Limoges
Limoges [liˈmɔʒ] (okzitanisch Limòtges, Aussprache: [leˈmɔt͡ʒes]) ist eine Stadt in Frankreich mit 130.876 Einwohnern (Stand 1. Januar 2019), gelegen am Fluss Vienne im nordwestlichen Zentralmassiv, Hauptstadt des Départements Haute-Vienne und der ehemaligen Region Limousin.
Limoges | ||
---|---|---|
Staat | Frankreich | |
Region | Nouvelle-Aquitaine | |
Département (Nr.) | Haute-Vienne (87) | |
Arrondissement | Limoges | |
Kanton | Limoges-1, Limoges-2, Limoges-3, Limoges-4, Limoges-5, Limoges-6, Limoges-7, Limoges-8, Limoges-9 | |
Gemeindeverband | Limoges Métropole | |
Koordinaten | 45° 50′ N, 1° 16′ O | |
Höhe | 209–431 m | |
Fläche | 79,71 km² | |
Einwohner | 130.876 (1. Januar 2019) | |
Bevölkerungsdichte | 1.642 Einw./km² | |
Postleitzahl | 87000 | |
INSEE-Code | 87085 | |
Website | http://www.ville-limoges.fr/ | |
Rathaus von Limoges |
Geschichte
In vorrömischer Zeit war die Gegend von den keltischen Lemoviken besiedelt. Nach der Eroberung Galliens durch die Römer gründeten diese um 10 v. Chr. die Stadt als Augustoritum auf einer Anhöhe über der Vienne an der Stelle, wo sich die Straßen von Orléans nach Agen bzw. von Saintes nach Lugdunum (Lyon) kreuzten. In der Stadt entstanden zahlreiche Bauten, die sich zum Teil bis heute erhalten haben, so ein Amphitheater (136 × 115 Meter), ein Theater, die Thermen und das Forum (im Hof der heutigen Stadtverwaltung). Der Tempel befand sich an der Stelle der späteren Kathedrale. Limoges wurde in der Spätantike Bischofssitz (später dem Erzbistum Bourges zugeordnet). Während der Völkerwanderung entstand auf dem Puy Saint-Étienne eine befestigte Rückzugssiedlung, die spätere Cité; ein weiterer Siedlungskern legte sich um eine Nekropole im Nordwesten von Augustoritum, in welcher sich das Grab des heiligen Martial befand und dann später die Burg Saint-Martial gebaut wurde. In der unmittelbaren Nachbarschaft von Saint-Martial wurde in der Folgezeit die Residenz des Vizegrafen der Gegend angelegt, die bald mit Saint-Martial zusammenwuchs.
In der Merowingerzeit war Limoges eine wichtige königliche Münzprägestätte. Spätestens nach der Aufteilung des Teilreiches von Charibert I. von Paris, also 567, gehörte Limoges zu Neustrien. Nach der Heirat des neustrischen Königs Chilperich I., gab dieser die Stadt, zusammen mit Bordeaux, Cahors, Bearn und Bigorre jedoch als Morgengabe an seine Braut Gailswintha. Diese fünf Städte lagen strategisch zum Gebiet des Schwiegervaters Athanagild, dem König der Westgoten. Nachdem Chilperich die Ermordung seiner Gattin veranlasst hatte, ging dieses Erbe, nach einer Regelung eines von Guntram, dem König der Burgunder einberufenen Malbergs, auf das Königreich Austrasien über. Letzten Endes damit nicht einverstanden, versuchte Chilperich ab dem Jahr 573 die Städte zurückzuerobern, was zu einem der vielen merowingischen Bürgerkriege führte.
