FRETILIN
Die FRETILIN (auch Fretilin, portugiesisch Frente Revolucionária de Timor-Leste Independente; deutsch Revolutionäre Front für die Unabhängigkeit von Osttimor) ist eine linksorientierte Partei in Osttimor. Als eine der größten Parteien des Landes hatte sie eine zentrale Rolle im Unabhängigkeitskampf Osttimors und ist eine der relevanten Kräfte in der heutigen Politik des südostasiatischen Landes. Das Hauptquartier der FRETILIN befindet sich an der Avenida Nicolau Lobato in Dilis Suco Fatuhada (Aldeia Zero III).
Geschichte
Gründung
Nach der Nelkenrevolution in Portugal im April 1974 wurden auch in der Kolonie Portugiesisch-Timor die ersten Parteien gegründet und später vom neuen Gouverneur Mário Lemos Pires legalisiert als Vorbereitung für freie Wahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung. Am 20. Mai wurde als linksorientierte Partei die Associação Social Democrática Timorense (ASDT) (Timoresische Sozialdemokratische Assoziation, die heutige ASDT ist eine spätere Gründung) gegründet. Die Gründungsmitglieder waren:[1]
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Erster Präsident wurde Francisco Xavier do Amaral, Nicolau Lobato Vizepräsident.[1] Sie strebte eine schnelle Unabhängigkeit von Portugal an, während andere Parteien eine lockere Bindung an die alte Kolonialmacht oder den Anschluss an Indonesien oder Australien propagierten. Generalsekretär wurde Alarico Fernandes, zweiter Generalsekretär war Justino Mota, Sekretär für politische Angelegenheiten Marí Alkatiri und Sekretär für Außenbeziehungen José Ramos-Horta.[2] Königin Maria de Manufahi, die Witwe des Rebells Boaventuras von 1912, wurde im Juni 1974 Mitglied der Partei, was der Bewegung eine besondere Aura für die Bevölkerung einbrachte.[3][4]
Am 11. September 1974 wurde die ASDT in FRETILIN umbenannt. Viele der Parteigründer waren die Söhne von Liurai und waren als Lehrer oder in der Verwaltung tätig. Ihre Unterstützer fand die FRETILIN aber nicht nur unter vielen prominenten Liurai, sondern auch in den Dörfern. Der FRETILIN wurde von Australien und Indonesien vorgeworfen marxistisch zu sein, allerdings war sie mehr eine Sammlungsbewegung. Francisco Borja da Costa rechnete man den Kommunisten zu, Nicolau Lobato war mehr ein christlicher Marxist, doch Amaral war Konservativer und Ramos-Horta Sozialdemokrat[2][5][6] Die Studenten aus dem Casa dos Timores, die um die Jahreswende 1974/75 aus Lissabon zurückkehrten und zu der auch die Gründerin María do Céu Pereira gehörte, waren deutlich stärker sozialistisch-maoistisch ausgerichtet. Sie hatten in Portugal unter anderem Kontakt mit Amílcar Cabral aus Portugiesisch-Guinea und anderen linken, afrikanischen Nationalisten, die auch die marxistische FRELIMO in Mosambik beeinflussten. Der neue Name FRETILIN war nun eine Anlehnung, die die Angst vor einem kommunistischen Osttimor schürte und mit ein Grund für die Unterstützung der USA und Australiens für die spätere indonesische Invasion war.
Im Frühjahr 1975 konnte die FRETILIN sich auf eine Mehrheit der Bevölkerung in ganz Osttimor stützen. Am 13. März 1975 wurden im Rahmen des Dekolonisationsprogramms Wahlen im Distrikt Lautém durchgeführt. Ziel war es, die traditionellen Herrschersysteme zu ersetzen. Bei diesem Pilotprojekt für Lokalwahlen gab es keine Parteilisten oder -kandidaten. Die Wähler warfen einfach Kieselsteine in Körbe der Kandidaten, um ihre Stimme abzugeben. FRETILIN-nahe Kandidaten konnten sich hier mit 55 % der Stimmen durchsetzen. Den zweiten Platz belegten Kandidaten der União Democrática Timorense (UDT), die eine enge Bindung zur ehemaligen Kolonialmacht Portugal bevorzugte. Von Januar bis Mai 1975 bestand eine Koalition zwischen FRETILIN und UDT, die dann aber zerbrach.
