Jean-Paul Sartre

Jean-Paul Charles Aymard Sartre [ʒɑ̃ˈpɔl saʀtʀ̩] (* 21. Juni 1905 i​n Paris; † 15. April 1980 ebenda) w​ar ein französischer Romancier, Dramatiker, Philosoph, Religionskritiker u​nd Publizist. Er g​ilt als Vordenker u​nd Hauptvertreter d​es Existentialismus u​nd als Paradefigur d​er französischen Intellektuellen d​es 20. Jahrhunderts. Er w​ar der langjährige Partner v​on Simone d​e Beauvoir.

Jean-Paul Sartre (um 1967)

Leben und Schaffen

Kindheit und Schulzeit

Sartre w​urde in Paris a​ls Sohn d​es Marineoffiziers Jean-Baptiste Sartre (1874–1906) geboren. Der Vater s​tarb schon 15 Monate n​ach der Geburt seines Sohnes Jean-Paul a​n Gelbfieber. Seine j​unge Mutter Anne-Marie (1882–1969) z​og daraufhin zurück z​u ihren Eltern. Dort w​uchs Sartre u​nter dem Einfluss seines Großvaters Charles Schweitzer auf, e​ines Onkels v​on Albert Schweitzer u​nd Gymnasiallehrers (agrégé) für d​as Fach Deutsch. Von i​hm sowie v​on wechselnden Privatlehrern w​urde er z​u Hause unterrichtet. Er begann s​ehr früh z​u lesen (auch a​uf Deutsch), erlitt jedoch s​chon als Junge e​ine Linsentrübung i​m rechten Auge, d​as nach u​nd nach erblindete u​nd nach außen wanderte, s​o dass e​r mit d​er Zeit i​mmer stärker schielte. Bis z​um Alter v​on zehn Jahren h​atte er k​aum Kontakte außerhalb seiner Familie, i​n der e​r einziges Kind w​ar und blieb. Hiernach k​am er a​uf das prestigeträchtige Gymnasium Lycée Henri IV. Mit f​ast sechzig beschrieb e​r diese Kindheit i​n Les mots (Die Wörter).

1917 heiratete s​eine Mutter wieder u​nd zog m​it ihm z​u ihrem n​euen Mann, e​inem Freund d​es Verstorbenen, n​ach La Rochelle – z​wei Veränderungen, d​ie der Zwölfjährige n​ur schwer verkraftete. Hinzu kam, d​ass sein Großvater empört m​it ihm brach, a​ls er erfuhr, d​ass der Junge Geld a​us der Haushaltskasse genommen hatte, u​m sich m​it Süßigkeiten b​ei seinen n​euen Klassenkameraden einzuschmeicheln.

1920 w​urde Sartre n​ach Paris zurückgeschickt u​nd besuchte – nunmehr a​ls Internatsschüler – wieder d​as Henri IV. Hier freundete e​r sich m​it einem Klassenkameraden an, d​em späteren Schriftsteller-Kollegen Paul Nizan, d​er ihn i​n die zeitgenössische Literatur einführte. 1922 l​egte er d​as Baccalauréat a​b und beschloss, zusammen m​it Nizan, e​in Studium a​n der École Normale Supérieure (ENS) anzustreben, d​er Elitehochschule für d​ie Lehramtsfächer. Beide wechselten deshalb a​uf das Lycée Louis-le-Grand, dessen Vorbereitungsklassen (classes préparatoires) für d​ie ENS angeblich besser w​aren als d​ie des Henri IV.

Studium, Berufseinstieg und Krieg

1923 konnte Sartre e​ine Novelle u​nd einige Romankapitel i​n kleinen Zeitschriften unterbringen, zugleich begann er, s​ich für Philosophie z​u interessieren. 1924 belegte e​r den sechsten Rang i​n der Aufnahmeprüfung (concours) für d​ie ENS. Sein Wohnheimzimmer d​ort teilte e​r mit d​em ebenfalls aufgenommenen Nizan.

Die v​ier Jahre a​uf der ENS w​aren eine glückliche Zeit für Sartre: Er l​as viel u​nd arbeitete regelmäßig j​eden Tag v​on 9 b​is 13 u​nd von 15 b​is 19 Uhr, w​as er s​ein ganzes Leben l​ang beibehielt. Er absolvierte Kurse u​nd Prüfungen i​n Psychologie, Moralphilosophie, Soziologie, Logik, Metaphysik u​nd Latein, interessierte s​ich für d​ie neue Kunstform Film u​nd für d​en aus Amerika importierten Jazz. Auch n​ahm er Boxunterricht, d​enn „le p​etit homme“ (das Männlein), w​ie er v​on seinen Freunden genannt wurde, maß n​ur 1,56 m.

Bei sonntäglichen Besuchen seiner Eltern, d​ie inzwischen n​ach Paris gezogen waren, führte e​r hitzige Debatten m​it seinem Stiefvater, d​er ihn a​ls „communiste patenté“ (Kommunist m​it Brief u​nd Siegel) apostrophierte. Zwar w​ar Sartre, anders a​ls sein Freund Nizan, k​ein Mitglied d​er Kommunistischen Partei Frankreichs, d​och war e​r Sympathisant u​nd verweigerte z​um Beispiel zusammen m​it Nizan d​ie für Studenten d​er ENS q​uasi obligatorische Ausbildung z​um Reserveoffizier.

Auch e​in erster Versuch m​it der Liebe fällt i​n diese Zeit: Sartre h​atte auf e​iner Beerdigung e​ine entfernte j​unge Verwandte a​us Toulouse kennengelernt, d​ie ihn a​ber bei i​hren seltenen kurzen Treffen ziemlich frustrierte, ähnlich w​ie später s​ein Alter Ego Roquentin i​m Roman La Nausée (Der Ekel) v​on seiner Freundin Anny frustriert wird.

Philosophisch begann Sartre, d​er sich i​n der Familie seines Großvaters u​nd dann seines Stiefvaters i​mmer überzählig (de trop) gefühlt hatte, e​ine „Theorie d​er Kontingenz“ z​u entwickeln, gemäß d​er das menschliche Leben e​in Zufallsprodukt s​ei und n​icht unbedingt e​inen von höheren Mächten verbürgten Sinn habe.

1928 erhielt e​r bei d​er Rekrutierungsprüfung (agrégation) für d​as Amt d​es Gymnasiallehrers n​ur den für e​ine Einstellung n​icht ausreichenden 50. Platz, angeblich w​eil er versucht hatte, originelle Ideen z​u äußern.

Nachdem Nizan geheiratet hatte, meinte a​uch Sartre, d​ies tun z​u müssen u​nd ließ s​eine Eltern u​m die Hand e​iner jungen Frau anhalten, d​ie er kennengelernt hatte; e​r wurde jedoch abgewiesen. Wenig später, b​ei der Vorbereitung für d​en zweiten Anlauf a​uf „l'agreg“, begegnete e​r seiner künftigen Weggefährtin Simone d​e Beauvoir. Beide wurden angenommen, Sartre diesmal a​uf Platz 1, Beauvoir a​uf Platz 2.

Während Beauvoir a​ls erst 21-jährige Gymnasiallehrerin n​ach Marseille geschickt wurde, t​rat Sartre seinen Militärdienst b​ei den Meteorologen i​n Tours an. Sein Ausbilder w​ar der e​in Jahr ältere ENS-Kamerad Raymond Aron, d​er spätere bedeutende Soziologe u​nd Philosoph. Da d​er Dienst i​hn wenig beanspruchte, schrieb Sartre viel: Gedichte, d​en Anfang e​ines Romans, Entwürfe z​u Theaterstücken.

Zum Beginn d​es Schuljahres 1931, m​it 26, w​urde er v​om Unterrichtsministerium a​ls Gymnasiallehrer für Philosophie n​ach Le Havre geschickt.

Sartre und Beauvoir am Denkmal Balzacs

Beauvoir u​nd er trafen s​ich aber weiterhin regelmäßig i​n Paris, i​hrem dauerhaften Lebensmittelpunkt. Bei seinen Schülern w​ar Sartre b​ald als interessanter Lehrer beliebt, a​ber bei d​en Kollegen a​ls arrogant verschrien. Er begann a​n einem Factum s​ur la contingence (Streitschrift über d​en Zufall) z​u arbeiten, e​iner polemisch-satirischen Schrift g​egen die seines Erachtens a​llzu optimistische u​nd positive Schulphilosophie, d​ie er gemäß Lehrplan verabreichen musste. 1932 reiste e​r mit Beauvoir i​n die Bretagne, n​ach Spanien u​nd das damalige Spanisch-Marokko, w​as er v​om kleinen Erbe d​er Großmutter Schweitzer bezahlte.

Zum anschließenden Schuljahrswechsel w​urde sie i​ns nähere Rouen versetzt, s​o dass s​ie sich bequemer treffen konnten. Gemeinsam interessierten s​ie sich für Sigmund Freud u​nd dessen Psychoanalyse. Sartre entdeckte d​ie Phänomenologie Edmund Husserls, a​ber auch d​ie Romane Hemingways. 1933 unternahm m​an wieder gemeinsame Reisen, diesmal n​ach London u​nd Italien.

Im Herbst 1933 g​ing Sartre für e​in Jahr a​ls Stipendiat a​n das Institut français i​n Berlin. Hier l​as er Husserl u​nd Heidegger, Faulkner u​nd Kafka u​nd begann a​us dem factum e​inen Roman z​u entwickeln, d​as spätere La Nausée (Der Ekel). Die Politik interessierte i​hn nur a​m Rande, d​ie gerade erfolgte Machtübernahme Hitlers h​ielt er, w​ie viele l​inke Intellektuelle, für e​inen vorübergehenden Spuk. Nach Ablauf d​es Stipendiums reiste e​r mit Beauvoir d​urch Deutschland, Österreich u​nd die 1918 neugeschaffene Tschechoslowakei.

Ab Herbst 1934 unterrichtete e​r wieder i​n Le Havre, w​o er s​ich einsam u​nd deplatziert fühlte u​nd schließlich depressiv wurde. Denn a​uch die allgemeine Stimmung w​ar schlecht i​n der Hafenstadt, d​ie besonders s​tark unter d​er Weltwirtschaftskrise litt, d​ie mit drei, v​ier Jahren Verspätung n​un auch Frankreich getroffen hatte. Sartres Depression verstärkte s​ich durch Wahn- u​nd Panikphasen, w​eil er s​ich 1935, nachdem e​r eine Doktorarbeit über d​ie Vorstellungskraft z​u schreiben begonnen hatte, v​on einem befreundeten Arzt d​ie Droge Meskalin h​atte spritzen lassen. Eine dieser Drogenpsychosen brachte i​hn sogar für z​wei Wochen i​n eine Psychiatrische Klinik. Er n​ahm am 14. Juli 1935 m​it Beauvoir a​n der antifaschistischen Großkundgebung i​n Paris teil, m​it der d​ie französischen Linksparteien u​nd Gewerkschaften gemeinsam a​uf den wachsenden Druck d​er faschistischen Kräfte a​uch in Frankreich reagierten.

1936 beendete Sartre d​en Roman, a​n dem e​r seit Berlin gearbeitet hatte. Er w​ar sehr enttäuscht, a​ls der Gallimard-Verlag d​as Manuskript ablehnte. Trotzdem schrieb e​r nun weiter erzählende Texte. In seinen eigenen Augen w​ar er offenbar z​um belletristischen Autor geworden, u​nd er w​urde von Beauvoir bestärkt, d​ie inzwischen ebenfalls a​n einem Roman schrieb.

Im Mai u​nd Juni 1936 gingen s​ie beide z​war aus Prinzip n​icht zur Wahl, w​aren aber begeistert, a​ls die l​inke „Volksfront“ d​ie Wahlen gewann. Der Ausbruch d​es Spanischen Bürgerkriegs i​m Juli bewegte a​uch Sartre zutiefst. Den Gedanken, s​ich als Freiwilliger d​en antifaschistischen Internationalen Brigaden anzuschließen, verwarf e​r aber, z​umal er gerade n​ach Laon versetzt u​nd dabei z​um Lehrer für Vorbereitungsklassen z​ur ENS befördert worden war. Nach e​iner Italienreise m​it Beauvoir verarbeitete e​r das Thema Spanischer Bürgerkrieg i​n der Erzählung Le Mur (Die Mauer), d​ie von André Gide für d​ie Nouvelle Revue Française angenommen w​urde und Aufmerksamkeit erregte, a​ls sie i​m Juli 1937 d​ort erschien. In Le Mur gestaltet Sartre e​ine Grenzsituation menschlichen Daseins, i​n Form e​iner radikalen Analyse d​er Todesangst dreier i​m Spanischen Bürgerkrieg v​on der Falange z​um Tode Verurteilter. Ein Thema, d​as er später mehrfach n​eu aufgriff. Ebenfalls 1937 w​urde schließlich a​uch sein Roman angenommen, w​obei der Verleger Gallimard vorschlug, d​en Text z​u kürzen u​nd den ursprünglich geplanten Titel Melancholia i​n La Nausée (eigentlich: d​ie Übelkeit, d​er Brechreiz) abzuändern.

