Bajonett
Als Bajonett (nach der französischen Stadt Bayonne[1]) wird eine am Lauf von Schusswaffen befestigbare Stichwaffe in Form eines langen Dorns oder einer Stahlklinge bezeichnet. Unter der Bezeichnung Seitengewehr oder auch Seitenwehr versteht man die heute üblichen Bajonette, die auch als eigenständige Waffen geführt werden können und bei Bedarf auf das Gewehr aufgepflanzt werden.
Bajonett | |
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Angaben | |
Waffenart: | Messer |
Verwendung: | militärische Waffe |
Entstehungszeit: | ca. 17. Jahrhundert |
Einsatzzeit: | ca. 17. Jahrhundert – aktuell |
Ursprungsregion/ Urheber: |
Frankreich |
Verbreitung: | weltweit |
Gesamtlänge: | ca. 40–80 cm, variierend |
Klingenlänge: | ab ca. 20–60 cm, variierend |
Griffstück: | Holz, Metall, Kunststoff |
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Beschreibung
Das Bajonett wird im demontierten Zustand wie andere Waffen an der Seite oder am Koppel getragen. Es kann aber auch wie beim Simonow SKS-45 an der Waffe fest installiert sein und in die Gebrauchsstellung ausgeklappt werden (Klappbajonett). Dann handelt es sich im strengen Sinne des Wortes nicht mehr um ein Seitengewehr.
Aufpflanzen bedeutet das Befestigen einer Stichwaffe an einer Schusswaffe mit langem Lauf (Gewehr). Damit hat man eine zweite Angriffs- beziehungsweise Verteidigungswaffe. Im Nahkampf ist es damit möglich, das Gewehr als Stich- oder Stoßwaffe zu verwenden. Diese Waffenform gibt es seit den Vorderladergewehren (Spundbajonett) und wird bis zu den heutigen, modernen Gewehren (M-9) fortgesetzt.
Als Bajonettarm wird ein an manchen Bajonetten angebrachtes Metallstück zwischen der Klinge und der Tülle bzw. sonstigen Befestigung bezeichnet.
Befestigung
Das Bajonett wird an der Waffe an der sogenannten Aufpflanzvorrichtung angebracht (auch Bajonetthalter oder Bajonetthaft genannt). Es ist das Bauteil an der Waffe, auf den das Bajonett aufgeschoben und arretiert wird. Die Aufpflanzvorrichtung kann schienen-, bolzen- oder stabförmig sein.
Der Bajonetthalter ist eine Profilschiene, die unter einem Gewehrlauf angebracht ist und zur Befestigung des sogenannten Kastenbajonetts dient. An älteren Gewehrmodellen ist diese Schiene seitlich am Gewehr angebracht und dient zur Befestigung des Aufsteckdorns bei Dornbajonetten.
Die Bajonetthaft, auch Bajonettwarze oder Aufpflanznut ist eine auf dem Gewehrlauf befestigte Nocke und rund- oder vierkantig ausgeführt. Diese Nocke dient der Arretierung des älteren Tüllenbajonetts. Die Nocke passt in die Führungsrille des Bajonetts und arretiert es am Lauf. Es gibt noch weitere Versionen, die bei modernen Bajonetten benutzt werden. Bei manchen modernen Bajonetten befindet sich am Heft der Arretierknopf, mit dem die Verriegelung wieder gelöst werden kann.[2] Moderne Bajonette haben in der Regel eine Aufpflanznut am Heftknauf und einen Ring (Laufring) in der Parierstange, der über den Lauf gesteckt wird.
Entstehung
Die Herkunft und Entstehung des Bajonetts ist nicht eindeutig geklärt. Es kann als Jagdwaffe entstanden sein, um angreifende Tiere nach einem Fehlschuss abzuwehren oder es, nachdem es weidwund angeschossen wurde, durch Abfangen zu töten.
