FSB (Geheimdienst)
Der FSB ist der Inlandsgeheimdienst der Russischen Föderation. Der russische Name Федеральная служба безопасности Российской Федерации Federalnaja sluschba besopasnosti Rossijskoi Federazii (ФСБ) bedeutet „Föderaler Dienst für Sicherheit der Russischen Föderation“.
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Gründung | 3. April 1995 |
Land | Russische Föderation |
Aufgabe der Behörde | Inlandsgeheimdienst |
Hervorgegangen aus | KGB |
Direktor | Alexander Bortnikow |
Dienstsitz | Lubjanka, Moskau |
Budget | geheim |
Mitarbeiter | ungefähr 350.000 Mitarbeiter, davon ca. 200.000 Grenztruppen |
Unterstellte Spezialeinheit | Alfa Wympel |
Website | www.fsb.ru |
Dem FSB untersteht – mit Ausnahme der Auslandsspionage und des Föderalen Schutzdienstes – die gesamte Infrastruktur des früheren KGB (Komitee für Staatssicherheit). Seine Aufgaben erstrecken sich vor allem auf den Staatsschutz, die Inlandsspionage und den Grenzdienst. Hauptsitz des FSB ist Moskau.
Geschichte
Der FSB ist praktisch der Nachfolger des KGB, mit der Beschränkung auf Inlandsaufgaben. Während der KGB ein sowjetischer Geheimdienst war und sich auf die gesamte Sowjetunion erstreckte, ist der FSB nur in der Russischen Föderation tätig.
1991: MSB – Interrepublikanischer Sicherheitsdienst
Am 28. November 1991 unterschrieb Michail Gorbatschow in seiner Funktion als Präsident der Sowjetunion den Ukas „Über die Bestätigung der zeitweiligen Lage im Interrepublikanischen Sicherheitsdienst – MSB“ (Об утверждении Временного положения о Межреспубликанской службе безопасности – МСБ).
1991–1993: MB – Ministerium für Sicherheit
Am 19. Dezember 1991 unterzeichnete der russische Präsident Boris Jelzin eine Anweisung zur Gründung des Ministeriums für Sicherheit der Russischen Föderation – MB (Министерство безопасности Российской Федерации – МБ). Die korrekte Bezeichnung in der Langform ist „Ministerium für Sicherheit und innere Angelegenheiten der Russischen Föderation“ – MBWD (Министерство безопасности и внутренних дел РФ – МБВД).
Am 14. Januar 1992 annullierte das Verfassungsgericht der Russischen Föderation diese Anweisung wegen Nichtübereinstimmung mit der russischen Verfassung. Am 24. Januar wurde die Anweisung dann in endgültiger Form erlassen und trat in Kraft.
Nach der Auflösung der Sowjetunion am 25. Dezember 1991 gründete Jelzin einen eigenen russischen Geheimdienst, der den existierenden sowjetischen Geheimdienst KGB beerbte. Er kämpfte in den Monaten vor der Auflösung der Sowjetunion auf russischer Seite gegen Gorbatschow, der die Interessen der Sowjetunion vertrat und letztendlich unterlag. Bereits im Juni 1991 hatte Jelzin die erste Präsidentschaftswahl Russlands gewonnen.
1993–1995: FSK – Föderaler Dienst für Gegenaufklärung
Am 21. Dezember 1993 unterschrieb Jelzin die Anweisung für die Auflösung des Ministeriums für Sicherheit (MB) und die Bildung des Föderalen Dienstes für Gegenaufklärung (Федеральна служба контрразведки – ФСК) – FSK. Der Dienst arbeitete mit dieser Bezeichnung von 1993 bis 1995 als Nachfolger des MB.[1] Im August 1994 vereinbarten BND-Leiter Bernd Schmidbauer und der damalige FSK-Chef Sergei Stepaschin zusammenzuarbeiten. 1996 bat der FSK in einem Schreiben an das deutsche Justizministerium um Rechtshilfe im Zusammenhang mit dem Münchner Plutoniumschmuggel vom August 1994. Der FSK gab zu, dass die beschlagnahmten 363 Gramm Plutonium aus Obninsk, dem ältesten Kernkraftwerk der Welt (seit 1954), 80 Kilometer südwestlich von Moskau stammten.[2]
Seit 1995: FSB – Föderaler Sicherheitsdienst
Am 3. April 1995 unterschrieb Jelzin das „Gesetz über die Organe des Föderalen Sicherheitsdienstes der Russischen Föderation“ (Закон об органах Федеральной службы безопасности в Российской Федерации) – FSB. Der FSB wurde somit zum Nachfolger des „Gegenspionage-Dienstes“ FSK.
