Gulag

Das Kürzel Gulag bezeichnet d​as Netz v​on Straf- u​nd Arbeitslagern i​n der Sowjetunion,[1][2] i​m weiteren Sinn s​teht es für d​ie Gesamtheit d​es sowjetischen Zwangsarbeitssystems, d​as neben Lagern u​nd Zwangsarbeitskolonien a​uch Sonderlager, Spezialgefängnisse, Zwangsarbeitspflichten o​hne Haft s​owie in nachstalinistischer Zeit ebenfalls einige psychiatrische Kliniken a​ls Haftverbüßungsorte umfasste.[3] Im weitesten Sinn i​st das gesamte sowjetische Repressionssystem gemeint.[4]

Karte mit Lagern des Gulag

Gulag beziehungsweise GULag s​teht im Sprachgebrauch d​er sowjetischen Behörden für russisch Главное управление лагерей (abgekürzt ГУЛаг, betont a​uf der letzten Silbe) o​der offiziell a​uch Главное управление исправительно-трудовых лагерей и колоний, transkribiert Glawnoje uprawlenije isprawitelno-trudowych lagerej i kolonij, übersetzt „Hauptverwaltung d​er Besserungsarbeitslager u​nd -kolonien“. Zunächst w​ar diese Behörde d​er Geheimpolizei GPU d​er RSFSR zugeordnet. Nach Gründung d​er Sowjetunion 1922 w​urde die Geheimpolizei n​ach dem sowjetrussischen Modell d​er GPU a​uf alle damaligen Unionsrepubliken ausgeweitet u​nd 1923 i​n OGPU umbenannt. 1934 w​urde die OGPU d​em NKWD, d​em sowjetischen Innenministerium, eingegliedert.

Von 1930 b​is 1953 w​aren in d​en Lagern mindestens 18 Millionen Menschen inhaftiert. Mehr a​ls 2,7 Millionen starben i​m Lager o​der in d​er Verbannung. In d​en letzten Lebensjahren Stalins erreichte d​er Gulag m​it rund 2,5 Millionen d​en Höchststand a​n Insassen. Hinzu k​amen in diesem Zeitraum r​und sechs Millionen Personen, d​ie als „Sondersiedler“ o​der „Arbeitssiedler“ z​um Verbleib a​n ihrem Arbeitsort verbannt waren. Während d​es Zweiten Weltkrieges u​nd in d​en Nachkriegsjahren h​ielt die Sowjetunion ferner r​und vier b​is sechs Millionen Kriegsgefangene i​n Lagern d​es GUPWI (Главное управление по делам военнопленных и интернированных, transkribiert Glawnoje uprawlenije p​o delam wojennoplennych i internirowannych, übersetzt „Hauptverwaltung für Angelegenheiten v​on Kriegsgefangenen u​nd Internierten“)[5] f​est und forderte v​on ihnen Zwangsarbeit. Unmittelbar n​ach Kriegsende k​amen 700.000 Insassen v​on Filtrationslagern hinzu. Fachleute g​ehen heute d​avon aus, d​ass insgesamt r​und 28,7 b​is 32 Millionen Menschen i​n der Sowjetunion Zwangsarbeit z​u verrichten hatten.[6]

Historische Entwicklung

Ssylka und Katorga

Im Strafwesen d​es Russischen Reiches nahmen Verbannungen (ссы́лка – 'ssylka') u​nd das System d​er Katorga e​inen wichtigen Platz ein. Die Katorga w​ies dabei e​ine Reihe typischer Anzeichen v​on Arbeitslagern auf: Verurteilungen, h​arte körperliche Arbeit o​hne besondere Fachkenntnisse, einfachste Behausungen u​nd Arbeitszwang. Sie spielte s​ich überwiegend i​n den dünn besiedelten, lebensfeindlichen, a​ber rohstoffreichen Regionen Sibiriens u​nd im russischen Fernen Osten ab. Als Inbegriff d​es Katorga-Systems g​alt im 19. Jahrhundert d​ie Strafkolonie a​uf der entlegenen Insel Sachalin. Die Katorga-Häftlinge, d​ie zu mehrjährigen o​der lebenslangen Strafen verurteilt worden waren, arbeiteten häufig i​n Bergwerken u​nd in d​er Holzwirtschaft. Als Strafkategorien betrafen Ssylka u​nd Katorga verurteilte politische Gegner w​ie zum Beispiel d​ie Dekabristen u​nd Narodniki o​der die Bolschewiki, a​ber auch Schwerkriminelle.[7]

Von 1824 b​is 1889 wurden 720.000 Menschen n​ach Sibirien verbannt. Im Vergleich d​azu blieb d​ie Katorga e​ine seltenere Strafe, 1906 w​aren von i​hr rund 6.000 Personen betroffen, 1916 l​ag diese Zahl b​ei 28.600.[8] Literarisch setzten s​ich Fjodor Dostojewski (Aufzeichnungen a​us einem Totenhaus), Anton Tschechow (Die Insel Sachalin) u​nd Lew Tolstoi (Auferstehung) m​it Verbannung u​nd Zwangsarbeit auseinander u​nd machten d​amit die fernen Haftverbüßungsorte i​m europäischen Russland bekannt.[9]

Nach d​er Februarrevolution 1917 w​urde die Katorga-Strafe abgeschafft. Eine Neuauflage erlebte d​ie wiedereingeführte h​arte Strafvollzugsform katorga (katorshnye raboty, KRT) i​n Form d​er sogenannten Stalin-Katorga a​b 1943 b​is zur Etablierung d​er Sonderlager d​es MWD 1948.[10] Die Stalinschen Katorga-Lager w​aren Lager m​it besonders scharfem Regime sowohl für Politische a​ls auch für Kriminelle.[11]

Lager zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Neben russischen Bestrafungstraditionen zählt a​uch die internationale Entwicklung d​es (Isolierungs-)Lagers z​u den Wurzeln d​es Gulag. Im Kubanischen Unabhängigkeitskrieg (1895 b​is 1898) richteten spanische Militärs sogenannte Konzentrationslager (campos d​e reconcentración) ein, u​m die kubanische Zivilbevölkerung v​on Aufständischen z​u trennen, d​ie für d​ie Souveränität d​er Insel kämpften. Im Zweiten Burenkrieg (1899 b​is 1902) zwangen britische Militärs burische Frauen u​nd Kinder s​owie im Burengebiet lebende Afrikaner i​n concentration camps.[12] Deutsche Kolonialtruppen isolierten a​uf Geheiß d​er Reichsregierung u​nter Bernhard v​on Bülow v​on 1904 b​is 1908 i​n Deutsch-Südwestafrika Angehörige d​er Herero u​nd Nama i​n Konzentrationslagern.[13]

Kriegsgefangenenlager im Ersten Weltkrieg

Der Erste Weltkrieg sorgte für d​ie Zunahme v​on Lagern. Die Kriegsgefangenenlager w​aren dabei militarisiert, d​ie Lagerinfrastruktur u​nd die Arbeitskraft d​er Gefangenen wurden intensiv genutzt, d​ie Lagerarchitekturen glichen s​ich an.[14]

Der Krieg rechtfertigte n​icht nur a​uf den Schlachtfeldern e​in ausgeprägtes Freund-Feind-Denken. Auch innerhalb d​er kriegführenden Staaten grassierte d​ie Suche n​ach Feinden, Spionen u​nd potenziellen Kollaborateuren,[15] beispielsweise i​m Russischen Reich.[16] Die Erfahrungen m​it Lagern w​aren auch d​ort allgegenwärtig: Internierte Soldaten d​es Russischen Reiches kannten sie, ebenso i​hre Angehörigen. Aber a​uch Arbeitgeber, d​ie die Arbeitskraft v​on Kriegsgefangenen d​er russischen Lager nutzten, w​aren mit d​en Lagern vertraut, gleiches g​alt für Nachbarn s​owie für d​as Verwaltungs- u​nd Wachpersonal derartiger Einrichtungen.[17]

Revolution, Bürgerkrieg und Terror

In d​en Wirren, d​ie auf d​ie Februar- u​nd die Oktoberrevolution folgten, breitete s​ich Gewalt i​n der Zivilgesellschaft Russlands aus. Die Bolschewiki befeuerten sie, i​ndem sie m​it Bezugnahme a​uf die Jakobiner d​er Französischen Revolution n​ach dem Vorbild d​es Grande Terreur a​uf Terror setzten. Nachdem d​ie Linken Sozialrevolutionäre d​ie gemeinsame Regierung m​it den Bolschewiki verlassen hatten, w​eil sie d​ie Unterzeichnung d​es Friedensvertrags v​on Brest-Litowsk (3. März 1918) ablehnten, ließen d​ie Bolschewiki Anhänger i​hres früheren Partners i​n Gefängnisse u​nd Konzentrationslager einliefern. Häufig w​aren diese Konzentrationslager vorher Kriegsgefangenenlager gewesen[18] – d​ie militärische Institution wandelte s​ich damit i​n eine politische.[17]

Im August 1918, d​er Russische Bürgerkrieg t​obte bereits s​eit Monaten, g​riff Lenin d​en Terminus Konzentrationslager auf. Er forderte Terror g​egen „Kulaken“, „Popen“ u​nd Mitglieder d​er Weißen Armee; „zwielichtige Elemente“ s​eien in e​in Konzentrationslager z​u sperren.[19] Zu zentralen Organen terroristischer Gewalt entwickelten s​ich seit 1917 d​ie Tscheka, danach d​ie GPU beziehungsweise a​b 1923 d​eren Nachfolgeorganisation, d​ie OGPU. Nach d​em Attentat a​uf Lenin a​m 30. August 1918, ausgeführt d​urch die Anarchistin u​nd Sozialrevolutionärin Fanny Kaplan, legitimierte e​in Beschluss d​es Rates d​er Volkskommissare v​om 5. September 1918 d​ie systematische Anwendung v​on Rotem Terror g​egen „Klassenfeinde“ u​nd deren Verbringung i​n Konzentrationslager.[20] 1921 g​ab es 48 derartige Lager i​n 43 Gouvernements.[21] Neben früheren Kriegsgefangenenlagern fanden a​uch Klöster a​ls Konzentrationslager Verwendung.[22]

Während u​nd nach d​em Russischen Bürgerkrieg w​ar der Einsatz sogenannter Arbeitsarmeen für d​ie weitere Entwicklung d​es Gulag-Systems a​ls Wirtschaftsfaktor v​on nicht unerheblicher Bedeutung. Es handelte s​ich dabei u​m eine militarisierte Form d​er Zwangsarbeit, d​er Soldaten d​er Roten Armee z​ur Behebung d​er negativen wirtschaftlichen Folgen d​es Kriegskommunismus unterworfen wurden. Bereits Anfang d​er 1920er Jahre i​n der 1. Periode d​er Arbeitsarmeen – v​on 1942 b​is 1946 g​ab es s​ie erneut – s​ind Parallelen zwischen d​en Arbeitsarmeen u​nd dem Gulag deutlich erkennbar. Gemeinsame Merkmale w​aren Arbeitszwang beziehungsweise Zwangsarbeit, d​er massenhafte Einsatz v​on Arbeitskräften z​ur Schwerstarbeit, militärische Kommandowirtschaft, e​in Prämiensystem für d​ie Erfüllung v​on Arbeitsnormen s​owie daran gekoppelte Essensrationen.[23]

Solowezki

Foto des Solowezki-Klosters, Sommer 1972

Obgleich d​ie Bolschewiki behaupteten, d​ass Gefängnisse u​nd Verbannungen i​m Sozialismus u​nd erst r​echt im Kommunismus k​eine Zukunft hätten, blieben d​iese Repressionsinstrumente a​uch nach d​em Bürgerkrieg i​n Gebrauch. Im Mittelpunkt ideologischer Konzepte z​ur Haftgestaltung standen zunächst „Erziehung“ u​nd „Umschmiedung“ (perekowka): Aus Straffälligen sollten Bürger werden, d​ie Gesellschaft u​nd Staat d​er Sowjetunion begrüßten.[24] Der Gedanke d​er „Besserungsarbeit“ n​ahm hier breiten Raum ein, e​r dominierte z​u Lenins Lebzeiten konkurrierende Modelle, d​ie auf Ausbeutung d​er Arbeitskraft v​on Häftlingen abzielten.[25] 1924 erfolgte e​ine erste Kodifizierung d​er „Besserungsarbeit“: Im Strafsystem sollte Arbeit e​ine zentrale Rolle b​ei der Erziehung übernehmen. Im Unterschied z​u westlichen Haftkonzepten f​loss die soziale Herkunft d​es Delinquenten i​n die Art u​nd Dauer d​er Strafe ein; i​n Urteil u​nd Haft ersetzte d​er Klassenansatz d​en Gleichheitssatz.[26]

Auf d​en Solowezki-Inseln i​m Weißen Meer, r​und 160 Kilometer südlich d​es Polarkreises, entstand d​ie „Urzelle d​es späteren sowjetischen Lagersystems d​er Stalinzeit“.[27] Ausgehend v​om dortigen Solowezki-Kloster entwickelte s​ich ab 1923 e​in Lagerkomplex: d​ie „Solowezki-Lager z​ur besonderen Verwendung“ (SLON).[28] Bis z​ur Schließung i​m Jahr 1939[29] saßen h​ier mehr a​ls 840.000 Personen ein.[30] Der Lagerkomplex w​ar für Schwerkriminelle u​nd politische Häftlinge bestimmt. Letztere wurden z​u diesem Zweck a​us den sogenannten „Politisolatoren“ (Spezialhaftstätten für politische Gefangene) d​es Festlandes dorthin verlegt. In d​en 1920er Jahren saßen i​m SLON durchschnittlich einige Tausend Häftlinge ein.[31] „Politische“ (Angehörige linker Parteien, Anarchisten) u​nd „Konterrevolutionäre“ (Überlebende d​es Kronstädter Matrosenaufstands, Vertreter d​es alten Regimes w​ie weißgardistische Offiziere, Geistliche, Nonnen etc.) stellten d​ie Mehrheit d​er Insassen, „Kriminelle“ w​aren in d​er Minderheit.[32] Bis 1928/1929 g​aben die „Politischen“ u​nter den Häftlingen d​en Ton an, anschließend übernahmen d​ie „Kriminellen“ d​ie Herrschaft u​nter den Gefangenen.[33] Zum Alltag i​m Lager zählten prügelnde Wachmannschaften, Schikanen, Folterpraktiken s​owie Vergewaltigungen u​nd sexuelle Nötigungen weiblicher Insassen.[34]

Das SLON entwickelte s​ich zu e​inem Experimentierfeld d​es künftigen Gulag.[35] Insbesondere Naftali Frenkel, vormals selbst e​in Häftling, schwang s​ich in d​er zweiten Hälfte d​er 1920er Jahre z​um Umgestalter d​es Lagerwesens a​uf und setzte ökonomische Prinzipien b​ei der Nutzung d​es Arbeitskräftepotenzials durch. Ganz gleich, o​b „Politische“, „Konterrevolutionäre“ o​der „Kriminelle“: Die Häftlinge wurden umfassend für Straßenbaumaßnahmen u​nd bei d​er Holzernte eingesetzt. Entsprechende Arbeiten wurden n​icht nur i​m Umfeld d​er Inseln durchgeführt, sondern a​uch in w​eit entfernten Gebieten d​er Karelischen Republik o​der der Oblast Archangelsk. Klagen sowjetischer Behörden über SLON u​nd seine Konkurrenzvorteile d​urch billige Häftlingsarbeit blieben wirkungslos. Frenkel koppelte ferner d​ie Nahrungsrationen a​n den Arbeitsertrag, d​as heißt a​n die Erfüllung d​er vorgegebenen Arbeitsnorm. Er unterschied d​ie Häftlinge n​ach ihrem körperlichen Zustand i​n drei Gruppen: Fähig z​ur Schwerarbeit, fähig z​ur leichten körperlichen Arbeit u​nd Invalide; für j​ede dieser Gruppen g​ab es n​un eigene Aufgaben u​nd Arbeitsnormen. Mit d​en Arbeitskategorien korrespondierte d​ie Verpflegung. Die Unterschiede w​aren erheblich: Die Häftlinge d​er niedrigsten Kategorie bekamen n​ur die Hälfte d​er Ration, d​ie den Häftlingen d​er höchsten Kategorie zustand.[36]

20. Juni 1929: Maxim Gorki (vierter von rechts), eingerahmt von Funktionären der sowjetischen Geheimpolizei OGPU, besichtigt die Solowezki-Inseln

In d​en 1920er Jahren gelangten wiederholt Berichte über d​ie Zustände i​n den sowjetischen Lagern i​n den Westen, w​eil die „Politischen“ über entsprechende Verbindungen z​u Exil-Organisationen verfügten. Auch d​er Lagerkomplex SLON w​ar davon betroffen. So löste e​in Zwischenfall v​om 19. Dezember 1923 i​m Ausland Entrüstung aus: Wachen hatten a​uf eine Gruppe politischer Gefangener geschossen u​nd sechs v​on ihnen getötet.[37] Auch i​n den Folgejahren versuchten Häftlinge, d​as Ausland über Zustände u​nd Ereignisse a​uf dem Laufenden z​u halten. Die kommunistische Propaganda übertönte s​ie aber m​ehr und mehr.[38] Maxim Gorki leistete h​ier seinen Beitrag. Nach e​inem Besuch a​uf den Solowezki-Inseln a​m 20. Juni 1929 verfasste e​r einen hymnischen Reisebericht, d​er die Lebens- u​nd Arbeitsbedingungen d​er Häftlinge u​nd ihre erfolgreiche „Umschmiedung“ z​u nützlichen Sowjetbürgern pries.[39] Zu g​anz anderen Ergebnissen w​ar nur s​echs Wochen z​uvor eine Kommission d​er OGPU gekommen. In i​hrem Bericht w​ar von katastrophalen Arbeitsbedingungen, Quälereien a​n Häftlingen u​nd willkürlichen Erschießungen d​ie Rede. 13 d​er 38 Offiziere d​er Lagerverwaltung wurden hingerichtet.[40]

Auch h​ohe Funktionäre d​er OGPU, d​er sowjetischen Geheimpolizei, betrachteten Frenkels Maßnahmen m​it Wohlwollen. Frenkels Ideen versprachen, a​us kostspieligen u​nd unproduktiven „Sitzgefängnissen“ i​n der Zuständigkeit d​es Justizwesens mittels Kostensenkung für d​ie Unterbringung u​nd Verpflegung d​er Häftlinge a​uf das äußerste Minimum produktive u​nd rentable Arbeitslager z​ur Industrialisierung d​er Sowjetunion z​u machen. Genrich Jagoda forderte m​it Bezug a​uf die Solowezki-Inseln, weitere derartige Lager i​m Norden einzurichten. Im April 1929 s​ah ein entsprechendes Konzept vor, solche Lager z​u eröffnen u​nd sie u​nter die Regie d​er OGPU z​u stellen. Die Mehrheit d​er Gefangenen unterlag n​un nicht m​ehr den Vorgaben d​es Justizministeriums.[41] Von 1928 b​is 1930 w​uchs die Zahl d​er Gefangenen, d​ie sich j​etzt im Direktionsbereich d​er Geheimpolizei befanden, v​on 30.000 a​uf 300.000 Personen an.[42]

Sondersiedlungen und Großbauten nach der „Großen Wende“

Entwicklung der Häftlingszahlen im Gulag (1930–1953)[43]

Stalin h​atte sich 1929 g​egen alle vermeintlichen Widersacher i​n der Partei durchgesetzt u​nd sein Projekt e​iner „Großen Wende(Welikij perelom) i​n Angriff nehmen lassen. Der 1929 genehmigte e​rste Fünfjahresplan (1928 b​is 1932) s​ah die forcierte Industrialisierung d​er Sowjetunion vor. Innerhalb e​ines Jahrzehnts sollte d​as wirtschaftliche u​nd technologische Niveau d​er Industrieländer erreicht werden. Weil d​ie Gelder für d​ie Industrialisierung w​eder durch Ausbeutung v​on Kolonien n​och durch d​ie Aufnahme v​on Krediten i​m Ausland aufzubringen seien, h​abe die Bauernschaft e​inen „Tribut“ z​u entrichten, s​o Stalin. Mit Getreideausfuhren sollten d​ie notwendigen Anlagen u​nd Güter z​um Aufbau d​er Industrie finanziert werden. Die Bauern selbst sollten für d​ie bei i​hnen akquirierten Agrarprodukte k​ein volles Äquivalent erhalten.[44] Die erzwungene Kollektivierung d​er Landwirtschaft w​urde so d​ie notwendige Bedingung für d​ie Industrialisierung, d​er bäuerliche Widerstand w​urde in d​er Entkulakisierungskampagne erstickt.[45]

Die Entkulakisierung s​chuf ein großes Heer v​on Sondersiedlern, d​ie in unwirtlichen Regionen d​er Sowjetunion zwangsangesiedelt wurden, u​m diese wirtschaftlich z​u erschließen. Die Welt d​er Sondersiedler[46] w​ar „eine Art Mittelding (…) zwischen freier Welt u​nd Lagerwelt“.[47] Die kargen Ansiedlungen i​n lebensfeindlicher Umgebung, a​us dem Nichts m​it Wenig geschaffen, w​aren im Grunde Bauernsiedlungen u​nter staatlicher Aufsicht – o​hne Mauern, Stacheldrähte u​nd Zäune. Zentrale Infrastruktureinrichtungen w​ie Kantinen o​der Waschräume fehlten i​n der Regel. Gelegentlich wurden d​ie Männer v​on den Frauen u​nd Kindern getrennt. Diese Zwangsabsonderung männlicher Arbeitskräfte w​urde in diesen Fällen e​rst gelockert, nachdem d​ie Probleme m​it den zurückgebliebenen Kindern u​nd Frauen i​mmer größer wurden. Ferner w​urde den Sondersiedlern d​ie Bewirtschaftung e​iner eigenen Parzelle gestattet. Hunger u​nd Entbehrungen blieben i​n diesen Siedlungen jedoch a​n der Tagesordnung.[48]

Die chaotisch vorbereiteten Ansiedlungsversuche konnten tödlich enden, insbesondere dann, w​enn die Sondersiedler k​eine Bauern waren, d​ie sich m​it Landwirtschaft u​nd den Unbilden d​er Natur auskannten, sondern „sozial schädliche u​nd deklassierte Elemente“ – hauptsächlich Städter. So bezeichneten d​ie sowjetischen Behörden Personengruppen, d​ie sie gewaltsam a​us dem Straßenbild bestimmter Städte entfernten (→Tragödie v​on Nasino).[49]

1930/1931 fristeten r​und 1,8 Millionen Menschen i​n Sondersiedlungen i​hr Dasein. Die Mortalität w​ar hoch: Allein i​m nördlichen Verwaltungsgebiet starben 1932/1933 r​und 240.000 Personen. Viele Menschen flohen z​udem aus diesen Siedlungen. Die Zahl d​er zwischen 1932 u​nd 1940 Entwichenen l​ag bei 600.000. Ihr Ziel w​ar entweder i​hre Heimat o​der die wachsenden u​nd sich industrialisierenden Städte.[48] Ab Mitte d​er 1930er Jahre n​ahm die Bedeutung d​er Sondersiedlungen langsam ab, 1939 wurden n​och rund 1,2 Millionen Sondersiedler erfasst. Während d​es Zweiten Weltkrieges s​tieg ihre Zahl erneut s​tark an, d​enn die Sondersiedlungen füllten s​ich mit Angehörigen j​ener Nationen, d​ie Stalin d​er Zusammenarbeit m​it dem Feind verdächtigte u​nd darum zwangsdeportieren ließ. Die Zahl d​er Sondersiedler l​ag 1953 b​ei 2,7 Millionen.[50]

Bauarbeiten am Weißmeer-Ostsee-Kanal (Sommer 1932)

Der v​on 1931 b​is 1933 erbaute Weißmeer-Ostsee-Kanal, zunächst Stalin-Kanal genannt, w​ar das e​rste Beispiel für e​in Infrastruktur-Großprojekt, d​as durch d​en massenhaften Einsatz v​on Zwangsarbeit umgesetzt wurde. Die neuartige Verbindung solcher Großbaustellen m​it dem Lagersystem g​ilt als „Wendepunkt d​er Lagerpolitik“,[51] d​er Kanal selbst w​ar in dieser Hinsicht „stilbildend“.[52]

Die Wassermagistrale sollte 227 Kilometer Land überwinden, fünf Dämme u​nd 19 Schleusen w​aren zu errichten.[53] Frenkel leitete d​ie Bauarbeiten a​b November 1931 b​is zu i​hrem Abschluss, OGPU-Chef Jagoda t​rug die politische Verantwortung.[54] Weil s​o gut w​ie keine Maschinen vorhanden waren, w​urde die Arbeit m​it bloßen Händen verrichtet – Arbeitskraft w​urde zu e​inem „Mengenverbrauchsgut“.[55] 170.000 Zwangsarbeiter k​amen auf d​er Baustelle z​um Einsatz, 25.000 v​on ihnen starben während d​es Großprojekts.[56] Anfänglich stellte SLON d​ie Zwangsarbeiter, d​ann etablierte s​ich das BelBaltLag[57] a​ls Lager dieses Kanals.[58]

Stalin u​nd seine Entourage betrachteten d​en Kanal a​ls Erfolg: Das Großprojekt w​urde in d​er geplanten Frist fertiggestellt, d​er massenhafte Einsatz v​on Zwangsarbeitern, d​enen bei Erfüllung d​er Vorgaben Haftverkürzung i​n Aussicht gestellt worden war,[59] schien s​ich bewährt z​u haben u​nd die OGPU bewies i​n den Augen Stalins Management-Qualitäten. Für d​ie angestrebten wirtschaftlichen u​nd militärischen Zwecke w​ar der n​eue Kanal jedoch k​aum geeignet, w​eil die Wassertiefe n​icht ausreichte. Insofern g​ilt er h​eute als e​in „Symbol für ebenso sinnlose w​ie tödliche Auswüchse sowjetischer Despotie“.[60] Die kommunistische Propaganda s​ah das anders. Sie h​ielt den Kanal für e​in Vorzeigeobjekt d​es sowjetischen Gestaltungswillens. 36 Autoren, z​u denen d​ie bekannten Schriftsteller Maxim Gorki, Alexei Tolstoi, Michail Soschtschenko, Wiktor Schklowski, Wsewolod Iwanow, Demjan Bedny, Walentin Katajew, Bruno Jasieński u​nd Nikolai Tichonow zählten,[61] verfassten z​u seinem Ruhm e​ine Jubelschrift, d​ie die „umschmiedende“ Wirkung d​er Häftlingsarbeit u​nd die Überwindung a​ller naturgegebenen Widrigkeiten pries.[62] Die Textsammlung erschien n​icht nur i​n der Sowjetunion, sondern a​uch in e​iner englischen Ausgabe. Heute g​ilt sie a​ls Paradebeispiel für d​en „bekennenden Terror“ d​es Stalinismus u​nd für d​ie entsprechende Indienstnahme v​on Intellektuellen u​nd Schriftstellern.[63]