Unabhängigkeitskampf
Im Sommer 1975 brachen, nach Intrigen des indonesischen Geheimdienstes Bakin, zwischen der UDT und der FRETILIN Kämpfe aus. Am 10. August versuchte die UDT einen Putsch, um der wachsenden Popularität der FRETILIN etwas entgegenzustellen. In Dili kam es zu Straßenkämpfen. Gouverneur Pires floh auf die vorgelagerte Insel Atauro und versuchte von dort ein Abkommen zwischen den beiden Parteien auszuhandeln. Von der FRETILIN wurde er gedrängt, zurückzukehren und die Entkolonialisierung voranzutreiben, aber Pires bestand darauf, auf Anweisungen aus Lissabon zu warten. Osttimoresen, die bisher in der portugiesischen Armee dienten, unterstützten die FRETILIN im Kampf und bildeten den Kern der später gegründeten Forças Armadas de Libertação Nacional de Timor-Leste FALINTIL (Bewaffnete Kräfte zur nationalen Befreiung Osttimors). Am 27. August konnte sich die besser bewaffnete und von der Bevölkerung breiter unterstützte FRETILIN endgültig durchsetzen und die Kontrolle in Dili übernehmen. Insgesamt starben etwa 2.000 Menschen. Der FRETILIN werden Menschenrechtsverletzungen während dieser Zeit vorgeworfen. So musste sie eingestehen, dass gefangene UDT-Anhänger ermordet wurden. 500 Kämpfer der UDT und 2.500 Zivilisten flohen in das indonesische Westtimor. Hier wurden sie gezwungen, nun den Anschluss Osttimors an Indonesien zu unterstützen.
Indonesien nutzte den kurzen Bürgerkrieg, um zu behaupten, in Portugiesisch-Timor herrschten Anarchie und Chaos, doch nur einen Monat später besuchten Hilfsorganisationen aus Australien und anderen Ländern die Kolonie und bezeichneten die Situation als stabil. Die FRETILIN hatte durch die große Unterstützung in der Bevölkerung schnell wieder für Ruhe und Ordnung gesorgt. Auch ehemalige UDT-Anhänger, die geblieben waren, arbeiteten nun wieder mit ihr zusammen. Ab dem 8. Oktober besetzten indonesische Truppen nach und nach die Grenzgebiete Osttimors. Angesichts dieser Bedrohung rief die FRETILIN am 28. November 1975 einseitig die Unabhängigkeit der Demokratischen Republik Osttimor aus, weil man als unabhängige Nation sich mehr Unterstützung durch die UN erhoffte. Amaral wurde erster Präsident, Lobato erster Premierminister. Am 7. Dezember folgte bereits die großangelegte Invasion Osttimors durch Indonesien.
Auf dem FRETILIN-Kongress vom Mai 1976 in Soibada wurde Lobato offiziell zum militärischen Kommandanten erhoben. Der osttimoresische Widerstand operierte als Guerilla aus den Bergen heraus. Ende 1976 kam es zu internen Streitigkeiten um die Ausrichtung der FRETILIN im Osten des Landes. Die lokalen FRETILIN-Führer Aquiles Freitas Soares (Quelicai) und Francisco Ruas Hornay wurden infolgedessen verhaftet und hingerichtet. 1977 wurde Amaral wegen Meinungsverschiedenheiten über das Vorgehen gegen die indonesische Besatzung von der FRETILIN abgesetzt. Bis 1980 waren 47 von den 50 Gründungsmitgliedern des FRETILIN-Zentralkomitees (CCF) durch die Invasion und Besetzung umgekommen. Die einzigen, die den Krieg gegen Indonesien überlebten, waren Xanana Gusmão und Ma'huno Bulerek Karathayano.[7] Guilhermina Araújo überlebte, weil sie bereits im Dezember 1974 nach Portugal ging.[1]
1981 wählte eine geheime Nationalkonferenz Xanana Gusmão in Lacluta zum Chef der FALINTIL, als Nachfolger des getöteten Nicolau dos Reis Lobatos. Unter seiner Führung vertraute die FALINTIL mehr auf heimliche Untergrundnetzwerke und setzte kleine Gruppen ein, um indonesische Ziele anzugreifen. Gusmão koordinierte den Kampf, bis er 1992 bei einer großangelegten Operation mit 40.000 indonesischen Soldaten verhaftet wurde. 1996 erhielten José Ramos-Horta, der Vertreter des osttimoresischen Widerstands bei der UNO in New York, und sein Landsmann Bischof Carlos Filipe Ximenes Belo den Friedensnobelpreis.
