Julian Huxley
Sir Julian Sorell Huxley (* 22. Juni 1887 in London; † 14. Februar 1975 ebenda) war ein britischer Biologe, Philosoph und Schriftsteller. Seine frühen Verhaltensbeobachtungen an Seetauchern und Reihern gehörten zu den ersten exakten Studien der Verhaltensforschung, die unter anderem dem Werk von Konrad Lorenz und Nikolaas Tinbergen den Weg ebneten. Huxley war Humanist und ein bekannter Vordenker der Eugenik und des Atheismus. Als erster UNESCO-Generaldirektor trug er maßgeblich zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte bei.
Leben
Julian Huxley war der älteste Sohn von Leonard Huxley und dessen erster Frau Julia Frances Arnold und der Enkel von Thomas Henry Huxley. Er wurde in Eton erzogen und studierte in Oxford Zoologie. Von 1910 bis 1912 arbeitete er als Lektor für Zoologie am Balliol College, von 1912 bis 1916 lehrte er am Rice-Institut in Houston (Texas). 1919 kehrte er zunächst nach Oxford zurück, wurde dann aber Professor (1925–1927) und Honorarprofessor (1927–1935) am King’s College London. Danach wirkte er als Vizepräsident (1937–1944) und Präsident der Eugenics Society (1959–1962) und als Generalsekretär der Zoologischen Gesellschaft zu London (1935–42).
1934 führte er Regie bei dem Kurzfilm The Private Life of the Gannets, einem Dokumentarfilm über Basstölpel, die auf einer kleinen Felseninsel vor der Küste von Wales leben. Der Film wurde 1937 mit dem Oscar als bester Kurzfilm (eine Filmrolle) ausgezeichnet.
Julian Huxley spielte eine bedeutende Rolle in der Gründungsphase der UNESCO und war von 1946 bis 1948 der erste Generaldirektor der Organisation.[1] Ferner geht die Gründung der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union (IHEU) auf eine Initiative Huxleys zurück. Huxley war erster Präsident der IHEU, die heute ein Zusammenschluss von über 170 humanistischen und säkularen Organisationen ist. Julian Huxley wurde 1953 mit dem Kalinga-Preis für die Popularisierung der Wissenschaft ausgezeichnet.
Ebenso war er ein bedeutender Vertreter der Eugenik.[2] Er war unter anderem von 1937 bis 1944 und 1959 bis 1962 an führender Stelle im Vorstand der British Eugenics Society, des heutigen Galton Institutes.[3]
1960 war Huxley als Berater der UNESCO für Fragen des Wildschutzes in Ostafrika tätig; er veröffentlichte einige Zeitungsartikel in der britischen Wochenzeitung The Observer, in denen er auf die Natur- und Lebensraumzerstörung von Wildtieren in Afrika aufmerksam machte. Durch die öffentliche Aufmerksamkeit, die seine Texte erhielten, entstanden die Idee und die nötige Öffentlichkeit zur Gründung des WWF im Frühjahr 1961.[4]
Familie
Julian Huxley war Bruder von Aldous Huxley (Schriftsteller) und Andrew Fielding Huxley (Biophysiker, Nobelpreis für Medizin) sowie Enkel von Thomas Henry Huxley (Biologe; Beiname Darwin’s Bulldog), der in der Durchsetzung der Lehre Darwins eine große Rolle gespielt hatte.
Werk und Wirkungsgeschichte
Huxley prägte die Idee des evolutionären Humanismus und des „Atheismus im Namen der Vernunft“: „Gott ist eine vom Menschen erdachte Hypothese bei dem Versuch, mit dem Problem der Existenz fertigzuwerden.“ Die in Deutschland ansässige Giordano-Bruno-Stiftung bezieht sich ausdrücklich auf Huxleys Vorstellungen und will diese fördern, weiterentwickeln und verbreiten.
Der sogenannte Aluhut geht auf die Science-Fiction-Geschichte The Tissue-Culture King zurück.[5]
Auszeichnungen
1938 wurde er als Mitglied („Fellow“) in die Royal Society gewählt, die ihm 1956 die Darwin-Medaille verlieh. 1948 wurde er korrespondierendes Mitglied der Académie des sciences. 1958 wurde er zum Knight Bachelor geschlagen. 1961 wurde Huxley in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.
