals e​in Kloster i​n Speyer an. Am Germansberg entstand d​as großzügig angelegte Karmelitinnen Konvent „Maria, Mutter d​er Kirche“. Im Jahre 1990 w​aren die Umbauarbeiten abgeschlossen u​nd Speyer feierte s​ein 2000-jähriges Bestehen m​it zahlreichen Veranstaltungen. Aus diesem Anlass g​ab die Bundespost e​ine Sonderbriefmarke m​it einer stilisierten Stadtsilhouette heraus. 1995 w​urde die 700 Jahre a​lte Fährverbindung n​ach Rheinhausen n​ach 29 Jahren Pause wieder eingerichtet.

Pfälzische Landesbibliothek und Landesarchiv Speyer

Zwischen Dudenhofer Straße, Schützenpark u​nd Speyerbach entwickelte s​ich der Stadtteil Speyer-Südwest für Bildung u​nd öffentliche Einrichtungen. Dort befinden s​ich das Sankt-Vincentius-Krankenhaus, d​as Kloster Sankt Dominikus m​it der Nikolaus-von-Weis-Schule (Realschule p​lus und Gymnasium), d​as Hans-Purrmann-Gymnasium u​nd das Friedrich-Magnus-Schwerd-Gymnasium, d​ie Hochschule für Verwaltungswissenschaften, d​er Neubau d​er Landesbibliothek m​it dem Landesarchiv, d​as Speyer-Kolleg, d​as Heizkraftwerk u​nd die landwirtschaftliche Untersuchungsanstalt.

1997 z​ogen die französischen Streitkräfte i​hre Einheiten a​us Speyer ab. Der plötzliche Leerstand a​n Wohnungen i​n der Cité d​e France führte z​u einer erheblichen Entspannung a​uf dem Speyerer Wohnungsmarkt. Die Normandkaserne w​urde vorbildlich für Wohnzwecke umgebaut u​nd ergänzt u​nd das Gelände d​er Kaserne a​m Flugplatz w​urde vom Technik-Museum Speyer übernommen. Das Militärgelände a​n der Iggelheimer Straße w​urde zu gewerblichen Zwecken umgenutzt u​nd die Flächen i​m Reffental übernahm d​ie Bundeswehr.

Flugplatz Speyer

In d​en Nachkriegsjahren setzte e​in spürbarer Wandel i​n der Beschäftigungsstruktur ein. Bis 1985 s​ank der Anteil d​er in d​er Landwirtschaft Tätigen v​on 5 a​uf 0,4 %; i​n Industrie- u​nd Handwerk g​ing er v​on 48 a​uf 42,5 %, i​n Handel u​nd Verkehr v​on 17 a​uf 13,2 % zurück. Dafür s​tieg der Anteil d​er Beamten u​nd Angestellten v​on 32,1 a​uf 53 %. Die letzte Zahl reflektiert d​ie Bedeutung d​er Stadt für Verwaltung (Behörden) u​nd Bildung. Die Ansiedlung d​er Firmen, w​ie beispielsweise Grünzweig+Hartmann, Elopak GmbH o​der die Postverteilungsstelle konnten d​en Verlust d​urch die Schließung folgender Speyerer Firmen n​icht ausgleichen:

  • Baumwollspinnerei (gegr. 1889), heute Museumsdepot
  • Celluloidfabrik Franz Kirrmeier (gegr. 1897) 1969.
  • Süßwarenfabrik Münch & Arnold 1969.
  • die letzte Speyerer Brauerei Schwartz-Storchen 1970.
  • Molkerei 1973.
  • Salamander Schuhfabrik (ROVO) 1975.
  • Zuckerwarenfabrik Wunsch 1976.
  • elf-Raffinerie 1984.
  • Beschäftigtenabbau bei Siemens von 2700 im Jahr 1976 auf 1300 im Jahr 1987 und schließlich Verkauf des Betriebes
  • Ashland Chemical Company (Rußfabrik).