Am 31. März 1986 wurde die Nationale Timoresische Konvergenz (Convergencia Nacional Timorense CNT) von UDT, FRETILIN, Klibur Oan Timur Asuwain (KOTA) und der Partido Trabalhista (Arbeiterpartei) als Dachverband gegründet. Doch es gab immer wieder Spaltungen und Machtkämpfe zwischen den einzelnen Gruppierungen. Der Pakt zerfiel wieder. Am 20. August 1987 wurde die FALINTIL von Gusmão von einer Parteiarmee der FRETILIN zu einer nationalen Armee des osttimoresischen Widerstands umgewandelt. Gusmão blieb ihr Anführer. Auf einem Kongress gründeten schließlich Gusmão und José Ramos-Horta, Sprecher der osttimoresischen Exilregierung und ihr Vertreter bei den Vereinten Nationen, 1988 den Conselho Nacional de Resistência Maubere CNRM (Nationalrat des Widerstandes der Maubere, später Conselho Nacional de Resistência Timorense CNRT) als neuen Dachverband des osttimoresischen Widerstands. Xanana Gusmão wurde zum Präsidenten des CNRM gewählt, weswegen er aus der FRETILIN austrat, um nicht als parteiisch zu gelten. Gleiches tat Ramos-Horta. UDT und KOTA lehnten zunächst eine Zusammenarbeit ab. Die FALINTIL wurde dem CNRM unterstellt und die Führung in der FRETILIN übernahm 1988 ein Direktivkomitee. Sekretär des Direktivkomitees der FRETILIN (CDF) wurde Ma'huno Bulerek Karathayano. Seine Stellvertreter wurden Francisco Lu-Olo Guterres, Mau Hodu und Nino Konis Santana. Nach der Gefangennahme von Gusmão 1992 übernahm Ma'huno von ihm auch die Führung der FALINTIL. Ma'huno wurde im April 1993 von den Indonesiern gefangen genommen und auch Mau Hodu ereilte das gleiche Schicksal. Neuer Sekretär des CDF und FALINTIL-Führer wurde Nino Konis Santana. Er starb im März 1998. Den Sekretärsposten des CDF übernahm Francisco Lu-Olo Guterres.[8]
Indonesiens Diktator Suharto trat im Mai 1998 zurück und es begannen Verhandlungen zur Lösung des Osttimorkonflikts. Guterres wurde auf der Nationalen Sonderkonferenz vom 15. bis 20. August 1998 in Sydney zum Generalkoordinator des FRETILIN-Präsidialrats gewählt, dem nun höchsten Amt in der Partei. Stellvertreter wurden Marí Alkatiri für die diplomatische Front und Ma'huno für die Front im Untergrund. Ma'huno war bereits 1995 durch eine Amnestie wieder freigelassen worden. Der CDF als Parteiorgan wurde abgeschafft.[8] Am 30. August 1999 stimmten bei einem Referendum 78,5 % der Bevölkerung für die Unabhängigkeit Osttimors von Indonesien. Vor und nach dem Referendum kam es zu Massenmorden und Vertreibungen durch pro-indonesische Milizen und das indonesische Militär. Eine internationale Friedenstruppe unter australischer Führung landete und sorgte wieder für Ruhe und Ordnung. Osttimor kam unter UN-Verwaltung.