In der Cité, der Bischofsstadt, wurde im Hochmittelalter die Kathedrale Saint-Étienne erbaut. Stadt und Grafschaft kamen 1152 an die Anjous und wurden damit Teil des Angevinischen Reichs; die englischen Besitzungen im Südwesten Frankreichs gelangten allerdings rund 50 Jahre später wieder weitgehend an Frankreich. Im Hundertjährigen Krieg erneuerten die Engländer ihre Ansprüche auf das alte Herzogtum Guyenne, zu dem die Grafschaft Limousin gehörte. Nach dem Sieg von Maupertuis 1356 und dem Frieden von Bretigny im Jahr 1360 wurde ihnen dann tatsächlich alles Land südlich von Loire und Vienne zugestanden, einschließlich der Stadt Limoges, die dadurch in eine prekäre Grenzlage geriet. Die Einwohner versuchten, die englische Oberherrschaft abzuschütteln. Daraufhin kam der Schwarze Prinz Edward of Woodstock als Landesherr mit seinen Leuten in die Stadt, die er in einer sechstägigen Strafaktion plündern ließ; 3000 Einwohner kamen dabei ums Leben. Diese vom Historiker Jean Froissart überlieferte Zahl der Todesopfer steht jedoch in Frage, man geht in neuerer Zeit nur von etwa 300 Getöteten aus.[1] Auch wenn die Bischofsstadt bald darauf wieder französisch wurde, erholte sie sich von diesem Schlag lange nicht, stattdessen stieg die von 12 Meter hohen Mauern umgebene gräfliche Siedlung Saint-Martial auf. In ihrem Umfeld entstanden neue Vororte, in denen sich auch Franziskaner, Karmelitinnen und Dominikaner niederließen.
Seit 1771 ist die Stadt für die Herstellung von Porzellan bekannt, da die Gegend reich an Kaolinvorkommen ist: Limoges belieferte bis ins 19. Jahrhundert unter anderem den Hof in Paris. Noch heute kommt mehr als die Hälfte des französischen Porzellans aus den ehemals königlichen Manufakturen. 1792 wurden die beiden Siedlungen Cité und Château Saint-Martial vereinigt und bilden seither die Stadt Limoges. Hier fand die Revolution begeisterte Anhänger, da die Kirchenherrschaft besonders verhasst war: Die Zerstörung der Abtei Saint-Martial ist ein deutlicher Beleg für diese Haltung.
Durch den Porzellan- und Emaillehandel kam es insbesondere mit den USA zu engen Kontakten, sodass in dieser Provinzstadt des 19. Jahrhunderts sogar ein US-amerikanisches Konsulat eingerichtet wurde. 1832 entsteht der Pont Neuf über die Vienne. Seit 1856 hat Limoges einen Bahnanschluss. Die Stadt wuchs durch die Industrialisierung rasch, sodass die alten Stadtbefestigungen abgerissen wurden. Das heutige Rathaus wurde 1883 errichtet, der Pont de la Révolution 1885. Zugleich wuchs die Bedeutung der Arbeiterbewegung: Bereits 1830 kam es zu einem mehrmonatigen Streik, von April bis Mai 1848 bestand sogar eine regelrechte Arbeiter-Stadtverwaltung, sodass Limoges als „Rom des Sozialismus“ galt. So wundert es nicht, dass die französische Gewerkschaft CGT 1895 in dieser Stadt gegründet wurde. 1905 kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Streikenden und Sicherheitskräften, die ein Todesopfer forderten. 1929 wurde der alte Gare des Bénédictins, der zu klein geworden war, durch einen größeren Bahnhof ersetzt. 1942 wurde Limoges von den Deutschen besetzt; die Befreiung erfolgte durch Kräfte der Résistance unter Georges Guingouin am 21. August 1944. 1968 erhielt Limoges eine Universität. Limoges ist u. a. Partnerstadt von Fürth.
Sehenswürdigkeiten
Sehenswert sind das gallorömische Amphitheater, die Kathedrale Saint-Étienne (Baubeginn 13. Jahrhundert), die Kirche Saint-Pierre-des-Queyroix (13. Jahrhundert), die Kirche Saint-Michel-des-Lions (14. Jahrhundert), die Krypta Saint-Martial, der Karmeliterkonvent, die mittelalterlichen unterirdischen Gänge, das pittoreske mittelalterliche Village de la Boucherie, die Chapelle Saint-Aurélien, das Château des Essarts (17. Jahrhundert), die Fontaine des Barres (17. Jahrhundert), das Château de Beauvais (18. Jahrhundert), die Brücken Pont Saint-Martial und Pont Saint-Étienne, die Kirche Beaune-les-Mines, der Bischofspalast (18. Jahrhundert mit Musée des Beaux-Arts de Limoges), die Halles centrales (Markthallen) das Hôtel Estienne de la Rivière, das Hôtel Maledent de Savignac de Feytiat, das Rathaus (19. Jahrhundert), das Gymnasium Gay-Lussac (früher Jesuitenschule), das Musée Adrian Dubouché (Keramik- und Steingutmuseum, 19. Jahrhundert), sowie aus dem 20. Jahrhundert der Pavillon du Verdurier, das Gebäude der Präfektur, das Porzellanmuseum bzw. das Musée de la Résistance et de la Déportation de Limoges.
