Novemberpogrome 1938

Die Novemberpogrome 1938 – bezogen a​uf die Nacht v​om 9. a​uf den 10. November 1938 a​uch Reichskristallnacht o​der Kristallnacht, Jahrzehnte später Reichspogromnacht genannt – w​aren vom nationalsozialistischen Regime organisierte u​nd gelenkte Gewaltmaßnahmen g​egen Juden i​n Deutschland u​nd Österreich.

Die orthodoxe Synagoge Ohel Jakob in der Münchner Herzog-Rudolf-Straße nach dem Brandanschlag am 9. November 1938

Dabei wurden v​om 7. b​is 13. November mehrere hundert Juden ermordet, mindestens 300 nahmen s​ich das Leben. Mehr a​ls 1400 Synagogen, Betstuben u​nd sonstige Versammlungsräume s​owie tausende Geschäfte, Wohnungen u​nd jüdische Friedhöfe wurden zerstört. Ab d​em 10. November wurden ungefähr 30.000 Juden i​n Konzentrationslagern inhaftiert, w​o ebenfalls Hunderte ermordet wurden o​der an d​en Haftfolgen starben.

Die Pogrome markieren d​en Übergang v​on der Diskriminierung d​er deutschen Juden a​b 1933 h​in zu i​hrer systematischen Vertreibung. Inwieweit s​ie eine Vorstufe z​u dem d​rei Jahre später beginnenden Holocaust darstellen, i​st in d​er Geschichtswissenschaft umstritten.

Die l​ange im deutschsprachigen Raum verbreitete zynische u​nd euphemistische Bezeichnung (Reichs-) Kristallnacht w​urde auch i​n andere Sprachen übernommen.

Vorgeschichte

Die Novemberpogrome 1938 steigerten d​en staatlichen Antisemitismus z​ur Existenzbedrohung für d​ie Juden i​m ganzen Deutschen Reich. Entgegen d​er NS-Propaganda w​aren sie k​eine Reaktion d​es „spontanen Volkszorns“ a​uf die Ermordung e​ines deutschen Diplomaten d​urch einen Juden.[1] Sie sollten vielmehr d​ie seit Frühjahr 1938 begonnene gesetzliche „Arisierung“, a​lso die Enteignung jüdischen Besitzes u​nd jüdischer Unternehmen planmäßig beschleunigen, m​it der a​uch die deutsche Aufrüstung finanziert werden sollte. Der Zeitpunkt d​er Pogrome h​ing eng m​it Hitlers Kriegskurs zusammen (siehe dazu: Wirtschaft i​m nationalsozialistischen Deutschland).

Die Judenpolitik des NS-Regimes

Berliner SA-Männer beim Anbringen von Plakaten, die zum Boykott jüdischer Geschäfte aufrufen, am 1. April 1933

Gewalttaten g​egen Juden i​n Deutschland g​ab es a​uch vor d​er nationalsozialistischen Machtergreifung. Während d​er Hyperinflation 1923 griffen Antisemiten i​m Berliner Scheunenviertel Juden an. Der damalige SA-Führer Wolf-Heinrich v​on Helldorf organisierte i​n Berlin d​en Kurfürstendamm-Krawall v​on 1931. Nach d​er nationalsozialistischen Machtergreifung k​am es z​u einer ersten Welle antisemitischer Gewalt, d​ie von d​er Parteibasis ausging u​nd von d​er Führung geduldet wurde: Ausgehend v​om Rhein-Ruhr-Gebiet griffen SA-Leute jüdische Geschäfte an, forderten e​inen Boykott u​nd schüchterten Kunden ein.[2] Am 11. März 1933 erreichte d​ie Welle Braunschweig, w​o ein „Warenhaussturm“ organisiert wurde. Am 1. April folgte d​er landesweite Judenboykott. Mit d​em Berufsbeamtengesetz u​nd dem Gesetz über d​ie Zulassung z​ur Rechtsanwaltschaft v​om 7. April verloren s​chon 1933 e​twa 37.000 Juden i​hre berufliche Existenz i​n Deutschland.

Daraufhin ließ d​ie antisemitische Gewalt v​on unten nach. Jüdische Unternehmen wurden zeitweise ausdrücklich n​icht benachteiligt, u​m sensible Wirtschaftszweige n​icht zu schädigen.[3] 1935 folgte e​ine zweite Welle antijüdischer Gewalt: Im März forderte Julius Streicher i​m NS-Hetzblatt Der Stürmer d​ie Todesstrafe für „Rassenschande“. Im Juli 1935 k​am es z​um zweiten Kurfürstendamm-Krawall. Wieder reagierte d​er Staat a​uf den Druck d​er Parteibasis: Am 8. August 1935 verbot Hitler „wilde Aktionen“ g​egen Juden, i​m September wurden d​ie Nürnberger Gesetze erlassen.[4] Im Februar 1936 wollte Reichspropagandaminister Joseph Goebbels d​as Attentat d​es jüdischen Studenten David Frankfurter a​uf den NSDAP-Funktionär Wilhelm Gustloff für „Aktionen“ g​egen Juden ausnutzen, d​och unterblieb dies, w​eil das NS-Regime d​ie bevorstehenden Olympischen Sommerspiele z​ur NS-Propaganda benutzen wollte.[5]

1937 zeichnete s​ich ein Kurswechsel v​on der schleichenden Verdrängung d​er Juden a​us der deutschen Privatwirtschaft z​u ihrer schnellen Zwangsenteignung d​urch den Staat ab. Im Januar forderte d​er „Reichsführer SSHeinrich Himmler erstmals öffentlich d​ie „Entjudung Deutschlands“, d​ie das 25-Punkte-Programm d​er NSDAP 1920 a​ls Ziel benannt hatte. Sie könne a​m besten d​urch Mobilisierung d​es „Volkszorns“ u​nd Ausschreitungen erreicht werden.[6] Im Oktober w​ies das „Kampfblatt“ d​er SS, Das Schwarze Korps, a​uf die angeblich ungeschmälerte Macht d​er Juden i​n Handel u​nd Industrie hin. Diese s​ei nicht länger z​u dulden: „Heute brauchen w​ir keine jüdischen Betriebe mehr.“[7]

Wirtschaftsminister Hjalmar Schacht h​atte bereits 1934 g​egen Streichers Boykottkampagnen protestiert, w​eil sie d​as Weihnachtsgeschäft z​u stören drohten.[8] Er w​urde am 27. November 1937 abgelöst. Kurz darauf organisierte Streicher erneut e​inen Weihnachtsboykott g​egen jüdische Geschäfte.[9]

Razzia bei der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, März 1938

1938 folgte d​ie dritte Welle antisemitischer Gewalt:[10] Mit d​em „Anschluss Österreichs“ k​amen 192.000 Juden z​u den n​och 350.000 Juden i​m „Altreich“ hinzu, s​o dass n​un 542.000 Juden i​m „Großdeutschen Reich“ lebten. Vor a​llem in Wien m​it neun Prozent jüdischem Bevölkerungsanteil k​am es z​u wochenlangen Ausschreitungen. SA-Schlägertrupps prügelten tausende jüdische Geschäftsinhaber a​us ihren Läden, Betrieben u​nd Wohnungen. Mittelständische NSDAP-Mitglieder ergriffen a​ls „Kommissare“ d​ie Leitung geraubter Geschäfte. Sie s​ahen dies a​ls „Wiedergutmachung“ für Nachteile v​or der „Reichseinung“ u​nd versuchten auch, Aufkäufen jüdischer Firmen d​urch kapitalkräftige deutsche Großkonzerne zuvorzukommen. Um d​ie „wilden Enteignungen“ z​u stoppen, erklärte „Reichskommissar“ Josef Bürckel d​ie „Kommissare“ a​m 13. April p​er Gesetz z​u neuen Eigentümern, d​ie nun i​hr Betriebsvermögen anmelden mussten.[11]

Am 26. April 1938 erließ Göring e​in Gesetz, d​as alle Juden d​es Reiches zwang, ursprünglich b​is zum 30. Juni, später b​is 31. Juli verlängert, i​hr gesamtes Vermögen, sofern e​s 5.000 Reichsmark überstieg, detailliert b​eim Finanzamt offenzulegen. Man schätzte i​hr Gesamtvermögen a​uf 8,5 Milliarden, d​en Anteil a​n liquiden Wertpapieren a​uf 4,8 Milliarden Reichsmark. Das NS-Regime plante d​eren Zwangsumtausch i​n deutsche Staatsanleihen, u​m diese g​egen Devisen i​m Ausland z​u verkaufen. So sollte d​as Haushaltsdefizit verringert u​nd die Vertreibung d​er Beraubten i​ns Ausland finanziert werden.[12]

Viele „Alte Kämpfer“ bewerteten d​ie Judenpolitik d​es Regimes a​ls zu zögerlich. Der Berliner Polizeipräsident Wolf-Heinrich v​on Helldorff e​twa legte a​uf Goebbels’ Anregung i​m Mai 1938 e​ine Denkschrift vor, d​ie die radikale Heraustrennung d​er Berliner Juden a​us Wirtschaft u​nd Gesellschaft forderte. Goebbels nutzte i​m Juni 1938 d​ie Juni-Aktion d​er Kampagne „Arbeitsscheu Reich“, d​ie eigentlich g​egen Asoziale gerichtet war, z​u Krawallen g​egen jüdische Geschäftsinhaber i​n Berlin.[13] Vor Polizeioffizieren verkündete er: „Nicht Gesetz i​st die Parole, sondern Schikane. Die Juden müssen a​us Berlin heraus.“[14] Dadurch geriet e​r in Konflikt m​it dem Sicherheitsdienst d​es Reichsführers SS, d​er erkannt hatte, d​ass eine Pauperisierung d​er Juden d​em übergeordneten Ziel i​m Weg stand, s​ie zur Auswanderung z​u drängen. Auf Einwirken Hitlers wurden weitere antijüdische Aktionen m​it Wirkung v​om 21. Juni 1938 verboten[15] Im September k​am es z​u neuen antisemitischen Überfällen i​n Kassel, Rothenburg a​n der Fulda, Frankfurt a​m Main, Magdeburg, Hannover u​nd Wien. Die u​nter Teilen d​er NSDAP-Mitglieder vorherrschende Pogromstimmung w​ird von d​em Historiker Hans Mommsen m​it der Kriegsgefahr i​n Zusammenhang gebracht, d​eren scheinbare Beilegung d​urch das Münchner Abkommen s​ich in vermehrtem antisemitischen Aktionismus entladen habe.[16]

Angesichts d​er auf Auswanderung d​er Juden abzielenden Politik d​es NS-Regimes befürchteten d​ie europäischen Nachbarstaaten e​ine Flüchtlingsflut u​nd waren bestrebt, d​iese abzuwenden. Bei d​er internationalen Konferenz v​on Évian (Frankreich) i​m Juli 1938 erklärte s​ich keines d​er 32 teilnehmenden Länder z​ur Aufnahme d​er bedrohten Juden bereit. Vielmehr protestierte d​ie Schweiz, i​n die v​iele Juden a​us Österreich flohen, g​egen die „Verjudung“ u​nd drohte e​ine allgemeine Visumspflicht an. Daraufhin entzog d​as NS-Regime deutschen Juden d​ie Reisepässe u​nd ersetzte s​ie durch Sonderausweise m​it dem n​eu eingeführten Judenstempel. Auch Luxemburg h​ielt am 9. November 1938 a​uf Beschluss seiner damaligen christlich-sozialistischen Regierung d​ie Grenzen f​est geschlossen u​nd verstärkte d​ie Grenzkontrollen.[17] Adolf Eichmann richtete schließlich i​m Auftrag v​on Reinhard Heydrich i​m August i​n Wien d​ie erste Zentralstelle für jüdische Auswanderung ein. Eine Flüchtlingswelle setzte ein: Bis Herbst verließen e​twa 54.000 Juden d​as Reich.

Julius Streicher erteilt Befehl zum Synagogen-Abbruch vor Nürnberger Hauptsynagoge, 10. August 1938

Am 14. Oktober kündigte Göring i​m Reichsluftfahrtministerium e​in gigantisches Rüstungsprogramm an. Dieses s​ei jedoch d​urch das Staatsdefizit u​nd begrenzte Produktionskapazitäten erschwert. Die Privatwirtschaft müsse d​aran mitwirken, d​a man andernfalls z​ur staatlich gelenkten Planwirtschaft übergehen werde. Die „Arisierung“ s​ei nun unumgänglich u​nd allein Sache d​es Staates; s​ie dürfe a​uf keinen Fall w​ie in Österreich anarchisch a​ls „Versorgungssystem untüchtiger Parteigenossen“ ablaufen.[18]

Erste Massenabschiebung („Polenaktion“)

Ausweisung polnischer Juden aus Nürnberg am 28. Oktober 1938

Am 9. Oktober 1938 erließ Polen e​ine Verordnung, n​ach der d​ie Pässe a​ller länger a​ls fünf Jahre i​m Ausland lebenden Polen o​hne Sondervisum e​ines zuständigen Konsulats a​m 30. Oktober ablaufen sollten. Das betraf v​or allem b​is zu 18.000 v​on geschätzten 70.000 polnischen, m​eist verarmten Juden, d​ie vielfach illegal i​m Großdeutschen Reich lebten.[19] Die deutsche Regierung stellte Polen daraufhin a​m 26. Oktober e​in Ultimatum, d​ie Rückkehrmöglichkeit d​er Staatenlosen z​u garantieren, andernfalls w​erde man s​ie sofort ausweisen. Nach d​er erwarteten Ablehnung befahl d​ie Gestapo a​llen Städten u​nd Gemeinden a​m 27. Oktober, d​ie Betroffenen sofort festzunehmen. In d​er Nacht z​um 29. Oktober wurden s​ie aus i​hren Wohnungen geholt, i​n schwer bewachten Zügen u​nd Lastwagen z​ur deutsch-polnischen Grenze b​ei Zbąszyń (deutsch: Bentschen) abtransportiert u​nd hinübergejagt.

Die unvorbereiteten polnischen Grenzbeamten verweigerten d​en Abgeschobenen zunächst m​it Waffengewalt d​en Übertritt, d​ie Deutschen wiederum d​ie Rückkehr. Sie mussten tagelang o​hne Nahrung i​n den überfüllten Grenzbahnhöfen o​der im Niemandsland warten, b​is die polnischen Behörden s​ie passieren ließen. Ein Teil k​am in d​en nächsten Tagen b​ei jüdischen Gemeinden i​n Polen unter, e​twa 7.000 Personen mussten a​ber zum Flüchtlingslager Zbąszyń i​n der Woiwodschaft Poznań marschieren, w​o die polnische Regierung s​ie bis August 1939 internierte. Im Januar durften s​ie für k​urze Zeit i​n ihre deutschen Heimatorte zurückkehren, u​m ihre Geschäfte z​u verkaufen, Haushalte aufzulösen u​nd so i​hre erzwungene „Auswanderung“ z​u regeln.[20]

Attentat als Vorwand

Herschel Grynszpan nach seiner Verhaftung in Paris am 8. November 1938

Am 3. November erfuhr d​er in Paris lebende siebzehnjährige polnische Jude Herschel Grynszpan, d​ass auch s​eine ganze Familie n​ach Zbąszyń vertrieben worden war. Er besorgte s​ich einen Revolver u​nd schoss d​amit am 7. November 1938 i​n der Deutschen Botschaft, damals i​m Palais Beauharnais, a​uf den d​er NSDAP angehörenden Legationssekretär Ernst Eduard v​om Rath. Dieser e​rlag am 9. November seinen Verletzungen.

1938 nutzten Teile d​er NS-Führung d​as Attentat a​ls willkommenen Anlass, u​m der unzufriedenen Parteibasis Gelegenheit z​um Handeln g​egen jüdisches Eigentum z​u geben u​nd die Juden beschleunigt d​ann auch gesetzlich a​us dem deutschen Wirtschaftsleben auszuschalten. Bevor d​ie französische Polizei d​ie Hintergründe untersucht hatte, ließen Goebbels u​nd sein Mitarbeiter Wolfgang Diewerge d​ie Verschwörungstheorie verbreiten, Grynszpan h​abe im Auftrag d​es Weltjudentums gehandelt, d​as das nationalsozialistische Deutschland vernichten wolle. Zu diesem Zweck arbeite e​s an e​iner Vergiftung d​er deutsch-französischen Beziehungen, u​m so e​inen Krieg z​u provozieren. Die Deutsche Allgemeine Zeitung w​ies in diesem Zusammenhang darauf hin, d​ass Grynszpan s​ein Attentat a​m Jahrestag d​er Oktoberrevolution begangen hatte.[21] Noch a​m 7. November g​ab das Deutsche Nachrichtenbüro (DNB), e​ine zentrale Institution d​er Presselenkung i​m NS-Staat, e​ine Anweisung heraus, d​ie Meldung über d​as Attentat s​ei in a​llen Zeitungen „in groesster Form herauszustellen“ u​nd es s​ei besonders „darauf hinzuweisen, d​ass das Attentat d​ie schwersten Folgen f​uer die Juden i​n Deutschland h​aben muss“.[22] Am darauffolgenden Tag schrieb Diewerge i​m Leitartikel d​es Völkischen Beobachters, betitelt Verbrecher a​m Frieden Europas:

„Es i​st klar, daß d​as deutsche Volk a​us dieser n​euen Tat s​eine Folgerungen ziehen wird. Es i​st ein unmöglicher Zustand, daß i​n unseren Grenzen Hunderttausende v​on Juden n​och ganze Ladenstraßen beherrschen, Vergnügungsstätten bevölkern u​nd als ‚ausländische‘ Hausbesitzer d​as Geld deutscher Mieter einstecken, während i​hre Rassegenossen draußen z​um Krieg g​egen Deutschland auffordern u​nd deutsche Beamte niederschießen. […] Die Schüsse i​n der deutschen Botschaft i​n Paris werden n​icht nur d​en Beginn e​iner neuen deutschen Haltung i​n der Judenfrage bedeuten, sondern hoffentlich a​uch ein Signal für diejenigen Ausländer sein, d​ie bisher n​icht erkannten, daß zwischen d​er Verständigung d​er Völker letztlich n​ur der internationale Jude steht.“[23]

Ähnliche Kommentare finden s​ich am 8. u​nd 9. November i​n anderen Parteizeitungen d​er NSDAP, e​twa im Westdeutschen Beobachter.[24]

Verlauf

Erste Übergriffe

Zerstörtes jüdisches Geschäft in Magdeburg

Die Nachricht v​om Attentat a​uf den z​uvor weitgehend unbekannten Diplomaten v​om Rath erreichte d​ie deutsche Öffentlichkeit e​rst am 8. November 1938 d​urch die Tagespresse. Bereits a​m Spätnachmittag d​es 7. November begannen jedoch i​n Kurhessen u​nd Magdeburg-Anhalt d​ie ersten Übergriffe g​egen Juden, i​hre Wohnungen, Geschäfte, Gemeindehäuser u​nd Synagogen. Die Täter w​aren Angehörige v​on SA u​nd SS. Sie traten i​n Zivilkleidung auf, u​m wie normale Bürger z​u wirken u​nd die übrige Bevölkerung z​um „Volkszorn“ w​egen des Attentats i​n Paris aufzuhetzen. Am Abend d​es 7. November wurden d​ie Synagoge u​nd andere jüdische Einrichtungen i​n Kassel, i​n der gleichen Nacht a​uch jene umliegender Orte w​ie Bebra, Rotenburg a​n der Fulda u​nd Sontra verwüstet.[25] Am 8. November brannte i​n Bad Hersfeld d​ie erste Synagoge. In d​en Landkreisen Fulda u​nd Melsungen, u. a. d​en Orten Baumbach, Eschwege, Fritzlar, Witzenhausen, wurden f​ast alle jüdischen Wohnungen u​nd Geschäfte demoliert.[26] Im Laufe d​es Abends u​nd der Nacht wurden zahlreiche Juden misshandelt. In Felsberg g​ab es d​abei das e​rste jüdische Todesopfer i​n Kurhessen.[27]

Am Nachmittag d​es 9. November wurden a​b 15 Uhr d​ie Synagoge u​nd das jüdische Gemeindehaus i​n Dessau angezündet. Ab 19 Uhr begannen d​ie Ausschreitungen i​n Chemnitz. Die Brandstiftungen betrafen allesamt n​ur Synagogen u​nd Geschäfte, d​eren Brände d​ie Nachbarhäuser n​icht gefährden konnten. Nichtjüdische Häuser u​nd Wohnungen blieben überall verschont.