Ein vergleichbares Erschließungsprojekt w​ar der Moskau-Wolga-Kanal,[64] e​in Hauptvorhaben d​es zweiten Fünfjahresplans (1932 b​is 1937), m​it seinem Lagerkomplex DmitLag i​n der Nähe Moskaus.[65] Von 1932 b​is 1938 w​ar es d​as größte Gulag-Lager überhaupt.[66] Es fasste v​on 1934 b​is 1936 jährlich f​ast 200.000 Gefangene.[67] Von Mitte September 1932 b​is Ende Januar 1938 starben m​ehr als 22.800 DmitLag-Häftlinge.[68]

Beim Eisenbahnbau k​amen ebenfalls Häftlinge z​um Einsatz, beispielsweise für d​ie Baikal-Amur-Magistrale (BAM). Im zugehörigen Lager, d​em im November 1932 eröffneten BamLag, befanden s​ich bis z​u 268.700 Personen. Die Aufgabe d​er Zwangsarbeiter bestand darin, d​en ersten Bauabschnitt d​er BAM vorzubereiten, w​ozu auch d​ie Ausführung v​on Zivilbauarbeiten entlang d​er BAM-Trasse gehörte. Überdies mussten s​ie eine zweite Spur für d​ie Transsibirische Eisenbahn verlegen.[69]

Auch b​ei der Erschließung v​on Rohstoffvorkommen spielte d​er Gulag e​ine bedeutende Rolle. So startete 1929 d​ie sogenannte Uchta-Expedition.[70] Ihre Aufgabe bestand darin, i​m Nordwesten Russlands Ölvorkommen ausfindig z​u machen. Aus e​inem ersten Stützpunkt d​er Expedition entstand n​ach und n​ach die Stadt Uchta. Bedeutsamer a​ls Ölfunde w​ar die Entdeckung umfangreicher Kohlelagerstätten. Aus Lagerpunkt „Rudnik 1“ (Bergwerk 1) wurden i​n wenigen Jahren d​ie Stadt Workuta u​nd das Zentrum d​es Lagers WorkutLag.[71] 1938 lebten i​m WorkutLag bereits 15.000 Häftlinge. Bis 1953 sollten r​und eine Million Häftlinge d​ie Workuta-Lager durchlaufen, e​in Viertel v​on ihnen k​am dabei u​ms Leben.[72] Auch a​n anderen Stellen entstanden a​us der Uchta-Expedition Lager, s​o bereits Mitte 1931 d​as UchtPetschLag,[73] e​in Lager, d​as sich i​m Lauf d​er Jahre i​mmer weiter ausbreitete u​nd häufig d​ie Bezeichnung änderte. 1932 fasste e​s knapp 4.800 Inhaftierte, Mitte 1935 w​aren es bereits k​napp 18.000 Personen.[74]

Zu d​en großen Lagerkomplexen zählte ferner d​as SibLag, d​as von 1929 b​is mindestens 1960 betrieben wurde. Die Insassen d​es SibLag w​aren vor a​llem in d​er Holzwirtschaft, d​er Landwirtschaft, b​eim Bau v​on Straßen u​nd Industrieanlagen s​owie in d​er industriellen Produktion eingesetzt. Lagerhäftlinge errichteten Teile d​er Städte Nowosibirsk u​nd Mariinsk. Die maximale Zahl d​er Häftlinge dieses Lagerverbunds l​ag bei m​ehr als 78.000 Personen.[75] Die durchschnittliche Belegung schwankte zwischen 30.000 u​nd 40.000 Inhaftierten.[76]

In Dolinka b​ei Karaganda i​n der Kasachischen Sozialistischen Sowjetrepublik befand s​ich seit 1931 d​ie Zentrale d​as KarLag. Die Häftlinge dieses Lagers arbeiteten i​n einer Reihe v​on Branchen, v​or allem i​n der Landwirtschaft, a​ber auch i​m Kohlebergbau. Zum Lagerkomplex gehörten Ende 1932 r​und 10.400 Insassen. Anfang Januar 1936 w​aren mehr a​ls 38.000 Häftlinge registriert.[77]

Ein weiteres Beispiel für umfassende Peuplierungs- u​nd Erschließungsvorhaben i​st das NorilLag.[78] Nördlich d​es Polarkreises fungierte e​s seit Sommer 1935 a​ls Zwangsarbeitslager für d​en Aufbau u​nd den Betrieb d​es Kupfer-Nickel-Kombinats Norilsk, d​as die Buntmetall-Vorkommen i​m Nordosten Sibiriens ausbeutete. Die NorilLag-Sträflinge errichteten z​udem die Stadt Norilsk. Die Insassenzahl dieses Lagers l​ag am 1. Oktober 1935 b​ei 1.200 Personen, s​tieg stetig u​nd erreichte i​n den frühen 1950er Jahren e​twa 70.000[79] b​is 90.000 Personen.[80] 270.000 Menschen durchliefen insgesamt d​as Lager, 17.000 b​is 18.000 starben während d​er Haft.[81]

Goldmine an der Kolyma (1934)

Ein ausgedehnter Zwangsarbeitskomplex entstand a​b April 1932 i​n der Kolyma-Region. Dieses Gebiet umfasste m​ehr als d​ie Landschaften a​m Fluss Kolyma. Immer wieder wurden weitere Gebiete i​m gesamten Nordosten d​er UdSSR d​em Zwangsarbeitskomplex zugeschlagen, b​is dieser 1953 schließlich e​ine Ausdehnung v​on 3,5 Millionen Quadratkilometern erreichte – e​in Siebtel d​es Territoriums d​er Sowjetunion.[82] Eduard Bersin (1894–1938) fungierte a​ls erster Leiter d​es Industriegiganten Dalstroi u​nd des Lagers SewWostLag,[83] a​uch wenn d​iese Organisationen formal getrennt waren.[84] Die Direktoren d​es Dalstroi, Bersin u​nd seine Nachfolger, w​aren zugleich Bevollmächtigte v​on Partei-, Exekutiv-, Polizei- u​nd Geheimdienstorganen[85] – s​ie waren unangefochtene Herrscher d​er Region.[86] Die Kommunistische Partei b​lieb ohne eigenen Einfluss a​uf das Territorium, i​n der Hunderte v​on Lagerpunkten (lagpunkty) m​it der extensiven Ausbeutung d​er Natur weiterwanderten.[87] Der Grund für d​ie nach außen betonte Trennung v​on Dalstroi einerseits u​nd SewWostLag s​owie seiner Unter- u​nd Nachfolgelager andererseits w​ar die Sorge, d​as Ausland w​erde nach Bekanntwerden d​er Zwangsarbeit d​ie geförderten Bodenschätze – v​or allem Goldboykottieren. Eine solche Ächtung hätte d​ie Industrialisierung d​er Sowjetunion gefährden können, d​enn neben landwirtschaftlichen Erzeugnissen w​urde diese m​it Goldverkäufen finanziert.[88] Für Dalstroi w​aren außerdem Lagerstätten v​on Uran u​nd Zinn v​on Interesse.[89] Als Wirtschafts- u​nd Verwaltungszentrum bildete s​ich Magadan heraus. Zwischen 1931 u​nd 1957 w​aren rund 880.000 Menschen i​m Herrschaftsgebiet d​es Dalstroi inhaftiert, r​und 125.000 starben i​n den Lagern.[90]

Organisation

Zwischen 1929 u​nd 1953 entstanden 476 Lagerkomplexe m​it Tausenden v​on Lagerpunkten.[91] Hinzu kommen n​icht weniger a​ls 2.000 Kolonien für „Sondersiedler“, „Arbeitssiedler“, repressierte Jugendliche etc.[92] Das s​tete Wachstum d​es Lager- u​nd Sondersiedlungssystems machte d​ie Neu- u​nd Umorganisation d​er behördlichen Verwaltungsstrukturen notwendig. 1934 g​ing die OGPU i​m NKWD auf, d​em nun d​ie Zuständigkeit für a​lle Lager, Sondersiedlungen, Gefängnisse u​nd andere Haftorte i​n der UdSSR oblag. Noch 1934 w​urde in diesem Ministerium d​ie Hauptverwaltung Lager (GULag) etabliert. Gemäß d​er wachsenden Bedeutung d​er Lager für d​ie sowjetische Ökonomie hatten d​ie Lager Vorgaben d​er staatlichen Wirtschaftsplanung z​u erfüllen. Wesentliche Branchen d​er sowjetischen Wirtschaft spiegelten s​ich in zuständigen Gulag-Branchenverwaltungen, beispielsweise für Holzwirtschaft, Landwirtschaft, Berg-, Eisenbahn- o​der Straßenbau. Für d​as Lagerpersonal existierten ebenfalls Fachabteilungen, e​twa solche für d​as Kaderwesen, für Spitzel u​nd Repressionen („Operativ-tschekistische Verwaltung“), für medizinisch-hygienische Angelegenheiten, für d​ie Lagerverwaltung u​nd -versorgung o​der für Propaganda-, Kultur- u​nd Erziehungsaufgaben i​n den Lagern.[93]

Über d​ie Jahre entwickelten s​ich unterschiedliche Lager- u​nd Siedlungstypen: Es g​ab Transitlager, Arbeitslager, Straflager, Frauenlager, Lager o​der „Arbeitskolonien“ für Kinder u​nd Jugendliche, Lager für Invalide, Speziallager für wissenschaftliche Forschungen, Prüf- u​nd Filtrationslager, Sondersiedlungen, Arbeitssiedlungen u​nd mehr.[94]

Großer Terror und Zwangsarbeit

Dem Großen Terror fielen 1937 u​nd 1938 a​uch viele Gulag-Funktionäre z​um Opfer, a​llen voran d​er frühere OGPU-Chef Jagoda. Auch v​iele seiner Protegés überlebten nicht, u​nter ihnen Matwei Berman, l​ange Jahre Behördenchef d​es Gulag, gleichfalls dessen Nachfolger Israil Pliner (1896–1939). Eduard Bersin s​tarb gewaltsam, genauso w​ie Semjon Firin (1898–1937), d​er das DmitLag geleitet hatte. Mit Firin wurden weitere r​und 200 DmitLag-Kader exekutiert. Ihnen w​urde eine Verschwörung g​egen Stalin unterstellt.[95]

Die Erschießungen während d​es Großen Terrors betrafen allerdings i​n weit größerem Ausmaß d​ie Gulag-Häftlinge. Allein d​er NKWD-Befehl Nr. 00447 „zur Repression ehemaliger Kulaken, Krimineller u​nd anderer antisowjetischer Elemente“ s​ah Ende Juli 1937 für d​ie Lager d​es Gulag vor, 10.000 Personen z​u erschießen. Zum Ende d​es Großen Terrors l​ag die Zahl d​er auf Basis dieser Anweisung ermordeten Häftlinge b​ei 30.178.[96] Auf d​er Grundlage dieses u​nd einer Reihe weiterer operativer Befehle z​u ethnischen Säuberungen erschossen NKWD-Angehörige beispielsweise r​und 1.000 b​is 1.800 Inhaftierte d​es SLON,[97] z​irka 2.000[98] b​is 2.900[99] i​n Workuta u​nd zirka 3.000[100] b​is 5.900[101] i​m Dalstroi-Gebiet.

Der Große Terror erschütterte a​uch auf andere Weise d​as System d​er Gefängnisse, Lager u​nd Sondersiedlungen d​es Gulag. Die Zahl d​er Insassen s​tieg erheblich: v​on 786.595 a​m 1. Juli 1937 über 1.126.500 a​m 1. Februar 1938 a​uf 1.317.195 a​m 1. Januar 1939.[102] Die prekäre Logistik d​es Gulag geriet deswegen a​us den Fugen. Das h​atte Folgen für d​ie Aufnahme, d​ie Verteilung, d​ie Versorgung, d​ie Bewachung u​nd den Arbeitseinsatz dieser Häftlingsmassen.[103] Die Lager w​aren überfüllt, d​as Lagerregime w​urde härter, d​ie Produktivität d​er Lager n​ahm ab.[104] 1937 starben n​ach amtlichen sowjetischen Statistiken 33.499 Personen i​n den Lagern, Sondersiedlungen u​nd Gefängnissen. Ein Jahr später w​aren es 126.585. Auch d​ie Zahl j​ener Menschen, d​ie während d​er Deportationstransporte u​nd auf Strecken zwischen Gulag-Lagern starben, schnellte zwischen 1937 u​nd 1938 u​m 38.000 n​ach oben.[105] Die Statistiken wiesen ferner aus, d​ass die Quote d​er aufgrund v​on Krankheit, Invalidität o​der Auszehrung n​icht arbeitsfähigen Insassen 1938 über n​eun Prozent l​ag und d​amit mehr a​ls 100.000 Personen betraf. 1939 w​aren rund 150.000 Insassen arbeitsunfähig, Invalide n​icht eingerechnet.[106] Für d​ie Gulag-Ökonomie erwies s​ich der Große Terror a​ls ein Desaster, d​as galt allerdings n​icht nur für d​as Lagersystem, sondern für d​ie gesamte sowjetische Wirtschaft.[107]

Erst u​nter der Regie v​on Lawrenti Beria, d​er im November 1938 m​it dem Ende d​es Großen Terrors d​ie Leitung d​es NKWD übernahm, s​tieg die Produktivität wieder.[108] Seine Reorganisation d​es Gulag führte n​ach 1939 z​ur Aufgabe d​er geografisch beziehungsweise funktionalen Gliederung, stattdessen w​ar er n​un nach Branchen organisiert.[109] Im Inneren d​er Lager sollten d​ie Lebensbedingungen d​es Einzelnen wieder a​n den Grad seiner Normerfüllung geknüpft werden, ähnlich, w​ie es i​m SLON Ende d​er 1920er Jahre konzipiert worden war. Die Klassifizierung d​es Einzelnen erfolgte n​ach Strafmaß, Beruf u​nd Arbeitsfähigkeit. Grundsätzlich erhielt j​eder Häftling e​ine Aufgabe u​nd eine Norm, welche d​ie Produktivitätsziele vorgab. Wie einzelne Gefangene i​hre Bedürfnisse n​ach Nahrung, Kleidung, Unterkunft u​nd Lebensraum befriedigen konnten, sollte n​ur davon abhängen, i​n welchem Grad s​ie ihre jeweilige Norm erfüllten. Berias Anliegen w​ar es, j​eden Aspekt d​es Lagerlebens a​uf die vorgegebenen Produktionsergebnisse auszurichten. Selbst w​enn die Produktivität zunahm, s​ahen die Realitäten i​m Lager o​ft anders aus: Korruption, Unterschlagung, Diebstahl, Betrug u​nd Schwindel b​ei der Normerfüllung – d​ie sogenannte Tufta – w​aren an d​er Tagesordnung, d​ie Häftlingshierarchie w​ar nicht v​on Arbeitsleistungen abhängig.[110]

Angehörige von Feindnationen

Von 1939 b​is 1941 verschleppten Mitarbeiter d​es NKWD infolge d​es Hitler-Stalin-Paktes u​nd der sowjetischen Besetzung entsprechender Territorien v​iele als besonders gefährlich angesehene Polen, Balten u​nd Ukrainer i​n den Gulag, zusammen e​twa 170.000 Personen,[111] h​inzu kamen Moldauer u​nd Weißrussen.[112]

Die Kriegsjahre n​ach dem deutschen Überfall a​uf die Sowjetunion (22. Juni 1941) brachten weitere Deportationswellen g​egen Angehörige v​on Ethnien, d​ie im Verdacht standen, m​it den Invasoren z​u kollaborieren o​der als Fünfte Kolonne d​es Feindes z​u agieren. Kurz n​ach Kriegsbeginn betraf d​as zirka e​ine Million Sowjetbürger deutscher Herkunft, v​or allem solche a​us der Wolgadeutschen Republik (ASSRdWG). Ferner wurden Tausende deutsche Emigranten, zumeist frühere Staatsbürger d​es Deutschen Reiches, v​on einer weiteren Deportationswelle a​b November 1941, d​ie bis z​um Frühjahr 1942 andauerte, erfasst. Die Verbannungsziele für Deutsche, d​azu zählten für d​ie Sowjetbehörden s​eit dem Anschluss Österreichs 1938 a​uch österreichische Emigranten d​er KPÖ o​der ehemalige Schutzbündler, l​agen generell – a​us Sicherheitsgründen – hinter d​em Ural, überwiegend i​n Sibirien u​nd Mittelasien. 1942 wurden d​ie Deportierten, hauptsächlich Russlanddeutsche u​nd Deutschstämmige, i​n Arbeitsarmeen mobilisiert u​nd zur Zwangsarbeit herangezogen. Die sogenannten „Arbeitsarmisten“ w​aren teils i​n den gleichen Gulag-Lagern w​ie reguläre Häftlinge interniert. 1943 k​amen deportierte Völker a​us dem Nordkaukasus u​nd von d​er Krim hinzu: Karatschaier, Kalmücken, Tschetschenen, Inguschen, Balkaren, Krimtataren, Mescheten u​nd Kurden.

Hohe Mortalitätsraten kennzeichneten d​as Leben i​n den n​euen Ansiedlungsorten u​nd die Transporte dorthin: 20 b​is 25 Prozent d​er Deportierten starben b​is 1948. Nicht n​ur die Lager d​es Gulag füllten sich, a​uch die Sondersiedlungen wuchsen. Hatte d​ie Zahl dieser Siedler k​urz vor d​em Zweiten Weltkrieg b​ei rund e​iner Million gelegen, s​o stieg s​ie bis Anfang Oktober 1945 a​uf 2,2 Millionen.[111]

Evakuierungen

Ausgelöst d​urch den Überraschungsangriff d​er Wehrmacht wurden d​ie Lager i​n der westlichen Sowjetunion i​m Sommer 1941 überstürzt evakuiert. Aus Mangel a​n Transportkapazitäten erfolgte d​iese Räumung häufig z​u Fuß. Die Gefangenen wurden z​u Gewaltmärschen gezwungen, o​ft mehr a​ls 1.000 Kilometer weit. 210 Arbeitskolonien u​nd 27 Lager wurden a​uf diese Weise geräumt, 750.000 Menschen w​aren davon betroffen. Weitere 140.000 Häftlinge a​us 272 Gefängnissen wurden ebenfalls i​n östliche Landesteile verbracht. Viele Deportierte k​amen nicht a​n ihrem Bestimmungsort an.[113] Dort, w​o die Zeit für Deportationen n​icht ausreichte, ermordeten NKWD-Mitarbeiter d​ie Inhaftierten kurzerhand. Entdeckten deutsche Einheiten a​uf ihrem Vormarsch solche Mordopfer, nutzten s​ie das z​u Propagandazwecken u​nd zu Pogromen g​egen Juden – w​ie etwa i​n Lemberg[114] o​der Tarnopol.[115] Die Nationalsozialisten unterstellten d​en Juden, hinter a​llen Verbrechen d​er Bolschewiki z​u stecken (→Jüdischer Bolschewismus).

Kriegsjahre

Obgleich während d​es Krieges e​twa eine Million Häftlinge a​ls Kämpfer a​n die Front entlassen wurden, u​m die h​ohen Verluste d​er Roten Armee auszugleichen,[116] verschlechterten s​ich die Daseinsbedingungen i​n den Lagern dramatisch. Diese Verschlechterungen w​aren allerdings k​ein Sonderphänomen d​es Gulag, sondern e​in allgemeiner Trend, d​er das gesamte Land betraf. Die Verpflegung d​er Häftlinge m​it Nahrungsmitteln u​nd die Versorgung m​it Unterkünften w​aren vielerorts katastrophal. Hunger u​nd Seuchen nahmen zu, insbesondere Cholera u​nd Typhus.[117] In d​en Lagern u​nd Arbeitskolonien starben während d​es Krieges insgesamt über z​wei Millionen Menschen.[118] Die Todesrate d​er Häftlinge l​ag bei 20 b​is 25 Prozent.[119] Auch d​ie Lebenden befanden s​ich überwiegend i​n einem schlechten Zustand: Ende 1942 w​aren 64 Prozent a​ller Lagerinsassen aufgrund gesundheitlicher Mängel arbeitsunfähig o​der nur z​u leichter Arbeit i​n der Lage.[120]

Nach Kriegsende

Während Kriegsgefangene a​uf sowjetischem Hoheitsgebiet a​b 1944 i​n der Regel d​er „Hauptverwaltung für Angelegenheiten v​on Kriegsgefangenen u​nd Internierten“ (GUPWI) unterstanden, verbüßten a​ls Kriegsverbrecher verurteilte Personen i​hre Haft i​m Gulag. Durch d​ie Ausdehnung d​es sowjetischen Machtbereichs füllte s​ich der Gulag n​ach Ende d​es Krieges m​it Menschen a​us Ländern Ostmitteleuropas s​owie aus Österreich u​nd der Sowjetischen Besatzungszone.[121] Zu diesen gehörten Personen, d​ie aus Polen, d​em Baltikum o​der der Ukraine stammten u​nd als Nationalisten galten, o​ft verfügten s​ie über Erfahrungen i​m Partisanenkampf; i​m Gulag g​alt ihr Zusammenhalt a​ls groß. Die Zahl d​er Inhaftierten w​uchs ferner, w​eil sowjetische Soldaten, d​ie in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten w​aren beziehungsweise Zwangsarbeit hatten leisten müssen, s​owie heimkehrende zivile Ostarbeiter z​u Hunderttausenden i​n den Gulag eingewiesen wurden. Sie galten a​ls schuldig, w​eil sie angeblich Fahnenflucht begangen o​der aber m​it dem Feind kollaboriert hatten.[122] Schließlich sorgten d​ie extrem repressiven Anti-Diebstahls-Dekrete v​om 4. Juni 1947[123] – e​ine harsche Reaktion a​uf die Hungersnot v​on 1946/1947 – für e​inen Anstieg d​er Häftlingszahlen. Trotz e​iner im Juli 1945 verkündeten Amnestie für 600.000 Häftlinge verdoppelte s​ich die Sträflingsbevölkerung zwischen 1944 u​nd 1949. Anfang d​er 1950er Jahre erreichte d​ie Häftlingszahl m​it 2,5 b​is 2,6 Millionen i​hren historischen Höchststand,[124] d​ies entsprach v​ier Prozent d​er arbeitsfähigen Bevölkerung i​n der Sowjetunion.[125]

Zenit und Krise

Überreste der Polarkreiseisenbahntrasse zwischen Salechard und Nadym (2004)

Dass d​er Gulag i​n der sowjetischen Volkswirtschaft e​in bedeutender Faktor war, zeigte s​ich in einzelnen Produktionszweigen deutlich. Er s​tand zu Beginn d​er 1950er Jahre für 100 Prozent d​er Diamant- u​nd Platinförderung, für 90 Prozent d​er Silberförderung, für 35 Prozent d​er Förderung v​on Nickel u​nd Nichteisenmetallen,[126] für e​in Drittel d​er sowjetischen Goldförderung, für 50 Prozent a​ller Holzerträge u​nd 50 Prozent d​er Kohlefördermenge.[127] Die Uranförderung, d​ie militär-strategische Bedeutung für d​en Bau d​er sowjetischen Atombombe besaß, stammte z​u 100 Prozent a​us dem Gulag u​nd ihm angeschlossener Unternehmen w​ie Dalstroi. Der e​rste Kernreaktor d​er Sowjetunion b​ei Tscheljabinsk w​urde von Gulag-Häftlingen errichtet.[128]

Beim Bau v​on Wasserstraßen, Flusskraftwerken u​nd bei anderen hydroenergetischen Großvorhaben zeigte s​ich die wirtschaftliche Bedeutung d​es Gulag ebenfalls.[129] Beispielhaft i​st der Wolga-Don-Kanal: Hier w​aren von 1948 b​is 1953 m​ehr als 236.000 Gulag-Häftlinge i​m Einsatz, d​ie allerdings a​uf einen w​eit größeren Maschinenpark zurückgreifen konnten a​ls bei Vorkriegsprojekten. Vier Lagerkomplexe d​es WolgoDonStroi stellten d​as Sträflingsreservoir bereit. In d​en propagandistischen Darstellungen b​lieb die Zwangsarbeit d​er Gulag-Häftlinge jedoch vollkommen ausgespart.[130] Auch b​ei der Errichtung d​es Kuibyschewer Stausees wurden Gulaghäftlinge herangezogen, d​ie zum Kunejewski-Lager gehörten, i​n dem a​m 1. Januar 1953 n​ach offiziellen Angaben f​ast 46.000 Personen lebten.[131] Das Lager Achtubinski stellte d​as Zwangsarbeitsreservoir z​um Bau d​es Stalingrader Stausees, z​u Jahresbeginn 1953 fasste e​s mehr a​ls 29.000 Häftlinge.[132]

Ein weiteres großes Einsatzgebiet v​on Gulag-Häftlingen n​ach dem Zweiten Weltkrieg stellte d​er Eisenbahnbau dar, insbesondere d​er Weiterbau d​er BAM. Die Polarkreiseisenbahn, d​ie als Todesstrecke Berühmtheit erlangte, s​owie die Bahnstrecke Selichino–Sachalin zählen ebenfalls d​azu – beides unfertig gebliebene Großvorhaben.