Name
Der Name Bajonett ist auf den ursprünglichen Herstellungsort, die französische Stadt Bayonne, zurückzuführen.[3]
17. und 18. Jahrhundert
Bajonette wurden seit Mitte des 17. Jahrhunderts in Frankreich verwendet und wurden allmählich in den meisten europäischen Armeen gebräuchlich. Anfangs wurden Bajonette mit dem Griff in den Gewehrlauf gesteckt (so genannte Spundbajonette), so dass die Muskete nicht feuern konnte. Bereits 1669 erfand Sébastien Le Prestre de Vauban Bajonette, die mit einer Tülle seitlich am Lauf befestigt wurden – sogenannte Tüllen- oder Dillenbajonette – und somit auch im aufgepflanzten Zustand das Abfeuern von Musketenkugeln nicht verhinderten. Mit diesen neuartigen Bajonetten wurde die französische Armee seit 1689 ausgestattet. Etwa um 1700 tauchten Bajonette auf, die einen abgewinkelten Arm besaßen und so auch das Nachladen ermöglichten. Zur wichtigsten Klingenform entwickelte sich bald eine stabile, drei- oder vierkantige Form mit etwa 40 cm Länge.
Die Entwicklung des Bajonetts und die zunehmende Verbreitung von Feuerwaffen ließen den Einsatz von Pikenieren und Schweinsfedern in der Schlacht allmählich zurückgehen. Bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts wurden die Pikenier-Einheiten der meisten europäischen Armeen aufgelöst.
19. Jahrhundert
Ab dem 19. Jahrhundert wurde das Tüllenbajonett schrittweise von Bajonetten abgelöst, die eigene Griffe hatten – sogenannte Messer- oder Säbelbajonette – und wie Messer, kurze Pallasche oder Säbel beschaffen waren. Vorgänger derselben waren im 18. Jahrhundert aufpflanzbare Hirschfänger, die wie diese mittels eines seitlichen Rings am Rohr fixiert wurden. Da solche Waffen aber das Nachladen des Vorderladers verhinderten, setzten sie sich erst mit Einführung des Hinterladers endgültig durch. Doch bereits 1840 wurde der doppelt gekrümmte französische Jatagan mit ca. 60 cm Klingenlänge vorbildhaft. Bekannt ist auch das gerade, vorn verbreiterte, etwa 50 cm lange (Klinge) preußische Füsilierseitengewehr von 1860.
Erster und Zweiter Weltkrieg
Im Ersten Weltkrieg waren Bajonette noch bis zu 50 cm lang. Teilweise kam es auch noch zum Bajonettfechten. Aber bereits bei den Grabenkämpfen der Sturmtruppen erwiesen sich Gewehre mit aufgepflanztem Bajonett als zu unhandlich, und das Bajonett wurde als Nahkampfwaffe durch den feststehenden Feldspaten abgelöst. Sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg wurde der Grabendolch in den Grabenkämpfen als Nahkampfwaffe benutzt.
In der Nachkriegszeit wurden die Bajonette immer kleiner und handlicher – heute werden Bajonette nur noch selten als Standard-Blankwaffe der Infanterie ausgegeben, sind aber nach wie vor mögliches Zubehör von Sturmgewehren, und haben die Größe und das Gewicht handelsüblicher Haushaltsmesser. Meist werden nur noch Kampfmesser ausgegeben. Blankwaffen haben jedoch nur noch eine sehr untergeordnete Bedeutung. Über den Wert des Bajonetts im Kampf gab es bis in das 20. Jahrhundert Diskussionen. Die teils prominenten Befürworter wurden durch die Entwicklungen im amerikanischen Sezessionskrieg und im Ersten Weltkrieg widerlegt. In Stellungskämpfen des Zweiten Weltkriegs kamen Bajonette noch auf nahezu allen Kriegsschauplätzen zum Einsatz, teilweise auch mit Erfolg. Häufiger jedoch wurden Bajonettangriffe unter erheblichen Verlusten insbesondere durch Maschinengewehrfeuer abgewiesen.
Deutsche Bajonette wurden Mitte der 1930er Jahre mit einem S-Code gekennzeichnet, um die Hersteller zu verschleiern. Ab etwa 1937 verzichtete man auf die Heimlichkeit und kennzeichnete Bajonette auf der Fehlschärfe mit voll ausgeschriebenem Hersteller und Jahreszahl auf dem Klingenrücken. Nach Kriegsbeginn wurde ab 1940 ein Drei-Buchstaben-Code zur Kennzeichnung des Herstellers mit den zwei Endziffern des Herstellungsjahres auf die Fehlschärfe gestempelt.