Im Mai 2000 fand eine Generalkonferenz der Kader der FRETILIN in Dili mit 1.250 Delegierten aus ganz Osttimor und allen Ländern statt, in denen es timoresische Exilanten gab. Auf dem außerordentlichen Parteikongress im Juli 2001 wurde Lu-Olo zum Parteivorsitzenden und Alkatiri zum Generalsekretär gewählt. Bis zu dem CNRT-Kongress im August schlossen sich auch die neuen osttimoresischen Parteien PST, UDC, PSD und auch die alten Parteien KOTA, die pro-indonesische APODETI und die Arbeiterpartei dem CNRT an. Nach dem Kongress traten jedoch FRETILIN und UDT aus dem CNRT aus, um sich bei den anstehenden Wahlen als eigenständige Parteien präsentieren zu können. Am 30. August 2001 wurden freie Wahlen abgehalten. Die FRETILIN erhielt 57,37 % der Stimmen und wurde damit stärkste Kraft im Parlament. Am 20. Mai 2002 wurde Osttimor endgültig unabhängig.
Die FRETILIN an der Regierung im unabhängigen Osttimor
Die FRETILIN ist assoziiertes Mitglied in der Sozialistischen Internationale.
Im Oktober 2005 hat die Empfangs-, Wahrheits- und Versöhnungskommission (Comissão de Acolhimento, Verdade e Reconciliacão de Timor-Leste CAVR) einen über 2.000 Seiten starken Bericht über die Auswirkungen der indonesischen Besetzung veröffentlicht. Auch der FRETILIN werden für die Zeit von 1974 bis 1999 Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Im Bericht werden 1.297 illegale Tötungen (Mord), 71 Fälle von Verschwinden von Personen, über 3.000 Verhaftungen, fast 1.000 Fälle von Misshandlungen, sexuelle Übergriffe, über 400 Fälle von Zwangsumsiedlung, erzwungene Rekrutierung und Zerstörung von Privateigentum aufgeführt. Diese Vorfälle fanden aber mehrheitlich in den 1980ern statt.
Die FRETILIN hatte mit 55 der 88 Sitze im ersten Nationalparlament Osttimors die absolute Mehrheit, war aber in mehrere Gruppen innerlich zersplittert. Bis auf einen Unabhängigen waren alle Distriktabgeordneten im Parlament Vertreter der FRETILIN. Der Parteivorsitzende der FRETILIN Francisco Guterres (seit Juli 2001) war Parlamentspräsident. Der Generalsekretär Marí Alkatiri wurde erster Premierminister Osttimors, musste aber infolge der Unruhen in Osttimor 2006 ebenso wie zwei seiner Minister zurücktreten. Alkatiris Nachfolger als Premierminister wurde José Ramos-Horta, der aber, ebenso wie Osttimors Staatspräsident Xanana Gusmão, bereits 1988 aus der Partei ausgetreten war, um eine parteipolitisch neutrale Position im CNRT zu übernehmen. José Luís Guterres, der unter Ramos-Horta Außenminister wurde, scheiterte bei dem Versuch, mit Hilfe seiner Gruppe FRETILIN Mudança auf einem chaotischen Parteitag Alkatiri auch als Generalsekretär der FRETILIN zu stürzen. Alkatiri blieb Generalsekretär und die Nummer Zwei in der Parteihierarchie hinter Francisco Guterres.
Machtverlust
Francisco Guterres trat für die FRETILIN bei der Präsidentschaftswahl 2007 an und konnte im ersten Wahlgang am 9. April mit 27,89 % die meisten Stimmen auf sich vereinen. Bei der Stichwahl gegen José Ramos-Horta am 8. Mai 2007 verlor Guterres aber mit 30,82 %.