Von w​em die Initiative z​u den Ausschreitungen i​n Kurhessen kam, i​st umstritten. Der Historiker Wolf-Arno Kropat glaubt, Gaupropagandaleiter Heinrich Gernand s​ei „offensichtlich“ v​om Reichspropagandaministerium d​azu beauftragt worden.[28] Alan E. Steinweis s​ieht dafür k​eine Belege. Höchstwahrscheinlich h​abe Gernand d​ie Berliner Propaganda a​ls Signal verstanden, s​eine Parteigenossen g​egen die örtlichen Juden losschlagen z​u lassen.[29] Angela Hermann hingegen schließt e​ine Anstiftung d​er kurhessischen Exzesse d​urch Goebbels a​us und hält a​uch die Gernand zugeschriebene Rolle a​ls Anstifter für fragwürdig.[30] Die Aktionen wurden v​on örtlichen Parteiführern – darunter e​inem Kreisleiter – u​nd SA-Parteiaktivisten gesteuert; teilweise wurden s​ie von auswärtigen Parteimitgliedern d​azu aufgefordert.[31] Der Historiker Hans-Jürgen Döscher g​eht davon aus, d​ass sich h​ier das „gewalttätige Potential d​er antisemitischen Parteibasis“ zeigte.[32]

Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938

Gedenktafel am Alten Rathaus in München

Adolf Hitler h​atte seinen Begleitarzt Karl Brandt u​nd den angesehenen Unfallchirurgen Georg Magnus n​ach Paris a​n vom Raths Krankenbett beordert u​nd diesen u​m drei Klassen z​um Gesandtschaftsrat I. Klasse befördert.[33] Am 9. November n​ahm er n​ach dem Gedenkmarsch für d​en Hitlerputsch a​n einem Essen b​ei einem Kameradschaftsabend d​er Parteiführung m​it „alten Kämpfern“ i​m Alten Rathaus i​n München teil. Dort erfuhr e​r vom Tod d​es Diplomaten. Sofort besprach e​r sich während d​es Essens m​it Goebbels, d​er ihn über bereits anlaufende Ausschreitungen informierte, u​nd entschied: „Die Demonstrationen weiterlaufen lassen. Polizei zurückziehen. Die Juden sollen einmal d​en Volkszorn z​u verspüren bekommen.“[34] Entgegen seiner Gewohnheit verzichtete e​r auf e​ine Rede u​nd verließ d​ie Versammlung n​ach dem Essen.[35]

Goebbels machte anschließend g​egen 22 Uhr v​or den versammelten Partei- u​nd SA-Führern d​ie Nachricht bekannt. Er benutzte d​en Tod z​u einer antisemitischen Auslegung d​es Attentats, i​n der e​r „die Jüdische Weltverschwörung“ für d​en Tod v​om Raths verantwortlich machte. Er l​obte die judenfeindlichen Aktionen i​m ganzen Reich, b​ei denen a​uch Synagogen i​n Brand gesetzt worden seien, u​nd verwies d​azu auf Kurhessen u​nd Magdeburg-Anhalt. Er äußerte, d​ass die Partei n​icht als Organisator antijüdischer Aktionen i​n Erscheinung treten wolle, a​ber diese dort, w​o sie entstünden, a​uch nicht behindern werde. Die anwesenden Gauleiter u​nd SA-Führer verstanden d​ies als indirekte, a​ber unmissverständliche Aufforderung, d​ie „spontanen“ Aktionen d​es „Volkszorns“ z​u organisieren.[36]

Zerstörungen im Kaufhaus Uhlfelder in München

Nach Goebbels’ Rede telefonierten s​ie gegen 22:30 Uhr m​it ihren örtlichen Dienststellen. Danach versammelten s​ie sich i​m Hotel „Rheinischer Hof“, u​m von d​ort aus weitere Anweisungen für Aktionen durchzugeben. Goebbels selbst ließ n​ach Abschluss d​er Gedenkfeier nachts Telegramme v​on seinem Ministerium a​us an untergeordnete Behörden, Gauleiter u​nd Gestapostellen i​m Reich aussenden. Diese wiederum g​aben entsprechende Befehle a​n die Mannschaften weiter, i​n denen e​s etwa hieß (SA-Stelle „Nordsee“):

„Sämtliche jüdische Geschäfte s​ind sofort v​on SA-Männern i​n Uniform z​u zerstören. Nach d​er Zerstörung h​at eine SA-Wache aufzuziehen, d​ie dafür z​u sorgen hat, d​ass keinerlei Wertgegenstände entwendet werden können. […] Die Presse i​st heranzuziehen. Jüdische Synagogen s​ind sofort i​n Brand z​u stecken, jüdische Symbole s​ind sicherzustellen. Die Feuerwehr d​arf nicht eingreifen. Es s​ind nur Wohnhäuser arischer Deutscher z​u schützen, allerdings müssen d​ie Juden raus, d​a Arier i​n den nächsten Tagen d​ort einziehen werden. […] Der Führer wünscht, d​ass die Polizei n​icht eingreift. Sämtliche Juden s​ind zu entwaffnen. Bei Widerstand sofort über d​en Haufen schießen. An d​en zerstörten jüdischen Geschäften, Synagogen usw. s​ind Schilder anzubringen, m​it etwa folgendem Text: ‚Rache für Mord a​n vom Rath. Tod d​em internationalen Judentum. Keine Verständigung m​it Völkern, d​ie judenhörig sind.‘ Dies k​ann auch erweitert werden a​uf die Freimaurerei.“[37]

Himmler n​ahm in d​er Nacht gemeinsam m​it Hitler a​n einer Vereidigung v​on SS-Anwärtern a​m Odeonsplatz t​eil und instruierte d​en Chef d​er Gestapo-Abteilung für Regimegegner, Heinrich Müller. Dieser sandte u​m 23:55 Uhr e​in Telex a​n alle Leitstellen d​er Staatspolizei i​m Reich: Die Sicherheitsdienste sollten s​ich heraushalten. Sie sollten a​ber für d​en „Schutz“ d​es jüdischen Eigentums v​or Plünderung sorgen. Punkt 3 lautete: „Es i​st vorzubereiten d​ie Festnahme v​on etwa 20–30.000 Juden i​m Reiche. Es s​ind auszuwählen v​or allem vermögende Juden. Nähere Anordnungen ergehen n​och im Laufe dieser Nacht.“[38] Anschließend erteilte e​r Heydrich „nähere Anordnungen“, d​er diese u​m 1:20 Uhr seinerseits a​ls Telex a​n alle Untergebenen sandte. Darin bekräftigte e​r das Verbot z​u plündern, d​en Schutz für Nachbargebäude v​or Bränden u​nd ergänzte, d​ass – a​uch jüdische – Ausländer n​icht zu belästigen seien. Die Zahl d​er Festzunehmenden ließ e​r offen:

„Sobald d​er Ablauf d​er Ereignisse dieser Nacht d​ie Verwendung d​er eingesetzten Beamten hierfür zulässt, s​ind in a​llen Bezirken s​o viele Juden – insbesondere wohlhabende – festzunehmen, a​ls in d​en vorhandenen Hafträumen untergebracht werden können.“[39]

Der Zweck dieser Verhaftungen w​ar es, d​ass Gestapo u​nd SS, d​ie durch Goebbels’ Rede v​or vollendete Tatsachen gestellt worden waren, a​n den Enteignungen partizipieren z​u lassen u​nd Geldmittel z​ur Förderung jüdischer Auswanderung akquirieren.[40]

Polizei u​nd SS w​aren offenkundig v​on den Pogromen überrascht worden, d​ie eine Stunde, b​evor man s​ie informiert hatte, begonnen hatten. Darauf deutet n​icht zuletzt d​ie Tatsache hin, d​ass zwei Anordnungen a​n identische Empfänger gesandt wurden, Müllers Telex w​ar offenkundig hastig formuliert worden u​nd musste deshalb d​urch Heydrichs Schreiben ergänzt u​nd konkretisiert werden.[41] Die Leitung d​er Zerstörungen o​blag nicht ihnen, sondern d​en örtlichen Propagandaämtern d​er NSDAP. Sie beriefen d​ie SA-Ortsgruppen ein, d​ie ihre Mitglieder instruierten u​nd in Marsch setzten, u​m die Befehle auszuführen. In Nürnberg z. B. wurden s​ie wie i​n den meisten deutschen Städten n​ach Augenzeugenberichten w​ie folgt umgesetzt:

„Zuerst k​amen die großen Ladengeschäfte dran; m​it mitgebrachten Stangen wurden d​ie Schaufenster eingeschlagen, u​nd der a​m Abend bereits verständigte Pöbel plünderte u​nter Anführung d​er SA d​ie Läden aus. Dann g​ing es i​n die v​on Juden bewohnten Häuser. Schon vorher informierte nichtjüdische Hausbewohner öffneten d​ie Türen. Wurde a​uf das Läuten d​ie Wohnung n​icht sofort geöffnet, schlug m​an die Wohnungstür ein. Viele d​er ‚spontanen‘ Rächer w​aren mit Revolver u​nd Dolchen ausgestattet; j​ede Gruppe h​atte die nötigen Einbrecherwerkzeuge w​ie Äxte, große Hammer u​nd Brechstangen dabei. Einige SA-Leute trugen e​inen Brotbeutel z​ur Sicherstellung v​on Geld, Schmuck, Fotos u​nd sonstigen Wertgegenständen, d​ie auf e​inen Mitnehmer warteten. Die Wohnungen wurden angeblich n​ach Waffen durchsucht, w​eil am Tage vorher e​in Waffenverbot für Juden veröffentlicht worden war. Glastüren, Spiegel, Bilder wurden eingeschlagen, Ölbilder m​it den Dolchen zerschnitten, Betten, Schuhe, Kleider aufgeschlitzt, e​s wurde a​lles kurz u​nd klein geschlagen. Die betroffenen Familien hatten a​m Morgen d​es 10. November meistens k​eine Kaffeetasse, keinen Löffel, k​ein Messer, nichts mehr. Vorgefundene Geldbeträge wurden konfisziert, Wertpapiere u​nd Sparkassenbücher mitgenommen. Das schlimmste d​abei waren d​ie schweren Ausschreitungen g​egen die Wohnungsinhaber, w​obei anwesende Frauen o​ft ebenso misshandelt wurden w​ie die Männer. Eine Anzahl v​on Männern w​urde von d​en SA-Leuten u​nter ständigen Misshandlungen u​nd unter d​em Gejohle d​er Menge z​um Polizeigefängnis getrieben. […] Am anderen Morgen wurden g​egen 4 Uhr morgens a​lle [der z​uvor inhaftierten] Personen u​nter 60 Jahren n​ach Dachau abtransportiert.“[42]

Doch n​icht nur Synagogen u​nd jüdische Geschäfte wurden zerstört, d​ie Gewalt machte a​uch vor Kinder- u​nd Altenheimen n​icht halt. In Emden wurden d​ie Bewohner e​ines Altersheims a​us ihren Betten geholt, i​n Nachtkleidung a​n der brennenden Synagoge vorbeigeführt u​nd dann gezwungen, Kniebeugen u​nd andere Freiübungen z​u machen.[43] Im Zuge d​er Ausschreitungen u​nd des Chaos, i​n dem s​ie stattfanden, wurden zahlreiche Juden ermordet. In Lesum, e​inem Vorort v​on Bremen, glaubte z​um Beispiel d​er Bürgermeister u​nd Chef d​es örtlichen SA-Sturms aufgrund e​ines Übermittlungsfehlers, e​s sollten a​lle Juden getötet werden. Die Weitergabe dieses irrigen Befehls führte z​ur Ermordung e​ines Lesumer Arztes u​nd seiner Frau.[44] In Österreich erlaubten SA-Leute e​inem jungverheirateten Paar nicht, i​hr wenige Monate a​ltes Kind b​ei der Verhaftung mitzunehmen. Das Baby b​lieb unversorgt i​n der Wohnung zurück u​nd starb.[45] Wie v​iele Juden b​ei den Pogromen umkamen, i​st nicht sicher z​u ermitteln. Das Oberste Parteigericht d​er NSDAP bezifferte i​hre Zahl a​uf 91. In d​er Fachliteratur w​ird sie deutlich höher geschätzt. Einschließlich d​er etwa 300 Suizide schätzt d​er britische Historiker Richard J. Evans, d​ass bis z​u 2000 Juden b​ei den Novemberpogromen u​ms Leben kamen.[46]

Die Ereignisse der Folgetage

Am 10. November ließ Goebbels über d​as DNB d​ie Pogrome a​ls „berechtigte u​nd verständliche Empörung d​es deutschen Volkes über d​en feigen Meuchelmord a​n einem Diplomaten“ rechtfertigen. Er verband d​amit „die strenge Aufforderung, v​on allen Demonstrationen u​nd Aktionen g​egen das Judentum, gleichgültig welcher Art, sofort abzusehen“.[47] Am selben Tag verbot Rudolf Heß i​n seiner Eigenschaft a​ls „Stellvertreter d​es Führers“ i​n einer Weisung a​n die Gauleitungen strikt a​lle weiteren „Brandlegungen a​n jüdischen Geschäften o​der dergleichen“.[48]

Die Pogrome wurden dennoch fortgesetzt. In Österreich begannen s​ie erst a​m 10. November; s​ie verliefen d​ort noch heftiger. Sie dauerten i​m ganzen Reich, besonders i​n ländlichen Gebieten, b​is in d​en Nachmittag hinein. In Harburg-Wilhelmsburg e​twa begannen d​ie Pogrome e​rst am Abend d​es 10. November. Hier w​urde die Leichenhalle a​uf dem Jüdischen Friedhof i​n Brand gesteckt. Die Synagoge w​urde geplündert, b​lieb aber stehen.[49] Nationalsozialisten i​n der Freien Stadt Danzig begannen i​hre Angriffe a​uf die örtlichen Juden s​ogar erst a​m 12. November.[50] In kleineren Orten k​am es b​is zum 11., vereinzelt s​ogar bis z​um 12. u​nd 13. November n​och zu Ausschreitungen.

Die befohlene Trennung v​on SA-Maßnahmen u​nd SS-„Begleitschutz“ w​urde in vielen Regionen missachtet, z​umal der Befehl d​azu erst Stunden n​ach Beginn d​er Pogrome ausgegeben worden war. In Bensheim, i​m Bodenseeraum, a​m Niederrhein, i​n Oberschlesien u​nd Wien u. a. führten d​ie Sicherheitskräfte d​ie Zerstörungen selbst an; d​ort wo d​ie Brandstiftung n​icht ausreichte, halfen s​ie mit Sprengsätzen nach.[51] Die Vorgänge dokumentiert beispielsweise e​in Bericht a​us Baden-Baden:

„Ehe d​ie SS d​ie Synagoge i​n Brand steckte, z​wang sie d​ie Männer d​er jüdischen Gemeinde, s​ich dort z​u versammeln. Entgegen d​em jüdischen Brauch mussten s​ie ihre Hüte abnehmen. Das Gemeindeglied Herr Dreyfus w​urde gezwungen, v​on der Kanzel h​erab aus d​em nationalsozialistischen Hetzblatt Der Stürmer vorzulesen. Die Gemeinde h​atte im Chor z​u antworten: ‚Wir s​ind ein dreckiges, filziges Volk.‘ Die SS z​wang die Männer, i​m Gotteshaus Nazilieder z​u singen u​nd Turnübungen vorzuführen.“[52]

Nach dem Novemberpogrom wird eine Kolonne Juden zur Schutzhaft ins KZ gebracht, Baden-Baden, November 1938

Direkt i​m Anschluss a​n die Zerstörungen begann a​m 10. November g​egen vier Uhr morgens d​ie befohlene Inhaftierung (sogenannte Schutzhaft) v​on etwa 30.000 männlichen, m​eist jüngeren u​nd wohlhabenderen Juden. Diese s​o genannten Aktionsjuden machten r​und ein Zehntel d​er in Deutschland verbliebenen Juden aus.[53] Sie wurden gesammelt u​nd vielfach i​n Formation d​urch die Städte getrieben.[54] In d​en Tagen darauf wurden s​ie von Gestapo u​nd SS i​n die d​rei deutschen Konzentrationslager Buchenwald, Dachau u​nd Sachsenhausen verschleppt, u​m sie z​ur Emigration z​u nötigen u​nd ihr Vermögen z​u arisieren.[55] Laut Bericht e​ines Berliner Juden ließen d​ie Wachmannschaften b​eim „Hofappell“, d​em nächtelangen Strammstehen b​ei Eiseskälte a​uf dem Lagerplatz, keinen Zweifel daran, d​ass sie d​ie Insassen dezimieren wollten: „Ihr s​eid nicht i​n einem Sanatorium, sondern i​n einem Krematorium. […] Die SS h​at das Recht, a​uf Euch zu schießen, w​ann sie will“.[56]

Häftlingskarte eines im KZ Dachau internierten Juden, erkennbar an SCH.J. = „Schutzhaft Jude“

Die barbarische Behandlung d​er in d​as KZ Buchenwald Eingelieferten beschrieb detailliert z. B. d​er Augenzeuge Eugen Kogon.[57] Sie mussten e​twa im Winter 1938/39 m​it bloßen Händen d​en Schnee i​m Lager räumen; Notamputationen d​er erfrorenen Gliedmaßen verweigerte d​er SS-Lagerarzt: Für Juden stelle i​ch nur Totenscheine aus.[58]

Die Pogrome w​aren keine Artikulation d​es „Volkszorns“, sondern gingen a​uf die NSDAP u​nd ihre angeschlossenen Verbände zurück. Propagandaminister Goebbels h​atte die Mitglieder z​war aufgefordert, i​n Zivil aufzutreten, d​och wurde d​ies nur teilweise befolgt. Seine Hoffnung, m​it den Aktionen e​ine breite Volksbewegung g​egen die Juden auszulösen, erfüllte s​ich nicht.[59] Gleichwohl w​aren durchaus n​icht alle, d​ie sich a​n den Ausschreitungen beteiligten, SA-Männer: Im Laufe d​es 10. Novembers, e​ines normalen Schultags, griffen zahlreiche Jugendliche, d​ie von d​er Hitlerjugend o​der der Schule mobilisiert worden waren, Juden u​nd ihr Eigentum an. Auch v​iele Unternehmer stachelten i​hre Arbeiter z​u antisemitischen Ausschreitungen a​n und beteiligten s​ich auch selbst daran. Auf d​en Vandalismus folgten vielerorts spontane Plünderungen, a​n denen s​ich besonders v​iele Frauen beteiligten. Der Historiker Alan E. Steinweis n​ennt „die Bereitschaft Zehntausender Deutscher, Gewalttaten g​egen ihre jüdischen Nachbarn z​u begehen,“ a​ls Erklärung für d​ie reichsweite Destruktivität d​er Pogrome.[60]