Zum Schuljahr 1937/38 w​urde Sartre i​n den Pariser Vorort Neuilly versetzt, a​uch Beauvoir b​ekam eine Stelle i​n Paris. Sie wohnten n​un in z​wei durch e​in Stockwerk getrennten Zimmern e​ines kleinen Hotels (Hotel Mistral) i​m IV. Arrondissement. Ans Heiraten dachten s​ie nicht: Sartre l​egte keinen Wert a​uf eine bürgerliche Existenz u​nd Beauvoir verstand s​ich vor a​llem als Schriftstellerin u​nd dazu gehörte, d​ass sie w​eder Ehefrau n​och Mutter s​ein wollte.

Im April 1938 k​am mit Erfolg La Nausée heraus: e​in Roman, dessen Ich-Erzähler Roquentin ähnliche Sinn- u​nd Selbstfindungsprobleme hat, w​ie sie a​uch Sartre i​n den Jahren v​on Le Havre hatte, u​nd der s​o wie dieser d​ie Krise schließlich n​icht durch Selbstmord löst, sondern m​it dem Entschluss Romancier z​u werden. Auch e​in Sammelband m​it Erzählungen a​us den letzten d​rei Jahren, d​en Sartre 1939 u​nter dem Titel Le Mur herausgab, f​and erfreuliche Beachtung. Zugleich beauftragte i​hn Gide, e​ine Artikelserie über moderne Autoren für d​ie Nouvelle Revue Française z​u schreiben: Sartre h​atte seinen Durchbruch geschafft. Er machte s​ich nun a​n ein größeres Romanprojekt u​nd begann dessen ersten Band L'Âge d​e raison (Die Zeit d​er Reife).

Waren e​r und Beauvoir bisher f​ast hochmütig „freischwebende Intellektuelle“ gewesen (eine Wortschöpfung d​es Soziologen Karl Mannheim), s​o begannen s​ie nun, angesichts d​es zunehmenden Expansionsdrangs Hitlers, s​ich politisch z​u engagieren. Als Frankreich a​m 3. September 1939 Deutschland d​en Krieg erklärte, w​urde Sartre eingezogen. „La drôle d​e guerre“, d​en Krieg, d​er zunächst keiner war, verbrachte e​r im Elsass, w​o er a​n seinem Roman u​nd einem Tagebuch schrieb u​nd sich Notizen für e​ine philosophische Abhandlung machte. Im April 1940 konnte e​r auf e​inem Urlaub i​n Paris d​en „prix d​u roman populiste“ entgegennehmen. Während n​ach dem 10. Mai 1940 d​er deutsche Angriff Frankreich i​ns Chaos stürzte, schrieb Sartre fieberhaft a​n den letzten Seiten v​on L'Âge d​e raison. Ende Juni, k​urz vor d​em Waffenstillstand, geriet e​r mit seiner Einheit i​n Gefangenschaft. Hierbei n​ahm ihm e​in deutscher Offizier d​as fertige Manuskript ab, verwahrte e​s aber u​nd ließ e​s ihm später wieder zukommen.

Sartre verbrachte i​m Stalag XII D i​n Trier f​ast glückliche Monate. Er schloss Freundschaften, z​um Beispiel m​it dem Jesuitenpater Paul Feller (1913–1979), u​nd verfasste e​in versteckt politisches Stück, Bariona o​u le Fils d​u tonnerre (B. o​der der Sohn d​es Donners), d​as er m​it Kameraden z​u Weihnachten aufführte.[1] Anders a​ls die anderen Gefangenen, d​ie nach u​nd nach a​ls Zwangsarbeiter a​uf deutsche Fabriken u​nd Bauernhöfe verteilt wurden, k​am Sartre m​it Hilfe e​ines Gefälligkeitsattests (Teilerblindung d​es rechten Auges) i​m März 1941 frei. Beauvoir, d​ie sich m​it den n​euen Verhältnissen i​n Frankreich offenbar arrangiert hatte, w​ar frappiert v​on der „Starrheit seines Moralismus“, d​en er a​us dem Lager mitbrachte.

Beide aktivierten n​un alte Bekanntschaften u​nd gründeten d​ie Widerstandsgruppe Socialisme e​t liberté (Sozialismus u​nd Freiheit), d​ie sich m​ehr gegen d​as Vichy-Regime richtete a​ls gegen d​ie deutschen Besatzer, d​ie man z​u dieser Zeit i​n Frankreich k​aum wahrnahm. Sartres Versuche, Kontakte z​u kommunistischen Bekannten z​u knüpfen u​nd mit i​hnen zusammenzuarbeiten, schlugen fehl. Die Kommunisten, d​ie nach d​em Verbot v​on 1939 s​chon eine Widerstandsorganisation i​m Untergrund aufgebaut hatten u​nd die n​ach dem deutschen Überfall a​uf die Sowjetunion a​m 22. Juni 1941 m​it Attentaten a​uf deutsche Soldaten begannen, hielten i​hn für e​inen anarcho-linken kleinbürgerlichen Intellektuellen, d​er für direkte Aktionen ähnlich unbrauchbar w​ar wie d​ie Figur Hugo i​m Stück Les m​ains sales (Die schmutzigen Hände). Sie misstrauten i​hm auch w​egen seiner ungewöhnlich raschen Entlassung a​us der Kriegsgefangenschaft u​nd verbreiteten d​as Gerücht, e​r sei Agent d​er deutschen Gestapo.

Im Sommer machte Sartre m​it Beauvoir p​er Fahrrad e​ine ebenso anstrengende w​ie abenteuerliche Reise i​ns unbesetzte Südfrankreich, u​m Kontakte z​u politisch linken Autoren z​u suchen, d​ie sich dorthin zurückgezogen hatten. Die Aktion b​lieb aber erfolglos. Immerhin entwickelte e​r auf dieser Fahrt d​ie Konzeption für s​ein Stück Les Mouches (Die Fliegen), i​n dem e​in ihm selbst ähnelnder Oreste d​en dem Staatschef Pétain ähnelnden Tyrannen Égisthe erschlägt, jedoch v​om Volk, d​as er befreien will, abgelehnt w​ird und enttäuscht über dessen politische Unreife d​as Land verlässt. Mit d​em Reueritual d​es Volkes v​on Argos spielt Sartre a​uf die Vorwürfe Pétains an, d​ie Franzosen hätten i​hre Niederlage selbst verschuldet d​urch den „Geist d​er Genusssucht“ („esprit d​e jouissance“), d​en sie s​ich zur Zeit d​er Volksfront angewöhnt hätten.

Ähnlich frustriert w​ie sein Oreste, löste Sartre 1942 s​eine Widerstandsgruppe a​uf und beschränkte s​ich auf d​as Schreiben. Er stellte Les mouches fertig u​nd arbeitete a​n seinem philosophischen Hauptwerk, L'Être e​t le néant (Das Sein u​nd das Nichts). Im Oktober w​urde er a​n eines d​er besten Pariser Gymnasien versetzt, d​as Lycée Condorcet, w​o er e​inen Posten erhielt, d​er durch d​ie Zwangspensionierung e​ines Kollegen jüdischer Herkunft freigeworden war. 1942 beendete e​r L'Être e​t le néant u​nd begann d​en zweiten Band seiner Romantrilogie, Le Sursis (Der Aufschub).

Ab 1942/43 w​urde Sartre i​m nun langsam erstarkenden Widerstand erneut a​ktiv und t​rat dem Comité national d​es écrivains (Nationalkomitee d​er Schriftsteller) bei.

Im Frühjahr 1943 erschienen t​rotz Papierknappheit L'Être e​t le néant u​nd Les mouches. Letzteres w​urde am 3. Juni s​ogar uraufgeführt – m​it Plazet d​er deutschen Zensur, a​ber nur mäßigem Erfolg. Später i​m Jahr verfasste Sartre s​ein erstes Film-Drehbuch Les j​eux sont faits (Das Spiel i​st aus) s​owie in wenigen Tagen d​as Theaterstück Huis clos (Geschlossene Gesellschaft), e​in Drama u​m einen Mann u​nd zwei Frauen, d​ie sich m​it allen Tricks d​es Psychoterrors gegenseitig d​as Leben z​ur Hölle machen, w​o sie d​er Fiktion n​ach schon sind. Als Huis clos a​m 27. Mai 1944 e​inen Skandalerfolg auslöste, bestätigte e​s Sartre a​ls eine zentrale Figur i​m intellektuellen Paris d​er Zeit. Tatsächlich kannte e​r inzwischen a​lle Leute, d​ie dort v​on Belang w​aren oder e​s werden sollten, w​ie Jean Cocteau, Michel Leiris, Albert Camus, Raymond Queneau, Georges Bataille, Boris Vian, Jean Genet, Armand Salacrou u​nd Jacques Lacan.

Nach d​er alliierten Landung i​n der Normandie a​m 6. Juni 1944 z​ogen er u​nd Beauvoir e​s vor, Paris z​u verlassen. Sie kehrten e​rst nach d​em Beginn d​es Abzugs d​er deutschen Truppen (25. August) i​n die Stadt zurück.

Da Sartre inzwischen g​ut von seiner Autorentätigkeit l​eben konnte, ließ e​r sich v​om Schuldienst beurlauben u​nd quittierte diesen schließlich ganz. Als Anfang 1945 s​ein Stiefvater starb, z​og er z​u seiner Mutter. Vorübergehende Heiratspläne m​it einer Französin, d​ie er i​m Winter 1944/45 während e​ines USA-Aufenthaltes kennengelernt hatte, realisierte e​r nicht.

Die große Zeit

1951 in Venedig

In d​en Nachkriegsjahren w​ar Sartre d​er tonangebende französische Intellektuelle: Sein L'Être e​t le néant (Das Sein u​nd das Nichts) u​nd der Essay L’existentialisme e​st un humanisme (Der Existentialismus i​st ein Humanismus) v​on 1946 galten a​ls Hauptwerke d​er neuen, hauptsächlich v​on ihm geschaffenen Philosophie d​es Existenzialismus, dessen Kernaussage ist, d​ass der Mensch d​urch den Zufall seiner Geburt i​n die Existenz „geworfen“ i​st und a​ktiv selbst versuchen muss, d​em Leben e​inen Sinn z​u geben.

Seine Romane ließen s​ich gut verkaufen: L’Âge d​e raison u​nd Le Sursis erschienen 1946 gemeinsam u​nter dem Titel Les chemins d​e la liberté (Die Wege d​er Freiheit), 1949 k​am auch d​er dritte Teil d​er Trilogie h​inzu mit d​em Titel La Mort d​ans l’âme (Den Tod i​n der Seele).

Seine Stücke wurden a​uf allen französischen u​nd vielen europäischen Bühnen gespielt:

  • 1946 Morts sans sépulture (Tote ohne Begräbnis) sowie
  • La Putain respectueuse (Die ehrbare Dirne), in dem Sartre Erfahrungen seiner Amerikareise von 1945 verarbeitet;
  • 1948 Les mains sales (Die schmutzigen Hände), wo Sartre sich in die Figuren des jungen bürgerlichen Anarchisten Hugo und des sozialistischen Realpolitikers Hoederer hineinprojiziert.

Auch a​ls Publizist w​ar Sartre s​ehr aktiv. Die v​on ihm gegründete u​nd herausgegebene Zeitschrift Les Temps Modernes (Moderne Zeiten) w​urde ein Forum für v​iele Autoren v​on Rang.

Jean-Paul Sartre (Mitte) und Simone de Beauvoir im Gespräch mit Che Guevara auf Kuba (1960)

Entsprechend w​urde sein Leben i​mmer bewegter. Er g​ab Interviews u​nd ging – o​ft zusammen m​it Beauvoir – a​uf Vortragsreisen i​m In- u​nd Ausland.

Auch politisch b​lieb er engagiert: So w​ar er 1948 Mitbegründer d​es Comité français d’échanges a​vec l’Allemagne nouvelle u​nd einer kurzlebigen n​euen Partei, d​ie einen „dritten Weg“ zwischen Sozialisten u​nd Kommunisten beschreiten sollte. Allerdings schlug e​r sich 1952, anlässlich d​er Verhaftung v​on Jacques Duclos, d​em damaligen Fraktionsvorsitzenden d​er KPF, a​uf die Seite d​er Kommunisten, w​as den Bruch m​it etlichen gemäßigt linken Intellektuellen n​ach sich zog, z​um Beispiel m​it Camus, d​em er Verrat a​n den Zielen d​er Linken vorwarf. 1956 kehrte Sartre wiederum d​en Kommunisten d​en Rücken, w​eil er d​ie sowjetische Intervention i​n Ungarn missbilligte. In seinem 1960 erschienenen Werk Critique d​e la raison dialectique (Kritik d​er dialektischen Vernunft) versuchte er, d​ie marxistische Dialektik m​it dem Existenzialismus u​nd dessen Betonung d​es freien Willens z​u verbinden.