Die Parlamentswahlen am 30. Juni 2007 brachten für die FRETILIN schmerzhafte Verluste. Sie erhielt nur noch 29,02 %, wurde aber mit 21 Sitzen trotzdem die stärkste Kraft im Parlament. Allerdings schlossen sich vier Parteien zu einer Koalition namens Aliança da Maioria Parlamentar AMP zusammen, die mit 37 Sitzen knapp über die absolute Mehrheit verfügt. Es entbrannte ein Streit, ob die FRETILIN nun laut Verfassung eine Regierung führen müsse oder ob die AMP alleine eine Regierung bilden könne. Da keine Einigung zwischen den Blöcken erzielt werden konnte, entschied sich Staatspräsident Ramos-Horta schließlich die AMP mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Generalsekretär Marí Alkatiri nannte diese Regierung nicht verfassungsmäßig und illegal. Drohungen, Parlamentssitzungen zu boykottieren und beim Obersten Gericht zu klagen, wurden aber nicht in die Tat umgesetzt. Kurz nach Bekanntgabe der Regierungsbildung durch die AMP kam es vor allem in Dili und den FRETILIN-Hochburgen Viqueque und Baucau zu massiven gewaltsamen Ausschreitungen, für die verschiedene Politiker die FRETILIN und speziell Alkatiri verantwortlich machen. Alkatiri distanzierte sich aber von den Gewalttätern und lehnte jegliche Verantwortung dafür ab.
Nach den Parlamentswahlen 2007 wurde Arsénio Bano zum Vizepräsidenten der FRETILIN gewählt. Der 1974 Geborene soll die Vorbereitung für einen Generationenwechsel darstellen, so die offiziellen Verlautbarungen der Partei. Bano stand bei den Parlamentswahlen bereits auf Platz 3 der Parteiliste hinter Guterres und Alkatiri.
Am 1. Mai 2008 unterschrieb die FRETILIN mit der ASDT eine Bündniserklärung zur Bildung einer Koalition nach den nächsten Wahlen, die beide Parteien nun für das Frühjahr 2009 forderten. In der darauffolgenden Zeit kam es aber dann zu keiner weiteren Annäherung der beiden Parteien und die ASDT blieb im Regierungsbündnis AMP. Die FRETILIN konzentrierte sich seit den Wahlen darauf, der Regierung ständig Versagen und Korruption vorzuwerfen und vorgezogene Neuwahlen zu fordern.
Am 20. August 2011 ließ die FRETILIN als erste Partei Osttimors durch eine direkte Wahl ihre Führung wählen. Dabei gaben 165.570 Wähler ihre Stimme ab. 95,87 % stimmten für Parteivorsitzenden Guterres und Generalsekretär Alkatiri, 4,13 % gegen sie.[9]
Die Präsidentschaftswahlen in Osttimor 2012 verliefen analog zu jenen von 2007. Guterres gewann zwar die erste Runde mit 28,76 %, verlor aber gegen Taur Matan Ruak mit 38,77 % der Stimmen.
Konflikt mit der Reformbewegung
Die Konfrontation der FRETILIN Mudança[10] mit der eigenen Partei eskalierte nach den Parlamentswahlen. Alkatiri erwirkte gegen die Angehörigen der FRETILIN Mudança Parteiausschlussverfahren, da sie Wähler aufgefordert hatten Xanana Gusmão und seiner neuen Partei Congresso Nacional da Reconstrução Timorense (CNRT) zu wählen. Der Aufforderung, die FRETILIN freiwillig zu verlassen, waren die Reformer nicht nachgekommen. Überraschend berief Gusmão dann José Luís Guterres zum stellvertretenden Premierminister. Guterres Ernennung wurde als Versuch gewertet, den Reformkräften in der FRETILIN eine Möglichkeit zur Teilnahme an der Regierung zu eröffnen.[11] Ein nachträgliches Angebot an FRETILIN-Politiker, sich im Kabinett zu beteiligen, wurde von der Parteiführung abgelehnt.[12]
Am 28. April 2011 wurde die FRETILIN Mudança als eigene Partei registriert und im August 2011 in Frenti-Mudança umbenannt. Ihr gelang 2012 bei den Parlamentswahlen am 7. Juli 2012[13] mit 3,11 % der Einzug in das Parlament. Die Frenti-Mudança ist an der neuen Regierungskoalition unter Führung des CNRT beteiligt, während die FRETILIN trotz leichter Zugewinne auf 29,87 % nun nur noch die zweitstärkste Partei im Parlament ist und dort die einzige Oppositionspartei bildet. Sie hat nun 25 Sitze. In den Distrikten Baucau (51,38 %) und Viqueque (59,52 %) erhielt die FRETILIN mehr als die Hälfte der Stimmen. Stärkste Kraft wurde sie auch in Lautém (43,86 %) und knapp in Manufahi (31,86 %).