Wirtschaft
Bis heute dominierend sind die Emaille- und Porzellanmanufakturen, die das Kaolin aus dem nahen Saint-Yrieix-de-la-Perche beziehen. Daneben spielen die elektromechanische Industrie (Renault und Legrand haben einen Firmenstandort in der Stadt) und die Chemieindustrie eine Rolle. Nördlich der Stadt wurde in Bessines-sur-Gartempe von 1948 bis 2001 eine Uranmine betrieben, die ganz Europa mit Uran zur Stromerzeugung belieferte. Das Museum Urêka befasst sich mit der Geschichte des Uranabbaus.
Bildung
An der seit 1968 bestehenden Universität Limoges studieren rund 15.000 Studenten. Daneben verfügt die Stadt über 20 Gymnasien, 46 weitere Ober- und 40 Grundschulen.
Politik
Bürgermeister im lange Zeit traditionell „roten Limoges“ (seit 1912) war von 1990 bis 2014 der Sozialist Alain Rodet. Bei den Kommunalwahlen 2014 wurde er in der Stichwahl abgewählt. Neuer Bürgermeister ist Emile-Roger Lombertie von der rechten UMP.[2]
Städtepartnerschaften
- Hrodna, Belarus (seit 20. April 1982)
- Pilsen, Tschechien (seit 11. Juni 1987)
- Fürth, Deutschland (seit 22. Mai 1992)
- Charlotte, North Carolina, USA (seit 6. November 1992)
- Seto, Japan (seit 18. November 2003)
Verkehr
In Limoges besteht im Nahverkehr ein Trolleybusnetz, das, wie die übrigen Buslinien, von der S.T.C.L. betrieben wird. Der Eisenbahnverkehr wird über zwei Bahnhöfe, den Gare des Bénédictins und den Gare Montjovis abgewickelt. Es bestehen Verbindungen nach Poitiers, Vierzon(–Paris), Toulouse, Périgueux und Angoulême. Nordwestlich der Stadt befindet sich der Flughafen Limoges. Limoges liegt an der Autobahn A20 (L’Occitane) Vierzon–Montauban sowie an mehreren Nationalstraßen. Bis Ende der 1980er Jahre war Limoges die letzte französische Großstadt ohne Autobahn-Anbindung.
Sport
Der mit Abstand erfolgreichste Sportverein der Stadt war CSP Limoges, der 1993 den Landesmeisterpokal im Basketball gewann und in den 1980er und 1990er Jahren insgesamt neun französische Meisterschaften sowie fünf Europapokale gewann. Ihre Heimstätte Palais des Sports Beaublanc war auch Austragungsort bei der Basketball-Europameisterschaft 1983. Profisport wurde oder wird daneben durch die Vereine USA Limoges (Rugby Union) und FC Limoges (Fußball) betrieben.
Das Palais des Sports Beaublanc (Bosc Blanc in Okzitanisch) befindet sich im Sportpark der Stadt Limoges. Seine Form ist sehr charakteristisch, insbesondere das Eichendach.