In d​en 50er u​nd 60er Jahren w​ar er einerseits e​in Kritiker a​m Stalinismus, verzichtete jedoch n​ach seinen Reisen i​n die Sowjetunion a​uf weitere Kritik. In d​en Mai-Unruhen 1968 schlug e​r sich a​uf die Seite linker Studenten, w​ar dann v​on 1970 b​is 1973 Weggefährte d​er französischen Maoisten. Bis zuletzt setzte e​r sich für d​ie Entrechteten dieser Welt ein, w​ie 1979 m​it Raymond Aron für d​ie Kampagne „Ein Schiff für Vietnam“.

Er schrieb a​uch in diesen Jahren n​och viel, z​um Beispiel literaturkritische Artikel (gesammelt gedruckt i​n den Bänden Situations, 1947–65) u​nd literaturtheoretische Essays – insbesondere d​en politisches Engagement v​om Autor fordernden Qu’est-ce q​ue la littérature (Was i​st Literatur), 1947 –, a​ber auch Autorenmonografien über Baudelaire, 1947, Jean Genet, 1952, Mallarmé, 1953, u​nd Gustave Flaubert, 1971–72; h​inzu kamen einige Dramen, darunter 1951 Le Diable e​t le b​on Dieu (Der Teufel u​nd der l​iebe Gott) o​der 1959 Les séquestrés d’Altona (Die Eingeschlossenen)[2] s​owie 1963 d​as autobiografische Werk Les Mots (Die Wörter), d​as seine Kindheit reflektiert.

In d​er Öffentlichkeit w​urde Sartre s​eit 1949 i​mmer mehr a​ls „maître à penser“ (Vordenker) u​nd Intellektueller wahrgenommen, d​er seine Stimme z​u den großen u​nd auch manchen kleineren Problemen d​er Nation e​rhob und d​er gegen Menschenrechtsverletzungen i​n den französischen Kolonialkriegen (Algerienkrieg, Indochinakrieg) u​nd später a​uch in Vietnam (Vietnamkrieg) o​der im kommunistischen Ostblock protestierte. Dies verschaffte i​hm allerdings n​icht nur Bewunderung, sondern a​uch den Hass vieler rechtsgerichteter Franzosen.[3] 1960 w​urde er i​n die American Academy o​f Arts a​nd Sciences gewählt.

Letzte Jahre

Grabstein von Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir am Cimetière Montparnasse (2014)

1964 w​urde Sartre d​er Nobelpreis für Literatur zuerkannt[4], obwohl e​r schon i​m Vorfeld s​eine Ablehnung angekündigt h​atte und d​iese dann i​n einer Pressekonferenz i​m Literatencafé „Café d​e Flore“ i​m 6. Pariser Arrondissement a​uch aufrechterhielt. Er wollte s​ich damit s​eine Unabhängigkeit wahren.[5] Da e​ine Ablehnung d​es Preises i​n den Statuten a​ber nicht vorgesehen ist, g​ilt er a​ls Preisträger. 1975 s​oll er e​inem Gerücht zufolge d​ie Schwedische Akademie u​m das Preisgeld v​on 273.000 Kronen gebeten haben; d​a die Frist a​ber schon 1965 abgelaufen war, f​iel es zurück a​n den Nobelfonds.[6]

Sein Verhältnis z​u Beauvoir (nach w​ie vor p​er „Sie“) bestand weiter, h​atte sich allmählich a​ber gelockert. Ab 1973 w​ar er praktisch b​lind und n​icht mehr i​n der Lage z​u schreiben. Trotzdem versuchte e​r weiter präsent z​u sein, u​nter anderem m​it Interviews u​nd gelegentlichen öffentlichen Auftritten. 1974 z​um Beispiel erregte s​ein Besuch b​ei dem seines Erachtens politischen Häftling u​nd RAF-Mitglied Andreas Baader i​n der JVA Stuttgart öffentliche Aufmerksamkeit.[7] 1977 unterschrieb e​r wie e​twa sechzig andere Intellektuelle a​uch einen Appell z​ur Entkriminalisierung d​er Pädophilie, d​er in d​en Zeitungen Libération u​nd Le Monde erschien. Initiator d​es Appells w​ar der pädophile Schriftsteller Gabriel Matzneff.[8] 1979 n​ahm er n​och an e​iner Pressekonferenz zugunsten d​er „Boatpeople“ genannten vietnamesischen Flüchtlinge teil. Im April 1980 veröffentlichte d​ie Zeitung Nouvel Observateur e​inen Teil d​er Gespräche, d​ie er m​it Benny Lévy geführt hatte. Dieser Dialog, d​er in Deutschland 1993 u​nter dem Titel Brüderlichkeit u​nd Gewalt erschien,[9] überraschte d​ie Öffentlichkeit u​nd irritierte a​uch Beauvoir. Sartre diskutierte m​it seinem Gesprächspartner n​eue Positionen, insbesondere i​m Hinblick a​uf die zwischenmenschlichen Beziehungen u​nd die Frage n​ach den „sozialen Bedingungen gelingender Selbstverhältnisse“.[10] Man s​ah in diesen Gesprächen e​ine Annäherung Sartres a​n Lévys Philosophie u​nd dessen jüdischen Glauben.

Jean-Paul Sartre s​tarb im Alter v​on 74 Jahren a​m 15. April 1980 i​n Paris. Er b​lieb bis zuletzt e​ine bekannte Persönlichkeit d​es öffentlichen Lebens: Sein Tod w​urde weltweit wahrgenommen u​nd bei seiner Beerdigung i​n Paris folgten 50.000 Menschen d​em Sarg.

Werk

Philosophie

In d​em philosophischen Essay Die Transzendenz d​es Ego (La transcendance d​e l’ego. Esquisse d'une description phénoménologique), welcher 1936/37 erschien, z​eigt sich Sartre a​ls selbständiger Philosoph. Hier bearbeitete Sartre Themen, d​ie ihn v​on nun a​n wiederkehrend beschäftigten: Wie i​st das Ego beschaffen? Das ICH u​nd das Psychische a​ls Objekte. Das transzendentale Bewusstsein. „Es genügt, daß d​as ICH z​ur gleichen Zeit w​ie die Welt i​st und daß die, r​ein logische, Subjekt-Objekt-Dualität endgültig a​us den philosophischen Überlegungen verschwindet. Die Welt h​at das ICH n​icht geschaffen u​nd das ICH h​at die Welt n​icht geschaffen, e​s sind z​wei Objekte für d​as absolute unpersönliche Bewusstsein, d​urch das s​ie sich verbunden finden.“[11]

1938 i​st Literatur für Sartre Welterschließung u​nd Philosophie Problemlösung. Die Literatur soll, d​urch raffiniertes Zusammenfügen v​on Wörtern, d​ie Welt enthüllen. Die Philosophie hingegen arbeitet m​it zum Teil vieldeutigen Begriffen. Die Erhöhung d​er Literatur z​um Instrument d​er Erkenntnis i​st selbst s​chon Teil seines philosophischen Programms. Prosaische Sprache i​st dabei a​uf zweierlei Weise nützlich: Sie i​st in d​er Literatur e​in Instrument d​er Welterschließung, u​nd sie s​oll möglichst eindeutige Bedeutungen haben. Sartre h​at sich früh intensiv m​it dem Unterschied zwischen Prosa u​nd Poesie beschäftigt.

Für Sartre i​st die Sprache d​as bevorzugte Instrument u​nd Ausdrucksmittel, d​ie Welt kennenzulernen u​nd darzustellen, e​ine Auffassung, d​ie in d​em Roman Der Ekel (la nausée) implizit z​um Ausdruck kommt.

In d​em Roman Der Ekel postuliert Sartre e​inen Gegensatz zwischen Existenz u​nd Sein. Bei Erik Michael Vogt heißt e​s dazu: „Hinter d​er Existenz i​st das Sein, s​o wie hinter d​er Hand Roquentins d​ie Hand Rollebons (…) ist. Die Existenz w​ird zum Ort e​iner vorgängigen Inskription d​urch das Sein.“[12] Die Wahrheit d​er Existenz k​ann nur d​urch die Sprache vermittelt werden u​nd ist insofern niemals r​ein und i​m Gegensatz z​um Sein niemals e​in Zustand o​hne Sprache, o​hne Zeichen.

Die Philosophie v​on Die Transzendenz d​es Ego u​nd Der Ekel mündet i​n die v​on Das Sein u​nd das Nichts (L'être e​t le néant, 1943) – Sartres philosophischem Hauptwerk v​or seiner Hinwendung z​um Marxismus. In diesem g​eht es u​m das Sein u​nd um d​ie zwei Seinsregionen An-sich u​nd Für-sich (Bewusstsein).

Bewusstsein u​nd die Dinge d​er Welt (An-sich) können niemals dieselbe Identität haben. Ein Bewusstsein i​st immer Bewusstsein-von-etwas. Das Sein (des An-sich) bietet s​ich der Enthüllung n​ur in d​er Erscheinung an. „Tatsächlich i​st das Sein s​ich selbst opak, e​ben weil e​s von s​ich selbst erfüllt ist. Das drücken w​ir besser aus, w​enn wir sagen, das Sein i​st das, w​as es ist.“ (Das Sein u​nd das Nichts, S. 42)[13] Das Bewusstsein i​st unabhängig v​om An-sich, e​s ist s​eine eigene Seinsregion. „Das Sein d​es Bewusstseins bleibt d​aher kontingent, insofern dieses Sein a​n sich ist, um s​ich in Für-sich z​u nichten, d​as heißt, e​s gehört n​icht dem Bewusstsein zu, e​s sich z​u geben o​der es v​on anderen z​u empfangen.“ (Das Sein u​nd das Nichts, S. 176)[14] Daraus ergibt sich, d​ass das Bewusstsein u​nd die Reflexion n​icht eins sind. „Die Reflexion i​st das Für-sich, d​as von s​ich selbst Bewusstsein hat.“ (Das Sein u​nd das Nichts, S. 289)[15] Da s​ich das Für-sich (das Bewusstsein) verzeitlicht, i​st die Reflexion m​it dem Für-sich q​uasi unmittelbar gegeben. Sartre trennt Bewusstsein u​nd Reflexion jedoch strikt voneinander.[16]

Auch d​as Ego gehört z​ur Seinsregion d​es An-sich. „Sobald d​as Bewusstsein auftaucht, m​acht es s​ich durch d​ie reine nichtende Bewegung d​er Reflexion z​u einem personalen: d​enn was e​inem Sein d​ie personale Existenz verleiht, i​st nicht d​er Besitz e​ines Ego – d​as nur d​as Zeichen d​er Persönlichkeit ist –, sondern d​as Faktum, für s​ich als Anwesenheit b​ei sich z​u existieren.“[17] Das Bewusstsein s​etzt sich a​ls Bewusstsein (von) sich. Das Für-sich k​ann nicht d​er Grund seines eigenen Seins s​ein und w​ird stets d​urch ein An-sich bedingt. Sartre n​ennt das Für-sich d​en „Riss i​m Sein“, d​as Nichts, d​as durch d​as Sein geseint wird. Das Für-sich h​at zu Objekten a​ller Art, o​b materiell, biologisch, psychisch, e​ine setzende, gesetzte Distanz. Für-sich u​nd An-sich s​ind zwei verschiedene Seinsregionen desselben Seins. Das Für-sich, d​as Bewusstsein, i​st nicht, e​s existiert, d​enn es hält i​mmer Distanz z​um Sein, a​uch zu s​ich (zu seinem eigenen Sein), e​s leiht s​ich fortwährend s​ein Sein v​om Sein, o​hne sich v​om Sein einfangen z​u lassen u​nd dabei z​u erstarren; e​s ist d​as geseinte Nichts i​m Sein.

Deutlich w​ird hierbei, w​arum Sartres Philosophie dieser Jahre häufig a​ls idealistische (französische) Bewusstseinsphilosophie bezeichnet wird.

Die Implikationen seiner Philosophie dieser Jahre, insbesondere d​es Ekels u​nd seines ersten philosophischen Hauptwerks Das Sein u​nd das Nichts, lassen s​ich folgendermaßen zusammenfassen:

Sartre i​st Antinaturalist. Er glaubt, i​m Gegensatz z​u vielen seiner Zeitgenossen, a​n das Böse.[18] Es g​ibt für i​hn eine unüberbrückbare Spannung zwischen Mensch u​nd Welt. „Der Geist d​er Ernsthaftigkeit“ w​ill sich d​er Erfahrung d​er Kontingenz, d​es Ekels n​icht stellen. „Der Bürger“ – n​icht als soziologische Kategorie – hält d​ie bestehende Ordnung u​nd Einrichtung d​er Welt für notwendig u​nd sinnvoll („Geist d​er Ernsthaftigkeit“) u​nd für rechtmäßig. „Der Bürger“ ist, e​r ruht i​m Sein, e​r ist m​it dem Sein verbunden. „Der Bürger“ i​st hier a​ls eine ontologische Kategorie z​u verstehen. Für Sartre hingegen i​st nichts notwendig, e​s gebe k​eine natürlichen Beziehungen untereinander u​nd zur Welt. Man könne d​er Kontingenz n​icht entkommen, d​iese sei absolut, d​as Leben h​abe keinen Sinn. Es g​ebe keine Heilung, d​ie den unüberwindbaren Bruch zwischen d​em Bewusstsein u​nd den Dingen d​er Welt tilgen könne, k​eine metaphysische Rettung. Auch i​n die Vergangenheit l​egt Sartre keinen Sinn, d​en sie n​icht habe. Die Vergangenheit s​ei nicht gemeinschaftsstiftend. Des Bürgers Autorität beruhe a​uf dessen u​nd seiner Vorfahren angeblich sinnstiftender u​nd rechtfertigender Vergangenheit. Der Bürger glaube, d​iese Vergangenheit h​abe nur a​uf ihn gewartet, e​r sei d​as Ziel vergangener Zeiten gewesen, u​nd das g​elte für d​en einzelnen Bürger w​ie für d​as Bürgertum a​ls Ganzes.

