Hans Jendretzky
Gustav Ernst Hans Jendretzky (* 20. Juli 1897 in Berlin; † 2. Juli 1992 ebenda) war ein deutscher Politiker (USPD, KPD, SED) in der Weimarer Republik und der DDR.
Leben
Als Sohn des Buchdruckers Carl Gustav Jendretzky und der Eugenie Flora Jenny geb. Bernhard wurde Hans Jendretzky in der Strelitzer Straße 15 geboren[1]. Er absolvierte nach der Schule eine Schlosserlehre. 1919 trat er der USPD bei, ein Jahr später wechselte er zur KPD, deren hauptamtlicher Funktionär er 1926 wurde. Er leitete den Roten Frontkämpferbund in Berlin und gehörte von 1928 bis 1932 dem preußischen Landtag an. 1933/34 war er Mitglied der KPD-Bezirksleitung Berlin. 1934 wurde er von den Nazis verhaftet und wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Haft verbüßte er im Zuchthaus Luckau, anschließend wurde er ins KZ Sachsenhausen eingeliefert und erst 1938 entlassen. Danach konnte er wieder als Schlosser arbeiten. 1943/44 arbeitete er in der Saefkow-Jacob-Bästlein-Organisation mit, worauf er im August 1944 erneut festgenommen wurde. Im Oktober 1944 wurde er vom Volksgerichtshof zu drei Jahren Gefängnis verurteilt und verbüßte die Strafe im Zuchthaus Brandenburg und in Nürnberg. Im April 1945 konnte er fliehen.
Nach Kriegsende beteiligte sich Jendretzky am Wiederaufbau der KPD und war Mitunterzeichner des Aufrufs der KPD vom 11. Juni 1945. Im Berliner Magistrat übernahm er die Leitung der Abteilung Arbeit, die für den Arbeitseinsatz zuständig war. 1946 war er Mitbegründer des FDGB in der sowjetischen Besatzungszone und bis 1948 auch dessen Vorsitzender. Von 1948 bis 1953 hatte er die Leitung der Berliner SED inne. Jendretzky war zudem Mitglied des Vorstandes der Gesamtpartei und ab 1950 Kandidat des Politbüros.
Sein politischer Aufstieg wurde 1953 gebremst, nachdem er nach dem Aufstand des 17. Juni als Anhänger der Zaisser-Herrnstadt-Gruppe seiner Funktionen enthoben wurde. Im August 1953 wurde er als 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Berlin durch Alfred Neumann ersetzt.[2] Anschließend war er bis September 1957 als Vorsitzender des Rates des Bezirkes Neubrandenburg tätig. Nach dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 erfolgte die Rehabilitierung, im Februar 1957 wurde er zusammen mit Alexander Abusch und Franz Dahlem als Mitglied in das Zentralkomitee der SED kooptiert.[3] Im Februar 1958 wurde er als Nachfolger von Franz Peplinski zum Stellvertreter des Ministers des Innern und Staatssekretär für Angelegenheiten der örtlichen Räte berufen.[4] 1960/61 war er Staatssekretär und Leiter des Sekretariats des Ministerrats, von November 1961 bis Mai 1963 Minister und Leiter der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle (Nachfolger von Ernst Wabra).[5] Von Mai 1963 bis 1965 wirkte er als Mitglied des Präsidiums und Sekretär des Bundesvorstandes des FDGB.[6]
Mitglied der Volkskammer war Hans Jendretzky von 1950 bis 1954 sowie erneut ab 1958. 1965 übernahm er den Vorsitz der FDGB-Fraktion im Parlament. Nach dem Rücktritt des Volkskammerpräsidenten Horst Sindermann und des restlichen Präsidiums leitete er nach dem Verzicht von Wilhelmine Schirmer-Pröscher als Alterspräsident am 13. November 1989 bis zur Wahl von Günther Maleuda die Sitzung der Volkskammer. Sämtliche Parteiämter und Mandate musste er dann im Verlauf der Wende und friedlichen Revolution in der DDR aufgeben.