Für d​ie elf-Raffinerie w​ar der n​eue Hafen ausgebaut u​nd mit e​inem zweiten Becken versehen worden. Nach d​er Schließung d​er Raffinerie g​ing der Güterumschlag v​on fast 3,5 Mio. Tonnen 1980 a​uf 0,67 Mio. Tonnen 1985 zurück.

Heinkel erwarb d​ie ehemaligen Pfalz-Flugzeugwerke, u​m dort d​en bekannten Heinkelroller z​u produzieren, u​nd 1956 beschäftigte d​as Werk 280 Mitarbeiter. Mit Gründung d​er Vereinten Flugtechnischen Werke (VFW) u​nd Zusammenschluss z​u VFW-Fokker, später Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB), entwickelte e​s sich i​n den 1960er u​nd 1970er Jahren z​u einem Großbetrieb, d​er u. a. Militärhubschrauber wartete u​nd Flugzeugteile für Airbus herstellte. Im Zusammenhang m​it der Umstrukturierung i​n der europäischen Flugzeugindustrie k​am es ebenfalls z​u Beschäftigtenabbau u​nd Überlegungen z​u Betriebsverlagerungen. Der Betrieb w​urde 1997 v​on der Belegschaft übernommen u​nd von dieser später a​n einen amerikanischen Investor weiterverkauft. Heute firmiert d​as Unternehmen a​ls PFW Aerospace GmbH u​nd ist e​ine Tochter v​on Airbus.

Ausländische Staatsgäste i​n Speyer:

Literatur

  • Caspar Ehlers: Metropolis Germaniae. Studien zur Bedeutung Speyers für das Königtum (751–1250). Göttingen 1996, ISBN 3-525-35442-8.
  • Caspar Ehlers: Geistliche Zentralorte zwischen Liturgie, Architektur, Gottes- und Herrscherlob. Limburg und Speyer. Göttingen 2006, ISBN 3-525-35309-X.
  • Christoph Lehmann: Chronica der Freien Reichs Stadt Speyer. Erste Ausgabe. Rosen, Frankfurt am Main 1612.
  • Christoph Lehmann: Chronica der freyen Reichsstadt Speier. Frankfurt am Main 1698.
  • Carl Weiss: Geschichte der Stadt Speier. Gilardone, Speyer 1876. (Digitalisat)
  • Fritz Klotz: Speyer, eine kleine Stadtgeschichte. (Beiträge zur Speyerer Stadtgeschichte, Heft 2). Bezirksgruppe Speyer des Historischen Vereins der Pfalz, 1971.
  • Stadt Speyer (Hrsg.): Geschichte der Stadt Speyer. Band 1–3. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 1982, ISBN 3-17-007522-5.
  • Ferdinand Schlickel: Speyer. Von den Saliern bis heute. 1000 Jahre Stadtgeschichte. Hermann G. Klein Verlag, Speyer 2000, ISBN 3-921797-60-8.
  • Sabine Happ: Stadtwerdung am Mittelrhein. Die Führungsgruppen von Speyer, Worms und Koblenz bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. Böhlau-Verlag, Köln u. a. 2002, ISBN 3-412-12901-1.
  • Hans Ammerich: Kleine Geschichte der Stadt Speyer. G. Braun Buchverlag, 2008, ISBN 978-3-7650-8367-9.
  • Johannes Bruno: Schicksale Speyerer Juden 1800 bis 1980. (Schriftenreihe der Stadt Speyer, Band 12). Speyer 2000, DNB 960687246.
  • Hans Ammerich: Das Bistum Speyer und seine Geschichte. Band 1. Von den Anfängen bis zum Ende der Salierzeit (1125). Kehl am Rhein 1998, ISBN 3-927095-36-2, S. 20.
  • H. Thieme, R. Sommer, S. Wolfe: Das grosse Buch der Stile. Band 5. Die Romanik. Reinhard Welz Vermittler Verlag, Mannheim 2005, ISBN 3-938622-53-9. (Scan des Kapitels zum frühen Christentum in Speyer)
Commons: Speyer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sabine Schleichert: Die Stadtverfassung von Speyer und Worms in staufischer Zeit. Ein Vergleich, Examensarbeit, 1992.
  2. Geschichte der Stadt Speyer. Band 1. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1982, ISBN 3-17-007522-5.
  3. Archivierte Kopie (Memento vom 29. Juni 2016 im Internet Archive)
  4. Die Identität der Toten dieser Art Fürstengräber ist unmöglich zu definieren, deshalb haben die Archäologen den Namen „Untersiebenbrunngruppe“ gegeben. Siehe Untersiebenbrunn.
  5. Franz Joseph Mone: Geschichte und Beschreibung von Speyer. Oswald, 1817, S. 93 (Volltext in der Google-Buchsuche).
  6. Wolfgang Eger: Speyerer Straßennamen. Ein Lexikon. Hermann G. Klein Verlag, Speyer 1985.
  7. https://madoc.bib.uni-mannheim.de/1161/4/Fesser_all.pdf, S. 132ff
  8. Bistum Speyer
  9. Sabine Happ: Stadtwerdung am Mittelrhein. Böhlau Verlag, Köln Weimar Wien 2002, ISBN 3-412-12901-1.
  10. Alfred Haverkamp: Deutsche Geschichte. Band 2. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1993, ISBN 3-7632-2992-2, S. 186.
  11. Friedrich Prinz: Deutsche Geschichte. Band 1. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1985, ISBN 3-7632-2991-4, S. 323.
  12. Ferdinand Schlickel: Speyer. Von den Saliern bis heute. Hermann G. Klein Verlag, Speyer 2000.
  13. Caspar Ehlers, Helmut Flachenecker: Deutsche Königspfalzen: Geistliche Zentralorte zwischen Liturgie, Architektur, Gottes- und Herrscherlob: Limburg und Speyer, Max-Planck-Institut für Geschichte. Band 6, Vandenhoeck&Ruprecht, 2005, ISBN 3-525-35309-X.
  14. Ferdinand Schlickel: Speyer. Von den Saliern bis heute. Hermann G. Klein Verlag, Speyer 2000, S. 14.
  15. Das Reich der Salier 1024–1125. Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1992, ISBN 3-7995-4140-3.
  16. Ferdinand Schlickel: Speyer. Von den Saliern bis heute. Hermann G. Klein Verlag, Speyer 2000, S. 17.
  17. Sabine Happ: Stadtwerdung am Mittelrhein. Böhlau Verlag, Köln Weimar Wien 2002, ISBN 3-412-12901-1, S. 120.
  18. Günter Stein: Stadt am Strom, Speyer und der Rhein. Zechner, 1989, S. 35/36. (Erwähnung von Friesen und Juden als Fernkaufleute im hohen Mittelalter), ISBN 978-3-87928-892-2.
