Parteitag der SED
Der Parteitag der SED war nach ihrem Statut das höchste Parteiorgan der SED.[1] Beim Parteitag wurde das Zentralkomitee der SED bestimmt. Die Parteitage fanden in Ost-Berlin statt.
Allgemeines
Die Parteitage der SED waren von der Parteiführung in hohem Maße vorbereitet und inszeniert. Die Delegierten des Parteitages wurden vom Zentralkomitee der SED ausgewählt und eingeladen. Man achtete darauf, dass ein angemessener Anteil von Frauen und Jugendlichen sowie von "vorbildlichen Arbeitern" ausgewählt wurde. Die vom Zentralkomitee bestimmten Kandidaten wurden dann in lokalen Delegiertenkonferenzen vorgeblich gewählt.
Alle Diskussionsbeiträge auf dem Parteitag mussten vorher dem Zentralkomitee zur Bestätigung vorgelegt werden. Grußadressen der Blockparteien und Massenorganisationen waren Teil der Parteitagsregie. Außerdem gab es eine Kampfadresse der Genossen von den bewaffneten Organen sowie internationale Grußadressen der sozialistischen Bruderparteien, deren Vorsitzende bzw. Generalsekretäre meist mit Delegationen im Präsidium vertreten waren. Neben dem offiziellen Teil gab es lange Diskussionsbeiträge, veröffentlicht im Neuen Deutschland, sowie gemäßigt kritische Diskussionen in den Arbeitskreisen während des Parteitages. Anlässlich des Parteitages gab es von den Genossen „freiwillige“ Beiträge zur Planübererfüllung bzw. besonders wichtige Parteitagsprojekte.
Ein besonderes Kennzeichen jedes Parteitages war das pausenlose Mitschreiben der Delegierten, obwohl alle offiziellen Reden am nächsten Tag im parteieigenen Zentralorgan Neues Deutschland seitenlang abgedruckt wurden. Beifall wurde im Wortlaut genau verzeichnet, beispielsweise „langanhaltender stürmischer Beifall, unterbrochen von Hochrufen auf Partei und Regierung der DDR“. Für die Delegierten gab es als Parteitagsgeschenk meist eine vergoldete Uhr, die ihren Träger als wichtige Persönlichkeit in der DDR auswies.
Im April 1946 wurde auf dem Gründungsparteitag der SED ein jährlicher Turnus der Parteitage festgelegt. Der II. Parteitag fand tatsächlich 1947 statt, der dritte jedoch erst 1950. Danach wurden die Parteitage alle vier Jahre (außer zwischen dem V. und VI. Parteitag) und ab 1971 alle 5 Jahre abgehalten. Der letzte reguläre Parteitag war der XI. Parteitag 1986. Im Zuge zunehmender wirtschaftlicher Schwierigkeiten wurde 1989 verfügt, den XII. Parteitag von 1991 auf 1990 (15.–19. Mai) vorzuverlegen. Infolge der politischen Wende und friedlichen Revolution in der DDR 1989 fand er nicht mehr statt. Stattdessen gab es am 8. und 9. Dezember 1989 einen Sonderparteitag der SED, wo die SED sich zu ihrer neuen Rolle bekannte und den Namen SED/PDS annahm.
Zwischen den Parteitagen fanden die Plenartagungen des Zentralkomitees statt.[2] Ihre Zählung begann nach einem Parteitag jeweils von Neuem.
Liste der Parteitage
Zeitraum | Inhalte | |
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I. Parteitag | 21. – 22. April 1946 | Gründungsparteitag, Vereinigung von KPD und SPD |
II. Parteitag | 20. – 24. September 1947 | |
III. Parteitag | 20. – 24. Juli 1950 | Einführung eines Zentralkomitees, wirtschaftliche Konzentration auf die Schwerindustrie, Beschluss zum Bau des EKO Stahl, Abriss des Berliner Schlosses |
IV. Parteitag | 30. März – 6. April 1954 | |
V. Parteitag | 10. – 16. Juli 1958 | Postulat der Zehn Gebote der sozialistischen Moral und Ethik |
VI. Parteitag | 15. – 21. Januar 1963 | Neues Ökonomisches System (NÖS) zur Planung und Leitung der Volkswirtschaft wird beschlossen. Vorgesehen war die Dezentralisierung der Führungs- und Planungsinstanzen und mehr Eigenverantwortlichkeit der Betriebe. |
VII. Parteitag | 17. – 22. April 1967 | |
VIII. Parteitag | 15. – 19. Juni 1971 | Ära Generalsekretär Erich Honecker. Zu einem der Höhepunkte am Eröffnungstag gestaltet sich die im Originalton übertragene Grußbotschaft der Saljut 1-Besatzung an den Parteitag.
Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik wird beschlossen. |
IX. Parteitag | 18. – 22. Mai 1976 | Annahme eines neuen Programms und Statuts |
X. Parteitag | 11. – 16. April 1981 | 2700 Delegierte bestätigen das Zentralkomitee und Erich Honecker einstimmig als Generalsekretär. Das Politbüro wird von 19 auf 17 Mitglieder verkleinert. Beschluss des Fünfjahrplans bis 1985 mit dem Ziel eines Wirtschaftswachstums um 28 bis 30 Prozent.[3] |
XI. Parteitag | 17. – 21. April 1986 | Der Generalsekretär des ZK der KPdSU Michail Gorbatschow spricht auf dem Parteitag der SED. |
Sonderparteitag SED/PDS | 8./9. und 16./17. Dezember 1989 | Nach kontroverser Debatte, Vorschlägen und Gegenvorschlägen zu Personen und zum Wahlmodus billigen die Delegierten die Zusammensetzung der Redaktionskommission, der Antragskommission und der Wahlkommission des Parteitages der SED. Wahl des neuen Vorsitzenden der SED, Gregor Gysi. Umbenennung der Partei in Sozialistische Einheitspartei Deutschlands – Partei des Demokratischen Sozialismus. |
Für die Zeit nach der Umbenennung 1989 siehe die Liste der Parteitage der PDS und der Linkspartei bis 2007.
Tagungsorte
- 1946–1947: Admiralspalast
- 1950–1971: Werner-Seelenbinder-Halle
- 1976–1986: Palast der Republik
- 1989: Dynamo-Sporthalle
Weblinks
Einzelnachweise
- Thomas Ammer: Die Machthierarchie der SED. S. 825/826 (PDF; 203 kB)
- Marc Straßenburg: Archivgut der SED und des FDGB - Führungsgremien. Abgerufen am 2. August 2017.
- Richtschnur des Handelns aller Kommunisten der DDR. Direktive für unseren neuen Fünfjahrplan wird beraten. In: Neues Deutschland, 15. April 1981, S. 1.