Mit der Entwicklung des Seitengewehrs 42 (SG42) mit Griffbügel durch die Firma Eickhorn aus Solingen und dessen Einführung in die Wehrmacht setzte eine weltweite Entwicklung vom Bajonett als bloße Hieb- und Stichwaffe hin zum aufpflanzbaren Mehrzweckmesser (Säge, Drahtschneider) mit Schlagring ein.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Noch im Falklandkrieg von 1982 und im frühen 21. Jahrhundert beim Krieg in Afghanistan seit 2001 und bei der Besetzung des Irak 2003–2011 kamen vereinzelt Bajonette zum Einsatz.[4]
In einigen Streitkräften wird das Bajonett noch geführt und auch Bajonettnahkampf ausgebildet. Das Bajonett verändert aufgepflanzt aber den Haltepunkt der Waffen beim Schuss.
Die deutsche Bundeswehr verwendet(e) keine Bajonette, obwohl mehrere Versionen für das G3 entwickelt wurden.
Das seit 1997 eingeführte G36 verfügt serienmäßig über eine Bajonetthalterung, spezielle Bajonette wurden jedoch nicht entwickelt. Das aus Kostengründen vorübergehend von der NVA als „Kampfmesser, schwer“ übernommene AKM-Bajonett Typ II (M 74 und M 74/2) musste am Haltering modifiziert werden, um ohne Entfernen des Mündungsfeuerdämpfers aufgepflanzt werden zu können. Dazu wurde der originale Haltering durch einen anderen mit größerem Durchmesser ersetzt. Außerdem wurde die lederne Gürtelhalterung durch eine neue aus Kunstfasern und Plastik ersetzt, welche mit dem Bundeswehr-Tragesystem Soldat 95 kompatibel ist. Diese Änderung wurde nicht offiziell, sondern in Privatinitiative in begrenzter Stückzahl durchgeführt.
Eickhorn entwickelte ohne behördlichen Auftrag unter der Bezeichnung SG2000 (Seitengewehr) ein Bajonett für das G36. Es hat die modifizierte Tantōklinge des KM 2000 und wird mit (als SG2000 WC; englisch Wire Cutter, für Drahtschneider) und ohne Drahtschneidefunktion angeboten.
Im April 2010 stellte die United States Army die traditionelle „choreographische“ Ausbildung ihrer Rekruten am Bajonett in der Grundausbildung ein, da sie den herkömmlichen Bajonettangriff als zunehmend irrelevant für ihr Aufgabenprofil ansieht. Dennoch soll das Bajonett neben dem Kampfmesser in einer modifizierten Nahkampfausbildung weiterhin seinen Platz haben. Das US-Marine-Corps behielt die Ausbildung am Bajonett (mit dem Pugil stick) bei.[5]
Siehe auch
Literatur
- Sebastian Thiem: Verlängerte Gewehre. Jagdliche und militärische Verwendung der Spundbajonette, in: DWJ (früher: Deutsches Waffenjournal) 7/2015, S. 88–93
- John Norris: Fix Bayonets! Pen & Sword Military, 2016, ISBN 978-1-78159-336-3.
Weblinks
Einzelnachweise
- Bajonett beim Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache
- Gerhard Seifert: Fachwörter zur Blankwaffenkunde. Selbstverlag, Haiger 1981, OCLC 635357001. Online auf seitengewehr.de (Memento vom 13. Januar 2012 im Internet Archive)
- Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Walter de Gruyter, Berlin/New York, ISBN 978-3-11-022364-4
- Bayonets, Obama and the art of the pointed political comment (Englisch) auf theguardian.com, einige Beispiele in zweiter Artikelhäfte
- Michael Evans: US Army thrusts bayonet aside after centuries of faithful service. In: The Times. 18. März 2010, abgerufen am 8. April 2010.