Das Gesetz beschreibt die drei Hauptaufgaben des FSB:
- Spionageabwehr (Paragraph 9)
- Bekämpfung der Kriminalität (Paragraph 10)
- Spionage/Aufklärung (Paragraph 11)
Die häufige Umbenennung der Geheimdienste hat schon seit 1918 in Russland eine lange Tradition und war mit dem stetigen Umbau der Organisationsstrukturen verbunden.
Ende Dezember 2007 berichtete der FSB, dass der britische Auslandsgeheimdienst Secret Intelligence Service (MI6) den ehemaligen russischen Geheimdienstler Wjatscheslaw Scharkow angeworben und mit der Beschaffung von Geheimdaten beauftragt hat. Scharkow habe sich allerdings im Juni 2007 freiwillig dem FSB gestellt und vier weitere MI6-Agenten enttarnt.
Im Juli 2010 unterzeichnete der russische Präsident Dmitri Anatoljewitsch Medwedew ein Gesetz zur Ausweitung des Mandats des FSB. Es reicht nun ein Verdacht auf ein mögliches Verbrechen, damit der FSB gegen Bürger ermitteln kann.[3] Die Menschenrechtsbeauftragte der Regierung Ella Pamfilowa erklärte einen Tag nach Inkrafttreten des Gesetzes ihren Rücktritt. Sie hatte Medwedew aufgefordert, die Rechte des FSB nicht zu erweitern.[4]
URPO
Seit 1996 besteht eine Sonderabteilung im FSB, genannt Uprawlenije Rasrabotki Prestupnych Organisazi (URPO), deutsch: Direktion zur Infiltration krimineller Organisationen. Die Aufgabe dieser Sonderabteilung besteht darin, in kriminelle Strukturen einzudringen und die führenden Köpfe zu ermitteln. Die Abteilung hat eine Mannschaftsstärke von etwa 150.
RISS
Das Russische Institut für Strategische Studien (RISS) gilt als Denkfabrik des FSB.[5] Seit 2009 untersteht es der Verwaltung des Russischen Präsidenten.[6]
Institut für Kriminalistik
Laut Recherchen mehrerer Medien unter Führung von Bellingcat ist das Institut für Kriminalistik des FSB für Anschläge auf Aktivisten und Politiker verantwortlich.[7]
Skandale und Staatsterrorismus
Der FSB wird, genauso wie der Militärgeheimdienst GRU, mit zahlreichen staatsterroristischen Attentaten in Verbindung gebracht. Dazu zählen etwa die Sprengstoffanschläge auf Moskauer Wohnhäuser 1999, die Vergiftung von Alexander Litwinenko mit 210Polonium 2006 in London, sowie der Giftanschlag auf Alexei Nawalny 2020 mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok.
Korruption und „FSBisierung“ des Staates
Der FSB bekleidet mittlerweile, ähnlich wie der KGB während der Sowjetära, unter den staatlichen Organen eine zentrale Stellung. Vor allem seit dem Amtsantritt von Wladimir Putin, selbst ehemaliger FSB-Direktor, erhalten der FSB und andere Nachrichtendienste wieder mehr Gewicht. So ernannte Putin seinen langjährigen Vertrauten Nikolai Platonowitsch Patruschew zum Chef des FSB und unterstellte ihn direkt ihm als Präsidenten.
Durch verschiedene Reformen wurden der FSB und sein Einfluss im Staat kontinuierlich ausgebaut. Beispielsweise wurden die Grenztruppen und die Föderale Agentur für Regierungskommunikation und -information (FAPSI) größtenteils in den FSB integriert. In der Folgezeit platzierte Putin mindestens 150 ehemalige KGB- bzw. FSB-Kader in wichtige politische und ökonomische Bereiche. Dazu gehören die Russische Präsidialverwaltung, die als einträgliche Einnahmequelle geltenden föderalen Zolldienste, der Sicherheitsrat und noch andere Regierungsposten.