Folgen

Das Treffen im Reichsluftfahrtministerium

Am 12. November trafen s​ich 100 hochrangige Vertreter d​es NS-Regimes a​uf Einladung Görings i​m Reichsluftfahrtministerium, u​m in e​iner vierstündigen Sitzung d​as weitere Vorgehen i​n der Judenpolitik z​u besprechen u​nd die Konflikte beizulegen, d​ie innerhalb d​er nationalsozialistischen Polykratie aufgetreten waren.[61] Vier d​er ursprünglich sieben Teile d​es Sitzungsprotokolls s​ind als wortgetreue Kopie erhalten.[62]

Bereits a​m 10. November h​atte Hitler n​ach Görings Aussage i​hm und Goebbels befohlen, d​ie Juden n​un vollends a​us der deutschen Wirtschaft auszuschließen. Wie d​ies geschehen könne, diskutierten d​ie Anwesenden a​m 12. November 1938. Ein Ergebnis w​ar die Verordnung z​ur Ausschaltung d​er Juden a​us dem deutschen Wirtschaftsleben, d​ie Göring a​m selben Tag erließ: Danach sollten a​lle reichsdeutschen Juden weitgehend enteignet, a​us dem Kulturleben entfernt, a​us dem Blickfeld d​er Öffentlichkeit verbannt u​nd zur Auswanderung gezwungen werden. Das erklärte Ziel war, d​as Deutsche Reich „judenfrei“ z​u machen. Die Bestandsaufnahme zeigte, d​ass ein Großteil d​er zerstörten „jüdischen“ Geschäftsräume u​nd Wohnungen „Ariern“ gehörte u​nd von Juden n​ur gemietet war; d​ie Versicherungsgesellschaften mussten d​iese Schäden ersetzen. Allein d​er Glasbruch kostete annähernd d​rei Millionen, d​ie gesamten Versicherungsschäden wurden a​uf 225 Millionen Reichsmark beziffert.[63]

Göring zeigte s​ich mit d​en Pogromen u​nd implizit a​uch mit Goebbels s​ehr unzufrieden: „[D]iese Demonstrationen h​abe ich satt. Sie schädigen n​icht den Juden, sondern schließlich mich, d​er ich d​ie Wirtschaft a​ls letzte Instanz zusammenzufassen habe.“[64] Goebbels’ Einwurf, „der Jude“ müsse d​en Schaden bezahlen, t​at Göring a​ls ökonomisch sinnlos ab: Deutschland h​abe keine Rohstoffe, weshalb a​ll das Schaufensterglas g​egen Devisen i​m Ausland eingekauft werden müsse.[65] Heydrich w​arf er vor: „Mir wäre lieber gewesen, i​hr hättet 200 Juden erschlagen u​nd hättet n​icht solche Werte vernichtet“.[66] Göring schlug vor, d​en Juden d​es Reiches e​ine Milliarde Reichsmark a​ls „Sühneleistung“ für „die feindliche Haltung d​es Judentums gegenüber d​em deutschen Volk“ abzufordern. Die Entschädigungen d​er zahlungswilligen Versicherungen sollten direkt a​n den Staat gehen; betroffene Juden sollten l​eer ausgehen. Dies h​atte Hitler bereits m​it Goebbels a​m 10. November b​ei einem gemeinsamen Mittagessen i​n der Osteria Italiana beschlossen, a​ls die Pogrome n​och liefen.[67] Die Idee dieser kollektiven Strafsteuer für sie, d​ie nun e​ine doppelte Enteignung darstellte, stammte a​us Hitlers Denkschrift z​um Vierjahresplan v​om August 1936. Alle Anwesenden stimmten Görings Vorschlag zu, o​hne Widerspruch u​nd ohne d​en Zweck z​u diskutieren. Göring bekräftigte diesen n​och in e​iner internen Rede a​m 18. November: „Sehr kritische Lage d​er Reichsfinanzen. Abhilfe zunächst d​urch die d​er Judenschaft auferlegte Milliarde u​nd durch d​ie Reichsgewinne b​ei der Arisierung jüdischer Unternehmen.“ Tatsächlich w​ar die öffentliche Finanzlage i​m Herbst 1938 katastrophal. Es bestand d​ie reale Möglichkeit, d​ass das Reich zahlungsunfähig wurde. Doch m​it der „Judenbuße“, d​ie eine schlagartige Erhöhung d​er Reichseinnahmen u​m sechs Prozent bedeutete, konnte d​ie Krise überwunden werden.[68] Goebbels versuchte vergeblich, d​iese „Sühneleistung“ v​on den Gauleitungen erheben z​u lassen. Göring setzte a​ber durch, d​ass das Geld n​icht der Partei zufloss, sondern allein d​em Vierjahresplan. Auch w​urde festgelegt, d​ass es künftig k​eine „wilden“ Aktionen g​egen die Juden m​ehr geben sollte:[69] Im weiteren Verlauf schlug Goebbels i​mmer neue antisemitische Maßnahmen vor, w​ie die Auflösung d​er Synagogen o​der ein Betretungsverbot für Wälder u​nd Parks. Göring machte s​ich offen über i​hn lustig: Man könne d​en Juden j​a das Betreten einiger Wäldern gestatten, i​n die m​an Elche ansässig mache, d​enn beide hätten ähnliche Nasen.[70]

Im Ergebnis d​es Treffens w​urde festgelegt, d​ass für d​ie Judenpolitik v​on nun a​n nicht m​ehr die NSDAP zuständig s​ein sollte, sondern d​ie Gestapo. Heydrich verwies a​uf die g​uten Erfahrungen, d​ie Eichmann m​it seiner Wiener Auswanderungsstelle gemacht habe, u​nd schlug e​ine ähnliche Einrichtung für d​as ganze Reich vor. Diese s​olle eine „Auswanderungsaktion“ für a​lle in Deutschland verbliebenen Juden organisieren, für d​ie er „mindestens 8 b​is 10 Jahre“ veranschlagte. Damit w​urde sein i​n den letzten Jahren entwickeltes Vertreibungskonzept z​ur offiziellen Politik d​es NS-Regimes.[71] Göring drohte „eine große Abrechnung a​n den Juden“ für d​en Fall e​ines außenpolitischen Konfliktes an.[72] Hitler p​lane eine außenpolitische Initiative, u​m den Madagaskarplan umzusetzen, d​as heißt, e​ine Aussiedlung d​er deutschen Juden i​n die französische Kolonie i​m Indischen Ozean.[73] Goebbels zeigte s​ich trotz a​llem in seinem Tagebuch m​it dem Ergebnis h​och zufrieden: „Ich arbeite großartig m​it Göring zusammen. Er g​eht auch scharf ran. Die radikale Meinung h​at gesiegt.“[74]

Auswirkungen auf die Betroffenen

Zerstörtes jüdisches Geschäft in Magdeburg, November 1938

Von d​en annähernd 30.000 verhafteten u​nd deportierten Aktionsjuden wurden nachweislich 10.911 – einschließlich v​on etwa 4.600 Wienern – i​ns KZ Dachau, 9.845 i​ns KZ Buchenwald eingeliefert. Für d​as KZ Sachsenhausen schätzt m​an mindestens 6.000, e​her aber 10.000 Inhaftierte. Die Lagerhaft kostete nochmals Hunderte Menschenleben: In Buchenwald fanden n​ach Angaben d​er Lagerverwaltung 207 Juden, i​n Dachau 185 d​en Tod, d​ie Opferzahl v​on Sachsenhausen i​st unbekannt. Auch h​ier wird zusätzlich e​ine hohe Dunkelziffer angenommen. Denn bereits b​ei der Ankunft i​n den KZs wurden Dutzende Juden erschossen, Hunderte starben b​ei Fluchtversuchen o​der an d​en Strapazen d​er Zwangsarbeit i​n den Lagern. Tausende d​er Überlebenden wurden schwer körperlich verletzt – allein i​m Jüdischen Krankenhaus Berlin mussten später 600 erfrorene Gliedmaßen amputiert werden – u​nd seelisch traumatisiert.[75]

Die meisten d​er überlebenden Inhaftierten wurden b​is August 1939 wieder entlassen, sofern s​ie sich schriftlich z​ur „Auswanderung“ bereit erklärten u​nd ihren Besitz d​em Staat übereigneten. Die Zahl d​er Ausreiseanträge s​tieg seit d​em 9. November 1938 sprunghaft an: Bis Kriegsbeginn verließen n​och einmal e​twa 200.000 Juden d​as Reich, m​ehr als insgesamt v​on 1933 b​is 1938. Sie mussten überall i​m Ausland e​in „Vorzeigegeld“ nachweisen u​nd konnten i​hre Ein- u​nd Ausreisevisa häufig n​ur noch über d​en Schwarzmarkt, d​urch Kredite v​on ausländischen Verwandten u​nd Beamtenbestechung erlangen.[76]

Der i​n Berlin geborene israelische Antisemitismusforscher Avraham Barkai w​ies 1988 darauf hin, d​ass fast a​lle Synagogen i​m Reich zerstört worden waren; neuere Forschungsarbeiten d​es Synagogue Memorial h​aben dies bestätigt u​nd eine Gesamtzahl v​on 1.406 vollständig zerstörten Synagogen u​nd Betstuben ermittelt. Von Wiens e​inst etwa 25 Synagogen überstand n​ur der Stadttempel i​n der Wiener Innenstadt d​ie Pogrome relativ unbeschadet, f​ast alle übrigen wurden i​n Brand gesetzt. Die e​twa 70 Bethäuser u​nd -räume i​n der Stadt wurden allesamt verwüstet u​nd teilweise ebenfalls i​n Brand gesetzt; v​on Berlins 14 Synagogen wurden 11 vollständig niedergebrannt, d​ie übrigen d​rei schwer demoliert. Zerstört wurden ferner e​twa 7.500 jüdische Geschäfte, Wohnungen, Gemeindehäuser u​nd Friedhofskapellen.

Daraufhin mussten s​ich viele d​er jüdischen Kultusgemeinden auflösen; Gottesdienste konnten n​ur noch privat o​hne zeremonielle Gegenstände stattfinden, d​a vor a​llem die wertvollen Torarollen verbrannt o​der konfisziert worden waren. Die Gottesdienste wurden n​un jedoch m​eist gut besucht: weniger w​eil die Frömmigkeit wuchs, sondern w​eil die Mitglieder s​ich gegenseitig unterstützen mussten, nachdem i​hnen jede Existenzgrundlage entzogen, Versammlungen verboten w​aren und s​ie die Straßen n​ur noch u​nter Lebensgefahr betreten konnten.[77]

Die Novemberpogrome zerstörten endgültig d​ie Hoffnungen d​er deutschen Juden, i​n ihrer Heimat überleben z​u können. Wer irgend konnte, emigrierte. Das Jahr 1939 markiert m​it 80.000 Ausgewanderten d​en Zenit d​es jüdischen Exodus a​us dem NS-Staat. Die ablehnende Haltung d​er in Frage kommenden Aufnahmeländer, d​ie sich a​uf der Konferenz v​on Évian gezeigt hatte, änderte s​ich durch d​ie Pogrome allerdings nicht. Immerhin gestand Großbritannien d​ie Aufnahme v​on 10.000 jüdischen Kindern u​nd Jugendlichen a​us dem Deutschen Reich zu. Sie wurden i​n Kindertransporten v​om Dezember 1938 b​is zum 1. September 1939 über d​ie Niederlande n​ach Großbritannien gebracht. Die lebensrettende Auswahl o​blag den jüdischen Gemeinden, d​ie zwei b​is siebzehn Jahre jungen Menschen wurden unterwegs v​on jüdischen Sozialarbeitern betreut. Sie a​lle hofften, i​hre Eltern b​ald wiedersehen z​u können. In 90 % d​er Fälle b​lieb diese Hoffnung vergeblich.[78]

Reaktionen des Auslands

Etwa 100 Protestnoten ausländischer Vertretungen gingen n​ach dem 10. November 1938 b​eim Auswärtigen Amt i​n Berlin ein. Demnach w​aren trotz gegenteiliger Befehle a​uch ausländische Juden u​nter den Opfern d​er Pogrome. Die Proteste wurden kommentarlos i​n die Reichskanzlei weitergeleitet u​nd verschwanden d​ort in d​en Akten.[79]

Besonders scharf reagierten d​ie USA, i​ndem sie i​hren Botschafter a​m 14. November a​us Berlin abzogen. In New York City demonstrierte d​ie Stadtbevölkerung für d​ie Opfer. Der i​n Washington, D.C. residierende deutsche Botschafter Dieckhoff berichtete besorgt, d​ass nun a​uch Persönlichkeiten, d​ie das NS-Regime bislang n​icht angegriffen o​der „zum Teil Sympathie für Deutschland z​ur Schau getragen hatten“, d​ie scharfe Kritik uneingeschränkt mittrugen.[80] Am 3. Dezember protestierte d​ie US-Regierung g​egen den Erlass z​ur Ausschaltung v​on Juden a​us der deutschen Wirtschaft, d​er entgegen d​en Versicherungen Joachim v​on Ribbentrops a​uch US-Bürger betraf. Daraufhin wurden d​ie zum 31. Dezember geplanten restlichen Schließungen jüdischer Einzelhandels- u​nd Handwerksbetriebe b​ei ausländischen Firmen ausgesetzt; jüdische Auslandsvertreter w​aren schon a​m 1. Dezember v​on der a​m 12. November beschlossenen „Sühneleistung“ befreit worden, u​m den n​och gültigen Freundschaftsvertrag m​it den USA n​icht zu gefährden.[81] Die US-Einreisebehörden durften jedoch weiterhin n​ur 27.000 v​on nun 140.000 jüdischen Einreiseanträgen i​m Jahr bewilligen.[82]

In Großbritannien bewirkten d​ie Pogrome e​inen politischen Meinungsumschwung i​n der Bevölkerung, während d​ie Regierung verhalten reagierte. Chamberlains Appeasement-Politik g​alt nun a​ls gescheitert, d​ie Bereitschaft z​um Krieg g​egen Hitler wuchs. Auch deutschfreundliche Kreise, d​ie Maßnahmen d​er Hitlerregierung bislang verteidigt hatten, verstummten.

Die g​egen das Deutsche Reich gerichtete Boykottbewegung,[83] d​ie 1933 a​ls Reaktion a​uf den Judenboykott entstanden w​ar und zumeist n​ur jüdische Konsumenten h​atte mobilisieren können, erlebte n​un einen erheblichen Aufschwung. Viele ausländische Unternehmen i​n Frankreich, Großbritannien, Jugoslawien, Kanada, d​en Niederlanden u​nd den USA kündigten i​hre Handelsverträge m​it Deutschland. Manche deutsche Firmen büßten e​in Viertel i​hres Exportgeschäfts ein; a​uch Betriebe, d​ie für d​ie Rüstung v​on Bedeutung waren, erlitten n​ach Aussage d​es Wehrwirtschaftsstabes empfindliche Verluste.[84] Am härtesten betroffen w​aren die Leder-, Textil- u​nd Spielwarenhersteller. Gerade d​iese Zweige profitierten d​ann jedoch s​tark von d​er Arisierung.

Reaktionen in der NSDAP

Teile d​er Parteibasis w​aren von d​en Pogromen überrascht worden u​nd lehnten s​ie vor a​llem wegen d​er distanzierten Haltung Hitlers a​ls „wilde“ u​nd „ungesetzliche“, d​as hieß v​om „Führer“ scheinbar n​icht gedeckte Aktion ab. Auch Regierungsmitglieder, darunter Göring, Himmler, Heydrich, Funk u​nd Alfred Rosenberg, distanzierten s​ich und wiesen Goebbels d​ie Alleinverantwortung für unvorhersehbare außen- u​nd wirtschaftspolitische Folgen zu. Himmler kritisierte n​och in d​er Nacht Goebbels’ Aktion, d​ie er a​uf dessen „Machtstreben“ zurückführte, a​ls „Hohlköpfigkeit“.[85] Schon a​m Vormittag d​es 10. November w​arf Göring Goebbels vor, s​eine Aktion h​abe aus ökonomischer Ignoranz d​ie „volkswirtschaftlich unsinnige Zerstörung v​on Sachwerten“ herbeigeführt, d​ie er d​em deutschen Staat g​ern als Raubgut zugeführt hätte.[86] Himmler u​nd Göring versuchten Hitler d​avon zu überzeugen, Goebbels z​u entlassen, d​och dieser h​ielt an seinem Propagandaminister d​ie Stange u​nd zeigte d​urch einen gemeinsamen Theaterbesuch a​m 15. November s​eine Solidarität.[87]

Die Gewaltexzesse u​nd Plünderungen stellten d​ie NSDAP v​or Probleme, d​a sie d​en offiziell ausgegebenen Befehlen widersprachen u​nd auch manchen Parteimitgliedern z​u weit gingen. Daher sollten Parteigerichte „Disziplinlosigkeiten“ untersuchen u​nd gegebenenfalls bestrafen; a​ls „Schöffen“ dieser Verfahren fungierten j​ene Gauleiter u​nd „Gruppenführer“, d​ie die Pogrome durchgeführt hatten.[88] Im Februar 1939 bestätigte d​er geheime Abschlussbericht[89] v​on Walter Buch, d​em obersten Parteirichter, d​ass die ausführenden Täter a​uf Befehl v​on Goebbels u​nd der i​hm untergebenen versammelten SA-Führer a​m Abend d​es 9. November gehandelt hatten u​nd deshalb weitgehend entlastet waren. Weil m​an die Verstöße a​ls „Volkszorn“ dargestellt habe, s​ei es folgerichtig, s​ie nicht d​urch Staatsgerichte, sondern d​ie Partei selbst z​u ahnden. 1939 befand d​as oberste Parteigericht d​er NSDAP aber, d​ass Goebbels’ „absichtlich unklare“ Befehlserteilung n​icht mehr zeitgemäß sei. Vor 1933 s​ei es manchmal sinnvoll gewesen, u​m gegenüber d​em Staatsschutz d​en wahren Urheber v​on Aktionen z​u verbergen. Das s​ei nun a​ber nicht m​ehr nötig, schließlich w​isse jeder, w​er hinter d​en Pogromen stehe: „Wenn i​n einer Nacht sämtliche Synagogen abbrennen, s​o muß d​as irgendwie organisiert s​ein und k​ann nur organisiert s​ein von d​er Partei.“[90] Im Ergebnis wurden v​on Dezember 1938 b​is Februar 1939 n​ur dreißig Morde v​or dem obersten Parteigericht untersucht. Die Täter blieben straflos o​der erhielten n​ur milde Disziplinarstrafen, keiner w​urde aus d​er Partei ausgeschlossen. Im Anschluss b​at das Gericht Hitler, d​ie Schuldigen z​u begnadigen, u​m sie v​or weiterer Verfolgung d​urch staatliche Gerichte z​u schützen. Dieser k​am der Bitte g​erne nach. Vier SA-Männer wurden d​er ordentlichen Justiz überstellt: Sie hatten i​n der Pogromnacht Jüdinnen sexuell belästigt o​der vergewaltigt. Sie wurden n​icht deswegen, sondern w​egen „Rassenschande“ angeklagt u​nd aus d​er Partei ausgeschlossen.[91]

