Bălți
Bălți [ˈbəltsʲ] (; kyrillische Schreibung Бэлць; russisch Бельцы/Belzy; deutsch und jiddisch Belz) ist mit knapp 102.000 Einwohnern (2014) die nach Chișinău zweitgrößte Stadt der Republik Moldau, wenn man von der in Transnistrien gelegenen Stadt Tiraspol absieht.
Bălți (rum.) Бельцы (russ.) | |||
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Staat: | Moldau | ||
Verwaltungseinheit: | Munizip Bălți | ||
Gegründet: | 1412 | ||
Koordinaten: | 47° 46′ N, 27° 56′ O | ||
Höhe: | 85 m. ü. M. | ||
Fläche: | 78,01 km² | ||
Einwohner: | 102.457 | ||
Bevölkerungsdichte: | 1.313 Einwohner je km² | ||
Telefonvorwahl: | +373 231 | ||
Postleitzahl: | MD-3100 | ||
Bürgermeister: | Renato Usatîi | ||
Webpräsenz: | |||
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Bălți ist das bedeutendste Industrie-, Kultur- und Geschäftszentrum sowie das wichtigste Verkehrsdrehkreuz im Norden Moldaus. Die Stadt liegt in der Bălți-Steppe, rund 130 km nördlich von Chișinău am Fluss Răut, einem Nebenfluss des Dnisters. In der Stadt lebt eine multikulturelle und mehrsprachige Bevölkerung, Hauptumgangssprachen sind Russisch und Rumänisch.
Geschichte
1421 wurde Bălți das erste Mal erwähnt, damals als Teil des Fürstentums Moldau. Ende des 15. Jahrhunderts wurde sie durch die Tataren unter Khan Mengli-Girey (1467–1515) zerstört, anschließend aber wieder aufgebaut. Nach dem Zusammenbruch ihrer Herrschaft in Podolien (1699) siedelte die Osmanische Pforte loyale polnisch-muslimische Tataren im nahe gelegenen Lipkany an, das nach den Lipka-Tataren benannt wurde.
1812 fiel die Region Bessarabien und damit auch Bălți an Russland. Schon bald ließen sich zahlreiche Russen und Ukrainer in der Region nieder und Russisch wurde als Amts- und Schulsprache eingeführt. Bălți im Speziellen war dabei eines der Zentren der russischsprachigen Einwanderer. Am 20. April 1818 erhielt Bălți das Stadtrecht.
Die Stadt war ein äußerst wichtiges Zentrum für Juden in Bessarabien, 1897 waren fast 56 % der damals rund 18.500 Einwohner Bălțis Juden, gegenüber 23 % Russen und Ukrainern und 17 % Rumänen und Moldauern.[1]
1918 wurde Bessarabien Teil Rumäniens. Die russischsprachigen Bevölkerungsgruppen in der Region waren anschließend einer intensiven Rumänisierungspolitik ausgesetzt. 1940 wurde Bessarabien infolge des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes von der Sowjetunion annektiert und Teil der neuen Moldauischen Unionsrepublik.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt am 9. Juli 1941 von rumänischen Truppen eingenommen. Der Großteil der jüdischen Gemeinde in Bălți wurde in der Folgezeit verschleppt oder ermordet. Am 26. März 1944 wurde die Stadt von der Roten Armee zurückerobert und war anschließend wieder ein Teil der Sowjetunion. Bălți erlitt während des Krieges schwere Schäden, ein Großteil der historischen Bausubstanz wurde dabei zerstört.
Nach 1945 setzte man statt auf Rekonstruktion hauptsächlich auf Neugestaltung. In großem Umfang wurden neue Stadtviertel im Plattenbaustil angelegt und industrielle Betriebe angesiedelt. Die Einwohnerzahl erholte sich rasch und betrug 1959 bereits fast 68.000 – das Doppelte des Werts von 1930. Ende der 1960er-Jahre wurde die Marke von 100.000 Einwohnern überschritten. Seit dem Zerfall der Sowjetunion im Jahr 1991 ist die Stadt Teil des nun unabhängigen Staates Republik Moldau.
Wie in vielen ehemaligen Sowjetrepubliken herrschte in Moldau, und damit auch in Bălți, in den 1990er-Jahren eine Phase des wirtschaftlichen und demografischen Niedergangs. Inzwischen hat sich die Lage jedoch wieder gebessert.
Stadtbild
Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt zählen die Sf. Nicolae-Kirche, die Constantin-und-Elena-Kirche, die Alecu-Russo-Universität, sowie das Vasile-Alecsandri-Theater.
Etwa neun Kilometer nordwestlich der Stadt liegt der Flughafen Bălți-Leadoveni. Der Flugplatz Bălți-Stadt und ein Hubschrauberlandeplatz befinden sich in der Stadt und dienen hauptsächlich dem Regionalverkehr. In der Stadt existiert seit 1972 ein Trolleybus-Netz, das den öffentlichen Nahverkehr abdeckt und derzeit fünf Linien umfasst. Außerdem bestehen Eisenbahnverbindungen in andere Teile Moldaus sowie in Nachbarländer.
Bălți beherbergt vor allem Elektro- und Nahrungsmittelindustrie und ist sowohl Industrie- als auch Universitätsstadt (Staatliche Alecu-Russo-Universität Bălți) mit Kulturzentrum, Kunstgalerien, Theatern und Kulturpalast. Eine Vielzahl von Handwerksbetrieben aller Sparten, insbesondere im Baubereich, sind in der Stadt vorhanden. Der Fenster- und Fassadenbau ist stark vertreten.
