Swahili (Sprache)
Swahili, besonders historisch auch Suaheli oder Kisuaheli (Eigenbezeichnung Kiswahili), ist eine Bantusprache und die am weitesten verbreitete Verkehrssprache Ostafrikas. Das Wort swahili ist vom arabischen Plural sawāḥil, Singular sāḥil für „Küste“ oder „Grenze“ (im Deutschen zu Sahel), abgeleitet. Swahili ist die Muttersprache der Swahili, die im etwa 1500 Kilometer langen Küstenstreifen von Süd-Somalia bis in den Norden von Mosambik leben, sowie einer ständig wachsenden Zahl von Einwohnern Ostafrikas, die mit dieser Sprache aufwachsen. Mehr als 80 Millionen Menschen beherrschen Swahili,[2] was die Sprache zu der am meisten gesprochenen Bantusprache weltweit macht. Von den mehr als 80 Millionen Swahili-Sprechern sind nur 5–10 Millionen Muttersprachler.
Kiswahili Swahili | ||
---|---|---|
Gesprochen in |
Tansania, Kenia, Demokratische Republik Kongo, Uganda, Burundi, Ruanda, Mosambik, Somalia, Oman | |
Sprecher | 5–10 Mio. Muttersprachler, 30 Mio. Zweitsprachler,[1] mehr als 80 Mio. gesamt[2] (geschätzt) | |
Linguistische Klassifikation |
||
Offizieller Status | ||
Amtssprache in | Tansania[3] Kenia[4] Uganda[5] | |
Sonstiger offizieller Status in | Demokratische Republik Kongo (Nationalsprache)[6] | |
Anerkannte Minderheiten-/ Regionalsprache in |
Mosambik (im Norden des Landes) | |
Sprachcodes | ||
ISO 639-1 |
sw | |
ISO 639-2 |
swa | |
ISO 639-3 |
swa (Makrosprache) |
Verbreitung
Swahili ist Amtssprache in Tansania, wo es durch den Nationalen Swahilirat gepflegt wird, sowie zweite Amtssprache und weit verbreitete Verkehrssprache in Kenia. In Uganda ist es seit 2005 Amtssprache. Bereits 1967 hat sich die Ostafrikanische Gemeinschaft die Förderung des Swahili anstatt des von der britischen Kolonialmacht hinterlassenen Englischen zu einem Ziel gesetzt. In der Demokratischen Republik Kongo ist Swahili eine von vier Nationalsprachen, gesprochen wird es vor allem im Osten des Landes. Swahili wird auch in Ruanda, Burundi, Süd-Somalia, Mosambik, Malawi und auf den Komoren (einschließlich Mayotte) gesprochen.
Bei dem Gipfeltreffen der Afrikanischen Union im Juli 2004 wurde Swahili als Arbeitssprache genutzt. Als Verkehrssprache (Handelssprache, Lingua franca) wird Swahili von etwa 80 Millionen Menschen gesprochen.
Herkunft des Wortes Swahili
Das Wort Swahili stammt von dem Plural sawāḥil des arabischen Wortes sāḥil, das „Küste“ oder „Grenze“ bedeutet (vgl. Sahelzone). Das daraus abgeleitete Adjektiv as-sawāḥilī (السواحلي) bedeutet etwa „Küstenbewohner“. Unklar ist, ob die Endung „-i“ auf die arabische Nisba-Endung zurückgeht oder aus phonologischen Gründen angehängt wurde. Die Sprache wird im Swahili selbst (und gelegentlich auch im Deutschen) „Kiswahili“ genannt. Das Präfix ki- gibt dabei (ähnlich wie im Deutschen der Artikel) die Klassenangehörigkeit des Nomens an.
Entwicklung
Ursprung und Sprachgeschichte
Swahili ist aus der Begegnung afrikanischer Küstenbewohner mit seefahrenden Händlern meist arabischen Ursprungs entstanden. Die Sprache wird genetisch zur Sabaki-Gruppe der Bantusprachen Ostafrikas gerechnet. Die größten Ähnlichkeiten bestehen zu einer Reihe von Sprachen des kenianischen Küstenraumes sowie der Komoren. In der geographischen Einteilung der Bantusprachen nach Malcolm Guthrie gehört Swahili zur Zone G40.[7]
Auch wenn Swahili grammatikalisch eindeutig zu den Bantusprachen gehört, umfasst sein Wortschatz eine große Zahl arabischer Vokabeln. Dies veranlasste frühe europäische Besucher dazu, das Swahili als eine Variante des Arabischen anzusehen. In klassischen Gedichten kann dieser Anteil bei bis zu 50 % liegen; im modernen Umgangsswahili wird der Anteil arabischer Wörter auf 20 % geschätzt. Generell werden im islamisch geprägten Küstenraum, der traditionellen Heimat der Sprache, mehr Wörter arabischen Ursprungs benutzt als im Binnenland.
Im 20. Jahrhundert ist eine große Zahl von Begriffen aus dem Englischen aufgenommen worden. Als weitere Sprachen sind das Persische, indische Sprachen, Portugiesisch und im Kongo-Swahili auch das Französische mit Lehnwörtern im Swahili vertreten. Aus der deutschen Kolonialzeit sind nur wenige Ausdrücke dauerhaft ins Swahili eingedrungen, von denen „shule“ (Schule) der bekannteste ist. Insgesamt wird geschätzt, dass der Anteil fremdsprachlicher Wörter im Swahili etwa dem Anteil französischer, lateinischer und griechischer Lehnwörter im Englischen entspricht.
Abgesehen von der äthiopischen Schrift und mancherorts verwendeten Bilderzeichen wie der Nsibidi-Bilderschrift[8] besaßen vor der Zeit des Kolonialismus südlich der Sahara nur Swahili und andere afrikanische Sprachen, die zu muslimischen Herrschaftsgebieten gehörten, eine Schrifttradition. Inschriften und Münzfunde von der ostafrikanischen Küste weisen darauf hin, dass muslimische Herrscher ab dem 9. Jahrhundert die arabische Schrift verwendeten.[9] Die ältesten erhaltenen Swahili-Manuskripte stammen aus der Zeit um 1700 und benutzen die arabische Schrift als Adschami-Schrift. Im 19. Jahrhundert wurde die Sprache erstmals mit lateinischer Schrift notiert; der schwäbische Missionar Ludwig Krapf verfasste das erste Wörterbuch, eine Grammatik und erste Teile der Bibel ab 1844.[10] Unter dem Einfluss der Missionsschulen sowie der europäischen Kolonialmächte wurde das Lateinische Alphabet zum Standard. Im Küstenbereich gibt es heute nur noch wenige Swahilisprecher, die als Muslime und Koranleser mit der arabischen Schrift vertraut sind und auch Swahili noch mit arabischen Buchstaben notieren.