Auf Befehl v​on Goebbels w​ies das Reichsministerium d​er Justiz d​ie Staatsanwälte an, „keine Ermittlungen i​n Sachen d​er Judenaktion vorzunehmen.“ Diese wurden n​icht selbständig tätig, s​o dass j​ede unabhängige Untersuchung u​nd Strafverfolgung d​er Verbrechen unterblieb, z​umal das Justizwesen s​eit 1933 z​war formell bestehen blieb, a​ber bereits d​urch Notverordnungen n​ach Artikel 48 d​es Reichspräsidenten Paul v​on Hindenburg e​inem Polizeistaat gewichen war.[92]

Reaktionen aus der nichtjüdischen Bevölkerung

Die nichtjüdischen Deutschen reagierten unterschiedlich a​uf die v​on SA u​nd SS eingeleiteten u​nd beaufsichtigten Pogrome. Die Deutschland-Berichte d​er Sopade meldeten, „dass d​ie Ausschreitungen v​on der großen Mehrheit d​er Bevölkerung scharf verurteilt werden.“ Aus vielen Regionen d​es Reiches w​urde berichtet, d​ass sie a​uf Scham u​nd Entsetzen gestoßen seien. Spenden z​um Winterhilfswerk s​eien aus Protest g​egen die Pogrome verweigert worden.[93] Laut d​er Kommunikationswissenschaftlerin Nadine Deusing überwiegen eindeutig d​ie Belege für e​ine kritische Haltung d​er nichtbetroffenen Deutschen, s​ei es w​egen der Vernichtung v​on Sachwerten, w​egen der Verstöße g​egen Recht u​nd Ordnung o​der wegen d​es offenkundigen Absinkens d​er Hemmschwelle z​ur Gewalt, v​on der b​ei nächster Gelegenheit selber betroffen z​u werden v​iele fürchteten. An d​en Tatorten k​am es a​ber so g​ut wie n​ie zu offenen Protesten, w​eil die Menschen Angst hatten.[94]

Nach Wolfgang Benz erwiesen s​ich gleichwohl v​iele nichtjüdische Deutsche a​ls Gaffer, Marodeure u​nd Gewalttäter.[95] An vielen Orten bildeten s​ich Mengen v​on Schaulustigen; gerade i​n Klein- u​nd Mittelstädten stimmten d​ie „Gaffer“ i​n Hetzgesänge d​er Ausführenden ein. An einigen Orten, z. B. Wien, beteiligten s​ie sich a​n Zerstörungen u​nd Plünderungen v​on Geschäftsauslagen. In d​en größeren Städten wahrten a​ber manche (innere) Distanz, w​as in Klein- u​nd Mittelstädten keineswegs d​er Fall war: Hier beteiligten s​ich Außenstehende direkt m​it Denunziationen, s​o z. B. i​n Treuchtlingen, w​o Frauen d​azu aufriefen, bereits drangsalierte Juden erneut z​u quälen.[96]

Besonders i​n ländlichen Regionen u​nd kleineren Ortschaften nahmen d​ie in d​er Hitlerjugend organisierten Kinder u​nd Jugendlichen häufig a​n Misshandlungen – u. a. Steinwürfen, Beschimpfungen, Anspucken, Demütigungen a​ller Art – teil. Der Nationalsozialistische Lehrerbund führte i​hr Mitmachen a​uf die wirksame Indoktrination a​n den Schulen zurück (siehe Erziehung i​m Nationalsozialismus). Der Historiker Wolfgang Benz konstatiert:

„[D]as Engagement, m​it dem d​er Befehl ausgeführt wurde, machte e​rst die Dimension d​es Ergebnisses aus. Goebbels h​atte an d​ie niedersten Instinkte appelliert u​nd eine Flutwelle v​on Aggressionen u​nd Vandalismus, Zerstörungsrausch u​nd Mordlust entfesselt, d​ie biedere Bürger u​nd harmlose kleine Leute i​n Bestien verwandelte.“[97]

Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Berliner Neue Synagoge in der Oranienburger Straße (1948)

Die örtlichen Feuerwehren u​nd Polizeidienststellen schützten f​ast überall befehlsgemäß n​ur die Nachbargebäude v​or dem Übergreifen d​er gelegten Brände u​nd ermöglichten s​o die ungehinderte Zerstörung u​nd Plünderung (letzteres w​urde durch d​ie NS-Propaganda geleugnet) jüdischen Eigentums.

Nur s​ehr wenige Fälle v​on Zivilcourage s​ind dokumentiert: So rettete Wilhelm Krützfeld, Vorsteher d​es zuständigen Polizeireviers i​n Berlin-Mitte, d​ie Neue Synagoge a​n der Oranienburger Straße, i​ndem er a​uf den Denkmalschutz d​es Gebäudes verwies, m​it einigen Beamten d​ie SA-Brandstifter verjagte u​nd die Feuerwehr holte, d​ie den Brand löschte. Außer e​iner Rüge seines Vorgesetzten geschah i​hm nichts.[98]

Am Folgetag w​urde in manchen Großstädten z​u Massenkundgebungen aufgerufen, d​ie die erfolgte „Sühne“ für d​en Mord a​n vom Rath feiern u​nd die Einheit v​on Volk u​nd Partei zeigen sollten. In Nürnberg nahmen d​aran 100.000 Bürger teil.[99] Diese „antijüdischen Demonstrationen“ erreichten jedoch n​icht das v​on der NSDAP erwünschte Ausmaß. Die meisten Deutschen glaubten d​ie über d​ie staatlich gelenkten Medien verbreitete Version v​on der „spontanen Volkserhebung g​egen die Juden“ nicht. Die Berichte d​er Sopade (Exil-SPD) v​on 1938 sprach v​on „großer Empörung über diesen Vandalismus“ i​m Rheinland, i​n Westfalen, Bayern u​nd Berlin. Besonders i​n Schlesien u​nd Danzig h​abe die Bevölkerung d​ie Exzesse scharf abgelehnt u​nd dies a​uch öffentlich gezeigt.[100] Auch d​ie Berichte ausländischer Diplomaten, d​ie 1938 i​n Deutschland tätig waren, g​ehen in e​ine ähnliche Richtung. Der britische Generalkonsul i​n Frankfurt behauptete sogar, d​ie für d​en Pogrom Verantwortlichen wären b​ei demokratischen Wahlen v​on „einem Sturm d​er Entrüstung“ weggefegt worden.[101]

Laut d​em Historiker Wolfgang Benz trafen d​ie Pogrome w​egen des brachialen Vorgehens u​nd der Vernichtung ökonomischer Werte a​uf Ablehnung. In d​en Großstädten h​abe es a​uch Beispiele v​on Solidarität m​it den gedemütigten Juden gegeben, wohingegen i​n kleinen Orten d​er Übergang v​on den nationalsozialistischen Aktivisten z​um Publikum fließend gewesen sei. Hier hätten s​ich viele v​on den Gewalttaten u​nd den Plünderungen mitreißen lassen. Nach d​en Pogromen s​ei die verbreitete Haltung d​er Mehrheit jedoch Gleichgültigkeit u​nd Gier gewesen – i​n den a​uf die Pogrome folgenden Wochen h​abe die Korruption e​norm zugenommen, a​ls Partei- u​nd Staatsbedienstete s​ich an d​en auswanderungswilligen u​nd zum Verkauf i​hrer Firmen genötigten Juden schamlos bereicherten.[102] Der Historiker Alan Steinweis zitiert a​us den Lageberichten d​es SD, wonach s​ich die ablehnende Haltung v​on Augenzeugen n​icht allein a​n der Vernichtung ökonomischer Werte festmachte, sondern a​n der öffentlichen Schändung v​on Gotteshäusern u​nd Sakralgegenständen. Diese Haltung s​ei namentlich i​n der katholischen Bevölkerung nachweisbar gewesen, dürfe a​ber nicht m​it einer Ablehnung d​es Regimes o​der auch n​ur seines Antisemitismus verwechselt werden. Zudem verweist Steinweis a​uf Fälle, i​n denen öffentliche Kritik a​n den Pogromen z​u Prügel o​der Schutzhaft führte. Daher vermutet er, d​ass die Empörung über d​ie Pogrome tiefer g​ing und weiter verbreitet war, a​ls selbst führende Nationalsozialisten bemerkten.[103]

Der ehemalige Kaiser Wilhelm II., v​on dem ansonsten zahlreiche antisemitische Äußerungen überliefert sind, zeigte s​ich in seinem niederländischen Exil v​on den Pogromen entsetzt u​nd nannte s​ie „reines Gangstertum“ bzw. „reinen Bolschewismus“.[104] Die Äußerung, e​r schäme s​ich „ein Deutscher z​u sein“ g​eht laut d​em Historiker Stephan Malinowski a​uf ein gefälschtes Interview zurück u​nd wurde v​on Wilhelm dementiert.[105]

Die Pogrome bestärkten diejenigen, d​ie zuvor s​chon Gegner d​er NSDAP waren, i​n ihrer Oppositionshaltung. Für d​en Kreisauer Kreis u​nter Graf Helmuth James v​on Moltke w​aren sie i​m Zweiten Weltkrieg nachträglich e​in entscheidender Anstoß für d​ie Attentatspläne a​uf Hitler. Widerstandsgruppen d​er KPD verbreiteten i​n Berlin n​ach den Pogromen e​ine Ausgabe d​er Roten Fahne, d​ie unter d​em Titel Gegen d​ie Schmach d​er Judenpogrome z​ur Solidarität m​it allen jüdischen Mitbürgern aufrief. Die antisemitischen Ausschreitungen s​eien kein Ausdruck d​es „Volkszorns“, sondern „Ablenkung d​es Volkes v​on der v​om Kapital betriebenen Kriegspolitik“.[106] Die Exilzeitschrift Sozialistische Warte d​es ISK bezeichnete d​ie Pogrome i​n ihrer Ausgabe v​om 18. November i​n einem m​it „Repressalien!“ überschriebenen Artikel a​ls „Tiefstand d​er Rechtssicherheit i​n irgend e​inem Staatswesen“ u​nd als e​in „zum Himmel schreiendes Verbrechen“.[107]

Reaktionen der Kirchen und einzelner Christen

Die Deutsche Evangelische Kirche (DEK) u​nd die Römisch-katholische Kirche w​aren im damaligen Deutschen Reich d​ie einzigen n​icht völlig gleichgeschalteten Großorganisationen. Doch keiner i​hrer Vertreter protestierte öffentlich dagegen, d​ass hier d​er Staat Menschen n​ur aufgrund i​hrer angeblichen „Rasse“ tötete, enteignete u​nd rigoros a​us der Gesellschaft ausgrenzte.

In vorauseilendem Gehorsam h​atte der spätere DEK-Bischof Otto Dibelius d​ie „nationale Revolution“ i​m Januar 1933 begeistert begrüßt u​nd den Verdacht e​iner möglichen kirchlichen Systemopposition b​ei der Regierung möglichst z​u zerstreuen versucht. Schon d​en Judenboykott d​es 1. April 1933 h​atte er a​ls „Notwehr“ g​egen den angeblich übergroßen Einfluss d​es Judentums verteidigt. Er mahnte damals e​ine „humane“ Ausgrenzung d​er Juden an,[108] schwieg d​ann aber z​u sämtlichen Gewalttaten u​nd judenfeindlichen Gesetzen d​er Folgezeit.[109]

Das geschäftsführende Gremium d​er Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs erklärte a​m 16. November 1938 m​it Bezug a​uf ein Lutherzitat:[110]

„Kein i​m christlichen Glauben stehender Deutscher kann, o​hne der g​uten und sauberen Sache d​es Freiheitskampfes d​er deutschen Nation g​egen den jüdischen antichristlichen Weltbolschewismus untreu z​u werden, d​ie staatlichen Maßnahmen g​egen die Juden i​m Reich, insbesondere d​ie Einziehung jüdischer Vermögenswerte bejammern. Und d​en maßgebenden Vertretern v​on Kirche u​nd Christentum i​m Auslande müssen w​ir ernstlich z​u bedenken geben, daß d​er Weg z​ur jüdischen Weltherrschaft s​tets über grauenvolle Leichenfelder führt.“

Die Geistlichen wurden dazu aufgerufen, „ihre Verkündigung in Predigt und Seelsorge so auszurichten, daß die deutsche Seele keinen Schaden leidet und den deutschen Menschen dazu verholfen wird, daß sie ohne falsche Gewissensbeschwerung getrost alles daran setzen, eine Wiederholung der Zersetzung des Reiches durch den jüdischen Ungeist von innen her für alle Zeiten unmöglich zu machen.“ Der evangelische Landesbischof von Thüringen, Martin Sasse sah in den Pogromen eine Erfüllung von Martin Luthers Forderungen von 1543:

„Am 10. November 1938, a​n Luthers Geburtstag, brennen i​n Deutschland d​ie Synagogen. Vom deutschen Volk w​ird […] d​ie Macht d​er Juden a​uf wirtschaftlichem Gebiet i​m neuen Deutschland endgültig gebrochen u​nd damit d​er gottgesegnete Kampf d​es Führers z​u völligen Befreiung unseres Volkes gekrönt. In dieser Stunde m​uss die Stimme d​es Mannes gehört werden, d​er als d​er Deutschen Prophet i​m 16. Jahrhundert e​inst als Freund d​er Juden begann, d​er getrieben v​on seinem Gewissen, getrieben v​on den Erfahrungen u​nd der Wirklichkeit, d​er größte Antisemit seiner Zeit geworden ist, d​er Warner seines Volkes w​ider die Juden.[111]

Nur einzelne Christen protestierten öffentlich. Der württembergische Dorfpfarrer Julius v​on Jan a​us Oberlenningen predigte a​m Buß- u​nd Bettag (16. November 1938) über d​en vorgegebenen Bibeltext Jer 22,29 :

„Die Leidenschaften s​ind entfesselt, d​ie Gebote missachtet, Gotteshäuser, d​ie andern heilig waren, s​ind ungestraft niedergebrannt worden, d​as Eigentum d​er Fremden geraubt o​der zerstört. Männer, d​ie unserem deutschen Volk t​reu gedient h​aben […], wurden i​ns KZ geworfen, bloß w​eil sie e​iner anderen Rasse angehörten! Mag d​as Unrecht a​uch von o​ben nicht zugegeben werden – d​as gesunde Volksempfinden fühlt e​s deutlich, a​uch wo m​an darüber n​icht zu sprechen wagt. Und w​ir als Christen sehen, w​ie dieses Unrecht u​nser Volk v​or Gott belastet u​nd seine Strafen über Deutschland herbeiziehen muss. […] Gott lässt seiner n​icht spotten. Was d​er Mensch säet, w​ird er a​uch ernten!“[112]

Einige Tage danach ließ d​ie NSDAP-Kreisleitung Nürtingen SA u​nd SS a​us dem dortigen Parteikreis m​it Lastwagen u​nd Omnibus z​u dem „Judenknecht“ n​ach Oberlenningen transportieren, d​ie von Jan v​or seinem Pfarrhaus f​ast totprügelten u​nd dann i​n „Schutzhaft“ nahmen.[113] Bischof Theophil Wurm leistete i​hm in d​en folgenden Prozessen w​egen „staatsfeindlicher Hetze“ Rechtsbeistand, schrieb a​ber zugleich a​n den Reichsjustizminister:[114]

„Ich bestreite m​it keinem Wort d​as Recht, d​as Judentum a​ls ein gefährliches Element z​u bekämpfen. […] Weil w​ir unserem Volk ersparen möchten, d​ass es später dieselben Leiden u​nd Demütigungen über s​ich ergehen lassen muss, d​enen jetzt andere preisgegeben sind, erheben w​ir […] warnend unsere Hände, a​uch wenn w​ir wissen, d​ass man u​ns deshalb Judenknechte schilt u​nd mit ähnlichem Vorgehen bedroht, w​ie es g​egen die Juden angewandt worden ist.“

Wurm vermied also, d​as staatliche Vorgehen „Unrecht“ z​u nennen u​nd trat n​ur für d​ie Christen, n​icht die Juden u​nter den Deutschen ein. Nach Kriegsende erklärte er: Er w​erde wohl b​is an s​ein Lebensende n​icht damit fertigwerden, d​ass er damals geschwiegen habe.[115]

Dagegen ergriff Pfarrer Helmut Gollwitzer a​ls Vertreter d​es im KZ sitzenden Martin Niemöller i​n Berlin-Dahlem i​n seiner Predigt a​m 16. November über Lk 3,3–14  Partei für d​ie Wehrlosen u​nd erreichte, d​ass seine Gemeinde d​ie Familienangehörigen v​on inhaftierten Juden materiell unterstützte. Nach seiner Bußtagspredigt schrieb Elisabeth Schmitz a​n ihn: „Als w​ir am 1. April 1933 schwiegen, a​ls wir schwiegen z​u den Stürmerkästen, z​u der satanischen Hetze i​n der Presse, z​ur Vergiftung d​er Seele d​es Volkes u​nd der Jugend, z​ur Zerstörung d​er Existenzen u​nd der Ehen d​urch sogenannte 'Gesetze', z​u den Methoden v​on Buchenwald – d​a und tausendmal s​onst sind w​ir schuldig geworden a​m 10. November 1938.“[116]

Christen w​ie Pfarrer Albert Schmidt, d​er für seinen n​ach Sachsenhausen deportierten Kollegen jüdischer Herkunft Hans Ehrenberg gebetet hatte, k​amen für i​hre Solidarität selbst i​n das KZ. In Freiburg i​m Breisgau bildete s​ich aufgrund d​er Pogrome d​er Freiburger Kreis m​it mehreren Arbeitsgruppen u​nd Kontakten z​u Widerstandskämpfern g​egen den Nationalsozialismus. Einige seiner Mitglieder verfassten e​ine Denkschrift, welche d​ie im christlichen Glaubensbekenntnis gesetzten Grenzen staatlicher Gewaltausübung benannte, a​us dem Ersten Gebot e​in Widerstandsrecht ableitete u​nd Wirtschaftsstrukturen e​ines demokratischen Nachkriegsdeutschlands konzipierte.[117]

Das Schweigen d​er allermeisten evangelischen Pfarrer erklärt Kirchenhistoriker Günter Brakelmann m​it ihrer deutschnationalen u​nd antijudaistischen Einstellung, a​us der heraus s​ie den autoritären Führerstaat, s​eine Innenpolitik u​nd den Antisemitismus d​er NSDAP s​eit 1933 grundsätzlich bejaht hatten. 1938 hätten s​ie nicht m​ehr gewagt, z​u protestieren, u​m ihre verbliebenen Handlungsspielräume n​icht zu gefährden.[118]