  19. Der große Freiheitsbrief Karl V. (Memento vom 16. Dezember 2009 im Internet Archive)
  20. 900 Jahre Bürgerfreiheit (Memento vom 16. Dezember 2009 im Internet Archive) auf speyer.de
  21. Dieter Berg: Richard Löwenherz. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2007, ISBN 978-3-534-14511-9, S. 194–198.
  22. Alfred Haverkamp: Deutsche Geschichte. Band 2. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1993, ISBN 3-7632-2992-2, S. 288.
  23. Alfred Haverkamp: Deutsche Geschichte. Band 2. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1993, ISBN 3-7632-2992-2, S. 314/318.
  24. Alfred Haverkamp: Deutsche Geschichte. Band 2. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1993, ISBN 3-7632-2992-2, S. 253.
  25. Info auf kloster-st-magdalena-speyer.de
  26. Alfred Haverkamp: Deutsche Geschichte. Band 2, Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1993, ISBN 3-7632-2992-2, S. 298.
  27. Internetseite des Bistums Speyer zu den Stuhlbrüdern (Memento vom 27. Januar 2016 im Internet Archive)
  28. Archival evidence about the Speyer cathedral chapter, its library, and the codex containing the Compilation 'notitia dignitatum' (Cnd) (Memento vom 13. Mai 2015 im Internet Archive)
  29. Sabine Happ: Stadtwerdung am Mittelrhein. Böhlau Verlag, Köln Weimar Wien 2002, ISBN 3-412-12901-1, S. 188–189.
  30. Sabine Happ: Stadtwerdung am Mittelrhein. Böhlau Verlag, Köln Weimar Wien 2002, ISBN 3-412-12901-1, S. 152.
  31. Hannah Kronenberger: Der Kampf um Reichsunmittelbarkeit im Würzburg des 13. Jahrhunderts – diskutiert anhand der Urkunden von 1261 und 1265. Hauptseminararbeit, 2007.
  32. Siehe zu diesem Stephanie Haarländer: Otto von Bruchsal. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 698 (Digitalisat).
  33. Sabine Happ: Stadtwerdung am Mittelrhein. Böhlau Verlag, Köln Weimar Wien 2002, ISBN 3-412-12901-1, S. 196.
  34. Zeno.org: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 721–722. Speyer [2]
  35. Siehe zu den Brüdern Johann und Conrad Hist Hans Lülfing: Hist, Konrad. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, ISBN 3-428-00190-7, S. 249 (Digitalisat).
  36. Ferdinand Schlickel: Speyer. Von den Saliern bis heute. Hermann G. Klein Verlag, 2000, ISBN 3-921797-60-8.
  37. Horst Rabe: Deutsche Geschichte. Band 4, Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1993, ISBN 3-7632-2994-9, S. 211.
  38. Horst Rabe: Deutsche Geschichte. Band 4. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1993, ISBN 3-7632-2994-9, S. 214.
  39. Goethe-Universität Frankfurt am Main: Jüdisches Lexikon: GERICHTSBARKEIT ÜBER JUDEN
  40. Hans Ammerich: Kleine Geschichte der Stadt Speyer. 1. Auflage. G. Braun Buchverlag, Karlsruhe 2008, ISBN 978-3-7650-8367-9, S. 90–102.
  41. alt-bramstedt.de: Butenschön, Johann Friedrich (Memento vom 23. Januar 2008 im Internet Archive)
  42. Historisches Lexikon Bayerns: Speyerer Zeitung/Neue Speyerer Zeitung, die Geschichte der Speyerer Zeitung
  43. http://www.wirtschaftsgeschichte-rlp.de/a-z/s/schwartz-storchen-ag.html
  44. siehe auch Charles B. McDonald: The Last Offensive, Kapitel XII, Washington: GPO, 1973, S. 263 f.: Chapter XII: The Saar-Palatinate

  • Geschichte der Stadt Speyer. Band 1, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1982, ISBN 3-17-007522-5.
  1. S. 39.
  2. S. 64.
  3. S. 118–144.
  4. S. 206–209.
  5. S. 209.
  6. S. 253–255, 258.
  7. S. 271.
  8. S. 277–314.
  9. S. 314–332.
  10. S. 332–339.
  11. S. 350.
  12. S. 339–357.
  13. S. 484 ff.
  14. S. 488.
  15. S. 539.
  16. S. 537.
  17. S. 532.

  • Geschichte der Stadt Speyer. Band II, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-17-008037-7.
  1. S. 5–58
  2. S. 58–78.
  3. S. 81.
  4. S. 121.
  5. S. 123 f.
  6. S. 185 f.
  7. S. 159–256.
  8. S. 331.
  9. S. 333.
  10. S. 422.
  11. S. 424.

  • Geschichte der Stadt Speyer. Band 3, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1989, ISBN 3-17-010490-X.
  1. S. 415.
  2. S. 369.
  3. S. 330.
  4. S. 350.
  5. S. 125.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.