Ausbreitung
Durch den Karawanenhandel in Ostafrika mit Sklaven und Elfenbein verbreitete sich das Swahili als Handels- und Verkehrssprache zunehmend entlang der Karawanenwege von der ostafrikanischen Küste ins Binnenland bis in die Region der Großen Seen und den östlichen Kongo.[11] Im 19. Jahrhundert wurde die Sprache lexikalisch und grammatikalisch erschlossen, wobei vor allem Missionare wie Ludwig Krapf, Edward Steere und im 20. Jahrhundert Charles Sacleux eine bedeutende Rolle spielten. Von Krapf stammt die erste Swahili-Grammatik und von Steere eine Grammatik in einer als Lehrbuch benutzbaren Form. Die von Steere benutzte einfache Orthografie ist mit geringen Modifikationen bei der Standardisierung in den 1930er Jahren zugrunde gelegt worden. Sacleux erstellte ein Wörterbuch mit vielen etymologischen Anmerkungen sowohl für arabische Lehnwörter als auch für verwandte Wörter in benachbarten Bantusprachen. Siehe Abschnitt Literatur.
Kolonialzeit
Mit dem Beginn der Kolonialzeit verstärkte sich die Bedeutung des Swahili, da sowohl in Deutsch-Ostafrika als auch in Kenia die deutschen und britischen Kolonialherren von der Küste her das Land unterwarfen, sich beim Aufbau der Verwaltung einheimischer Helfer aus dem swahilisprachigen Gebiet bedienten und die Sprache auch als Verwaltungssprache einsetzten. Die Deutschen setzten hierbei das Swahili konsequent als Amtssprache für den direkten Kontakt mit den Einheimischen auf den unteren Ebenen der Verwaltung sowie in den staatlichen Schulen ein (wohingegen die zahlreichen Missionsschulen eher auf die Lokalsprachen der einzelnen Volksgruppen setzten). Im britischen Bereich war Swahili in Uganda vorübergehend offizielle Verwaltungssprache, blieb aber dauerhaft nur die Kommandosprache für Polizei und Armee.[12] In Kenia setzten die Briten bis in die 1950er Jahre Swahili als untere Verwaltungssprache und überregionale Bildungssprache in den Volksschulen ein, setzten dann aber stärker auf das Englische.[13] In Tanganjika setzten die Briten die vormalige deutsche Sprachpolitik mit Swahili als unterer Verwaltungssprache bis zur Unabhängigkeit fort. In Belgisch-Kongo wurde die Sprache von den belgischen Kolonialherren in Verwaltung und Schulbildung in der östlichen Region Katanga verwendet und ist heute eine der vier anerkannten nationalen Sprachen der Demokratischen Republik Kongo.[14]
Standardisierung
In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen bemühte sich die britische Kolonialmacht um eine Standardisierung der Sprache, um sie besser zu Verwaltungszwecken einsetzen zu können. Im Interterritorialen Sprachkomitee der britischen ostafrikanischen Gebiete wirkten Regierungsvertreter, Einheimische und Vertreter der Missionsgesellschaften zusammen, denen an einer Vereinheitlichung für eine gemeinsame Bibelübersetzung sowie für ihre Schulen gelegen war. Dabei wurde der Dialekt von Sansibar zugrunde gelegt, der schon im 19. Jahrhundert durch den Karawanenhandel eine weitere Verbreitung entlang der Handelswege im Landesinneren von Tanganjika gefunden hatte. Hierauf baut bis heute das Standard-Swahili auf, wie es in Tansania und Kenia durch Schulbücher und Massenmedien verbreitet wird.
Seit der Unabhängigkeit
Die Pflege der Sprache obliegt heute den Nationalen Swahiliräten in Tansania und Kenia sowie dem sprachwissenschaftlichen Institut an der Universität Dar es Salaam, an dem eine Reihe von Wörterbüchern erarbeitet worden sind. Die tatsächliche Verbreitung ist in Tansania am weitesten fortgeschritten, wo Swahili die allgemeine Unterrichtssprache der siebenjährigen Volksschule ist. In Kenia und Tansania ist es auch Pflichtfach an den Sekundarschulen. In beiden Ländern gibt es Radio- und Fernsehprogramme auf Swahili.
Der Fortschritt der Sprache in Uganda ist bisher begrenzt. Sie gilt als „islamisch“ und erfreut sich geringer Beliebtheit, weil sie die Kommandosprache von Polizei und Militär ist. Tansanier machen sich in dieser Hinsicht gerne über ihre Nachbarn lustig, wie ein verbreitetes Scherzwort zeigt:
- „Kiswahili kilizaliwa Unguja, kilikua Tanzania Bara, kikafa Kenya na kuzikwa Uganda.“
- „Swahili wurde auf Unguja (Sansibar) geboren, wuchs in Tansania auf, starb in Kenia und ist begraben in Uganda.“
Im Jahre 2005 wurde Swahili neben Englisch zur zweiten Nationalsprache Ugandas erklärt und seither allmählich zunehmend in den Schulen unterrichtet.[15]
Phonologie
Schreibung und Aussprache
Swahili wird heute in lateinischer Schrift geschrieben. Die Schreibung ist sehr weitgehend phonematisch, so dass in Wörterbüchern und Lehrbüchern auf eine gesonderte Aussprachebezeichnung verzichtet werden kann. Auch Lehnwörter aus anderen Sprachen werden entsprechend ihrer Aussprache geschrieben, was insbesondere bei Wörtern englischen Ursprungs oft sehr stark von der Originalschreibung abweicht, z. B. kompyuta (computer), kamanda (commander), kwaya (choir), risiti (receipt).
Die Buchstaben q und x werden nicht benutzt, und c nur als Bestandteil des Digraphs ch. Für die Aussprache ist eine erste durchaus weitgehend gültige Orientierung:
- Vokale (ohne y) ähnlich wie im Deutschen (oder, etwas genauer, wie im Spanischen)
- Konsonanten und Konsonanten-Digraphen wie im Englischen, aber mit genaueren Unterscheidungen: th (wie engl. thick) – dh (wie engl. this); ng (wie engl. finger) – ng’ (wie singer oder deutsch Finger)
- Betonung auf der vorletzten Silbe
Genaueres siehe die nachfolgenden Abschnitte.