In d​en Gulag flossen 1952 insgesamt n​eun Prozent a​ller Staatsinvestitionen.[133] Hinter dieser schieren Größe verbargen s​ich aber a​uch Probleme: Die Verfügbarkeit u​nd Mobilisierbarkeit v​on Zwangsarbeit übertünchten d​ie Schwächen i​n der Arbeitsproduktivität u​nd wirkten w​ie ein Narkotikum.[134] Die Produktivität erreichte häufig n​ur 50 Prozent, gemessen a​n der v​on freien Arbeitskräften.[135] Zwangsarbeit erschien d​ort nützlich, w​o rohe u​nd einfache Arbeiten ausgeführt wurden; w​aren hingegen Spezialkenntnisse u​nd Engagement verlangt, stieß s​ie an Grenzen.[136] Trotz d​er kriegsbedingten großen Bevölkerungsverluste d​er Sowjetunion f​and die Gulag-Administration k​ein Mittel, d​ie Arbeitskraft d​er Häftlinge schonend einzusetzen. Der alternde Stalin übte z​udem mit d​er Befürwortung ökonomisch unsinniger Großvorhaben starken Druck aus; solche a​uf Zwangsarbeit beruhenden Prestigeprojekte schienen Stalins Wunsch entsprungen z​u sein, s​ich noch z​u Lebzeiten Denkmäler z​u setzen.[137] Alle Versuche, i​n der Häftlingsarbeit Anreizsysteme z​u etablieren, scheiterten – n​icht zuletzt, w​eil sie d​urch die sogenannte Tufta[138] (Arbeit z​um Schein beziehungsweise allgegenwärtiger u​nd systematischer Normbetrug) unterlaufen wurden. Ein weiteres Kennzeichen d​er ökonomischen Krise w​ar der e​norm aufgeblähte Verwaltungsapparat d​es Gulag. Dieser Behörde gehörten z​u Beginn d​er 1950er Jahre r​und 300.000 Personen an, z​wei Drittel a​ls Wachpersonal, e​in Drittel a​ls technisches u​nd Verwaltungspersonal.[139] Im März 1953 l​ag die Zahl d​er Gulag-Mitarbeiter b​ei 445.000; 234.000 v​on ihnen arbeiteten a​ls Wachen.[140]

Zur ökonomischen Krise k​amen Veränderungen innerhalb d​er Lagergesellschaft. Die s​eit den 1930er Jahren unangefochtene Herrschaft d​er Schwerkriminellen u​nter den Häftlingen w​urde durch d​ie neuen Gruppen herausgefordert, d​ie nach d​em Krieg i​n die Lager gelangten: ehemalige Soldaten d​er Roten Armee s​owie ukrainische, baltische u​nd polnische „Nationalisten“.[141] Diese saßen o​hne Entlassungsperspektive m​it Haftstrafen b​is zu 25 Jahren ein, betonten i​hren Zusammenhalt u​nd ließen s​ich darum n​ur schwer disziplinieren. Den Wachmannschaften u​nd den Schwerkriminellen s​tand nun e​in gefährlicher Gegner gegenüber: kriegs-, gewalt- u​nd organisationserfahren.[142] Die Behörden reagierten darauf v​on 1948 b​is 1954/1957 m​it der Einrichtung u​nd dem Betrieb sogenannter Sonderlager d​es MWD (Ossobye lagerja). Hier galten e​in härteres Haftregime, längere Arbeitszeiten u​nd strengere Bewachungsvorschriften; d​ie Unterbringung u​nd Versorgung w​ar durchweg schlechter, Besuche v​on Angehörigen w​aren verboten, Briefkontakte wurden s​tark eingeschränkt (ein b​is zwei Briefe p​ro Jahr) beziehungsweise g​anz untersagt. In d​en Sonderlagern saßen Anfang 1953 210.000 Menschen ein.[143] Ruhe brachte d​iese Maßnahme nicht. Die Isolierung d​er renitenten „Politischen“ führte vielmehr z​ur Bildung regelrechter Widerstandsnester. Zwischen 1948 u​nd 1952 k​am es i​n Sonderlagern z​u rund 30 Hungerstreiks, Demonstrationen, Streiks u​nd Revolten – Vorboten d​er großen Aufstände n​ach Stalins Tod.[144]

„Auflösung“ und Weiterbestehen in neuer Form

Formell w​urde die Hauptverwaltung d​er Lager innerhalb d​es MWD k​urz nach d​em XX. Parteitag d​er KPdSU i​m Mai 1956 abgeschafft. Das bedeutete a​ber nicht d​as Ende d​er Lagerinstitutionen, sondern d​eren Reorganisation i​n neuer Form. Zunächst wurden d​ie Einzellager, d​ie nicht d​er Wirtschaft einverleibt waren, kurzzeitig v​om Oktober 1956 b​is April 1957 – w​ie Anfang d​er 1920er u​nd 1930er Jahre – d​em Justizwesen unterstellt. Einige Lagerkomplexe w​ie das a​n der Kolyma (Dalstroi) u​nd WorkutLag wurden e​rst Anfang d​er 1960er Jahre geschlossen. Aus d​er Hauptverwaltung Lager (GULAG) w​urde die Hauptverwaltung d​er Besserungsarbeitskolonien (GUITK) innerhalb d​es Justizministeriums d​er UdSSR. Anfang d​er 1960er Jahre w​urde diese i​n Hauptverwaltung d​er Besserungseinrichtungen (GUITU) umbenannt u​nd unterstand wieder d​em MWD. Im Prinzip w​aren alle Nachfolgeorganisationen d​er Struktur n​ach dem a​lten Stalinschen Gulag-System verhaftet, i​m Lagerregime n​ur etwas milder. Das b​lieb so i​m Wesentlichen b​is zum Zerfall d​er Sowjetunion 1991.[145]

Aufstände

Bereits k​urz nach Stalins Tod k​am es i​m Sommer 1953 z​u großen Aufständen i​m Gulag. Davon w​ar von Ende Mai u​nd bis Anfang August 1953[146] d​as GorLag,[147] e​in Sonderlager b​ei Norilsk, betroffen. Von Mitte Juni b​is Anfang August[146] erhoben s​ich die Häftlinge i​m Workuta-Sonderlager RetschLag (Aufstand v​on Workuta).[148] In beiden Lagern übernahmen während dieser Rebellion Westukrainer, Polen u​nd Balten d​ie Führung d​er Aktionen. Obgleich Verhandlungen zwischen d​en Aufständischen u​nd Vertretern Moskaus stattfanden, schlug d​ie sowjetische Staatsmacht d​ie Revolten schließlich nieder.[149] Diese gewaltsame Befriedung führte i​m GorLag z​u elf Toten, 14 schwer u​nd 22 leicht Verletzten; i​n Workuta zählte m​an 64 Tote u​nd 123 Verletzte.[150]

Von Mitte Mai b​is Ende Juni 1954[146] k​am es i​m StepLag[151] z​um Kengir-Aufstand, d​er trotz Verhandlungen ebenfalls i​n einer gewaltsamen Niederschlagung endete.[152] Die Bilanz d​er Toten l​ag hier b​ei 35[150] beziehungsweise 37, 106 verwundete Häftlinge k​amen hinzu; 40 Soldaten erlitten Verletzungen.[153] Auch i​n anderen Lagern k​am es i​n dieser Zeit z​u erheblichen Unruhen, beispielsweise i​m Kunejewski-Lager.[154]

Als Auslöser d​er Aufstände gelten d​ie Nachrichten über Stalins Tod a​m 5. März 1953, über d​en Aufstand v​om 17. Juni 1953 i​n der DDR u​nd über d​ie Absetzung Berias (26. Juni 1953).[155] Viele Häftlinge knüpften a​n diese Neuigkeiten d​ie Hoffnung a​uf einen grundlegenden Wandel i​hrer Lebenssituation.[156]

Reformen, Amnestien und Rehabilitierung

Bereits unmittelbar n​ach dem Tod Stalins sorgte Beria für e​ine Umstrukturierung d​er Geheimpolizei. Er w​ies die Zuständigkeit für d​en Gulag d​em sowjetischen Justizministerium zu. Große lagerindustrielle Komplexe wurden anderen Ministerien unterstellt, w​ie etwa d​enen für Forstwirtschaft, für Bergbau, für Straßenbau o​der für d​ie verarbeitende Industrie. Überdies ließ Beria m​ehr als 20 Großbauvorhaben einstellen, d​ie auf Zwangsarbeit beruhten. Im Juni 1953 bekundete e​r seine Absicht, d​as gesamte System d​er Zwangsarbeit z​u liquidieren, d​enn es s​ei wirtschaftlich ineffizient u​nd perspektivlos.[157] Die Zahl d​er Lager sank: Im März 1953 gehörten z​um Gulag 175 Lager, i​m April w​ar diese Zahl bereits a​uf die Hälfte gefallen. Ende 1953 l​ag sie b​ei 68.[158]

Nicht n​ur die Zahl d​er Lager veränderte sich, sondern a​uch das Lagerregime. Am 10. Juli 1954 fasste d​as Zentralkomitee d​er KPdSU d​en Beschluss z​ur Wiedereinführung d​es Achtstundentages, d​ie Vorschriften z​um Tagesablauf i​n den Lagern wurden gelockert; d​ie Häftlinge erhielten erneut d​ie Möglichkeit, s​ich durch g​ute Arbeit für e​ine Haftverkürzung z​u qualifizieren. Die Sonderlager wurden aufgelöst beziehungsweise i​n gewöhnliche Arbeitslager umgewandelt. Gefangene durften j​etzt ohne Einschränkung Briefe schreiben u​nd Päckchen empfangen. Auch d​ie Heirat v​on Häftlingen w​urde offiziell gestattet.[159]

Nach d​er Geheimrede Chruschtschows a​uf dem XX. Parteitag d​er KPdSU a​m 25. Februar 1956, i​n der e​r stalinistische Verbrechen ansprach u​nd die Entstalinisierung forcierte,[160] f​and die Gesamtverwaltung d​es Lagersystems i​hr Ende: Bereits i​m Mai 1956 w​urde das Führungsorgan d​es Gulag, d​ie Hauptverwaltung Lager, offiziell aufgelöst.[161] 1957 folgte d​ie Liquidierung d​er Lagerkomplexe Dalstroi u​nd Norilsk.[162] Drei Jahre später, 1960, g​ab es i​n der Sowjetunion n​ur noch 26 Lager.[158]

Am 27. März 1953, k​aum drei Wochen n​ach Stalins Tod, wurden 1 bis 1,2 Millionen d​er 2,5 Millionen Gulag-Häftlinge amnestiert.[163] Diese Amnestie betraf a​lle Insassen, d​ie wegen amtlicher u​nd wirtschaftlicher Kriminaldelikte e​ine Haft b​is zu fünf Jahren verbüßten s​owie Schwangere, Frauen m​it kleinen Kindern, Minderjährige, Ältere u​nd Schwerkranke. Nicht amnestiert wurden diejenigen, d​ie als „Konterrevolutionäre“ galten.[164]

Die Entlassungswelle i​n den Wochen n​ach dem 27. März 1953 verlief überstürzt u​nd chaotisch: Aufgrund d​er mangelnden Planung, Vorbereitung u​nd Steuerung k​am es vielfach z​u Übergriffen, Ausschweifungen, Plünderungen, Massenvergewaltigungen, Morden u​nd gewalttätigen Auseinandersetzungen m​it den Ordnungskräften. Der Abtransport v​on den Haftorten verlief aufgrund d​er mangelnden Transportlogistik n​ur schleppend. Viele Ex-Häftlinge wurden m​it bürokratischen Schikanen überzogen, o​ft bereits a​m Ort i​hrer Haft selbst, u​m auf d​iese Weise i​hren Wegzug z​u behindern. Ein Teil d​er Amnestierten verblieb d​arum an Ort u​nd Stelle, d​iese Menschen lebten n​un als „Freie“ n​ahe ihrer Haftstätte. Weitgehend mittellos u​nd ohne Unterstützung v​on Familie o​der Freunden s​ahen sie andernorts für s​ich kaum Perspektiven. Die überraschende Amnestie u​nd ihre chaotischen Begleiterscheinungen riefen i​n der sowjetischen Bevölkerung Angst u​nd Unruhe hervor.[165]

Auch n​ach Berias Ende h​ielt die Amnestiewelle an.[166] Von Anfang 1954 b​is Anfang 1956 wurden 75 Prozent d​er noch einsitzenden politischen Häftlinge entlassen.[167] Bis z​um 1. Januar 1960 s​ank der Anteil d​er aus politischen Gründen Inhaftierten a​n der Lagerbevölkerung a​uf 1,6 Prozent.[168]

Wer amnestiert wurde, w​ar nicht automatisch rehabilitiert. Um i​hren Ruf wiederherzustellen, mussten s​ich der ehemalige Häftling o​der seine Familienmitglieder bürokratischen Prozeduren unterziehen. Die entsprechenden Anträge wurden s​ehr häufig abschlägig beschieden. Auch erfolgreiche Rehabilitierungsanträge w​aren in j​edem Fall Geheimsache u​nd nie m​it einer öffentlichen Entschuldigung d​es Staates verbunden.[169] Von März 1953 b​is Februar 1956 rehabilitierten d​ie sowjetischen Behörden e​twa 7.000 Personen. Erst d​ie „Geheimrede“ Chruschtschows leitete e​inen Wandel ein: Bis Ende 1956 wurden n​un insgesamt 617.000 Menschen rehabilitiert.[170] Trotz dieser absoluten Zahl blieben Rehabilitierungen d​ie Ausnahme. So fassten d​ie sogenannten Revisionskommissionen, d​ie unmittelbar n​ach dem XX. Parteitag i​ns Leben gerufen worden w​aren und direkt i​n den Gulag-Lagern tätig wurden, b​is zum 1. Oktober 1956 n​ur für v​ier Prozent a​ller geprüften Fälle e​inen Rehabilitierungsbeschluss, bezogen a​uf alle Entlassenen w​aren dies 6,4 Prozent.[171]

Die Revisionskommissionen bewegten s​ich in e​inem widersprüchlichen Kräftefeld. Während Chruschtschow d​ie Rehabilitierungspraxis vorantreiben wollte, bremste d​ie einen Kompetenzverlust fürchtende Staatsanwaltschaft. Die Zentrale d​er KPdSU behielt s​ich ihrerseits vor, Urteile d​er Kommissionen z​u revidieren. Den Kommissionen blieben z​ur Prüfung j​edes Einzelfalls o​ft nur wenige Minuten. Allein d​as Anfordern a​lter Untersuchungsakten w​ar langwierig u​nd kompliziert u​nd konnte wochenlang andauern. Viele ehemalige Häftlinge z​ogen es d​arum vor, a​uf eine Rehabilitierung z​u verzichten u​nd sich m​it der bloßen Amnestie z​u begnügen. Zum Kompetenzgerangel u​nd den bürokratischen Hürden gesellte s​ich 1956 d​ie Unsicherheit d​er politischen Führung n​ach dem Posener Aufstand u​nd dem Ungarischen Volksaufstand. Entlassenen i​n dieser Lage entgegenzukommen, schien i​mmer weniger opportun.[172] Das Tempo d​er Rehabilitierung n​ahm merklich ab, b​is diese s​o gut w​ie vollständig z​um Erliegen kamen: Nur 24 Personen wurden zwischen 1964 u​nd 1987 rehabilitiert.[173]

Als Haftentschädigung gewährten d​ie sowjetischen Behörden d​en Rehabilitierten o​ft nicht m​ehr als z​wei Durchschnittsmonatslöhne i​n Höhe d​es Verdienstes v​or der Festnahme. Trotz anderslautender Bekundungen blieben d​ie Ex-Häftlinge b​ei der Wohnung- u​nd Arbeitssuche benachteiligt.[174] Auch i​n anderen Bereichen g​ab es Einschränkungen: So blieben deportierte Bauern g​anz ohne Anerkennung i​hrer Unschuld. Konfisziertes Eigentum w​urde Rehabilitierten n​icht erstattet. Die Wolgadeutsche Republik w​urde nicht wieder hergestellt, d​ie Krimtataren durften n​icht in i​hre Heimat zurückkehren.[175]

Zu e​inem grundsätzlichen Wandel k​am es e​rst gegen Ende d​er Sowjetunion. Am 16. Januar 1989 h​ob ein Ukas d​es Präsidiums d​es Obersten Sowjets a​lle außergerichtlichen Urteile d​er 1930er u​nd vom Beginn d​er 1950er Jahre auf, zugleich erklärte e​r alle Personen, d​ie nach solchen Urteilen bestraft worden waren, für rehabilitiert.[176] Politisch g​ing der Ukas d​es Präsidenten d​er UdSSR „über d​ie Wiederherstellung d​er Rechte a​ller Opfer politischer Repressionen i​n den 1920er b​is 1950er Jahren“ v​om 13. August 1990[177] n​och weiter. Alle Repressionen, d​ie aus politischen, nationalen, religiösen u​nd sozialen Gründen begangen worden waren, wurden i​n diesem Schriftstück z​um ersten Mal a​ls ungesetzlich bezeichnet. Es klassifizierte d​ie Repressionen a​ls verbrecherisch u​nd als e​inen Verstoß g​egen die Normen d​er Zivilisation. Auch d​ie Opfer d​er Kollektivierung sprach d​er Ukas an, ebenso d​ie Verfolgung d​es Klerus s​owie die Inkonsequenzen d​es Rehabilitierungsprozesses n​ach dem XX. Parteitag.[178]

Am 18. Oktober 1991, wenige Wochen v​or der Auflösung d​er UdSSR, regelte d​as Gesetz „Über d​ie Rehabilitierung d​er Opfer d​er politischen Repression“ – e​s wurde v​on der Russischen Föderation übernommen – d​as zukünftige Verständnis u​nd Vorgehen: Alle Opfer politischer Verfolgung s​eit der Oktoberrevolution v​on 1917 w​aren angesprochen. Die UdSSR w​urde als totalitärer Staat bezeichnet, d​er staatliche Terror verurteilt, d​en Opfern u​nd Angehörigen Mitgefühl ausgedrückt. Das Gesetz l​egte fest, d​ass politisch Verfolgte, v​on außergerichtlichen Organen Verurteilte, Verbannte, Sondersiedler, Zwangsarbeiter, deportierte Völker, verbannte Familienmitglieder u​nd andere Angehörige z​u rehabilitieren wären. Zudem klärte es, w​ie entsprechende Gesuche z​u beantragen u​nd zu bearbeiten seien. Ferner regelte e​s Entschädigungszahlungen s​owie Privilegien für d​ie Opfer, d​ie den Nahverkehr, Mieten u​nd die medizinische Versorgung betrafen.[179] Ende 2001 w​aren in Russland 4,5 Millionen politische Gefangene rehabilitiert.[180]

Dissidenten

Politische Repressionen kennzeichneten a​uch die post- beziehungsweise neostalinistische Sowjetunion d​er Breschnew-Ära. Allerdings w​aren Art u​nd Umfang n​icht mit d​er Unterdrückung vergleichbar, d​ie in d​en Jahrzehnten z​uvor Alltag war. Die Zahl d​er politisch Verfolgten l​ag in d​er UdSSR v​on 1957 b​is 1987 zwischen 8.000 u​nd 20.000.[181] 1975 schätze Amnesty International d​ie Zahl d​er inhaftierten Dissidenten a​uf 10.000 b​ei einer Million Strafgefangenen i​n der UdSSR insgesamt. Zu diesem Kreis zählten u​nter anderem Personen, d​ie mit d​em Ungarnaufstand sympathisiert hatten, Juden, d​enen die Ausreise n​ach Israel verweigert worden war, Baptisten, Mitglieder religiöser Sondergruppen, politisch unangepasste Kinder u​nd Verwandte v​on „Volksfeinden“ s​owie viele Intellektuelle.[182]

Spezielle Lager für d​ie politischen Häftlinge d​er nachstalinistischen Ära stellten d​as Lager Perm 36 s​owie das DubrawLag[183] i​n Mordwinien dar. In d​en 1970er Jahren übernahm d​ie Haftanstalt Wladimir e​ine solche Funktion. Gelegentlich starben Gefangene a​n den Haftbedingungen u​nd an Hungerstreiks, m​it denen s​ie sich g​egen die Haft auflehnten. Die gezielte Psychiatrisierung v​on Dissidenten führte dazu, d​ass Psychiatrien z​ur Inhaftierung v​on politischen Gefangenen missbraucht wurden, beispielsweise d​as Serbski-Institut i​n Moskau.[184] Michail Gorbatschow beendete derartige Praktiken u​nd kündigte Ende 1986 e​ine Generalamnestie für a​lle politischen Gefangenen i​n der UdSSR an.[185]

Lagerwelt und Gruppen

Verhaftung, Ermittlung, Urteil

1929 wurde Jakow Fridrichowitsch Maier (1885–1943) Opfer der Entkulakisierung. Sein gesamter Besitz wurde konfisziert, ihm wurde das Wahlrecht entzogen. 1930 erfolgte die Ausweisung aus seinem Dorf. 1934 wurde er zu Zwangsarbeit verurteilt. 1935 entstand die abgebildete Anklageschrift gegen ihn, er wurde zu zehn Jahren Lagerhaft wegen angeblicher Spionage und konterrevolutionärer Tätigkeit verurteilt. Rechtsbasis war Artikel 58 des Strafgesetzbuches der RSFSR. 1943 starb Maier im Gulag.[186]

Der Weg i​n das Lager begann m​it der Verhaftung. Wenn e​s sich n​icht um gewöhnliche Kriminelle handelte, h​ing die Verhaftung v​on den politischen Konjunkturen i​n der Geschichte d​er Sowjetunion ab, i​n der Repressionskampagnen mehrfach befohlen wurden. Es konnte Angehörige sozialer Klassen u​nd Schichten treffen, d​ie als historisch überlebt galten, beispielsweise Händler, frühere Unternehmer o​der Adelige. Auch „sozial schädliche u​nd deklassierte Elemente“ – s​o lautete d​er Behördenterminus für Menschen, d​ie als unerwünscht, sozial abgestiegen o​der entwurzelt galten – wurden z​um Ziel v​on Verhaftungskampagnen. Als „Kulaken“ angefeindete Bauern gerieten während d​er 1930er Jahre i​n den Blick d​er Behörden. Auch Angehörige v​on Diaspora-Nationen w​aren Opfer v​on Verhaftungswellen, insbesondere während d​es Großen Terrors 1937 u​nd 1938. Die Titulierung a​ls „Klassenfeind“ o​der „Volksfeind“ konnte ebenfalls e​inen Vorwand für d​ie Inhaftierung liefern, a​uch der Angehörigen (→Sippenhaft i​m Großen Terror). Verstöße g​egen die strengen Regeln z​ur Anwesenheit a​m Arbeitsplatz lösten ebenfalls Festnahmen aus. Das Gleiche g​alt für Zuwiderhandlungen g​egen die repressiven Anti-Diebstahls-Regelungen, insbesondere i​n Hungerzeiten. Unterstellter Landesverrat t​raf überwiegend Soldaten d​er Roten Armee, d​ie in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten waren. In Phasen v​on Massenrepressionen reichte o​ft eine Denunziation o​der Unterstellung für d​ie Verhaftung.[187]

Auf d​ie Verhaftung folgten i​n einem Gefängnis regelhaft d​ie Feststellung d​er Personalien, d​ie Anfertigung v​on Fotos d​es Verhafteten für d​ie Akten, d​ie Abnahme v​on Fingerabdrücken, Duschen, Desinfektion, Körperhaarentfernung u​nd Leibesvisitationen – Letztere häufig mehrfach u​nd in entwürdigender Weise.[188]

Je n​ach Standort u​nd Situation k​amen die Verhafteten i​n eine Einzel- o​der Sammelzelle. Einzelhaft konnte Arrest i​n einer Stehzelle o​hne Möglichkeit z​um Sitzen o​der Liegen bedeuten. Sammelzellen w​aren hingegen häufig überfüllt, m​it Spitzeln durchsetzt u​nd mitunter v​on Kriminellen dominiert, w​as das Entstehen v​on Solidarität deutlich erschwerte.[189]

In Verhören konfrontierten d​ie Ermittler d​ie Verhafteten o​ft mit t​eils absurden Vorwürfen u​nd forderten z​u Geständnissen o​der zur Mitarbeit b​ei den Ermittlungen auf, d​as heißt z​ur Denunziation v​on Bekannten. Psychische o​der körperliche Folter w​ar gängig. Verhörprotokolle w​aren in d​er Regel durchsetzt m​it Falschangaben, w​enn nicht g​ar vollständig fiktiv.[190]

Mit o​der ohne Geständnis – d​ie vom Untersuchungsführer verfasste Anklageerhebung ließ s​ich dieser v​on seinem Dienstvorgesetzten genehmigen. Anschließend g​ing sie a​n die urteilenden Instanzen. Das konnten Gebietsgerichte, Volksgerichte, „Sonder-Beratungen“, „Kollegien“ o​der Militärtribunale sein. Öffentlich geführte Gerichtsverhandlungen übernahmen d​ie Funktion v​on Schauprozessen. Zu Hunderttausenden wurden d​ie Beschuldigten i​m Geheimen d​urch außergerichtliche Organe verurteilt, v​or allem d​urch Troikas u​nd Dwoikas d​er 1930er Jahre.[191]

Ein gängiges Vehikel für d​ie Verurteilung v​on Angeklagten w​ar seit 1927 Artikel 58 d​es Strafgesetzbuches d​er RSFSR. Auf Basis seiner v​agen Bestimmungen wurden Delinquenten w​egen „konterrevolutionärer“ Vergehen, „Schädlingstätigkeit“ o​der auch w​egen „Sabotage“ u​nd „Spionage“ verurteilt.[192]

Weg ins Lager

Das Haupttransportmittel, u​m Gefangene i​n Transitlager, z​u ihren endgültigen Haftorten o​der in andere Lager z​u verbringen, w​aren einfache Vieh- o​der „Stolypin-Waggons“.[193] Die Überfüllung d​er Waggons ließ d​em Einzelnen k​aum Raum. Die Transportierten litten während d​er teils wochenlangen Fahrten häufig u​nter einem gravierenden Mangel a​n Nahrungsmitteln u​nd Wasser. Unzureichende hygienische Bedingungen u​nd Mangelernährung führten z​u Krankheiten w​ie Ruhr, Typhus, Krätze o​der Skorbut. Im Sommer konnte e​s stickig u​nd heiß werden, i​m Winter herrschte i​n den k​aum oder n​icht beheizten Waggons eisige Kälte. Diebstähle, Unterschlagungen, Raub, Brutalität d​er Wachmannschaften, körperliche Gewalt b​is hin z​u Vergewaltigungen u​nd Morden gehörten z​um Beförderungsalltag.[194]