Werke
- The individual in the animal kingdom (1911)
- The courtship habits of the Great Crested Grebe (1914)
- Essays of a Biologist (1923)
- The stream of life (1926)
- Animal biology (mit John Burdon Sanderson Haldane, 1927)
- Religion without revelation (1927, überarbeitete Neuauflage 1957)
- The tissue-culture king (1927)
- Ants (1929)
- Bird-watching and bird behaviour (1930)
- What dare I think? (1931)
- The captive shrew and other poems (1932)
- The science of life (mit H. G. Wells und seinem Sohn George Philip Wells, 1931)
- Problems of relative growth (1932)
- A scientist among the Soviets (1932)
- Scientific research and social needs (1934)
- Elements of experimental embryology (mit Gavin de Beer, 1934)
- An introduction to science (mit E. N. Andrade, 1934)
- Thomas Huxley's diary of the voyage of H.M.S. Rattlesnake (1935)
- We Europeans. A survey of racial problems (mit Alfred C. Haddon, 1935)
- Animal language (1938)
- The living thoughts of Darwin (1939)
- The new systematics (1940)
- The uniqueness of man (1941)
- Evolution: the modern synthesis (1942, überarbeitete Neuauflage 1963)
- Democracy marches (1941) (deutsch: Demokratie marschiert (1942))
- Evolutionary ethics (1943)
- TVA: Adventure in planning (1944)
- On living in a revolution (1944)
- Touchstone for ethics (1947)
- Man in the modern world (1947), essays selected from The uniqueness of man (1941) and On living in a revolution (1944) (deutsch: Der Mensch in der modernen Welt (1950))
- Evolution in action (1953) (deutsch: Entfaltung des Lebens (1954))
- From an Antique Land: Ancient and Modern in the Middle East (1954) (deutsch: Die Wüste und die alten Götter (1956))
- Kingdom of the beasts (with W. Suschitzky, 1956) (deutsch: Das Reich der Tiere (1956))
- The story of evolution (1958)
- Biological aspects of cancer (1957) (deutsch: Krebs in biologischer Sicht (1960))
- The humanist frame (as editor, 1961) (deutsch: Der evolutionäre Humanismus: 10 Essays über d. Leitgedanken u. Probleme (1964))
- Essays of a humanist (1964) (Neuauflage 1992 mit dem Titel: Evolutionary Humanism, ISBN 0-87975-778-7) (deutsch: Ich sehe den künftigen Menschen: Natur u. neuer Humanismus (1965))
- The wonderful world of evolution (1969) (deutsch: Wunderbare Welt der Evolution: Die Entwicklung des Lebens vom Einzeller zum Menschen (1970))
- Memories (1970)
- Memories II (1973) (deutsch: Ein Leben für die Zukunft: Erinnerungen (1974/1981))
- The Atlas of World Wildlife (1973) (deutsch: Großer Atlas des Tierlebens. Corvus Verlag, Berlin (1974))
Weblinks
- Literatur von und über Julian Huxley im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Zeitungsartikel über Julian Huxley in der Pressemappe 20. Jahrhundert der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
- Julian Huxley im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
- https://www.britannica.com/biography/Julian-Huxley
Einzelnachweise
- Julian Huxley | United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization. Abgerufen am 4. Januar 2019.
- Paul Weindling: ‘Julian Huxley and the Continuity of Eugenics in Twentieth-century Britain’. In: Journal of modern European history. Band 10, Nr. 4, 1. November 2012, S. 480–499, PMC 4366572 (freier Volltext).
- History – The Galton Institute. Abgerufen am 4. Januar 2019 (amerikanisches Englisch).
- Kate Kellaway: How the Observer brought the WWF into being | Feature. In: The Guardian. 7. November 2010, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 4. Januar 2019]).
- Verschwörungstheorien: Zur Ehrenrettung des Aluhuts, Zeit Online, 11. Juni 2017, abgerufen am 19. Oktober 2019