Silbenstruktur
Eine Silbe in Swahili besteht aus einem Vokal, dem kein, ein oder mehrere Konsonanten vorangehen; außerdem können Nasale allein eine Silbe bilden, wenn sie eigenständige Morpheme sind. Konsonantencluster vor vokalischem Silbenkern bestehen überwiegend aus einem einzelnen Konsonanten, dem ein homorganer Nasal vorausgehen oder ein Halbvokal folgen kann[16]. Unmittelbar aufeinanderfolgende Vokale, auch gleiche, gehören zu verschiedenen Silben; es gibt also keine Diphthonge oder Langvokale. Nur am Wortende wird ein doppelt geschriebener Vokal als langer betonter Vokal ausgesprochen. Die jeweils vorletzte Silbe ist betont; der Ton verschiebt sich also beim Anfügen von Suffixen[17]. Beispiele (mit Silbeneinteilung): Ki|swa|hi|li [kiswɑˈhiˑli] (Swahili), u|nywe|le [uˈɲwɛˑlɛ] (Haar), sha|ngwe [ˈʃɑˑŋgwɛ] (Jubel), m|tu [ˈm̩tu] (Mensch), m|si|m|zu|i|e [m̩sim̩zuˈiˑɛ] (hindert ihn nicht), ku|ka|a|nga [kukɑˈɑˑŋgɑ] (braten), m|zee [m̩ˈzeː] (alter Mensch), nyu|mba [ˈɲuˑmbɑ] (Haus), nyu|mba|ni [ɲuˈmbɑˑni] (im Haus).
Die Silben sind also stets offen. Bei Lehnwörtern wird das oft durch Einschub von Vokalen erreicht, meistens /u/ nach Labialen und /i/ sonst, z. B. daktari von engl. doctor (Arzt), aiskrimu von engl. icecream (Speiseeis), kadibodi von engl. cardboard (Pappe), zabibu von arab. zabib (Weintraube), safari von arab. safar (Reise). Im Wortinneren geschieht das nur, wenn das Konsonantencluster schwer auszusprechen ist, am Wortende jedoch immer bis auf sehr wenige Ausnahmen bei arabischen Wörtern, z. B. maalum (speziell), rais (Präsident), salaam (Grüße).
Vokale
Swahili verfügt über fünf Vokal-Phoneme: /a/, /e/, /i/, /o/ und /u/. Anders als die deutschen Vokale unterscheiden sie sich nicht durch Vokallänge. Sie werden auch in unbetonten Silben nicht reduziert gesprochen, nur in betonten Silben etwas länger, aber in derselben Vokalqualität. Die geschlossenen Vokale /i/ und /u/ werden ähnlich wie die langen deutschen Vokale gesprochen, die halboffenen /e/ und /o/ wie die kurzen deutschen[17]; lediglich -ee am Wortende etwas geschlossener, etwa [e̞ː] statt [ɛː].
Aussprache:
- /a/ wie das „a“ in „Rabe“, z. B. upande [uˈpɑˑndɛ] (Seite)
- /e/ wie das „ä“ in „Käfig“, z. B. upendo [uˈpɛˑndɔ] (Liebe)
- /i/ wie das „i“ in „Fibel“, z. B. upinde [uˈpiˑndɛ] (Bogen)
- /o/ wie das „o“ in „Tonne“, z. B. upondo [uˈpɔˑndɔ] (Ruder)
- /u/ wie das „u“ in „Lupe“, z. B. punda [ˈpuˑndɑ] (Esel)
Konsonanten
Die folgende Tabelle enthält die Konsonanten des Swahili in Form ihrer schriftlichen Umsetzung als Einzelbuchstaben oder Digraphen. In eckigen Klammern ist jeweils der Laut in phonetischer Transkription angegeben. Neben den genannten gibt es den Digraph ng für die Lautverbindung [ŋg], die viel häufiger ist als der Laut ng’ [ŋ] allein.
bilabial | labio- dental |
dental | alveolar | post- alveolar |
palatal | velar | glottal | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Implosive | b [ɓ~b] | d [ɗ~d] | j [ʄ~ɟ] | g [ɠ~g] | ||||
Plosive | p [p~pʰ] | t [t~tʰ] | k [k~kʰ] | |||||
Affrikate | ch [tʃ~tʃʰ] | |||||||
Frikative | f [f] v [v] | th [θ] dh [ð] | s [s] z [z] | sh [ʃ] | kh [x] gh [ɣ] | h [h] | ||
Flaps | r [ɾ] | |||||||
Nasale | m [m] | n [n] | ny [ɲ] | ng' [ŋ] | ||||
Approximanten | w [w] | y [j] | ||||||
lat. Approxi- manten | l [l] |
Stimmlose Laute stehen jeweils links in einem Kästchen, stimmhafte rechts. Die Tilde „~“ trennt verschiedene phonetische Realisierungen derselben Schreibung. Ob es sich dabei um verschiedene, nur orthografisch gleiche Phoneme handelt oder um Allophone desselben Phonems, wird im nächsten Unterabschnitt diskutiert. In Swahili-Lehrbüchern zum Zweck des Spracherwerbs (im Gegensatz zu linguistischen Sprachbeschreibungen) ist meist für jeden Konsonantenbuchstaben oder -digraph nur eine Aussprache unabhängig vom Kontext angegeben, und die durch die Tilde dargestellten Lautunterschiede kommen allenfalls als Randbemerkungen vor. Dem liegt also eine Phonemeinteilung zugrunde, bei der jeweils der Inhalt einer eckigen Klammer in der Tabelle ein Phonem ist. Auch die Beispiele oben im Abschnitt Silbenstruktur folgen diesem Muster. In linguistischen Sprachbeschreibungen werden oft die Phoneme genauer unterschieden, wobei es durchaus verschiedene Modelle gibt.