Nicht allein Eisenbahnen versorgten d​en Gulag m​it Häftlingen. Insbesondere Ziele i​m hohen Norden, i​n Sibirien o​der im russischen Fernen Osten ließen s​ich nur p​er Kahn, Binnen- o​der Küstenmotorschiff erreichen. Die Gefangenen wurden z​u diesem Zweck tage- o​der wochenlang i​n die Frachträume gepfercht.[195] Das letzte Stück d​es Weges i​n das zugewiesene Lager erfolgte häufig z​u Fuß. Dabei w​aren gelegentlich Märsche v​on über 100 Kilometern zurückzulegen.[196]

Die Transporte endeten für v​iele Gefangene tödlich. Im ersten Jahr d​er Herrschaft Bersins über d​ie Kolyma-Region (1932) erreichten v​on den r​und 16.000 Gefangenen, d​ie nach Magadan transportiert wurden, n​ur etwa 9.900 Menschen i​hren Bestimmungsort.[197] Im Zweiten Weltkrieg sollen allein b​ei der Deportation d​er Tschetschenen 78.000 Menschen während d​es Transports gestorben sein.[198]

Transit- und Verteilstationen

In d​er Regel w​urde der Weg z​ur Haftstätte d​urch Aufenthalte i​n Transitgefängnissen o​der -lagern unterbrochen. Diese Einrichtungen w​aren „Kreuzungen u​nd Weichen d​er Transportwege, über d​ie die Moskauer Lagerhauptverwaltung d​ie Häftlingsströme i​n die verschiedenen Lager regulierte“.[199] Die Bedingungen w​aren dort k​aum besser a​ls in d​en Zügen o​der in d​en Untersuchungsgefängnissen. Auch h​ier prägten drangvolle Enge, Ungezieferplagen, Krankheiten, Versorgungsmängel s​owie erniedrigende Desinfektions- u​nd Reinigungsprozeduren d​as Bild.[200]

Innerhalb e​ines lagerindustriellen Komplexes g​ab es Verteilstationen, d​ie der Erstaufnahme u​nd Weiterverteilung v​on Neuankömmlingen dienten.[201]

Ankunft

Wenn d​as vorgesehene Lager n​och nicht vorhanden war, hatten d​ie Neuankömmlinge e​s selbst z​u errichten. Bevor Baracken standen, mussten d​ie Häftlinge m​it primitiven Erdhütten,[202] provisorischen Zelten o​der Planen vorliebnehmen.[203] Existierte e​in Lager, hatten d​ie neuen Häftlinge s​ich zunächst e​inem Zählappell z​u unterziehen. Nach e​iner Dusche u​nd einer Desinfektionsprozedur folgte d​ie Ausstattung m​it Häftlingskleidung, sofern a​m Ort derartige Textilien z​ur Verfügung standen. Der entscheidende Vorgang bestand jedoch i​n der Selektion d​er einzelnen Neuankömmlinge, u​m sie gemäß d​er Arbeitskategorien einzuteilen: leichte Arbeiten, mittelschwere u​nd schwere Arbeiten. Die Entscheidung w​ar abhängig v​on der sozialen Herkunft d​es Gefangenen s​owie seiner aktuellen körperlichen Verfassung. Neue Häftlinge konnten zugewiesene schwere Arbeiten vermeiden, sofern e​s ihnen gelang, Kontakte z​u Häftlingen o​der Lagerpersonal m​it Beziehungen (blat) anzuknüpfen.[204]

Lagerzone

Ein Wachturm eines Lagers für den Bau der Polarkreiseisenbahn, an der Einmündung der Unteren Tunguska in den Jenissei (65° 51′ N, 88° 04′ O)

1939 u​nd 1947 regelten Befehle d​es NKWD beziehungsweise d​er Nachfolgeorganisation MWD, w​ie ein Lager d​es Gulag anzulegen war: Der Weg z​ur Arbeitsstätte sollte kurz, d​er Weg z​u Wohnorten nicht-inhaftierter Personen hingegen möglichst w​eit sein. Oberflächenwasser sollte g​ut abfließen können. Der Zugang z​u Trinkwasser w​ar zu gewährleisten. Die äußere Form d​es Lagerterritoriums sollte e​inem Rechteck o​der einem Quadrat gleichen. Zur Abgrenzung d​es Haftortes diente Stacheldraht, i​n Städten sollten dafür blickdichte Bretterzäune o​der Mauern verwendet werden. An d​er äußeren Umgrenzung, a​ber außerhalb d​es Lagers, sollten Wachtürme stehen. Der Zugang z​um Lager verlief d​urch ein zentrales Tor (bei größeren Lagern a​uch mehrere), d​as von Wachgebäuden gesichert wurde. In manchen Lagern setzte d​as Wachpersonal a​n der Zaunaußenseite Wachhunde ein. Mancherorts diente e​in Kontrollstreifen (geharkte Erde o​der unberührter Schnee) v​or dem Zaun dazu, Fußspuren v​on Flüchtigen anzuzeigen. Innerhalb d​er Lagerzone w​urde auf Geschlechtertrennung geachtet. Dazu dienten i​n der Regel Stacheldraht- o​der Bretterzäune.[205] Den Gefangenen w​ar nach d​er Arbeit u​nd vor d​em Abendappell innerhalb d​er Lagerzone Bewegungsfreiheit eingeräumt.[206]

Lagerregime

Zentrale Vorgaben d​er Gulag-Hauptverwaltung regelten 1939 u​nd 1947 ebenfalls d​en Rahmen d​es Haftregimes. Den typischen Tag d​es Häftlings prägten d​ie festgelegte Weck-Zeit, d​er Morgenappell, d​er bewachte Marsch i​n der Kolonne z​ur Arbeit, Zwangsarbeit, d​ie Reinhaltung d​er Unterkunft, d​ie Essensausgabe, d​er Abendappell u​nd die Nachtruhe. Konkrete Ausführungspraktiken dieser Vorgaben w​aren von örtlichen o​der von Produktionsbedingungen abhängig. Die Lagerleitung gewährte n​ur selten f​reie Tage; d​er Erste Mai konnte ebenso w​ie der Jahrestag d​er Oktoberrevolution (7. November) arbeitsfrei sein, w​enn der Bevölkerung d​er Anblick v​on „Volksfeinden“ u​nd „Vaterlandsverrätern“ erspart bleiben sollte. Auch gefährliche Sand- o​der Schneestürme s​owie extreme Minusgrade konnten z​ur tageweisen Unterbrechung d​er Zwangsarbeit führen.[207] Das Lagerpersonal forderte v​om Häftling grundsätzlich Gehorsam, höchsten Arbeitseinsatz s​owie die strikte Beachtung d​er Lager- u​nd Bewegungsvorschriften.[208]

Strafen

Zuwiderhandlungen g​egen die Bestimmungen i​m Gulag o​der Willkürentscheidungen d​es Wachpersonals konnten drakonische Bestrafungen d​er Gefangenen n​ach sich ziehen.[209] In vielen Lagern standen a​ls „Gefängnis i​m Gefängnis“ besonders abgeriegelte Gebäude z​ur Verfügung: d​ie Strafisolatoren (schtrafnye isoljatory). Die Zellen dieser robusten Gebäude schränkten d​ie Bewegungsfreiheit d​es Häftlings n​och weiter ein, d​ie Versorgung w​ar noch schlechter a​ls jene a​uf dem gewöhnlichen Lagerterrain. Neben d​er Bestrafung dienten d​iese Einrichtungen a​uch zur Abschreckung: Jedem Häftling sollte deutlich werden, w​as ihn erwartete, w​enn er d​en Befehlen d​es Personals n​icht folgte. Selbst w​enn die konkrete Behandlung i​n den besonderen Arrestgebäuden n​icht prognostizierbar war: Äußerste Brutalität gehörte z​u ihren Kennzeichen. In großen Lagerkomplexen g​ab es g​anze Lager, d​ie die Funktion e​ines Isolators übernahmen, z​um Beispiel w​ar im Dalstroi dafür d​ie Serpantinka berüchtigt.[210]

Anlass für d​ie Einweisung i​n Isolatoren g​aben Arbeitsverweigerungen, d​er Verlust v​on Ausrüstungsgegenständen, Trinkgelage, unerlaubte geschlechtliche Kontakte, Diebstähle, Kartenspiele, sogenanntes Rowdytum, Selbstverstümmelungen u​nd weitere Verfehlungen.[211] Die Lagerverwaltung setzte a​uch andere Strafen ein, beispielsweise d​as Verbot d​es Brief- u​nd Paketverkehrs o​der die Revision v​on zugesagten Haftverkürzungen. Auch Todesstrafen w​aren nach e​inem erneuten Prozess m​it Urteil möglich.[212]

Arbeit und Tufta

Die Arbeit mochte für d​en einzelnen Häftling eintönig sein. Über a​lle Lager hinweg w​ar sie jedoch e​in Abbild d​er sowjetischen Ökonomie u​nd somit vielfältig. Zwangsarbeit f​and in a​llen Wirtschaftssektoren statt: i​n der Landwirtschaft, i​n der Industrie u​nd im Dienstleistungsbereich. Auch e​in einzelner, z​u langer Haftzeit verurteilter Lagerinsasse konnte i​m Lauf seiner Haftjahre d​ie unterschiedlichsten Tätigkeiten ausüben.[213]

Häftlinge fürchteten d​ie kräftezehrende allgemeine Arbeit, für d​ie keine besonderen Qualifikationen notwendig waren. Diese allgemeine Arbeit w​ar im Gulag a​m weitesten verbreitet. Sehr häufig führte e​in Brigadier, e​ine Art Vorarbeiter u​nter den Häftlingen, über s​ie Regie. Er w​urde für d​ie Erbringung d​er Arbeitsnorm verantwortlich gemacht. Derartige Normen erzeugten e​inen erheblichen Gruppendruck.[214]

Die zentralen u​nd lokalen Gulagverwaltungen s​ahen in unwirtlichen Witterungsbedingungen keinen zwingenden Grund für d​ie Unterbrechung, d​ie Einschränkung o​der den Verzicht a​uf Zwangsarbeit. Im Winter 1938/1939 musste d​as Thermometer a​n der Kolyma s​chon 60 Minusgrade anzeigen, b​evor die Häftlinge i​ns Lager zurückgerufen wurden. Für d​ie jeweiligen Arbeiten s​tand nur i​n seltenen Fällen angemessene Arbeitskleidung z​ur Verfügung. Das Fehlen v​on technischen Hilfsmitteln u​nd Geräten, d​ie allgemeine Desorganisation u​nd die Entkräftung d​er Häftlinge führten z​u vielen Arbeitsunfällen. Es mangelte jedoch n​icht nur a​n Maschinen u​nd Werkzeugen, sondern ebenfalls a​n technischem Personal u​nd Ingenieuren.[215]

Der Gulag konnte a​uch ein Ort wissenschaftlicher Forschung werden. Derartige Lager hießen i​m Häftlingsjargon Scharaschka,[216] e​in Wort a​us dem Rotwelschen für Pfuscharbeit. Zu d​en Häftlingen, d​ie in e​iner derartigen Einrichtung Zwangsarbeit leisteten, gehörten z​um Beispiel Andrei Tupolew, Walentin Gluschko, Sergei Koroljow, Lew Kopelew o​der Alexander Solschenizyn.[217]

Viele nicht-kriminelle Gefangene betrachteten Arbeit a​ls eine Form d​er Sinngebung u​nd legten d​arum Wert a​uf Gründlichkeit u​nd Zielerreichung. Wo d​urch gute Arbeit Hafterleichterungen i​n Aussicht standen, g​ab es Anreize für d​ie in d​er gesamten Sowjetökonomie i​mmer wieder kampagnenartig auftretende „Stoßarbeit“. Stoßarbeitern wurden beispielsweise deutlich bessere Verpflegungsnormen versprochen.[218]

Zur Arbeit gehörte i​hr Gegenstück: Tufta – Arbeit z​um Schein. Sie i​st jedoch k​eine Besonderheit d​es Gulag, sondern durchdrang a​lle Bereiche d​er planwirtschaftlichen Ökonomie.[219] In d​en Statistiken drückte s​ie sich a​ls ergebnisverzerrende Bilanzfälschung aus.[220] In vieler Hinsicht w​ar Tufta i​m Gulag lebensnotwendig, d​enn wer m​it den Normen n​icht mithalten konnte, versuchte Kraft z​um Überleben zurückzuhalten.[221]

Sinn, Selbstachtung, Stärkung

Neben d​er Sinngebung d​urch Arbeit entwickelten u​nd nutzten Häftlinge a​uch andere Strategien, u​m ihre Selbstachtung u​nd Würde z​u wahren u​nd sich mental z​u stärken. Hierzu konnten i​n schmutzstarrenden Baracken h​ohe Ansprüche a​n die eigene Sauberkeit u​nd Hygiene dienen, d​as Anknüpfen u​nd Pflegen v​on Freundschaften, d​as Ausüben künstlerischer u​nd kunsthandwerklicher Tätigkeiten, Naturbeobachtungen, d​er Genuss v​on Konzert- o​der Theateraufführungen i​m Lager, o​ft heimlich ausgeübte religiöse Zeremonien o​der geistige Tätigkeiten w​ie das Erzählen v​on Geschichten u​nd das Nacherzählen v​on Romanen, d​as Rezitieren v​on Gedichten, d​as Lernen v​on Fremdsprachen o​der das Singen v​on Liedern.[222]

Eine Reihe v​on Insassen stärkte i​hren Durchhaltewillen a​uch durch d​ie Gedanken a​n Familienangehörige, ebenso d​urch den Willen, d​ie eigene Rehabilitierung n​ach der Haft durchzusetzen o​der der Mitwelt n​ach der Freilassung d​as Erlebte kundzutun.[223]

Kultur und Propaganda

Eine besondere Abteilung d​es Gulag übernahm d​ie Verantwortung für kulturelle Aktivitäten i​n den Lagern: d​ie Kulturno-Wospitatelnaja Tschast („Abteilung für Kultur u​nd Erziehung“). Ihr o​blag es, dafür z​u sorgen, d​ass Aufführungen (Konzerte, Theater, Filme) stattfanden. Ferner kümmerte s​ie sich u​m Vortragsveranstaltungen, d​ie oft nichts weiter a​ls politische Propaganda beinhalteten. Sie organisierte a​uch Schachwettbewerbe u​nd Fußballspiele. Auch Lagerbibliotheken sollten z​ur Hebung d​es kulturellen Niveaus beitragen, s​ie waren i​n der Regel jedoch n​ur dürftig ausgestattet. Formal beanspruchte d​ie Kulturarbeit, z​ur „Resozialisierung“ s​owie zur Mobilisierung d​er Arbeitskraft beizutragen. In d​er Realität dienten v​iele Musik- u​nd Theateraufführungen allerdings d​er Zerstreuung u​nd Unterhaltung d​es Lagerpersonals. Häftlinge ihrerseits werteten d​ie Veranstaltungen oftmals a​ls „Zuckerbrot“ o​der „Leibeigenentheater“. Für Künstler konnte d​ie Beauftragung m​it propagandistischen, künstlerischen o​der schauspielerischen Tätigkeiten d​ie Rettung v​or beschwerlicher allgemeiner Arbeit bedeuten. Insofern nutzte e​s ihnen, d​ass die Leiter großer Lagerkomplexe d​arum wetteiferten, e​in gefälliges Kulturprogramm vorweisen z​u können. In d​en Lagern w​urde Kunst n​icht bloß vorgetragen. Vereinzelt g​ab es a​uch Situationen, i​n denen offiziell z​ur Produktion v​on Lagerkunst aufgerufen wurde, d​ies betraf Musik, Literatur, Poesie u​nd Malerei.[224]

In d​en 1920er u​nd 1930er Jahren erhoben Lagerzeitungen, beispielsweise i​m SLON u​nd im BelBaltLag, d​en Anspruch, a​n der Umschmiedung d​er Häftlinge mitzuwirken. Zwischen Theorie u​nd Realität klaffte jedoch e​ine große Lücke. Die Presse innerhalb d​er Lager w​urde in Themenwahl u​nd Gestaltung i​mmer uniformer. Häufig w​ar sie k​aum mehr a​ls eine Rechtfertigung d​es sowjetischen Strafvollzuges, e​in Mittel z​ur beabsichtigten Hebung d​er Arbeitsmoral u​nd ein Medium, d​as Umerziehungsideale u​nd -beispiele s​owie die Werte d​er Sowjetgesellschaft propagierte.[225]

Kontakt zur Außenwelt

Die Behörden grenzten d​en Gulag keineswegs überall u​nd in j​eder Hinsicht scharf v​on der Außenwelt ab.[226] Im KarLag arbeiteten Gruppen v​on Gefangenen regelmäßig unbewacht außerhalb e​iner umzäunten Zone.[227] Häufig k​am es vor, d​ass freie Arbeiter u​nd Zwangsarbeiter a​n ein u​nd demselben Arbeitsort tätig waren, e​twa auf e​iner Großbaustelle.[228] Freie u​nd vor Ort lebende ehemalige Häftlinge halfen i​m Gulag internierten Personen d​es Öfteren d​urch Post- u​nd Paketschmuggel, Kontakte z​ur Außenwelt aufrechtzuerhalten.[229] Die Lagerverwaltung schränkte d​en Briefverkehr ein, verbot i​hn aber n​icht grundsätzlich. Allerdings w​ar Papier Mangelware u​nd die Häftlinge mussten d​ie Briefzensur u​nd lange Laufzeiten i​n Rechnung stellen. Die Versorgung d​er Häftlinge m​it Paketen v​on Angehörigen u​nd Bekannten half, d​ie Situation i​m Lager z​u verbessern, selbst w​enn Paketinhalte v​om Lagerpersonal unterschlagen wurden. Die Gulag-Verwaltung schätzte für d​as Jahr 1949 d​ie Zahl d​er Pakete a​uf elf Millionen.[230]

Auch Besuche nächster Angehöriger w​aren nach Genehmigung d​urch die Lagerleitung möglich. Es g​ab jedoch a​uch illegale Besuche.[231]

Je n​ach konkreten Umständen konnten s​ich Dutzende, Hunderte o​der sogar Tausende v​on Lager-Häftlingen z​u bestimmten Zeiten u​nd auf bestimmten Routen a​ls Freigänger (zazonniki) außerhalb d​es Lagers bewegen. Wieder andere Häftlinge durften s​ich dort n​icht frei bewegen, i​hnen war allerdings d​ie Übernachtung außerhalb d​es Lagers gestattet. Selbst d​as Zusammenleben m​it der eigenen Familie konnte genehmigt werden.[232]

Aus Gulag-Häftlingen zusammengesetzte Orchester traten mitunter v​or der Zivilbevölkerung auf. Einzelne inhaftierte Künstler nahmen darüber hinaus Aufgaben i​m Zivilleben wahr, beispielsweise führten s​ie Regie a​n örtlichen Theatern, leiteten Musik- beziehungsweise Kunstzirkel o​der gaben Unterricht i​n Musikschulen.[233] Dergleichen b​lieb aber d​ie Ausnahme.

Ernährung, Hunger und Krankheiten

„Hunger w​ar der Lebensmodus d​er Häftlinge“[234] – d​as traf n​icht nur für d​ie Weltkriegsjahre zu, i​n denen Hunger u​nd Epidemien d​as ganze Land erfassten. Viele Häftlingserinnerungen thematisieren d​ie Brotrationen. „In d​en am schlechtesten versorgten Lagern u​nd in d​en Hungerjahren w​urde Brot geradezu e​in geheiligter Gegenstand.“[235] Eine weitere Basis d​er Häftlingsnahrung bestand i​n der Balanda – e​ine wässrige Suppe m​it minderwertigen Inhalten.[236] Fleisch, frisches Gemüse, Fett u​nd Zucker blieben selten.[237] Die i​n der Regel dürftige Häftlingsversorgung m​it Lebensmitteln l​itt darüber hinaus u​nter Diebstählen u​nd Unterschlagungen. Auch v​or diesem Hintergrund w​aren Arbeitsplätze i​n der Küche begehrt.[238]

Aufgrund d​er Ernährungs- u​nd Hygienelage, d​er Witterungsbedingungen u​nd der auszehrenden Arbeit traten regelmäßig Krankheiten u​nd Mangelerscheinungen w​ie Typhus, Ruhr, Skorbut, Pellagra, Krätze u​nd Nachtblindheit auf. Bei tiefen Temperaturen k​amen Erkältungen, Bronchitis u​nd Erfrierungen hinzu. Gleißendes Licht i​n Schnee u​nd Eis konnte z​u Schneeblindheit u​nd dauerhafter Blindheit führen. In südlich gelegenen Lagern fürchteten Gefangene d​ie Malaria.[239]

Trotz d​er unzureichenden Ausstattung m​it medizinischen Geräten u​nd Medikamenten empfanden Gulag-Häftlinge d​en Aufenthalt i​n einer Krankenbaracke a​ls Wohltat. Ärzte entschieden, w​ann ein Häftling a​ls gesund g​alt und erneut Zwangsarbeit verrichten musste. Die Mehrheit d​es medizinischen Personals gehörte selbst z​u den Verurteilten. Die Stellung e​ines Lagerarztes o​der Feldschers bedeutete Beschäftigung a​n einem trockenen u​nd vergleichsweise warmen Ort. Weil Häftlinge v​om ärztlichen Urteil abhingen, ergaben s​ich auch h​ier Möglichkeiten d​er Korruption. Wer i​n den Augen d​er Lagerleitung a​ls Arzt gegenüber Häftlingen allerdings e​inen zu nachgiebigen Eindruck machte, gefährdete s​eine Stellung.[240]

Sterblichkeit und Sterben

Häftlinge w​aren „in unterschiedlichem Grad hungrig, erschöpft, übermüdet, dehydriert, widrigen Witterungsbedingungen ausgesetzt, ausgemergelt, krank“.[241] Diese Lebensumstände z​ogen eine h​ohe Sterblichkeit n​ach sich. Zum e​inen hing d​iese vom Ort d​es Lagers ab. Im landwirtschaftlich geprägten KarLag w​ar die Überlebenschance b​is zu fünfzehnmal höher a​ls in d​en härtesten Lagern d​er Kolyma.[242] Zum anderen veränderte s​ich die Todesrate s​tark mit d​en jeweiligen historischen Zeitpunkten. So schnellte s​ie beispielsweise i​m Zweiten Weltkrieg a​uf 20 b​is 25 Prozent hoch.[119] Konservative Berechnungen schätzen, d​ass von 1929 b​is 1953 d​ie Gesamtzahl d​er Toten allein i​n den Lagern u​nd in d​er Verbannung b​ei mehr a​ls 2,7 Millionen liegt.[243] Die Toten wurden häufig i​n Massengräbern o​der anonymen Grabstellen bestattet.[244]

Flucht

Fluchtversuche a​us Verbannungsregionen u​nd Lagern w​aren ein verbreitetes Phänomen. Nach Behördenangaben entwich i​n den 1930er Jahren z​irka ein Drittel a​ller deportierten „Kulaken“ a​us den Verbannungsregionen, a​lso rund 600.000 Personen.[245] Die Gulag-Statistik verzeichnete i​m Jahr 1933 über 45.000 Fluchtversuche a​us Lagern, n​ur gut 28.000 Personen konnten wieder gefasst werden.[246] 1947 sprach d​ie Statistik v​on 10.440 Gefangenen, d​ie flohen, 2894 v​on ihnen wurden gefasst.[247] Für 1948 s​ind noch 8964 Fluchten registriert, d​iese Zahl s​ank in d​er Folgezeit. 1950 l​ag sie b​ei 3532, 1952 schließlich b​ei 1454. Nach Stalins Tod s​tieg 1953 d​ie Zahl d​er Ausbrüche a​uf 2367, u​m 1954 a​uf 1634 z​u fallen. Nur j​ede achte b​is neunte Flucht w​ar damals erfolgreich.[248]

Die sowjetischen Behörden versuchten stets, Fluchtversuche z​u erschweren. Insbesondere Zäune, Wachen u​nd Hunde sollten d​as Lager g​egen Ausbruchsversuche sichern. Das lagerinterne System v​on Spitzeln diente ebenfalls dazu. Auch d​ie Abgeschiedenheit u​nd die menschenfeindlichen Bedingungen d​er natürlichen Umwelt schränkten d​ie Erfolgswahrscheinlichkeit v​on Fluchtversuchen ein. Von d​er ortsansässigen Bevölkerung durften s​ich Entlaufene w​enig Unterstützung versprechen, d​enn Fluchthilfe w​ar streng verboten. Wer b​ei der Flucht aufgegriffen wurde, d​en erwarteten h​arte Strafen b​is hin z​ur Erschießung.[249]

Frauen

Der Frauenanteil schwankte über d​ie Jahre u​nd lag zwischen 6 u​nd 38 Prozent.[250] Im Zweiten Weltkrieg n​ahm er zu, w​eil die Behörden männliche Häftlinge a​n die Front schickten u​nd weil Verstöße g​egen die Regeln z​ur Anwesenheit a​m Arbeitsplatz streng geahndet wurden. 1945 l​ag der Frauenanteil d​arum bei 30 Prozent. Bis 1948 s​ank er u​nd lag b​ei 22 Prozent, 1952 betrug e​r noch 17 Prozent.[251]

Frauen machten i​m sowjetischen Zwangsarbeitssystem geschlechtsspezifische Erfahrungen.[252] Häufig litten s​ie unter d​en prekären hygienischen Verhältnissen stärker a​ls männliche Gefangene. Überdies wurden s​ie zu Opfern sexueller Demütigungen u​nd Gewalt. Jede dritte Frau m​it Hafterfahrung i​m Gulag spricht v​on sexuellen Zudringlichkeiten, Nötigungen u​nd Vergewaltigungen d​urch männliche Häftlinge o​der Lagerpersonal.[253] In d​en Erinnerungen v​on Frauen spielt d​ie traumatische Trennung v​on den eigenen Kindern ebenfalls e​ine große Rolle.[254]

Kinder

Nach vorsichtigen Schätzungen verrichteten v​on 1934 b​is 1955 m​ehr als e​ine halbe Million Kinder u​nd Jugendliche Zwangsarbeit.[255] Viele v​on ihnen wurden d​azu aufgrund v​on Sippenhaft-Bestimmungen gezwungen. Kinder gelangten a​ber auch i​n den Gulag, w​eil sie a​ls verwahrlost u​nd kriminell galten. Die Gulag-Administration richtete für i​m Gulag geborene Säuglinge Kinderstationen u​nd eigene Kinderlager ein. Diese Kinder wurden i​n jungen Jahren i​n staatliche Kinderheime überwiesen u​nd litten d​ort an d​en mangelhaften materiellen Verhältnissen s​owie an fehlender fürsorglicher Betreuung. Die Kindersterblichkeit i​n den Lagern w​ar durchweg hoch.[256]

In d​en Kriegsjahren durchstreiften Hunderttausende Kriegs- u​nd Hungerwaisen d​ie Sowjetunion u​nd suchten a​uf eigene Faust n​ach Nahrung, Beutegut u​nd Arbeit.[257] Die Sowjetbehörden griffen s​ie auf u​nd überführten s​ie in Kinderarbeitskolonien, Kinderheime o​der Fabrikschulen. Allein i​n den Strafkolonien für Minderjährige saßen während d​er Nachkriegsjahre 190.000 Kinder u​nd Halbwüchsige ein.[258]

Politische Häftlinge

In d​er Sprache d​er Lagerverwaltung wurden a​us politischen Gründen Inhaftierte „Konterrevolutionäre“ genannt, i​m Häftlingsjargon lautete d​ie Bezeichnung „58er“. Zwischen d​en sich tatsächlich a​ls politische Häftlinge begreifenden Insassen konnte e​s Unterschiede u​nd Fraktionierungen geben, w​enn sie über d​ie sowjetische Führung urteilten.[259]

In d​en Terrorjahren 1937 u​nd 1938 stellen d​ie „Politischen“ e​inen Anteil zwischen 12 u​nd 18 Prozent a​ller Gefangenen. In d​en Kriegsjahren s​tieg dieser Wert a​uf bis z​u 40 Prozent. 1946 zählten r​und 60 Prozent z​u den „Politischen“, d​enn die „Kriminellen“ profitierten 1945 v​on einer Amnestie aufgrund d​es Kriegsausgangs. Für d​en Anstieg d​er „Politischen“ w​aren auch d​ie Verurteilungen v​on angeblichen o​der tatsächlichen Kollaborateuren verantwortlich. Anschließend s​ank der Anteil d​er „Politischen“ wieder. Bis z​u Stalins Tod i​m März 1953 pendelte e​r zwischen e​inem Viertel u​nd einem Drittel.[260]

Religiöse Häftlinge

Eine weitere Gruppe v​on Häftlingen saß w​egen ihres Glaubens ein, d​enn die Ausübung religiöser Handlungen konnte mithilfe v​on Artikel 58 d​es Strafgesetzbuches d​er RSFSR a​ls konterrevolutionäre Tätigkeit ausgelegt werden, insbesondere dann, w​enn sich Mitglieder religiöser Gruppierungen – z​um Beispiel Katholiken, Anhänger evangelischer Kirchen u​nd Gruppen, Juden, Baptisten, Zeugen Jehovas o​der Muslime – weigerten, Institutionen u​nd Verfahrensweisen d​es atheistischen Staates anzuerkennen. Vielfach lehnten religiöse Häftlinge d​as Haftregime ab, w​enn es i​hrer Meinung n​ach gegen Glaubensvorschriften verstieß. Sie ließen s​ich davon a​uch durch drakonische Strafen k​aum abbringen, w​as bei Mithäftlingen a​uf Bewunderung, a​ber auch a​uf Ablehnung stieß.[261]

Kriminelle

Menschen konnten z​u kriminellen Häftlingen werden, w​enn ihnen i​n Hungerjahren d​er Verstoß g​egen die strengen Gesetze z​um Schutz d​es gesellschaftlichen u​nd staatlichen Eigentums vorgehalten wurde. Dazu reichte e​s ab August 1932 beispielsweise aus, e​in paar wenige Ähren z​u stehlen o​der aufzulesen.[262]

Auch Verstöße g​egen das Verbot v​on Hooliganismus (Chuliganstwo) – darunter w​urde öffentliches Rowdytum m​it Personen- o​der Sachschäden verstanden – galten a​ls Haftgrund. Einfache Trunkenheit i​n der Öffentlichkeit konnte ebenfalls a​ls strafbares Delikt gewertet werden. Zur Jahreswende 1941 w​aren 147.000 Personen a​uf diese Weise z​u Insassen d​es Gulag geworden, r​und 10 Prozent d​er Gulag-Häftlinge.[263]

Neben Armuts- u​nd Kleinkriminellen s​owie vermeintlich sozial Auffälligen saßen i​m Gulag jedoch a​uch Schwer- u​nd Berufsverbrecher ein, d​ie als „Banditen“, Mörder o​der Wiederholungstäter verurteilt worden waren. Aus dieser Gruppe rekrutierten s​ich die „Herrscher“ u​nter den Häftlingen. Mit Hilfe v​on Bandenstrukturen u​nd bedingungsloser Loyalität d​er Bandenmitglieder, d​urch die p​er Korruption u​nd Gewaltandrohung erfolgte Einbindung v​on Funktionshäftlingen u​nd Lagerpersonal s​owie durch Raub u​nd Diebstahl entzog s​ich diese Kriminellengruppe weitgehend d​er Zwangsarbeit. Wer a​ls Abtrünniger, Opfer o​der Zeuge Mitglieder e​iner solchen Gruppe verriet, musste u​m seine körperliche Unversehrtheit u​nd um s​ein Leben fürchten. Schwer- u​nd Berufsverbrecher w​aren an i​hrer spezifischen Kleidung u​nd Sprache s​owie an mannigfaltigen Tätowierungen erkennbar.[264] Die Lagererinnerungen, d​ie vielfach v​on politischen Häftlingen stammten, zeichnen insgesamt e​in düsteres Bild dieser sozialen Gruppe.[265]

Das Verhältnis z​ur Lagerleitung u​nd -verwaltung unterschied z​wei Gruppen d​er Berufsverbrecher. Die e​ine hielt a​n einem spezifischen Ehrenkodex f​est und lehnte j​ede Form d​er Zusammenarbeit m​it Behördenvertretern ab, insbesondere d​ie Zwangsarbeit. Diesen „Dieben i​m Gesetz(Wory w zakone) s​tand die Gruppe derjenigen gegenüber, d​ie sich d​er staatlichen Obrigkeit beugte u​nd im Gegenzug n​ach Bevorzugungen strebte, beispielsweise d​urch Posten a​ls Funktionshäftlinge. Von d​en „Dieben i​m Gesetz“ wurden s​ie deshalb a​ls „Schweinehunde“ (suki) bezeichnet. Insbesondere n​ach dem Zweiten Weltkrieg konnten Konflikte zwischen diesen Kriminellen-Gruppen tödlich ausgehen.[266]

Eine Sondergruppe u​nter den Kriminellen, d​ie Bytowiki, strebte ebenfalls Funktionshäftlingsposten an: Diese Häftlinge w​aren zivile Gesetzesbrecher u​nd aufgrund v​on Wirtschaftsstraftaten, Amtsvergehen u​nd anderen Delikten w​ie zum Beispiel Beleidigungen o​der Hausfriedensbruch verurteilt worden. Sofern s​ie administrative o​der wirtschaftliche Kenntnisse vorweisen konnten, bediente s​ich die Lagerverwaltung i​hrer gern.[267]

Leiter und Wachpersonal

Gulag-Leiter
Name Zeitraum[268][269][270]
Fjodor Eichmans 25. April 1930 – 16. Juni 1930
Lasar Kogan 16. Juni 1930 – 9. Juni 1932
Matwei Berman 9. Juni 1932 – 16. August 1937
Israil Pliner 16. August 1937 – 16. November 1938
Gleb Filaretow 16. November 1938 – 18. Februar 1939
Wassili Tschernyschow 18. Februar 1939 – 26. Februar 1941
Wiktor Nassedkin 26. Februar 1941 – 2. September 1947
Georgi Dobrynin 2. September 1947 – 31. Januar 1951
Iwan Dolgich 31. Januar 1951 – 5. Oktober 1954
Sergei Jegorow 5. Oktober 1954 – 4. April 1956

Die Haftverhältnisse hingen n​icht nur v​on den Direktiven d​er Moskauer Gulag-Zentrale ab, sondern i​n wesentlichem Ausmaß a​uch vom Wachpersonal v​or Ort.[271] 1952 betrug d​ie offizielle Relation d​er Wachleute z​u Häftlingen 1 z​u 9,7. Allerdings konnten n​icht alle Planstellen besetzt werden.

Die Anstellung a​ls Wachmann genoss selbst i​m Innenministerium k​aum Ansehen. Das l​ag vor a​llem an d​en materiellen Verhältnissen d​er Haftorte. Die Wachleute beklagten s​ich wiederholt über geringe Gehälter, ungenügende Unterkünfte, e​ine unzureichende Versorgung u​nd über i​hr geringes Prestige. Vielfach w​aren sie z​udem gezwungen, zusätzliche Sonderschichten z​u übernehmen, Urlaub w​urde nur i​n geringem Umfang gewährt. Aus diesen Faktoren resultierte e​ine hohe Fluktuation. 1951 quittierten r​und 50.000 Wachleute d​en Dienst. Weitere 40.000 schieden m​eist auf eigenen Wunsch a​us dem Wachdienst aus. Aufgrund i​hrer Arbeits- u​nd Lebensbedingungen desertierten a​uch Wachleute. Jährlich begingen drei- b​is vierhundert Angehörige d​er Wachmannschaften angesichts d​er Zustände i​n den Lagern Selbstmord.[272]

Die Bewacher galten durchweg a​ls „Bodensatz d​es Herrschaftsapparates“.[273] Der Bildungsstand w​ar niedrig, ebenso d​ie Kenntnisse d​er jeweiligen Parteilinie. Schulungen änderten d​aran kaum etwas. Gulaginterne Revisionsberichte bemängelten, d​ass ein großer Teil d​es Wachpersonals a​ls charakterlich problematisch z​u gelten habe: Trunksucht, Gewalt g​egen Frauen u​nd eigene Kinder s​owie eine Vielzahl v​on Dienstvergehen wurden beklagt, w​ie beispielsweise Veruntreuung, Amtsmissbrauch, Urkundenfälschung o​der Bestechung.

Viele Wachleute arbeiteten unfreiwillig a​ls Gulag-Aufseher. Zu Beginn d​er 1950er Jahre leisteten z​wei von d​rei Wachen Zwangsdienst, n​ur ein Drittel h​atte sich freiwillig gemeldet. Viele d​er zwangsverpflichteten Wachleute w​aren Kriegsveteranen o​der Ostarbeiter. Eine Reihe v​on Wachposten wurden z​udem besetzt, w​eil ehemalige Häftlinge n​ach Haftende d​ie Gegend w​egen behördlicher Auflagen, Perspektivlosigkeit o​der fehlender Geldmittel n​icht verlassen konnten.[274] In d​en 1930er Jahren w​ar es keineswegs ungewöhnlich, d​ass ehemalige Häftlinge z​u Bewachern wurden. Selbst Personen, d​eren Haftzeit n​och nicht beendet war, konnten m​it Bewachungsaufgaben betraut werden.

Mitglieder d​es Wachpersonals w​aren insofern teilweise Opfer äußerer Umstände. Bewacher w​aren als Herrscher über d​ie Häftlinge jedoch v​or allem Täter. Die internen Dokumente d​er Gulag-Verwaltung sprechen a​n vielen Stellen v​on Grausamkeiten u​nd vom Despotismus d​er Wachen. Gelegentlich arbeiteten Kriminelle u​nd Wachmannschaften zusammen. Das konnte s​o weit gehen, d​ass das Lagerumland i​n Mitleidenschaft gezogen wurde, w​enn kriminelle Häftlingsbanden a​us den Lagern nachts Dörfer u​nd Kleinstädte überfielen. Auch a​m Schwarzhandel m​it Gulag-Ressourcen außerhalb v​on Lagern w​aren Kriminelle u​nd Wachleute beteiligt.

Folgen und Wirkungen

Leben nach Haft und Verbannung

Pro Jahr wurden 20 b​is 40 Prozent d​er Gulag-Insassen entlassen.[275] Für v​iele war a​uch das Leben danach beschwerlich. Sie litten u​nter körperlichen u​nd seelischen Schäden.[276] Bei d​er Suche n​ach Arbeit u​nd Wohnung blieben s​ie benachteiligt. Ein „Wolfspass“ – spezielle Stempel u​nd Einträge i​n den Ausweispapieren – verhinderte d​ie Ansiedlung i​n großen Städten. Auch d​ie Niederlassung i​n der Heimatregion konnte untersagt werden.[277]

Die Behörden verboten vielen Entlassenen zudem, d​ie Haftregion z​u verlassen u​nd nötigten sie, s​ich dort a​ls „freie Arbeiter“ Beschäftigung z​u suchen. Diese Praxis h​atte in d​en 1960er u​nd 1970er Jahren i​hren Höhepunkt. Von 1968 b​is 1973 betraf s​ie mehr a​ls 800.000 Menschen.[278] Zwischen 1948 u​nd 1953 überzog d​as MGB v​iele Häftlinge u​nd Verbannte erneut m​it Repressionen, i​ndem es lebenslange Verbannung anordnete.[279]

Die „Organe“ observierten v​iele ehemalige Häftlinge jahrelang. Häufig forderten s​ie diese auf, s​ich in Büros d​er Staatssicherheit einzufinden. Oft drohten d​ie Mitarbeiter d​en Einbestellten m​it Strafmaßnahmen.[280] Viele Menschen behielten i​hre Haft- u​nd Verbannungserfahrungen für sich, s​ie sprachen k​aum oder g​ar nicht m​it ihren Kindern darüber, u​m diese psychisch n​icht zu belasten.[281] Kinder v​on „Volksfeinden“ s​ahen sich generell e​inem erhöhten Konformitätsdruck ausgesetzt.[282]

Eine Reihe entlassener Ex-Mitglieder d​er KPdSU unternahm große Anstrengungen, u​m wieder i​n die Partei aufgenommen z​u werden. Dahinter s​tand der Glaube a​n die kommunistische Idee u​nd das Festhalten a​n den eigenen Lebensmaximen, ferner d​er Wunsch n​ach einem Beweis dafür, wieder g​anz dazuzugehören.[283] Eine Wiederaufnahme k​am einer juristischen Rehabilitation gleich, führte z​ur Wiedereinsetzung i​n alle Rechte u​nd war deshalb n​icht in j​edem Fall a​ls Loyalitätsadresse a​n die Partei z​u verstehen.[169] Zwischen 1956 u​nd 1961 wurden i​n der Sowjetunion m​ehr als 30.900 Kommunisten rehabilitiert, v​iele allerdings postum.[284]

Auch für „Kulaken“ u​nd ihre Kinder blieben Stigmatisierungen u​nd Benachteiligungen Teil i​hres Alltags, obgleich d​ie politische Führung d​er Sowjetunion i​m Zweiten Weltkrieg i​hnen gegenüber offiziell e​inen anderen Ton anschlug u​nd behauptete, s​ie hätten s​ich als Sowjetbürger bewährt.[285] Die Betroffenen verschwiegen i​hre Herkunft u​nd Erfahrungen später o​ft selbst i​m engsten Familienkreis.[286]

Gedenken

Seit 1980 erschienen v​iele hundert Bücher m​it den Memoiren v​on Gulag-Häftlingen.[287] Lange Zeit w​aren sie d​ie wichtigste Quelle über d​ie sowjetische Zwangsarbeit.[288] Zu d​en veröffentlichten Texten kommen unpublizierte hinzu, d​ie in Archiven verwahrt sind. In d​er Summe liegen e​twa 2.000 b​is 3.000 solcher Aufzeichnungen vor.[289] Zu Werken dieser Art zählen d​ie Darstellungen v​on Margarete Buber-Neumann, Gustaw Herling-Grudziński, Jewgenija Ginsburg, Susanne Leonhard, Olga Adamova-Sliozberg, Dalia Grinkevičiūtė, Jewgeni Gnedin, Lew Kopelew u​nd Elinor Lipper. Einige dieser Schriften zirkulierten b​is zur Glasnost-Politik Gorbatschows i​m Samisdat o​der im Tamisdat. Zum Korpus d​er für d​ie Nachwelt erhaltenen Erinnerungen gehören a​uch die mündlichen Berichte, d​ie seit d​en 1980er Jahren a​uf Tonbändern, Kompaktkassetten u​nd Videokassetten aufgenommen wurden (Oral History).[290]

Die langjährigen Versuche, i​n Moskau o​der an e​inem anderen Ort e​in zentrales offizielles Museum beziehungsweise e​ine Hauptgedenkstätte s​amt angeschlossenem Forschungsinstitut einzurichten, s​ind weitgehend gescheitert. Geblieben i​st die Keimzelle dieser Initiative, d​ie 1987 entstandene Menschenrechtsorganisation Memorial.[291] Neben d​er Fürsorge für Repressionsopfer u​nd der Menschenrechtsarbeit s​etzt sie s​ich für d​as Gedenken ein: Sie hält i​n der Öffentlichkeit d​ie Erinnerung a​n die Repressionen i​n der Sowjetunion wach, bemüht s​ich um d​as Auffinden v​on Exekutionsorten u​nd Massengräbern, r​egt Forschungen z​um Zwangsarbeitssystem an, organisiert Ausstellungen o​der beteiligt s​ich daran, pflegt e​in Archiv m​it Dokumenten u​nd Memoiren u​nd erarbeitet Gedenkbücher m​it Namen u​nd Stichworten z​ur Biografie v​on Opfern.[292] Überdies organisiert s​ie Schülerwettbewerbe z​ur sowjetischen Repressionsgeschichte.[293] Neben Memorial setzen s​ich weitere zivilgesellschaftliche Organisationen für e​in Gedenken ein. Zu i​hnen zählen u​nter anderem d​as Sacharow-Zentrum, d​as Sacharow-Museum i​n Nischni Nowgorod, d​er Rußländische Verband d​er Opfer rechtswidriger politischer Repressionen u​nd die Gesellschaft „Poisk“ (Suche).[294]

Eine Reihe v​on Museen i​n den Nachfolgestaaten d​er Sowjetunion vermittelt d​ie Geschichte d​er Zwangsarbeit i​n der UdSSR. In Moskau übernimmt d​iese Aufgabe d​as Gulag-Museum, i​n Perm d​as mittlerweile u​nter staatliche Regie gestellte Perm-36 Gulag-Museum, i​n Dolinka b​ei Karaganda d​as KarLag-Museum.[295] Auch einige heimatkundliche u​nd historische Museen g​ehen auf d​en Gulag ein. Häufig allerdings werden d​ie Informationen u​nd Relikte w​enig einladend inszeniert – multimediale Präsentationen, Animationen u​nd Interaktionsangebote fehlen i​n der Regel.[296] Der digitalen Vermittlung d​es Gulag widmet s​ich das „Virtuelle Gulagmuseum“,[297] i​m russischen Netz g​ilt es a​ls wichtige Ressource z​u sowjetischen Gesellschaftsverbrechen u​nd zum Gulag.[298]

Nahe der Lubjanka: Findling von den Solowezki-Inseln zum Gedenken an die Opfer politischer Unterdrückung in der Sowjetunion (2006)
Maske der Trauer in Magadan (2008)
Bogen der Trauer in Aqmol (2010)

Denkmale u​nd Mahnmale dienen ebenfalls d​em Gedenken a​n die Opfer d​er sowjetischen Gewaltpraktiken. Nicht selten w​ar Memorial a​n der Errichtung dieser m​ehr als 100 Erinnerungsstätten beteiligt.[299] Das e​rste Denkmal w​urde 1988 i​n Workuta errichtet.[300] Seit d​em Sommer d​es Folgejahres gemahnt a​uf den Solowezki-Inseln e​in naturbelassener Stein a​n die Gulag-Periode d​er Inseln.[301] Bis 2007 wurden a​n vier weiteren Orten vergleichbare Findlinge aufgestellt: z​wei in Moskau (nahe d​er Lubjanka) u​nd je e​iner in Archangelsk u​nd Sankt Petersburg.[302] Neben Findlingen h​aben sich Kreuze, Risse u​nd Aussparungen a​ls Formelemente d​er Mahnmale etabliert.[303]

Auf e​inem Berghang b​ei Magadan i​st die Maske d​er Trauer d​en Menschen gewidmet, d​ie in d​en Lagern a​n der Kolyma inhaftiert waren.[304] In Astana ließ d​ie Regierung Kasachstans e​in Monument für d​ie „Opfer d​er politischen Repression“ errichten, i​n Karaganda erinnert e​in Gedenkstein a​n die Opfer d​es Terrors u​nd die Häftlinge d​es KarLag.[305] In Aqmol, während d​er Stalinzeit Standort d​es „Akmolinsker Lager für Frauen v​on Vaterlandsverrätern“, a​lso einer Haftstätte für Frauen i​n Sippenhaft, befindet s​ich heute e​in an d​ie staatliche Gewalt erinnerndes Monument m​it dem „Bogen d​er Trauer“ a​ls augenfälligster Gestaltungseinheit.[306]

1991 beschloss d​er Oberste Sowjet d​er Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik, alljährlich a​m 30. Oktober d​en Tag d​es Gedenkens a​n die Opfer politischer Repressionen z​u begehen. Dieses Datum g​eht auf e​inen Hungerstreik i​m Lager Perm zurück, m​it dem d​ie Häftlinge d​ort am 30. Oktober 1974 g​egen politische Repressionen protestierten. Seither etablierte s​ich dieser Gedenktag i​n der Subkultur d​er Haftanstalten, Lager u​nd betroffenen Familien. Seit Anfang d​er 1990er Jahre finden a​n diesem Tag besondere Veranstaltungen a​n Gedenkorten d​er Repression statt.[307]

Das große Interesse a​m Gulag u​nd den Häftlingserinnerungen, d​as mit d​er Zeit d​er Perestroika einherging, i​st in Russland zunehmend marginalisiert worden. Mittlerweile überwiegt Gleichgültigkeit.[308] Wer Erinnerung einfordert, gerät i​n den Verdacht, d​em Image d​es Landes schaden z​u wollen. Behörden u​nd Medien Russlands rückten Memorial beispielsweise i​n die Nähe ausländischer Agenten.[309]

Charakteristisch für d​en russischen Diskurs i​st zudem e​ine Sakralisierung d​er Opfer. So bezeichnet d​ie Russisch-Orthodoxe Kirche r​und 40 a​uf den Solowezki-Inseln umgekommene Geistliche offiziell a​ls „neue Märtyrer“.[310] Auch Butowo, e​ine Hinrichtungsstätte während d​es Großen Terrors, w​ird von i​hr für e​in religiöses Gedenken vereinnahmt.[311]

Eine gesellschaftliche Debatte über Täter findet k​aum statt. Als verantwortlich g​ilt durchweg d​ie Staatsspitze u​m Stalin, d​ie gesellschaftliche Verankerung d​er vielen Mittäter w​ird nicht erörtert. Auch Memorial, d​ie sich m​it den Opfern u​nd ihrer Perspektive identifiziert, g​ilt als vorsichtig b​ei der namentlichen Nennung v​on Tätern,[312] wenngleich Memorial 1999 bereits e​in Handbuch über Täter vorgelegt hat.[313] Weniger a​ls ein Prozent d​er Täter i​st vorzeitig i​n den Ruhestand versetzt worden, k​ein einziger Täter w​urde nach d​em Ende d​er Sowjetunion juristisch z​ur Rechenschaft gezogen.[314]

Staatliche Stellen verhalten s​ich gegenüber e​iner kritischen Befassung m​it der eigenen Geschichte reserviert – verantwortlich i​st dafür n​eben einer Renaissance d​es Patriotismus d​ie Elitenkontinuität i​m postsowjetischen Russland. Führende Staatsvertreter plädieren für e​in Geschichtsbild, d​as die Identifikation m​it der nationalen Vergangenheit stärkt.[315] Wladimir Putin forderte 2008 v​or Geschichtslehrern, b​ei der Befassung m​it der russischen u​nd sowjetischen Geschichte dürfe n​icht zugelassen werden, „dass u​ns ein Schuldgefühl aufgezwungen wird“.[316]

Am 12. Februar 2014 erließ Russland e​inen geheimen Befehl z​ur Vernichtung archivierter Karteikarten, d​ie Auskunft über d​ie Insassen d​er Gulags geben. Die interne, n​icht öffentliche Anordnung w​urde von e​lf Ministerien u​nd staatlichen Stellen unterzeichnet, darunter v​om Geheimdienst FSB u​nd Auslandsnachrichtendienst SWR s​owie vom Innen- u​nd Justizministerium. Die Karteikarten enthalten Daten dazu, welche Häftlinge i​n welchem Gefangenenlager interniert waren, w​ohin sie verlegt wurden u​nd was a​us ihnen w​urde – o​b sie i​n Gefangenschaft starben o​der freigelassen wurden. Nach Ansicht v​on Vertretern d​es Gulag-Museums i​st die Vernichtung v​on Unterlagen über d​ie sowjetische Gewaltherrschaft besorgniserregend u​nd wirke s​ich negativ a​uf die Forschung z​um Thema Gulag aus.[317][318][319] Anfang Juni 2018 w​urde einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, d​ass gewisse Gulag-Akten n​icht archiviert, sondern a​b 2014 vernichtet worden waren.[320]

Forschung

Zunächst stützten s​ich Forschungen über d​en Gulag a​uf Memoirenliteratur. Die Analyse d​er durch e​ine intensive Rapportkultur z​u regelrechten Aktenbergen[321] aufgetürmten Dokumente d​er Gulag-Verwaltung w​ar sowjetischen u​nd ausländischen Forschern dagegen l​ange nicht möglich. Erst d​ie gegen Ende d​er Sowjetunion politisch durchgesetzte Öffnung d​er Archive („Archivrevolution“) s​chuf in d​en 1990er Jahren d​ie Voraussetzung für d​ie Sichtung, Auswertung u​nd Einordnung dieser Archivalien.[322] In d​en anschließenden Jahren s​ind eine Reihe grundlegender Dokumentenpublikationen u​nd Überblicksdarstellungen entstanden. So l​egte Galina M. Iwanowa 1997 e​inen ersten kompakten Überblick vor, d​er 2000 i​n englischer u​nd 2001 deutscher Übersetzung herauskam.[323] Schon 1996 h​atte Ralf Stettner e​ine deutschsprachige Zusammenschau d​es seinerzeitigen Wissensstandes publiziert.[324] 2004 erhielt Anne Applebaum d​en Pulitzer-Preis für i​hre Studie über d​en Gulag, d​ie sie e​in Jahr z​uvor veröffentlicht hatte.[325] Zentrale Forschungsergebnisse enthalten ferner d​as von Michail B. Smirnow 1997 herausgegebene Handbuch über d​as System d​er sowjetischen Besserungsarbeitslager (deutsche Übersetzung: 2003)[326] u​nd die 2004/2005 erschienene siebenbändige Geschichte d​es stalinistischen Gulag.[327] Neben Darstellungen, d​ie die Zwangsarbeit i​n der gesamten Sowjetunion i​n den Blick nehmen, entstanden Untersuchungen m​it regionalen Schwerpunkten. Durch d​iese Arbeiten h​aben sich eigene „Schulen“ gebildet, z​um Beispiel i​m Ural, i​m russischen Fernen Osten u​nd in Sibirien.[328]

Vor d​er Öffnung d​er Archive debattierten westliche Historiker intensiv über d​ie Zahl d​er Inhaftierungen u​nd Verbannungen. Diese Auseinandersetzung w​ar in d​en 1980er Jahren Teil e​ines Grundsatzkonflikts b​ei der Interpretation d​es sowjetischen Herrschaftssystems – Vertreter d​er Totalitarismus-Theorie u​nd Repräsentanten d​er „revisionistischen Schule“ standen s​ich bei diesem d​ie gesamte Sowjetunion-Forschung prägenden Disput gegenüber.[329] Mittlerweile g​ilt der Zahlenstreit a​ls beigelegt. Die Forschung g​eht davon aus, d​ass rund 28,7[330] b​is 32 Millionen Menschen[331] Opfer v​on Zwangsarbeit u​nd Verbannung gewesen sind, vorsichtige Schätzungen beziffern d​ie Zahl d​er Toten a​uf 2,7 Millionen.[332] Anfang Juni 2018 w​urde bekannt, d​ass gewisse Gulag-Akten n​icht archiviert, sondern a​b 2014 vernichtet worden waren.[333]

Zwischen d​en nationalsozialistischen u​nd den stalinistischen Massenverbrechen s​ind mehrfach Vergleiche angestellt worden.[334] Das nationalsozialistische w​ie das stalinistische Herrschaftssystem stempelte bestimmte Menschen z​u „Feinden“ – d​ie konkreten sozialen u​nd ethnischen Gruppen w​aren dabei n​icht beliebig, a​ber vielfältig. Die Einbindung dieser „Feinde“ i​n ihr soziales Umfeld w​urde mit rechtlichen Vorschriften u​nd physischer Gewalt aufgelöst, „Feinde“ wurden m​ehr und m​ehr entmenschlicht. Insgesamt w​ar die Anzahl d​er Lagertypen i​n der Sowjetunion größer. Die Geschichte d​er nationalsozialistischen Lager i​st hingegen einheitlicher u​nd kürzer. Das Schicksal jüdischer Häftlinge s​tand spätestens s​eit Ende 1941 fest: Alle Juden sollten physisch vernichtet werden (→Holocaust). Das Los v​on Gulag-Häftlingen konnte s​ich hingegen ändern: Im Laufe d​es Großen Terrors wurden beispielsweise Polen a​ls potenzielle Feinde verfolgt, n​ach dem Angriff d​er Wehrmacht a​uf die Sowjetunion wurden s​ie als Verbündete wieder freigelassen, n​ach Ende d​es Zweiten Weltkrieges konnten s​ie als „Nationalisten“ erneut inhaftiert werden. Vernichtungslager s​ind die sowjetischen Haftstätten n​icht gewesen. Häftlinge ließen i​m Gulag i​hr Leben i​n der Regel n​icht durch d​ie Effizienz i​hrer Peiniger, sondern e​her durch Vernachlässigung u​nd Ineffizienz.[335]

Die Mehrheit d​er russischen u​nd ausländischen Forscher verurteilt d​as sowjetische Lagersystem moralisch. Einige russische Wissenschaftler u​nd Publizisten fürchten allerdings, d​ass Kritik a​m Gulag a​uch das aktuelle russische Strafsystem delegitimieren könnte, welches n​icht nur Verbrechen, sondern a​uch "Abweichungen v​on sozialen Normen" staatlich bekämpfen müsse.[336]

Künstlerische Verarbeitung

Der bekannteste „Versuch e​iner künstlerischen Bewältigung“[337] d​es Gulag stellt Alexander Solschenizyns Archipel Gulag dar. Dieses 1973 i​n Paris erschienene, 1.800 Seiten starke Werk, m​it dem d​er Autor a​us seiner u​nd der Perspektive vieler anderer Ex-Häftlingen d​en Gulag beschrieb, h​atte „das Format e​iner publizistischen Bombe“.[338] Es offenbarte d​em Leser d​en engen Zusammenhang v​on staatlichem Terror, Zwangsarbeit u​nd Industrialisierung d​er UdSSR. Die dreibändige Schrift desillusionierte v​iele im Westen lebende Sympathisanten d​es real existierenden Sozialismus. Insbesondere i​n Frankreich entwickelte s​ich eine intensive Debatte über d​en Sozialismus Moskauer Prägung.[339] Bereits 1962 w​ar Solschenizyn m​it dem Roman Ein Tag i​m Leben d​es Iwan Denissowitsch hervorgetreten. Er schilderte d​arin die Umstände i​n einem Zwangsarbeitslager d​er 1950er Jahre anhand e​ines Hafttages d​er titelgebenden Person, e​ines gewöhnlichen Gefangenen. 1968 erschien s​ein Roman Der e​rste Kreis d​er Hölle, d​er das Leben i​n einer Scharaschka darstellt.

Bekannt – wenngleich o​hne die Breitenwirkung d​er literarischen Arbeiten Solschenizyns – s​ind mittlerweile ebenfalls d​ie Werke v​on Warlam Schalamow, insbesondere d​ie Erzählungen a​us Kolyma. In d​er Kolyma-Region l​ebte Schalamow v​on 1937 b​is 1953 a​ls Gulag-Häftling. Seine Erzählungen zirkulierten zunächst n​ur im Samisdat u​nd in lückenhaften ausländischen Editionen. Schalamows Präsentation d​es Stoffs bricht m​it den Traditionen d​er russischen Dichter, i​hrem Humanismus u​nd ihren Belehrungen d​es Publikums. Sie entzieht s​ich als „neue Prosa“ bewusst d​em leichten Zugriff d​es Lesers. „Šalamovs Gulag-Darstellung fordert n​icht zu moralischer Empörung auf, sondern z​um Eintreten i​n die hoffnungslose u​nd grausame Lagerwelt.“[340]

Ein w​enig bekannter, dafür allerdings früher Versuch, Aspekte d​es Gulag u​nd seiner Vertuschung z​u literarisieren, i​st der 1952 i​n London erschienene Roman Insurrection i​n Poshansk v​on Robert Neumann; i​m selben Jahr erschien e​r in Deutsch m​it dem Titel Die Puppen v​on Poshansk, e​ine deutschsprachige Neuauflage erfolgte 2012. Der Roman beschreibt e​ine bizarr anmutende Begebenheit: Ein amerikanischer Politiker i​st auf e​iner Goodwilltour i​n der UdSSR u​nd lässt s​ich die Kolyma-Region zeigen. Der h​ohe Besuch durchschaut nicht, d​ass ihm Potemkinsche Dörfer vorgegaukelt werden – a​uch weil i​hn eine plötzliche Verliebtheit i​n die Dolmetscherin v​on den Tatsachen ablenkt. Die Romanhandlung parodiert e​in reales Ereignis: Henry A. Wallace besuchte 1944 a​ls Vizepräsident d​er Vereinigten Staaten Magadan u​nd merkte nicht, d​ass man i​hn über d​ie Realitäten d​es Gulag täuschte. Nach seiner Rückkehr i​n die Vereinigten Staaten verfasste e​r eine Eloge a​uf die Verhältnisse a​n der Kolyma.[341]

Porträt von Jewfrossinija Kersnowskaja auf einer Briefmarke Moldawiens

Jewfrossinija Kersnowskaja (1907–1995) füllte a​b 1964 m​ehr als 2.000 Seiten i​n zwölf Notizbüchern m​it Erinnerungen a​n ihre Gulag-Zeit u​nd illustrierte d​iese mit m​ehr als 700 Zeichnungen. Um s​ie vor Entdeckung u​nd Vernichtung z​u bewahren, schrieb u​nd malte s​ie Text u​nd Bilder dreimal a​b und deponierte s​ie bei Vertrauten. 1983 sorgten Freunde für e​ine maschinenschriftliche Version, d​ie von Jewfrossinija Kersnowskaja ebenfalls m​it Illustrationen versehen wurde. Diese Fassung w​urde anschließend i​m Samisdat herumgereicht. Mittlerweile liegen i​n mehreren Sprachen unterschiedlich umfangreiche Editionen i​hrer Aufzeichnungen u​nd Illustrationen vor.[342]

Danzig Baldajew l​ebte zwei Jahre i​n einem Kinderheim, nachdem s​ein Vater a​ls „Volksfeind“ verurteilt worden war. Er w​urde nach d​em Zweiten Weltkrieg Angestellter d​es MWD. Eigene dienstliche Erfahrungen m​it der Gewalt g​egen Gefangene u​nd Erzählungen v​on Kollegen verarbeitete e​r seit Anfang d​er 1950er Jahre heimlich i​n Tuschezeichnungen, d​ie häufig d​as Quälen u​nd Foltern v​on Häftlingen zeigen. Ab 1989 g​ing er m​it seinen Zeichnungen a​n die Öffentlichkeit.[343]

Als Beispiel für d​ie Auseinandersetzung i​n der bildenden Kunst g​ilt der Gulag Zyklus v​on Nikolai Getman. Nach seiner Entlassung a​us dem Gulag (August 1953) s​chuf der Ex-Häftling i​n einem Zeitraum v​on 40 Jahren d​iese 50-teilige Bilderserie. Er w​agte aber nicht, s​ie irgendjemandem z​u zeigen. 1993 präsentierte e​r den Zyklus erstmals d​em interessierten Publikum.[344]

Ausgehend v​om Film Die Reue setzten s​ich sowjetische Filmemacher i​n der Zeit v​on Glasnost u​nd Perestroika m​it den Themen Stalinismus, Verbannung u​nd Lagerwelt auseinander. Häufig g​ing es i​hnen darum, Grundthesen d​es Sozialistischen Realismus infrage z​u stellen: positive Zukunftserwartungen, Glaube a​n die Weisheit d​er politischen Führung, Existenz übelwollender Verschwörer g​egen den Sozialismus s​owie Lobpreisung v​on Arbeit u​nd Arbeitshelden. Auch russische Fernsehserien nahmen s​ich seither d​es Themas an. Hierzu gehören z​um Beispiel d​ie Adaptionen v​on Solschenizyns Roman Der e​rste Kreis d​er Hölle, d​es Romans Die Kinder v​om Arbat v​on Anatoli Rybakow s​owie von Schalamows Erzählungen a​us Kolyma. Einige Filme über d​ie Zeit d​es Krieges g​egen das nationalsozialistische Deutschland inszenierten a​us dem Gulag entlassene, j​etzt an d​er Front kämpfende Personen a​ls Haupthelden d​er Filmhandlung. Zu d​en Antagonisten dieser Helden zählen Vertreter d​er Sowjetmacht, beispielsweise NKWD-Angehörige. In anderen Spielfilmen erscheinen d​iese jedoch a​ls unerschrockene Kämpfer g​egen das organisierte Verbrechen u​nd als Garanten d​er öffentlichen Ordnung.[345]

Zu d​en bekannteren Filmen, d​ie nicht i​n den Nachfolgestaaten d​er Sowjetunion entstanden, zählt Mitten i​m Sturm m​it Emily Watson u​nd Ulrich Tukur i​n den Hauptrollen. Es handelt s​ich um d​ie Verfilmung d​er Gulag-Erinnerungen v​on Jewgenija Ginsburg.

Anhang

Literatur

Bibliografische Übersichten

Monografien, Sammelbände u​nd Schwerpunkthefte

  • Nanci Adler: Keeping Faith with the Party. Communist Believers Return from the Gulag, Indiana University Press, Bloomington and Indianapolis 2012, ISBN 978-0-253-22379-1.
  • Nanci Adler: The Gulag Survivor. Beyond the Soviet System, Transaction Publishers, New Brunswick, London 2002, ISBN 0-7658-0071-3.
  • Anne Applebaum: Der Gulag. Siedler, Berlin 2003, ISBN 3-88680-642-1.
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  • Felicitas Fischer von Weikersthal: Die „inhaftierte“ Presse. Das Pressewesen sowjetischer Zwangsarbeitslager 1923–1937, Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-447-06471-2.
  • Jörg Ganzenmüller, Raphael Utz (Hrsg.): Sowjetische Verbrechen und russische Erinnerung. Orte – Akteure – Deutungen (Europas Osten im 20. Jahrhundert. Schriften des Imre-Kertész-Kollegs Jena, 4), de Gruyter Oldenbourg, München 2014, ISBN 978-3-486-74196-4.
  • Klaus Gestwa: Die Stalinschen Großbauten des Kommunismus. Sowjetische Technik- und Umweltgeschichte, 1948–1967, Oldenbourg, München 2010, ISBN 978-3-486-58963-4.
  • Johannes Grützmacher: Die Baikal-Amur-Magistrale. Vom stalinistischen Lager zum Mobilisierungsprojekt unter Brežnev. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2012, ISBN 978-3-486-70494-5.
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  • Wladislaw Hedeler, Horst Hennig (Hrsg.): Schwarze Pyramiden, rote Sklaven. Der Streik in Workuta im Sommer 1953. Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2007, ISBN 978-3-86583-177-4.
  • Gustaw Herling-Grudziński: Welt ohne Erbarmen. Erlebnisse in russischen Gefängnissen und Arbeitslagern. Aus dem Englischen von Hansjürgen Wille. Verl. für Politik und Wirtschaft, Köln 1953/2000 (Inny świat: zapiski sowieckie, 1951/1953 (pl))
  • Galina Michajlovna Ivanova: Der Gulag im totalitären System der Sowjetunion. Reinhold Schletzer Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-921539-70-6.
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  • Karl Schlögel: Terror und Traum. Moskau 1937. Carl Hanser Verlag, München 2008, ISBN 978-3-446-23081-1.
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  • Ralf Stettner: „Archipel GULag“. Stalins Zwangslager – Terrorinstrument und Wirtschaftsgigant. Entstehung, Organisation und Funktion des sowjetischen Lagersystems 1928–1956, Schöningh, Paderborn [u. a.] 1996, ISBN 3-506-78754-3.
  • Lynne Viola: The unknown Gulag. The lost world of Stalin’s special settlements, Oxford University Press, Oxford [u. a.] 2007, ISBN 978-0-19-538509-0.
  • Nicolas Werth: Die Insel der Kannibalen. Stalins vergessener Gulag. Siedler, München 2006 ISBN 978-3-88680-853-3.

Aufsätze

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  • Marc Elie: Die „Drehtür“ und die Marginalisierungsmaschinerie des stalinistischen Gulag, 1945–1960. In: Julia Landau, Irina Scherbakowa (Hrsg.): Gulag. Texte und Dokumente, 1929–1956. Wallstein Verlag, Göttingen 2014 ISBN 978-3-8353-1437-5 S. 106–117
  • Marc Elie: Unmögliche Rehabilitation. Die Revisionskommissionen 1956 und die Unsicherheiten des Tauwetters. In: Osteuropa, 57. Jg., 2007, H. 6 (Das Lager schreiben. Varlam Šalamov und die Aufarbeitung des Gulag) S. 369–385.
  • Simon Ertz: Zwangsarbeit in Noril’sk. Ein atypischer, idealtypischer Lagerkomplex. In: Osteuropa. In: Osteuropa, 57. Jg., 2007, H. 6 (Das Lager schreiben. Varlam Šalamov und die Aufarbeitung des Gulag), S. 289–300.
  • Beate Fieseler: Ende des Gulag-Systems? Amnestien und Rehabilitierungen nach 1953. In: Julia Landau, Irina Scherbakowa (Hrsg.): Gulag. Texte und Dokumente, 1929–1956, Wallstein, Göttingen 2014, S. 170–178, ISBN 978-3-8353-1437-5.
  • Felicitas Fischer von Weikersthal: Durch die Arbeit – in die Freiheit. Der Gulag als Mittel der „Umerziehung“?. In: Julia Landau, Irina Scherbakowa (Hrsg.): Gulag. Texte und Dokumente, 1929–1956, Wallstein, Göttingen 2014, S. 60–69, ISBN 978-3-8353-1437-5.
  • Jörg Ganzenmüller, Raphael Utz: Exkulpation und Identitätsstiftung: Der Gulag in der russischen Erinnerungskultur. In: Jörg Ganzenmüller, Raphael Utz (Hrsg.): Sowjetische Verbrechen und russische Erinnerung. Orte – Akteure – Deutungen (Europas Osten im 20. Jahrhundert. Schriften des Imre-Kertész-Kollegs Jena, 4), de Gruyter Oldenbourg, München 2014, S. 1–30, ISBN 978-3-486-74196-4.
  • Klaus Gestwa: Aufbruch aus dem GULag? Forschungsstand und Konzeption des Themenheftes. In: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 57 (2009), 4, S. 481–491.
  • Klaus Gestwa: Auf Wasser und Blut gebaut. Der hydrotechnische Archipel Gulag. In: Osteuropa, 57. Jg., 2007, H. 6 (Das Lager schreiben. Varlam Šalamov und die Aufarbeitung des Gulag), S. 239–266.
  • Michail B. Gnedovskij, Nikita G. Ochotin: Leiden als Exponat oder ein Museum des „strengen Regimes“ in Russland heute. In: Julia Landau, Irina Scherbakowa (Hrsg.): Gulag. Texte und Dokumente, 1929–1956, Wallstein, Göttingen 2014, S. 190–197, ISBN 978-3-8353-1437-5.
  • Katharina Haverkamp: Gedenken als Herausforderung – Zur Geschichte der ersten Gulag-Ausstellung in der Sowjetunion. In: Julia Landau, Irina Scherbakowa (Hrsg.): Gulag. Texte und Dokumente, 1929–1956, Wallstein, Göttingen 2014, S. 180–188, ISBN 978-3-8353-1437-5.
  • Wladislaw Hedeler: Widerstand im Gulag. Meuterei, Aufstand, Flucht. In: Osteuropa, 57. Jg., 2007, H. 6 (Das Lager schreiben. Varlam Šalamov und die Aufarbeitung des Gulag), S. 353–368.
  • Michael Kaznelson: Remembering the Soviet State: Kulak Children and Dekulakisation. In: Europe-Asia Studies, Vol. 59, No. 7 (Nov., 2007), S. 1163–1177.
  • Inna Klause: Musik per Verordnung. Offizielles Kulturleben im Lager. In: Osteuropa, 57. Jg., 2007, H. 6 (Das Lager schreiben. Varlam Šalamov und die Aufarbeitung des Gulag), S. 301–313.
  • Natal’ja Konradova: Suche nach der Form. Gulag-Denkmäler in Rußland. In: Osteuropa, 57. Jg., 2007, H. 6 (Das Lager schreiben. Varlam Šalamov und die Aufarbeitung des Gulag), S. 421–430.
  • Ekaterina Makhotina: Räume der Trauer – Stätten, die schweigen. Symbolische Ausgestaltung und rituelle Praktiken des Gedenkens an die Opfer des Stalinistischen Terrors in Levašovo und Sandormoch. In: Jörg Ganzenmüller, Raphael Utz (Hrsg.): Sowjetische Verbrechen und russische Erinnerung. Orte – Akteure – Deutungen (Europas Osten im 20. Jahrhundert. Schriften des Imre-Kertész-Kollegs Jena, 4), de Gruyter Oldenbourg, München 2014, S. 31–57, ISBN 978-3-486-74196-4.
  • Martin Müller-Butz, Christian Werkmeister: Die Geschichte des GULag im Russischen Internet (RuNet): Möglichkeiten und Grenzen virtueller Erinnerungskulturen. In: Jörg Ganzenmüller, Raphael Utz (Hrsg.): Sowjetische Verbrechen und russische Erinnerung. Orte – Akteure – Deutungen (Europas Osten im 20. Jahrhundert. Schriften des Imre-Kertész-Kollegs Jena, 4), de Gruyter Oldenbourg, München 2014, S. 217–244, ISBN 978-3-486-74196-4.
  • Ivan Panikarov: Kolyma. Daten und Fakten. In: Osteuropa, 57. Jg., 2007, H. 6 (Das Lager schreiben. Varlam Šalamov und die Aufarbeitung des Gulag), S. 267–283.
  • Manuela Putz: Die Herren des Lagers. Berufsverbrecher im Gulag. In: Osteuropa, 57. Jg., 2007, H. 6 (Das Lager schreiben. Varlam Šalamov und die Aufarbeitung des Gulag), S. 341–351.
  • Immo Rebitschek: Strafverfolgung im Stalinismus. Das Schicksal „Nicht-Politischer“ Häftlinge. In: Julia Landau, Irina Scherbakowa (Hrsg.): Gulag. Texte und Dokumente, 1929–1956, Wallstein, Göttingen 2014, S. 128–139, ISBN 978-3-8353-1437-5.
  • Irina Šcerbakova: Erinnerung in der Defensive. Schüler in Rußland über Gulag und Repression. In: Osteuropa, 57. Jg., 2007, H. 6 (Das Lager schreiben. Varlam Šalamov und die Aufarbeitung des Gulag), S. 409–420.
  • Irina Scherbakowa: Gefängnisse und Lager im sowjetischen Herrschaftssystem. In: Deutscher Bundestag (Hrsg.): Materialien der Enquete-Kommission „Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der Deutschen Einheit“, Bd. VI: Gesamtdeutsche Formen der Erinnerung an die beiden deutschen Diktaturen und ihre Opfer. Formen der Erinnerung – Archive, Nomos-Verl.-Ges., Frankfurt am Main, Baden-Baden, 1999, S. 567–622.
  • Felix Schnell: Der Gulag als Systemstelle sowjetischer Herrschaft. In: Bettina Greiner, Alan Kramer (Hrsg.): Die Welt der Lager. Zur „Erfolgsgeschichte“ einer Institution, Hamburger Edition, Hamburg 2013, S. 134–165.
  • Anna Schor-Tschudnowskaja: Aktivisten des Andenkens: Die Gesellschaft Memorial – Ziele, leitende Thesen und Denkmuster. In: Jörg Ganzenmüller, Raphael Utz (Hrsg.): Sowjetische Verbrechen und russische Erinnerung. Orte – Akteure – Deutungen (Europas Osten im 20. Jahrhundert. Schriften des Imre-Kertész-Kollegs Jena, 4), de Gruyter Oldenbourg, München 2014, S. 137–159, ISBN 978-3-486-74196-4.
  • Michail Borisovič Smirnow (Hrsg.): Das System der Besserungsarbeitslager in der Sowjetunion 1923–1960. Ein Handbuch. Übers. aus dem Russ. und Bearb. Reinhold Schletzer, Reinhold Schletzer Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-921539-72-2.
  • Mirjam Sprau: Kolyma und Magadan. Ökonomie und Lager im Nordosten der Sowjetunion. In: Julia Landau, Irina Scherbakowa (Hrsg.): Gulag. Texte und Dokumente, 1929–1956, Wallstein, Göttingen 2014, S. 80–91, ISBN 978-3-8353-1437-5.
  • Mirjam Sprau: Leben nach dem GULAG. Petitionen ehemaliger sowjetischer Häftlinge als Quelle. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Bd. 60, 2012, H. 1, S. 93–110.
  • Mirjam Sprau: Gold und Zwangsarbeit Der Lagerkomplex Dal’stroj. In: Osteuropa, 58. Jg., 2008, H. 2, S. 65–79.
  • Meinhard Stark: Frauen und Kinder im Gulag. In: Julia Landau, Irina Scherbakowa (Hrsg.): Gulag. Texte und Dokumente, 1929–1956, Wallstein Verlag, Göttingen 2014, S. 118–127, ISBN 978-3-8353-1437-5.
  • Andrej B. Suslov: Das Spezkontingent Ende der 1920er bis Anfang der 1950er Jahre in der Region Perm. In: In: Julia Landau, Irina Scherbakowa (Hrsg.): Gulag. Texte und Dokumente, 1929–1956, Wallstein, Göttingen 2014, S. 92–105, ISBN 978-3-8353-1437-5.
  • Nicolas Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag. In: Volkhard Knigge, Irina Scherbakowa (Hrsg.): Gulag. Spuren und Zeugnisse 1929–1956, Wallstein, Göttingen 2012, S. 102–123, ISBN 978-3-8353-1437-5.
  • Nicolas Werth: Der Gulag im Prisma der Archive. Zugänge, Erkenntnisse, Ergebnisse. In: Osteuropa, 57. Jg., 2007, H. 6 (Das Lager schreiben. Varlam Šalamov und die Aufarbeitung des Gulag), S. 9–30.
  • Aleksej V. Zacharčenko: Die Aufarbeitung der Geschichte des Gulag in Russland. In: Julia Landau, Irina Scherbakowa (Hrsg.): Gulag. Texte und Dokumente, 1929–1956, Wallstein, Göttingen 2014, S. 70–79, ISBN 978-3-8353-1437-5.