In den Nächten vom 15. bis 17. Juli kam es in Dilis Stadtteil Comoro und anderen Außenbezirken zu gewaltsamen Ausschreitungen.[14] In Hera wurde der aus Uato-Lari stammende Student und FRETILIN-Anhänger Armindo Pereira Alves von einem Polizisten erschossen.[15] Als der Leichnam von Alves in seine Heimat zurückgebracht wurde, kam es zu einem Überfall auf die Polizeistation in Uato-Lari.[16] 15 weitere Personen, darunter vier Polizisten, wurden bei den Unruhen in Dili verletzt. 60 Autos und sieben Häuser wurden zerstört. 16 Personen nahm die Polizei fest, als diese die An-Nuur-Moschee, Osttimors größte Moschee, beschädigten.[17] Landespolizeichef Longuinhos Monteiro verneinte zwar eine politische Motivation hinter der Gewalt und die FRETILIN wies jede Verantwortung für den Gewaltausbruch von sich. FRETILIN-Generalsekretär Marí Alkatiri sprach die Schuld aber Mitgliedern des CNRT zu. Sie hätten sich in einer live im Fernsehen übertragenen Diskussion abfällig über die FRETILIN geäußert und die Unruhen provoziert.[18] CNRT-Generalsekretär Babo entschuldigte sich für die harschen Worte seiner Parteikollegen. Der Leiter der australischen Wahlbeobachter, Damien Kingsbury, machte aber auch die Enttäuschung der FRETILIN-Anhänger für die Unruhen verantwortlich, die an dem Erfolg der Kampagne zur Rückkehr an die Regierung geglaubt hatten.[19]
Am 19. Mai 2012 wurde der FRETILIN von Präsident José Ramos-Horta der Ordem de Timor-Leste verliehen. Geehrt wurde die Partei „für ihren wertvollen und unersetzlichen Beitrag“ für die Unabhängigkeit Osttimors und ihrem Beitrag zur Stabilität und Festigung der Demokratie.[20]
Teilnahme an der Allparteienregierung
2015 trat Premierminister Gusmão zurück und schlug überraschend den ehemaligen Gesundheitsminister und Mitglied des FRETILIN-Zentralkomitees Rui Maria de Araújo als seinen Nachfolger vor. Am 16. Februar wurde Araújo vereidigt. Seiner Regierung gehören alle Parteien an, die im Parlament vertreten sind (CNRT, FRETILIN, PD und FM).
Im dritten Anlauf gewann Francisco Guterres 2017 die Präsidentschaftswahlen. Er gewann gleich in der ersten Runde am 20. März mit 57,08 % die Abstimmung und wurde am 20. Mai zum neuen Präsidenten vereidigt. Dafür musste Guterres den Parteivorsitz abgeben.
Erneute Regierung und Machtspiele
Bei den Parlamentswahlen in Osttimor 2017 wurde die FRETILIN trotz leichter Verluste mit 29,65 % der Stimmen (168.480) stärkste Kraft im Parlament.[21] Sie hatte dort nun 23 Sitze, einen mehr als der CNRT.[22] Um eine Regierung bilden zu können wollte man eine Koalition mit PD und KHUNTO schließen, doch sprang die KHUNTO im letzten Moment ab. So bildete man mit der PD zusammen eine Minderheitsregierung. Alkatiri wurde am 15. September 2017 erneut zum Premierminister vereidigt.[23] Da man sich aber gegen die Mehrheit im Parlament nicht durchsetzen konnte, löste Präsident Guterres das Parlament auf und rief zu Neuwahlen am 12. Mai 2018 auf.