Verbindungen zum FSB haben auch der stellvertretende Sekretär des Ständigen Komitees der Russisch-Belarussische Union, der Generaldirektor der Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft (bis 2015) und der ständige Vertreter Russlands bei der NATO. FSB-Agenten sind auch in der freien Wirtschaft vertreten, auffallend oft in den Vorständen von Erdgas- und Erdölunternehmen, wie Gazprom, Rosneft, Slavneft, Sibur, Itera und Nowatek. Bedeutende private Ölkonzerne wie Yukos und Sibneft wurden unter Putins Präsidentschaft von den staatlichen Firmen Rosneft und Gazprom übernommen und stehen damit ebenfalls unter dem Einfluss des FSB.
In Bezug auf Russland spricht man nicht mehr nur von „gelenkter Demokratie“, sondern von „gelenktem Kapitalismus“.
Massenüberwachung
Im August 2006 verfügte die russische Regierung verfassungswidrig, dass der FSB und das Innenministerium unbegrenzten Zugriff auf Datenbanken von Telekommunikationsgesellschaften erhalten. Die Staatsorgane können derart sehen, wer mit wem wie lange und wo telefoniert, und bekommen so einen beträchtlichen Einblick in die Privatsphäre der russischen Bürger.[8]
Sonstiges
- Ein 35-jähriges Mitglied der russischen Botschaft in Berlin, welches laut deutschen Sicherheitsbehörden ein getarnter FSB-Mitarbeiter war, starb Mitte Oktober 2021 nach einem Fenstersturz aus einer Wohnung der Botschaft. Die Umstände des Todes sind ungeklärt. Teile der russischen Opposition sehen bei dem zu Tode gekommenen Mann eine Verbindung zum Mordfall Selimchan Changoschwili. Der Mord an Changoschwili wurde laut einem deutschen Gericht von Russland beauftragt.[9][10]
Leiter des FSB
- Wiktor Pawlowitsch Barranikow (1992–1993) (MB)
- Nikolai Michailowitsch Goluschko (1993–1994) (MB, FSK)
- Sergei Wadimowitsch Stepaschin (1994–1995) (FSK, FSB)
- Michail Iwanowitsch Barsukow (1995–1996) (FSB)
- Nikolai Dmitrijewitsch Kowaljow (1996–1998) (FSB)
- Wladimir Wladimirowitsch Putin (1998–1999) (FSB)
- Nikolai Platonowitsch Patruschew (1999–12. Mai 2008) (FSB)
- Alexander Wassiljewitsch Bortnikow (seit 12. Mai 2008) (FSB)
Weblinks
- Offizielle Webseite des FSB (russisch)
- Schwert und Schild – Russlands Geheimdienste: FSB und Putins Russland (Folge 3) in der ZDF-Mediathek (45 Min.), abrufbar bis 17. Juli 2023
Einzelnachweise
- Sakwa, Richard. Russian Politics and Society (4th ed.), S. 98.
- Jürgen Marks: PLUTONIUM. Freundliche Grüße aus Moskau. In: Focus. Band 1996, Nr. 7 (focus.de [abgerufen am 25. Februar 2014]).
- Tagesschau: Mehr Macht für Russlands Inlandsgeheimdienst (Memento vom 30. Juli 2010 im Internet Archive)
- zeit.de: Kritische Kreml-Beauftragte Ella Pamfilowa tritt zurück (Abgerufen am 31. Juli 2010).
- Moskau ruft auf der Krim eine weitere „Werkstatt für Informationskrieg“ ins Leben, RFERL, 16. April 2015.
- Robert Coalson: New Greek Government Has Deep, Long-Standing Ties With Russian 'Fascist' Dugin. In: Rferl.org (RFE/RL). 28. Januar 2015, abgerufen am 17. April 2015.
- spiegel.de
- Schweizer Dienst für Analyse und Prävention: Organisierte Kriminalität und Nachrichtendienst aus der GUS, Juni 2007, S. 2–3; russische Übersetzung unter: Сотрудничество ФСБ и ОПГ. Аналитический отчет контрразведки Швейцарии, vom 16. Mai 2016, abgerufen am 22. Mai 2020.
- Auswärtiges Amt bestätigt Todesfall an russischer Botschaft. In: Zeit.de. Abgerufen am 31. Dezember 2021.
- Ein Mord in Russlands Auftrag in Berlin. In: derstandard.de. Abgerufen am 31. Dezember 2021 (österreichisches Deutsch).