Pränasalierte, implosive und aspirierte Verschlusslaute
Stimmhafte Verschlusslaute sind häufig pränasaliert, d. h., es geht ihnen der homorgane Nasal voraus: mb [mb], nd [nd], nj [nɟ], ng [ŋg]. Sind sie nicht pränasaliert, so werden sie zumindest im Swahili-Stammland an der Küste als Implosive gesprochen: b [ɓ], d [ɗ], j [ʄ], g [ɠ]. Stimmhafte Verschlusslaute treten also jeweils in zwei Varianten auf, der pränasalierten und der oft implosiv gesprochenen nicht pränasalierten.
… | n… |
---|---|
b- | mb- |
v- | v- / mv- |
w- | w- / mb- |
d- | nd- |
z- | nz- |
j- | nj- |
g- | ng- |
l- | nd- |
r- | nd- |
Es gibt mehrere Morpheme, die nur aus einem Nasal bestehen, nämlich m- (Klassenpräfix der Klassen 1 und 3; Subjektpräfix der 2. Person Plural; Objektpräfix der 3. Person Singular) und n- (Klassenpräfix der Klassen 9 und 10). Vor Vokalen werden sie zu mw- bzw. ny- und gehören zur gleichen Silbe wie der Vokal. Vor Konsonanten sind sie silbisch und betont, wenn der Konsonant zur letzten Silbe des Wortes gehört. m- und n- verhalten sich aber verschieden, was den Einfluss des nachfolgenden Konsonanten angeht:
- m- wird Konsonanten immer unverändert vorangestellt, stimmhaften wie stimmlosen, auch allen Nasalen, z. B. mzigo (Last), mshale (Pfeil), mmea (Pflanze), mnazi (Kokospalme), mnyama (Tier), mng'aro (Glanz).
- n- pränasaliert dagegen nachfolgende stimmhafte Verschlusslaute, analog auch stimmhafte Frikative und Liquide, siehe Tabelle rechts; vergleiche etwa unverändertes m- und r- in mti mrefu [ˈm̩ti m̩ˈɾɛˑfu] („hoher Baum“ Kl. 3, mrefu←m-refu) mit miteinander verschmolzenen n- und r- in njia ndefu [ˈnɟiˑɑ ˈndɛˑfu] („langer Weg“ Kl. 9, ndefu←n-refu). Vor anderen Konsonanten entfällt das n-, wenn es nicht betont ist, und nachfolgende stimmlose Plosive und Affrikaten werden dann von vielen Sprechern aspiriert gesprochen. Ist das Wort ohne den Nasal einsilbig, so ist in allen Fällen der Nasal betont, z. B. nta [ˈn̩tɑ] (Wachs), nge [ˈŋ̩gɛ] (Skorpion), nzi [ˈn̩zi] (Fliege), nchi [ˈn̩tʃi] (Land).
Nach diesen Regeln kann es in einzelnen Fällen zur unterschiedlichen Aussprache bedeutungsverschiedener, aber orthografisch gleicher Wörter kommen:[16]
- Beginnt ein Adjektiv mit implosivem b-, so wird ein Präfix m- ohne Einfluss auf das b- davorgestellt, das implosiv bleibt. Ein Präfix n- pränasaliert dagegen das b- zu mb-, und das b- ist nicht mehr implosiv. Die Schreibweise ist in beiden Fällen gleich, z. B. mti mbaya [ˈm̩ti m̩ˈɓɑˑjɑ] („schlechter Baum“ Kl. 3, mbaya←m-baya) und njia mbaya [ˈnɟiˑɑ ˈmbɑˑjɑ] („schlechter Weg“ Kl. 9, mbaya←n-baya).
- Sowohl in Klasse 5 als auch in Klasse 9 haben Substantive, die mit stimmlosem Plosiv beginnen, kein Klassenpräfix, z. B. paa [pɑː] („Dach“ Kl. 5, Plural mapaa Kl. 6) und paa [pʰɑː] („Gazelle“ Kl. 9, Plural paa Kl. 10). Bei letzterem Paar ist das Präfix n- jeweils weggefallen, so dass das p- aspiriert wird; bei ersterem gibt es im Singular kein Klassenpräfix, und damit keinen Grund für ein aspiriertes p-.
Diese Minimalpaare zeigen, dass das Phoneminventar feiner unterteilt ist als die Schreibung wiedergibt. Man differenziert das Phoneminventar weiter, indem man die aspirierten Plosive /pʰ/, /tʰ/, /kʰ/ und /tʃʰ/ als Phoneme dazunimmt, ebenso die pränasalierten stimmhaften Plosive /ᵐb/, /ⁿd/, /ⁿɟ/ und /ᵑɡ/, und bei manchen Autoren noch weitere.[16] Die explosiven stimmhaften Plosive fallen dann auf jeden Fall als Phoneme weg, können aber als Allophone der implosiven zugelassen werden, da sie mit keinem anderen Laut in Kontrast stehen und von vielen Sprechern anstelle der implosiven verwendet werden.
Die Minimalpaar-Eigenschaft hängt allerdings davon ab, dass die genannten Differenzierungen der Aussprache, nämlich die Unterscheidung implosiver von explosiven und aspirierter von nicht aspirierten Verschlusslauten sowie die Unterscheidung silbischer von nichtsilbischen Nasalen (auch in unbetonter Stellung im Wortinneren), von den Sprechern tatsächlich regelkonform gemacht und von den Hörern erkannt und zur Unterscheidung ansonsten gleicher Wörter benutzt werden. Beides ist nur sehr eingeschränkt der Fall,[16] und umgekehrt führt die geringe Unterscheidungskraft dieser Differenzierung auch zu ihrer Vernachlässigung bei der Lehre der Sprache. So nennt Polomé die folgenden Ursachen für die Verwischung des Kontrasts zwischen aspirierten und nicht-aspirierten Plosiven:[18]
- die geringe semantische Unterscheidungskraft („low functional yield on the semantic level“),
- die Tendenz, initiale stimmlose Plosive und Affrikaten in jedem Fall zu aspirieren, besonders in zweisilbigen Wörtern,
- die fehlende schriftliche Notation der Aspiration in der früheren arabischen wie in der jetzigen lateinischen Schrift, sowie
- den steigenden Einfluss der zahlreichen nichtmuttersprachlichen Sprecher, die nicht eine Unterscheidung vornehmen, auf die im Swahili-Sprachunterricht kein Wert gelegt wird.
