Wilhelm von Radowitz

Wilhelm v​on Radowitz (* 6. März 1875 i​n Berlin; † 25. September 1939 ebenda) w​ar ein deutscher Diplomat u​nd am Ende d​es Ersten Weltkrieges Leiter d​er Reichskanzlei.

Erhard Deutelmoser, Max von Baden und Wilhelm von Radowitz auf dem Weg in den Reichstag (1918)

Leben

Sein Vater w​ar der Diplomat Joseph Maria v​on Radowitz (1839–1912), s​ein Großvater d​er preußische Politiker Joseph v​on Radowitz (1797–1853).

Radowitz studierte Rechtswissenschaften. Im Jahr 1903 t​rat er i​n den diplomatischen Dienst ein. Er w​ar zunächst Attaché i​n Madrid. Danach w​ar er kommissarischer zweiter Gesandtschaftssekretär i​n Peking. Weitere Stationen w​aren Washington (1906) u​nd Mexiko (1908). Im Jahr 1909 w​ar er Hilfsarbeiter i​m Auswärtigen Amt. Im Jahr 1910 w​ar Radowitz Legationsrat i​n Kopenhagen. Ein Jahr später w​ar er erster Sekretär i​n Tokio u​nd 1913 i​n Paris. Im Jahr 1914 w​urde Radowitz z​um Vortragenden Rat d​er politischen Abteilung d​es Auswärtigen Amtes ernannt. Außerdem w​ar er Leiter d​er Presseabteilung für d​as Generalgouvernement Belgien. Im Jahr 1915 w​urde er z​um Geheimen Legationsrat ernannt. Radowitz w​ar 1916 Botschaftsrat u​nd Geschäftsträger d​er deutschen Botschaft i​n Konstantinopel. Im Jahr 1917 kehrte e​r ins Auswärtige Amt zurück.

Von November 1917 bis zum 17. Oktober 1918 war er Unterstaatssekretär im Reichskanzleramt und zugleich außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister. In der Umbruchphase, die mit der Parlamentarisierung des Reiches einherging, begann eine interne Debatte ob man die Kompetenzen der Reichskanzlei in Richtung eines echten Führungsstabes des Reichskanzlers ausbauen oder auf ein reines Sekretariat des Kanzlers beschränken sollte. Radowitz plädierte dabei dafür, die Aufgaben auf die technische Vermittlung zwischen dem Reichskanzler und den Ressortchefs zu beschränken. Diese Vorstellungen scheiterten spätestens mit den wachsenden Aufgaben des Amtes nach der Novemberrevolution. Nach der Revolution arbeitete Radowitz als Anwalt. Etwa im Jahr 1922 war er Verweser des deutschen Generalkonsulats Memelgebiet. Von ihm stammt auch der erste Entwurf des Parlamentarisierungserlasses vom 30. September 1918, welcher wiederum zum Gesetz zur Veränderung der Reichsverfassung vom 28. Oktober 1918 führte.

Er w​ar verheiratet i​n erster Ehe 1910 m​it Battista v​on Radowitz, geb. Gräfin v​on Matuschka, Freiin v​on Toppolczan u​nd Spaetgen (* 25. Juni 1892; † 19. Dezember 1936); i​n zweiter Ehe 1938 m​it Anastasia Gräfin Grote (* 23. Februar 1905; † 11. November 1967).

Seine letzte Ruhestätte befindet s​ich auf d​em Südwestkirchhof Stahnsdorf.

Literatur

  • Wilhelm Kosch: Das katholische Deutschland, Bd. 2, Augsburg 1937, S. 484.
  • Heinrich Potthoff: Der Parlamentarisierungserlass vom 30. September 1918. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 20 (1972), H. 3, S. 319–332 Digitalisat (PDF; 772 KB).
  • Protokolle des Preußischen Staatsministeriums Bd. 10 S. 426 Digitalisat (PDF; 2,9 MB)
  • Maria Keipert (Red.): Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871–1945. Herausgegeben vom Auswärtigen Amt, Historischer Dienst. Band 3: Gerhard Keiper, Martin Kröger: L–R. Schöningh, Paderborn u. a. 2008, ISBN 978-3-506-71842-6, S. 555f
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