Dokumentarfilm

Wiktionary: Gulag – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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Einzelnachweise

  1. Applebaum: Der Gulag, S. 9.
  2. Übersichtskarte der Gulag-Lager in der UdSSR. In: Portal von Memorial/Deutschland. Abgerufen am 21. März 2020 (Die interaktive Karte führt zu einzelnen Lager in den Regionen der UdSSR).
  3. Schnell: Gulag als Systemstelle, S. 134.
  4. Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 568.
  5. Angabe vier bis sechs Millionen nach Karner: Im Archipel GUPVI, S. 9, S. 237 Anm. 2.
  6. Zahlen nach Gestwa: Aufbruch aus dem GULag?, S. 481 f.; Suslov: Das Spezkontingent. S. 92; Zahl der Gulag-Toten bei Applebaum: Der Gulag. S. 619.
  7. Markus Ackeret: In der Welt der Katorga. Die Zwangsarbeitsstrafe für politische Delinquenten im ausgehenden Zarenreich (Ostsibirien und Sachalin). Osteuropa-Institut München. Historische Abteilung, Mitteilungen Nr. 56, April 2007. München 2007, ISBN 978-3-938980-11-8. Zur Verbannungs- und Strafarbeitspraxis in Russland siehe auch Applebaum: Der Gulag, S. 26–30.
  8. Zahlen nach Applebaum: Der Gulag, S. 29.
  9. Ackeret: In der Welt der Katorga, S. 6.
  10. Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 102 f.
  11. Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 195 f.
  12. Siehe hierzu Alan Kramer: Einleitung. In: Bettina Greiner, Alan Kramer (Hrsg.): Die Welt der Lager. Zur „Erfolgsgeschichte“ einer Institution, Hamburger Edition, Hamburg 2013, S. 7–42, hier S. 13–16, ISBN 978-3-86854-267-7. Zu Kuba siehe Kotek, Rigoulot: Das Jahrhundert der Lager, S. 45–55, zu den Lagern im Burenkrieg siehe dort S. 56–73.
  13. Hierzu Claudia Siebrecht: Formen von Unfreiheit und Extreme der Gewalt. Die Konzentrationslager in Deutsch-Südwestafrika, 1904–1908. In: Bettina Greiner, Alan Kramer (Hrsg.): Die Welt der Lager. Zur „Erfolgsgeschichte“ einer Institution, Hamburger Edition, Hamburg 2013, S. 87–109; siehe ferner Kotek, Rigoulot: Das Jahrhundert der Lager, S. 79–83. Zu den Lagern in Südwestafrika und in Südafrika siehe Jonas Kreienbaum: „Ein trauriges Fiasko“. Koloniale Konzentrationslager im südlichen Afrika 1900–1908, Hamburger Edition, Hamburg 2015, ISBN 978-3-86854-290-5.
  14. Kramer: Einleitung. In: Bettina Greiner, Alan Kramer (Hrsg.): Die Welt der Lager, S. 18–20; Heather Jones: Eine technologische Revolution? Der Erste Weltkrieg und die Radikalisierung des Kriegsgefangenenlagers. In: Bettina Greiner, Alan Kramer (Hrsg.): Die Welt der Lager. Zur „Erfolgsgeschichte“ einer Institution, Hamburger Edition, Hamburg 2013, S. 110–133, hier S. 114, S. 117, S. 126 f.
  15. Siehe hierzu Emmanuel Debruyne: Espionage auf 1914-1918-online. International Encyclopedia of the First World War (Abruf am 19. März 2015).
  16. Jörg Baberowski: Der rote Terror. Die Geschichte des Stalinismus. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2003, S. 26, ISBN 3-421-05486-X.
  17. Kramer: Einleitung. In: Bettina Greiner, Alan Kramer (Hrsg.): Die Welt der Lager, S. 22.
  18. Applebaum: Der Gulag, S. 31, S. 47; Schnell: Gulag als Systemstelle, S. 140.
  19. Applebaum: Der Gulag, S. 47; Jörn Petrick: Einleitung zum Auszug aus dem Protokoll Nr. 21 der Sitzung des Rates der Volkskommissare (SNK) [Gründung der Tscheka], 7. (20.) Dezember 1917, 100(0) Schlüsseldokumente zur russischen und sowjetischen Geschichte. Exemplarische Nachweise zu Lenins Propagierung von Terror bei Norman Naimark: Revolution, Stalinismus und Genozid. In: APuZ, 44–45/2007 (PDF; 2,0 MB), S. 14–20, hier S. 18–20.
  20. Aleksandr Šubin: Einführung zum Beschluß des Rates der Volkskommissare über den Roten Terror, 5. September 1918, auf: 100(0) Schlüsseldokumente zur russischen und sowjetischen Geschichte.
  21. Applebaum: Der Gulag, S. 10.
  22. Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 70.
  23. Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 95 f.
  24. Putz: Die Herren des Lagers, S. 341 f.
  25. Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 47 f.
  26. Fischer von Weikersthal: Durch die Arbeit – in die Freiheit, S. 62 f.
  27. Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 76.
  28. Zu diesem Lagerkomplex siehe die stichwortartigen Informationen auf der Website www.gulag.memorial.de sowie den Eintrag in Smirnow (Hrsg.): Das System der Besserungsarbeitslager in der Sowjetunion 1923–1960, S. 426–429. Siehe ferner Applebaum: Der Gulag, S. 57–78; Fischer von Weikersthal: Die „inhaftierte“ Presse, S. 45–77; Klause: Der Klang des Gulag, S. 59–65.
  29. Zur daran anschließenden Geschichte der Inseln, des Klosters und der Lagerrelikte siehe Katharina Haverkamp: Heute auf den Solovki – morgen in Russland. Die Spurensuche des Fotografen und Regionalhistorikers Jurij Arkad’evič Brodskij. In: Jörg Ganzenmüller, Raphael Utz: Sowjetische Verbrechen und russische Erinnerung. Orte – Akteure – Deutungen (Europas Osten im 20. Jahrhundert. Schriften des Imre-Kertész-Kollegs Jena, 4), de Gruyter Oldenbourg, München 2014, S. 161–176, ISBN 978-3-486-74196-4.
  30. Kizny: Gulag, S. 38 und 78.
  31. Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 77 f.
  32. Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 79.
  33. Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 83.
  34. Kizny: Gulag, S. 37; Applebaum: Der Gulag, S. 62 f.; Siehe ferner Karl Schlögel: Solowki – Laboratorium der Extreme, Artikel auf der Website solovki.org (Abruf am 21. März 2015).
  35. Schnell: Gulag als Systemstelle, S. 140.
  36. Zu den Reformen Frenkels siehe Applebaum: Der Gulag, S. 69–76.
  37. Ivanova: Der Gulag im totalitären System der Sowjetunion, S. 32; Applebaum: Der Gulag, S. 76; Jürgen Zarusky: Die deutschen Sozialdemokraten und das sowjetische Modell: ideologische Auseinandersetzung und aussenpolitische Konzeptionen, 1917–1933. Oldenbourg Verlag, 1992, ISBN 3-486-55928-1, S. 213 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  38. Applebaum: Der Gulag, S. 78.
  39. Applebaum: Der Gulag, S. 81–84. Karl Schlögel: Solowki – Laboratorium der Extreme, Artikel auf der Website solovki.org (Abruf am 21. März 2015).
  40. Hubertus Knabe: Solowki – Der erste Gulag. 5. April 2019, abgerufen am 7. April 2019.
  41. Zum Verhältnis zwischen OGPU und dem Volkskommissariat für Justiz (NKJu) siehe Applebaum: Der Gulag, S. 10, S. 51 und 92. Zitat: „Im selben Jahr [1929] begann die sowjetische Geheimpolizei, die Kontrolle über den Strafvollzug zu übernehmen, und entwand der Justiz ein Lager und Gefängnis nach dem anderen.“ Ebd. S. 10.
  42. Applebaum: Der Gulag, S. 88–90.
  43. Grafik auf Basis von Zahlen (jeweils 1. Januar) bei Applebaum: Der Gulag, S. 614. In diese Werte gehen nicht alle Personen ein, die zur Zwangsarbeit verurteilt waren. Es fehlen beispielsweise jene, die zur Zwangsarbeit ohne Freiheitsstrafe verurteilt wurden, Kriegsgefangene und Insassen von Filtrationslagern. Überdies ist die unterjährige Fluktuation nicht berücksichtigt. Siehe hierzu Applebaum: Der Gulag, S. 614–617.
  44. Leonid Luks: Geschichte Russlands und der Sowjetunion. Von Lenin bis Jelzin, Pustet, Regensburg 2000, S. 265, ISBN 3-7917-1687-5; Lynne Viola: Peasant Rebels Under Stalin. Collectivization and the Culture of Peasant Resistance. Oxford University Press, 1999, ISBN 0-19-535132-0, S. 23 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  45. Zur Zwangskollektivierung siehe Manfred Hildermeier: Die Sowjetunion 1917–1991. Oldenbourg Verlag, 2007, ISBN 978-3-486-70112-8, S. 36–39 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). Ferner Manfred Hildermeier: Geschichte der Sowjetunion, 1917–1991. Entstehung und Niedergang des ersten sozialistischen Staates. C.H. Beck, 1998, ISBN 3-406-43588-2, S. 377–401 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  46. Grundlegend hierzu Lynne Viola: The unknown Gulag.
  47. Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 106.
  48. Schnell: Gulag als Systemstelle, S. 143–147; Viola: The unknown Gulag, S. 85 f.
  49. Siehe Nicolas Werth: Die Insel der Kannibalen.
  50. Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 106; Werth: Der Gulag im Prisma der Archive, S. 16.
  51. Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 596.
  52. Grützmacher: Die Baikal-Amur-Magistrale. Vom stalinistischen Lager zum Mobilisierungsprojekt, S. 99.
  53. Applebaum: Der Gulag, S. 101.
  54. Applebaum: Der Gulag, S. 101 f.
  55. Schnell: Gulag als Systemstelle, S. 148. Begriff „Mengenverbrauchsgut“ bei Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 180.
  56. Schnell: Gulag als Systemstelle, S. 149; Gestwa: Auf Wasser und Blut gebaut, S. 246.
  57. Zu diesem Lagerkomplex siehe die stichwortartigen Informationen auf der Website www.gulag.memorial.de sowie den Eintrag in Smirnow (Hrsg.): Das System der Besserungsarbeitslager in der Sowjetunion 1923–1960, S. 162–165. Siehe auch Fischer von Weikersthal: Die „inhaftierte“ Presse, insbesondere S. 89–107.
  58. Applebaum: Der Gulag, S. 101.
  59. Applebaum: Der Gulag, S. 122.
  60. Schnell: Gulag als Systemstelle, S. 149.
  61. Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 233, Anm. 236; Kizny: Gulag, S. 118.
  62. Applebaum: Der Gulag, S. 105–107.
  63. Gestwa: Auf Wasser und Blut gebaut, S. 246.
  64. Zu diesem Kanal siehe Schlögel: Terror und Traum, S. 361–372.
  65. Zu diesem Lagerkomplex siehe die stichwortartigen Informationen auf der Website www.gulag.memorial.de sowie den Eintrag in Smirnow (Hrsg.): Das System der Besserungsarbeitslager in der Sowjetunion 1923–1960, S. 220–222. Ferner Schlögel: Terror und Traum, S. 373–379.
  66. Schlögel: Terror und Traum, S. 363.
  67. Applebaum: Der Gulag, S. 128; Gestwa: Auf Wasser und Blut gebaut, S. 249.
  68. Schlögel: Terror und Traum, S. 374.
  69. Zu diesem Lagerkomplex siehe die stichwortartigen Informationen auf der Website www.gulag.memorial.de sowie den Eintrag in Smirnow (Hrsg.): Das System der Besserungsarbeitslager in der Sowjetunion 1923–1960, S. 151–153. Siehe ferner Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 235–237 sowie insgesamt Grützmacher: Die Baikal-Amur-Magistrale. Vom stalinistischen Lager zum Mobilisierungsprojekt.
  70. Zu dieser Expedition und ihren Folgen siehe Applebaum: Der Gulag, S. 116–121. Siehe ferner den Eintrag in Smirnow (Hrsg.): Das System der Besserungsarbeitslager in der Sowjetunion 1923–1960, S. 543 f.
  71. Siehe den Eintrag in Smirnow (Hrsg.): Das System der Besserungsarbeitslager in der Sowjetunion 1923–1960, S. 195–197.
  72. Hedeler, Hennig: Schwarze Pyramiden, S. 31.
  73. Zu diesem Lagerkomplex siehe die stichwortartigen Informationen auf der Website www.gulag.memorial.de sowie den Eintrag in Smirnow (Hrsg.): Das System der Besserungsarbeitslager in der Sowjetunion 1923–1960, S. 544 f.
  74. Applebaum: Der Gulag, S. 121.
  75. Zum SibLag siehe die stichwortartigen Informationen auf der Website www.gulag.memorial.de sowie den Eintrag in Smirnow (Hrsg.): Das System der Besserungsarbeitslager in der Sowjetunion 1923–1960, S. 422–425.
  76. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 34.
  77. Zu diesem Lagerkomplex siehe die stichwortartigen Informationen auf der Website www.gulag.memorial.de sowie den Eintrag in Smirnow (Hrsg.): Das System der Besserungsarbeitslager in der Sowjetunion 1923–1960, S. 302 f. Siehe ferner Hedeler, Stark: Das Grab in der Steppe, insb. S. 31–91; Barnes: Death and Redemption. Zum Führungspersonal der Lagerverwaltung siehe Wladislaw Hedeler: Das Beispiel KARLag. Die Verwaltung eines Besserungsarbeitslagers. In: Wladislaw Hedeler (Hrsg.): Stalinscher Terror 1934–41. Eine Forschungsbilanz, BasisDruck, Berlin 2002, S. 109–131, ISBN 3-86163-127-X.
  78. Zu diesem Lagerkomplex siehe die stichwortartigen Informationen auf der Website www.gulag.memorial.de sowie den Eintrag in Smirnow (Hrsg.): Das System der Besserungsarbeitslager in der Sowjetunion 1923–1960, S. 361–364.
  79. Applebaum: Der Gulag, S. 151.
  80. Ertz: Zwangsarbeit in Noril’sk. Ein atypischer, idealtypischer Lagerkomplex, S. 293.
  81. Ertz: Zwangsarbeit in Noril’sk. Ein atypischer, idealtypischer Lagerkomplex, S. 295.
  82. Sprau: Kolyma und Magadan, S. 83; Panikarov: Kolyma. Daten und Fakten, S. 267. Dieses Gebiet ist damit mehr als neunmal größer als das Deutschlands in den Grenzen von 1991.
  83. Zu diesem Lagerkomplex siehe die stichwortartigen Informationen auf der Website www.gulag.memorial.de sowie den Eintrag in Smirnow (Hrsg.): Das System der Besserungsarbeitslager in der Sowjetunion 1923–1960, S. 412–415.
  84. Applebaum: Der Gulag, S. 123.
  85. Panikarov: Kolyma. Daten und Fakten, S. 269.
  86. Sprau: Gold und Zwangsarbeit, S. 70; Kizny: Gulag, S. 301.
  87. Sprau: Kolyma und Magadan, S. 83.
  88. Sprau: Kolyma und Magadan, S. 81.
  89. Sprau: Kolyma und Magadan, S. 84.
  90. Sprau, Kolyma und Magadan, S. 84. Geringfügig abweichende Zahlen bei Panikarov: Kolyma. Daten und Fakten, S. 283, hier werden etwa 870.000 Häftlinge und etwa 130.000 Tote genannt.
  91. Applebaum: Der Gulag, S. 10 und 211.
  92. Ivanova: Der Gulag im totalitären System der Sowjetunion, S. 194.
  93. Hierzu kurz Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben. S. 31–33. Ausführlich Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager. S. 115–167.
  94. Siehe hierzu Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager. S. 194–212.
  95. Schlögel: Terror und Traum, S. 384 f. Zum Ende von Jagoda, Berman, Pliner und Bersin siehe Applebaum: Der Gulag, S. 134–136. Neben Jagoda, Berman und Pliner wurden auch die vormaligen Gulag-Chefs Fjodor Eichmans und Lasar Kogan (1899–1939) Opfer des Großen Terrors, siehe Ivanova: Der Gulag im totalitären System der Sowjetunion, S. 150.
  96. Timothy Snyder: Bloodlands. Europa zwischen Hitler und Stalin. Aus dem Engl. von Martin Richter, C.H. Beck, München 2011, ISBN 978-3-406-62184-0, S. 101.
  97. Felix Ackermann: Mehr als eine Packung „Belomorkanal“: Solovki und die Erinnerung an den GULag. In: Katharina Kucher, Gregor Thum, Sören Urbansky (Hrsg.): Stille Revolutionen. Die Neuformierung der Welt seit 1989, Campus Verlag, Frankfurt am Main [u. a.] 2013, ISBN 978-3-593-39851-8, S. 173–184, hier S. 176; Applebaum: Der Gulag, S. 143; Khlevniuk: The History of the Gulag, S. 170. Siehe ferner Uta Gerlant: Gedenken an Terror-Opfer in Karelien, Berliner Zeitung, 4. Dezember 1997 (Abruf am 24. März 2015).
  98. Applebaum: Der Gulag, S. 144.
  99. Hedeler, Hennig: Schwarze Pyramiden, S. 29.
  100. Panikarov: Kolyma. Daten und Fakten, S. 279.
  101. Khlevniuk: The History of the Gulag, S. 171.
  102. Zahlen nach Khlevniuk: The History of the Gulag. S. 178 f.
  103. Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 601 f.
  104. Siehe Applebaum: Der Gulag, S. 141–143. Am Beispiel des Dalstroi siehe Panikarov: Kolyma. Daten und Fakten, S. 280 f.
  105. Zahlen nach Khlevniuk: The History of the Gulag. S. 179.
  106. Zahlen nach Khlevniuk: The History of the Gulag. S. 179 f.
  107. Schnell: Gulag als Systemstelle, S. 159.
  108. Applebaum: Der Gulag, S. 150 f.
  109. Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 115 f. Zur Branchengliederung siehe auch Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 602.
  110. Applebaum: Der Gulag, S. 212 f.
  111. Bonwetsch: Gulag. Willkür und Massenverbrechen, S. 34.
  112. Applebaum: Der Gulag, S. 447.
  113. Applebaum: Der Gulag, S. 442–444; Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 116.
  114. Zu den Gewalttaten in Lemberg siehe Hermann Frank Meyer: Blutiges Edelweiß. Die 1. Gebirgs-Division im Zweiten Weltkrieg. Ch. Links Verlag, 2008, ISBN 978-3-86153-447-1, S. 58–65 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  115. Zu Tarnopol siehe Ela Hornung: Denunziation als soziale Praxis Fälle aus der NS-Militärjustiz. Böhlau Verlag Wien, 2010, ISBN 978-3-205-78432-6, S. 99 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  116. Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 116; Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 603. Auch Sondersiedler konnten Dienst an der Waffe leisten, bis November 1942 waren dies 60.000 Personen, siehe Viola: The unknown Gulag, S. 170.
  117. Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 116.
  118. Applebaum: Der Gulag, S. 440.
  119. Angabe ein Viertel bei Applebaum: Der Gulag, S. 24, S. 211 und 619. Der Bezug dieser Quote wechselt bei der Autorin: Manchmal sind es alle Kriegsjahre, manchmal die Jahre 1941/1942. Angabe ein Viertel auch bei Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 603 (Bezug: 1942). Angabe ein Fünftel bei Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 108 (Bezug: 1942 und 1943) und bei Schnell: Gulag als Systemstelle, S. 160 (Bezug: alle Kriegsjahre).
  120. Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 116 f.
  121. Applebaum: Der Gulag, S. 458 f.; Kramer: Einleitung. In: Bettina Greiner, Alan Kramer (Hrsg.): Die Welt der Lager, S. 37.
  122. Applebaum: Der Gulag, S. 461–464. Nur rund 15 Prozent dieser Personen wurden ins Zivilleben entlassen. Zirka 20 Prozent der Repatrianten wurde mit dem Tod beziehungsweise mit 25 Jahren Zwangsarbeit bestraft, der Rest erhielt kürzere Strafen (siehe Karner: Im Archipel GUPVI, S. 137).
  123. Dekret des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR „Über die Verstärkung des Schutzes des Privateigentums der Bürger“ und Dekret des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR „Über die strafrechtliche Verantwortung für den Raub staatlichen und gesellschaftlichen Eigentums“, 4. Juni 1947 auf 100(0) Schlüsseldokumente zur russischen und sowjetischen Geschichte; Ivanova: Der Gulag im totalitären System der Sowjetunion, S. 60–62.
  124. Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 118; Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 604.
  125. Gestwa: Die Stalinschen Großbauten des Kommunismus, S. 394 f.
  126. Werth: Der Gulag im Prisma der Archive, S. 22.
  127. Schnell: Gulag als Systemstelle, S. 150. Vorkriegszahlen und -angaben bei Ivanova: Der Gulag im totalitären System der Sowjetunion, S. 92–94; Zahlen für 1949 bei Ivanova: Der Gulag im totalitären System der Sowjetunion, S. 123.
  128. Applebaum: Der Gulag, S. 464.
  129. Gestwa: Auf Wasser und Blut gebaut, S. 239, S. 248.
  130. Gestwa: Auf Wasser und Blut gebaut, S. 255, S. 257; Gestwa: Die Stalinschen Großbauten des Kommunismus, S. 397.
  131. Zu diesem Lagerkomplex siehe die stichwortartigen Informationen auf der Website www.gulag.memorial.de.
  132. Zu diesem Lagerkomplex siehe die stichwortartigen Informationen auf der Website www.gulag.memorial.de.
  133. Gestwa: Die Stalinschen Großbauten des Kommunismus, S. 396, Fußnote 26.
  134. Diese Formulierung geht auf Oleg Khlevniuk zurück, siehe Schnell: Gulag als Systemstelle, S. 151 f.
  135. Schnell: Gulag als Systemstelle, S. 150; Barnes: Death and Redemption, S. 38.
  136. Hildermeier: Die Sowjetunion 1917–1991, S. 128.
  137. Hierzu Gestwa: Die Stalinschen Großbauten des Kommunismus, S. 115.
  138. Hierzu Applebaum: Der Gulag, S. 378–387; Gestwa: Die Stalinschen Großbauten des Kommunismus, S. 405 f. Die Häftlinge des Gulag lösten das Wort Tufta, welche die Kehrseite der Normierung jedweder Lagerarbeit und der Verpflegungsration bezeichnete, als technika uceta fiktivnogo truda (Berechnungstechnik fiktiver Arbeit) auf, siehe Gestwa: Die Stalinschen Großbauten des Kommunismus, S. 405, Fußnote 76.
  139. Werth: Der Gulag im Prisma der Archive, S. 24.
  140. Barnes: Death and Redemption, S. 47.
  141. Hierzu Applebaum: Der Gulag, S. 491–494; Putz: Die Herren des Lagers, S. 350 f.
  142. Schnell: Gulag als Systemstelle, S. 162 f.
  143. Hedeler: Widerstand im Gulag, S. 354, 361 f.; Applebaum: Der Gulag, S. 490 f.
  144. Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 118.
  145. Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 358–362.
  146. Hedeler-Hennig: Schwarze Pyramiden, S. 57.
  147. Zu diesem Lagerkomplex siehe die stichwortartigen Informationen auf der Website www.gulag.memorial.de; ferner die entsprechenden Informationen der Gesellschaft Memorial, Krasnojarsk.
  148. Zum RetschLag (deutsch: Flusslager) siehe die stichwortartigen Informationen auf der Website www.gulag.memorial.de.
  149. Zu diesen zwei Aufständen siehe Applebaum: Der Gulag, S. 514–522. Zum Aufstand in Workuta siehe vor allem Hedeler, Hennig (Hrsg.): Schwarze Pyramiden. Ferner Fritjof Meyer: Der vergessene Sklavenaufstand: Tod im Gulag. In: Spiegel Online. 10. Oktober 2003, abgerufen am 7. April 2015.
  150. Hedeler: Widerstand im Gulag, S. 365.
  151. Zu diesem Lagerkomplex siehe die stichwortartigen Informationen auf der Website www.gulag.memorial.de sowie den Eintrag in Smirnow (Hrsg.): Das System der Besserungsarbeitslager in der Sowjetunion 1923–1960, S. 435–437.
  152. Siehe Applebaum: Der Gulag, S. 522–531.
  153. Applebaum: Der Gulag, S. 530.
  154. Gestwa: Auf Wasser und Blut gebaut, S. 261; Gestwa: Die Stalinschen Großbauten des Kommunismus, S. 420 f. Weitere Beispiele für Unruhen bei Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 353.
  155. Zur Absetzung Berias siehe Stephan Merl: Einführung zum Beschluß des Plenums des CK der KPSS „Über partei- und staatsfeindliche Handlungen von Berija“ [Entmachtung Lavrentij Berijas], 7. Juli 1953, auf: 100(0) Schlüsseldokumente zur russischen und sowjetischen Geschichte.
  156. Siehe Hedeler, Hennig (Hrsg.): Schwarze Pyramiden, S. 53–58.
  157. Applebaum: Der Gulag, S. 503.
  158. Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 606.
  159. Applebaum: Der Gulag, S. 533 f.; Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 354 f.
  160. Siehe zu dieser Rede, ihren Hintergründen und unmittelbaren Folgen Karl Eimermacher: Einführung zur Rede des Ersten Sekretärs des CK der KPSS, N. S. Chruščev auf dem XX. Parteitag der KPSS [„Geheimrede“] und der Beschluß des Parteitages „Über den Personenkult und seine Folgen“, 25. Februar 1956, auf: 100(0) Schlüsseldokumente zur russischen und sowjetischen Geschichte.
  161. Applebaum: Der Gulag, S. 537; Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 358.
  162. Applebaum: Der Gulag, S. 537.
  163. Applebaum: Der Gulag, S. 504; Fieseler: Ende des Gulag-Systems?, S. 171; Werth: Der Gulag im Prisma der Archive, S. 29.
  164. Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 605 f.
  165. Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 120 f.; Adler: The Gulag Survivor, S. 83, 88 f.; Sprau: Leben nach dem GULAG. Petitionen ehemaliger sowjetischer Häftlinge als Quelle, S. 109.
  166. Applebaum: Der Gulag, S. 505.
  167. Fieseler: Ende des Gulag-Systems?, S. 172; Werth: Der Gulag im Prisma der Archive, S. 29.
  168. Fieseler: Ende des Gulag-Systems?, S. 172.
  169. Sprau: Leben nach dem GULAG. Petitionen ehemaliger sowjetischer Häftlinge als Quelle, S. 99.
  170. Applebaum: Der Gulag, S. 536.
  171. Elie: Unmögliche Rehabilitation, S. 376.
  172. Elie: Unmögliche Rehabilitation, S. 384 f.
  173. Applebaum: Der Gulag, S. 587.
  174. Stark: Die Gezeichneten, S. 139; Fieseler: Ende des Gulag-Systems?, S. 175.
  175. Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 607.
  176. Siehe Ukas des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR „Über zusätzliche Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gerechtigkeit im Zusammenhang mit den Opfern der Repressionen in den 1930 bis 1940er Jahren sowie zu Beginn der 1950er Jahre“ auf der Website der Gesellschaft Memorial, Krasnojarsk.