Frikative in arabischen Lehnwörtern
Die Digraphen dh [ð], gh [ɣ] und kh [x] treten nur in arabischen Lehnwörtern auf; th [θ] daneben auch in modernen Entlehnungen aus dem Englischen wie themometa (Thermometer) und thieta (Operationssaal). Statt kh wird heute durchgängig h geschrieben und weithin auch so gesprochen, außer in einigen Namen oder – im Zusammenhang damit – im Titel sheikh (auch shehe geschrieben).
Morphologie
Nominalklassen
Wie alle Bantusprachen teilt das Swahili alle Nomen in Nominalklassen ein. Das ursprüngliche System hatte 22 Klassen (wobei Klassen für Nomen im Singular und Plural jeweils als eigene Klasse gezählt werden), von denen jede Bantusprache mindestens zehn verwendet. Im Swahili gibt es fünfzehn Klassen: sechs für Singular, fünf für Plural, eine für Infinitive und drei für Ortsbezeichnungen, darunter mahali („Ort, Stelle“).
Wörter, die im Singular mit m- (1.) und im Plural mit wa- (2.) beginnen, bezeichnen Personen, z. B. mtoto „Kind“, watoto „Kinder“. Eine Klasse mit m- (3.) im Singular und mi- (4.) im Plural wird hauptsächlich für Pflanzen verwendet, vgl. mti „Baum“ und miti „Bäume“. Infinitive beginnen mit dem Klassenpräfix ku- (17.), z. B. kusoma „lesen“. Bei allen anderen Klassen lassen sich nur schwer inhaltliche Bezüge herstellen. Die ki-/vi--Klasse (7./8.) enthält hauptsächlich Werkzeuge und Artefakte, wird aber auch für Fremd- und Lehnwörter benutzt, bei denen das ki- ursprünglich zum Stamm gehörte: kitabu/vitabu „Buch“/„Bücher“ (aus arabisch kitāb „Buch“). In diese Klasse gehören außerdem Sprachen (wie der Name der Sprache selbst: Kiswahili) und Diminutive (Verkleinerungsformen). Wörter mit dem Klassenpräfix u- (11., Plural nach der 6. oder 10. Klasse (s. u.) – oder ohne Plural) bezeichnen oft Abstrakta, z. B. utoto „Kindheit“.
Die 9. Klasse beginnt mit n- (mit Anpassung an den folgenden Laut) und ist im Plural (10.) unverändert. Sie enthält die meisten Tiernamen und viele Fremdwörter ohne Klassenpräfix. Eine weitere Klasse (5.) hat ji- oder nichts (ø-) als Präfix im Singular; ihr Plural wird mit ma- (6.) gebildet. Diese Klasse wird häufig für Augmentative benutzt, außerdem enthält sie Pflanzenteile und Früchte.
Oft kann am Nomen selbst nicht erkannt werden, zu welcher Klasse es gehört. Dies ist dann nur unter Berücksichtigung der mit ihm konkordierenden (übereinstimmenden) Wörter möglich. Adjektive und Zahlwörter tragen dasselbe Präfix wie das Nomen (Set A), Verben und andere Wortarten erhalten (sofern Übereinstimmung gefordert ist) andere Klassenpräfixe (Set B).
Ein Beispiel für die 1. Klasse (Singular) mit m- bei Nomen und a- bei Verben:
mtoto mmoja anasoma „Ein Kind liest.“ | |||
Swahili: | m-toto | m-moja | a-nasoma |
Wörtlich: | 1. Klasse Singular-Kind | 1. Kl.Sg.–eines | 1. Kl.Sg.-lesen |
Im Plural, also der 2. Klasse, wird wa- bei Nomen und wa- bei Verben verwendet:
watoto wawili wanasoma „Zwei Kinder lesen.“ | |||
Swahili: | wa-toto | wa-wili | wa-nasoma |
Wörtlich: | 2. Klasse Plural-Kind | 2. Kl.Pl.-zwei | 2. Kl.Pl.-lesen |
Klasse 7/8 mit ki-/vi- (sowohl bei Set A (Nomen) als auch bei Set B (Verben)):
kitabu kimoja kinatosha „Ein Buch reicht aus.“ | |||
Swahili: | ki-tabu | ki-moja | ki-natosha |
Wörtlich: | 7. Klasse Singular-Buch | 7-eines | 7-ausreichen |
vitabu viwili vinatosha „Zwei Bücher reichen aus.“ | |||
Swahili: | vi-tabu | vi-wili | vi-natosha |
Wörtlich: | 8. Klasse Plural-Buch | 8-zwei | 8-ausreichen |
Aus ein und derselben Wurzel können durch Verwendung unterschiedlicher Klassenpräfixe Ableitungen gebildet werden: menschlich (1./2.) mtoto (watoto) „Kind(er)“; abstrakt (11.) utoto „Kindheit“; Verkleinerung (7./8.) kitoto (vitoto) „Kleinkind(er)“; Vergrößerung (5./6.) toto (matoto) „großes Kind/große Kinder“.
Ebenfalls möglich: Pflanzen (3./4.) mti (miti) „Baum/Bäume“; Werkzeuge (7./8.) kiti (viti) „Stuhl/Stühle“; Vergrößerung (5./6.) jiti (mati) „großer Baum“; Verkleinerung (7./8.) kijiti (vijiti) „Stock/Stöcke“;? (11./10.) ujiti (njiti) „schlanke(r), hohe(r) Baum/Bäume“.
Verbmorphologie
Die Verbkonstruktion weist im Swahili einen agglutinierenden Sprachbau auf. Verben im Swahili bestehen aus einer Wurzel und einer Reihe von Affixen. Die Endung des Verbs wird zur Bezeichnung der Genera verbi verändert, während Tempus oder Modus, die Person des Subjekts und manchmal auch des Objekts, Verneinung und Relativpronomen als Präfixe vor das Verb gesetzt werden. Da sich diese Präfixe – bis zu vier an einem Verb – auch zwischen der Wurzel und anderen Präfixen befinden, ist manchmal irrtümlich angenommen worden, Swahili besitze Infixe.
Die wichtigsten Genera Verbi sind Indikativ/Aktiv (unmarkiert, Bantu-Endung -a), Passiv (Endung -wa), Applikativ (Endung -ia oder -ea), Zustandspassiv (Endung -ika oder -eka), Kausativ (Endung -sha oder -za) sowie eine Reziprokform (Endung -ana); häufen sich dabei die Vokale, wird ein -l- eingefügt. Beispiel: chukua ([etwas] tragen), chukuliwa (getragen werden), chukulia (jemandem [etwas] tragen), chukuza (jemanden etwas tragen lassen), chukuana (einander unterstützen). Diese Endungen können auch kombiniert werden, z. B. chukuliana (einander [etwas] tragen), die Reziprokbildung zum Applikativ.
