Endlagerung
Endlagerung bezeichnet die Entsorgung von Abfällen durch Unterbringung in einer speziell dafür angelegten Einrichtung, dem Endlager. Der Begriff wird überwiegend im Zusammenhang mit der Lagerung radioaktiver Abfälle – der atomaren Endlagerung – verwendet, ist aber grundsätzlich auf alle Arten von Abfällen anwendbar, bis hin zur Sequestrierung von CO₂.
Definitionsgemäß ist eine Verwertung oder Wiederaufarbeitung der Abfälle im Falle der Endlagerung normalerweise nicht vorgesehen, es sei denn, man trifft gezielte Vorkehrungen, um die Abfälle bei Bedarf wieder aus dem Endlager holen zu können; in diesem Falle spricht man auch von rückholbarer Endlagerung. Der definierende Unterschied zur Zwischenlagerung (bedeutsam vor allem die atomare Zwischenlagerung) ist die Laufzeit der erteilten Genehmigung; an die technische Qualität der Lagerung werden ähnliche Anforderungen gestellt; bei beiden Lagerungstypen besteht die Notwendigkeit von Überwachung, Kontrolle und Reparaturen eventuell auftretender Schäden.
Grundlagen
Seit dem Beginn des Industriezeitalters und auch durch das starke Bevölkerungswachstum in den letzten zweihundert Jahren sind auf der Erde vermehrt giftige Stoffe im Einsatz, entstehen als Nebenprodukt von Wirtschaftsgütern oder bleiben am Ende der Nutzungsdauer eines Produktes über, wenn es keine Wiederverwendung oder -verwertung gibt. Diese Abfälle werden abhängig von ihrer Gefährlichkeit unterschiedlich entsorgt. Früher wurden sie teilweise auch entsorgt, indem man sie in Gewässer schüttete (Verklappung) oder indem man flüssige Abfälle im Erdreich versickern ließ. Dies führte zu Gewässerverschmutzung und belasteten Böden (siehe Altlast, Bodensanierung). Das erste deutsche Abfallgesetz („Gesetz zur Vermeidung und Entsorgung von Abfällen“) wurde am 7. Juni 1972 verabschiedet; es wurde viermal novelliert (vor allem 1986). Sein Nachfolger ist das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (seit 1996 in Kraft). In Deutschland entstand eine Abfallwirtschaft; viele früher deponierte Abfälle werden heute recycelt oder verbrannt. Dabei entstehen hochgiftige Stoffe; diese sind sogenannte Gefährliche Abfälle (umgangssprachlich „Sondermüll“).
In Deutschland werden die Deponieklassen 0 bis IV unterschieden.
Für die Endlagerung hochtoxischer (hochgiftiger), konventioneller und radioaktiver Abfälle hat sich weltweit das Einbringen der Abfälle in tiefe geologische Formationen (ca. 300–1.000 m Tiefe) durchgesetzt.
Die Endlagerung beruht auf dem Mehrbarrierensystem. Es besteht aus verschiedenen Barrieren, die jeweils ihren Anteil an der Rückhaltung der Schadstoffe aufweisen und insgesamt die Isolation der Schadstoffe gewährleisten sollen. Die Barrieren sind technischer und natürlicher Art. Als technische Barrieren gelten beispielsweise Verpackungen der Abfälle und Schachtverschlüsse. Natürliche Barrieren werden durch die das Endlager umschließenden geologischen Formationen mit sehr geringer Durchlässigkeit für Wasser gebildet (der einschlusswirksame Gebirgsbereich). Ein Versagen aller Barrieren wird als unwahrscheinlich angesehen.
Das Hauptproblem der Endlagerung liegt im möglichen langsamen Transport der endgelagerten Schadstoffe mit dem Grundwasser durch Advektion und/oder Diffusion vom Endlager in Richtung Biosphäre. Um auch im Falle eines Eindringens von Wasser ins Endlager einen Rücktransport der Schadstoffe in die Biosphäre möglichst klein zu halten, wird versucht, die verschiedenen Barrieren optimal aufeinander abzustimmen. Sicherheitsbetrachtungen zeigen dennoch, dass über sehr lange Zeiträume ein langsamer Austritt von Schadstoffen mit dem Grundwasser aus dem Endlager nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Weitgehend unerforscht sind bislang die Folgen der Radiolyse in Steinsalz. Geplante Großversuche mit hochradioaktivem Atommüll, die in der Schachtanlage Asse II geplant waren, wurden 1992 abgebrochen.
Endlagerung radioaktiver Abfälle
Schweiz
In der Schweiz gibt es bisher kein Endlager. Vorläufig werden alle radioaktiven Abfälle zwischengelagert. Die insgesamt neun Standortregionen für die mögliche Endlagerung hochradioaktiver und schwach- bis mittelradioaktiver Abfälle konzentrieren sich auf sechs Gebiete und überlappen sich teilweise.