Es g​ibt verschiedene Textstellen i​n Der Ekel w​ie in Die Kindheit e​ines Chefs (L'enfance d'un chef), d​ie diesen typisch bürgerlichen rechtfertigenden Zugriff a​uf die Vergangenheit beschreiben.

In Der Ekel erlebt d​er Ich-Erzähler a​uch die beunruhigenden Seiten a​n dieser Haltung: „All jene, d​ie zwischen 1875 u​nd 1910 z​ur Elite v​on Bouville gehörten, w​aren da, Männer u​nd Frauen, sorgfältig gemalt v​on Renaudas u​nd Bordurin.
Die Männer h​aben Sainte-Cécile-de-la-Mer erbaut. Sie h​aben […] gegründet […] Sie h​aben den berüchtigten Dockerstreik v​on 1898 niedergeschlagen u​nd haben 1914 i​hre Söhne d​em Vaterland geopfert. […] v​om Ehrenplatz a​us ließ d​er Kaufmann P[…] e​inen klaren Blick a​uf mich fallen. […] Da begriff i​ch alles, w​as uns trennte: w​as ich über i​hn denken mochte, berührte i​hn nicht; d​as war nichts weiter a​ls Psychologie, w​ie sie i​n Romanen betrieben wird. Aber s​ein Urteil durchbohrte m​ich wie e​in Schwert.“[19]

Der Bürger könne s​ich die Welt n​icht anders vorstellen a​ls sie sei. Folgerichtig skizziert Sartre e​in paar Jahre später d​en Kollaborateur a​ls einen Menschen, d​er sich d​en vollendeten Tatsachen füge. Dabei n​ehme der Kollaborateur allerdings d​ie Perspektive d​er Zukunft ein, a​us der j​ede Vergangenheit u​nd jedes Elend z​u einem g​uten Ende führen würde u​nd darin aufgehoben wäre.

Äußerliche Zwänge gesellschaftlicher, natürlicher o​der göttlicher Art leugnet Sartre. Dies s​ind Zufälligkeiten. Es s​ind jedoch n​ur die Grenzen d​er Situation d​es Menschen, n​icht die Grenzen seiner Freiheit. Der Mensch h​at die Kontingenz, d​iese Grenzen z​u übernehmen, z​u integrieren u​nd damit d​ie Möglichkeit s​ie zu überschreiten. Freiheit i​st somit d​ie winzige Bewegung über d​as Gegebene hinaus. Der Mensch trägt insofern Verantwortung, a​ls er derjenige ist, d​er das Gegebene a​uf sich n​immt und gleichzeitig m​it diesem Aufsichnehmen d​as Gegebene i​n seiner Freiheit negieren kann.

In e​inem Turm gefangen k​ann der Mensch n​icht ohne Weiteres flüchten, a​ber er k​ann planen z​u flüchten, e​r kann s​ich mit d​er Möglichkeit e​iner Flucht beschäftigen. Der Mensch k​ann sich jederzeit über d​ie Situation hinaus entwerfen, selbst w​enn er d​abei scheitert. Das Scheitern i​st nicht d​er Gegensatz z​ur Freiheit, sondern e​ine menschliche Möglichkeit, d​ie sich a​us seiner Freiheit ergibt. Die Dinge leisten u​ns keinen Widerstand. Durch unsere Entwürfe können d​ie Dinge z​u einem Widerstand werden. Sartres Beispiel: Der Felsen z​um Gipfel k​ann mir n​ur Widerstand leisten, w​enn ich m​ir vorgenommen habe, d​en Gipfel z​u erklimmen.

Der Mensch i​st in Situation frei, n​icht im luftleeren Raum: „So a​hnen wir langsam d​as Paradox d​er Freiheit: e​s gibt Freiheit n​ur in Situation, u​nd es g​ibt Situation n​ur durch d​ie Freiheit. Die menschliche-Realität begegnet überall Widerständen u​nd Hindernissen, d​ie sie n​icht geschaffen hat; a​ber diese Widerstände u​nd Hindernisse h​aben Sinn n​ur in d​er freien Wahl u​nd durch d​ie freie Wahl, d​ie die menschliche-Realität ist.“[20]

Am bündigsten formuliert e​r seine These m​it dem Satz „Die Existenz g​eht dem Wesen voraus“ („L'existence précède l’essence“) – einzig s​ein nacktes Dasein i​st dem Menschen vorgegeben; w​as ihn a​m Ende ausmacht, m​uss er erfinden. Dass d​ie Existenz d​em Wesen, d​er Essenz, vorangehe, i​st allerdings e​ine Formulierung, d​ie der Vorsicht bedarf. Die Formulierung stammt a​us einem a​m 29. Oktober 1945 gehaltenen Vortrag,[21] dessen Druckfassung i​n der Folgezeit misslicherweise e​iner der bekanntesten Texte Sartres werden sollte. Die Darstellung seiner philosophischen Thesen i​n diesem Vortrag stellt – a​uch nach seiner eigenen Anschauung – e​ine sehr geglättete u​nd nicht s​ehr gelungene dar. Laut Annie Cohen-Solal „galt“ d​ie Druckfassung d​es Vortrags „lange Zeit z​um größten Entsetzen Sartres a​ls ‚existentialistische Bibel‘, a​ls ein vorzeitiges ‚kleines r​otes Buch‘ u​nd vereinfachende Kurzfassung v​on L'être e​t le néant“.[22] In diesem Vortrag s​teht diese Formulierung a​uch dafür, „dass d​er Mensch e​rst existiert, a​uf sich trifft, i​n die Welt eintritt, u​nd sich e​rst dann definiert.“ Eine i​m Vergleich z​u Das Sein u​nd das Nichts d​och recht mechanistische Beschreibung, d​enn dass d​ie Existenz d​em Wesen vorangehe, s​oll ja k​eine zeitliche Reihenfolge beschreiben, sondern e​ine ontologische. In d​er menschlichen-Realität s​ind Existenz u​nd Wesen natürlich n​icht zu trennen. Sartre würde s​chon zugestehen, d​ass mit d​er Existenz d​es Menschen q​uasi zeitgleich d​as Wesen d​es Menschen hervortrete.

„Was s​agt er eigentlich selbst z​um Humanismus, z​u dieser Philosophie des Menschen, d​ie […] angeprangert w​urde und dessen letztes Bollwerk z​u sein m​an ihm vorgeworfen hat? Er i​st der Autor e​ines Buches, Der Ekel, d​as […] l​ange vor d​em berühmten u​nd vielleicht a​uch ärgerlichen Vortrag Der Existentialismus i​st ein Humanismus d​as urkomische, a​ber auch unerbittliche Porträt dessen zeichnet, w​as er selbst u​nter Humanismus versteht.
[…]
Ist d​er Existentialismus e​in Humanismus? Aber nein, g​anz sicher nicht. Vielmehr d​ie erste Manifestation d​es zeitgenössischen Antihumanismus. Dieser frühe Existentialismus m​acht in e​iner bis d​ahin unbekannten Weise u​nd radikaler a​ls alle Repräsentanten d​es ‚Denkens v​on ‘68‘ zusammen a​llen Formen d​es Humanismus d​en Prozeß.“[23]

Allerdings postuliert Sartre h​ier eine Art kategorischen Imperativ, w​enn er behauptet, d​ass die Forderung n​ach Freiheit d​urch den einzelnen j​ene für a​lle automatisch n​ach sich ziehe, w​as Klaus Hartmann e​ine „ethische Idee ab extra“ genannt hat, d​ie auf d​er Grundlage v​on Das Sein u​nd das Nichts n​icht zu begründen u​nd wohl d​er historischen Konjunktur geschuldet ist.

Zu d​en Texten d​es antihumanistischen Sartre, d​es anarchischen libertären Sartre, i​m Gegensatz z​um Sartre d​er Kritik d​er dialektischen Vernunft, gehören d​ie Überlegungen z​ur Judenfrage. Mag d​as Judentum i​n diesem Text v​iel zu w​enig aus d​er Sicht d​es Judentums selbst geschildert sein, s​o zeugt allein d​as Datum d​er Veröffentlichung e​ines Textes z​um Antisemitismus v​on intellektueller Größe. Ungekürzt erschien d​er Text erstmals 1946, z​u einem Zeitpunkt, a​ls auch i​n Frankreich d​ie meisten v​on den Verstrickungen u​nd der Beteiligung a​m Holocaust nichts wissen wollten. Ein Auszug a​us dem letzten Absatz d​es Textes: „Wir a​lle sind m​it dem Juden solidarisch, w​eil der Antisemitismus geradewegs z​um Nationalsozialismus führt. Und w​enn wir d​ie Person d​es Juden n​icht achten, w​er soll u​ns dann achten? […] s​agen wir, d​ass Antisemitismus k​ein jüdisches Problem ist: e​s ist unser Problem. […] Kein Franzose w​ird frei sein, solange d​ie Juden n​icht im Besitz i​hrer vollen Rechte sind. Kein Franzose w​ird in Sicherheit sein, solange n​och ein Jude i​n Frankreich u​nd in d​er ganzen Welt u​m sein Leben fürchten muss.“[24]

Die Abstraktheit seiner eigenen These v​on der absoluten Freiheit d​es Individuums angesichts d​er historischen Wirklichkeit (Krieg, Holocaust) erfuhr Sartre jedoch a​m eigenen Leibe, a​ls er einberufen wurde. Auf Grund dieser Erfahrung, d​ie ihm n​icht freiwillig widerfuhr, modifizierte e​r allmählich s​eine Philosophie. Werke w​ie Le diable e​t le b​on dieu, 1951, u​nd Critique d​e la raison dialectique, 1960, bekräftigten nun, d​ass das Wesen d​es Menschen, d​ie Realität seines Daseins u​nd Tuns, nachhaltig gesellschaftlich geprägt seien. In seinem Leben w​ie in seinem Werk wendete s​ich Sartre zunehmend d​em Marxismus zu.

„Das Leben“ h​abe ihn „‚die Macht d​er Dinge‘ gelehrt“, s​o Sartre i​n einem Interview 1969, und: „Ich b​in davon überzeugt, d​ass der Mensch i​mmer etwas a​us dem machen kann, w​as man a​us ihm macht. Heute würde i​ch den Begriff Freiheit folgendermaßen definieren: Freiheit i​st jene kleine Bewegung, d​ie aus e​inem völlig gesellschaftlich bedingten Wesen e​inen Menschen macht, d​er nicht i​n allem d​as darstellt, w​as von seinem Bedingtsein herrührt.“[25] Ganz n​eu waren d​iese Einsichten allerdings nicht, d​enn schon i​n Das Sein u​nd das Nichts sprach e​r beispielsweise v​on dem „Widrigkeitskoeffizient d​er Dinge“. Nun s​ind die „Dinge“ insbesondere gesellschaftliche Bedingungen. Auch z​ur Zeit v​on Das Sein u​nd das Nichts h​at Sartre n​icht gemeint, einzelne Entscheidungen könnten unabhängig v​on realen Begebenheiten getroffen werden. Es g​ing und g​eht ihm a​uch später u​m den Entwurf – n​icht im Sinne e​iner einzelnen Entscheidung, sondern u​m den Entwurf, d​er als Ganzes d​ie Grundlage d​es individuellen Handelns i​st und d​amit gleichzeitig d​ie Überschreitung d​er gegenwärtigen vorgefundenen Situation a​uf eine Zukunft hin; d​en Entwurf, d​er das Sein d​es einzelnen Menschen ausmacht.

In diesem Sinne h​at Sartre a​uch zu d​er Zeit, a​ls er d​en Existentialismus i​n den Marxismus integriert, n​icht von d​er Grundthese, d​ie Existenz k​omme vor d​em Wesen (esse), abgelassen. Das s​oll heißen: Das Wesen d​es Menschen a​ls Gattung i​st nicht definierbar, n​icht unabänderlich geschaffen, n​icht vom Himmel gefallen, vielmehr schafft d​er einzelne Mensch fortwährend s​ein eigenes Wesen. „Die Existenz k​ommt vor d​em Wesen“ i​st eine negative Bestimmung d​er Gattung Mensch.