Limoges war bisher 13 Mal Etappenort der Tour de France.[3]
In Limoges wird mit dem WTA Challenger Limoges ein internationales Tennisturnier ausgetragen.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Ruricius von Limoges (um 440 – 507/10), Bischof von Limoges
- Eligius (um 589 – 1. Dez. 659/60), Heiliger
- Léonard Limosin (1505–1577), Emaillemaler und Goldschmied
- Pierre Navihères († 1553), Theologe und evangelischer Märtyrer
- Jean-Baptiste de Jourdan (1762–1833), Marschall von Napoleon (1804)
- Jean-Baptiste Dalesme (1763–1832), General der Infanterie
- Thomas-Robert Bugeaud (1784–1849), General und Marschall von Frankreich (1843)
- Jean Cruveilhier (1791–1874), Arzt, Chirurg, Anatom und Pathologe
- Léon Faucher (1803–1854), Publizist und Staatsmann
- Michel Chevalier (1806–1879), Ökonom und Freihändler
- Charles François Pécrus (1826–1907), Genre-, Landschafts- und Marinemaler
- Jules Noriac (1827–1882), Schriftsteller und Librettist
- Marie François Sadi Carnot (1837–1894), französischer Staatspräsident von 1887 bis 1894
- Jules Claretie (1840–1913), Schriftsteller, Theaterkritiker und Theaterdirektor
- Auguste Renoir (1841–1919), Maler des Impressionismus
- Gabriel Desmoulins (1842–1902), Komponist, Organist und Musikpädagoge
- Georges Catroux (1877–1969), Politiker
- Frank Burty Haviland (1886–1971), amerikanisch-französischer kubistischer Maler
- Huguette Duflos (1887–1982), Schauspielerin
- Maryse Bastié (1898–1952), Flugpionierin
- Martial Valin (1898–1980), General der französischen Luftwaffe und Kommandant der Luftstreitkräfte
- Marcel Couraud (1912–1986), Dirigent
- Roland Dumas (* 1922), Rechtsanwalt und Politiker
- Edmond Malinvaud (1923–2015), Wirtschaftswissenschaftler
- Jacques Lacarrière (1925–2005), Schriftsteller
- Jacques Dewatre (1936–2021), Offizier und Diplomat
- Pierre Combescot (1940–2017), Schriftsteller und Journalist
- Xavier Darcos (* 1947), Politiker (UMP)
- Luc Leblanc (* 1966), Radrennfahrer
- Maxime Méderel (* 1980), Radrennfahrer
- Loïc Guillon (* 1982), Fußballspieler
- Sébastien Puygrenier (* 1982), Fußballspieler
- Marie-Pierre Vedrenne (* 1982), Juristin und Politikerin
- Guillaume Moreau (* 1983), Automobilrennfahrer
- Damien Chouly (* 1985), Rugby-Spieler
- Fanny Posvite (* 1992), Judoka
- Ferris N’Goma (* 1993), französisch-kongolesischer Fußballspieler
- Tony Mauricio (* 1994), französisch-portugiesischer Fußballspieler
- Matthieu Vaxivière (* 1994), Automobilrennfahrer
- Ania Caill (* 1995), rumänische Skirennläuferin
- Benoît Badiashile (* 2001), Fußballspieler
- Waniss Taïbi (* 2002), französisch-algerischer Fußballspieler
Personen mit Bezug zur Stadt
- Jean Fayen (um 1530 – 1616), Arzt, Dichter und Kartograf
- Charles Edward Haviland (1839–1921), Porzellan-Industrieller, Vater von Paul und Frank Burty Haviland
- Raoul Hausmann (1886–1971), Maler und Dadaist (Mitglied der Dadabewegung Berlin), lebte seit 1944 in Limoges, wo er am 1. Februar 1971 verstarb
- François Reichenbach (1921–1993), Filmemacher, auf dem Friedhof Louyat in Limoges begraben
- Mario David (1927–1996), Schauspieler
- Jean-Joseph Sanfourche (1929–2010), genannt Sanfourche, Maler und Dichter, lebte in Limoges
- Pascal Sevran (1945–2008), Songschreiber und Fernsehmoderator
Sonstiges
Der VII. Teil von Mussorgskis Klavierzyklus Bilder einer Ausstellung: Limoges. Le marché (‚Limoges. Der Marktplatz‘) schildert das quirlige Treiben auf dem Marktplatz dieser Stadt.
Weblinks
Einzelnachweise
- David Green: Edward the Black Prince: Power in medieval Europe, Seite 92. Harlow 2007. ISBN 0-582-78481-6 (Vorschau in der Google-Buchsuche, abgefragt am 18. September 2010)
- Michel Feltin-Palas: Municipales à Limoges: la victoire de l'UMP est un tremblement de terre. In: L`Express vom 30. März 2014
- Archivierte Kopie (Memento vom 8. Juli 2009 im Internet Archive)