Soziologe
Ein Soziologe (zu „sozial“, über französisch social von lateinisch socialis, „gesellschaftlich“[1]) befasst sich wissenschaftlich mit dem Zusammenleben der Menschen in der Gesellschaft (Soziologie).
Aufgaben
Soziologen untersuchen Strukturen menschlicher Gesellschaften, erheben und analysieren soziologische Daten, erkunden soziale Phänomene wie Erziehung, politische Willensbildung, Kriminalität, Arbeitslosigkeit, untersuchen die Strukturen sozialer Gebilde und Institutionen, wie Betriebe, Familien, Parteien, Religionsgemeinschaften.
Je mehr wirtschaftliche und soziale Probleme in einer Gesellschaft sichtbar werden, desto wichtiger wird soziologisches Fachwissen, um Erklärungsansätze zu gewinnen und Strategien zu entwickeln, wie diese Probleme analysiert und bearbeitet werden können. Allerdings, so mahnt beispielsweise der politische Autor Helmut Dahmer seine Zunft, ist die seiner Beobachtung nach vorherrschende Soziologie unfähig, relevante Probleme der Gesellschaft lösungsorientiert zu elaborieren: „Der typische Soziologe von heute ist ein politisch desengagierter Spezialist, selbst wenn er gelegentlich mit ‚Politikberatung‘ Geld verdient. So verkennt die gegenwärtige Soziologie sich selbst und verfehlt ihren Beruf.“[2]
Soziologen können ihre Kenntnis sozialer Phänomene, deren Entstehung und Wechselwirkungen und vor allem auch ihre Kenntnisse in der sozialwissenschaftlichen Datenerhebung und -auswertung in unterschiedlichen Bereichen nutzen – im Personalwesen und Sozialwesen, in Weiterbildungseinrichtungen von Wirtschaft und Verwaltung, in der Marktforschung und Meinungsforschung, im Marketing und in der Unternehmungsberatung.
Soziologen im Beruf
Übliche Berufsbezeichnungen neben „Soziologe“ sind auch „Sozialwissenschaftler“, seltener „Gesellschaftswissenschaftler“.
Wissenschaftliche und berufliche Organisationen
Die nationalen Fachorganisationen der Soziologen im deutschsprachigen Raum sind die Deutsche, Österreichische und Schweizerische Gesellschaft für Soziologie, international die European und die International Sociological Association. (Siehe auch: American Sociological Association u. a. m.)
Berufstätige Soziologen sind im Berufsverband Deutscher Soziologinnen und Soziologen (BDS), daneben oft in einschlägigen Gewerkschaften (z. B. ver.di) organisiert.
Ethikkodex
Die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS), die Deutsche Gesellschaft für Soziologie Ostdeutschland und der Berufsverband Deutscher Soziologinnen und Soziologen (BDS) beschlossen 1992 einen gemeinsamen „Ethikkodex“ für Soziologen, der zahlreiche Probleme ihrer Arbeitsethik anspricht. So werden Soziologen u. a. zur Objektivität, Neutralität und wissenschaftlichen Unabhängigkeit verpflichtet. Bei Verstößen sind zunächst Schiedsverfahren, aber auch standesrechtliche Ahndungen vorgesehen. Hierfür amtet eine ständige gemeinsame „Ethikkommission“ der beiden noch bestehenden Verbände DGS und BDS.
Für Soziologen, die als Statistiker arbeiten, sind diese Maßgaben sogar im Bundesstatistikgesetz festgehalten (Paragraph 1). Fehlverhalten kann zu schwerwiegenden Konsequenzen führen.
Tätigkeitsbereiche
- In Meinungsforschungsinstituten
- In Marktforschungsinstituten
- In großen Industrieunternehmen und Handelshäusern
- In der öffentlichen Verwaltung
- In Parteien, Interessenverbänden und Kammern
- In der universitären oder kommerziellen Sozialforschung
- Im Bereich der Massenmedien – vom Buchmarkt bis zum Fernsehen
- In der Entwicklungshilfe
Häufige Berufe
Eher selten arbeiten Soziologen selbständig und freiberuflich, doch trifft man sie als
- Dozenten an Volkshochschulen und Fachakademien der Alten- und Krankenpflege
- Lehrbeauftragte an Fachhochschulen, Universitäten und in der postgradualen Weiterbildung
- Unternehmensberater oder Public Relations-Berater
- Journalisten
Als Angestellte oder Beamte trifft man sie als
- Hochschullehrer und -forscher (siehe hier vor allem die Liste bedeutender Soziologen)
- Arbeitswissenschaftler
- Bildungsforscher
- Dozenten, Forschungsreferenten
- Konjunkturforscher
- Leiter Betriebliche Aus- u. Weiterbildung
- Marktforscher
- Mediator
- Meinungsforscher
- PR-Manager und Pressesprecher
- Personalberater/Personalentwickler/Personalleiter
- Redakteure
- Wirtschafts- u. Sozialstatistiker
- Wissenschaftliche Mitarbeiter an Hochschulen und Forschungseinrichtungen
- Lehrer im Rahmen der Erwachsenenbildung
Literatur
- Wilhelm Bernsdorf, Horst Knospe (Hrsg.): Internationales Soziologenlexikon. 2 Bände. 2. Auflage. Enke, Stuttgart 1980, ISBN 3-432-82652-4 (Band 1) und ISBN 3-432-90702-8 (Band 2).
- Wolfram Breger (Hrsg.): Was werden mit Soziologie. Berufe für Soziologinnen und Soziologen. Das BDS-Berufshandbuch. Lucius & Lucius, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8282-0402-7.
- Carl Brinkmann (Hrsg.): Soziologie und Leben. Tübingen/Stuttgart 1952.
Weblinks
- DGS – Deutsche Gesellschaft für Soziologie (siehe insbesondere: Geschichte)
- BDS – Berufsverband Deutscher Soziologinnen und Soziologen
- ESA – European Sociological Association
- ISA – International Sociological Association
- FTG – Ferdinand-Tönnies-Gesellschaft
- ÖGS – Österreichische Gesellschaft für Soziologie
- Bundesagentur für Arbeit: Soziologinnen und Soziologen: Universell einsetzbar
- Bundesagentur für Arbeit: Studienfeld Sozialwissenschaften, Soziologie
- TU Berlin: Was ist Soziologie? Was fängt man damit an? Was braucht man dafür?
Einzelnachweise
- Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage. Hrsg. von Walther Mitzka. De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 718 (sozial).
- Dahmer, Helmut (2001): Soziologie nach einem barbarischen Jahrhundert. Wien: WUV Universitätsverlag, S. 17.