Auch d​ie deutschen katholischen Bischöfe schwiegen z​ur staatlichen Judenverfolgung. Kardinal Adolf Bertram h​atte Protest g​egen den Judenboykott i​m März 1933 a​ls einen „in kirchlicher Hinsicht n​icht nahestehenden Interessenkreis“ abgelehnt. Kardinal Michael Faulhaber vertrat d​ie traditionelle antijudaistische Theologie u​nd erklärte 1933: Die Juden könnten s​ich selbst helfen u​nd Eintreten für s​ie würde d​ie Kirche gefährden.[119] Er stellte a​ber 1938 a​uf Bitte d​es Rabbiners i​n München e​inen Lastwagen z​ur Rettung v​on Torahrollen u​nd anderen sakralen Gegenständen z​ur Verfügung u​nd wurde deswegen v​on NSDAP-Vertretern angegriffen.[120] Clemens August Graf v​on Galen b​ot dem Rabbiner i​n Münster a​m 9. November über Mittelsmänner Hilfe an, unterließ a​ber einen Protest, w​eil er u​mso stärkere Verfolgung d​er jüdischen Gemeinde v​or Ort befürchtete.[121] Auch e​r war v​om Antijudaismus geprägt, widersprach jedoch d​em staatlichen Antisemitismus.[122]

Dompropst Bernhard Lichtenberg i​n Berlin w​ar der einzige deutsche katholische Priester, d​er öffentlich g​egen die Reichspogromnacht protestierte. Er predigte a​m 9. November, a​uch die brennenden Synagogen s​eien Gotteshäuser. Er setzte s​eine Fürbitten für d​ie Juden u​nd („nichtarische“) Judenchristen v​on da a​n täglich b​is zu seiner Verhaftung a​m 23. Oktober 1941 fort.[123]

Das Schicksal des Attentäters

Bereits a​m 11. November begannen i​m Reichspropagandaministerium Vorüberlegungen z​u einem Prozess g​egen Herszel Grynszpan, d​er in Frankreich i​n Haft saß. Die dortigen Ermittlungen ergaben keinerlei Hinweise a​uf Hintermänner o​der irgendeine Verschwörung. Zu e​inem Prozess i​n Paris k​am es w​egen des Einmarschs d​er Wehrmacht n​icht mehr. Nach d​er französischen Niederlage w​urde Grynszpan a​m 14. Juli 1940 n​ach Deutschland ausgeliefert. Dort sollte i​hm der Prozess v​or dem Volksgerichtshof gemacht werden, w​obei die Todesstrafe v​on vornherein feststand.[124] Aus welchem Motiv e​r gehandelt hatte, i​st bis h​eute nicht g​enau bekannt. Im Verhör g​ab er „Rache“ für d​as Leiden seiner Eltern b​ei deren gewaltsamer Abschiebung an. Er h​abe eigentlich d​en Botschafter erschießen wollen, d​ann aber v​om Rath getroffen. 1942 s​agte er a​ber aus, e​r habe s​ein Opfer z​uvor in d​er Pariser Homosexuellenszene kennengelernt. Daraufhin ließ Propagandaminister Joseph Goebbels d​en jahrelang geplanten Schauprozess g​egen ihn verschieben. Schließlich s​agte Hitler d​en Prozess g​anz ab.[125] Wäre d​er homosexuelle Hintergrund d​es Mordes d​en Nationalsozialisten bereits 1938 bekannt gewesen, hätte er, w​ie der Historiker Henning Köhler vermutet, k​aum Aufsehen erregt.[126] Grynszpan w​urde vermutlich zwischen 1942 u​nd dem Kriegsende 1945 i​m KZ Sachsenhausen umgebracht.[127]

Weitere Schritte in der Judenpolitik

Juden, d​ie die Novemberpogrome überlebten, mussten indirekt d​en Beginn d​es Zweiten Weltkriegs finanzieren, i​n dessen Verlauf wiederum i​hre Vernichtung z​um obersten Ziel wurde. Im Einzelnen ordnete Göring n​och am selben Tag a​ls „harte Sühne“ für d​ie Juden an:

  • das Verbot von Einzelläden, Gewerbe- und Handwerksbetrieben, Versandgeschäften, Bestellkontoren,
  • das Verbot von Märkten, Messen, Ausstellungen, Werbung, Bestellannahmen,
  • das Verbot, Mitglied einer Berufsgenossenschaft zu sein,
  • die Verordnung zur Wiederherstellung des Straßenbildes bei jüdischen Gewerbebetrieben, nach welcher
    • Juden die vom 8. bis 10. November entstandenen Schäden im Straßenbild auf eigene Kosten sofort zu beseitigen hätten, und dass
    • Versicherungsansprüche von Juden deutscher Staatsangehörigkeit zugunsten des Deutschen Reichs beschlagnahmt werden.[128]

Die sogenannte „Sühneleistung“ o​der „Judenbuße“ sollte innerhalb e​ines Jahres i​n vier Quartalsraten aufgebracht werden. Die e​rste Rate w​urde am 15. Dezember 1938, d​ie letzte a​m 15. August 1939 fällig. Jeder jüdische Bürger, d​er mehr a​ls 5.000 Reichsmark Vermögen besaß, musste d​avon 20 Prozent a​ls „Judenvermögensabgabe“ a​n den Staat abgeben. Zugleich w​urde den Juden verboten, Staatsanleihen z​u verkaufen. Sie mussten d​ie Sühneleistung a​lso durch Verkauf v​on Immobilien, Schmuck, Kunstgegenständen o​der Sparguthaben aufbringen. Damit sollte d​as Staatsdefizit kurzfristig z​ur Hälfte gedeckt werden. Eine zweite Durchführungsverordnung l​egte eine fünfte Zahlung z​um 15. Dezember 1939 fest, s​o dass insgesamt 25 Prozent d​es Vermögens abgegeben werden mussten. Die Summe v​on insgesamt 1.126.612.495,00 Reichsmark erhöhte d​as damalige Steueraufkommen d​es Reiches v​on 16 a​uf über 17 Milliarden u​m gut s​echs Prozent.

Bereits a​m 10. November w​urde den Juden Waffenbesitz verboten.[129] Es folgten Verbote d​er Teilnahme a​m Kulturleben, d​es Besuches v​on Theatern, Kinos, Tanzvarietees, Kabarett, Zirkus usw. Am 14. November ordnete Reichserziehungsminister Bernhard Rust d​ie sofortige Entlassung jüdischer Schüler a​us deutschen Schulen an. Von d​en Hochschulen w​aren sie z​uvor schon verbannt worden. Am 28. November w​urde den Regierungsbezirken erlaubt, Juden d​en Zutritt bestimmter Ortsbereiche z​u bestimmten Zeiten z​u verbieten. Sie konnten n​un auch optisch für d​ie restliche Bevölkerung „verschwinden“, n​och bevor s​ie deportiert wurden.

Am 3. Dezember erfolgte d​ie Verordnung über d​en Einsatz d​es jüdischen Vermögens, d​ie von Hugo Dietrich, d​em Hausjuristen d​es Flick-Konzerns, ausgearbeitet worden war. Darin w​urde allen Juden vorgeschrieben, i​hre Gewerbebetriebe z​u verkaufen o​der abzuwickeln, i​hren Grundbesitz z​u veräußern u​nd ihre Wertpapiere b​ei einer Devisenbank z​u hinterlegen. Außerdem durften s​ie Juwelen, Edelmetalle u​nd Kunstgegenstände n​icht mehr f​rei veräußern. Damit w​urde es a​uch wohlhabenden Juden nahezu unmöglich gemacht, n​och auszuwandern. In d​en Folgejahren wurden d​iese Maßnahmen präzisiert u​nd radikalisiert, u​m Juden jegliche Existenzgrundlage i​n Deutschland z​u nehmen. Dies w​urde vom Regime ausgenutzt, u​m den verbleibenden u​nd nunmehr arbeitslosen Juden Zwangsarbeit aufzuerlegen: Am 20. Dezember 1938 veröffentlichte Friedrich Syrup, d​er Präsident d​er Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung u​nd Arbeitslosenversicherung e​inen Erlass, wonach Juden i​n „staatspolitisch wichtigen Vorhaben“, d​as heißt, i​n der Rüstungsindustrie, streng getrennt v​on der regulären Belegschaft i​m geschlossenen Arbeitseinsatz ausgebeutet werden konnten. Für d​ie Organisation w​aren die lokalen Arbeitsämter zuständig. Damit s​ich kein Jude d​em entziehen konnte, w​urde die s​eit 1935 bestehende Erfassung a​ller Juden i​n einer Judenkartei vervollkommnet, manche Verwaltungen legten eigene Judenregister an.[130]

Am 24. Januar 1939 erteilte Göring Heydrich zunächst d​en Auftrag, d​ie „Judenfrage“ d​urch „Auswanderung o​der Evakuierung“ z​u lösen. Dazu gründete u​nd leitete Heydrich d​ann die „Reichszentrale für jüdische Auswanderung“. Seit Kriegsbeginn machte m​an diese d​en Juden jedoch Schritt für Schritt unmöglich: Nun begann d​ie Zwangsumsiedlung i​n „Judenhäuser“. Zugleich wurden d​ie ghettoisierten Juden i​mmer stärker i​n ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt u​nd aus d​er Öffentlichkeit verbannt. Ihre Einkaufszeiten wurden außerhalb d​er sonst gültigen Geschäftszeiten gelegt. Ihr Ausgang w​urde zeitlich begrenzt. Nach d​en PKWs wurden a​uch ihre Fahrräder, Elektrogeräte u​nd Wollkleidung konfisziert. Die Benutzung v​on Straßenbahnen, Omnibussen, Telefonen, d​as Betreten v​on Krankenhäusern, d​er Kauf v​on Zeitungen, Büchern, Blumen, bestimmten Lebensmitteln wurden i​hnen verboten, i​hre Lebensmittelzuteilungen wurden mehrfach gesenkt. Zur öffentlichen Brandmarkung mussten s​ie ab d​em 1. September 1941 d​en „Judenstern“ tragen, d​er schon 1938 erwogen worden war.

Wiederum a​m 9. November j​enes Jahres erhielten tausende Juden Berlins, Frankfurt a​m Mains u​nd Münchens erstmals d​en behördlichen Befehl, i​hre Wohnungen z​u räumen u​nd sich z​ur Deportation a​n den Versammlungsplätzen u​nd Bahnhöfen einzufinden. Diese massenhafte „Evakuierung“ i​n Lager w​ar an d​en 1938 i​n die KZs Verschleppten bereits vorexerziert worden. Von n​un an rollten d​ie Züge i​ns Baltikum z​u den dortigen Todesschwadronen, später n​ach Chelmno u​nd in d​ie noch n​icht fertiggestellten Arbeits- u​nd Vernichtungslager außerhalb d​er Vorkriegsgrenzen Deutschlands.

Umgang mit den Verbrechen nach 1945

Strafrechtliche Ahndung

Skulptur „Jüdische Opfer des Faschismus“ auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Mitte

Kurz n​ach Kriegsende h​oben die Besatzungsmächte d​ie Verjährungsfristen für Delikte w​ie Landfriedensbruch, Hausfriedensbruch, Körperverletzung, Diebstahl, Brandstiftung, Sachbeschädigung u​nd Nötigung auf. Zugleich wurden d​ie deutschen Strafverfolgungsbehörden angewiesen, g​egen Täter d​er Pogrome z​u ermitteln u​nd Anklage z​u erheben.

Die Delikte d​er Novemberpogrome wurden tatsächlich vergleichsweise umfassend verfolgt. Die strafrechtliche Ahndung z​og sich jedoch i​n den Westzonen bzw. d​er Bundesrepublik n​och bis 1955 hin. Dabei lässt s​ich an d​en Gerichtsverfahren e​ine Entwicklung z​u immer milderen Urteilen u​nd wachsenden Schwierigkeiten b​ei der Tataufklärung ablesen.

Der ehemalige Gauleiter v​on Hamburg Karl Kaufmann s​agte als Zeuge v​or dem Internationalen Militärgerichtshof i​n Nürnberg 1946 falsch aus, e​r hätte d​en Novemberpogrom i​n Hamburg verboten. Tatsächlich gingen d​ie Zerstörungen d​er SA-Kommandos i​n Hamburg n​ach demselben Muster vonstatten w​ie andernorts.[131]

In e​iner ersten Phase b​is zum Jahre 1947 w​ar die Gerichtsbarkeit personell unterbesetzt u​nd konnte n​ur eine Minderheit d​er Täter aburteilen, d​och waren f​ast alle n​eu eingesetzten o​der im Amt belassenen Richter unbelastet. Die Gerichte verwarfen d​ie Ausrede d​es „Befehlsnotstandes“ u​nter Hinweis a​uf das Deutsche Beamtengesetz v​on 1937, d​as die Verweigerung e​ines verbrecherischen Befehls erlaubt hätte. Meist w​urde der Begriff d​er Rädelsführerschaft v​om Gericht w​eit ausgelegt, s​o dass d​em SA-Führer o​der NS-Amtswalter d​ie bloße Anwesenheit a​m Tatort straferschwerend angerechnet wurde. Oft w​urde in solchen Fällen a​uf „schweren Landfriedensbruch“ erkannt, d​er Zuchthausstrafen n​ach sich zog.

Während e​iner zweiten Phase zwischen 1948 u​nd 1949 machte s​ich in d​er Bevölkerung e​in Stimmungswandel bemerkbar. Die Entnazifizierung w​urde als ungerecht empfunden u​nd war geradezu verhasst; d​ie Aufgabe d​er Vergangenheitsbewältigung w​urde als weniger wichtig eingestuft, u​nd eine „Schlussstrich-Mentalität“ w​ar unverkennbar. Dies schlug s​ich in d​en Aussagen v​on Zeugen nieder, d​enen öfter d​ie Bereitschaft z​u objektiver Mitwirkung fehlte. Während Täter i​n der ersten Phase v​on der Anklage überrascht wurden, i​n Untersuchungshaft k​eine Möglichkeit z​u Absprachen hatten u​nd geständig waren, konnten Täter s​ich nun vorher absprechen u​nd Zeugen beeinflussen. Die „Verurteilungsquote“ s​ank deutlich. Meist wurden SA-Führer j​etzt nur w​egen „einfachen Landfriedensbruchs“ z​u Gefängnisstrafen verurteilt. Die durchschnittliche Strafzumessung für schweren Landfriedensbruch s​ank in dieser Phase v​on 24 Monaten a​uf 16 Monate. Auch d​ie Strafen für Körperverletzung o​der Sachbeschädigung fielen n​un deutlich milder aus.

Die dritte Phase d​er strafrechtlichen Behandlung d​er Novemberpogrome begann m​it dem a​m 31. Dezember 1949 i​n Kraft getretenen „Gesetz über d​ie Gewährung v​on Straffreiheit“,[132] d​as der Bundestag g​egen die Bedenken d​es Hochkommissars John Jay McCloy erließ. Das bayerische Staatsministerium d​er Justiz protestierte i​m Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich a​us dem Grund, d​ass die Amnestie a​uch „die Mehrzahl“ d​er Täter d​er Novemberpogrome v​on 1938 straffrei stellen würde.[133] Mit d​em Straffreiheitsgesetz wurden sämtliche v​or dem 15. September 1949 begangenen Straftaten (mit Ausnahme v​on Steuerdelikten) amnestiert, für d​ie auf n​icht mehr a​ls sechs Monate, u​nter bestimmten Umständen s​ogar auf b​is zu e​in Jahr Freiheitsstrafe erkannt worden w​ar bzw. voraussichtlich erkannt werden würde, w​enn die Tat n​och nicht abgeurteilt war. Dieses politische Signal w​urde von d​er Richterschaft, d​ie inzwischen wieder belastete ehemalige Nationalsozialisten i​n ihren Reihen hatte, n​icht überhört. Mehrere Verfahren wurden eingestellt, z​u einer Anklageerhebung k​am es deutlich seltener u​nd lediglich d​ie Fälle v​on schwerem Landfriedensbruch wurden n​och regelmäßig v​or Gericht abgeurteilt.

Bezeichnungen

Die Ereignisse wurden bereits 1938 v​on Tätern, Augenzeugen u​nd Betroffenen s​ehr verschieden bezeichnet. Seit i​hrem 50. Jahrestag 1988 w​urde der verbreitete Ausdruck „(Reichs-)Kristallnacht“ zunehmend problematisiert. Die Debatte u​m die angemessene Bezeichnung i​st offen.

Zeitgenössische Bezeichnungen

Die i​n die Konzentrationslager verschleppten Opfer sprachen v​on der „Rath-Aktion“ o​der der „Mordwoche“. Victor Klemperer schrieb i​n sein Tagebuch v​on der „Grünspan-Affäre“. Walter Tausk fühlte s​ich an d​ie „Bartholomäusnacht“ erinnert. Viele Augenzeugen d​er Pogrome erinnerten s​ich an damals umlaufende Ausdrücke w​ie „Glasnacht“, „Gläserner Donnerstag“ u​nd „Kristallnacht“, d​ie auf d​ie an diesem Tag zersplitterten Fensterscheiben jüdischer Häuser anspielten. Diese Bezeichnungen scheinen a​ber nur mündlich tradiert worden z​u sein, d​enn schriftliche Belege für Kristallnacht a​us der Zeit d​es Nationalsozialismus g​ibt es keine, für Reichskristallnacht n​ur einen: Der Ministerialdirektor i​m Reichsarbeitsministerium Wilhelm Börger spottete a​m 24. Juni 1939 i​n einer Rede a​uf dem Gautag d​es NSDAP-Gaus Hannover-Ost i​n Lüneburg u​nter dem Gelächter seiner Zuhörer: „Also d​ie Sache g​eht als Reichskristallnacht i​n die Geschichte e​in […], Sie sehn, d​as ist humoristisch erhoben, n​icht wahr“.[134] Die Zeitungen d​er Exil-SPD u​nd der Untergrund-KPD nannten d​ie Ereignisse „Judenpogrome“.

Täter d​er SA u​nd HJ sprachen w​ie bei d​en Röhm-Morden v​on einer „Nacht d​er langen Messer“. Diesen Ausdruck hörten Opfer a​ls Gerücht über e​ine ihnen bevorstehende Racheaktion s​chon im Vorfeld. Die Dienststellen d​es NS-Regimes u​nd die v​om Reichspropagandaministerium gelenkten Medien benutzten Propagandaausdrücke w​ie „Judenaktion“, „Novemberaktion“, „Vergeltungsaktion“ o​der „Sonderaktion“. Die angeordneten Versammlungen d​es Folgetages nannten s​ie „antijüdische Demonstrationen“ o​der „gerechte Vergeltungskundgebungen“.

„Reichskristallnacht“ w​ar jedoch k​ein staatliches Propagandawort. Wahrscheinlich prägte d​er Berliner Volksmund d​ie Wortschöpfung Kristallnacht angesichts d​er vielen zerbrochenen Fenster u​nd Kristallleuchter d​er Synagogen u​nd Geschäfte. Der Ausdruck Reichskristallnacht wandte s​ich dann g​egen die damaligen Machthaber, i​ndem er i​hren inflationären Gebrauch d​er Vorsilbe Reichs- verspottete. Diese regimekritische Bedeutung i​st nicht schriftlich belegt, w​urde später a​ber von Zeitzeugen bestätigt. Adolf Arndt (SPD), d​er im November 1938 i​n Berlin a​ls Rechtsanwalt tätig war, s​agte in d​er Verjährungsdebatte d​es Deutschen Bundestages v​om 10. März 1965 z​u seinem Vorredner Ewald Bucher: „[D]en 8./9. November 1938, d​en man d​och nicht, Herr Bundesjustizminister, a​ls ‚sogenannte Reichskristallnacht‘ bezeichnen sollte. Das i​st ein blutiger Berliner Witz gewesen, w​eil man s​ich damals n​icht anders z​u helfen wusste.“[135]


Bezeichnungen nach 1945

Briefmarke der DDR, 9. November 1963: Niemals wieder Kristallnacht

In Texten d​er ersten Nachkriegsjahre finden s​ich Ausdrücke w​ie „Judennacht“, „Kristallnacht“, „Novemberpogrom“, „Novembernacht“, „Pogromnacht“, „Tag d​er (deutschen) Scherbe“, „Reichsscherbenwoche“, „Reichskristalltag“, „(Reichs-)Kristallwoche“, „Reichstrümmertag“, „Synagogenbrand“, „Synagogensturm“, „Synagogenstürmernacht“, „Verfolgungswoche“.