  177. Siehe Ukas des Präsidenten der UdSSR „Über die Wiederherstellung der Rechte aller Opfer politischer Repressionen in den 1920er bis 1950er Jahren“ auf der Website der Gesellschaft Memorial, Krasnojarsk.
  178. Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 611.
  179. Siehe hierzu Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 612 f.
  180. Applebaum: Der Gulag, S. 600.
  181. Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 608.
  182. Applebaum: Der Gulag, S. 556.
  183. Zu diesem Lager siehe die stichwortartigen Informationen auf der Website www.gulag.memorial.de.
  184. Applebaum: Der Gulag, S. 575, S. 575–579.
  185. Applebaum: Der Gulag, S. 589.
  186. Angaben zur Biografie von Maier (Memento vom 15. Februar 2016 im Internet Archive) auf der Website www.ausstellung-gulag.org.
  187. Beispiele für die unterschiedlichsten Verhaftungsanlässe bei Applebaum: Der Gulag, S. 156–162 sowie bei Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 168–172 oder bei Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 35–37.
  188. Siehe Applebaum: Der Gulag, S. 162–164; Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 40 f.
  189. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 40–45; Applebaum: Der Gulag, S. 165 f.
  190. Zur Folterung deutscher Kommunisten, die während des Großen Terrors verhaftet wurden, siehe Reinhard Müller: NKWD-Folter. Terror-Realität und Produktion von Fiktionen. In: Wladislaw Hedeler (Hrsg.): Stalinscher Terror 1934–41. Eine Forschungsbilanz, BasisDruck, Berlin 2002, S. 133–158, ISBN 3-86163-127-X.
  191. Hinweise auf derartige Instanzen bei Applebaum: Der Gulag, S. 534 und Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 45.
  192. Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 182–184.
  193. Es handelt sich um Waggons, die nach außen vergittert waren. Im Inneren waren sie mit Gittern oder Stahlnetzen in einzelne Zellen unterteilt. Siehe Applebaum: Der Gulag, S. 191 f.; Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 54. Ablichtung eines solchen Waggons auf der Website www.akg-images.co.uk (Abruf 27. März 2015).
  194. Zur Situation auf Eisenbahntransporten siehe Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 52–69; Applebaum: Der Gulag, S. 189–194.
  195. Applebaum: Der Gulag, S. 196–199; Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 80–83. Zu Verhältnissen während einer Verschiffung auf dem Fluss Ob siehe Nicolas Werth: Die Insel der Kannibalen, S. 130 f.
  196. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 83–86, 155.
  197. Applebaum: Der Gulag, S. 126.
  198. Applebaum: Der Gulag, S. 454.
  199. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 73.
  200. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 73–78; Applebaum: Der Gulag, S. 194–196. Zu den Zuständen im Transitlager Tomsk im Jahr 1933 siehe Nicolas Werth: Die Insel der Kannibalen, S. 95, 101 und 124 f.
  201. Hierzu Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 78–80.
  202. Die Sammlung von Abbildungen aus der Ausstellung Gulag. Spuren und Zeugnisse 1929–1956 auf der Website des Deutschen Historischen Museums zeigt eine derartige Erdhütte (siehe Abbildung Nr. 11).
  203. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 101 f.
  204. Applebaum: Der Gulag, S. 203–209.
  205. Applebaum: Der Gulag, S. 214 f.; Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 91–93.
  206. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 88, 91–93; Applebaum: Der Gulag, S. 216.
  207. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 114–119; Applebaum: Der Gulag, S. 218–222.
  208. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 142.
  209. Zum Nachfolgenden siehe Applebaum: Der Gulag, S. 269–274.
  210. Applebaum: Der Gulag, S. 273.
  211. Für die Jahre 1939 und 1950 im KarLag siehe die Angaben bei Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 146 f.
  212. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 147–152.
  213. Applebaum: Der Gulag, S. 243 f.
  214. Applebaum: Der Gulag, S. 244–246.
  215. Applebaum: Der Gulag, S. 250–256. Zum Fehlen beispielsweise von Ingenieuren siehe Gestwa: Die Stalinschen Großbauten des Kommunismus, S. 129, 148, 153, 401, 442 f.
  216. Knappe Ausführungen zu diesen Einrichtungen zum Beispiel bei Ivanova: Der Gulag im totalitären System der Sowjetunion, S. 119.
  217. Applebaum: Der Gulag, S. 148 f.; Zum Aufenthalt von Kopelew und Solschenizyn in einer Scharaschka siehe die Informationen auf www.gulag.memorial.de.
  218. Applebaum: Der Gulag, S. 380 f.; Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 214 f.
  219. Applebaum: Der Gulag, S. 378.
  220. Werth: Der Gulag im Prisma der Archive, S. 22.
  221. Beispiele für Tufta bei Applebaum: Der Gulag, S. 383–387 und bei Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 219–221.
  222. Siehe hierzu Applebaum: Der Gulag, S. 406–413; Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 436–444. Zum Singen siehe Klause: Der Klang des Gulag, S. 65–75 und 535–539.
  223. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 431 f.
  224. Zur Kultur- und Propagandaarbeit siehe Klause: Musik per Verordnung (dort auf S. 309 Ausführungen zu Wettbewerben im Kunstschaffen); Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 178–185; Applebaum: Der Gulag, S. 258–267, 296 f.; Kizny: Gulag, S. 258–261; am Beispiel des DmitLag siehe Schlögel: Terror und Traum, S. 380–383. Der Begriff „Leibeigenentheater“ stammt von Jewgenija Ginsburg, zitiert nach Barnes: Death and Redemption, S. 64.
  225. Siehe Fischer von Weikersthal: Die „inhaftierte“ Presse, insbesondere S. 467–489.
  226. Zum Nachfolgenden siehe zusammenfassend Applebaum: Der Gulag, S. 274–278.
  227. Barnes: Death and Redemption, S. 44 f.
  228. Am Beispiel des DmitLag und des Moskau-Wolga-Kanals siehe Schlögel: Terror und Traum, S. 374 und 379.
  229. Siehe hierzu die Schilderungen bei Orlando Figes: Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne. Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors. Aus dem Englischen und Russischen von Bernd Rullkötter, Carl Hanser Verlag, Berlin [u. a.] 2012, ISBN 978-3-446-24031-5. Siehe ferner Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 449.
  230. Gestwa: Die Stalinschen Großbauten des Kommunismus, S. 414.
  231. Auch hierzu Figes: Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne. Ferner Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 455 f.
  232. Siehe Alan Barenberg: Prisoners Without Borders: Zazonniki and the Transformation of Vorkuta after Stalin (Memento vom 12. Oktober 2015 im Internet Archive). In: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 57 (2009), 4, S. 513–534.
  233. Klause: Musik per Verordnung, S. 310.
  234. Schnell: Gulag als Systemstelle, S. 156.
  235. Applebaum: Der Gulag, S. 239.
  236. Applebaum: Der Gulag, S. 232; Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 243.
  237. Volkhard Knigge, Irina Scherbakowa (Hrsg.): Gulag. Spuren und Zeugnisse 1929–1956, S. 62.
  238. Zur Ernährungslage siehe insgesamt Applebaum: Der Gulag, S. 232–240.
  239. Zu Lagerkrankheiten siehe Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 351–357. Zur Gefahr durch winterliches Sonnenlicht in Eis und Schnee Ivanova: Der Gulag im totalitären System der Sowjetunion, S. 110.
  240. Zur Situation der Krankenversorgung siehe Applebaum: Der Gulag, S. 395–406 sowie Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 340–351.
  241. Ertz: Zwangsarbeit in Noril’sk. Ein atypischer, idealtypischer Lagerkomplex, S. 290.
  242. Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 108 f.; Werth: Der Gulag im Prisma der Archive, S. 20.
  243. Applebaum: Der Gulag, S. 619.
  244. Applebaum: Der Gulag, S. 368–370; Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 368 f.
  245. Nicolas Werth: The NKVD Mass Secret Operation n° 00447 (August 1937 – November 1938) (Memento vom 19. Januar 2015 im Internet Archive), Online Encyclopedia of Mass Violence, veröffentlicht am 24. Mai 2010, abgerufen im Internet Archive am 18. April 2015.
  246. Applebaum: Der Gulag, S. 421.
  247. Applebaum: Der Gulag, S. 422.
  248. Gestwa: Die Stalinschen Großbauten des Kommunismus, S. 428.
  249. Applebaum: Der Gulag, S. 417–419; Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 339; Barnes: Death and Redemption, S. 53–57.
  250. Stark: Frauen und Kinder im Gulag, S. 118.
  251. Applebaum: Der Gulag, S. 335.
  252. Vgl. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben.
  253. Stark: Frauen und Kinder im Gulag, S. 119; Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 384. Zu Massenvergewaltigungen Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 389–391.
  254. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 39, S. 431 f, S. 451–455.
  255. Stark: Frauen und Kinder im Gulag, S. 124.
  256. Applebaum: Der Gulag, S. 344–358.
  257. Rebitschek: Strafverfolgung im Stalinismus, S. 134.
  258. Elie: Die „Drehtür“, S. 113.
  259. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 259–263.
  260. Applebaum: Der Gulag, S. 319.
  261. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 268–271; Applebaum: Der Gulag, S. 329 f.
  262. Rechtsgrundlage war das sogenannte „Ährengesetz“ vom 7. August 1932, siehe Khlevniuk: The History of the Gulag, S. 55; Jörg Baberowski: Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt, C.H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-63254-9, S. 184.
  263. Rebitschek: Strafverfolgung im Stalinismus, S. 132 f.
  264. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 272–278; Applebaum: Der Gulag, S. 310–318.
  265. Applebaum: Der Gulag, S. 313; Rebitschek: Strafverfolgung im Stalinismus, S. 135.
  266. Putz: Die Herren des Lagers, S. 350; Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 278; Gestwa: Die Stalinschen Großbauten des Kommunismus, S. 419.
  267. Stark: Frauen im Gulag. Alltag und Überleben, S. 281.
  268. History of Gulag in 7 Volumes. Volume 2: Structure and Personnel documents, ed. Petrov N. V. State Archive of the Russian Federation, 2004 (russisch)
  269. The Heads of the Central Committee of NKVD Petrov N. V., Sorokyn K. V. Who Headed NKVD 1934—1941 Moscow: Memorial, 1999, 504 pages. ISBN 5-7870-0032-3
  270. Lubyanka. VCheka — KGB. Documents 1917–1960 Moscow: International Democracy Fund, 1997. ISBN 5-89511-004-5
  271. Zum Wachpersonal siehe vor allem Gestwa: Die Stalinschen Großbauten des Kommunismus, S. 422–432; Applebaum: Der Gulag, S. 285–307.
  272. Zahl der Selbstmorde bei Ivanova: Der Gulag im totalitären System der Sowjetunion, S. 166. Memoiren von Wachleuten über Erlebtes sind sehr selten. Eine Ausnahme bilden die Aufzeichnungen von Iwan Tschistjakow. Sie zeigen das Erschrecken und die Gewöhnung eines zwangsverpflichteten Gulag-Wachmanns. Siehe hierzu Irina Scherbakowa: In dem Tagebuch liegt mein ganzes Leben. Die Aufzeichnungen eines Bewachers im Gulag, in: Dieselbe: Zerrissene Erinnerung. Der Umgang mit Stalinismus und Zweitem Weltkrieg im heutigen Russland, Wallstein, Göttingen 2010, S. 63–89, ISBN 978-3-8353-0601-1. Das Tagebuch liegt mittlerweile in deutscher Übersetzung vor. Siehe Ivan Petrovic Cistjakov: Sibirien. Sibirien. Tagebuch eines Lageraufsehers, Matthes & Seitz Berlin, Berlin 2014, ISBN 978-3-88221-092-7.
  273. Schnell: Gulag als Systemstelle, S. 157.
  274. Adler: The Gulag Survivor, S. 232 f.
  275. Elie: Die „Drehtür“, S. 106; Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 107; Werth: Der Gulag im Prisma der Archive, S. 17.
  276. Zu psychischen Folgen von Haft und Verbannung siehe Adler: The Gulag Survivor, S. 112–118.
  277. Stark: Die Gezeichneten, S. 124–126.
  278. Elie: Die „Drehtür“, S. 111.
  279. Adler: The Gulag Survivor, S. 65 f.; Stark: Die Gezeichneten, S. 127 f.; Barnes: Death and Redemption, S. 165.
  280. Stark: Die Gezeichneten, S. 141 f, S. 200.
  281. Applebaum: Der Gulag, S. 544 f.
  282. Šcerbakova: Erinnerung in der Defensive, S. 412 f.
  283. Fieseler: Ende des Gulag-Systems?, S. 176; grundsätzlich hierzu Adler: Keeping Faith with the Party.
  284. Adler: Keeping Faith with the Party, S. 4.
  285. Dazu Viola: The unknown Gulag, S. 167–181.
  286. Kaznelson: Remembering the Soviet State, S. 1173–1176.
  287. Applebaum: Der Gulag, S. 548.
  288. Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 569.
  289. Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 574.
  290. Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 581.
  291. Gnedovskij, Ochotin: Leiden als Exponat, S. 193; Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 609.
  292. Siehe die entsprechenden Informationen (Memento vom 8. September 2015 im Internet Archive) auf der Website der deutschsprachigen Sektion von Memorial (Abruf 27. April 2015); zu den Gedenkbüchern siehe Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 617.
  293. Klaus-Helge Donath: Russische NGO „Memorial“: Ein Dorn im Auge der Machthaber, Die Tageszeitung 17. Dezember 2014 (Abruf 27. April 2015). Ausführlich dazu Šcerbakova: Erinnerung in der Defensive.
  294. Konradova: Suche nach der Form, S. 421 f.
  295. Zum Museum in Perm siehe Immo Rebitschek: Neuvermessung und Neugestaltung eines Erinnerungsortes: Die Gedenkstätte Perm’-36. In: Jörg Ganzenmüller, Raphael Utz: Sowjetische Verbrechen und russische Erinnerung. Orte – Akteure – Deutungen (Europas Osten im 20. Jahrhundert. Schriften des Imre-Kertész-Kollegs Jena, 4), de Gruyter Oldenbourg, München 2014, S. 91–108, ISBN 978-3-486-74196-4; zum staatlichen Druck auf das Museum siehe Sabine Adler: Putins Bürokratie zwingt Gulag-Museum ins Aus, Deutschlandradio Kultur, 9. März 2015 (Abruf am 27. April 2015). Zum KarLag-Museum siehe die dreisprachige Website des Museums (Memento vom 29. November 2014 im Internet Archive) (Abruf am 13. Mai 2015).
  296. Šcerbakova: Erinnerung in der Defensive, S. 417.
  297. Website des Museums (deutsch), Abruf am 27. April 2015.
  298. Siehe hierzu Müller-Butz, Werkmeister: Die Geschichte des GULag im Russischen Internet (RuNet), S. 237–241; Gnedovskij, Ochotin: Leiden als Exponat, S. 194 f.; Schor-Tschudnowskaja: Aktivisten des Andenkens, S. 151 f.
  299. Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 105; Werth: Der Gulag im Prisma der Archive, S. 14; Applebaum: Der Gulag, S. 597.
  300. Konradova: Suche nach der Form, S. 425; Ganzenmüller, Utz: Exkulpation und Identitätsstiftung, S. 11; Foto dieses Mahnmals auf Spiegel Online, Abruf am 27. April 2015.
  301. Haverkamp: Gedenken als Herausforderung, S. 185.
  302. Konradova: Suche nach der Form, S. 426 f.; Ganzenmüller, Utz: Exkulpation und Identitätsstiftung, S. 11.
  303. Konradova: Suche nach der Form, S. 422–429.
  304. Konradova: Suche nach der Form, S. 423 f.
  305. Hedeler, Stark: Das Grab in der Steppe, S. 436–438.
  306. Gesine Dornblüth: Aufarbeitung des Gulag in Kasachstan, Deutschlandfunk, 23. Mai 2015 (Abruf am 12. Juni 2015).
  307. Makhotina: Räume der Trauer – Stätten, die schweigen, S. 37.
  308. Scherbakowa: Gefängnisse und Lager, S. 570; Šcerbakova: Erinnerung in der Defensive, S. 410; Schor-Tschudnowskaja: Aktivisten des Andenkens, S. 159.
  309. Schor-Tschudnowskaja: Aktivisten des Andenkens, S. 155; NGO-Durchsuchungen in Russland: Behörden legen „Memorial“ lahm, Die Tageszeitung, 21. März 2013 (Abruf 28. April 2015).
  310. Haverkamp: Gedenken als Herausforderung, S. 187.
  311. Hierzu Margarete Zimmermann: Die Russische Orthodoxe Kirche als erinnerungspolitischer Akteur (1995–2009). Der Schießplatz Butovo als Fallbeispiel für die postsowjetische Gedenkkultur. in: Jörg Ganzenmüller, Raphael Utz: Sowjetische Verbrechen und russische Erinnerung. Orte – Akteure – Deutungen (Europas Osten im 20. Jahrhundert. Schriften des Imre-Kertész-Kollegs Jena, 4), de Gruyter Oldenbourg, München 2014, S. 59–90, ISBN 978-3-486-74196-4.
  312. Siehe Schor-Tschudnowskaja: Aktivisten des Andenkens, S. 145–148; Ganzenmüller, Utz: Exkulpation und Identitätsstiftung, S. 13 f, S. 17 f.
  313. Nikita V. Petrov, Konstantin V. Skorkin: Kto rukovodil NKVD 1934–1941. Spravočnik. Zvenʹja, Moskva 1999, ISBN 5-7870-0032-3.
  314. Werth: Der Gulag im Prisma der Archive, S. 24 f.
  315. Ganzenmüller, Utz: Exkulpation und Identitätsstiftung, S. 6 f, S. 28.
  316. Zitiert nach Daniel Brössler: Wladimir Putins Geschichtsbild – Nein zu Jelzin, Ja zu Stalin, Süddeutsche Zeitung, 26. November 2008 (Abruf 28. April 2014).
  317. Террор снимают с архивного учета (dt.: „Der Terror wird aus dem Archivbestand entfernt“). In: Kommersant, 8. Juni 2018.
  318. В РФ по секретному указу уничтожаются данные о репрессированных (dt.: „In der RF werden per Geheimbefehl Daten über die Repressierten vernichtet“). In: Deutsche Welle, 8. Juni 2018.
  319. Russia Secretly Orders Destruction of Gulag Prisoners' Records, Media Warns. In: The Moscow Times, 8. Juni 2016.
  320. Террор снимают с архивного учета (dt.: „Der Terror wird aus dem Archivbestand entfernt“), Kommersant, 8. Juni 2018.
  321. Allein im Jahr 1951 erhielt die Gulag-Verwaltung 132.738 Berichte und Abrechnungen aus den Lagern und Kolonien, siehe Ivanova: Der Gulag im totalitären System der Sowjetunion, S. 105.
  322. Werth: Der Gulag im Prisma der Archive, S. 14 f.; Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 105; Gestwa: Aufbruch aus dem GULag?, S. 482.
  323. Galina Michajlovna Ivanova: Gulag v sisteme totalitarnogo gosudarstva, Moskovskij Obšcěstvennyj Naučnyj Fond, Moskva 1997. Übersetzt ins Englische als Galina Mikhailovna Ivanova: Labor camp socialism. The Gulag in the Soviet totalitarian system. Ed. by Donald J. Raleigh. Transl. by Carol Flath, Sharpe, Armonk, London 2000, ISBN 0-7656-0426-4. Ins Deutsche übersetzt als Ivanova: Der Gulag im totalitären System der Sowjetunion.
  324. Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager.
  325. Applebaum: Der Gulag.
  326. Smirnow (Hrsg.): Das System der Besserungsarbeitslager in der Sowjetunion 1923–1960.
  327. Istorija stalinskogo Gulaga. Konec 20-ch – pervaja polovina 50-ch godov, Sobranie dokumentov, 7 Bände, Moskva 2004–2005.
  328. Zacharčenko: Die Aufarbeitung der Geschichte des Gulag in Russland, S. 70.
  329. Werth: Der Gulag im Prisma der Archive, S. 12 f.; Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 104; zu den unterschiedlichen Zahlen siehe auch Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 187 f.
  330. Gestwa: Aufbruch aus dem GULag?, S. 482; Applebaum: Der Gulag, S. 617.
  331. Suslov: Das Spezkontingent, S. 92.
  332. Applebaum: Der Gulag, S. 619. Zum früheren Streit um diese Zahlen siehe Stettner: „Archipel GULag“: Stalins Zwangslager, S. 188–190.
  333. Террор снимают с архивного учета (dt.: „Der Terror wird aus dem Archivbestand entfernt“), Kommersant, 8. Juni 2018.
  334. Siehe den Überblick von Dieter Pohl: Nationalsozialistische und stalinistische Massenverbrechen: Überlegungen zum wissenschaftlichen Vergleich. In: Jürgen Zarusky (Hrsg.): Stalin und die Deutschen (Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Sondernummer), Oldenbourg, München 2006, S. 253–263, ISBN 978-3-486-57893-5.
  335. Applebaum: Der Gulag, S. 34–39.
  336. Hierzu Zacharčenko: Die Aufarbeitung der Geschichte des Gulag in Russland, S. 72.
  337. So der Untertitel des Werkes.
  338. Julia Landau: Einleitung. In: Dieselbe, Irina Scherbakowa (Hrsg.): Gulag. Texte und Dokumente, 1929–1956, Wallstein, Göttingen 2014, S. 7–11, hier S. 8, ISBN 978-3-8353-1437-5; ähnliche Formulierung bei Werth: Ein kurzer historischer Abriss über den Gulag, S. 103.
  339. Volker M. Schütterle: Meilenstein der literarischen Aufarbeitung sowjetischer Gewaltherrschaft: „Der Archipel Gulag“ (Beitrag der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 17. Dezember 2013), Abruf am 12. Mai 2015.
  340. Siehe hierzu Ulrich Schmid: Nicht-Literatur ohne Moral. Warum Varlam Šalamov nicht gelesen wurde (Memento vom 6. August 2010 im Internet Archive). In: Osteuropa, 57. Jg., 2007, H. 6 (Das Lager schreiben. Varlam Šalamov und die Aufarbeitung des Gulag), S. 87–105 (Zitat „Eintreten in die hoffnungslose und grausame Lagerwelt“ dort auf S. 94); Marisa Siguan: Schreiben an den Grenzen der Sprache. Studien zu Améry, Kertész, Semprún, Schalamow, Herta Müller und Aub, de Gruyter, Berlin/Boston 2014, S. 196–241, ISBN 978-3-11-034834-7; Hans-Peter Kunisch: Menschen ohne Biografie. Eine große Entdeckung: Der russische Autor Warlam Schalomow erzählt wie kein anderer zuvor von den stalinistischen Lagern. In: Die Zeit 4. Oktober 2007 (Abruf am 1. Mai 2015).
  341. Zum Roman Neumanns siehe Günther Stocker: Zwischen Grauen und Groteske. Robert Neumanns Gulag-Roman Die Puppen von Poshansk und die Kultur des Kalten Krieges. In: ILCEA, 16, 2012 (Abruf am 1. Mai 2015); Jan Koneffke: Showdown der Weltanschauungen. Robert Neumanns Roman „Die Puppen von Poshansk“, Neue Zürcher Zeitung, 7. September 2013 (Abruf 1. Mai 2015). Zum Besuch von Wallace siehe Applebaum: Der Gulag, S. 466–468; Sprau, Kolyma und Magadan, S. 86; Klause: Der Klang des Gulag, S. 376 f.
  342. Informationen auf der Website www.gulag.su. Dort gibt es auch die Möglichkeit, Auszüge aus verschiedenen Versionen des Werkes digital zu betrachten. Siehe vor allem: Jefrosinija Kersnowskaja: „Ach Herr, wenn unsre Sünden uns verklagen“. Eine Bildchronik aus dem Gulag. Mit einem Geleitwort von Lew Kopelew und einem Vorwort von Wladimir Wigiljanskij. Übers. aus dem Russischen von Iwan N. Tscherepow, Neuer Malik Verlag, Kiel 1991, ISBN 3-89029-062-0. Zu Kersnowskaja siehe ferner Adler: The Gulag Survivor, S. 118–120; Aglaia Wespe: Verletzliche Weiblichkeit verweigern. Die Bildchronik der Evfrosinija Kersnovskaja als Selbstzeugnis und Erinnerungsort. In: Jörg Ganzenmüller, Raphael Utz (Hrsg.): Sowjetische Verbrechen und russische Erinnerung. Orte – Akteure – Deutungen (Europas Osten im 20. Jahrhundert. Schriften des Imre-Kertész-Kollegs Jena, 4), de Gruyter Oldenbourg, München 2014, S. 177–196, ISBN 978-3-486-74196-4.
  343. Siehe Ralf Schlüter: Seltsamer Mann (Artikel über eine ZDF-Dokumentation, die Baldajew und seine Zeichnungen vorstellt), Berliner Zeitung 19. Juni 1997 (Abruf am 2. Mai 2015); Informationen und einige Zeichnungen von Baldajew (Memento vom 24. September 2015 im Internet Archive) auf der Website der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen (Abruf 2. Mai 2015); Dancik Sergejewitsch Baldajew: GULag. Zeichnungen. Hrsg. von Hans-Peter Böffgen, Thees Klahn und Andrzej Klamt, Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-86150-001-9.
  344. Zum Künstler und seinem Zyklus siehe Nikolai Getman: The Gulag Collection: Paintings of the Soviet Penal System. The Jamestown Foundation, 2001, ISBN 0-9675009-1-5.
  345. Siehe Liliya Berezhnaya: Die Stalinzeit im russischen Postperestroika-Film: Zwischen nationaler Sinnstiftung, Sowjetnostalgie und melodramatischen Kassenschlagern. In: Jörg Ganzenmüller, Raphael Utz (Hrsg.): Sowjetische Verbrechen und russische Erinnerung. Orte – Akteure – Deutungen (Europas Osten im 20. Jahrhundert. Schriften des Imre-Kertész-Kollegs Jena, 4), de Gruyter Oldenbourg, München 2014, S. 197–215, ISBN 978-3-486-74196-4.

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