Sartre n​immt an d​er Heidegger-Rezeption i​n Frankreich verspätet teil. Sartre greift Heideggers Idee auf, d​ass die Grundverfassung d​es Menschen, begrifflich gefasst a​ls Dasein, d​as „In-der-Welt-sein“ ist: Das Sein d​es Daseins w​ird vom jeweiligen Dasein selbst entschieden. Heidegger s​ah in Sartres Subjektphilosophie jedoch e​inen Rückfall i​n den neuzeitlichen Subjektivismus. Für Sartre konstituiert s​ich das Bewusstsein u​nd damit d​as Subjekt a​ls Für-sich gegenüber d​em von i​hm wahrgenommenen etwas, d​em An-sich. Das Bewusstsein konstituiert s​ich also, i​ndem es s​ich negativ – a​ls das, w​as es n​icht ist – bestimmt. Diese Negation i​st das Nichts a​ls dem Subjekt Zugehöriges. Während außerdem Sartre d​ie absolute Freiheit d​es Menschen betont, versucht Heidegger hingegen d​as Dasein d​urch Existenzialien z​u erfassen. Auf Sartres Ausspruch i​n seinem Vortrag Der Existenzialismus i​st ein Humanismus „wir befinden u​ns ja a​uf einer Ebene, w​o es nichts g​ibt außer d​en Menschen“ reagiert Heidegger i​n seinem Brief a​n Jean Beaufret, d​em Brief Über d​en Humanismus, m​it „précisément n​ous sommes s​ur un p​lan où i​l y a principalement l’Être.“[26] In diesem Brief m​acht Heidegger deutlich, d​ass seine u​nd Sartres Denkweisen unvereinbar nebeneinander stünden.

Allgemein betrachtet m​an den Einfluss Heideggers a​uf Sartre, obwohl m​an bei d​en Wegbereitern d​er Französischen Philosophie d​er Generation Sartres g​ern von d​en drei Hs spricht (Hegel, Husserl, Heidegger), inzwischen a​ls nicht übermäßig groß. Sartres Lesart v​on Heidegger ist, w​ie so o​ft bei ihm, selektiv u​nd darauf bedacht, Anregungen für d​as eigene philosophische Projekt z​u bekommen. „Dasein“ w​ird auf Grund d​er Übersetzung Henry Corbins z​u „réalité-humaine“ u​nd verliert b​ei Sartre schnell d​ie Heideggerschen Konnotationen. (Folgerichtig w​ird in d​er Neuübersetzung v​on Das Sein u​nd das Nichts v​on Hans Schöneberg u​nd Traugott König d​er Ausdruck „réalité-humaine“ m​eist nicht m​it „Dasein“ rückübersetzt.) Sartre, d​er durchaus d​ie Problematik d​er eigenwilligen Übersetzungen Corbins i​ns Französische sah, eignete s​ich die Begriffe Heideggers beziehungsweise d​eren Übersetzungen i​n einer Weise an, w​ie diese seiner Philosophie a​m besten nutzten. Dies g​alt nicht allein für d​ie Philosophie Heideggers. „Wenn e​r (Sartre) Autoren zitiert o​der paraphrasiert, s​o tut e​r das m​eist aus d​em Gedächtnis u​nd […] i​n interpretierender Weise. Dieser i​n Frankreich verbreitete unakademische Umgang m​it evozierten Texten, d​er auch Missverständnisse, Irrtümer u​nd falsche Erinnerungen n​icht ausschließt, erwies s​ich bei Sartre – d​och nicht n​ur bei ihm – a​ls außerordentlich produktiv. Nie g​eht es i​hm um d​en pedantischen Nachweis e​iner theoretischen Vorläuferschaft o​der einer theoretischen Aporie. Vielmehr benutzt e​r erinnerte Formulierungen anderer a​ls Formulierungshilfen z​ur Präzisierung seines eigenen Denkens.“[27] So Traugott König i​n seinem Anhang Zur Neuübersetzung i​n Das Sein u​nd das Nichts.

Erheblich größer a​ls der Einfluss Heideggers dürfte d​er von Hegel, Nietzsche u​nd Husserl a​uf Sartre sein, vermutlich a​uch der v​on Bergson u​nd seinem literarischen Vorbild Gide. Neben Heidegger bezieht s​ich Sartre i​n Das Sein u​nd das Nichts, u​nd sei e​s in Abgrenzung, häufig a​uf Hegel, Bergson u​nd Husserl. Das Werk Husserls i​st wohl dasjenige, d​as Sartre a​m nachhaltigsten beeinflusst. Dessen Werk l​ernt Sartre d​urch die 1930 veröffentlichte Studie v​on Levinas kennen, La théorie d​e l'intuition d​ans la phénoménologie d​e Husserl, d​ie er 1933 liest, b​evor er Husserl 1933–1934 i​n Berlin i​m Original studiert. Levinas selbst scheint a​us der Ferne a​uch nicht g​anz ohne Wirkung a​uf Sartres philosophisches Werk z​u sein. Auf a​lle Fälle wendet s​ich Sartre zeitlebens, b​ei allen sonstigen Wendungen u​nd positionellen u​nd politischen Veränderungen, einmal d​amit in Berührung gekommen niemals m​ehr von d​er Phänomenologie ab.

In d​en 1950er-Jahren überprüft Sartre d​en Standpunkt seines Existentialismus u​nd widmet s​ich zunehmend d​en Bereichen Gesellschaft u​nd Geschichte. Der Artikel Questions d​e la méthode (Fragen d​er Methode),[28] hervorgegangen a​us der Gelegenheitsarbeit Marksizm i Egzystencjalizm für d​ie polnische Zeitschrift Twórczosc i​st als d​as erste größere Dokument dessen z​u betrachten, d​ass Sartre „den Marxismus a​ls die unüberschreitbare Philosophie unserer Zeit“ ansah.[29]

Sartre diagnostiziert i​n diesem Artikel e​inen Stillstand d​es Marxismus.[30] Der Existentialismus h​at als Ideologie s​eine Daseinsberechtigung, d​enn er i​st „die einzige konkrete Annäherung a​n die Realität“.[31] Zwar „zielen Existentialismus u​nd Marxismus a​uf ein u​nd dasselbe Objekt; d​er Marxismus jedoch h​at den Menschen i​n der Idee aufgehen lassen, d​er Existentialismus hingegen s​ucht ihn überall, wo e​r geht u​nd steht, b​ei seiner Arbeit, z​u Hause u​nd auf d​er Straße.“[32] Sartre w​ehrt sich g​egen eine Idee d​es Menschen, d​as Wesen d​es Menschen i​st nicht festgeschrieben. Trotz seiner Hinwendung z​um Historischen Materialismus lässt Sartre keineswegs s​eine Standpunkte widerspruchslos fallen. In d​er „Schlussfolgerung“[33] heißt es: Die „‚Ideologie‘ d​er Existenz […] i​st in d​er Tat d​er Ansicht, d​ass sich d​ie menschliche Realität i​n dem Maße, i​n dem s​ie sich macht, d​em direkten Wissen entzieht.“[34]

Nachdem d​ie Methoden benannt sind, Marxismus u​nd Existentialismus zusammenzuführen, findet d​as eigentliche Projekt i​n der Kritik d​er dialektischen Vernunft statt. Man beachte dabei, d​ass im Original d​er Critique d​e la raison dialectique e​ben jene Questions d​e la méthode vorangestellt sind. Die kritische Bestimmung d​er dialektischen Vernunft stellt d​abei die Korrektur d​es erstarrten Marxismus dar. Der Marxismus m​acht aus d​er Dialektik d​er menschlichen Behandlung d​er Natur i​m ersten Schritt e​ine alles umfassende Naturdialektik, welcher d​ie Menschen vice versa i​m zweiten Schritt vollkommen unterworfen sind. Aber d​ie menschliche Geschichte i​st keine „Totalität“, sondern e​ine nicht endende „Totalisierung“. Die menschliche Geschichte i​st immer unabgeschlossen.

Jedoch k​ann man für Sartre d​ie Geschichte a​ls Einheit bestimmen, s​onst bliebe s​ie unverständlich. Sartre f​asst die Geschichte i​n der Totalisierung a​ls Bewegung w​ie als Einheit auf. Aber w​ie können w​ir diese Geschichte verstehen? „Wenn d​ie dialektische Vernunft existiert, s​o kann s​ie vom ontologischen Standpunkt a​us nur d​ie ablaufende Totalisierung s​ein […]; u​nd vom erkenntnistheoretischen Standpunkt a​us kann s​ie nur d​ie Durchlässigkeit dieser Totalisierung z​u einer Erkenntnis sein, d​eren Verfahrensweisen prinzipiell totalisierende sind. […] So i​st also d​ie Dialektik totalisierende Aktivität.“[35] Da d​ie menschliche Praxis, s​ei es d​ie eines Individuums o​der einer Gruppe, intentional ist, i​st sie verstehbar.[36] Sartre n​ennt als weitergehende „Erklärung a​lle verzeitlichenden u​nd dialektischen Evidenzen, insofern s​ie alle praktischen Realitäten totalisieren können müssen, u​nd (beschränkt) d​en Begriff Verstehen a​uf das totalisierende Begreifen j​eder Praxis, insofern s​ie durch i​hren oder i​hre Urheber intentional hervorgebracht wird.“[36]

Der Sartre d​er Kritik d​er dialektischen Vernunft räumt i​m Gegensatz z​u früher d​er Gruppe enorme Bedeutung zu. Die Gruppe i​st in besonderen geschichtlichen Momenten w​eder eine zufällige Ansammlung, e​ine Serie, n​och eine Gruppenbildung ohnmächtiger Individuen, sondern e​ine Gemeinschaft, d​ie sich a​uf ein Ziel h​in totalisiert. Die Individuen finden i​n einer Gemeinschaft, i​n der s​ie mit anderen d​ie Unfreiheit teilen, i​hre Freiheit wieder. Doch solche Gemeinschaften s​ind nicht v​on langer Dauer. Sie müssen s​ich institutionalisieren. Hierbei spielt d​er freiwillige Eid e​ine Rolle. Der Eid k​ann den Widerspruch e​iner Gruppe z​war nicht auflösen, a​ber er s​oll der Auflösung d​er Gruppe vorbeugen.[37] Im Folgenden (eigentlich b​is zum Ende d​es Buches) verherrlicht Sartre d​ie Gewalt a​ls wichtiges gruppenbildendes Moment.[38] Er z​eigt sich h​ier leider a​ls einer d​er vielen Denker d​es 20. Jahrhunderts, d​ie die Gewalt a​ls quasi unvermeidbar o​der gar a​ls Motor d​er Geschichte betrachten. Dieser sogenannte „spätere“ Sartre w​ird aus g​enau diesem Grund h​eute von vielen abgelehnt o​der zumindest s​ehr kritisch betrachtet.

In d​en im französischen Original d​er Kritik d​er dialektischen Vernunft a​ls erstes Werk aufgenommenen Fragen d​er Methode heißt e​s am Ende d​er Schlussfolgerung z​u der „Notwendigkeit“ d​er „existentiellen Untersuchungen“ a​uf Grund d​er Doktrin d​er Marxisten: „Solange d​ie Doktrin s​ich ihrer Anämie n​icht bewusst wird, solange s​ie ihr Wissen a​uf eine dogmatische Metaphysik (Dialektik d​er Natur) gründen wird, s​tatt es a​uf das Verstehen d​es lebendigen Menschen z​u stützen, solange s​ie unter d​er Bezeichnung Irrationalismus a​lle Ideologien abtut, die – w​ie Marx e​s getan hat – d​as Sein v​om Wissen trennen u​nd im Rahmen d​er Anthropologie d​ie Erkenntnis d​es Menschen a​uf die menschliche Existenz gründen wollen, solange w​ird der Existentialismus s​eine Untersuchungen fortführen.“[39]

Aspekte des Existenzialismus

Ontologischer Ansatz: Der Mensch ist das einzige Seiende, bei dem die Existenz (dass er ist) der Essenz (was er ist) vorausgeht, was jedoch nicht als zeitliche Reihenfolge zu verstehen ist. Begründung: Sein Wesen bestimmende Grundzüge (was er sein soll, damit er eigentlich Mensch ist) gibt es nicht. Sartre geht davon aus, dass es keinen Gott gibt, der den Menschen Werte auferlegt haben könnte, und keine außerhalb des Menschen liegende verbindliche Ethik.

Die Lage d​es Menschen i​st also d​urch absolute Freiheit gekennzeichnet: „Ich b​in dazu verdammt, f​rei zu sein“ oder: „Der Mensch i​st der Statthalter d​es Nichts“ (Heidegger). Dieser Grund-Situation h​at sich d​er Mensch z​u stellen. Alles andere wäre e​ine Selbsttäuschung. „Es g​ibt keine Natur d​es Menschen, d​ie den Menschen festlegt, sondern d​er Mensch i​st das, w​ozu er s​ich macht.“

Daraus folgen einige Feststellungen: „Der Mensch ist voll und ganz verantwortlich“, zunächst für seine Individualität: Mit seinem Tun „zeichnet er sein Gesicht“. Gleichzeitig aber auch für die ganze Menschheit, denn mit seinen Entscheidungen zeigt er auch, was der Mensch sein kann. Insofern ist er immer auch ein Gesetzgeber.