Zwar konnte die FRETILIN bei den Neuwahlen ihren Stimmenanteil mit 213.324 Stimmen auf 34,2 % vergrößern, doch da die Frenti Dezenvolvimentu Demokratiku (FDD) der Neueinzug in das Parlament gelang, blieb es für die FRETILIN bei 23 Sitzen im Parlament. Stärkste Kraft wurde das Bündnis der AMP, das nun mit 34 Sitzen über die Mehrheit im Parlament verfügt.[24] Zudem musste sie schwere Verluste in Oe-Cusse Ambeno verkraften, weswegen Alkatiri Wahlfälschungen vermutete und erfolglos Beschwerde gegen das Wahlergebnis einreichte.[25] Am 22. Juni wurde der neue Premierminister Taur Matan Ruak von der AMP vereidigt. Als die AMP zerbrach und sich eine Mehrheit im Parlament gegen Premierminister Taur Matan Ruak und seine PLP organisierte, gründeten FRETILIN und PLP eine gemeinsame Plattform, als Gegengewicht zum Bündnis der anderen sechs Parteien.[26] Am 23. April bestärkte die FRETILIN ihre Aussage, sie wolle die bestehende Regierung bis zum regulären Ende der Legislaturperiode unterstützen. Man wolle für Stabilität sorgen und nicht eine parlamentarische Allianz schaffen.[27]
Nachdem die KHUNTO am 29. April wieder aus der Sechs-Parteien-Allainz ausgeschert war, vereinbarten PLP und FRETILIN, leere Positionen in der VIII. Regierung mit Vertretern der FRETILIN und einem Vertreter der PD zu besetzen. Tags darauf wurde die Vorschlagsliste an Präsident Guterres übermittelt.[28] Am 29. Mai wurden die ersten Regierungsmitglieder von der FRETILIN vereidigt.[29]
Wichtige Parteimitglieder
Personen, die aus der FRETILIN ausgetreten sind, werden kursiv angegeben. Bei ihnen werden nur öffentliche Ämter angegeben, die sie während ihrer Parteimitgliedschaft innehatten. Mitglieder, bei denen ein † ohne Datum steht, starben durch die indonesische Besatzung zu einem nicht angegebenen Datum.
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Unterorganisationen
- OPJT (Organização Popular da Juventude Timorense): Jugendorganisation in den 1970er-Jahren
- OJETIL (Organização de Jovens e Estudantes de Timor Leste): Jugendorganisation ab 1983 (alter Name: Organização da Juventude Católica de Timor-Leste OJECTIL)
- OPMT (Organização Popular de Mulheres Timorense): Frauenorganisation, gegründet am 28. August 1975
- Radio e Televisão Maubere, der Parteisender seit dem 20. Mai 2011
Hymne und Logo der FRETILIN
Der Text der Hymne „Foho Ramelau“ stammt von Francisco Borja da Costa. Die Musik schrieb Abílio Araújo.[35]
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Borja da Costa verwendete im Text einfache Worte, die dem einfachen Volk geläufig waren. Der „Foho Ramelau“ ist Osttimors höchster Berg. Das Logo der FRETILIN zeigt in Anspielung auf die Hymne ein Seil, wie es traditionell als Zügel für die einheimischen Pferde verwendet wird.[1]
Siehe auch
Weblinks
- Webseite der FRETILIN (Memento vom 10. Februar 2008 im Internet Archive)
- Offizieller Blog der FRETILIN
- Flags of the world – FRETILIN
Einzelnachweise
- Antero Bendito da Silva, Robert Boughton, Rebecca Spence: FRETILIN Popular Education 1973-1978 and its Relevance to Timor-Leste Today, University of New England, 2012, abgerufen am 5. Juni 2019.
- School of Humanities and Social Sciences(HASS): ASDT
- Maj Nygaard-Christensen: The rebel and the diplomat – Revolutionary spirits, sacred legitimation and democracy in Timor-Leste. In: Bubandt, Nils, van Beer, Martijn (Hrsg.): Varieties of Secularism in Asia: Anthropological Explorations of Religions, Politics and the Spiritual. Routledge 2011.
- Frédéric B. Durand: History of Timor-Leste, S. 103, ISBN 978-616-215-124-8.
- Universidade de Coimbra: Formation of East-Timorese political associations aus John G Taylor, Indonesia’s Forgotten War: The Hidden History of East Timor (Zed Books, London, 1991)
- „Part 3: The History of the Conflict“ (PDF; 1,4 MB) aus dem „Chega!“-Report der CAVR (englisch)
- Clinton Fernandes: “Populist Catholics”: Fretilin 1975, S.263, abgerufen am 16. Mai 2016.