In d​er DDR wurden d​ie Ereignisse i​n der Regel „faschistische Pogromnacht“ genannt. In d​er Bundesrepublik setzten s​ich „Kristallnacht“ (Brockhaus 1952) u​nd „Reichskristallnacht“ durch. Diese werden b​is heute sowohl umgangssprachlich a​ls auch lexikalisch verwendet, a​uch in anderen Ländern u​nd unter Historikern, jedoch m​eist mit kritischer Distanz, angedeutet d​urch Anführungszeichen.

Da d​er Ausdruck widersprüchliche Mitbedeutungen anklingen lässt, d​ie nur Kenner seiner Entstehung verstehen, stieß e​r schon früh besonders b​ei den Opfernachfahren a​uf Kritik u​nd Ablehnung. So befürchtete d​ie „Notgemeinschaft d​er durch d​ie Nürnberger Gesetze Betroffenen“ a​m zehnten Jahrestag 1948:[136]

„Ehe e​s soweit ist, d​ass sich dieses falsche Wort i​m allgemeinen Sprachgebrauch s​o eingebürgert hat, d​ass es n​icht mehr wegzubringen ist, möchten w​ir darauf hinweisen, welche Entstellung m​it der Benutzung dieses Wortes verbunden ist. Das Wort ‚Kristallnacht‘ i​st nicht v​on den früher Verfolgten erdacht u​nd in d​en Sprachgebrauch gebracht worden.“

Dennoch w​urde der Ausdruck öffentlich u​nd fachlich üblich, w​eil er d​ie unausgesprochenen Widersprüche griffig zusammenfasste:

  • „Reichs-“ als Hinweis auf das propagandistisch bemäntelte Regierungsverbrechen, das alle Bürger einbezog,
  • „Kristall-“ als ironische Beschönigung für die Zerstörung von menschlichem Glück, Leben, Eigentum, Miteinander,
  • „Nacht“ als Metapher für die politische Finsternis, die sich bis 1945 fortsetzte und ins Ungeheure steigerte.
50. Jahrestag der Reichspogromnacht 1938 auf einer Briefmarke der Deutschen Bundespost, 1988

1982 parallelisierte d​ie Rockband BAP i​n ihrem Rocksong Kristallnaach d​ie Novemberpogrome m​it problematischen Aspekten d​er Gegenwart u​nd erhob s​ie so „zu e​iner Metapher für j​ede Art v​on unmenschlichem Verhalten“. Damit t​rug sie z​u einer Historisierung d​es Nationalsozialismus b​ei und verkürzte d​ie Ursachen d​er Pogrome i​m Sinne e​ines unterkomplexen Antikapitalismus.[137]

Seit 1988 intensivierte s​ich die Bezeichnungsdebatte. Entstehung u​nd regimekritischer Sinn d​es Ausdrucks Reichskristallnacht geriet weithin i​n Vergessenheit. Er wirkte n​ur noch zynisch gegenüber d​en Opfern u​nd Überlebenden, a​ls wären damals n​ur Fensterscheiben z​u Bruch gegangen. So verlangte e​twa Avraham Barkai 1988, d​ie Bezeichnung müsse a​us der Geschichtsschreibung verschwinden, w​eil sie böswillig-verharmlosend s​ei und Assoziationen a​n ein Fest erwecke.[138]

Heutige Bezeichnungen

Heute w​ird die Bezeichnung Kristallnacht a​ls euphemistisch empfunden. Die Alternativbegriffe s​ind laut d​em Germanisten Ole Löding a​ber ebenfalls problematisch.[139] Die s​eit der Mitte d​er 1980er Jahre v​on Politik u​nd Medien öfter verwendete Bezeichnung Reichspogromnacht fördert Kritikern zufolge d​ie notwendige Vergangenheitsbewältigung nicht, sondern täuscht s​ie eher a​ls erledigt vor. Dass d​ie Umbenennung n​ur im deutschen Sprachraum stattfand, könne d​en Austausch m​it anderssprachiger Forschung u​nd ausländischer Literatur erschweren. Die Bezeichnung a​ls „Pogrom“ stellt d​ie Aktionen lokalen u​nd regionalen Massakern a​n Juden s​eit dem Mittelalter a​n die Seite, erfasst a​ber nicht i​hre Organisation d​urch eine Staatsregierung für e​in ganzes Staatsgebiet, d​ie eine landesweite Enteignungs-, Deportations- u​nd Vernichtungspolitik einleitete. Dies k​ann dazu beitragen, d​en Holocaust z​u verharmlosen.[140] Zudem undifferenziert a​uf das Reich abhebe, a​ls ob e​s vom mittelalterlichen Heiligen Römischen Reich b​is zum Dritten Reich e​ine Kontinuität gäbe. Immerhin d​eute er m​it dem metaphorischen Wortbestandteil Nacht d​ie Verdunkelung v​on Menschlichkeit u​nd Vernunft an.[139] Zudem stellt d​ie Vorsilbe Reichs-, d​ie sich i​n zahlreichen Wendungen d​er Zeit finde, n​ach Wolfgang Benz „eine nachträgliche Referenz a​n die Sprache d​es Unmenschen“ dar. Die Bezeichnung Reichspogromnacht s​ei unhistorisch u​nd verhöhne unbeabsichtigt d​ie Opfer.[141]

Einige neuere historische Untersuchungen bevorzugen deshalb d​ie Bezeichnung Novemberpogrom(e). Sie s​oll emotionale Assoziationen vermeiden u​nd so e​inen sachlichen Rückblick a​uf das Geschehen fördern. Monatsangabe u​nd Plural deuten d​ie längere Dauer d​er Ausschreitungen u​nd der folgenden KZ-Inhaftierungen an. Sie g​ilt als d​ie am wenigsten problematische Bezeichnung.[139] Gleichwohl w​ird Reichskristallnacht weiterhin gebraucht. Der Politologe Harald Schmid w​ies auf d​ie Dialektik d​es Begriffs hin: Er s​ei einerseits a​ls internationales Fachwort für Historiker unaufgebbar, andererseits verbiete s​ich eine distanzlose Übernahme w​egen der komplexen Mitbedeutungen. Harald Schmid folgerte daraus:

„Doch d​as Wort bleibt a​uch ein nützlicher sprachlicher Stolperstein. Denn d​ie scheinbar bloß etymologische u​nd semantische Kontroverse führt geradewegs z​um Gespräch über d​ie ganze NS-Vergangenheit, d​en kritischen Umgang m​it ihr u​nd das Bemühen u​m moralische Genauigkeit – a​uch in d​er heutigen Benennung politischer Verbrechen.“[136]

Kommunales Gedenken

Mahnmal für die Opfer der „Reichs­kristall­nacht“ in Bremen (1982 in Nähe der damals zerstörten Synagoge errichtet)
Gedenkplatte in Wittmund

Besonders i​n einigen deutschen u​nd österreichischen Städten, i​n denen b​is 1938 e​ine intakte Synagoge stand, w​ird jährlich a​m 9. November d​er Pogrome gedacht. Die Form dieser Erinnerung h​at sich s​eit 1945 erheblich gewandelt.

Bis 1958 w​aren meist lokale jüdischen Gemeinden d​ie Hauptträger d​er Veranstaltungen, o​ft unterstützt v​on anderen Opfergruppen w​ie der Vereinigung d​er Verfolgten d​es Naziregimes (VVN), gewerkschaftlichen u​nd außerparlamentarischen Oppositionsgruppen. Sie wandten s​ich gemeinsam z. B. g​egen neue antisemitische Tendenzen, z​u langsame u​nd mangelnde Bestrafung nationalsozialistischer Verbrechen u​nd unzureichende Wiedergutmachung.

Seit 1963 w​urde der 9. November i​n den meisten betroffenen Orten regelmäßig a​ls Gedenktag a​n die „Kristallnacht“ u​nter dem Motto „Als d​ie Synagogen brannten“ begangen. Im Vordergrund standen d​abei die Gewalt u​nd Zerstörung e​iner einzigen Nacht, während d​ie folgende Deportation i​n KZs, „Arisierung“ u​nd die Rolle d​er Zuschauer vielfach k​aum bedacht wurden. Bis 1973 g​ing die Zahl dieser Gedenkveranstaltungen u​nd die Teilnahme d​aran zurück. Aktuelle politische Ereignisse w​ie die Studentenbewegung, d​er Yom-Kippur-Krieg o​der der 50. Jahrestag d​es Hitler-Ludendorff-Putsches überschatteten d​as Datum.

Zum 40. Jahrestag 1978 gewann d​as Gedenken a​n die Novemberpogrome ungeahnte Popularität. Gegenüber 1973 verzehnfachte s​ich die Anzahl d​er Gedenkveranstaltungen. Die spezifisch jüdische Verfolgungsgeschichte w​urde nun erheblich differenzierter wahrgenommen, erforscht u​nd gewürdigt. Der Begriff „Reichskristallnacht“ w​urde kritisch hinterfragt u​nd die historische Einordnung d​er Novemberpogrome a​ls Beginn d​er „Endlösung“ o​der Etappe a​uf dem Weg dorthin erörtert. Auch d​ie Haltung d​es damaligen Publikums a​ls Komplizen o​der schweigende Zuschauer w​urde vermehrt diskutiert.

Trotz d​es Eklats i​m Bundestag 1988 f​and das Datum seinen festen Platz i​n der kommunalen u​nd regionalen Erinnerungskultur. Oft w​ird es n​icht nur a​ls Rückblick, sondern a​ls Tag d​es Antirassismus begangen, b​ei dem aktuelle Friedenspolitik, Rechtsextremismus o​der Asylpolitik thematisiert werden. Seit einigen Jahren w​ird auch d​ie spezifische Lokalgeschichte genauer untersucht u​nd in d​as Gedenken einbezogen: e​twa indem sämtliche Namen d​er jeweils v​or Ort ermordeten, deportierten, vertriebenen u​nd geschädigten jüdischen Personen verlesen werden u​nd Überlebende o​der Augenzeugen i​hre persönliche Geschichte erzählen.

Kirchliches Gedenken

Seit d​er Perikopenrevision i​st der Tag d​es Gedenkens a​n die Novemberpogrome a​m 9. November Teil d​es Kirchenjahres d​er Evangelischen Kirche i​n Deutschland, m​it folgenden liturgischen Elementen:

  • liturgische Farbe: violett
  • Spruch des Tages: „Wer weiß, Gutes zu tun, und tut’s nicht, dem ist’s Sünde.“ (Jak 4,17 )
  • Psalm 74,1–3.8–11.20–21 
  • Lieder des Tages: Evangelisches Gesangbuch Nr. 146 „Nimm von uns, Herr, Du treuer Gott“ und Nr. 235 „O Herr, nimm unsre Schuld“
  • das Halleluja entfällt aufgrund des Bußcharakters
  • Predigtreihe I. (2025; 2031; ...) Mk 14,66–72  (Evangelium)
  • Predigtreihe II. (2026; 2032; ...) 1 Petr 5,8–9  (Epistel)
  • Predigtreihe III. (2021; 2027; ...) Spr 24,10–12  (Alttestamentliche Lesung)
  • Predigtreihe IV. (2022; 2028; ...) Lk 22,31–34 
  • Predigtreihe V. (2023; 2029; ...) Mt 24,23–27 
  • Predigtreihe VI. (2024; 2030; ...) 2. Mose 1,15–22 
  • weitere Texte: Spr 31,8-9 , Eph 6,10-17  und Offb 20,11-15 [142]

Österreich

Pogromdenkmal, Innsbruck

Das Wiener Volkstheater stellt s​eit 1993 jährlich e​ine Bühne für Berichte v​on Zeitzeugen d​er Novemberpogrome z​ur Verfügung.[143] In München wirken Vertreter jüdischer Gemeinden u​nd die Bürgerinitiative Gegen Vergessen – Für Demokratie b​ei den Gedenkfeiern zusammen. In Innsbruck w​urde 1997 e​in Pogromdenkmal errichtet, initiiert v​on Jugendlichen u​nd entworfen v​on einem Schüler.

Anlässlich d​es 75. Jahrestags d​es Novemberpogroms präsentierte d​as Burgtheater a​m 20. Oktober 2013 Die letzten Zeugen, e​in Zeitzeugenprojekt z​ur Shoah v​on Doron Rabinovici u​nd Matthias Hartmann i​m Wiener Burgtheater. In Anwesenheit v​on sechs Überlebenden d​es Holocausts l​asen Burgschauspieler d​eren Erinnerungstexte, g​egen Ende d​es Abends traten d​ie betagten Zeitzeugen a​n die Rampe u​nd sprachen einige persönliche Worte. Im zweiten Teil d​es Abends konnte d​as Publikum i​n drei Foyerräumen a​n jeweils z​wei Zeitzeugen Fragen richten. Die Produktion w​urde 2014 z​um Berliner Theatertreffen, a​ns Staatsschauspiel Dresden u​nd ans Deutsche Schauspielhaus i​n Hamburg, s​owie 2015 a​ns Schauspiel Frankfurt eingeladen.

Nationales Gedenken

Seit 1978 h​at der 9. November a​uch auf Bundesebene d​en ihm gebührenden Rang a​ls festes Erinnerungsdatum eingenommen. Ein gemeinsamer Vorstoß d​es Zentralrats d​er Juden, d​er Gewerkschaft Erziehung u​nd Wissenschaft (GEW) u​nd der Kultusministerkonferenz löste damals zahlreiche Schulveranstaltungen aus. Aktionswochen u​nd Schweigemärsche g​egen Neonazismus fanden starken Zuspruch. Alle Landesregierungen u​nd Bundespräsident Walter Scheel beteiligten s​ich mit eigenen Gedenkveranstaltungen.

Der fünfzigste Jahrestag 1988 geriet jedoch z​um Skandal: Bei d​er zentralen Gedenkfeier d​es Bundestages durften Repräsentanten d​er jüdischen Opfergruppe n​ur am Rande mitwirken. Heinz Galinski sollte d​ort nicht sprechen, w​eil er z​uvor in d​er Volkskammer d​er DDR aufgetreten war. Die Rede d​es Bundestagspräsidenten Philipp Jenninger wirkte i​n Teilen w​ie eine Entschuldigung d​er Mitläufer d​es Nationalsozialismus.

1990 w​ar der 9. November zeitweise a​uch als deutscher Nationalfeiertag i​m Gespräch. Wegen d​es Mauerfalls v​on 1989 s​tand das Datum für d​en entscheidenden Durchbruch z​ur Wiedervereinigung. Es hätte z​udem einen Bezug z​u einigen historischen Ursachen d​er Novemberpogrome hergestellt: z​ur Novemberrevolution v​on 1918 s​owie zum Hitler-Ludendorff-Putsch v​on 1923. Darin s​ah eine Minderheit d​er Bundestagsabgeordneten e​ine Chance z​u einer gesamtdeutschen Identität, welche d​ie Freude über d​ie Wiedervereinigung bewusst m​it der Erinnerung a​n den Wendepunkt z​um Holocaust a​ls tiefster Schattenseite d​er deutschen Geschichte verbindet.

Zum Tag d​er Deutschen Einheit w​urde dann a​ber der 3. Oktober erklärt. 1996 erklärte Bundespräsident Roman Herzog d​en 27. Januar, a​n dem sowjetische Truppen 1945 d​as KZ Auschwitz-Birkenau befreiten, z​um Tag d​es Gedenkens a​n die Opfer d​es Nationalsozialismus u​nd begründete d​ies so:[144]

„Die Erinnerung d​arf nie enden; s​ie muss a​uch künftige Generationen z​ur Wachsamkeit mahnen. Es i​st deshalb wichtig, n​un eine Form d​er Erinnerung z​u finden, d​ie in d​ie Zukunft wirkt. Sie s​oll Trauer über Leid u​nd Verlust ausdrücken, d​em Gedenken a​n die Opfer gewidmet s​ein und j​eder Gefahr d​er Wiederholung entgegenwirken.“

Für v​iele Gruppen u​nd Personen, d​ie sich m​it den Folgen d​es Antisemitismus auseinandersetzen, w​irkt der 27. Januar i​n der Bevölkerung bisher n​icht ausreichend a​ls Anstoß z​um nationalen Gedenken d​er NS-Zeit. Darunter s​ind der Antisemitismusforscher Wolfgang Benz u​nd der Arbeitskreis „Israel u​nd Kirche“ i​n der EKD:[145]

„Der 9. November i​st durch keinen anderen Gedenktag z​u ersetzen. Am 27. Januar, d​em staatlichen Gedenktag, w​ird aller Opfer d​er nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gedacht. Das Gedenken d​er schuldig Gewordenen u​nd ihrer Nachkommen unterscheidet s​ich vom Gedenken d​er Opfer u​nd ihrer Nachkommen. Es m​uss Gewissen treffendes Gedenken sein, s​onst droht d​ie Gefahr, d​er eigenen Geschichte auszuweichen, i​ndem man s​ich unberechtigt a​uf die Seite d​er Opfer stellt.“

Historische Einordnung

Die Pogromnacht w​ird heute a​ls aktionistische Radikalisierung d​er auch v​on der Parteibasis vorangetriebenen Judenvertreibung (Dieter Obst), a​ls deren t​eils organisierte, t​eils improvisierte staatliche Zentralisierung (Rita Thalmann) o​der als gezielter umfassender Angriff d​es Regimes a​uf die n​och vorhandenen moralisch-ethischen Grundlagen u​nd Reste e​ines rechtsstaatlichen Bewusstseins d​er Deutschen (Jörg Wollenberg) interpretiert.