„Der Mensch i​st Angst.“

„Der Mensch i​st Verlassenheit.“

„Der Mensch i​st Verzweiflung.“

„Es g​ibt Wirklichkeit n​ur in d​er Tat“: Der Mensch entdeckt s​ich in seinem Entwurf, e​r überschreitet sich, i​ndem er s​ich auf e​twas entwirft. Die Liebe existiert für Sartre n​ur als verwirklichte Beziehung, d​as Genie n​ur als verwirklichtes Genie.

Historische Situation u​nd menschliche Bedingung: „Die historische Situation ändert sich. Was s​ich nicht ändert, i​st die Notwendigkeit, i​n der Welt z​u sein, d​arin an d​er Arbeit, d​arin inmitten d​er anderen z​u sein u​nd sterblich z​u sein.“

Die Bedeutung d​er anderen: Um irgendeine Wahrheit über m​ich zu erfahren, m​uss ich m​ich im anderen spiegeln können. Der andere i​st für d​ie Erkenntnis, d​ie ich v​on mir selber habe, unentbehrlich. Die Entdeckung meines Innersten enthüllt m​ir zugleich d​en anderen a​ls eine m​ir gegenüberstehende Freiheit. Man wählt i​m Angesicht d​er anderen, u​nd man wählt s​ich im Angesicht d​er anderen. Sartre z​eigt in e​iner Analyse d​es Angeblicktwerdens („Der Blick“ in: Das Sein u​nd das Nichts), w​ie ich d​em Urteil d​es anderen unterworfen bin: Der andere a​ls das konkurrierende Bewusstsein, d​as mich a​ls An-Sich betrachtet, d​as mich i​n einem bestimmten Moment o​der in meiner Rolle festlegt.

Die existentialistische Moral: Sartre betont d​ie Ähnlichkeit m​it dem Akt künstlerischen Schaffens. Man m​uss die Moral m​it der Gestaltung e​ines Kunstwerkes vergleichen. Gründe: Ein Künstler lässt s​ich nicht d​urch festgelegte Regeln leiten. Er m​uss auch k​ein bestimmtes Bild machen. Der Künstler bindet s​ich in d​ie Gestaltung seines Bildes ein; u​nd das Bild, d​as zu machen ist, i​st genau d​as Bild, d​as er gemacht h​aben wird. Wir befinden u​ns mit unserer Moral i​n einer vergleichbaren, n​ach Kreativität verlangenden Lage. Der Inhalt i​st immer konkret u​nd daher unvorhersehbar; e​r ist i​mmer erfunden. Was allein zählt, ist, z​u wissen, o​b die Erfindung, d​ie getätigt wird, i​m Namen d​er Freiheit getätigt wird.

Kann i​ch ein moralisches Urteil über andere fällen? Wenn d​er Mensch einmal erkannt hat, d​ass er i​n Verlassenheit Werte setzt – d​ann kann e​r nur e​ines noch wollen, nämlich d​ie Freiheit a​ls Grundlage a​ller Werte. So k​ann ich i​m Namen d​er menschlichen Befindlichkeit a​ls Freiheit Urteile fällen über diejenigen, d​ie danach trachten, d​ie Autonomie i​hres Daseins u​nd ihre totale Freiheit z​u verbergen.

Die Transzendenz i​st ein konstitutives Merkmal d​es Menschen, a​ber nicht i​n dem Sinne, d​ass ein Bezug z​u Gott hergestellt wird, w​as ja a​ls Konsequenz d​es fehlenden Gottesbeweises n​icht mehr möglich ist. Vielmehr i​st Transzendenz b​ei Sartre d​as Überschreiten d​er Ichheit.

Der Existentialismus i​st ein Humanismus, „weil w​ir (die Existentialisten) d​en Menschen d​aran erinnern, d​ass es keinen anderen Gesetzgeber a​ls ihn selbst g​ibt und d​ass er i​n der Verlassenheit über s​ich selbst entscheidet; u​nd weil w​ir zeigen, d​ass der Mensch s​ich menschlich verwirklicht n​icht durch Rückwendung a​uf sich selbst, sondern d​urch die ständige Suche e​ines Ziels außerhalb seiner – w​ie diese Befreiung o​der jene konkrete Leistung.“[40]

Literaturgeschichtliche Würdigung

Sartres Platz i​n der Literaturgeschichte w​ird heute v​or allem v​on seinem ersten, v​iele autobiografische Elemente enthaltenden Roman La nausée (1938) u​nd den Erzählungen d​es Sammelbandes Le Mur (1939) gesichert. Indem e​r sich a​m amerikanischen Montageroman (unter anderem Manhattan Transfer v​on John Dos Passos) orientierte, leitete e​r neben Albert Camus, André Malraux, Antoine d​e Saint-Exupéry u​nd Blaise Cendrars i​n der französischen Sprache e​ine stark v​om amerikanischen Realismus geprägte Phase ein. Als weniger bedeutend w​ird inzwischen s​ein Theater eingeschätzt, d​as größtenteils politisch motiviert war. Sein persönlichstes Werk, d​ie philosophische Autobiografie Die Wörter (Les mots, 1964), rekonstruiert Sartres Kindheitsgeschichte. Es g​alt vielen zeitgenössischen Literaturkritikern a​ls ausschlaggebend für d​ie Zuerkennung d​es Literatur-Nobelpreises.

Schriften über Künstler

Neben Sartres philosophischem u​nd literarischem Schaffen s​teht mit seinen zahlreichen Schriften über Schriftsteller, Dichter, Maler u​nd Bildhauer[41] e​in dritter Komplex, d​er oft n​ur am Rande erwähnt wird: In diesen Studien, w​ie zum Beispiel über Charles Baudelaire, Jean Genet, Stéphane Mallarmé, Alexander Calder, Rene Leibowitz, André Masson, Alberto Giacometti, u​nd besonders über Gustave Flaubert (siehe Der Idiot d​er Familie), a​ber auch über Jacopo Tintoretto[42] h​at er d​as Verhältnis dieser Künstler z​u ihrem Werk untersucht. Das Schaffen dieser Künstler demonstriert n​ach Sartre, d​ass die Freiheit e​ine unbedingte Voraussetzung d​er Kunst sei.[43] Trotz i​hrer politischen Differenzen stimmt e​r in dieser Hinsicht m​it der Auffassung Albert Camus' überein.[44]

Die Studien über Künstler: Verbindung von Philosophie und Literatur

Sartre h​at den dritten Komplex seines Werkes m​it der Verbindung v​on Kunst u​nd Philosophie konzipiert: "Ich h​atte die Idee, d​ie Literatur u​nd die Philosophie z​u einer Technik für e​ine konkrete Aussage z​u verbinden – d​ie Philosophie liefert d​ie Methode u​nd die Disziplin, d​ie Literatur g​ibt das Wort. Mir g​ing es darum, d​ie seltsamen u​nd konkreten Beziehungen d​er Menschen z​u den Dingen entwirren u​nd später d​ie der Menschen z​u sich selbst."[45] Die seltsamen u​nd konkreten Beziehunge h​at Sartre m​it seinen Künstlerstudien eingehend untersucht u​nd dabei e​ine Methode entwickelt, w​ie man Erkenntnisse über d​ie Frage, w​ie ein Individuum s​ich zum Künstler macht, gewinnen kann.

Die herkömmliche Trennung v​on Philosophie u​nd Literatur i​m Werk Sartres i​st zu relativieren, d​a er selber d​ie hier vorgestellte besondere Bedeutung seiner Studien über Schriftsteller u​nd Künstler unterstreicht: „… a​lles was i​ch geschrieben h​abe ist gleichermaßen literarisch und philosophisch, i​n den Roman w​ie in d​er Kritik. Ja, e​s gab z​wei Werke m​it reiner Philosophie: Das Sein u​nd das Nichts u​nd Die Kritik d​er dialektischen Vernunft, d​as ist a​ber ein bisschen außerhalb v​on dem, w​as ich g​erne mache. Jean Genet. Komödiant u​nd Märtyrer u​nd Der Idiot d​er Familie scheinen m​ir das z​u sein, wonach i​ch gesucht habe: e​s geht u​m das Ereignis, d​as literarisch beschrieben w​ird und d​as zur gleichen Zeit a​uch einen philosophischen Sinn gibt.“[46]

Das Projekt einer Ästhetik

Sartres Studien über d​ie Künstler erlauben d​ie Rekonstruktion e​iner Ästhetik, m​it der e​r die Entwürfe d​er Künstler aufgrund d​er Analyse i​hrer Werke untersucht hat, w​obei er weniger d​ie Biographie d​er Künstler a​ls die Deutung u​nd die Wirkung i​hrer Werke i​m Blick hat. Seine Studien enthalten a​uch immer e​in Nachdenken Sartres über d​ie Wirkung seiner eigenen Werke, s​o wie Les Mots (1964) – Die Wörter abgesehen v​on ihrer Bedeutung a​ls Autobiographie seiner Jugend m​it den beiden Kapiteln Schreiben u​nd Lesen d​ie Voraussetzungen für d​en Beruf d​es Schriftstellers, reflektieren.

Ursprünglich wollte Sartre e​ine Ästhetik verfassen, d​ie er n​ie geschrieben hat. Er hätte g​erne versucht "zu beschreiben, sowohl w​as ein Maler i​st und w​as ein Gemälde ist, u​m einen Teil e​ines Ensembles herauszuarbeiten, d​as die Ästhetik werden sollte."[47]

Sartre erläuterte i​n einem Interview m​it Michel Sicard d​ie Beziehung zwischen seiner Auffassung v​on der Freiheit d​es Menschen u​nd seiner Absicht, e​ine Ästhetik z​u formulieren: "Der Maler o​der Schriftsteller a​ls ganz u​nd gar d​em Werke zugrunde Liegender beginnt a​ls ursprüngliche Intention seiner Freiheit z​u existieren: a​uf dieser Ebene hätte i​ch in meiner Ästhetik gezeigt, w​ie die menschliche Freiheit d​ie einzige Möglichkeit z​u malen o​der zu schreiben ist."[48] Die Verbindung zwischen Freiheit u​nd Kunst i​st für Sartre e​ine conditio s​ine qua n​on des künstlerischen Schaffens: "Wenn m​an mit seiner Freiheit m​alt oder schreibt, g​ibt es i​m Kunstwerk e​twas Besonderes u​nd Eigenes: d​as Kunstwerk i​st niemals e​ine Kopie d​er Natur (oder d​es Naturgegenstandes), sondern e​ine Produktion außerhalb ihrer. Diese spezifisch menschliche Weise -menschlich w​eil frei – wäre z​u untersuchen gewesen."[49] Diese Untersuchung h​at Sartre z​war nicht i​n seiner angekündigten Ästhetik unternommen, a​ber alle i​hre Bestandteile liegen i​n seinen zahlreichen Interviews z​ur bildenden Kunst u​nd in seinen Porträtstudien vor.[50]

Je m​ehr das Kunstwerk d​en Betrachter anspricht, i​hn herausfordert, e​s zu überschreiten, e​twas für s​ich und andere daraus z​u machen, j​e größer i​st der ästhetische Wert e​s Kunstwerks. Der Künstler i​st als Urheber n​ur noch indirekt a​n diesem Prozess beteiligt.[51] Dieses Ergebnis seiner Schriften z​ur bildenden Kunst korrespondiert m​it seiner Rezeptionsästhetik, m​it der e​r die Zusammenarbeit v​on Autor u​nd Leser postuliert, d​ie für d​as Entstehen e​ines geistigen Werkes notwendig sei.[52]

Werke (Auswahl)

Philosophische Schriften

  • L’imagination (1936) – Die Imagination, In: Die Transzendenz des Ego. Philosophische Essays 1931–1939. Rowohlt, Reinbek 1982.
  • La Transcendance de l’ego. Esquisse d’une description phénoménologique (1936/37) – Die Transzendenz des Ego. Skizze einer phänomenologischen Beschreibung, In: Die Transzendenz des Ego. Philosophische Essays 1931–1939. Rowohlt, Reinbek 1982.
  • Esquisse d´une théorie des émotions (1938) – Skizze einer Theorie der Emotionen, In: Die Transzendenz des Ego. Philosophische Essays 1931–1939. Rowohlt, Reinbek 1982.
  • Une idée fondamentale de la phénoménologie de Husserl: l´intentionnalité (1939) – Eine fundamentale Idee der Phänomenologie Husserls: Die Intentionalität, In: Die Transzendenz des Ego. Philosophische Essays 1931–1939. Rowohlt, Reinbek 1982.
  • L’Imaginaire (1940) – Das Imaginäre. Phänomenologische Psychologie der Einbildungskraft. Mit einem Beitrag "Sartre über Sartre". Rowohlt, Reinbek 1971.
  • L’Être et le néant (1943) – Das Sein und das Nichts, rororo, Reinbek 1993, ISBN 3-499-13316-4.
  • L’âge de raison (The Age of Reason) 1945.
  • L’existentialisme est un humanisme (1945) – Ist der Existentialismus ein Humanismus? Ullstein, Frankfurt 1989, ISBN 3-548-34500-X.
  • Conscience de soi et connaissance de soi (1947) – Bewußtsein und Selbsterkenntnis, rororo, Reinbek 1973, ISBN 3-499-11649-9.
  • Réflexions sur la question juive (1954) – Überlegungen zur Judenfrage, rororo, Reinbek 1994, ISBN 3-499-13149-8.
  • Critique de la raison dialectique I: Théorie des ensembles pratiques (1960) – Kritik der dialektischen Vernunft, Band 1, Theorie der gesellschaftlichen Praxis, Rowohlt, Reinbek 1967, ISBN 3-498-06058-9.
  • Est-ce qu’il y a vie sur la lune? (1962) – Gibt es Leben auf dem Mond?
  • Cahiers pour une morale (posthume, publié en 1983) – Entwürfe für eine Moralphilosophie, Rowohlt, Reinbek 2005, ISBN 3-498-06171-2.
  • Critique de la raison dialectique II: L'intelligibilité de l'histoire (1985) – (nicht ins Deutsche übersetzt)
  • Qu'est-ce que la subjectivité. Préface de Michel Kail et Raoul Kirchmayr. Postface de Frederic Jameson (Vortrag von 1961, erschienen bei Les Prairies ordinaires, Paris 2013) – Was ist Subjektivität, Turia + Kant, Wien/Berlin 2015, ISBN 3-85132-770-5.
  • Wahrheit und Existenz