- Biografie von Francisco Guterres von 2007 (englisch)
- Independente, 5. September 2011, Lu-Olo and Alkatiri continue to lead Fretilin
- Timor Lorosae Nação, 10. März 2010 (Memento vom 8. Mai 2010 im Internet Archive)
- The Australian, 9. August 2007, Fretilin sidelined in Timorese cabinet (Memento vom 31. August 2007 im Internet Archive)
- AKI, 24. August 2007, East Timor: Fretilin says no to joining government as calm returns to capital (Memento vom 21. August 2014 im Internet Archive)
- Diario Nacional, 28. April 2011, Fretilin Mudansa registered as a political party
- Sydney Morning Herald: Violence in East Timor after snub to party, 16. Juli 2012, abgerufen am 15. Juli 2012
- East Timor Legal Blogspot: Police officer who shot dead Armindo Pereira Alves suspended, 20. Juli 2012, abgerufen am 21. Juli 2012
- East Timor Legal Blogspot: Uatulari Police station attacked, 20. Juli 2012, abgerufen am 21. Juli 2012
- Guido Goullart (AP): East Timor president calls for security forces to restore order after post-election violence, 16. Juli 2012, abgerufen am 4. Januar 2016.
- Australia Network News: Hundreds mourn victim of E Timor post-poll violence, 17. Juli 2012, abgerufen am 21. Juli 2012
- The Australian: Timor turning the corner on poll violence , 21. Juli 2012, abgerufen am 21. Juli 2012
- Jornal da República: DECRETO PRESIDENTE 46/2012, 19. Mai 2012, abgerufen am 29. April 2020.
- STAE: Vorläufiges Endergebnis vom 24. Juli 2017.
- La’o Hamutuk: Who will be in Timor-Leste’s next Parliament? / Se sei tuir iha Parlamentu Nasionál?, 23. Juli 2017, abgerufen am 24. Juli 2017.
- SAPO: VII Governo constitucional de Timor-Leste toma hoje posse incompleto, 15. September 2017, abgerufen am 15. September 2017.
- CNE: Apuramento Eleisaun Parlamentar 2018, 17. Mai 2018, abgerufen am 17. Mai 2018.
- LUSA: Fretilin recolheu provas de "crimes eleitorais", afirma Mari Alkatiri, abgerufen am 20. Mai 2018.
- LUSA: Covid-19: Estado de emergência em Timor-Leste impõe várias restrições, 27. März 2020, abgerufen am 28. März 2020.
- LUSA: Fretilin reitera apoio ao atual Governo timorense para que termine legislatura, 23. April 2020, abgerufen am 23. April 2020.
- Sapo: PM timorense anuncia novos nomes para VIII Governo, 30. April 2020, abgerufen am 30. April 2020.
- Lusa: Presidente timorense dá posse a oito novos membros do Governo, 29. Mai 2020, abgerufen am 29. Mai 2020.
- Statement of Amnesty International's Concerns in East Timor, August 1983 (Memento vom 11. Mai 2016 im Internet Archive), aus einem Brief des Premierministers von Vanuatu an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, 30. November 1983, Dokument S/16215 vom 14. Dezember 1983, abgerufen am 11. Mai 2016.
- Diário de Notícias: Fretilin vai convidar PLP e KHUNTO para formar plataforma de governação em Timor-Leste , 11. August 2017, abgerufen am 11. August 2017.
- Australian Organisations in support of East Timor (Memento vom 27. Mai 2011 im Internet Archive)
- „Chapter 7.2 Unlawful Killings and Enforced Disappearances“ (Memento vom 5. November 2013 im Internet Archive) (PDF; 2,5 MB) aus dem „Chega!“-Report der CAVR (englisch)
- „Chapter 7.1 Self Determination“ (PDF; 1,1 MB) aus dem „Chega!“-Report der CAVR (englisch)
- Catherine Dumas: Bref aperçu de la poésie timoraise. In: Latitudes, No.8, Mai 2000, ISSN 1285-0756. (pdf, zuletzt abgerufen am 6. Februar 2010)