Es gibt reine Tempora wie im Deutschen (Vergangenheiten, Gegenwartsformen, Zukunft) und Tempora in Abhängigkeit vom Kontext (Gleichzeitigkeit, Abfolge), außerdem Formen für nicht realisierte Möglichkeiten ähnlich dem deutschen Konjunktiv sowie einen Optativ. Alle diese Tempora und Modi werden jeweils durch ein Präfix markiert, das zwischen die anderen Präfixe gesetzt wird, und zwar hinter Subjekt- oder Verneinungspräfix und vor Relativpronomen und Objekt soweit vorhanden, sonst vor die Wurzel.
In den meisten Wörterbüchern zum Swahili wird nur die Verbwurzel aufgeführt (bspw. -kata mit der Bedeutung „schneiden“). Im einfachen Satz werden Präfixe für die Person und das Tempus angehängt (ninakata). ni- steht für die 1. Person Singular („ich“) und -na- markiert das Tempus Bestimmte Zeitform – im Allgemeinen mit Präsens im progressiven Aspekt zu übersetzen.
ninakata „Ich schneide (es) (gerade).“ | |
Swahili: | ni-na-kata |
Wörtlich: | 1.P.Sg.-PROG-schneiden |
Dieser Satz kann nun durch Austausch der Präfixe verändert werden.
unakata „Du schneidest (es) (gerade).“ | |
Swahili: | u-na-kata |
Wörtlich: | 2.P.Sg.-PROG-schneiden |
umekata „Du hast (es) geschnitten.“ | |
Swahili: | u-me-kata |
Wörtlich: | 2.P.Sg.-PERFEKT-schneiden |
Als weiteres Tempus gibt es eine Präsensform, die nicht mit dem genannten zu verwechseln ist: Nasoma ist im Standard-Swahili keine Verkürzung von ninasoma („Ich lese gerade“), es enthält stattdessen eine Zeitform, die mit dem Präfix –a- gebildet wird. Nasoma (assimiliert aus *Ni-a-soma) bedeutet in etwa „Ich lese (für gewöhnlich)“/„Ich kann lesen“. Dieses Tempus wird auch als Unbestimmte Zeitform oder gnomisches Präsens bezeichnet; es ist eigentlich die allgemein bejahende Zeitform.
nasoma „Ich lese.“ | |
Swahili: | na-soma |
Wörtlich: | 1.P.Sg.:GNOM-lesen |
mwasoma „Ihr lest.“ | |
Swahili: | mwa-soma |
Wörtlich: | 2.P.Pl.:GNOM-lesen |
Die Liste aller Subjekt-Präfixe für die m-/wa--Klasse (1./2. – „Menschen“):
Person | Singular | Plural |
1. | ni- | tu- |
2. | u- | m- |
3. | a- | wa- |
Die gebräuchlichsten Tempus- und Modus-Präfixe sind:
-a- | Gnomisches Präsens (unbestimmte Zeitform) | tut ständig |
-na- | Progressiv (bestimmte Zeitform) | tut jetzt gerade |
-me- | Perfekt | hat getan (Ergebnis jetzt relevant) |
-li- | Präteritum | tat |
-ta- | Futur | wird tun |
-ka- | Konsekutiv | tat/tut anschließend (oder als Folge) |
-ki- | Gleichzeitigkeit | tat/tut gleichzeitig (oder als Bedingung) |
-nge- | Konjunktiv | täte |
-ngali- | Konjunktiv Präteritum | hätte getan |
--…-e | Optativ | möge/sollte tun |
Zwei Tempora bzw. Modi haben kein Tempus/Modus-Präfix, sondern ändern den Schlussvokal -a ab. Genau genommen handelt es sich bei dem Wörterbucheintrag -soma „lesen“ also nicht um die reine Wurzel, sondern um die Wurzel mit der Endung -a. -a steht für den Indikativ. Einen anderen Schlussvokal haben die allgemeine Verneinung mit der Endung -i und der Optativ[19] mit der Endung -e (Beispiele unter Optativ in Swahili).
Die Präfixe -ki-, -nge- und -ngali- werden auch als Konditionalformen verwendet. Sie übernehmen dann die Rolle, die im Deutschen die Konjunktion „wenn“ hat:
nikinunua nyama ya mbuzi sokoni, nitapika leo. „Wenn ich auf dem Markt Ziegenfleisch kaufe, werde ich heute kochen.“ | |||||||
Swahili: | ni-ki-nunua | nyama | ya | mbuzi | soko-ni, | ni-ta-pika | leo |
Wörtlich: | 1.Sg.-KOND-kaufen | 9-Fleisch | 9-von | 9-Ziege | Markt-LOK | 1.Sg-FUT-kochen | heute |
Analog: ningenunua (wenn ich kaufen würde) und ningalinunua (wenn ich gekauft hätte).
Mit dem Objekt-Präfix kann ein drittes Affix an die Wurzel treten. Es steht direkt vor der Wurzel und muss gesetzt werden, wenn das Objekt definit (bestimmt) ist und kann Objektpronomen ersetzen.
anamwona „Er/Sie sieht ihn/sie (gerade).“ | |
Swahili: | a-na-mw-ona |
Wörtlich: | 3.Sg.-PROG-3.Sg.OBJ-sehen |
ninamwona mtoto „Ich sehe das Kind.“ | ||
Swahili: | ni-na-mw-ona | m-toto |
Wörtlich: | 1.Sg.-PROG-3.Sg.OBJ-sehen | 1-Kind |
Mit weiteren Präfixen kann man Relativpronomen hinzufügen, die sich auf Subjekt, Objekt, Zeit, Ort oder Art und Weise der Handlung beziehen. Auch die Verneinung ist ein weiteres Präfix, und zwar ha- vor der Subjektsilbe oder si- nach ihr, je nach dem Tempus-/Modus-Präfix, das bei Verneinung auch wegfallen oder sich ändern kann.
