Toshiba
Die Toshiba Corporation (japanisch 株式会社東芝, Kabushiki-gaisha Tōshiba) ist ein internationaler Technologiekonzern mit Hauptsitz in der japanischen Hauptstadt Tokio. Das Unternehmen war zeitweise einer der größten Hersteller von elektrischen und elektronischen Geräten weltweit.
Toshiba Corporation | |
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Rechtsform | Kabushiki-gaisha (Aktiengesellschaft) |
ISIN | JP3592200004 |
Gründung | 1875 |
Sitz | Minato, Tokio, Japan |
Leitung | Satoshi Tsunakawa[1] |
Mitarbeiterzahl | 141.256 (2019)[2] |
Umsatz | 3.695 Bio. Yen (29,3 Mrd. Euro)[2] |
Branche | Technologie und Elektronik |
Website | www.toshiba.co.jp |
Geschichte
Toshiba entstand 1939 aus dem Zusammenschluss von Tanaka Hisashiges 1875 gegründetem Elektrotechnikunternehmen Shibaura Seisaku-sho (芝浦製作所) und dem von Fujioka Ichisuke und Miyoshi Shōichi gegründeten Konsumgüterhersteller Tōkyō Denki (東京電気). Das neue Unternehmen hieß Tōkyō Shibaura Denki (東京芝浦電気), wurde aber vor allem unter dem Namenskürzel Tōshiba bekannt. Erst 1978 wurde dies der offizielle Firmenname.[3] Tō bedeutet Osten (Tōkyō = östliche Hauptstadt) und shiba bedeutet Rasen und leitet sich vom Ortsnamen Shibaura ab.
Das Unternehmen expandierte sowohl durch eigenes Wachstum, als auch durch Akquisitionen, unter anderem im Bereich der Schwerindustrie in den 1940ern und 1950ern. Später wurden wichtige Tochtergesellschaften gegründet, wie z. B. Toshiba EMI (1960), Toshiba Electrical Equipment (1974), Toshiba Chemical (1974), Toshiba Lighting and Technology (1989) und Toshiba Carrier Corporation (1999).
Am 28. Dezember 1970 begann Tōshiba mit dem Bau von Block 3 des Kernkraftwerks Fukushima-Daiichi, in dem sich infolge eines Erdbebens und nachfolgender Tsunamis nach einem Strom- und Kühlungsausfall am 14. März 2011 eine Explosion ereignete.[4] Die Ereignisse führten zu einer Unfallserie mit mehreren Kernschmelzen, bei der die Reaktorblöcke 1 bis 4 zerstört und erhebliche Mengen radioaktiver Stoffe freigesetzt wurden.
1997 startete Toshiba mit der Equium-Baureihe einen zweiten Versuch, im Bereich der Desktop-Computer in den USA Fuß zu fassen.[5] 2004 gründete man gemeinsam mit Samsung das Joint-Venture Toshiba Samsung Storage Technology.
Am 6. Februar 2006 kaufte das Unternehmen für 5,4 Milliarden US-Dollar die nukleare Sparte von Westinghouse in den Vereinigten Staaten, die sich seit 1998 im Besitz der British Nuclear Fuels plc. (BNFL) befand, und wurde damit Weltmarktführer im Nukleargeschäft.[6][7]
Unternehmensleiter Norio Sasaki erklärte Mitte April 2011, Kernenergie bleibe eine starke Alternative und sei gegenüber anderen Energiequellen leicht im Vorteil. Sogar dann, wenn man davon ausgehe, dass hypothetisch alle 30 Jahre ein Unfall passiert und man die Kosten in Betracht nehme, die durch den Austritt von Radioaktivität entstehen, müsse man dem die Reduzierung von Kohlendioxidemissionen gegenüberstellen.[8]
Mitte 2015 wurde bekannt, dass Toshiba systematisch zu hohe Gewinne ausgewiesen hatte.[9] Daraufhin traten mehrere Topmanager zurück, darunter der Chef Hisao Tanaka.[10] Im Dezember 2015 meldete Toshiba, dass nach einem Milliardenverlust fast 7.000 Arbeitsplätze gestrichen werden müssen.[11]
Im ersten Quartal 2016 verkaufte Toshiba die Medizingerätesparte Toshiba Medical Systems Corporation für 5,9 Mrd. US-Dollar an Canon.[12]
Die Hausgerätesparte wurde im ersten Quartal 2016 zu 80,1 % von der chinesischen Midea Group übernommen, die für 40 Jahre auch die Lizenz zur Produktion unter der Marke Toshiba erhielt.[13]
Ende 2016 wurde bekannt, dass Toshiba Abschreibungen von mehreren Milliarden US-Dollar auf die zum 31. Dezember 2015 von Toshibas Tochtergesellschaft Westinghouse Nuclear übernommene ehemalige CB&I-Tochtergesellschaft Stone & Webster[14] vollziehen muss. CB&I ist Konsortialpartner beim Bau von acht AP1000-Reaktoren sowie im Rückbau von Kernkraftwerken tätig.[15]
Am 29. März 2017 meldete Westinghouse Nuclear Insolvenz an.[16]
Um die hohen Verluste der Tochter Westinghouse auszugleichen, wurden zum 1. Juni 2018 59,8 % der Anteile[17] an der Halbleitersparte Toshiba Memory an ein Konsortium unter Führung von Bain Capital verkauft. Die Transaktion brachte 18 Mrd. US-Dollar ein. Toshiba Memory firmiert seit dem 1. März 2019 unter dem Namen Kioxia.[18]
Ebenfalls Anfang Juni 2018 wurde bekannt, dass Toshiba seine PC- und Notebook-Sparte Toshiba Client Solutions zu 80,1 % an das Foxconn-Tochterunternehmen Sharp verkauft.[19] Gleichzeitig wurde dem Erwerber eine Kaufoption für den verbliebenen 19,9-%-Anteil eingeräumt, die 2020 ausgeübt wurde,[20] so dass Toshiba seither vollständig aus dem Markt für PCs und Notebooks ausgestiegen ist.