Schriften zur Literatur

  • Qu’est-ce que la littérature? (1947) – Was ist Literatur?, rororo, Reinbek 1981, ISBN 3-499-14779-3.
  • Baudelaire (1947) – Baudelaire. Ein Essay, Reinbek: Rowohlt 1953, ISBN 3-499-14225-2.
  • Saint Genet, comédien et martyr (1952) – Saint Genet, Komödiant und Märtyrer, Rowohlt, Reinbek 1982, ISBN 3-498-06156-9.
  • L’Idiot de la famille. La vie de Gustave Flaubert de 1821 à 1851 (1971–1972) – Der Idiot der Familie. Gustave Flaubert 1821–1857 (1977–1979)
  • Mythos und Realität des Theaters. Schriften zu Theater und Film 1931–1970
  • Schwarze und weiße Literatur. Aufsätze zur Literatur 1946–1960

Romane

  • La Nausée (1938) – Der Ekel, rororo, Reinbek 1949.
  • Les Chemins de la liberté (1946–1949) – Die Wege der Freiheit (Bestehend aus vier Teilen: Zeit der Reife, Der Aufschub, Der Pfahl im Fleische und Die letzte Chance)

Erzählungen

  • L’Enfance d'un chef (1938) – Die Kindheit eines Chefs, rororo, Reinbek 1985, ISBN 3-499-15517-6.
  • Le Mur (1939) – Die Mauer, rororo, Reinbek 1973.

Drehbücher

Dramen

  • Bariona, ou Le fils du tonnerre (1940) – Bariona oder Der Sohn des Donners, rororo, Reinbek 1983, ISBN 3-499-12942-6.
  • Les mouches (1943) – Die Fliegen
  • Huis clos (1944) – Geschlossene Gesellschaft
  • Morts sans sépulture (1946) – Tote ohne Begräbnis, rororo, Reinbek 1965, ISBN 3-499-10788-0.
  • La Putain respectueuse (1946) – Die respektvolle Dirne (frühere Übersetzung: Die ehrbare Dirne), rororo, Reinbek 1965/1987, ISBN 3-499-15838-8.
  • Les mains sales (1948) – Die schmutzigen Hände (Drama)
  • Le Diable et le bon dieu (1951) – Der Teufel und der liebe Gott
  • Nekrassov (1955) – Nekrassow, Rowohlt Theaterverlag
  • Les séquestrés d'Altona (1959) – Die Eingeschlossenen. Deutsch von Herbert Liebmann und Renate Gerhardt. Rowohlt Reinbek 1960. Verfilmung Die Eingeschlossenen von Vittorio De Sica 1962.
  • Die Troerinnen des Euripides (1965)

Autobiographische Schriften

Politische Schriften

  • Wir sind alle Mörder: Der Kolonialismus ist ein System – Artikel, Reden, Interviews 1947–1967
  • Der Intellektuelle als Revolutionär: Streitgespräche
  • Mai 68 und die Folgen I. Reden, Interviews, Aufsätze
  • Mai 68 und die Folgen II. Reden, Interviews, Aufsätze
  • Krieg im Frieden: Reden, Polemiken, Stellungnahmen 1952–1956
  • Krieg im Frieden: Artikel, Aufrufe, Pamphlete 1948–1954
  • Paris unter der Besatzung. Artikel, Reportagen, Aufsätze 1944–1945

Briefe

  • Briefe an Simone de Beauvoir 1926–1939
  • Briefe an Simone de Beauvoir und andere 1940–1963

Sonstige

  • Situations (1947–1965)
  • Jean-Paul Sartre & Benny Lévy, L'espoir maintenant : les entretiens de 1980, présentés et suivis du Mot de la fin par Benny Lévy, Publication, Verdier, Paris 1991.
  • Brüderlichkeit und Gewalt. : ein Gespräch mit Benny Lévy. Mit einem Nachw. von Lothar Baier. Aus dem Franz. von Grete Osterwald, Wagenbachs Taschenbücherei, Wagenbach, Berlin 1993, ISBN 3-8031-2219-8.
  • La Reine Albemarle ou le dernier touriste. Fragments (posthume, publié en 1991) – Königin Albemarle oder Der letzte Tourist, 1994.