Dialekte
In dem ausgedehnten Sprachgebiet des Swahili zwischen Somalia, Mosambik und den Inseln des Indischen Ozeans entwickelte sich eine Vielzahl von Dialekten. Seit dem Ende des Ersten Weltkriegs war erstmals fast der größte Teil des Gebietes der Swahilikultur politisch durch die britische Herrschaft vereint. In den 1920er Jahren trieb die Kolonialverwaltung eine Vereinheitlichung des Swahili voran. Seit 1928 galt der in Sansibar gesprochene Kiunguja-Dialekt als Grundlage für das Standard-Swahili. Davon abgesehen umfasst die Sprache mehr als fünfzig unterschiedliche Dialekte, darunter:
- Kimrima: Gegend um Pangani, Vanga, Dar es Salaam, Rufiji und die Insel Mafia
- Kimgao: Gegend um Kilwa und südlich davon
- Kipemba: Gegend um Pemba
- Kimvita: Gegend in und um Mvita oder Mombasa, früher der zweite große Dialekt neben Kiunguja
- Kiamu: Gegend um die Insel Lamu (Amu)
- Kingwana: Östliche und südliche Regionen der Demokratischen Republik Kongo, manchmal auch als Copperbelt Swahili bezeichnet, besonders die im Süden gesprochene Variante
- Kingozi: ein Sonderfall, die Sprache der Bewohner der antiken Stadt „Ngozi“ und möglicherweise der Ursprung des Swahili
- Shikomor (Komorisch): Die Sprachen der Komoren sind mit dem Swahili eng verwandt. Die Dialekte Kingazidja oder Shingazidja, die auf der Grande Comore gesprochen werden, und das Mahorische, das auf Mayotte gesprochen wird, werden manchmal als Dialekte des Swahili angesehen.
- Kimwani: Gegend um die Kerimbainseln und die Nordküste Mosambiks
- Chimwiini: Gegend um Barawa (Südküste Somalias)
- Sheng: eine Art informeller Straßenslang aus Swahili, Englisch und anderen einheimischen Sprachen, der in und um Nairobi genutzt wird. Sheng entstand in Slums von Nairobi und gilt für einen zunehmenden Anteil der Bevölkerung als modern und großstädtisch.
Beispiele
- Prominente Swahili-Begriffe und -Wendungen
- Hakuna Matata, „es gibt keine Probleme; alles in Ordnung“, Songtitel
- Jenga, „bauen“, Geschicklichkeitsspiel
- Joomla (engl. Schreibung von Swahili jumla), „Summe; alles zusammen“, freies Content-Management-System zur Erstellung von Webseiten
- Jumbo (engl. Schreibung von Swahili jambo), „Angelegenheit (verkürzte Grußformel)“, Name eines Elefanten, Symbol für besondere Größe
- Kofia, „Hut“, traditionelle männliche Kopfbedeckung
- Maafa, „Unheil“, afrikanischer Holocaust (politischer Neologismus)
- Mambo, „Sachen; Angelegenheiten“, Content-Management-System, Vorläufer von Joomla
- Mitumba, „Bündel (Mehrz.)“, Verpackungseinheit für importierte Altkleider
- Safari, „Reise“, Großwildjagd
- Watoro, „entlaufene Sklaven“, ostafrikanische Volksgruppe
Literatur
- Siegmund Brauner, Irmtraud Herms: Lehrbuch des Swahili. Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1964.
- Wilhelm J.G. Möhlig, Bernd Heine: Swahili Grundkurs mit Übungsbuch und CD, Rüdiger Köppe Verlag, Köln 2010, ISBN 978-3-89645-575-8.
- Christoph Friedrich: Kisuaheli Wort für Wort (= Kauderwelsch, Band 10), Reise Know-How, Bielefeld 2005, ISBN 3-89416-074-8.
- Hildegard Höftmann, Irmtraud Herms: Wörterbuch Swahili-Deutsch. 5. Auflage. Langenscheidt u. Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1992.
- Karsten Legère: Wörterbuch Deutsch–Swahili. 2. Auflage. Langenscheidt u. Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1994.
- Emil Meier: Sprachführer der Suaheli Sprache, Deutsch–Kisuaheli, Kisuaheli–Deutsch. Harrassowitz, Wiesbaden 1989, ISBN 3-447-02915-3.
- Johann Ludwig Krapf: Outline of the elements of the Kisuáheli language with special reference to the Kiníka dialect. Fues, Tübingen 1850 (englisch, bsb-muenchen.de [abgerufen am 13. November 2019]).
- Edward Steere: A handbook of the Swahili language, as spoken at Zanzibar. London 1870 (englisch, bsb-muenchen.de [abgerufen am 13. November 2019]).
- Charles Sacleux: Dictionnaire Swahili – Français. Institut d’ethnologie, Paris 1939 (französisch, uni-leipzig.de [PDF; 290,0 MB; abgerufen am 25. März 2019] mit vielen Anmerkungen zur Etymologie).
- M. A. Mohammed: Modern Swahili Grammar. East African Educational Publishers, Nairobi 2001, ISBN 9966-46-761-0.
- Rupert Moser: Leitfaden Kiswahili. Phil.-hist. Fakultät, Institut für Sozialanthropologie, Bern 2005.
- E. C. Polomé: Swahili Language Handbook. Center for Applied Linguistics, Washington 1967.
- Beat Wandeler: Lehrbuch des Swahili für Anfänger. Helmut Buske Verlag, Hamburg 2005, ISBN 3-87548-396-0.
- Beat Wandeler: Lehrbuch des Swahili für Anfänger – CD. Audio-CD zu dem gleichnamigen Buch, Helmut Buske Verlag, Hamburg 2005, ISBN 3-87548-397-9.
- Cosmo Lazaro: Wörterbuch des internationalen Swahili. Deutsch–Kiswahili, Kiswahili–Deutsch, Verlag AM-CO Publishers, Köln 2002, ISBN 3-9806714-1-0.
- Cosmo Lazaro: Reisewörterbuch Swahili. Deutsch–Kiswahili, Kiswahili–Deutsch, Verlag AM-CO Publishers, Köln 2005, ISBN 3-9806714-0-2.
- Cosmo Lazaro: Lehrbuch der Alltagssprache Swahili. mit Audio-CD und Video-DVD, Verlag AM-CO Publishers, Köln 2004, ISBN 3-9806714-4-5.
- Gudrun Miehe, Wilhelm J.G. Möhling (Hrsg.): Swahili-Handbuch. Rüdiger Köppe Verlag, Köln 1995, ISBN 3-927620-06-8.