Seine erste Ehefrau war die Arbeiterin Margareta Michaelis. Diese Ehe wurde nach zwölf Jahren 1932 geschieden[7]. Seine zweite Ehefrau war die bekannte Schauspielerin Marta Husemann († 1960)[8], die dritte Ehefrau war die Richterin Irmgard Jendretzky geb. Eisermann (1918–2010)[9], die 1997 wegen der Waldheimer Prozesse zu vier Jahren Haft verurteilt wurde.
Die Urnen von Hans, Marta und Irmgard Jendretzky wurden in der Grabanlage Pergolenweg der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Berliner Zentralfriedhof Friedrichsfelde beigesetzt.[10]
Ehrungen
- 6. Mai 1955 Vaterländischer Verdienstorden in Silber
- 1957 Orden Banner der Arbeit
- 1959 Vaterländischer Verdienstorden (Ausprägung unbekannt)
- 1960 Ernst-Moritz-Arndt-Medaille
- 1962 Karl-Marx-Orden
- 1965 Vaterländischer Verdienstorden (Ausprägung unbekannt)
- 1970 Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden
- 1972 Stern der Völkerfreundschaft
- 1977 Großer Stern der Völkerfreundschaft
- 1982 Ehrentitel Held der Arbeit
- 1987 Vaterländischer Verdienstorden in Gold
Veröffentlichungen
- Mehr produzieren! Richtig verteilen! Besser leben! Berlin 1947.
- Prag, der erste, aber entscheidende Schritt. Berlin 1947.
- Die neuen deutschen Gewerkschaften und der 9. November 1918. Berlin 1948.
- mit Paul Lähne: Die Aufgaben der Gewerkschaften in der Bergbauwirtschaft. Berlin 1948.
- Neue deutsche Gewerkschaftspolitik. Dargestellt in Reden und Beiträgen. Berlin 1948.
- Die Reparationsfrage. Berlin 1948.
- Sie hetzen – wir bauen auf. Für die Einheit Berlins, gegen die Spalterwahlen. Berlin 1948.
- Aufbauplan Berlin – ein Friedensplan für ganz Deutschland. Berlin 1951.
- Zu einigen Aufgaben der örtlichen Organe der Staatsmacht im Siebenjahrplan. Berlin 1960.
- Der gewerkschaftliche Kampf um Frieden, Einheit und Sozialismus 1945–1948. Aus Reden und Aufsätzen. Berlin 1961.
- Die neuen Aufgaben der staatlichen und gesellschaftlichen Kontrolle. Berlin 1962.
- Die Einheit ist der Fels, auf dem die Zukunft der Arbeiterklasse ruht. Erinnerungen an wichtige Etappen meines Wirkens in der Arbeiterbewegung. Berlin 1987.
Literatur
- Hermann Weber, Andreas Herbst: Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. Dietz, Berlin 2004, ISBN 3-320-02044-7, S. 344–345.
- Bernd-Rainer Barth, Helmut Müller-Enbergs: Jendretzky, Hans. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Lutz Heuer: Aus dem Leben des Politikers, Antifaschisten und Gewerkschafters Hans Jendretzky, (*20.07.1897, † 02.07.1992) trafo-verlag, Berlin 2017, ISBN 978-3-86464-141-1.
Einzelnachweise
- Geburtsregister StA Berlin XI Nr. 2104/1897.
- Neues Deutschland vom 9. August 1953
- Neues Deutschland vom 3. Februar 1957
- Neues Deutschland vom 16. Februar 1958
- Neues Deutschland vom 28. November 1961
- Neues Deutschland vom 16. Mai 1963
- Heiratsregister StA Berlin-Steglitz Nr. 385/1920.
- Heiratsregister StA Berlin-Schöneberg II Nr. 327/1938.
- Heiratsregister StA Berlin-Pankow Nr. 13/1961.
- Irmgard Jendretzky. Abgerufen am 1. März 2019.
Weblinks
- Literatur von und über Hans Jendretzky im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Nachlass Bundesarchiv NY 4431