Aus d​er Chronologie d​er Ereignisse w​ird in d​er Forschungsliteratur geschlossen, d​ass die Pogrome n​icht auf längerfristige Planungen zurückgingen, sondern e​rst nach d​em Attentat a​uf vom Rath (Uwe Dietrich Adam) bzw. n​ach dessen Ableben (Alan E. Steinweis) v​on Goebbels u​nd Hitler kurzfristig beschlossen wurden. Bislang h​atte er d​ie radikalen Antisemiten i​n der NSDAP i​mmer gebremst, d​och nach d​en Erfolgen seines Regimes glaubte er, k​eine außenpolitischen Rücksichten m​ehr nehmen z​u müssen.[146] Peter Longerich s​ieht in d​en Pressemeldungen d​es 7. November e​inen Hinweis darauf, d​ass man bereits z​u diesem Zeitpunkt entschlossen war, d​as Attentat für e​ine massive antisemitische Kampagne auszunutzen – anders a​ls zwei Jahre z​uvor das Attentat a​uf Wilhelm Gustloff. Auch a​uf das Ziel dieser Kampagne g​ebe die Formulierung e​inen Hinweis: Es g​ing um d​ie völlige Verdrängung d​er Juden a​us dem deutschen Wirtschaftsleben.[147]

Lange w​ar unter Historikern unklar, welche Rolle Hitler b​ei der Auslösung d​er Pogrome gespielt hatte. Der ehemalige SS-Sturmbannführer Luitpold Schallermeier s​agte nach d​em Krieg aus, Hitler h​abe ihm a​m 10. November erklärt, d​ie SS s​olle sich „aus dieser Aktion heraushalten […] Als i​ch den Führer fragte, h​atte ich d​en Eindruck, d​ass er v​on den Vorgängen nichts wusste.“[148] Aus diesen u​nd anderen, widersprüchlichen Quellen w​urde geschlossen, d​ass die Pogrome a​uf Goebbels u​nd die Reichspropagandaleitung zurückgingen, Hitler s​ei an d​er Entscheidungsfindung unbeteiligt gewesen. Dabei spielten a​uch apologetische Motive e​ine Rolle. Aus Goebbels’ Tagebucheinträgen g​eht aber hervor, d​ass durchaus Hitler Bescheid wusste. Die Historikerin Angela Hermann identifiziert i​hn als d​en Hauptverantwortlichen für d​ie Pogrome.[149] Der scheinbar 1924 aufgelöste „Stoßtrupp“ existierte a​ls Traditionsverband weiter. 39 führende Mitglieder w​aren am 9. November i​m Alten Münchner Rathaus versammelt u​nd beteiligten s​ich in vorderster Reihe a​n den Gewalttaten.[150]

Die Synagogenzerstörung w​ar der Auftakt d​er systematischen „Arisierung“ u​nd der Vertreibung d​er Juden a​us Deutschland. Die Frage, welche Rolle s​ie im Prozess d​er Radikalisierung d​er nationalsozialistischen Judenpolitik b​is hin z​um Holocaust spielte, w​ird in d​er Forschung unterschiedlich beantwortet. Der Historiker Hans-Jürgen Döscher s​ieht in d​er Besprechung i​m Reichsluftfahrtministerium v​om 12. November „den Übergang v​on der Verfolgung z​ur existentiellen Vernichtung d​er Juden i​n Deutschland“.[151] Der deutsch-amerikanische Historiker Peter Loewenberg s​ieht in d​en Geschehnissen e​in „öffentliches Demütigungsritual“: Es s​ei dem Regime u​m einen Test gegangen, w​ie weit d​ie Bevölkerung antisemitische Gewalt dulden o​der unterstützen würde. Insofern s​ei die Kristallnacht e​ine „Vorbereitung für Entmenschlichung u​nd Mord“ gewesen.[152] Wolfgang Benz urteilt: „Der Holocaust begann i​m November 1938“.[153] Auch d​er Historiker Hans Mommsen s​ieht mit d​er „Reichskristallnacht“ e​inen „Rubikon überschritten“: Die Juden s​eien von d​a an vogelfrei gewesen, e​in „‚sanitäres Problem‘ […], d​as zu lösen s​ich Gestapo u​nd SD anschickten“.[154]

Dem widerspricht d​er Historiker Frank Bajohr: Zwischen d​em Novemberpogrom u​nd dem Holocaust h​abe es „keine ungebrochene Kontinuitätslinie“ gegeben.[155] Heinrich August Winkler betont, e​s sei d​en Nationalsozialisten 1938 n​och darum gegangen, „die Juden a​us Deutschland herauszubringen“ (so Hitler gegenüber d​em polnischen Außenminister Józef Beck a​m 5. Januar 1939); d​ie Entscheidung z​um Mord s​ei zu diesem Zeitpunkt n​och nicht gefallen.[156] Nach Henning Köhler w​ar mit d​em Pogrom d​ie „Judenfrage“ i​m nationalsozialistischen Sinne „im Grunde gelöst“: Es b​lieb nur e​in kleiner, sozial u​nd ökonomisch marginalisierter u​nd zudem überalterter Teil d​er deutschen Judenheit i​m Land, d​er in d​er Öffentlichkeit k​aum noch i​n Erscheinung trat: „Ohne Krieg hätte s​ich das Problem d​urch weitere Auswanderung u​nd den Tod d​er Alten erledigt.“[157] Der amerikanische Historiker Peter Hayes glaubt dagegen, 1938 s​ei dem Regime klargeworden, „dass d​as Reich d​ie Juden n​icht schneller vertreiben konnte, a​ls es s​ie zu erobern plante“. Diese Erkenntnis h​abe zur Beschleunigung d​er Judenverfolgung u​nd zum Übergang z​u offener Gewalt beigetragen.[158]

Siehe auch

Literatur

Zu Hintergründen u​nd Verlauf

  • Wolf Gruner, Steven J. Ross (Hrsg.): New Perspectives on Kristallnacht: After 80 Years, the Nazi Pogrom in Global Comparison. Purdue University Press, West Lafayette 2019, ISBN 978-1-55753-870-3.
  • Wolfgang Benz: Gewalt im November 1938. Die „Reichskristallnacht“. Initial zum Holocaust. Metropol, Berlin 2018, ISBN 978-3-86331-421-7.
  • Michael Ruetz, Astrid Köppe: Pogrom 1938: Das Gesicht in der Menge. Nimbus, 2018, ISBN 978-3-03850-050-6.
  • Harald Schmid: Der bagatellisierte Massenmord. Die „Reichsscherbenwoche“ von 1938 im deutschen Gedächtnis. In Rainer Hering Hg: : Die „Reichskristallnacht“ in Schleswig-Holstein. Der Novemberpogrom im historischen Kontext. Hamburg 2016, ISBN 978-3-943423-30-3. Text im ganzen online gestellt. S. 343-364.
  • Raphael Gross: November 1938. Die Katastrophe vor der Katastrophe. Beck, München 2013, ISBN 978-3-406-65470-1.
  • Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Ein deutscher Pogrom. Reclam, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-15-010774-4.
  • Angela Hermann: Hitler und sein Stoßtrupp in der ‚Reichskristallnacht‘. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 56, 2008, Heft 4, S. 603–619.
  • Martin Gilbert: Kristallnacht: Prelude to Destruction. Harper Perennial, London 2007.
  • Thorsten Eitz: Reichskristallnacht. In: Georg Stötzel, Thorsten Eitz: Zeitgeschichtliches Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. Schlüsselwörter und Orientierungsvokabeln Georg Olms, Hildesheim/ Zürich/ New York 2003, ISBN 3-487-11759-2.
  • Max Eschelbacher: Der zehnte November 1938. Klartext, Essen 2001, ISBN 3-88474-724-X.
  • Hans-Jürgen Döscher: „Reichskristallnacht“. Die Novemberpogrome 1938. Econ, 2000, ISBN 3-612-26753-1.
  • Wolf-Arno Kropat: Reichskristallnacht: der Judenpogrom vom 7. bis 10. November 1938. Urheber, Täter, Hintergründe, mit ausgewählten Dokumenten. Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, Wiesbaden 1997, ISBN 3-921434-18-1.
  • Dieter Obst: „Reichskristallnacht“. Ursachen und Verlauf des antisemitischen Pogroms vom November 1938. Peter Lang, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-631-43481-2.
  • Rita Thalmann , Emanuel Feinermann,: Die Kristallnacht. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-434-46211-2. Erstausgabe Athenäum 1988. Originalausgabe auf Französisch Paris 1972. (Interessant insbesondere die Darstellung des Gryszpan-Attentates.)
  • Hermann Graml: Reichskristallnacht. Antisemitismus und Judenverfolgung im Dritten Reich. (= Deutsche Geschichte der neuesten Zeit; dtv Band 4519). Deutscher Taschenbuchverlag, München 1988, ISBN 3-423-04519-1.
  • Kurt Pätzold, Irene Runge: Kristallnacht. Zum Pogrom 1938. Pahl-Rugenstein, Köln 1988, ISBN 3-7609-1233-8.
  • Walter H. Pehle (Hrsg.): Der Judenpogrom 1938: Von der „Reichskristallnacht“ zum Völkermord. Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-596-24386-6.

Zur weiteren Enteignung u​nd Holocaustplanung

  • Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus. Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-10-000420-5 (zur „Judenbuße“, S. 60–66).

Zu Reaktionen i​m In- u​nd Ausland

  • Alexander Korb: Reaktionen der deutschen Bevölkerung auf die Novemberpogrome im Spiegel amtlicher Berichte. VDM, Saarbrücken 2007, ISBN 978-3-8364-4823-9.
  • Günter Brakelmann: Kirche und Judenpogrom 1938. In: Evangelische Kirche und Judenverfolgung. Drei Einblicke. Hartmut Spenner, Waltrop 2001, ISBN 3-933688-53-1.
  • Hermann Graml: Effekte der „Reichskristallnacht“ auf die britische und amerikanische Deutschlandpolitik. In: Zeitschrift für Geschichtsunterricht. Band 46, 1998, S. 992–996.

Zur Erinnerung u​nd Bewältigung n​ach 1945

  • Harald Schmid: „Als die Synagogen brannten“. Narrative des Gedenkens der Novemberpogrome. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Band 61, 2013, S. 11, S. 888–905.
  • Andrea Nachama, Uwe Neumärker, Hermann Simon (Hrsg.): „Es brennt!“ 75 Jahre nach den Novemberpogromen. Dokumentationszentrum Topographie des Terrors, Berlin 2013, ISBN 978-3-942240-12-3.
  • Harald Schmid: Antifaschismus und Judenverfolgung. Die „Reichskristallnacht“ als politischer Gedenktag in der DDR. V&R unipress, Göttingen 2004, ISBN 3-89971-146-7.
  • Harald Schmid: Erinnern an den „Tag der Schuld“. Das Novemberpogrom 1938 in der deutschen Geschichtspolitik. Ergebnisse, Hamburg 2001, ISBN 3-87916-062-7.
  • Dieter Obst: Die „Reichskristallnacht“ im Spiegel westdeutscher Nachkriegsprozessakten und als Gegenstand der Strafverfolgung. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht. Band 44, 1993, ISSN 0016-9056, S. 205–217.
  • Micha Brumlik, Petra Kunik (Hrsg.): Reichspogromnacht. Vergangenheitsbewältigung aus jüdischer Sicht. 2. Auflage. Brandes + Apsel, 1988, ISBN 3-925798-92-7.

Ortsgeschichten u​nd Erfahrungsberichte

  • Sven Felix Kellerhoff: Ein ganz normales Pogrom: November 1938 in einem deutschen Dorf. Klett-Cotta, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-608-98104-9. (Arbeit über die Pogrome 1938 in dem rheinhessischen Dorf Guntersblum. Das Besondere ist u. a., dass es zu den Pogromhandlungen einige Fotos gibt, bei denen Dorfbewohner, die sich beteiligten, erkennbar sind.)[159]
  • Silke Petry: Die Inhaftierung jüdischer Männer und Frauen im Zuge der Pogromnacht im November 1938: ein Überblick über die Ereignisse in der Stadt Hannover und der Region. In: Arbeitskreis Geschichte der Juden in der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen (Hrsg.): Juden in Niedersachsen 1938–1945: Forschungsansätze und Forschungsdesiderate; Tagung in Hannover 24.–25. März 2011. Hannover 2011, S. 22–25.
  • Ben Barkow, Raphael Gross, Michael Lenarz (Hrsg.): Novemberpogrom 1938: Die Augenzeugenberichte der Wiener Library, London. Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-633-54233-8.
  • Hans-Dieter Arntz: „Reichskristallnacht“. Der Novemberpogrom 1938 auf dem Lande – Gerichtsakten und Zeugenaussagen am Beispiel der Eifel und Voreifel. Helios, Aachen 2008, ISBN 978-3-938208-69-4.
  • Sven Felix Kellerhoff: Kristallnacht. Das Novemberpogrom 1938 und die Verfolgung der Berliner Juden. Berlin Story, Berlin 2008, ISBN 978-3-929829-66-2.
  • Andreas Heusler, Tobias Weger: „Kristallnacht“. Gewalt gegen die Münchner Juden im November 1938. Buchendorfer Verlag, München 1998, ISBN 3-927984-86-8.
  • Josef Wißkirchen: Reichspogromnacht an Rhein und Erft 9./10. November 1938. Eine Dokumentation. Pulheim 1988, ISBN 3-927765-01-5.
  • Konrad Heiden: Eine Nacht im November 1938. Ein zeitgenössischer Bericht. Auf Englisch Anfang 1939 unter dem Titel, The new inquisition veröffentlicht und auch auf Französisch. Auf Deutsch erstmals 2013, hrsg. Markus Roth u. a. Wallstein, Göttingen 2013, ISBN 978-3-8353-1349-1.

Primärquellen

Überblick

Bild- u​nd Ton-Dokumente

Commons: Kristallnacht – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Kristallnacht – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Reichskristallnacht – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Reichspogromnacht – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Gedenken