Toshiba ist neben Seagate und WD einer der letzten drei verbliebenen Festplattenhersteller. Im Jahr 2019 brachte das Unternehmen eine 16-TByte-Festplatte (MG08-Serie) auf den Markt.[21]
Im April 2021 gab CVC Capital Partners ein Übernahmeangebot für Toshiba im Wert von 17,7 Milliarden Euro ab.[22]
Im Juni 2021 mussten der Vorstandschef Osamu Nagayama und das Vorstandsmitglied Nobuyuki Kobayashi den Hut nehmen. Es war bekannt geworden, dass sie versucht hatten den Einfluss ausländischer Aktionäre (namentlich den des singapurischen Fonds Effissimo) zu minimieren und das mit Hilfe des japanischen Handelsministeriums.[23][24]
Gliederung des Konzerns
Der Jahresabschluss 2007 nennt weltweit 672 teil- oder vollkonsolidierte Tochterfirmen der Toshiba Corporation.[25]
Der Konzern gliedert sich in folgende Sparten:[25]
- Digital Products Group mit den Bereichen Mobilkommunikation, Digitale Medien, Personal Computer/Netzwerke
- Electronic Devices & Components Group mit den Bereichen Halbleiter und Anzeigegeräte
- Infrastructure Systems Group mit den Bereichen Energietechnik, Industriesysteme und Sozialinfrastruktur
Zusätzlich zum Mutterkonzern sind folgende Töchter börsennotiert:[25]
- Nishishiba Electric Co. Ltd.
- Shibaura Mechatronics Corporation
- Topcon Corporation
- Toshiba Ceramics Co. Ltd.
- Toshiba Machine Co. Ltd.
- Toshiba Plant Systems & Services Corporation
- Toshiba TEC
Halbleiter
In einem Joint Venture mit SanDisk stellte Toshiba in Yokkaichi (Japan) NAND-Flash-Speicherchips her.[26] Die Halbleitersparte war 2016 die profitabelste des Konzerns.[27]
Verschiedene Konzerne, darunter TSMC, Western Digital, SK Hynix, Broadcom, Silver Lake Management und KKR, hatten Gebote für Toshiba Memory abgegeben. Am 1. Juni 2018 gab Toshiba bekannt, dass der Verkauf an ein Konsortium unter Leitung von Bain Capital für 18 Mrd. US-Dollar abgeschlossen sei. Beteiligt an dem Konsortium sind SK Hynix, Apple, Dell Technologies, Seagate Technology und Kingston Technology. Toshiba selbst hat 40 % der Anteile zurück gekauft.[18]
Toshiba in Deutschland
Die europäische Hauptverwaltung für den Bereich der IT-/Consumer-/Bürokommunikation ist die Toshiba Europe GmbH (TEG) mit Sitz in Düsseldorf. Bis September 2021 lag der Firmensitz in Neuss.[28] In Düsseldorf ist die Verwaltung der Produktbereiche Computersysteme, Projektoren, Speichermedien (CD, DVD, Festplatten) und Unterhaltungselektronik (DVD-Spieler, Fernseher) untergebracht. Halbleiter- und elektronische Bauelemente werden ebenfalls von Düsseldorf aus verwaltet. In Braunschweig befand sich ein entsprechendes Produktionswerk für Leistungshalbleiter, welches 2007 geschlossen wurde. In Regensburg gibt es die TRO (Toshiba Regensburg Operations), die früher dort Notebooks der gehobenen Preisklassen und Bauteile für PCs herstellte und seit 1. Januar 2008 als Logistikzentrum für die EMEA-Region (Europa, Naher Osten und Afrika) fungiert.
In Neuss befindet sich die Deutschland-Zentrale von TERIS (Toshiba TEC Europe Retail Information Systems), der Sparte für Kassensysteme. TERIS firmierte ehemals als TEC (Tokyo Electric Company).
Seit der Übernahme der Westinghouse Nuclear war Toshiba auch Eigentümer der Westinghouse Electric Germany GmbH in Mannheim.