Endlagerung fester konventioneller Abfälle
An die Sicherheit eines Endlagers für besonders schädliche konventionelle Abfälle kann man die gleichen Anforderungen wie für atomare Endlager stellen. Ihre Gefährlichkeit nimmt nicht ab, weil sie keinem radioaktiven Zerfall unterliegen.
Deutschland
In Deutschland existieren an vier Standorten Möglichkeiten, konventionelle Abfälle langzeitsicher von der Biosphäre abzuschließen:
- Herfa-Neurode (Hessen) mit der UTD Herfa-Neurode,
- Heilbronn (Baden-Württemberg) – Südwestdeutsche Salzwerke,[1]
- Kaliwerk Zielitz (Sachsen-Anhalt),
- Untertagedeponie Sondershausen im stillgelegten Kaliwerk Glückauf Sondershausen, Thüringen.
In Herfa-Neurode und Zielitz werden Grubenbaue von Kalibergwerken als Endlager genutzt.
Eingebracht werden können unter anderem folgende Abfälle:
- arsen-, cyanid- oder quecksilberhaltige Abfälle
- Filterstäube aus der Rauchgasreinigung von Haus- und Sondermüllverbrennung (dioxinhaltig)
- PCB-haltige Transformatoren und Kondensatoren
- Abfälle aus der chemischen Industrie
- verfestigte Metallhydridschlämme
Die jährliche Kapazität dieser Lager beträgt mehrere hunderttausend Tonnen, die bisher eingelagerte Menge an Giftmüll hat die Menge von 2,5 Mio. Tonnen schon überschritten.
Österreich
Die Deponie Rautenweg ist die größte Deponie Österreichs und einzige kommunale Deponie der Stadt Wien.
Endlagerung von Kohlenstoffdioxid
Neben der Endlagerung radioaktiver Abfälle ist zunehmend die Lagerung oder Speicherung von Kohlenstoffdioxid, meist Kohlendioxid genannt, im Gespräch. Inwieweit die bisherigen Konzepte als Endlagerung bezeichnet werden können, ist wissenschaftlich noch unsicher. Im Zuge der Bemühungen um Klimaschutz und der Verminderung des CO2-Ausstoßes bei der Verbrennung von Kohle wird die Möglichkeit einer dauerhaften Lagerung von Kohlenstoffdioxid untersucht. Bergwerkshohlräume oder künstliche Kavernen in Salzstöcken haben hierzu keine ausreichende Kapazität. Auch der Raum in ausgebeuteten Gaslagerstätten scheint in Deutschland zu gering. Zumindest entsteht bei der Stromerzeugung aus Kohle hier neben der Reichweitenproblematik auf der Versorgungsseite ein ebensolches auf der Entsorgungsseite. Die ebenfalls in Erwägung gezogene Endlagerung oder Sequestration in tiefen Aquiferen scheint Umweltprobleme zu beinhalten und steht in Widerspruch zu anderweitiger Nutzung dieser Grundwasserleiter (Aquifere), zum Beispiel zur Stromerzeugung aus Geothermie. Die Lagerung in Meeren oder Ozeanen, in der Wassersäule oder im Meeresboden, ist noch ein Forschungsgegenstand, die Lagerung in der Wassersäule derzeit untersagt (siehe: Londoner Konvention von 1972 und OSPAR-Abkommen).[2]
Es gibt einige größere natürliche CO2-Vorkommen in der Tiefsee, in der Regel nahe bei Hydrothermalfeldern, die je nach vorherrschenden Druck- (Tiefe) und Temperaturverhältnissen große Kohlendioxid-Seen (flüssiges CO2) oder Lagerstätten (CO2-Hydrat bzw. "CO₂-Eis") bilden.[3]
Literatur
- Klaus-Jürgen Röhlig, Horst Geckeis, Kurt Mengel: Endlagerung radioaktiver Abfälle. Teil 1: Fakten und Konzepte. In: Chemie in unserer Zeit 46(3), S. 140–149 (2012), ISSN 0009-2851
- Klaus-Jürgen Röhlig, Horst Geckeis, Kurt Mengel: Endlagerung radioaktiver Abfälle. Teil 2: Die Wirtsgesteine: Tonstein, Granit, Steinsalz. In: Chemie in unserer Zeit 46(4), S. 208–217 (2012), ISSN 0009-2851
- Achim Brunnengräber (Hrsg.). Problemfalle Endlager. Gesellschaftliche Herausforderungen im Umgang mit Atommüll. Baden-Baden 2016, ISBN 978-3-8487-3510-5.
Einzelnachweise
- Eberhard Wein: Untertagedeponie in Heilbronn: Giftmüll statt Salz – bis mindestens 2028. In: stuttgarter-nachrichten.de. 3. März 2017, abgerufen am 12. Juni 2020.
- Londoner Konvention und Protokoll (Memento vom 18. April 2009 im Internet Archive), Internationale Seeschifffahrts-Organisation.
- Ein See flüssigen Kohlendioxids in 1300 Meter Tiefe. Bericht vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie.