Rhythmus (Musik)
In der Musik bezeichnet der Begriff Rhythmus (altgriechisch ῥυθμός) eine der beiden horizontalen (zeitlichen, temporalen, sequentiellen) Dauerstrukturen von Einzel-Schallereignissen (Einsätze oder ggf. Endungen von Tönen/Geräuschen, grafisch durch Notenzeichen repräsentiert) und Dauern der Stille (grafisch: Pausenzeichen), bzw. die Dauerstrukturen unveränderlich-zusammenhängend interpretierter musikalischer Konzepte/Perzepte (z. B. Rhythmus der Fundamenttöne, Rhythmus der Tonhöhen (unabhängig vom Rhythmus der Anschläge/Endungen), Rhythmen von wiederkehrenden Tonhöhen in scheinpolyphoner Melodik, uva.).
Repräsentiert man eine musikalische Struktur als ein zweidimensionales Diagramm mit der Zeit auf der X-Achse und der Tonhöhe auf der Y-Achse (vergleichbar mit der Notenschrift), bezeichnet Rhythmus neben der Melodie eine der beiden horizontalen Strukturen. Die dazu senkrechte vertikale Komponente entspricht in diesem Bild der Tonhöhe. Beides ist grundsätzlich unabhängig voneinander veränderlich, allerdings vermittelt auch die Dimension der Tonhöhe Rhythmen.
Definition
Die Definition des Rhythmus als Dauernfolge stammt von Aristoxenos, der als Erster eine Theorie des Rhythmus schrieb. Er beschränkte die Dauer nicht auf die Tondauer, sondern bezog auch die Sprachebene im Gesang und die Körperbewegung im Tanz mit ein, die in der Musik oft vereinigt sind. Pausen im Sinn von leeren Dauern führten erst spätantike Rhythmiker in die Theorie ein, etwa Augustinus. Ein Polyrhythmus ist eine Schichtung von Rhythmen von gleicher Gesamtdauer; er erlaubt die Darstellung komplexer musikalischer Zeitstrukturen im allgemeineren Sinn des Rhythmus. Polyrhythmik ist unter anderem in der afrikanischen und indischen Musik verbreitet.
In der abendländischen Musik ist die Notation der Rhythmen als Folgen von Notenwerten und Pausenwerten üblich, also mit den musikalischen Dauernzeichen der Notenschrift. Der Rhythmus nimmt dort Bezug auf den gegebenen, meist regelmäßig wiederholten Takt und erhält dadurch eine Betonungsstruktur. Ein Rhythmus gegen den Grundschlag des Takts wird als synkopiert bezeichnet. Wie spannungsreich ein Rhythmus empfunden wird, ist stark davon abhängig, in welchem Mischungsverhältnis und in welcher Weise seine Akzente mit dem Grundschlag zusammenfallen oder von ihm abweichen. Speziell Tanzrhythmen sind stets taktgebunden und tragen Eigennamen, z. B. Marschrhythmus, Walzerrhythmus, Sambarhythmus, Tangorhythmus usw.
In der Musik außerhalb des abendländischen Bereichs gibt es häufig eine vom Taktsystem unabhängige Rhythmik, zum Beispiel beim Tala in der indischen Musik.
Siehe auch
Literatur
- Peter Benary: Rhythmik und Metrik. Eine praktische Anleitung. Gerig, Köln 1967, DNB 456065172.
- Wilfried Neumaier: Antike Rhythmustheorien, historische Form und aktuelle Substanz. Amsterdam 1989, ISBN 90-6032-064-6.
- John Palmer: Rhythm to go, Vision Edition 2013, ISMN 979-0-9002315-1-2. Ein Lehrgang für Gehörbildungskurse entsprechend dem Niveau an Musikhochschulen.
- Peter Petersen: Musik und Rhythmus. Grundlagen, Geschichte, Analyse. Schott, Mainz 2010, ISBN 978-3-7957-0728-6.
- Martin Pfleiderer: Rhythmus. Psychologische, theoretische und stilanalytische Aspekte populärer Musik. (Kultur- und Medientheorie) Transcript, Bielefeld 2006, ISBN 978-3899425154.
- Gesine Schröder (Hrsg.): Rhythmik und Metrik. Laaber, Laaber 2016, ISBN 978-3-89007-828-1.
- Wieland Ziegenrücker: Allgemeine Musiklehre mit Fragen und Aufgaben zur Selbstkontrolle. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1977; Taschenbuchausgabe: Wilhelm Goldmann Verlag, und Musikverlag B. Schott’s Söhne, Mainz 1979, ISBN 3-442-33003-3, S. 32–62 (Vom Rhythmus).