- Nathan Oyori Ogechi: On language rights in Kenya (PDF; 195 kB) In: Nordic Journal of African Studies. 12(3), 2003, S. 277–295 (zur rechtlichen Situation des Swahili in Kenia)
- Kai-Uwe von Hassel, Paul Fokken: Waafrika wa leo: Ausgew. u. überarb. Suahelitexte aus Zeitschriften; Mit e. Wörterverz. Pan-Verlag Birnbach, Leipzig 1941, DNB 57984661X.
Weblinks
Einzelnachweise und Anmerkungen
- Harald Haarmann: Sprachenalmanach. Zahlen und Fakten zu allen Sprachen der Welt. Campus Verlag, Frankfurt und New York, 2002, S. 132.
- L. Marten: Swahili. In: Encyclopedia of Language and Linguistics. 2. Auflage. Elsevier, 2005.
- Swahili wurde vom ersten Präsidenten Julius Nyerere als „nationale Sprache“ deklariert, ohne dass dies je gesetzlich fixiert wurde; Publikationen der Regierung benennen es auch „offizielle Sprache“, z. B. „Kiswahili and English are the Official languages, however the former is the national language” (Offizielle Website der tansanischen Regierung tanzania.go.tz) (Memento vom 13. November 2013 im Internet Archive)
- Kenia hat derzeit keine umfassende gesetzliche Bestimmung hinsichtlich Sprachen; nach der geltenden Verfassung von 1992 gilt Swahili mit Englisch als eine der offiziellen Sprachen des Parlamentes, jeder Kandidat muss Kenntnisse der Sprache nachweisen; aber alle Beschlüsse des Parlamentes sind auf Englisch zu verfassen (N. O. Ogechi: On language rights in Kenya. S. 287); auf der unteren Ebene der Gerichte ist Swahili als Verhandlungssprache zugelassen, Niederschriften und Urteile sind hingegen auf Englisch auszufertigen (Ogechi, S. 290 f); die öffentlichen Verwaltungen dürfen im Verkehr mit dem Bürger Englisch und Swahili verwenden (Ogechi, S. 290); im Entwurf der neuen Verfassung sind Englisch und Swahili als die beiden offiziellen Sprachen des Staates vorgesehen, Swahili außerdem als nationale Sprache (Ogechi, S. 288).
- Uganda Constitution (Amendment) Act 2005 (Act No. 11 of 2005): “3. Replacement of article 6 of the Constitution. For article 6 of the Constitution, there is substituted the following: 6. Official language. (1) The official language of Uganda is English. (2) Swahili shall be the second official language in Uganda to be used in such circumstances as Parliament may by law prescribe.” Faktisch ist Swahili die Kommandosprache von Polizei und Militär und wird darüber hinaus in der zivilen Verwaltung kaum genutzt.
- Artikel 1 der Verfassung bestimmt neben Französisch als „offizieller Sprache“: «... langues nationales sont le kikongo, le lingala, le swahili et le tshiluba»; laut Art. 142 sind alle Gesetze binnen 60 Tagen in diese Sprachen zu veröffentlichen; im Osten des Landes ist Swahili die vorherrschende Sprache der Kommunikation, wird auch in Schulen und auf Ämtern benutzt.
- Vgl. zu diesem Absatz UCLA Language Materials Project: Swahili (Memento vom 5. Juni 2018 im Internet Archive) auf der Seite des Sprachinstitutes der Universität von Kalifornien (Los Angeles)
- Joyce Ifeoma Obidiebube: Concept of African Script: Pre-Colonial, Colonial and Modern Periods. In: Knowledge Review, Band 22, Nr. 2, April 2011, S. 44–51, hier S. 45f
- Chapane Mutiua: The Arabic script’s adoption in Swahili-speaking East Africa. In: AJAM, 5. Oktober 2020
- Ype Schaaf: L'histoire et le rôle de la Bible en Afrique, CETA, HAHO et CLE, Lavigny 2000, ISBN 9-966-886-72-9, S. 68–91
- Vgl. die Darstellung im Artikel Suahelisprache. In: Heinrich Schnee (Hrsg.): Deutsches Kolonial-Lexikon, 1920.
- Viera Pawlikova-Vilhanova: Swahili and the dilemma of Ugandan language policy. In: Asian and African Studies. 5, 1996, 2, S. 158–170; (PDF), S. 9, 11
- Nabea, Wendo: Language Policy in Kenya: Negotiation with Hegemony. (PDF) In: The Journal of Pan African Studies. vol. 3, no. 1, September 2009.
- Johannes Fabian: Language and colonial power: the appropriation of Swahili in the former Belgian Congo, 1880–1938. Cambridge 1986, hier in der Google-Buchsuche
- On Wednesday, the 6th July 2005, the Parliament of Uganda passed an amendment in the 1995 Constitution making Kiswahili the second official language of Uganda, after English. In: Kjersti Majola: Language and Education in Uganda: an encounter with the National Indigenous Language Forum (PDF). Die Einführung von Suaheli als Pflichtfach geschieht aber nur zögerlich, es fehlt an Lehrern und Material. Vgl. Bericht der ugandischen Zeitung Daily Monitor vom 23. Januar 2014: Kiswahili dream drags on as government looks for funds (englisch) abgerufen am 8. Februar 2014.
- Ellen Contini-Morava: Swahili Phonology. In: Alan S. Kaye, Peter T. Daniels (Hrsg.): Phonologies of Asia and Africa. Band 2. Eisenbrauns, Winona Lake 1997, ISBN 1-57506-019-1 (englisch).
- Katrin Jahn: Sprachbeschreibung Kiswahili. (PDF; 3,0 MB) Universität Duisburg-Essen, März 2012, S. 5–7, abgerufen am 30. Januar 2019.
- Edgar C. Polomé: Swahili Language Handbook. Center for Applied Linguistics, Washington 1967, S. 41 (englisch).
- B. Wandeler: Lehrbuch des Swahili. Hamburg 2008, ISBN 978-3-87548-503-5 nennt diese Form etwas unglücklich „Konjunktiv“, obwohl sie praktisch nie dort steht, wo im Deutschen ein Konjunktiv stünde. „Optativ“ trifft die grammatische Funktion dagegen genau. In der englischen Literatur wird sie auch „Subjunktiv“ genannt, was wenigstens die richtigen Assoziationen weckt, wenn man den französischen subjonctiv kennt.