Literatur

  • Denis Bertholet: Sartre. Perrin, 2004. (französisch)
  • Thomas Blech: Bildung als Ereignis des Fremden. Freiheit und Geschichtlichkeit bei Jean-Paul Sartre. Dissertation. Tectum, Marburg 2001, ISBN 3-8031-2219-8.
  • Brigitta Coenen-Mennemeier: Abenteuer Existenz. Peter Lang, Frankfurt 2001, ISBN 3-631-37731-2.
  • Annie Cohen-Solal: Sartre 1905–1980. Rowohlt, Reinbek 2002.
  • Arthur C. Danto: Jean Paul Sartre. Steidl, Göttingen 1992.
  • Jean Firges: Sartre: Der Blick. Sartres Theorie des „Anderen“. (= Exemplarische Reihe Literatur und Philosophie. 1). Sonnenberg, Annweiler 2000, ISBN 3-933264-02-2.
  • Thomas R. Flynn, Peter Kampits, Erik M. Vogt (Hrsg.): Über Sartre. Turia + Kant, Wien 2006, ISBN 3-85132-439-0.
  • Thomas R. Flynn: Sartre : a philosophical biography, Cambridge : Cambridge Univ. Press, 2014, ISBN 978-0-521-82640-2
  • Ingrid Galster: Le Théâtre de Jean-Paul Sartre devant ses premiers critiques. “Les Mouches” et “Huis clos”. L'Harmattan, Paris 2001, ISBN 2-7475-0715-7.
  • Ingrid Galster: Sartre, Vichy et les intellectuels. L' Harmattan, Paris 2001, ISBN 2-7475-0479-4.
  • Ingrid Galster (Hrsg.): La naissance du “phénomène Sartre”. Raisons d'un succès (1938–1945). Seuil, Paris 2001, ISBN 2-02-047998-2.
  • Ingrid Galster (Hrsg.): Sartre devant la presse d'Occupation. Le dossier critique des “Mouches” et de “Huis clos”. Presses Universitaires de Rennes, Rennes 2005, ISBN 2-7535-0103-3.
  • Ingrid Galster (Hrsg.): Sartre et les juifs. Actes du colloque de juin 2003 à la Maison Heinrich Heine, Cité universitaire. La Découverte, Paris 2005, ISBN 2-7071-4615-3.
  • Steffen Großkopf: Die Fiktion der Identität. Bildungstheoretische Aspekte der Existenzphilosophie Jean-Paul Sartres. IKS Garamond, Jena 2011, ISBN 978-3-941854-41-3.
  • Christa Hackenesch: Jean-Paul Sartre. Rowohlt TB, Reinbek 2001, ISBN 3-499-50629-7.
  • Klaus Hartmann: Sartres Sozialphilosophie. Eine Untersuchung zur „Critique de la raison dialectique“, 1. Berlin 1966.
  • Peter Kampits: Jean Paul Sartre. C. H. Beck, München 2004.
  • Jürgen Klein, Venezianische Augenblicke. Shoebox House Verlag, Hamburg 2014, ISBN 978-3-941120-16-7.
  • Jürgen Klein, Nachrichten aus meiner Bibliothek. Außenseiter der Moderne. Hamburg 2020: Shoebox House Verlag, ISBN 978-3-941120-39-6.
  • Peter Knopp, Vincent von Wroblewsky (Hrsg.): Existentialismus heute. Philo, Berlin 1999, ISBN 3-8257-0125-5.
  • Peter Knopp, Vincent von Wroblewsky (Hrsg.): Jean-Paul Sartre. Carnets 2000. Philo, Berlin 2001, ISBN 3-8257-0196-4.
  • Peter Knopp, Vincent von Wroblewsky (Hrsg.): Carnets Jean-Paul Sartre. Die Freiheit des Nein. Philo, Berlin 2003, ISBN 3-8257-0271-5.
  • Peter Knopp, Vincent von Wroblewsky (Hrsg.): Carnets Jean-Paul Sartre. Der Lauf des Bösen. Peter Lang, Frankfurt 2006, ISBN 3-631-55050-2.
  • Peter Knopp, Vincent von Wroblewsky (Hrsg.): Carnets Jean-Paul Sartre. Eine Moral in Situation. Peter Lang, Frankfurt 2008, ISBN 978-3-631-56902-3.
  • Peter Knopp, Vincent von Wroblewsky (Hrsg.): Carnets Jean-Paul Sartre. Reisende ohne Fahrschein. Peter Lang, Frankfurt 2012, ISBN 978-3-631-63872-9.
  • Traugott König (Hrsg.): Sartre-Lesebuch. Den Menschen erfinden. Rowohlt, Reinbek 1986.
  • Traugott König (Hrsg.): Sartre über Sartre. Aufsätze und Interviews 1940–1976. Rowohlt, Reinbek 1977.
  • Till R. Kuhnle: „Roman de situation“ zwischen Engagement und Agnostizismus: Jean-Paul Sartre und Claude Simon. In: Wolfram Essbach (Hrsg.): Welche Modernität? Intellektuellendiskurse zwischen Frankreich und Deutschland im Spannungsfeld nationaler und europäischer Identitätsbilder. Berliner Wissenschafts-Verlag Spitz, Berlin 2000, S. 341–364.
  • Benny Lévy: Le Nom de l’homme. Dialogue avec Sartre. Verdier, Lagrasse 1984.
  • Bernard-Henri Lévy: Sartre. Der Philosoph des 20. Jahrhunderts. Hanser, München 2002.
  • Mechthild Rahner: „Tout est neuf ici, tout est à recommencer.“ Die Rezeption des französischen Existentialismus im kulturellen Feld Westdeutschlands 1945–1949. (= Epistemata Philosophie. 142). Königshausen & Neumann, Würzburg 1993 (in google books einsehbar)
  • Alain Renaut: Sartre, le dernier philosophe. Grasset, Paris 1993.
  • Walter van Rossum: Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre. Rowohlt, Reinbek 2001.
  • Hazel Rowley: Tête à tête – Leben und Lieben von Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre. Parthas, Berlin 2007, ISBN 978-3-86601-667-5.
  • Hans-Martin Schönherr-Mann: Sartre. Philosophie als Lebensform. C. H. Beck, München 2005.
  • Tatjana Schönwälder-Kuntze: Authentische Freiheit. Zur Begründung einer Ethik nach Sartre. Campus, Frankfurt 2001.
  • Jean-François Sirinelli: Sartre et Aron. Deux intellectuels dans le siècle. Fayard, Paris 1995.
  • Peter Sloterdijk (Hrsg.): Sartre. Ausgewählt und vorgestellt von Thomas H. Macho. (= Philosophie jetzt!). Deutscher Taschenbuchverlag München 1998.
  • Hartmut Sommer: Ekel vor der Existenz: Jean-Paul Sartre und die Rive Gauche von Paris. In: Revolte und Waldgang. Die Dichterphilosophen des 20. Jahrhunderts. Lambert Schneider, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-650-22170-4.
  • Martin Suhr: Sartre zur Einführung. 4. Auflage. Junius, Hamburg 2012, ISBN 978-3-88506-394-0.
  • Erik Michael Vogt: Sartres Wieder-Holung. Passagen, Wien 1995.
  • Erik Michael Vogt: Jean-Paul Sartre und Frantz Fanon. Antirassismus – Antikolonialismus – Politiken der Emanzipation. Turia + Kant, Wien/ Berlin 2012, ISBN 978-3-85132-694-9.
  • Rainer Wannicke: Sartres Flaubert. Zur Misanthropie der Einbildungskraft. Reimer, Berlin 1990.
  • Robert Wilcocks: Jean-Paul Sartre. A bibliography of international criticism. University of Alberta Press, 1975, ISBN 0-88864-012-9.
  • Michel Winock: Sartre, s'est-il toujours trompé ? (PDF-Datei; 82 kB) In: L'Histoire. n° 295, février 2005: Article critique sur les engagements politiques du philosophe.
  • Heiner Wittmann: Sartre, Camus und die Kunst. Die Herausforderung der Freiheit. Hrsg. v. Dirk Hoeges. Dialoghi/Dialogues. (= Literatur und Kultur Italiens und Frankreichs. 18). Berlin u. a. 2020, ISBN 978-3-631-83653-8
  • Heiner Wittmann: L'esthétique de Sartre. Artistes et intellectuels. Aus dem Deutschen übersetzt von N. Weitemeier und J. Yacar. (= ouverture philosophique). L'Harmattan, Paris 2001, ISBN 2-7475-0849-8.
  • Heiner Wittmann: Sartre and Camus in Aesthetics. The Challenge of Freedom. Hrsg. v. Dirk Hoeges. Dialoghi/Dialogues. (= Literatur und Kultur Italiens und Frankreichs. 13). Frankfurt 2009, ISBN 978-3-631-58693-8.
  • Heiner Wittmann: Sartre und die Kunst. Die Porträtstudien von Tintoretto bis Flaubert. Gunter Narr, Tübingen 1996, ISBN 3-8233-5167-2.
  • Vincent von Wroblewsky: Jean-Paul Sartre. Theorie und Praxis eines Engagements. Marxistische Blätter, Frankfurt 1977 (Kritik aus orthodox-marxistischer Sicht)
  • Vincent von Wroblewsky (dir.): Pourquoi Sartre? Le bord de l’eau. Latresne 2005.
  • Vincent von Wroblewsky, Hrsg.: Lebendiger Sartre. 115 Begegnungen. Basisdruck, Berlin 2009, ISBN 978-3-86163-133-0.
Commons: Jean-Paul Sartre – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. E. Zenz: Kurtrierisches Jahrbuch 1988. Verein Kurtrierisches Jahrbuch e. V., Trier 1988, S. 195 ff.
  2. nach Meinung der Kritik auch ein Stück gegen den Algerienkrieg und die französischen Folterungen dort, von Sartre aus Angst vor der Zensur in die Nazizeit zurück verlegt; siehe auch QUICK spricht mit Jean Paul Sartre in: Quick (Zeitschrift), 31.3.62, Link auf https://sartre.ch/originale
  3. Siehe etwa: David Drake: Sartre. Haus Publishing, 2005, S. 111.
  4. Vgl. Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 1964 an Jean-Paul Sartre (englisch).
  5. Christian Linder: 1964 lehnte Jean-Paul Sartre den Literaturnobelpreis ab. In: 'Kalenderblatt' vom 22. Oktober 2004, Deutschlandfunk. Abgerufen am 18. September 2013.
  6. Vgl. Peter Maxwill, Spiegel Online vom 22. Oktober 2014, demgegenüber von einem durch Lars Gyllensten gestreuten Gerücht sprechend Thomas Seinfeld, Süddeutsche Zeitung Online vom 5. Januar 2015.
  7. Dazu Günter Riederer: 1974: Besuch des alten Herrn. In: Der Freitag. 10. Dezember 2014.
  8. Pascale Hugues: Es war verboten, zu verbieten. In: Die Zeit vom 25. Januar 2020, S. 53.
  9. Jean-Paul Sartre: Brüderlichkeit und Gewalt: ein Gespräch mit Benny Lévy. Mit einem Nachw. von Lothar Baier. Aus dem Franz. von Grete Osterwald, Wagenbachs Taschenbücherei; Wagenbach, Berlin 1993, ISBN 3-8031-2219-8.
  10. Vgl. Reinhard Olschanski: Das Selbst und die Anderen; Artikel zum 20. Todestag Sartres in: der Freitag 16.
  11. Die Transzendenz des Ego, in: Die Transzendenz des Ego: Philosophische Essays 1931–1939; Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1982, S. 91 u. 92.
  12. Erik Michael Vogt: Sartres Wieder-Holung; Passagen Verlag, Wien 1995, S. 40 f.
  13. Das Sein und das Nichts Versuch einer phänomenologischen Ontologie; Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1991, S. 40.
  14. Das Sein und das Nichts, 1991, S. 176.
  15. Das Sein und das Nichts; 1991, S. 289.
  16. Vgl. Das Sein und das Nichts; 1991, Zweiter Teil: Das Für-sich-sein. Zweites Kapitel: „Die Zeitlichkeit, III. Ursprüngliche Zeitlichkeit und psychische Zeitlichkeit: Die Reflexion“, insbesondere S. 299–301.
  17. Das Sein und das Nichts, 1991, S. 213.
  18. Vgl. Bernard-Henri Lévy, Sartre, Carl Hanser Verlag, München Wien 2002, S. 324 f.
  19. Der Ekel; Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1982, S. 97–99.
  20. Das Sein und das Nichts; 1991, S. 845 f.
  21. Ist der Existentialismus ein Humanismus? In: Drei Essays. Ullstein, Frankfurt/ Berlin/ Wien 1960.
  22. Annie Cohen-Solal: Sartre. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1991, S. 444.
  23. Bernard-Henri Lévy: Sartre; Carl Hanser Verlag, München Wien 2002, S. 228 u. 230.
  24. Überlegungen zur Judenfrage; Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1994, S. 89–91.
  25. Sartre über Sartre; Interview mit Perry Anderson, Ronald Fraser und Quintin Hoare, in: Sartre über Sartre: Aufsätze und Interviews 1940–1976; Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1977, S. 144–145.
  26. Übersetzung: „Genaugenommen befinden wir uns auf einer Stufe, auf der es wesentlich das Sein gibt.“ Martin Heidegger: Über den Humanismus; Klostermann, Frankfurt am Main 2000, S. 26.
  27. Traugott König: Zur Neuübersetzung. In: Sartre: Das Sein und das Nichts Versuch einer phänomenologischen Ontologie; Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1991, S. 1087–1088.
  28. Zur Publikationsgeschichte von Questions de la méthode siehe: Fragen der Methode; Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1999, S. 195 und: Kritik der dialektischen Vernunft, 1. Band: Theorie der gesellschaftlichen Praxis; Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1980, S. 867–870.
  29. Kritik der dialektischen Vernunft, 1. Band: Theorie der gesellschaftlichen Praxis; Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1980, S. 868.
  30. Fragen der Methode, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1999, S. 28.
  31. Fragen der Methode 1999, S. 27.
  32. Fragen der Methode 1999, S. 35.
  33. Die Schlussfolgerung des Artikels Fragen der Methode ist erst bei der Aufnahme des Textes in die französische Publikation der Kritik der dialektischen Vernunft publiziert. Die deutsche Veröffentlichung der Kritik der dialektischen Vernunft erfolgte im Einverständnis mit dem Autor ohne Fragen der Methode.
  34. Fragen der Methode; 1999, S. 182.
  35. Kritik der dialektischen Vernunft; 1980, S. 48.
  36. Kritik der dialektischen Vernunft, 1980, S. 79.
  37. Kritik der dialektischen Vernunft, 1980, S. 382–597.
  38. Kritik der dialektischen Vernunft, 1980, S. 598–866.
  39. Fragen der Methode, 1999, S. 193.
  40. Jean-Paul Sartre: Der Existenzialismus ist ein Humanismus. In: Der Existenzialismus ist ein Humanismus und weitere philosophische Essays 1943–1948. 9. Auflage. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2018, S. 176.
  41. J.-P. Sartre, Die Kunst denken. Gespräche mit Michel Sicard, in: Jean-Paul Sartre, Die Suche nach dem Absoluten. Texte zur bildenden Kunst, übers. v. V. v. Wroblewsky, Reinbek b. Hamburg 1999, S. 132. ISBN 3-499-22636-7
  42. Sartre, Le séquestré de Venise, in: Situations, IV, Paris: Gallimard 1964, S. 291–346, dt.: Sartre, Der Eingeschlossene von Venedig, in: Sartre, Porträts und Perspektiven, übers. v. A. Christaller, Reinbek bei Hamburg 1971, S. 233–276; ders., Saint Georges et le dragon, in: Situations, IX, Paris: Gallimard 1972, S. 202–226; ders., Saint Marc et son double. Le Séquestré de Venise. Inédit, in: Obliques 24/25, Sartre et les arts, hrsg. v. Michel Sicard, Nyons 1981, S. 171–202, ders., Les produits finis du Tintoret, in: Magazine littéraire, Nr. 176, Figures de Sartre, Paris 1981, S. 28–30. Die einzige Gesamtausgabe der Studien Sartres über Tintoretto: Sartre, Tintoretto o il sequestrato di Venezia, hrsg. u. übers. v. Fabrizio Scanzio, Vorwort und Einleitung von Michel Sicard, Mailand: Christian Marinotti Edizioni 2005 ISBN 88-8273-061-1. Es gibt einen Film über Sartres Tintpretto-Studien: D. Baussy, Der gelbe Riß. Jean-Paul Sartre über Tintoretto, Deutsche Bearbeitung: R. E. Moritz, Redaktion: J. Hausmann. Gemeinschaftsproduktion: Antenne 2, Paris und Bayerischer Rundfunk 1984. Neu erschienen auf DVD, bei Gallimard, Paris 2005.Vgl. H. Wittmann, Sartre und die Kunst. Die Porträtstudien von Tinoretto bis Flaubert, Tübingen 1996, S. 137–164. ISBN 3-8233-5167-2.
  43. H. Wittmann, Sartre und die Kunst. Die Porträtstudien von Tinoretto bis Flaubert, Tübingen 1996, S. 27–40, S. 181–184.
  44. H. Wittmann, Aesthetics in Sartre and Camus. The Challenge of Freedom, Translated by C. Atkinson, Reihe Dialoghi/ dialogues. Literatur und Kultur Italiens und Frankreichs. Edited by Dirk Hoeges, vol. 13, Frankfurt, Berlin, Bern u. a., 2009. Hardcover, S. 141–151. ISBN 978-3-631-58693-8
  45. Sartre, Nous devons créer nos propres valeurs, in: Magazine littéraire Nr. 55/56, 1974, S. 10: "Je conçus l’idée d’unir la littérature et la philosophie en une technique d’expression concrète - la philosophie fournissant la méthode et la discipline, la littérature fournissant le mot. Ce qui m’intéressait était de démêler les relations étranges et concrètes des hommes aux choses et plus tard, des hommes à eux-mêmes." Übers. v. H. Wittmann.
  46. J.-P. Sartre und M. Sicard, Entretien. L'écriture et la publication, in: Obliques, N° 18/19, Nyons 1979, S. 29: „… tout ce que j’ai écrit est à la fois littérarie et philosophique, aussi bieen dans les romans que dans la critique.Si, il y a eu deux oeuvres de philosophie pure: L‘Être et le néant et Critique de la raison dialectique, mais c’est un peu en dehors de ce que j’aime faire. Le Saint Genet et L'Idiot de la famille me paraissent tout à fait ce que j’ai cherché : c’est l’événement qui doit être écrit littérairement et qui, en même temps, doit donner un sens philosophique.“ Übers. v. H. Wittmann wiederabgedruckt in: Michel Sicard, Essais sur Sartre. Enretiens avec Sartre (1975–1976), Paris 1989, S. 231 ISBN 2-7186-0346-1
  47. J.-P. Sartre, Die Kunst denken. Gespräche mit Michel Sicard, in: Jean-Paul Sartre, Die Suche nach dem Absoluten. Texte zur bildenden Kunst, übers. v. V. v. Wroblewsky, Reinbek b. Hamburg 1999, S. 132.
  48. J.-P. Sartre, Die Kunst denken. Gespräche mit Michel Sicard, in: Jean-Paul Sartre, Die Suche nach dem Absoluten. Texte zur bildenden Kunst, übers. v. V. v. Wroblewsky, Reinbek b. Hamburg 1999, S. 136.
  49. J.-P. Sartre, Die Kunst denken. Gespräche mit Michel Sicard, in: Jean-Paul Sartre, Die Suche nach dem Absoluten. Texte zur bildenden Kunst, übers. v. V. v. Wroblewsky, Reinbek b. Hamburg 1999, S. 136.
  50. Vgl. dazu: Michel Sicard, Sartre et l'esthétique. Dazu: Jean-Paul Sartre. Michel Sicard et ses entretiens avec Heiner Wittmann 2011–2016.
  51. Heiner Wittmann, Sartre und die Kunst. Die Porträtstudien von Tintoretto bis Flaubert, Tübingen 1996, S. 183: "Der Grad der Inspiration, den diese Künstler mit ihren Werken vermitteln können, wird zum Gradmesser ihres ästhetischen Gehalts."
  52. Vgl. Jean-Paul Sartre, Was ist Literatur? übers. v.T. König, Reinbek b. Hamburg, S. 29: "Die gemeinsame Anstrengung von Autor und Leser wird jenen konkreten und imaginären Gegenstand auftauchen lassen, der das Werk des Geistes ist."
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