Der alte jüdische Friedhof von Bălți liegt am Rand eines einfachen Wohnviertels im Nordwesten. Er ist der zweitgrößte jüdische Friedhof des Landes.
Bevölkerung
Die Stadt hatte im Jahr 2014 etwa 102.000 Einwohner.[2][3]
Vorhandene Volkszählungsdaten
Im Jahre 1897 wurde die erste Volkszählung durchgeführt; 1930 gab es eine rumänische Volkszählung; 1959, 1970, 1979 und 1989 wurden sowjetische Volkszählungen durchgeführt. Die Bevölkerungszahl entwickelte sich gemäß den vorhandenen Volkszählungsdaten wie folgt:[4]
Jahr | 1897 | 1930 | 1959 | 1970 | 1979 | 1989 | 2004 | 2014 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Bevölkerungszahl | 18.500 | 30.600 | 67.666 | 105.505 | 126.950 | 161.475 | 127.561 | 102.457 |
Ethnischer Aufbau im Jahr 2014[5]:
Ethnie | Zahl | % |
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Moldauer/Rumänen | 59 897 | 58,4 % |
Ukrainer | 17 450 | 17,0 % |
Russen | 15 146 | 14,7 % |
Bulgaren | 179 | 0,1 % |
Gagausen | 122 | 0,1 % |
andere | 1595 | 1,5 % |
nicht deklariert | 8030 | 7,8 % |
Der Bevölkerungsanteil der russischen bzw. russischsprachigen Minderheit ist in Bălți überdurchschnittlich hoch. Bălți ist heute eine zweisprachige Stadt. Aufgrund der demografischen Verhältnisse gilt der Ort als eine Hochburg der russlandfreundlichen Parteien. Bei den Kommunalwahlen 2015 erreichten dem pro-russischen Spektrum zuzuordnende Parteien rund 86 % der Stimmen in Bălți[6]. Renato Usatîi wurde dabei mit rund 72,5 % der Stimmen zum neuen Bürgermeister der Stadt gewählt und löste den langjährigen Amtsinhaber Vasili Panciuc ab, der nicht mehr zur Wahl angetreten war.
Russisch ist die meistgesprochene Sprache in der Stadt. 2004 gaben 53,9 % der Bevölkerung Russisch als ihre meistgenutzte Sprache an, Rumänisch wurde von 42,66 %, Ukrainisch von 3,03 % der Befragten genannt, 0,4 % nutzten bevorzugt andere Sprachen.[7] Tatsächlich sind die meisten Bewohner Bălțis zweisprachig und beherrschen sowohl Russisch als auch Rumänisch. Beide Sprachen sind im Alltag und im Straßenbild häufig anzutreffen.
Sonstiges
In dem bekannten jiddischen Lied Mein Schtetele Belz wird Bălți besungen.[8]
Der Fußballverein FC Zaria Bălți trägt seine Heimspiele im Stadionul Olimpia Bălți aus.
Eugenio Coseriu (1921–2002), ein bedeutender Sprachwissenschaftler, besuchte in Bălți die Schule (heute Colegiul Ion Creanga).
Söhne und Töchter der Stadt
- Karl Schmidt (1846–1928), bessarabischer Politiker
- Leonte Răutu (1910–1993), rumänischer kommunistischer Politiker
- Colea Răutu (1912–2008), Schauspieler
- Alexei Maximtschuk (* 1958), russischer Admiral
- Roman Grinberg (* 1962), Musiker
- Tali Ploskov (* 1962), israelische Lehrerin und Politikerin
- Marian Lupu (* 1966), Politiker
- Oleg Borschtschewski (* 1969), russischer Popsänger
- Vasile Sănduleac (* 1971), Schachspieler, -schiedsrichter und -trainer
- Sergei Aksjonow (* 1972), Politiker auf der Krim
- Elena Gorohova (* 1972), Biathletin und Skilangläuferin
- Geta Burlacu (* 1974), Sängerin
- Natalia Barbu (* 1979), Sängerin
Siehe auch
Weblinks
- Offizielle Website der Munizipalität Bălţi (russisch/rumänisch)
- Öffentliche Website der Stadt Bălţi (deutsch/russisch)
- Fotos von Bălţi
- Mein Schtetele Belz Aufnahme mit Chava Alberstein
Einzelnachweise
- Демоскоп Weekly - Приложение. Справочник статистических показателей. Abgerufen am 1. Februar 2021.
- Archivlink (Memento des Originals vom 25. November 2007 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Moldawien: Verwaltungsgliederung (Bezirke und Gemeinden) - Einwohnerzahlen, Grafiken und Karte. Abgerufen am 9. Mai 2018.
- http://www.statistica.md/recensamint/Populatia_toate_recensamintele.xls (Memento vom 24. November 2007 im Internet Archive)
- http://www.statistica.md/recensamint/Nationalitatea_de_baza.xls (Memento vom 24. November 2007 im Internet Archive)
- http://www.cec.md/r/rez_t1_2015/
- Национальное Бюро Статистики: Национальное Бюро Статистики. Abgerufen am 1. Februar 2021 (russisch).
- https://www.yadvashem.org/yv/en/exhibitions/communities/balti/mein_shtetle_belz.asp Ursprung des Lieds. Abgerufen am 29. November 2019
- http://novostipmr.com/ru/news/13-06-06/odnim-gorodom-pobratimom-u-pridnestrovskoy-stolicy-stalo-bolshe