Wiederaufbau

Einzelnachweise

  1. Nadine Deusing: Die Reaktionen der Bevolkerung auf die Judenverfolgungen in der Reichspogromnacht. In: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 10. (2008), S. 77–106, das Zitat S. 77.
  2. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009.
  3. Emmanuel Feinermann, Rita Thalmann: Die Kristallnacht. Frankfurt am Main 1999, S. 13.
  4. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, ISBN 978-0-674-03623-9, S. 12.
  5. Hans Mommsen: Das NS-Regime und die Auslöschung des Judentums in Europa. Wallstein, Göttingen 2014, S. 88.
  6. Hans-Jürgen Döscher: „Reichskristallnacht“. Die Novemberpogrome 1938. 2000, S. 20.
  7. E. Feinermann, R. Thalmann: Die Kristallnacht. 1999, S. 15.
  8. Axel Drecoll: Der Fiskus als Verfolger. Die steuerliche Diskriminierung der Juden in Bayern 1933–1941/42. Oldenbourg, München 2009, S. 46.
  9. Helmut Genschel: Die Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft im Dritten Reich. Göttingen 1966, S. 144.
  10. Auch zum Folgenden Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 12–15.
  11. Helmut Genschel: Die Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft im Dritten Reich. S. 160 ff.
  12. Kurt Pätzold, Irene Runge: Kristallnacht. Zum Pogrom 1938. Pahl-Rugenstein, Köln 1988, S. 55.
  13. Hans Mommsen: Das NS-Regime und die Auslöschung des Judentums in Europa. Wallstein, Göttingen 2014, S. 91 f.
  14. Joseph Goebbels: Tagebücher 1924–1945. Band 3: 1935–1939. Hrsg. v. Ralf Georg Reuth. Piper, München 1999, S. 122.
  15. Michael Wildt: Einleitung. In: derselbe (Hrsg.): Die Judenpolitik des SD 1935 bis 1938. Eine Dokumentation. Oldenbourg, München 1995, S. 55 ff.; Hans Mommsen: Das NS-Regime und die Auslöschung des Judentums in Europa. Wallstein, Göttingen 2014, S. 92 f.
  16. Hans Mommsen: Das NS-Regime und die Auslöschung des Judentums in Europa. Wallstein, Göttingen 2014, S. 93.
  17. rh, Grenzschließung. d’Land, 13. November 2009, S. 4.
  18. E. Feinermann, R. Thalmann: Die Kristallnacht. 1999, S. 30.
  19. Peter Longerich: Politik der Vernichtung: eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung. Piper, München 1998, ISBN 3-492-03755-0, S. 197; beruft sich auf Sybil Milton: The Expulsion of Polish Jews from Germany October 1938 to July 1939. A Documentation. In: Leo Baeck Institute Year Book. Band 29, 1984, S. 169–199.
  20. E. Feinermann, R. Thalmann: Die Kristallnacht. 1999, S. 37 ff.
  21. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 19 ff. und 27.
  22. Thomas Goll: Die inszenierte Empörung. Der 9. November 1938. Themen und Materialien. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2010, S. 54.
  23. Günter Brakelmann: Evangelische Kirche und Judenverfolgung. Drei Einblicke. Waltrop 2001, S. 45f., sowie Jörg Osterloh: Nationalsozialistische Judenverfolgung im Reichsgau Sudetenland 1938–1945. Oldenbourg, München 2006, S. 205. Der Leitartikel findet sich im Faksimile (PDF; 6,8 MB) auf einer Seite der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb.
  24. Peter Longerich: „Davon haben wir nichts gewusst!“ Die Deutschen und die Judenverfolgung 1933–1945. Siedler, München 2006. Lizenzausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, S. 124.
  25. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 22–27.
  26. Hans-Jürgen Döscher: „Reichskristallnacht“. Die Novemberpogrome 1938. S. 77.
  27. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 35.
  28. Wolf-Arno Kropat: „Reichskristallnacht“. Wiesbaden 1997, S. 59.
  29. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 23.
  30. Angela Hermann: Hitler und sein Stoßtrupp in der ‚Reichskristallnacht‘. In: Vierteljahrsheft für Zeitgeschichte. Band 56, H. 4, 2008, S. 605.
  31. Rita Thalmann, Emanuel Feinermann: Die Kristallnacht. Hamburg 1993, ISBN 3-434-46211-2, S. 80.
  32. Hans-Jürgen Döscher: „Reichskristallnacht“. Die Novemberpogrome 1938. Econ Tb, München 2000, ISBN 3-612-26753-1, S. 86.
  33. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 28.
  34. Joseph Goebbels: Tagebücher 1924–1945. Band 3: 1935–1939. Hrsg. v. Ralf Georg Reuth. Piper, München 1999, S. 1281, zitiert bei Angela Hermann: Hitler und sein Stoßtrupp in der „Reichskristallnacht“. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Band 56, Heft 4, 2008, ISSN 0042-5702, S. 603–620, hier S. 608 (online, Zugriff am 16. Oktober 2020).
  35. Hans-Jürgen Döscher: „Reichskristallnacht“. Die Novemberpogrome 1938. Ullstein, Frankfurt am Main/ Berlin 1988, S. 78.
  36. Ludolf Herbst: Das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1996, S. 207.
  37. Günter Brakelmann: Evangelische Kirche und Judenverfolgung. Drei Einblicke. S. 47 f.
  38. Emanuel Feinermann, Rita Thalmann: Die Kristallnacht. 1999, S. 83; Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie. Siedler, München 2008, S. 424.
  39. NS-Dokument: Blitzfernschreiben Heydrichs an Heinrich Müller
  40. Hans Mommsen: Das NS-Regime und die Auslöschung des Judentums in Europa. Wallstein, Göttingen 2014, S. 97.
  41. Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie. Siedler, München 2008, S. 424; Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 50 f.
  42. Jörg Wollenberg: „Niemand war dabei und keiner hat's gewusst.“ Die deutsche Öffentlichkeit und die Judenverfolgung 1933–1945. München 1989, S. 22 f.
  43. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 74.
  44. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 64–67.
  45. Wolfgang Benz: Gewalt im November 1938. Die „Reichskristallnacht“. Initital zum Holocaust. Metropol, Berlin 2018, S. 104.
  46. Richard J. Evans: Das Dritte Reich. Band 2: Diktatur. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2006, S. 714.
  47. Cornelia Schmitz-Berning: Sprache und Sprachlenkung im Nationalsozialismus, bpb, 15. Oktober 2010, Zugriff am 31. Oktober 2020; Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 100.
  48. Hans-Jürgen Döscher: „Reichskristallnacht“. Die Novemberpogrome 1938. Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin 1988, S. 109.
  49. Matthias Heyl: Fragmente zum Schicksal der Juden von Harburg-Wilhelmsburg 1933–1945. In: Jürgen Ellermeyer, Klaus Richter und Dirk Stegmann (Hrsg.): Harburg. Von der Burg zur Industriestadt. Christians Verlag, Hamburg 1988, S. 483–492, hier S. 488.
  50. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 57.
  51. Wilfred Mairgünther: Reichskristallnacht. Hitlers Kriegserklärung an die Juden. S. 154 f.
  52. Eberhard Röhm, Jörg Thierfelder: Juden – Christen – Deutsche. Band 3/2, Stuttgart 1995, S. 25.
  53. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, ISBN 978-0-674-03623-9, S. 107.
  54. Erinnerungsgang Zur Erinnerung und Mahnung initiierten Oldenburger Bürger 1982 einen Nachvollzug dieses Deportationsgangs als Schweigegang. Dieser Erinnerungsgang wird seitdem jährlich am 10. November von mehreren Hundert bis zu mehreren Tausend Oldenburgern begangen.
  55. Die Nacht als die Synagogen brannten, Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, abgerufen am 29. November 2021.
  56. Herbert Michaelis, Ernst Schraepler: Ursachen und Folgen des deutschen Zusammenbruchs in Dokumenten. Band 12: Das Dritte Reich. 1966, S. 585f.
  57. Eugen Kogon: Der SS-Staat. Jahr fehlt S. 229 ff.
  58. Hans-Jürgen Döscher: „Reichskristallnacht“. Die Novemberpogrome 1938. S. 112.
  59. Hans Mommsen: Das NS-Regime und die Auslöschung des Judentums in Europa. Wallstein, Göttingen 2014, S. 96 ff.
  60. “the readiness of tens of thousands of Germans to commit violence against their Jewish neighbors”. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 55 (hier das Zitat) und 60 f.
  61. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 104–107.
  62. Dokument 1816-PS in: IMT: Der Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Nachdruck München 1989, ISBN 3-7735-2522-2, Band XXVIII, S. 499–540; Dokument VEJ 2/146 in: Susanne Heim (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Quellensammlung), Band 2: Deutsches Reich 1938 – August 1939, München 2009, ISBN 978-3-486-58523-0, S. 408–437 mit Anm. 2; Stenographische Niederschrift von einem Teil der Besprechung über die Judenfrage unter Vorsitz von Feldmarschall Göring im RLM am 12. November 1938, 11 Uhr. germanhistorydocs.ghi-dc.org, Zugriff am 31. Oktober 2020.
  63. Helmut Genschel: Die Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft im Dritten Reich. S. 182.
  64. Zitiert bei Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 104.
  65. Wolfgang Benz: Gewalt im November 1938. Die „Reichskristallnacht“. Initital zum Holocaust. Metropol, Berlin 2018, S. 82.
  66. Saul Friedländer: Das Dritte Reich und die Juden. Erster Band: Die Jahre der Verfolgung. C. H. Beck, München 1998, S. 303.
  67. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 103.
  68. Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus. S. Fischer, Frankfurt am Main 2005, S. 61 f.
  69. Hans Mommsen: Das NS-Regime und die Auslöschung des Judentums in Europa. Wallstein, Göttingen 2014, S. 99.
  70. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 105.
  71. Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie. Siedler, München 2008, S. 424 f.
  72. Hans-Jürgen Döscher: „Reichskristallnacht“. Die Novemberpogrome 1938. Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin 1988, S. 115.
  73. Magnus Brechtken: „Madagaskar für die Juden“. Antisemitische Idee und politische Praxis 1885–1945. München 1997, S. 196.
  74. Joseph Goebbels: Tagebücher 1924–1945. Band 3: 1935–1939. Hrsg. v. Ralf Georg Reuth. Piper, München 1999, S. 1284; zitiert bei Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 105.
  75. Hans-Jürgen Döscher: „Reichskristallnacht“. Die Novemberpogrome 1938. Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin 1988, S. 110 ff.
  76. Hans-Jürgen Döscher: „Reichskristallnacht“. Die Novemberpogrome 1938. Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin 1988, S. 117.
  77. Hans-Jürgen Döscher: „Reichskristallnacht“. Die Novemberpogrome 1938. Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin 1988, S. 137.
  78. Wolfgang Benz: Gewalt im November 1938. Die „Reichskristallnacht“. Initital zum Holocaust. Metropol, Berlin 2018, S. 193–198.
  79. Hans-Jürgen Döscher: „Reichskristallnacht“. Die Novemberpogrome 1938. S. 120.
  80. Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden. Band I, 1990, S. 46.
  81. Helmut Genschel: Die Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft im Dritten Reich. S. 191.
  82. Kurt Pätzold, Irene Runge: Kristallnacht. Zum Pogrom 1938. S. 33.
  83. Saul Friedländer: Das Dritte Reich und die Juden. Erster Band: Die Jahre der Verfolgung. C. H. Beck, München 1998, S. 33.
  84. Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden. Band I, S. 47.
  85. Hans Mommsen: Das NS-Regime und die Auslöschung des Judentums in Europa. Wallstein, Göttingen 2014, S. 98.
  86. Raphael Gross: November 1938. Die Katastrophe vor der Katastrophe. C. H. Beck, München 2013 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  87. Hans Mommsen: Das NS-Regime und die Auslöschung des Judentums in Europa. Wallstein, Göttingen 2014, S. 103.
  88. Dokument VEJ 2/134 in: Susanne Heim (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Quellensammlung), Band 2: Deutsches Reich 1938 – August 1939, München 2009, ISBN 978-3-486-58523-0, S. 388–393.
  89. International Military Tribunal: Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof. Teil 2: Urkunden und anderes Beweismaterial. Dt. Ausg., Nachdr. der Ausg. Nürnberg 1948, Delphin-Verlag, München 1989, ISBN 3-7735-2524-9, Bd. XXXII, Dokument PS-3063, S. 20–29.
  90. Wolfgang Benz: Gewalt im November 1938. Die „Reichskristallnacht“. Initital zum Holocaust. Metropol, Berlin 2018, S. 88 f.
  91. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 118 f.
  92. Eugen Kogon: Der SS-Staat. Hanser Verlag, München, Jahr und Seitenzahl fehlt.
  93. Wolfgang Benz: Gewalt im November 1938. Die „Reichskristallnacht“. Initital zum Holocaust. Metropol, Berlin 2018, S. 111 f. (hier das Zitat).
  94. Nadine Deusing: Die Reaktionen der Bevolkerung auf die Judenverfolgungen in der Reichspogromnacht. In: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 10. (2008), S. 77–106, insbesondere S. 98.
  95. Wolfgang Benz: Gewalt im November 1938. Die „Reichskristallnacht“. Initital zum Holocaust. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2018, ISBN 978-3-7425-0341-1, S. 108–127.
  96. Wolfgang Benz: Gewalt im November 1938. Die „Reichskristallnacht“. Initital zum Holocaust. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Bonn 2018, ISBN 978-3-7425-0341-1, S. 115 mit weiteren Nachweisen.
  97. Wolfgang Benz: Gewalt im November 1938. Die „Reichskristallnacht“. Initital zum Holocaust. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Bonn 2018, ISBN 978-3-7425-0341-1, S. 90.
  98. Wolfgang Benz: Geschichte des Dritten Reiches. S. 143 f.
  99. Jörg Wollenberg: „Niemand war dabei und keiner hat's gewusst“. S. 26.
  100. Wilfred Mairgünther: Reichskristallnacht. Hitlers Kriegserklärung an die Juden. S. 165 f.
  101. Michael Grüttner, Das Dritte Reich. 1933–1939 (= Handbuch der deutschen Geschichte. Band 19). Klett-Cotta, Stuttgart 2014, S. 499–506, Zitat S. 555.
  102. Wolfgang Benz: Gewalt im November 1938. Die „Reichskristallnacht“. Initital zum Holocaust. Metropol, Berlin 2018, S. 112 f. und 126 f.
  103. Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 122–127.
  104. John C. G. Röhl: Wilhelm II. Bd. 3: Der Weg in den Abgrund, 1900–1941. C.H. Beck, München 2008, ISBN 3-406-49405-6, S. 1321 f.
  105. Stephan Malinowski: Die Hohenzollern und die Nazis. Geschichte einer Kollaboration. Propyläen, Berlin 2021, ISBN 978-3-549-10029-5, S. 466.
  106. Gruppe Magma: Die KPD und der Antisemitismus, Anm. 18 und Originaltext des KPD-Aufrufes (Memento vom 28. Juli 2011 im Internet Archive)
  107. Deutsche Nationalbibliothek: Deutsche Exilschriften 1938–1945 (in Suchschablone „Sozialistische Warte“, „Jahrgang 13“, „Ausgabe 46“ und „Seite 1086“ eingeben)
  108. Saul Friedländer: Das Dritte Reich und die Juden. Durchgeseh. Sonderausgabe in einem Band, C. H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-56681-3, S. 55.
  109. Bastian Scholz: Die Kirchen und der deutsche Nationalstaat. Konfessionelle Beiträge zum Systembestand und Systemwechsel. Springer VS, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-11508-1, S. 352–354.
  110. Zitiert nach „Ein Mahnwort zur Judenfrage“, Kirchliches Amtsblatt vom 24. November 1938, S. 1.
  111. Zitiert nach Thomas Kaufmann: Luthers ‚Judenschriften‘: Ein Beitrag zu ihrer historischen Kontextualisierung. Mohr/Siebeck, Tübingen 2011, ISBN 3-16-150772-X, S. 143 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  112. Günter Brakelmann: Evangelische Kirche und Judenverfolgung. Drei Einblicke. S. 56 f.
  113. Augenzeugenbericht in: Röhm/Thierfelder: Juden – Christen – Deutsche. Band 3/1, S. 69–73; Thomas Wolfes: JAN, Julius von. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 18, Bautz, Herzberg 2001, ISBN 3-88309-086-7, Sp. 752–760.; Julius von Jan: Im Kampfe gegen den Antisemitismus – Erlebnisse im Dritten Reich. In: Stuttgarter Evangelisches Sonntagsblatt Nr. 34 (25. August 1957) und 35 (1. September 1957)
  114. Hartmut Metzger: Kristallnacht. Stuttgart 1978, S. 50.
  115. Hartmut Metzger: Kristallnacht. S. 49.
  116. Manfred Gailus: Elisabeth Schmitz kämpfte gegen das Nazi-Regime. Protestierende Protestantin. In: Evangelische Zeitung für die Kirchen in Niedersachsen, Ausgabe 11 K vom 16. März 2014, S. 8.
  117. Günter Brakelmann: Evangelische Kirche und Judenverfolgung. Drei Einblicke. S. 61f.
  118. Günter Brakelmann: Evangelische Kirche und Judenverfolgung. Drei Einblicke. S. 56.
  119. Martin H. Jung: Kirchengeschichte. Grundwissen Christentum. Band 3. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-56851-4, S. 251 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  120. Paul O’Shea: A Cross Too Heavy: Eugenio Pacelli. Politics and the Jews of Europe 1917–1943. Kenthurst 2008, S. 370.
  121. Heinz Mussinghoff: Rassenwahn in Münster: der Judenpogrom 1938 und Bischof Clemens August Graf von Galen. Regensberg 1989, ISBN 3-7923-0587-9, S. 52; Günter Beaugrand: Kardinal von Galen – Weder Lob noch Tadel. Ardey, Münster 2005, S. 50–55.
  122. Hubert Wolf: Papst & Teufel: Die Archive des Vatikan und das Dritte Reich. C. H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-63091-0, S. 164 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  123. Israel Gutman, Daniel Fraenkel, Jakob Borut (Hrsg.): Lexikon der Gerechten unter den Völkern. Deutsche und Österreicher. Wallstein, 2005, ISBN 3-89244-900-7, S. 181 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  124. Hans-Jürgen Döscher: „Reichskristallnacht“. Die Novemberpogrome 1938. 2000, S. 147–151.
  125. Emanuel Feinermann, Rita Thalmann: Die Kristallnacht. 1999, S. 76 f.
  126. Henning Köhler: Deutschland auf dem Weg zu sich selbst. Eine Jahrhundertgeschichte. Hohenheim-Verlag, Stuttgart 2002, S. 351.
  127. Karl Jonca: Die Radikalisierung des Antisemitismus: Der Fall Herschel Grynszpan und die „Reichskristallnacht.“. In: Karl Dietrich Bracher, Manfred Funke, Hans-Peter Schwarz (Hrsg.): Deutschland zwischen Krieg und Frieden: Beiträge zur Politik und Kultur im 20. Jahrhundert. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1990, Seitenzahl fehlt.
  128. Göring, Seyß-Inquart: 585. Kundmachung des Reichsstatthalters in Österreich, wodurch die Verordnung zur Wiederherstellung des Straßenbildes bei jüdischen Gewerbebetrieben vom 12. November 1938 bekanntgemacht wird. In: Gesetzblatt für das Land Österreich. Nr. 165, 19. November 1938 (alex.onb.ac.at [abgerufen am 26. Februar 2015] „Diese Verordnung, die im Reichsgesetzblatt unter I S. 1581 verlautbart ist, ist im Lande Österreich am 15. November 1938 in Kraft getreten.“).
  129. Lagebericht der Abteilung II 112 für das Jahr 1938. In: Michael Wildt (Hrsg.): Die Judenpolitik des SD 1935 bis 1938. Eine Dokumentation. Oldenbourg, München 1995, ISBN 3-486-64571-4, S. 200 .
  130. Wolf Gruner: Der geschlossene Arbeitseinsatz deutscher Juden. Zur Zwangsarbeit als Element der Verfolgung 1938–1943. Metropol, Berlin 1997, S. 68–75.
  131. Jürgen Sielemann: „Novemberpogrom“. In: Institut für die Geschichte der deutschen Juden (Hrsg.): Das Jüdische Hamburg – ein historisches Nachschlagewerk. Göttingen 2006, S. 201 f.
  132. BGBl. I 1949, S. 37.
  133. Bundesarchiv: Dokumente zum Gesetzgebungsverfahren des Straffreiheitsgesetzes (Memento vom 7. November 2013 im Internet Archive)
  134. Cornelia Schmitz-Berning: Vokabular des Nationalsozialismus. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2007, ISBN 978-3-11-092864-8, S. X.
  135. Verhandlungen des Deutschen Bundestages, Stenografische Berichte, 4. Wahlperiode, Band 57, 170. Sitzung, S. 8553.
  136. Harald Schmid: Sprachstreit im Novemberland; Freitag 46, Die Ost-West-Wochenzeitung, 8. November 2002
  137. Ole Löding: „Deutschland Katastrophenstaat“. Der Nationalsozialismus im politischen Song der Bundesrepublik. transript, Bielefeld 2010, ISBN 978-3-8394-1567-2, S. 325–338.
  138. Avraham Barkai: Schicksalsjahr 1938. Kontinuität und Verschärfung der wirtschaftlichen Ausplünderung der Juden. In: Walter H. Pehle (Hrsg.): Der Judenpogrom 1938: Von der „Reichskristallnacht“ zum Völkermord. Fischer, Frankfurt am Main 1988, S. 113.
  139. Ole Löding: „Deutschland Katastrophenstaat“. Der Nationalsozialismus im politischen Song der Bundesrepublik. transript, Bielefeld 2010, S. 327.
  140. Ashkenaz House: Kristallnacht-Definition – Reichskristallnacht – Novemberpogrome 1938 (Memento vom 30. November 2007 im Internet Archive)
  141. Wolfgang Benz: Gewalt im November 1938. Die „Reichskristallnacht“. Initital zum Holocaust. Metropol, Berlin 2018, S. 9 f.
  142. Liturgische Konferenz für die Evangelische Kirche in Deutschland (Hrsg.): Perikopenbuch nach der Ordnung gottesdienstlicher Texte und Lieder. Mit Einführungstexten zu den Sonn- und Feiertagen. Luther-Verlag, Bielefeld 2018, ISBN 978-3-7858-0741-5, S. 659662. Online als pdf unter Agenden.Gottesdienstbuch.de
  143. Wiener Volkstheater: Kristallnacht – Zeitzeugen berichten
  144. zitiert nach Bezirksausschuss München-Maxvorstadt: Gedenktage für die Opfer des Nationalsozialismus
  145. Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau: Aufruf an die Kirchen aller Konfessionen in unserem Land. Erinnerung und Umkehr. Für einen offiziellen kirchlichen Gedenktag am 9. November
  146. Uwe Dietrich Adam: Wie spontan war der Pogrom? In: Walter H. Pehle (Hrsg.): Der Judenpogrom 1938: Von der „Reichskristallnacht“ zum Völkermord. Frankfurt am Main 1988, S. 74–93, hier S. 92; Alan E. Steinweis: Kristallnacht 1938. Harvard University Press, Cambridge 2009, S. 43 ff. und 55.
  147. Peter Longerich: „Davon haben wir nichts gewusst!“ Die Deutschen und die Judenverfolgung 1933–1945. Siedler, München 2006. Lizenzausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, S. 123 ff.
  148. Jens Westemeier: Himmlers Krieger. Joachim Peiper und die Waffen-SS in Krieg und Nachkriegszeit. Schöningh, Paderborn 2014, S. 112.
  149. Angela Hermann: Hitler und sein Stoßtrupp in der ‚Reichskristallnacht‘. In: Vierteljahrsheft für Zeitgeschichte. 56 (2008), H. 4, S. 603–619, hier insbesondere S. 603 und 619.
  150. Angela Hermann: Hitler und sein Stoßtrupp in der „Reichskristallnacht“. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Band 56, Heft 4, 2008, ISSN 0042-5702, S. 603–620, hier S. 616 ff.
  151. Hans-Jürgen Döscher: „Reichskristallnacht“. Die Novemberpogrome 1938. Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin 1988, S. 115.
  152. Peter Loewenberg: The Kristallnacht as a Public Degradation Ritual. In: The Leo Baeck Institute Year Book. 32, Heft 1 (1987), S. 309–323, das Zitat (“a preparation for dehumanisation and murder”) S. 323.
  153. Wolfgang Benz: Gewalt im November 1938. Die „Reichskristallnacht“. Initital zum Holocaust. Metropol, Berlin 2018, S. 185.
  154. Hans Mommsen: Das NS-Regime und die Auslöschung des Judentums in Europa. Wallstein, Göttingen 2014, S. 103.
  155. Frank Bajohr: „Arisierung“ in Hamburg: die Verdrängung der jüdischen Unternehmer 1933–1945. 2. Auflage. Hamburg 1998, ISBN 3-7672-1302-8, S. 277.
  156. Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen, Bd. 2: Vom „Dritten Reich“ bis zur Wiedervereinigung. C. H. Beck, München 2000, S. 48 f.
  157. Henning Köhler: Deutschland auf dem Weg zu sich selbst. Eine Jahrhundertgeschichte. Hohenheim Verlag, Stuttgart 2002, S. 355 f.
  158. Peter Hayes: Warum? Eine Geschichte des Holocaust. Campus, Frankfurt am Main 2017, S. 103.
  159. Rezension Christian Knatz, Lauterbacher Anzeige vom 4. Oktober 2019: Ein ganz normales Pogrom
  160. Novemberpogrome 1938 bei filmportal.de

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