Sonstiges
Die Marke Toshiba führte in der belgischen Politik zu dem fest stehenden Begriff „Toshiba Boys“.[29] Diesen Namen erhielten die damaligen Berater des Ministers für institutionelle Reformen Jean-Luc Dehaene (CD&V), die Ende der 1980er Jahre anhand der ersten Toshiba-Notebooks, die sie bequem zu den Verhandlungen zwischen Flamen und Wallonen im Rahmen der dritten belgischen Staatsreform mitnehmen konnten, komplizierte Finanzsimulationen erstellten und aufgrund dieser das Sondergesetz zur Finanzierung der Gemeinschaften und Regionen ausarbeiteten.
Produkte
Ehemalige und aktuelle Produkte und Produktionen von Toshiba:
- Computertomograph (2013)
- HD-DVD-Player (2005)
- Flugabwehrraketen-System Typ 81
- Luftabwehrfahrzeug Typ 93 Closed Arrow
- MANPADS Typ 91
- Laptop Qosmio X70-A-12N PSPLTE
- 2,5 Zoll Festplatte
- Mikroprozessor für Taschenrechner
- Speicher (RAM) für Laptops
- Radioröhre 12AU7
- Libretto 70CT
- Toshiba Satellite A300
Literatur
- S. Noma (Hrsg.): Toshiba Corporation. In: Japan. An Illustrated Encyclopedia. Kodansha, 1993. ISBN 4-06-205938-X, S. 1610?.
Weblinks
Einzelnachweise
- , abgerufen am 15. April 2021
- Fiscal Year 2018. Abgerufen am 4. November 2019 (englisch).
- Firmengeschichte (engl.)
- Nuclear Reactor Maps: Fukushima-Daiichi (Englisch) Nuclear Transparency in the Asia Pacific. Archiviert vom Original am 15. Februar 2005. Abgerufen am 21. März 2011.
- http://www.bloomberg.com/news/articles/1997-06-29/japanese-p-cs-if-at-first-you-falter-reboot
- Pressemitteilung vom 6. Februar 2006 (engl.)
- Toshiba gewinnt Bieterstreit um Westinghouse (Memento vom 20. Juli 2012 im Internet Archive)
- Mariko Yasu, Maki Shiraki: Silver lining in sight for makers of solar panels (Englisch) The Japan Times online. 22. April 2011. Archiviert vom Original am 23. April 2011. Abgerufen am 23. April 2011: „For Toshiba, Japan's biggest maker of nuclear reactors, atomic energy still has the edge over other power sources. "Even if we hypothetically say an accident occurs once in every 30 years and that we need to consider the cost for radiation leak problems, we’re also left with an issue of reducing carbon dioxide", Toshiba President Norio Sasaki said in Tokyo last week. "Nuclear power will remain as a strong option."“
- Bilanzskandal: Toshiba-Firmenführung wusste von geschönten Zahlen, spiegel.de
- Toshiba-Chef tritt nach Bilanzskandal zurück, faz.net
- Milliardenverlust: Toshiba muss Tausende Stellen streichen, spiegel.de
- Toshiba Gets $5.9 Billion Deal to Sell Medical Unit to Canon. In: Bloomberg.com. 17. März 2016 (bloomberg.com).
- japantimes.co.jp: Toshiba agrees to sell white goods unit to China’s Midea for ¥53.7 billion
- Westinghouse Completes Acquisition of CB&I Stone & Webster, Inc., 4. Januar 2016
- Westinghouse buys partner's construction business, 28. Oktober 2015
- Diane Cardwell, Jonathan Soble: Westinghouse Files for Bankruptcy, in Blow to Nuclear Power. In: The New York Times. 29. März 2017 (nytimes.com).
- Company information | KIOXIA. Abgerufen am 27. Mai 2020.
- Toshiba completes $18 billion sale of chip unit to Bain consortium. Reuters, 1. Juni 2018, abgerufen am 2. Juni 2018 (englisch).
- Sharp kauft Toshibas Notebook-Sparte. crn.de. 5. Juni 2018. Abgerufen am 22. Juni 2018.
- Toshiba Transfers Shares in Dynabook to Sharp Pressemitteilung auf der globalen Toshiba-Internetpräsenz vom 4. August 2020, abgerufen am 15. August 2020
- Toshiba:16-TByte-Festplatte mit konventioneller Technik. heise.de. 8. Januar 2019. Abgerufen am 9. Januar 2019.
- Toshiba prüft Kaufofferte. sueddeutsche.de. 7. April 2021. Abgerufen am 9. April 2021.
- Shareholders give Toshiba chairman the boot following foreign investor voting scandal
- Toshiba engulfed by scandal again — and the prime minister is implicated
- Jahresabschluss 2007 (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , toshiba.co (PDF-Datei), S. 58 ff.
- Speicherchiphersteller investieren in neue Flash-Fabriken, heise online, 18. Juli 2010
- Toshiba erwägt Ausgliederung der NAND-Flash-Fabs, heise online, 18. Januar 2017
- Handelsregisterauszug Amtsgericht Düsseldorf HRB 94832
- Toshiba boy, le retour, Lalibre.be, 23. August 2010 (frz.)