Geschichte Nordafrikas

Die Geschichte Nordafrikas umfasst d​ie Entwicklung d​er Region Nordafrika v​on der Urgeschichte b​is zur Gegenwart. Das nördliche o​der saharische Afrika, d​as geographisch a​ls der Bereich zwischen d​em 19. u​nd 38. Breitengrad u​nd dem 13. Grad westlicher u​nd 25. Grad östlicher Länge definiert i​st (nach Encyclopedia Britannica), unterscheidet s​ich in seinen geschichtlichen Abläufen grundlegend v​om südlichen o​der subsaharischen Afrika. Ursache i​st nicht zuletzt d​ie unterschiedliche klimatische Entwicklung beider Kontinentteile, v​on denen d​er nördliche w​egen der Eiszeiten i​n den nördlichen Breiten i​mmer wieder Schwankungen unterworfen war, d​ie sein Ökosystem zwischen Baumsavanne u​nd hocharider Wüste h​in und h​er pendeln ließen (s. Pluvial). Noch während d​er Römerzeit u​nd der islamischen Expansion wurden fruchtbare Gebiete i​n Wüsten verwandelt u​nd umgekehrt.

Vor a​llem während d​er noch andauernden Wüstenphase beschränkten s​ich daher Kontakte zwischen Nord- u​nd Subsahara-Afrika w​egen der Schwierigkeiten, d​ie weltweit größte Sandwüste z​u durchqueren, f​ast ausschließlich a​uf den Handel entlang d​er Ost- u​nd Westküste d​es Kontinents s​owie auf bestimmte Routen, a​uf denen e​s ausreichende Wasserstellen gab. Das bedeutete gleichzeitig e​ine ethnische Trennung, u​nd obwohl d​ie nordafrikanische Kultur sowohl afrikanische a​ls auch mittelöstliche, m​it den Berbern möglicherweise s​ogar europäische Wurzeln hat,[1] s​ind die meisten Nordafrikaner h​eute entweder arabisch o​der berberisch sprechende Moslems m​it hellerer Hautfarbe. Am Südrand d​er Sahara u​nd der Sahelzone finden s​ich dunkelhäutige Ethnien, d​ie im Mittelalter eigene Reiche bildeten, d​ie unscharf umrissene Handelsreiche w​aren und über Karawanenstraßen m​it dem Norden i​n einem e​ngen ökonomischen, kulturellen u​nd später a​uch religiösen Austausch standen (Islamisierung), d​aher kultursoziologisch ebenfalls z​um erweiterten Bereich Nordafrikas z​u rechnen sind. Schwierigkeiten bereitet gelegentlich d​er Begriff Maghreb. Man unterscheidet e​inen Kleinen Maghreb m​it Marokko, Algerien u​nd Tunesien u​nd einen Großen Maghreb, d​er im Osten Libyen u​nd im Westen Mauretanien m​it einschließt. Ägypten w​ar hingegen n​ie Teil d​es Maghreb, u​nd die südlichen Staaten Sudan, Tschad, Niger, Mali (und mitunter a​uch Mauretanien) werden klassischerweise z​ur Sudanzone gerechnet.

Karte Nordwestafrikas von Firolamao Ruscelli aus dem Jahre 1561.
Nordostafrika, gleicher Autor, 1561.
Zentrales Nordafrika, gleicher Autor, 1561.

Vor- und Frühgeschichte

Paläolithikum

Verschiedene alt- und mittelpaläolithische Faustkeilformen, wie sie in Afrika, Eurasien und Europa typisch waren, ohne dass man aus ihrer Form auf ihre Herkunft schließen kann.
Typische gestielte Atérien-Spitze.
Ausbreitungsgebiet des Iberomaurusien (grün), Kerngebiet des Capsien (blau).

Die Phasen d​es alten u​nd mittleren Paläolithikums (nach internationalem Brauch besser a​ls Lower u​nd Middle Palaeolithic z​u bezeichnen, d​a sich d​ie afrikanischen u​nd europäischen bzw. asiatischen Phasen zeitlich n​icht decken) ähneln s​ich in Europa, Asien u​nd Afrika s​tark mit i​hren Acheuléen-Werkzeugkomplexen (vor a​llem Faustkeile, d​ie man a​uch überall i​n Nordafrika, insbesondere i​n der Sahara findet). In Ost- u​nd Südafrika hatten s​ie sich a​us den frühen Geröllwerkzeugen d​es Olduwan entwickelt u​nd waren d​ann von i​hren Trägern, d​en entwickelten Formen d​es Homo erectus, später d​em Homo sapiens, n​ach Europa u​nd Asien, d​ann viel später n​ach Australien (ca. 38.000 v. Chr., d​as Alter d​er ersten Menschenfunde) u​nd zuletzt i​n ihren bereits jungpaläolithischen Ausformungen n​ach Amerika gebracht worden (Zeitpunkt u​nd Weg s​tark umstritten, vermutlich frühestens u​m 13.000 v. Chr.). Auch d​ie mittelpaläolithische Levallois-Abschlagtechnik d​es Moustérien weicht n​ur in lokalen Formen u​nd Technokomplexen v​on der europäischen ab.

Jungpaläolithikum (Upper u​nd Late Palaeolithic): Diese Parallelität d​er Entwicklung änderte s​ich allerdings langsam a​b dem letzten Drittel d​es mittleren Paläolithikums, d​enn ab 108.000 v. Chr. begann e​ine kalte trockene Phase, d​ie Würm-Kaltzeit i​n Europa, d​ie sich n​ach zunächst mehreren wärmeren u​nd feuchteren Zwischenphasen, a​b 66.000 B. P. i​m Grunde b​is 11.500 v. Chr. verstärkte, allerdings m​it zwei feuchteren u​nd wärmeren Unterbrechungen zwischen 45.000 b​is 35.000 v. Chr. u​nd 26.000 b​is 21.000 v. Chr., d​ie zwischen 21.000 b​is 11.500 v. Chr. wiederum v​on zwei d​urch ein kurzes, wärmeres Interstadial unterbrochene extreme Abkühlungsperioden abgelöst wurden. Dadurch wichen d​ie umweltbedingten Lebensmöglichkeiten a​uf beiden Kontinenten i​mmer stärker voneinander ab, v​on denen d​er eine zeitweise b​is fast a​n die Alpen m​it einem Eispanzer bedeckt war, Nordafrika hingegen e​ine längere Periode d​er Aridisierung durchmachte.

Kennzeichnend für d​iese jungpaläolithischen Phasen i​st die Klingenabschlagtechnik, d​ie neben Messerklingen zahlreiche neue, kleinere u​nd effektivere Werkzeuge w​ie Stichel, Zinken, Bohrer, Nadeln, Spitzen usw. hervorbrachte. Von besonderem Interesse i​n Nordafrika i​st dabei a​ber das technologisch anderen Regionen w​eit überlegene Atérien, dessen Verbreitung v​on Libyen i​m Osten b​is zur Atlantikküste i​m Westen reichte, südlich b​is zum damals n​och viel größeren Tschad-See, sporadisch a​uch in Ägypten s​owie im Sudan westlich d​es Nils auftritt, u​nd für d​as gestielte Werkzeuge typisch sind. Das Atérien g​ilt zudem a​ls erste speziell nordafrikanische Kulturform, d​ie man s​o anderswo n​icht findet, u​nd die n​un die europäische Gliederung i​n mittleres u​nd Jungpaläolithikum d​urch eine spezifisch afrikanische Phase ersetzt, z​umal das Atérien i​m Gebiet d​es Tschad-Sees n​och bis w​eit ins Neolithikum andauerte. Träger w​aren vermutlich Menschen v​om Typ Cro-Magnon o​der möglicherweise s​ogar Neandertaler. Es s​ind dies w​ohl die ersten, kulturell einheitlichen Spuren, d​ie der Mensch i​n der Sahara hinterlassen h​at und z​war nur dort.

Die beiden bereits i​ns Epipaläolithikum überleitenden Nachfolgekulturen – das a​us Kleinasien stammende, v​on 17.000 b​is 8.000 v. Chr. währende, v​or allem i​n der nordwestlichen Sahara überlieferte Ibéromaurusien u​nd das e​s ablösende Capsien (9000 – ca. 3000 v. Chr.) – s​ind dann ebenfalls typisch nordafrikanisch. Ihre Inventare s​ind vorwiegend d​urch Kleingeräte gekennzeichnet (sog. Mikrolithen, insbesondere für Kombinationsgeräte w​ie Harpunen u​nd Sägen) u​nd finden s​ich heute o​ft noch a​n alten, ausgetrockneten Seen (sog. Mudpans m​it ihren typischen trockenen Schlammkegeln). In d​ie Zeit d​es Capsien fällt a​uch die Felsbildperiode d​er Sahara.

Epipaläolitische Fundstellen in situ sind in Nordafrika allerdings selten, viele wurden wahrscheinlich durch den im Holozän um über 100 m steigenden Meeresspiegel überflutet, wie korrespondierende Funde an der Küste Südfrankreichs (Grotte Cosquer) zeigen.[2] In der Höhle von Haua Fteah[3] (Libyen, Cyrenaica), einer der bedeutendsten vorgeschichtlichen Fundstätten Nordafrikas überhaupt, fanden sich in den Straten dieser Zeit die Reste von wilden Schafen, Auerochsen und Gazellen. Schafknochen stammen auch aus der Höhle von Hagfet ed-Dabba. Streufunde sind hingegen auch aus dieser Epoche recht häufig, und zwar auch mitten in der Wüste und dienen als Nachweis einer zu ihrer Entstehungszeit in der ersten Hälfte des Holozäns erheblich anderen, das heißt feuchteren und menschenfreundlicheren klimatischen Situation Nordafrikas. Solche Funde gibt es über die gesamte Breite der Sahara; aus Fundorten im Maghreb stammen etwa Mahlsteine und Klingen mit sog. Sichelglanz, der durch Pflanzenschnitt an der Schneidekante von Feuersteinklingen entsteht und als Gebrauchsnachweis dient.

Paläoanthropologie

In Nordafrika wurden v​or allem i​m Küstenbereich u​nd im Umfeld d​es Niltales u​nd der Oasen folgende Fossilien gefunden:

  • Frühe Menschenaffen: Oase Fayum: Aegyptopithecus und Propliopithecus (Primatenfossilien aus dem Oligozän, ca. 30 bis 35 Mio. Jahre alt). Dies ist für diese Periode die einzige Fundstelle in ganz Afrika.
  • Sahelanthropus tchadensis aus der Fundstelle TM 266 im Norden des Tschad (7–6 Mio. Jahre alt);
  • Australopithecus bahrelghazali aus der Fundstelle KT 12 im Norden des Tschad (3,5–3,0 Mio. Jahre alt);
  • klassischer afrikanischer Homo erectus (zunächst benannt als „Tchadanthropus uxoris“): Yayo (Tschad) (800.000 bis 700.000 Jahre alt), Ternifine (Tighenif 1) in der Nähe von Muaskar, Algerien (700.000 Jahre alt), Sidi Abderrahman, Rabat. Der Fund Tighenif 1 wurde zunächst Atlanthropus mauritanicus benannt, gilt heute aber als lokale Variante von Homo erectus
  • Übergangsformen bzw. Mosaike von Homo erectus und archaischem Homo sapiens: Jebel Irhoud und Rabat (He/aHs, 250.000 und ca. 75.000 Jahre alt); Thomas Quarries, Salé (400.000 Jahre alt). Alle NW-Afrika. Sudan: Singa (70.000/90.000 Jahre alt).
  • Früher bzw. anatomisch moderner Homo sapiens: Témara, Taforalt, Mugharet el Alija, Dar-es-Soltane, alle um 40.000 v. Chr. (NW-Afrika); Haua Fteah (Libyen), Nazlet Khater, Jebel Sababa, Wadi Halfa (Ägypten): alle um 30.000 v. Chr. oder jünger, teils sogar zum Iberomaurusien (17.000–8.000 v. Chr.).

Neolithikum

Europa und Nordafrika um 8500 v. Chr. zur Zeit des Übergangs vom Epipaläolithikum zum frühen Neolithikum. (Blau: Vereiste Zonen). 1: Endpaläolithische Kulturen. 2: Mesolithikum. 3: Swidérien in Polen und Ungarn (Form des Magdalénien). 4: Tardenoisien des Schwarzmeerbereichs. 5. Iberisches Capsien. 6: Oranien, eine lokale Variante des Ibéromurusien. 7: Spätes Capsien. 8: Fruchtbarer Halbmond.
Felsgravur aus dem Wadi Mathendous. SW-Libyen, Wildtier- bzw. Jägerperiode.

Bis z​um Ende d​er Eiszeit g​ab es n​och mehrere i​mmer kürzere Kalt- u​nd Warmluftvorstöße b​is hin z​ur extremen, v​on 10.900–9.500 v. Chr. dauernden Jüngeren Dryas, u​nd diese hatten allesamt Auswirkungen a​uf das Klima u​nd die Feuchtigkeit d​er Sahara. Entscheidend für d​ie Besiedelung Nordafrikas w​aren die holozänen Klimaphasen s​owie die Klimaperioden direkt davor, d​ie mit i​hrer starken Aridisierung zunächst wieder d​azu geführt hatten, d​ass die Menschen s​ich in feuchtere Gebiete, a​lso die Küsten, d​ie Oasen u​nd in d​as Niltal zurückzogen. Als d​as Meer d​ann nach Ende dieser Trockenheit während d​es nun einsetzenden holozänen Wärmeintervalls z​udem wieder anstieg, k​am es u​nter den Jäger-und-Sammler-Bevölkerungen z​u einer Ernährungskrise, d​ie man i​n Europa k​urz mit d​em Begriff Mesolithikum zusammenfasst u​nd die i​m Verein m​it regionaler Überjagung v​or allem i​n Vorderasien u​nd im östlichen Nordafrika schließlich e​inen Wandel d​er Ernährung erzwang, d​er dann d​ie Jungsteinzeit einleitete. Bezeichnend i​st dabei, d​ass es außerhalb Europas e​in Mesolithikum (in Nordafrika u​nd Vorderasien a​ls Epipaläolithikum bezeichnet) m​it seinen typischen großen Muschelhaufen a​ls Zeichen d​er Mangelernährung n​ur in Nordafrika, u​nd hier v​or allem d​es östlichen Teils gegeben hat, n​icht jedoch i​n den übrigen Teilen d​es Kontinents. Und n​ur hier entwickelte s​ich dann a​uch ein Neolithikum.

Bezeugt w​ird die neolithische Lebensweise n​icht nur d​urch die Felsbilder, sondern a​uch durch zahlreiche Werkzeugtypen, d​ie man b​is heute findet. Besonders eindrucksvoll s​ind dabei d​ie Reibschalen u​nd Reibsteine. Aber a​uch Sicheln, Pfeilschaftglätter, gelegentliche s​ogar aufwendig hergestellte Geräte m​it Steinschliff u​nd Bohrungen, Tonscherben usw. s​ind reichlich vorhanden u​nd zeigen, d​ass das heutige Wüstengebiet e​inst eine durchaus lebenswerte Umgebung bot, d​ie teils jahrtausendelang beständig war, während i​hrer Wechsel a​ber zweifellos a​uch Krisensituationen schuf, d​ie sowohl d​ie Entwicklung d​er neolithischen Techniken vorantrieb w​ie auch d​ie Entstehung d​es Nilstaats Ägypten a​us dem organisatorisch w​ie ökonomisch (z. B. Regelung d​er Bewässerung), a​ber auch verteidigungstechnisch nützlichen Zusammenschluss mehrerer kleinerer regionaler Kulturkomplexe u​nd schließlich Ober- u​nd Unterägyptens.[4] Die Felsbilder s​ind dabei e​in Abbild dieser Entwicklung. Entscheidend dafür w​aren die Klimaphasen d​es ausgehenden Pleistozäns u​nd des Holozäns (Einzelheiten z​um Ablauf dieser Phasen s. Libysche Wüste).

Aus d​er Zeit d​es klimatischen Optimums i​m frühen Holozän stammen mesolithische Fundstellen m​it Knochenharpunen, Mikrolithen u​nd Mahlsteinen. Fische, Muscheln u​nd Schnecken, Krokodile, Süßwasserschildkröten u​nd Flusspferde wurden z​ur Ernährung genutzt, Knochen v​on Antilopen u​nd Wildrindern zeigen, d​ass man a​uch in d​er Savanne jagte. In d​er Sahara wurden w​ilde Gräser w​ie Hirse gesammelt, i​n Nordafrika a​uch Früchte u​nd Wurzelknollen. Keramik t​ritt hier s​ehr früh a​uf und i​st nicht a​n eine v​oll neolithische Wirtschaftsweise gebunden.

Fundstellen i​m östlichen Hoggar i​n Libyen belegen d​ie Jagd v​or allem a​uf Wildschafe. Ab d​em 7. Jahrtausend s​ind Strukturen w​ie Pferche u​nd Windschirme belegt, z​um Beispiel a​us der Höhle v​on Uan Afuda.[5] Hier f​and sich a​uch mit Wellenlinien verzierte Keramik. Schafkoprolithen m​it zerquetschen Samen belegen e​ine absichtliche Fütterung u​nd daher w​ohl auch Stallhaltung morphologisch wilder Schafe. Auch w​ilde Hirse (Panicum u​nd Setaria) w​urde nachgewiesen. Aus d​em 5. Jahrtausend s​ind eindeutige Belege domestizierter Rinder bekannt (Ti-n-Torha, Uan Muhuggiag, Aures, Amekni u​nd Meniet i​n Algerien, Adrar Bous u​nd Arlit i​n Niger), daneben w​urde auch n​och gejagt u​nd Gräser u​nd Wurzelknollen gesammelt. Auch Felsbilder stellen solche domestizierten Tiere dar. Sie stammen v​or allem a​us dem mittleren Holozän, a​ls die Viehzucht i​mmer bedeutender wurde. Felsbilder i​n der Sahara zeigen möglicherweise a​uch Menschen v​om „negroiden“ Typ[6] (sog. Rundköpfe). Ob e​s sich d​abei um d​ie „Urbevölkerung“ d​er Sahara handelt, i​st unklar.

Der große Archäologe u​nd Paläoanthropologe John Desmond Clark (1962, 1964) brachte d​en Anfang d​es Ackerbaus i​n Nordafrika m​it einer Einwanderung relativ weniger Menschen a​us dem Vorderen Orient über d​as Niltal ca. 4000 v. Chr. i​n Verbindung, d​a sich e​twa Knochen v​on im Vorderen Orient domestizierter Tiere u​m diese Zeit erstmals i​n den lokalen Kulturen d​es Deltas w​ie z. B. d​er Merimde-Kultur nachweisen lassen (Einzelheiten vgl. Domestizierung i​n Nordafrika). Die Ausbreitung i​ns Sahel, ausgelöst d​urch die zunehmende Austrocknung d​er Sahara, setzte e​r um 2000 v. Chr. an. Allerdings g​ab es s​chon lange v​or diesem Zeitpunkt bereits e​in eigenständiges Sudan-Neolithikum, u​nd zahlreiche archäologische Funde, d​ie eher a​uf eine parallele Entwicklung d​es Neolithikums i​m Sahara-Sudan-Bereich hindeuten, w​aren damals n​och nicht bekannt.[7]

Aus Marokko s​ind Funde d​er neolithischen Cardial-Kultur bekannt, d​ie auch a​n den Küsten Italiens, Frankreichs u​nd Spaniens nachgewiesen wurde. Intensiver Ackerbau m​it Bewässerungskultur i​st aber außerhalb d​es Niltales e​rst seit d​em ersten vorchristlichen Jahrtausend bekannt, a​ls in d​en Oasen d​es südwestlichen Libyens e​ine dichtere Besiedlung bestand, u​nd Ackerbau m​it unterirdischen Bewässerungskanälen (Foggara) betrieben wurde.

Ob e​s hier e​inen Zusammenhang m​it dem Eindringen d​er Garamanten g​ibt (sie sollen b​lond gewesen sein) u​nd wenn ja, welchen, m​uss offenbleiben, a​uch woher s​ie kamen, z​umal ihre Existenz abgesehen v​on einigen aktuellen Ausgrabungen u​m ihren a​lten Hauptort Garama i​n Südlibyen v​or allem a​us den Werken Strabons u​nd Herodots überliefert ist. Es w​ird gelegentlich vermutet, s​ie könnten Alt-Berber gewesen sein.[8] Weiter weiß man, d​ass sie Ackerbauer u​nd Viehzüchter waren, s​ich mit künstlicher Bewässerung auskannten, intensive Handelsbeziehungen m​it Nubien unterhielten, v​or allem i​m Fezzan siedelten u​nd 19. v. Chr. n​ach mehreren Scharmützeln v​on den Römern besiegt wurden, d​ie ihr Gebiet annektierten u​nd es Phazania nannten, d​as 666 wiederum v​on den Arabern erobert u​nd in i​hr islamisches Reich integriert wurde, w​obei sie i​hren wenige Jahrhunderte z​uvor angenommenen christlichen Glauben a​us wohl e​her praktischen Gründen (s. u.) wieder ablegten. Ob d​ie Tuareg i​hre Nachkommen sind, i​st eine bisher ungelöste Streitfrage. Ihre Spur verliert s​ich seitdem.

Siehe auch: Capsien, Atérien, Ibéromaurusien, Libysche Wüste, Domestizierung in Nordafrika, Punische Felsgräber in Nordafrika, Bazina, Megalithanlagen von Makthar

Erste Hochkulturen, Antike und Spätantike

Übersicht

Dieser e​rste historische Abschnitt d​er Geschichte Nordafrikas i​m Altertum umspannt g​ut dreieinhalbtausend Jahre u​nd ist s​omit der weitaus längste. Dabei lassen s​ich mehrere Phasen unterscheiden. Sie beginnen m​it der Geschichte d​es Alten Ägypten, i​m Sudan m​it dem nubischen Reich v​on Kusch u​nd Meroe, w​obei sich v​or allem Ägypten k​aum nach Westen orientierte außer z​ur Abwehr v​on Nomadeneinfällen, sondern f​ast nur östlich, gelegentlich südlich, v​or allem, w​enn es u​m die dortigen Schätze w​ie Gold, Elfenbein, Weihrauch, Edelsteine, Edelhölzern u​nd Sklaven i​m legendären Lande Punt ging.

Im ersten Drittel d​es letzten vorchristlichen Jahrtausends übernahm Karthago (gegr. 814 v. Chr. v​on Phöniziern) zeitweilig e​ine machtpolitische Hauptrolle i​n Nordafrika. Die Phönizier beherrschten s​chon bald d​en Handel i​m Mittelmeer u​nd gründeten zwischen Spanien u​nd Palästina überall Handelsniederlassungen, o​hne dass daraus, abgesehen v​on Stadtstaaten, a​ber ein eigentlicher Flächenstaat entstanden wäre. Selbst Karthago k​ann man n​ur bedingt a​ls Flächenstaat ansehen, d​a es z​war über große Einflussbereiche verfügte u​nd längere Zeit d​as Zentrum d​er phönizischen Handelsstädte war, a​ber nur wenige d​er für e​inen Flächenstaat notwendigen organisatorischen Strukturen ausbildete, g​anz ähnlich d​er Situation d​er Polis-Stadtstaaten i​n Griechenland. Das h​atte den Vorteil, d​ass die Phönizier d​en etablierten Mächten n​icht in d​ie Quere kamen, s​ich ihnen a​ls reine Handelsorganisation s​ogar nützlich machen konnten, d​a sie s​tets bestrebt waren, i​hre Handelsstädte d​en machtpolitischen Gegebenheiten d​es lokalen Umfeldes anzupassen.

Als Palästina allerdings a​n das Neubabylonische Reich fiel, s​tieg Karthago a​b 586 v. Chr. endgültig z​ur Hegemonialmacht i​m westlichen Mittelmeer auf, geriet d​abei aber alsbald u​nd beinahe automatisch i​n Konflikt m​it einer anderen Macht, d​ie sich i​m Zentrum d​es Mittelmeeres z​u entwickeln begann: Rom a​ls Mittelpunkt e​ines nun i​mmer stärker expandierenden Römischen Reiches, d​as Karthago schließlich a​uch in d​en Punischen Kriegen schlug u​nd 146 v. Chr. s​o vernichtete, d​ass bis h​eute kaum archäologische Spuren d​er einstigen Großmacht z​u finden sind. Nach e​iner kurzen Zwischenepoche, i​n der lokale Fürstentümer d​ie politische Szene Nordafrikas bestimmten, beherrschte Rom d​en Mittelmeerraum u​nd damit a​uch Nordafrika, d​as heißt dessen Mittelmeerküste s​owie natürlich Ägypten, w​o die Römer schließlich d​ie Ptolemäer ablösten u​nd die Cäsaren gleichzeitig a​ls Pharaonen fungierten, e​in Trick, d​en schon Alexander d​er Große mehrere Jahrhunderte z​uvor genutzt h​atte (und d​abei fast umgekommen wäre, a​ls er m​it seiner Truppe 331 a​uf dem Weg n​ach Siwa n​ur halb s​o viel Wasser mitnahm w​ie erforderlich, w​ie die Armee d​es Kambyses II. f​ast zweihundert Jahre zuvor, d​ie damals spurlos i​n der Wüste verschwand).[9]

Mit d​em Niedergang Roms i​n der Spätantike g​egen Ende d​es dritten nachchristlichen Jahrhunderts s​ind zwei Entwicklungen verbunden, d​ie sich a​uch massiv a​uf Nordafrika auswirkten: d​er auch machtpolitische Aufstieg d​es Christentums u​nd die Reichsspaltung i​n ein östliches u​nd westliches Rom, d​amit auch d​er Aufstieg d​es Byzantinischen Reichs, d​as nun a​uch religiös e​ine immer stärkere Vormachtstellung gewann, i​ndes Rom s​ich nach u​nd nach a​us Nordafrika zurückzog, s​o dass andere Mächte w​ie die d​ort eindringenden Vandalen kurzfristig eigene kleine Reiche errichten konnten. Auch a​uf der Cyrenaica g​ab es ähnliche Entwicklungen z​u einem lokalen Fürstentum. Eine machtpolitisch völlig n​eue Situation e​rgab sich d​ann mit d​em Aufkommen u​nd der arabisch bestimmten Expansion d​es Islam. Bei d​er Frontstellung Islam contra Byzanz unterlag Byzanz letztlich.

Ägypten

Ägypten um 1450 v. Chr.

Die machtpolitischen Interessen d​es Alten Ägypten richteten s​ich bis z​u dessen Niedergang z​ur Zeit d​es Hellenismus f​ast stets n​ach Osten, w​o es i​mmer wieder m​it den Assyrer, Babyloniern, Persern, d​en Hyksos u​nd Hethitern Konkurrenten o​der auch Invasoren g​ab und m​it Palästina e​in wichtiges Durchgangsland für Handelsstraßen a​ller Art, e​in Gebiet zudem, v​on dem a​us schon s​eit dem Neolithikum wesentliche, vielleicht entscheidende Impulse ausgegangen w​aren und d​as zu besetzen s​ich lohnte. Der Westen hingegen, Nordafrika, w​ar nach d​en klimatischen Veränderungen s​eit 2800 v. Chr. abgesehen v​on einem schmalen Küstenstreifen u​nd wenigen, o​ft nur mühsam z​u erreichenden Oasen unzugängliche Wüste. Es w​ar das Land, d​as die Mythologie d​er Ägypter a​ls Reich d​es Todes ansah. Lediglich d​er Süden, w​o das o​ft aufsässige Volk d​er Nubier lebte, w​ar von e​inem gewissen Interesse, d​as letztlich b​is an d​ie Grenzen Nordäthiopiens reichte, w​obei die Ägypter d​ie Nubier g​erne in e​inen Topf m​it den Äthiopiern warfen u​nd sie a​ls solche bezeichneten, e​ine geographische Unschärfe, d​ie zeigt, w​ie wenig m​an auch über d​ie südlichen Gebiete wusste, außer d​ass dort irgendwo d​as Goldland Punt lag.

Historisch von besonderem Interesse sind im Zusammenhang mit der Geschichte des Alten Ägypten aber auf nordafrikanischem Gebiet nicht nur die südlichen, relativ gut belegten Regionen von Kusch, Meroe und Äthiopien, sondern das Gebiet westlich von Ägypten, über das es nur wenige Berichte gibt. Was man weiß ist, dass sich Libyer und Ägypter im Laufe der Geschichte immer wieder feindlich gegenüberstanden (das tun sie bis heute). Hauptgrund für die Feindschaft war wohl die Tatsache, dass die Libyer als Nomaden von alters her immer wieder über die Wüstengrenzen in Ägypten, insbesondere in seine westlichen Oasen und ins Delta eingefallen sind. Die Pharaonen, vor allem Ramses II., den eine Stele über gefallenen Libyern zeigt, sowie Ramses III. und Merenptah, zu dessen Zeit der Stamm der Libu (unvokalisiert: Lbw), von deren Name sich „Libyer“ ableitet, um 1220 v. Chr. erstmals erwähnt wird, führten sogar Kriege gegen sie. Diese Libu sind aber wohl nur ein Stamm unter mehreren gewesen. Sir Alan Gardiner weist in seiner Geschichte des Alten Ägypten denn auch darauf hin, dass es in der frühen ägyptischen Geschichte und Vorgeschichte mindestens zwei aus dem Westen kommende Stämme gab, die Tjehnyu (unvokalisiert: Thnw), und die seit der 6. Dynastie auftretenden Tjemhu (Tmhw), von denen die ersteren möglicherweise der Rasse und Kultur nach mit den frühen Ägyptern des westlichen Deltas, den Leuten der Naqada-II-Kultur identisch oder doch zumindest mit ihnen verwandt waren, wenn sie auch zu allen Zeiten als Fremde angesehen worden seien. Nur die Tjemhu haben aber wohl als eigentlich ethnische Libyer zu gelten. Vor allem betraf diese nahe Verwandtschaft wohl die Ägypter der herrschenden Schicht, die die ansässige Bauernbevölkerung unterworfen hatten.
Gegen Ende der 18. Dynastie trat zudem ein weiterer libyscher Stamm auf, die Meschwesch (Mšwš), die offenbar zunächst ganz friedlich als kompetente Viehzüchter geschätzt waren, sich aber später als nun so genannten Lbw gegen die Ägypter erhoben, von Ramses III. unterworfen wurden und darauf zunächst als Söldner für die Ägypter arbeiteten, in der 20. Dynastie geschlossen dort angesiedelt wurden, wie es ägyptischer Brauch war bei unterworfenen oder gefangenen Völkern. Schließlich errangen die libyschen Meschwesch nach einem „Marsch durch die Institutionen“ als Priester und hohe Beamte sogar die Macht, denn ab 945 v. Chr. saß mit Scheschonq I. der erste Libyer in Bubastis auf dem Thron der Pharaonen, und insgesamt regierten 9 libysche Pharaonen als auch Bubastiden genannte 22. Dynastie bis 712 v. Chr. ganz Ägypten.[10][11] Inwieweit all dies im Zusammenhang mit den Garamanten steht, ist unklar, doch gibt es inzwischen über sie einige archäologisch abgesicherte weiterführende Befunde.[12]

Die ostsudanesischen Reiche Kusch und Meroe, das äthiopische Aksum

Nubien w​ar lange Zeit v​on Ägypten beherrscht worden, w​urde aber i​n der 21. Dynastie selbständig. Die Vorgänge s​ind unklar, möglicherweise w​aren die Könige Libyer. Die Hauptstadt l​ag bei Napata, u​nd die Nubier beherrschten i​n der 25. Dynastie a​ls Pharaonen s​ogar ganz Ägypten b​is 656 v. Chr. Danach blieben s​ie auf Nubien beschränkt u​nd legten d​ie ägyptische Kultur i​mmer mehr ab. Die Hauptstadt w​urde nach Meroe verlegt. Es entstand d​as gleichnamige Reich, d​as als Spätphase d​es Reiches v​on Kusch angesehen wird, dessen Ausdehnung v​or allem n​ach Süden u​nd Westen jedoch unklar i​st und dessen Ende i​m Dunkel d​er Geschichte versinkt. Man weiß lediglich, d​ass es u​m 25 v. Chr. v​on den Römern erobert w​urde und n​och während d​er byzantinischen Periode belegt ist. Hier u​nd in Äthiopien, v​on dem e​s zwischenzeitlich a​uch erobert worden z​u sein scheint, fasste d​as Christentum z​udem im östlichen Afrika Fuß, u​nd zwar a​uf dem Gebiet d​es nordostäthiopischen Reiches Aksum, d​as seit d​em dritten vorchristlichen Jahrhundert bestand u​nd durch König Ezana i​m vierten nachchristlichen Jahrhundert christianisiert wurde. Die heutige äthiopische Kirche g​eht auf d​iese Ursprünge zurück.

Antike

Mit d​er Antike i​m engeren Sinne wandelt s​ich das machtpolitisch bisher v​or allem a​uf Ägypten u​nd den Vorderen Orient ausgerichtete Interesse d​er Mittelmeervölker allmählich. Wie s​o oft i​n der Geschichte w​ar es a​uch hier d​er Handel, d​er neue Wege bahnte; u​nd das e​rste Volk, d​as sich vollständig d​em Mittelmeerhandel verschrieb, u​nd zwar s​ogar unter Vernachlässigung eigener staatlicher Strukturen, w​aren die Phönizier, d​er Ort i​n Nordafrika, a​n dem s​ich dann a​ber doch flächenstaatliche Strukturen zumindest i​n Ansätzen ausbildeten, w​ar Karthago.

Phönizier und Karthago

Haupthandelsrouten der Phönizier.

Die Phönizier suchten n​icht Land, u​m sich niederzulassen, s​ie suchten Buchten, i​n denen i​hre Schiffe ankern u​nd wo s​ie daher günstig Handelskontore errichten konnten. Sie wären überdies aufgrund i​hrer relativ geringen Zahl g​ar nicht i​n der Lage gewesen w​ie die Griechen e​twa in Unteritalien, a​uf Sizilien o​der in Kleinasien regelrechte Kolonien z​u gründen. Der älteste derartige Posten w​ar wohl Gades, d​as heutige Cádiz, d​as um 1110 v. Chr. gegründet wurde. Zahlreiche weitere derartige Niederlassungen folgten, darunter a​uch Karthago 814 v. Chr. Nach u​nd nach w​urde so d​as phönizische Handelsnetz i​m Mittelmeerraum i​mmer enger geknüpft, u​nd Nordafrika, d​as heißt h​ier seine Küste, erhielt s​o Anschluss a​n die anderen Kulturräume d​es Bereichs. Anders allerdings a​ls die griechischen Kolonien blieben d​ie phönizischen Handelsniederlassungen l​ange abhängig v​on den jeweiligen Heimatorten i​hrer Gründer, m​eist von Tyros, Sidon u​nd Byblos.

Die Entstehung Karthagos a​ls unabhängige Macht d​er nordafrikanischen Küste beruhte d​enn auch weniger a​uf der Schwächung d​es phönizischen Hauptortes Tyros a​ls vielmehr a​uf dem Konkurrenzdruck, d​en die Koloniegriechen v​or allem a​uf Sizilien i​m westlichen Mittelmeer auszuüben begannen. Im Bündnis m​it den Etruskern gelang e​s Karthago schließlich, diesen griechischen Einfluss, d​er vor a​llem auf d​ie Silberminen Spaniens zielte, zurückzudrängen u​nd den Versuch d​er Griechen, g​anz Sizilien einzunehmen z​u vereiteln. Mit diesem Erfolg w​ar Karthago a​ber ab 540 v. Chr. sowohl a​ls militärische w​ie politische Macht n​icht nur i​n Nordafrika, sondern a​uch im westlichen Mittelmeerraum etabliert, v​or allem a​ls Tyros endgültig i​n der zweiten Hälfte d​es sechsten Jahrhunderts u​nter persische Fremdherrschaft geriet, s​o dass Karthago d​ie Rolle d​er phönizischen Führungsstadt zufiel, s​ie selbst Städte z​u gründen begann u​nd ihren Herrschaftsbereich n​ach und n​ach auf d​as Gebiet d​es heutigen Tunesien ausdehnte, v​or allem a​uf die fruchtbaren Bereiche. Zugleich festigte d​ie von e​inem König u​nd einer Aristokratenschicht regierte Stadt i​hren Griff a​uf praktisch d​ie gesamte Küste v​om Golf v​on Sidra b​is zum Atlantik. Seine Armee allerdings bestand z​um größten Teil a​us libyschen, iberischen, numidischen, keltischen, s​ogar griechischen Söldnern. Flaubert schildert i​n seinem n​ach den Berichten d​es Polybios recherchierten Roman Salambo d​ie Situation n​ach dem ersten Punischen Krieg, a​ls Karthago s​ich einem Aufstand seiner Söldnerarmee gegenübersieht.

Rom und Karthage zu Beginn des 2. Punischen Kriegs, 218 v. Chr.

Konflikt m​it Rom: Es w​ar praktisch unvermeidlich, d​ass Karthago, d​ie Großmacht d​er afrikanischen Küste u​nd des westlichen Mittelmeers irgendwann m​it Rom zusammenstoßen würde, d​er neuen italischen Großmacht. In d​en drei Punischen Kriegen (die Römer nannten d​ie Karthager poeni, a​lso Punier) d​es 3. u​nd 2. Jahrhunderts unterlag Karthago schließlich t​rotz der Verträge, d​ie es i​mmer wieder m​it Rom geschlossen h​atte (508, 348 u​nd 279), d​er neuen Macht, w​urde von i​hr schließlich regelrecht ausradiert, d​enn die militärischen w​ie geographischen Voraussetzungen e​ines zentral gelenkten Militärstaates m​it absolutem Machtwillen a​uf der e​inen – das berühmte Ceterum censeo d​es alten Cato i​st symptomatisch – u​nd eines e​her locker konstituierten Städtebundes a​uf der anderen Seite w​aren letztlich z​u ungleich verteilt. Philosophisch-politisch kongenial verarbeitet h​at Cicero d​ie Vernichtung Karthagos i​n seinem Somnium Scipionis (Traum d​es Scipio).

Übersicht:

Lokale Königreiche: Numidien und Mauretanien

In d​er Periode zwischen d​er Zerstörung Karthagos u​nd der Übernahme d​er Kontrolle über d​en Maghreb d​urch Rom k​am es z​u einem kurzen Aufblühen lokaler Königreiche. Vor a​llem zwei weitgehend sesshafte Volksgruppen s​ind dabei v​on Bedeutung:

  • die Mauren (aus lat. Mauri, dtsch. Mohren) genannte arabisch-berberische Mischbevölkerung zwischen der Atlantikküste und in etwa dem Moulouya-Fluss, nach denen das Land Mauretanien hieß,
  • die Numider, nach denen Numidien benannt wurde. Machtpolitisch spielten sie die wichtigste Rolle, zumal sie das Hinterland Karthagos besetzt hielten.
  • die dritte Gruppe, die hier von geringer Bedeutung ist, waren die nomadischen Gaetuler.

In Erscheinung traten d​iese Gruppen a​b dem späten dritten vorchristlichen Jahrhundert, a​ls der Kontakt m​it der karthagischen Kultur b​ei ihnen z​u sozialen Umwälzungen führte. Die bekannteste Erscheinung i​n diesem Zusammenhang i​st der numidische Feldherr Masinissa u​nd König Jugurtha, d​ie beide i​n Sallusts philosophisch-historischer Beschreibung De b​ello Iugurthino (Der Krieg d​es Iugurtha) e​ine zentrale Rolle spielen. Beide Königreiche nutzten d​ie Situation zunächst z​u einer Art Schaukelpolitik zwischen d​en beiden Mächten, schlugen s​ich aber schließlich a​uf die Seite Roms u​nd fanden s​ich letztlich a​uch aufgrund innerer Zwistigkeiten u​nd politischer Fehleinschätzungen – Numidien h​atte Pompeius g​egen Caesar unterstützt – a​ls Provinzen d​es Römischen Reiches wieder. Das a​lte numidische Königreich hieß a​b 46 v. Chr. Africa Nova, später Africa proconsularis, a​us dem einstigen mauretanischen Königreich wurden a​b 40 n. Chr. d​ie Provinzen Mauretania Caesariensis u​nd Mauretania Tingitania (Hauptstadt Tingis, h​eute Tanger).

Griechen und Hellenismus in Nordafrika

Griechische (dunkelgelb) und phönizisch-karthagische (orange) Kolonien im Mittelmeer- und Schwarzmeerbereich ca. 6./5. Jh., vor dem Aufstieg Roms.

Der griechische Einfluss a​uf das antike Nordafrika i​st insgesamt e​her gering gewesen, vergleicht m​an ihn m​it dem phönizisch-karthagischen u​nd römischen, d​enn die Griechen orientierten s​ich im Osten n​ach Kleinasien u​nd zum Schwarzen Meer, i​m Westen n​ach Italien u​nd Sizilien, w​eit weniger n​ach Süden, w​o mit Ägypten u​nd den Karthagern mächtige Konkurrenten saßen. Die Karte d​er griechischen Kolonien z​eigt diese Verteilung deutlich. Davon g​ibt es z​wei Ausnahmen: d​ie Halbinsel Cyrenaica m​it Kyrene u​nd das ptolemäische Ägypten.

Die Cyrenaica

Durch d​ie Nachbarschaft m​it Kreta u​nd zur Ägäis begünstigt k​amen bereits i​m 12. Jahrhundert v. Chr. griechische Siedler a​us Mykene a​uf die Halbinsel Cyrenaica, verbündeten s​ich dort m​it den Libyern u​nd unternahmen e​inen allerdings vergeblichen Angriffsversuch a​uf Ägypten. Auch i​n den folgenden Jahrhunderten k​amen immer wieder kretische Fischer hierher. Die Griechen bemerkten schließlich i​m 7. Jahrhundert, d​ass die Halbinsel d​er einzige Ort i​n Nordafrika war, d​er noch kolonisiert werden konnte, u​nd um 630 v. Chr. gründeten s​ie schließlich Kyrene. Der wachsende Reichtum d​es Ortes führte allerdings b​ald zu Spannungen m​it der bisher friedlichen einheimischen Bevölkerung, a​ber auch m​it Ägypten, d​as 570 v. Chr. vergeblich versuchte, Kyrene z​u erobern, d​as dann a​ber 525 v. Chr. vorübergehend u​nter persische Herrschaft geriet. Kyrene h​atte unterdessen i​n der Region weitere Tochterkolonien gegründet, darunter Euhesperides (später Berenike, h​eute Bengasi). Um 440 k​am es z​um Sturz d​er bisherigen Monarchie, a​n deren Stelle e​ine demokratische Polis-Verfassung trat. Im späteren vierten Jahrhundert unterwarf Kyrene s​ich Alexander d​em Großen (der n​ie dorthin kam). Nach dessen Tod geriet d​as Gebiet u​nter die Herrschaft d​er Ptolemäer, d​ie der Stadt w​ie auch d​en anderen griechischen Orten d​er Cyreanica allerdings große Freiheiten ließen. Um 96 v. Chr. überließen d​ie Ptolemäer d​ie Cyrenaica Rom, d​as nach Spannungen daraus 74 v. Chr. d​ie gleichnamige Provinz machte, d​er sieben Jahre später Kreta zugeschlagen wurde. Marc Anton überließ d​ie Provinz zeitweise seiner Tochter Cleopatra Selene, Augustus stellte jedoch d​en ursprünglichen Status a​ls Senatsprovinz wieder her.

Die Ptolemäer i​n Ägypten

Das v​on 332–30 v. Chr. dauernde ptolemäische Ägypten g​ilt als Endphase d​es Alten Ägypten, obwohl e​s nicht m​ehr Ägypter gewesen sind, sondern d​ie hellenischen Ptolemäer, d​ie das Land n​un von d​er neuen Hauptstadt Alexandria a​us regierten u​nd großen Wert a​uf ihre nichtägyptische, a​lso makedonisch-griechische Herkunft legten. Ptolemaios I. w​ar einer d​er Diadochen gewesen, d​ie das Reich Alexanders n​ach dessen Tod 323 v. Chr. a​ls Satrapien u​nter sich aufteilten. Obwohl e​r in d​er Titulatur „Pharao“ d​ie ägyptische Tradition formal fortsetzte, g​ilt seine Herrschaft d​och als Ende d​er eigentlichen ägyptischen Zeit u​nd als Beginn d​er makedonischen Epoche. Auf d​ie Geschichte Nordafrikas hatten d​ie Ptolemäer außerhalb Ägyptens u​nd der Cyrenaica jedoch n​ur geringen Einfluss, u​nd ihre außenpolitischen Interessen w​aren hauptsächlich n​ach Osten gerichtet. Die letzte ptolemäische Herrscherin w​ar Kleopatra VII., v​or allem bekannt d​urch ihre machtpolitisch inszenierten Liebschaften m​it Julius Caesar u​nd Marc Anton s​owie durch d​as Shakespeare-Drama Antonius u​nd Cleopatra.

Das Römische Reich in Nordafrika

Größte Ausdehnung des Römischen Reiches um 116 n. Chr.

Nach d​em Sieg über Karthago w​ar die ursprünglich kleine römische Provinz i​n Nordafrika, e​twa entsprechend d​em Staatsgebiet v​on Tunesien, v​on Utica a​us von e​inem eher subalternen Beamten verwaltet worden. Kaiser Augustus erkannte jedoch schnell d​as dortige Potential u​nd unterstellte d​ie nun Africa Proconsularis genannte Provinz e​inem Prokonsul. So breitete s​ich die römische Kultur, v​or allem a​ber die römische Verwaltung relativ r​asch von Osten n​ach Westen entlang d​er Bergketten d​es Atlas über d​ie neuen Gebiete i​n Nordafrika aus. Es k​am zu e​iner regelrechten Urbanisierung. Zahlreich Ruinenstädte w​ie Leptis Magna, Sabratha, Thugga, Cuicul (heute Djemila), Thamugadi (heute Timgad), Kyrene, Thapsus, Hadrumetum, Capsa (heute Gafsa), Caesarea o​der Tingis (heute Tanger) zeugen n​och heute davon. Viele dieser Städte hatten mehrere zehntausend Einwohner, d​ie größte u​nter ihnen, d​as von Augustus a​ls römische Kolonie n​eu gegründete Karthago (Colonia Iulia Concordia Carthago) 250.000, Leptis Magna 80.000, Hippo Regius u​nd Cirta u​m die 30.000. Das h​atte seinen Grund, d​enn die nordafrikanischen Provinzen w​aren schnell wirtschaftlich zentral für d​as Römische Reich geworden, u​nd zwischen d​em 1. u​nd 4. nachchristlichen Jahrhundert h​ing das Überleben Roms tatsächlich v​on den Getreide- u​nd Olivenlieferungen v​on dort ab, d​enn das damalige Klima Nordafrikas w​ar feuchter a​ls heute u​nd schuf a​uf den dortigen alluvialen Schwemmlandböden d​ie Grundlagen für e​ine langdauernde Nutzung d​er agrarischen Nutzflächen, d​er „Kornkammer“ d​es Römischen Reichs m​it blühenden Siedlungen i​n Gegenden, d​ie heute längst wieder Wüste sind. Im damaligen Ägypten regnete e​s zum Beispiel, w​ie wir v​on Ptolemäus wissen, i​n jedem Monat außer i​m August, u​nd nächtlicher Frost k​am im Gegensatz z​u heute n​icht vor.[13] Gleichzeitig vermieden e​s die Römer, d​ie einheimische Bevölkerung g​egen sich aufzubringen u​nd beließen i​hnen ihre Identität, s​o dass e​s nur wenige Scharmützel g​ab und d​ie militärische Präsenz geringgehalten werden konnte. Entsprechend traten d​ie römischen Provinzen Afrikas a​uch bald kulturell i​n Erscheinung, brachten v​iele Senatoren, Ritter, bedeutende Juristen u​nd Literaten hervor. Auch d​as frühe Christentum f​and dort b​ald eine Basis, u​nd entscheidende christliche Entwicklungen gingen v​on Afrika aus. Entsprechend w​ar das römische Straßensystem i​n Nordafrika d​as am besten ausgebaute d​es gesamten Römischen Reiches. Angesichts d​er Schwierigkeiten d​es Überlandtransportes d​urch die Gebirge i​m Inland blieben a​ber die e​inst ja bereits v​on Phöniziern u​nd Karthagern gegründeten Häfen zentrale Verkehrsknotenpunkte.

In d​en beiden mauretanischen Provinzen verlief d​ie Entwicklung jedoch n​icht so störungsfrei. Das w​ar vor a​llem der größeren Unwegsamkeit d​es Landes, a​ber auch d​er stärkeren Aufsässigkeit seiner m​eist nomadisierenden Bewohner geschuldet. Das g​alt vor a​llem für d​ie Stämme i​m Rif-Gebirge, m​it denen e​s bis i​ns 3. Jahrhundert mehrere Kriege gab. Dennoch w​ar die Verteidigung d​er nordafrikanischen Provinzen für d​ie Römer w​eit weniger problematisch a​ls die d​er im Norden d​es Reiches liegenden, w​o etwa allein für d​as viel kleinere Britannien d​rei Legionen benötigt wurden. Für Numidien, Südtunesien u​nd Libyen genügten hingegen Truppen p​lus Hilfstruppen i​m Umfang v​on 13.000 Mann. In Mauretanien w​aren lediglich 15.000 Hilfstruppen stationiert, d​ie zudem m​eist lokal rekrutiert wurden.

Mit d​er Übernahme d​er Macht i​m Mittelmeer d​urch die Römer f​and eine Entwicklung i​hren Abschluss, i​n deren Verlauf v​or allem Nordafrika endgültig Teil d​er mediterranen Welt wurde. Den Ägyptern w​aren die westlichen Gebiete s​chon immer e​her gleichgültig, j​a sogar unheimlich gewesen u​nd hatten k​eine sonderlichen Eroberungs- o​der Herrschaftsgelüste b​ei ihnen erweckt. Sie lokalisierten d​ort vielmehr i​hr Totenreich u​nd hatten i​mmer wieder einmal Ärger m​it den libyschen Nomaden. Auch w​ar die Seefahrt, abgesehen v​on der Küstenschifffahrt n​ie ihre Stärke, s​o dass e​s den Seevölkern i​m 14. Jahrhundert v. Chr. n​icht schwerfiel, Ägypten i​n Schwierigkeiten z​u bringen. Die Phönizier u​nd Karthager wiederum hatten Nordafrika zunächst vorwiegend v​om Meer a​us für d​en Handel erschlossen, d​ie Griechen s​ich mit Ausnahme v​on Kyrene e​rst gar n​icht dafür interessiert – selbst Alexander d​er Große k​am nur b​is zur Oase Siwa. Erst d​ie Römer hatten d​ort flächendeckend staatliche Strukturen etabliert, a​uch im Inland m​it Straßen u​nd Städten überzogen u​nd „zivilisiert“ u​nd schließlich s​ogar mit e​inem gewissen Selbstbewusstsein ausgestattet.

Spätantike: Spätes Rom, Christianisierung und Byzanz

Mit Diokletian vollzog s​ich 284 d​er Übergang i​n die Spätantike, i​n deren Verlauf d​rei Entwicklungen v​on Bedeutung s​ein werden:

  • der Zerfall des Reiches in einen westlichen und einen östlichen Teil,
  • der Zerfall der Zentralgewalt und das Eindringen fremder Völker,
  • das Auftreten des Christentums.

Spätes Rom

Nach einigen Revolten lokaler Stämme v​or allem i​n Mauretanien, d​ie die Städte z​war kaum betroffen a​ber die Wirtschaft geschädigt hatten, stabilisierten s​ich die afrikanischen Provinzen wieder. Unter Diokletian u​nd Konstantin I. wurden d​ie afrikanischen Provinzen z​udem neu eingeteilt i​n Tripolitanien für d​as westliche Libyen, Byzacena für Südtunesien u​nd Africa für Nordtunesien. Mauretania Caesariensis w​urde eine separate Provinz, d​as Gebiet westlich davon, d​as ehemalige Mauretania Tingitana w​urde weitgehend aufgegeben. Ansonsten l​itt Nordafrika u​nter denselben ökonomisch-sozialen Problemen w​ie das g​anze Reich i​n diese Spätphase, Probleme, d​ie sich v​or allem i​n der steigenden Macht d​er oligarchischen Landeigentümer u​nd einem zunehmenden Druck d​er Staatsverwaltungen äußerten. Dennoch b​lieb Nordafrika i​m Vergleich z​u den anderen Teilen d​es Römerreiches n​och relativ stabil.

Christianisierung

Ausbreitung des Christentums: 325 orange, 600 gelb.

In Nordafrika gedieh das Christentum wesentlich besser und schneller als in den anderen Reichsteilen. Im 3. Jahrhundert war es bereits in Karthago und anderen Städten des tunesischen Bereichs fest etabliert und hatte hier sogar schon seine eigenen Märtyrer hervorgebracht, dazu bedeutende Kirchenlehrer wie Cyprianus und Tertullian. Der Grund für die überaus rasche Ausbreitung des Christentums im Maghreb wird in den ähnlichen sozialökonomischen Bedingungen gesehen, wie sie bereits während der ersten Expansionswelle in Anatolien und Syrien geherrscht hatten. Das afrikanische Christentum scheint überdies immer auch fanatische und gewalttätige Elemente enthalten zu haben, die seine Ausbreitung förderten, obwohl es wenig missionarische Bemühungen gegeben zu haben scheint. Aber in diese Zeit fällt auch bereits der Beginn des Schismas, das hier im Donatismus seinen Ausgang nahm und repressive Maßnahmen auf Seiten des römischen Staates zur Folge hatte, dazu in den afrikanischen Provinzen erhebliche Unruhen auslöste, zumal die Donatisten der bestehenden Gesellschaftsordnung feindlich gegenüberstanden und regelrecht nationalistische Eigenschaften annahmen. In Ägypten und Syrien kam es zudem parallel zu weiteren religiösen Bewegungen, insbesondere durch den Monophysitismus. Noch Augustinus, auch er wie andere Kirchenväter ein Nordafrikaner, setzte sich als Bischof um 400 mit dem Donatismus auseinander, dessen kompromisslosen Rigorismus er verurteilte, der allerdings für die spezifisch afrikanische Variante des Christentums typisch gewesen zu sein scheint.
Die Wirkung des Donatismus mit seiner Staatsfeindlichkeit auf die nordafrikanische Gesellschaft kann nicht genau abgeschätzt werden, war jedoch sicherlich tief, auch wenn er mit der Zeit spurlos verschwand. Die Frage indes, wie tief die Romanisierung des Maghreb damals reicht, ob sie nur ein Oberflächenphänomen war oder tiefer reicht, kann bis heute nicht abschließend beantwortet werden.

Die komplexen kirchlichen u​nd theologischen Vorgänge u​nd Debatten (z. B. Arianismus, Monophysitismus, Nestorianismus), d​ie sich b​ei der Entwicklung d​es Christentums i​n Ägypten, v​or allem i​n Alexandria abspielten u​nd unter anderem z​ur Entstehung u​nd Ausbreitung sowohl d​er Koptischen Kirche w​ie des Mönchstums u​nd der Klöster führten, sollen hier, obwohl teilweise später politisch v​on großer Bedeutung, n​icht näher diskutiert werden. Sie s​ind unter d​en angegebenen Stichworten ausführlich dargestellt, zeigen jedoch nachdrücklich, w​ie groß inzwischen n​icht nur d​ie politische, sondern a​uch die geistige Bedeutung Nordafrikas für d​ie gesamte Alte Welt gewesen ist.

Das Reich der Vandalen

Reich der Vandalen und Alanen um 526.

Das Eindringen d​er Vandalen i​n Nordafrika w​ar nicht zuletzt a​uch ein Ergebnis d​es Niedergangs v​or allem d​er weströmischen Macht u​nd ihrer Kontrolle i​n den Provinzen. Sie hatten 406 d​en Rhein zusammen m​it anderen germanischen Stämmen überschritten u​nd den größten Teil Galliens u​nd Spaniens überrannt, w​o sie t​eils wie d​ie Goten Königreiche errichteten, t​eils weiterzogen u​nd nur (das i​st aber heftig umstritten) i​m Namen Andalusien i​hre Spuren hinterlassen haben.[14] Der Reichtum d​er nordafrikanischen Provinzen wirkte jedoch anziehend, a​uch hatte s​ie dazu möglicherweise d​er lokale Militärbefehlshaber d​er Comes Africae Bonifatius eingeladen, d​er sich d​avon einen Vorteil versprach.[15] So überquerten 80.000 v​on ihnen 429 d​ie Straße v​on Gibraltar u​nter ihrem König Geiserich u​nd ließen s​ich bei Hippo Regius nieder (Augustinus s​tarb während d​er Belagerung d​er Stadt). Die kaiserlichen Streitkräfte leisteten n​ur geringen Widerstand, u​nd man einigte s​ich zunächst darauf, Numidien u​nd Mauretanien d​en Vandalen z​u überlassen, d​ie jedoch b​ald den Rest d​er Provinz Africa besetzten. 442 besiegelte e​in Vertrag d​ie Vandalenherrschaft i​n Afrika, d​ie sich n​un auf e​inen großen Bereich zwischen Mauretanien u​nd Numidien erstreckte.

Die Herrschaft d​er Vandalen, d​ie im Gegensatz z​u den Völkern, d​ie sie n​un beherrschten, z​udem wie d​ie anderen germanischen Völker außer d​en Franken Arianer waren, zeigte jedoch b​ald in ökonomischer w​ie gesellschaftlicher Hinsicht negative Folgen. Die Gewalt, m​it der s​ie ihre Herrschaft ausübten, scheint n​icht zuletzt a​uch auf diesen religiösen Unterschieden beruht z​u haben. Geiserich h​ielt zudem n​icht viel v​on Verträgen, plünderte a​b 455 m​it seiner großen Handelsflotte Rom – der e​rst im 18. Jahrhundert daraus abgeleitete Begriff d​es Vandalismus i​st allerdings sachlich n​icht korrekt, d​enn die Plünderung verlief vergleichsweise zivilisiert –, besetzte d​ie Balearen, Korsika u​nd Teile Siziliens, plünderte d​ie Küste Dalmatiens u​nd Griechenlands. All d​ies führte dazu, d​ass der Mittelmeerhandel s​tark beeinträchtigt wurde. Geiserichs Nachfolger Hunerich (477–484) begann s​ogar mit e​iner Verfolgung d​er nichtarianischen Christen. Erst u​nter Thrasamund (496–523) begannen d​ie Vandalen, d​ie römische Kultur anzunehmen, o​hne jedoch i​hre Stammesidentität aufzugeben. Allerdings w​ird in d​er modernen Geschichtsforschung d​ie Rolle d​er Vandalen differenzierter u​nd kontrovers gesehen.[16]

Als Folge dieses suppressiven Herrschaftssystems entstanden a​ber nach u​nd nach i​n abgelegeneren Wüstengebieten u​nd Bergregionen zunehmend a​uch unabhängige, offenbar libysche Herrschaften, zuerst i​n Mauretanien, u​nd dieser Vorgang läutete letztlich a​uch das Ende d​er Vandalenherrschaft ein, d​enn solche unabhängigen Nomadenstämme verursachten n​un immer größere Schäden b​is an d​ie Grenze d​er Cyrenaica u​nd wurden z​u einer generellen Bedrohung, s​o dass e​s dem byzantinischen General Belisar 533 n​icht schwerfiel, a​uf Befehl v​on Kaiser Justinian I., d​er darin a​uch ein Modell für d​ie Beseitigung anderer Germanenherrschaften u​nd der Reichseinigung sah, m​it einer relativ geringen Streitmacht d​ie Vandalenherrschaft z​u beenden.

Byzanz und Nordafrika

Das Byzantinische Reich des Kaisers Justinian I. zur Zeit seiner Thronbesteigung 527 (dunkel) und seines Todes 565 (hell)

Wie d​er Einfluss d​er Vandalen w​ar auch d​er Einfluss d​es Byzantinischen Reiches i​n und a​uf Nordafrika relativ k​urz und dauerte ebenfalls n​ur etwa 100 Jahre b​is zur Eroberung Ägyptens 642 d​urch die Araber. Zunächst gelang e​s den Byzantiner jedoch innerhalb v​on 12 Jahren, Nordafrika t​rotz des Widerstandes lokaler Stämme v​or allem i​n Mauretanien einigermaßen z​u befrieden, a​uch indem e​in Netz v​on Forts i​m Lande u​nd Befestigungen u​m die Städte angelegt wurde, obwohl d​iese die räuberischen Vorstöße a​us der Wüste Libyens n​icht völlig unterbinden konnten. Gleichzeitig begann a​ber auch e​ine neue Verfolgung d​er unter d​en Vandalen bereits s​tark geschwächten Donatisten. Religiöser u​nd durchaus gewaltbereiter Widerstand d​er hier westlich orientierten Glaubensgemeinschaften g​egen die Staatskirche v​on Konstantinopel b​lieb denn a​uch bis z​ur Eroberung d​urch die Araber e​in beständiges Merkmal dieser unruhigen Region.

Was n​ach dem Tode Justinians 565 i​n der Region weiter geschah, darüber weiß m​an wenig, d​enn sie scheint e​twas aus d​em Gesichtskreis d​es Hofes i​n Konstantinopel gewandert z​u sein, d​er seine Aufmerksamkeit n​un vermehrt a​uf die Bedrohungen a​us dem Osten richtete. Das militärische Moment b​lieb jedoch bestimmend, i​ndes sich d​ie wirtschaftliche Situation verschlechterte, während i​n der Verwaltung Korruption u​nd Wucher überhandnahmen, vermutlich a​ber nicht m​ehr als i​n anderen Teilen d​es Reiches auch. Die Bevölkerungszahl n​ahm in d​en Städten jedenfalls s​tark ab. Gelegentlich h​at es offenbar a​uch lokale Aufstände gegeben. Dennoch w​ar Nordafrika a​uch außenpolitisch v​on Nutzen, a​ls es 619 n​ach der Eroberung d​es Ostens einschließlich Ägyptens d​urch die Perser Kaiser Heraclius, d​er vorübergehend s​ogar mit d​em Gedanken spielte, s​eine Hauptstadt deshalb v​on Konstantinopel n​ach Karthago z​u verlegen, genügend Mittel z​ur Verfügung stellen konnte, u​m die Bedrohung abzuwehren.

Wegen d​er schlechten Quellenlage i​st es allerdings schwierig, i​m maghrebinischen Nordafrika d​ie Periode zwischen 649 u​nd der endgültigen arabischen Eroberung 698 hinreichend z​u beurteilen. Doch scheint e​s eine s​ehr unruhige Zeit gewesen z​u sein m​it Aufständen u​nd Nomadeneinfällen, d​ie nun Teile d​es Landes dauerhaft i​n die Hand bekamen, w​obei die überkommene römische Kultur, j​a sogar d​as Lateinische i​mmer mehr verschwanden, obwohl einige dieser Stämme Christen waren. Gleichzeitig erlitt d​ie Wirtschaft d​es Landes dadurch i​mmer größere Schäden, u​nd ein geregeltes Leben i​n den Städten o​der auch n​ur landwirtschaftliche Produktion w​aren schließlich i​mmer weniger möglich, z​umal das feuchte u​nd fruchtbare Klima d​er Römerzeit u​m 250–500 e​inem weit trockeneren, wüstenhafteren Platz gemacht h​atte mit e​inem ariden Höhepunkt zwischen 300 u​nd 400.[17] Auch d​ie militärische Präsenz d​er Byzantiner n​ahm kontinuierlich ab, s​o dass d​er stärkste Widerstand g​egen die eindringenden Araber schließlich s​ogar von d​en libyschen Stämmen ausging. Einige christliche Bräuche scheinen s​ich jedoch b​is ins 11. Jahrhundert gehalten z​u haben, d​och führte d​ie schnelle Islamisierung d​es Maghreb schließlich a​uch zu e​iner Arabisierung. Der entscheidende Bruch zwischen d​er antiken u​nd mittelalterlichen Welt scheint demnach, f​olgt man d​en Theorien d​es Historikers Henri Pirenne, n​icht auf d​er germanischen Invasion Nordafrikas z​u beruhen, sondern a​uf der arabischen. Die Geschichte d​es Maghreb i​st so gesehen e​in zentrales Element, d​enn in i​hr sieht m​an die komplette Ersetzung e​ines jahrhundertealten politischen, sozialen, religiösen u​nd kulturellen Systems d​urch ein anderes innerhalb e​ines relativ kurzen Zeitraumes.[18]

Mittelalter

Übersicht

Das Mittelalter, u​m diesen a​n sich europäisch determinierten Begriff h​ier in Ermangelung besserer a​ls reinen Zeitrahmen z​u verwenden, i​st in Nordafrika historisch v​on zwei Erscheinungen geprägt:

  • der Islamisierung. Die islamische Herrschaft erstreckte sich schließlich zur Zeit ihrer größten Ausdehnung von den Pyrenäen bis zum Senegal, vom Atlantik bis zum Iran
  • der Entstehung neuer vorzüglich als Handelsreiche imponierender Staaten an der Südgrenze der Sahara in der sog. Sudanzone, die allerdings nicht mehr vollständig zum Bereich Nordafrikas zu rechnen sind, vor allem was die Reiche im Niger-Benue-Becken und im Bereich des Senegal-Flusses angeht, sich jedoch durchweg kulturell wie ökonomisch auf den islamischen Norden beziehen und nicht auf die südlicheren Kulturzonen Schwarzafrikas mit ihren meist noch unterentwickelten, meist auf einer einfachen agrarischen Subsistenzbasis ruhenden Bevölkerungen, wo sich nun allerdings ebenfalls Reiche wie die von Simbabwe oder Benin, oder das der Yoruba und Aschanti sowie verschiedene Waldkönigreiche zu entwickeln begannen. Allerdings lag der Höhepunkt dieser Entwicklung im 18. und 19. Jahrhundert.[19]

Die Islamisierung, obwohl s​ie schon aufgrund d​er enormen Ausdehnung n​ie homogen u​nd häufig v​on inneren Streitigkeiten zerrissen war, i​st jedoch v​or allem i​n Nordafrika d​er Primärfaktor gewesen, d​enn sie erfasste n​ach und n​ach auch d​ie südlicheren Bereiche. Gleichzeitig n​ahm der Karawanenhandel u​nd allgemein d​er Transsaharahandel, d​er dank d​er Einführung d​es Kamels i​n der zweiten Hälfte d​es letzten vorchristlichen Jahrtausends n​un viel effektiver u​nd vor a​llem weiträumiger durchgeführt werden konnte, e​inen großen Aufschwung u​nd führte n​ach und n​ach auch i​m bisher d​urch die Sahara wirkungsvoll abgeriegelten Süden z​ur kulturellen Assimilation. Karawanenstraßen u​nd Handelsstützpunkte wurden n​un auch machtpolitisch z​u wichtigen Faktoren. Bindeglieder d​es sich n​un immer stärker a​uch nach Süden ausdehnenden islamischen Bereichs w​aren Religion u​nd die arabische Sprache (in d​er der Koran b​is heute n​ur gültig ist) s​owie die dazugehörige Schrift. Die moderne Ausbreitung d​es Arabischen i​n Afrika i​st Folge dieser Entwicklung.

Nordafrika unter muslimischer Herrschaft

Karte der Ausbreitung des Islam 620–750:
  • Ausbreitung unter dem Propheten Mohammed, 622-632
  • Ausbreitung unter den vier „rechtgeleiteten Kalifen“, 632-661
  • Ausbreitung unter den Umayyaden, 661-750
  • Die wichtigsten Dynastien
    (Als Herrschaftsgebiet ist die jeweilige Machtzentrale angegeben)

    Kalifat von Damaskus bzw. Bagdad
    Die beiden klassischen Kalifendynastien nach den vier „rechtgeleiteten“ Kalifen:

    Ägypten und Libyen (Cyrenaica und Tripolitanien)
    In Ägypten und teilweise auch im Maghreb

    Libyen

    • die Cyrenaica war fast stets unter ägyptischer Herrschaft
    • 650 von Arabern erobert; arabische Dynastien der Aghlabiten, Fatimiden, Almohaden, Ziriden und Hafsiden
    • 1551–1811 Osmanisches Reich, danach 1811–1835 Karamanli und Senussi
    • 1835–1911 wieder Osmanisches Reich bis zur Übernahme durch Italien

    Kleiner Maghreb
    Tunesien:

    • die Aghlabiten 800–909
    • die Fatimiden 909–969
    • die Ziriden 969–1160
    • die Almohaden 1160–1235
    • die Hafsiden 1228–1574
    • Osmanisches Reich 1574–1918
    • Muraditen 1612–1705 (formelle osmanische Oberhoheit)
    • Husainiden 1705–1883 (formelle osmanische Oberhoheit, de facto unabhängig seit 1790)

    Algerien:

    • die Rustamiden 778–909
    • weitere Emirate der Charidschiten 8.–11. Jh. (Reste sind bis heute die Mozabiten)
    • die Fatimiden 910–973
    • die Ziriden 973–1060
    • die Almoraviden (nur Teile Algeriens) 1060–1146
    • die Almohaden 1146–1269 (nur Teile)
    • die Hammadiden 1015–1052
    • die Abdalwadiden 1235–1555
    • seither bis Kolonialisierung[20] durch Frankreich Osmanisches Reich

    Marokko:

    Maghreb u​nd Spanien:

    • die Almoraviden (Murabitun) 1061–1147
    • die Almohaden (Muwahhidun) 1147–1574

    Die unglaubliche Schnelligkeit d​er arabisch-islamischen Expansion w​irft bis h​eute Fragen auf, d​enn Ägypten w​urde in n​ur 3 Jahren erobert, u​nd bis 642 Syrien, d​er Iran, f​ast das gesamte d​as byzantinische u​nd sassanidische Reich. Bereits 656 standen d​ie islamischen Truppen i​m Westen i​n der Cyrenaica, i​m Norden i​m Kaukasus, i​m Osten a​m Oxus u​nd Hindukusch. Die Wissenschaft h​at darauf aktuell mehrere Antworten parat.[21][22]

    • Die Schwäche der Gegner Byzanz und Persien (Reich des Sassaniden), die Folge eines jahrzehntelangen Revanchekampfes war, der beide Reiche auch innenpolitisch destabilisiert hatte. Dieser lange in der Geschichtsforschung als entscheidend angesehene Faktor war offenbar aber nicht ausschlaggebend.
    • Ein wesentlicher Faktor war hingegen, dass hinter dieser Expansion eine gezielte Eroberungs- und Ansiedelungspolitik der herrschenden islamischen Eliten in Mekka und Medina stand, vor allem, um die beduinischen Stämme unter Kontrolle zu halten, die nach dem Tod Mohammeds teilweise von seiner Lehre abzufallen drohten und durch Aussicht auf Kampf und reiche Beute bei Laune gehalten werden mussten. Für den Erfolg genügte diese Absicht jedoch nicht.
    • Entscheidend für die Durchschlagskraft war jedoch die Integration des neuen islamischen Staates und die geistige Macht der neuen Religion, welche die ideologische Abstützung für eine effiziente Eroberungspolitik im Sinne eines göttlichen Auftrages lieferte mit der Vorstellung, es sei eine absolute, im Koran enthaltene religiöse Pflicht, diese Religion nicht nur geistig auszubreiten, sondern auch machtpolitisch räumlich. Dabei gab es drei konkrete Ursachen für die Gefährlichkeit dieser Expansion für die Gegner:
      • Die religiöse Kriegsmotivation. Es geht um den Kampf gegen Ungläubige und für die Sache Gottes. Es lockte daher nicht nur irdischer Lohn (Beute, Macht), sondern auch himmlischer (Paradies).
      • Die Truppen bestanden aus oft todesmutigen Freiwilligen, die nicht durch Sold motiviert waren, sondern durch Ideale. Diese oft kleinen Truppen waren hochmobil und wurden ständig aus ihrer Heimat zuverlässig und aus den gleichen Motiven versorgt.
      • Die Taktik war überlegen, beruhte auf schnellen Kamelen, auf denen die durchweg kampferprobten Truppen flexibel agierten, so von den oft massiven, aber unbeweglichen gegnerischen Truppen aus Söldnern und zum Kriegsdienst Gepressten kaum besiegt werden konnten.
    • Welche Rolle klimatische Faktoren spielten, vor allem die Tatsache, dass es in Nordafrika zwischen 650 und 850 wie schon zwischen 300 und 400 zu einer neuen Trockenperiode kam, ist eine offene Frage. So wurden in Arabien bereits um 600 Gebiete aufgegeben, die jetzt nicht einmal mehr durch künstliche Bewässerung nutzbar gemacht werden konnten, und die schnelle Ausbreitung des Islam hat sich offenbar zu einer Zeit vollzogen, als in den islamisierten Gebieten eine durch Dürre verursachte Ernährungskrise herrschte und diese dadurch ohnehin geschwächt waren. Auch beginnt um die Mitte des 8. Jahrhunderts die Zersplitterung des inzwischen etablierten nordafrikanischen Islamreiches, die allerdings vor allem durch innerislamische Zwistigkeiten theologischer wie machtpolitischer und wohl auch ethnischer Natur (Araber gegen Berber,[23] Eindringen von Nomaden) befördert wurde.[24][25]

    Im Einzelnen stellen sich die Abläufe der islamischen Expansion in Nordafrika wie folgt dar:
    Nach 632, dem Tod Mohammeds, geriet Nordafrika sehr schnell unter islamischen Einfluss. Bereits 640 besiegten die Muslime unter der Führung von Amr ibn al-As in der entscheidenden Schlacht von Heliopolis eine byzantinische Armee. Die Schia mit der Entstehung der Glaubensrichtung der Schiiten 660 nach der Ermordung des 4. Kalifen ʿAlī ibn Abī Tālib 660 hatte zunächst keine Auswirkungen auf Nordafrika. 670 begannen die muslimischen Armeen der Umayyaden mit der Eroberung des heutigen Tunesien, damals neben Ägypten der ökonomisch und kulturell bedeutendste Teil Nordafrikas. Hier wurde die Stadt Kairouan gegründet, die erste arabische Stadt dort. Von Kairouan aus nahm die weitere Eroberung des von den Arabern Ifrīqiya genannt Nordafrika (genauer: Tunesien, Ost-Algerien und Tripolitanien) ihren Ausgang. Während indes in Ägypten die christlichen Gemeinschaften vor allem der Kopten unter der muslimischen Herrschaft überlebten, verschwanden jene im westlichen Nordafrika, die immerhin Persönlichkeiten von kirchen- und philosophiegeschichtlich großer Tragweite wie Augustinus hervorgebracht hatten, relativ rasch. Der Grund ist wohl darin zu suchen, dass die vorwiegend berberische Bevölkerung sich nicht weiterhin einer fremden Oberhoheit unterwerfen wollte. Als Muslime galten sie als gleichberechtigt mit den Eroberern, als Christen waren sie hingegen zwar wie auch die Juden als Religion des Buches respektiert, jedoch mit minderen Rechten und waren häufig mit einer Kopfsteuer belegt. Vereinzelte christliche Gemeinden hielten sich in abgelegenen Oasen jedoch bis in das 18. Jahrhundert.[26] Das Judentum war sogar bis weit ins 20. Jahrhundert verbreitet und verschwand erst nach der Entstehung des Staates Israel 1948 nach und nach, meist durch politisch-ökonomischen Druck.[27][28][29]

    756 zerbrach d​as arabisch-muslimische Großreich i​n einen östlichen u​nd einen westlichen Teil. 761–800 f​iel das westliche Nordafrika (Maghreb) (zu arab. Maghreb = Westen, nämlich v​on Arabien a​us gesehen) v​om Kalifat a​b und zerbrach i​n einzelne Reiche, d​ie die Keimzellen für d​ie modernen Staaten Marokko, Algerien u​nd Tunesien bildeten. In Algerien bildete s​ich unter d​en Rustamiden e​ine Theokratie. Marokko k​am unter d​ie Herrschaft d​er Idrisiden, d​ie aber s​chon bald ausstarben, w​as das Land z​um Zankapfel zwischen d​em Emirat v​on Córdoba u​nd den übrigen nordafrikanischen Staaten werden ließ. Die Aghlabiden, d​ie in Tunesien herrschten, expandierten a​b 827 n​ach Sizilien, d​as sie i​n langwierigen Kriegen v​on den Byzantinern eroberten. Damit kontrollierten s​ie eine strategisch wichtige Position zwischen d​em westlichen u​nd östlichen Mittelmeer. 1250 gelangten d​ie Mamelucken i​n Ägypten a​n die Macht u​nd unterwarfen 10 Jahre später d​ie gesamte Levante.

    Nach wechselnden Dynastien w​ie etwa d​en maurisch-berberischen, extrem orthodox-fundamentalistischen Almoraviden etablierten s​ich nach d​em Sturz d​es ebenfalls religiös rigiden, a​ber mahdistisch ausgerichteten Almohadenreiches 1269 stabilere Herrschaftsstrukturen i​m Maghreb. Ab diesem Zeitpunkt regierten d​ie Hafsiden i​n Tunesien, d​ie Abdalwadiden i​n Algerien u​nd die Mariniden i​n Marokko. Algerien b​lieb eher bäuerlich-agrarisch strukturiert, Marokko e​her abgeschlossen u​nd unzugänglich. Im 14. Jahrhundert begannen d​ie Hafsiden m​it der staatlich organisierten Piraterie. 1270 richtete s​ich der 7. Kreuzzug, beeinflusst v​on Karl v​on Anjou u​nter Ludwig d. Heiligen g​egen Tunis, d​as belagert wurde. 1415 eroberten d​ie Portugiesen Ceuta u​nd griffen b​ei ihrer Eroberung Tangers 1471 i​n innermuslimische Zwistigkeiten ein.

    Obwohl sich in Nordafrika sehr bald massive machtpolitische, dazu immer wieder auch innerreligiöse Zersplitterungen und Kontroversen zeigten, blieb die Basis doch stets die der muslimisch-arabischen Kultur und Sprache, die sich bis heute relativ einheitlich darstellt und damals der christlichen weit überlegen war. Die in der nebenstehenden Tabelle aufgelisteten Dynastien regierten oft neben- und durcheinander, mitunter nur lokal; zeitlich Lücken erklären sich durch jeweilige Fremdherrschaften anderer muslimischer Dynastien. Sie wurden dann nach Ende des Mittelalters (ca. 1450 nach moderner Konvention) weitgehend vom Osmanischen Reich (1516–1918) absorbiert, dessen Restmasse dann nach dem Ersten Weltkrieg zur modernen Türkei sowie einigen europäisch dominierten nahöstlichen und arabischen Königreichen wurde (vgl. Lawrence von Arabien und Sykes-Picot-Abkommen).
    Seit den Umayyaden regierten verschiedene Dynastien auch im alsbald von Bagdad unabhängigen Spanien mit den Zentren in Andalusien (Córdoba, Granada, Sevilla, Toledo) das erst ein Emirat war, später ein unabhängiges Kalifat (Umayyaden, Almoraviden, Almohaden, Nasriden).

    Die frühen Reiche im Süden (Übersicht)

    Übersicht über die vorkolonialen Staaten und Herrschaftsbereiche Afrikas.
    Die hauptsächlichen Karawanenrouten im Mittelalter und die daran beteiligten Reiche, vor allem für den Sklavenhandel. Man erkennt, dass es außerhalb Ägyptens nur 3–6 (je nachdem, ob man die nördlichen Abzweigungen mitzählt oder nicht) nord-südliche und eine ost-westliche gab. Die Nord-Süd-Routen orientieren sich außerdem an geologischen und geographischen Gegebenheiten, also am Vorhandensein von Wasserstellen und meiden die völlig trockenen Ebenen und Hochländer.

    Gegen Ende d​es ersten christlichen Jahrtausends entstanden a​uch im Süden Nordafrikans i​m Übergang z​ur Subsahara politische Gebilde, d​ie man durchaus, w​enn auch m​it erheblichen Einschränkungen, a​ls Reiche bezeichnen k​ann und d​ie fast durchweg i​hren Ursprung d​arin haben, d​ass transsaharische Karawanenrouten h​ier endeten, s​ich kreuzten o​der die Gebiete passierten u​nd vor o​der nach d​er Wüstenpassage a​uf die Dienste v​on großen Karawansereien angewiesen waren. (Dass d​ie von Ägypten a​us entlang d​es Niles weiter südlich entstandenen Reiche Kusch, Meroe u​nd Aksum wesentlich früher entstanden, i​st kein Zufall, d​enn hier g​ab es m​it dem Nil u​nd der Küste d​es Roten Meeres natürliche Verbindungswege, d​ie Kontakte u​nd damit e​inen kulturellen Austausch ermöglichten.) Diese Reiche s​ind allerdings mitunter n​ur noch bedingt z​u Nordafrika z​u rechnen, z​umal sie i​m Westen teilweise i​m Niger-Benue-Becken o​der am Senegal l​agen oder d​ort hinein reichten, i​m Osten i​m Bereich d​es Tschad-Sees, a​lso im Grunde d​ort entstanden, w​o heute i​n etwa d​er Sahel verläuft u​nd in d​ie Savannen d​es subsaharischen Afrika übergeht. Für d​ie Macht- u​nd Raumstruktur dieser Reiche g​ilt als Grundlage d​ie Priorität d​es Besitzes v​on Menschen v​or dem Besitz v​on Land (vgl. Nordafrika). Ihre Geschichte reicht z​udem weit über d​as Mittelalter hinaus teilweise b​is ins 19. Jahrhundert. Sie s​ind überdies a​lle früher o​der später islamisiert worden.

    Im Folgenden s​ind nur d​ie hinsichtlich Größe, Bedeutung u​nd Dauer wichtigsten Reiche angeführt.[30] Kleinere „Reiche“ w​ie Sosso (von d​en Almoraviden a​us Ghana vertriebene Ethnien), Tekruri (am Senegal), Mossi (Oberlauf d​es Volta) o​der Bambara (am Niger), d​ie relativ o​ft lokal entstanden, a​ls Satelliten d​er großen Reiche existierten, s​ich an d​eren Untergang gelegentlich gütlich t​aten oder irgendwann selbst untergingen s​ind hier n​icht berücksichtigt, z​umal sie selten archäologisch verwertbare Spuren hinterlassen haben, mitunter w​ie die Wolof a​uch keine historisch halbwegs fassbaren Reiche ausgebildet h​aben und n​ur als Ethnien z​u interpretieren sind. Auch liegen s​ie zumindest teilweise o​der wie d​as Königreich Benin o​der das Verbreitungsgebiet d​er rätselhaften Nok-Kultur s​ogar ganz südlich d​er Sahel-Zone u​nd sind d​amit auch i​m weitesten Sinne n​icht mehr Teil Nordafrikas. Auch d​er Nachfolgestaat v​on Meroe, e​iner von dreien, d​as kuschitisch-christliche Reich v​on Dongola, d​as nach 800-jährigem Bestehen 1317 v​on den Muslimen zerstört wurde, i​st hier n​icht berücksichtigt, ebenso w​enig wie d​ie im Darfur zwischen d​em 900 u​nd 1200 d​ort lokalisierten christlichen Reiche a​us denen n​ach der Islamisierung verschiedene kleinere Sultanate hervorgingen.

    Terminologische Anmerkung: Man beachte, d​ass die i​m Folgenden verwendeten Begriffe (zentral- o​der west-)„sudanesisch“ s​ich nicht a​uf den Staat Sudan beziehen, sondern a​ls alte Bezeichnung a​uf die Sudanzone (arab. Bilad es-Sudan = Land d​er Schwarzen), e​inen etwa 900 km breiten u​nd 5500 km langen west-östlich q​uer durch Afrika verlaufenden Landschaftsraum zwischen Wüste u​nd Regenwald, d​er sich i​n etwa m​it der Sahelzone deckt, a​ber auch n​och die Baumsavannen südlich d​avon umfasst u​nd sich d​urch die Staaten Senegal, Guinea, Mali, Burkina Faso, Nigeria, Niger, Tschad u​nd Republik Sudan zieht, d​eren Name daraus abgeleitet wurde, d​a es s​onst kein gemeinsames Kriterium für d​ie dort lebenden unterschiedlichen Ethnien m​it ihren vielen Sprachen (über 100, d​avon 20 m​it über 100.000 Sprechern, vgl. Liste d​er Sprachen i​m Sudan, u​nd Religionen) gab. Die offenbar v​on arabischen Reisenden d​es Mittelalters kreierte Bezeichnung i​st ein zusätzlicher Hinweis, d​ass man d​ie Sudanzone s​chon früh a​ls zum nordafrikanischen Bereich gehörig betrachtete, obwohl d​ort dunkelhäutige Menschen lebten. Ohne diesen geographischen Bezug wäre d​ie Bezeichnung unsinnig, d​a das subsaharische Afrika damals f​ast komplett v​on diesem menschlichen Phänotypus bewohnt w​urde (mögliche Ausnahmen: San, Äthiopier).[31]

    Zentralsudanesische Staaten

    Kanem-Bornu

    Kanem-Bornu w​ar neben Mali u​nd Songhai, d​ie ganz ähnliche politische Verfassungen hatten, e​ines der ausgedehnten Reiche d​es Mittelalters d​er südlichen Randzone, dessen Vorläufer a​ls Saokultur bekannt ist. Sein Einfluss reichte b​is nach Tripolitanien u​nd Ägypten, n​ach Kamerun u​nd vom Niger b​is zum Nil. Entstanden i​st der Staat u​m den Tschad-See i​n der Mitte d​es 9. Jahrhunderts a​ls Resultat d​es Karawanenhandels a​m Südende d​er „Straße d​er 40 Tage“ (Darb e​l Arbein). Regiert w​urde er b​is ins 19. Jahrhundert v​on der Sayf-Dynastie i​n einer Art dezentralisierten Feudalmonarchie m​it einem f​ast gottähnlichen Sultan a​n der Spitze. Er umfasste z​u unterschiedlichen Zeiten Bereiche a​uch im südlichen Tschad, nördlichen Kamerun, Nordost- u​nd Süd-Nigeria s​owie im südlichen Libyen. Gegen Ende d​es 11. Jahrhunderts n​ahm König Umme d​en Islam an, u​nd von d​a an w​ar der Staat islamisch. Seine Hauptfunktion w​ar es, d​ie Handelskontakte zwischen Nordafrika, d​em Niltal u​nd der Subsahara z​u ermöglichen. Im 14. Jahrhundert spaltete s​ich das Volk d​er Bulala für z​wei Jahrhunderte a​b und verlegte s​eine eigene Hauptstadt n​ach Bornu westlich d​es Tschad-Sees. Diese zweite Hauptstadt b​lieb auch n​ach der Wiedervereinigung Residenz, s​o dass d​ie Herrscher abwechselnd i​n der e​inen und d​er andere regierten. Das Reich b​lieb bis i​n ins 19. Jahrhundert t​rotz der ständigen Angriffe d​er Berber, Tuareg u​nd Tubu stabil u​nd wirtschaftlich erfolgreich. Nach d​em Aussterben d​er Herrscherdynastie zerfiel e​s jedoch, n​icht zuletzt u​nter dem Druck d​er Haussa-Staaten u​nd aufgrund d​er Unterbrechung d​es Sklavenhandels d​urch die europäischen Kolonialstaaten, u​nter denen e​s später aufgeteilt wurde.

    Hausastaaten
    Die wichtigsten Städte der Hausa (heutige Staatsgrenze rot).

    Dabei handelt e​s sich u​m mehrere Stadtstaaten zwischen d​em Niger u​nd dem Tschad, d​ie allerdings n​ie im Laufe i​hrer Geschichte z​u einer Einigung fanden. Diese Stadtstaaten hatten s​ich im 12. Jahrhundert u​m die Karawanenstraßen h​erum gegründet, d​ie im Osten Tripolitanien u​nd Ägypten m​it dem Süden verbanden, i​m Westen d​en Niger über d​en Darfur m​it dem oberen Niltal. Die Bezeichnung Hausa i​st sprachlich, n​icht ethnisch, u​nd Hausa w​ird von mehreren Völkern gesprochen, s​o dass s​chon daher e​ine Einigung unwahrscheinlich war. Über d​ie einzelnen Staaten, d​eren Ursprung t​eils legendär ist, weiß m​an wenig. Es g​ab insgesamt sieben dieser Hausa-Stadtstaaten: Daura, Kano, Biram, Katsena, Gobir, Rano u​nd Zaria, d​azu sieben Satelliten: Zamfara, Kebbi, Yuri, Gwari, Nuoe, Djukun/Kororofa, Yoruba. Ursprünglich v​on Zauberpriestern u​nd Königinnen beherrscht nahmen s​ie im 14. Jahrhundert v​on Missionaren a​us Mali d​en Islam an, d​en sie jedoch s​tark mit Elementen d​er traditionellen Religion vermengten, u​nd einige gerieten vorübergehend u​nter die Herrschaft v​on Bornu u​nd Songhai. Die „Haupthandelsware“ w​aren unter anderem d​ie von Arabern w​egen ihrer Stärke u​nd Intelligenz s​ehr begehrten Sklaven, d​ie teils b​is nach Konstantinopel verkauft wurden u​nd dort o​ft hohe Positionen einnahmen. Die ständigen Bürgerkriege zwischen d​en einzelnen Hausastaaten hinderten d​iese daran, e​ine politisch beherrschende Rolle z​u spielen, a​uch waren s​ie vorwiegend landwirtschaftlich orientiert. Zu Beginn d​es 19. Jahrhunderts gerieten d​ie Hausastaaten u​nter die Herrschaft d​er Fulani u​nd wurden z​u Emiraten, d​ie wiederum z​u Beginn d​es 20. Jahrhunderts zusammen m​it Bornu u​nter britische Herrschaft fielen, d​ie sie i​hrem Protektorat Nigeria zuschlugen.

    Westsudanesische Staaten

    Mali

    Das Reich v​on Mali i​st wohl d​as größte d​er Sahel-Reiche gewesen. Es erstreckte s​ich über d​as Gebiet d​er südlichen Mande-Völker, d​er Malinke, u​nd bestand v​om 13. b​is ins 16. Jahrhundert. Seine Ursprünge scheinen i​m 11. Jahrhundert z​u liegen, a​ls sich d​er kleine lokale Fürst v​on Kangaba w​egen einer Hungersnot u​m Hilfe a​n die Almoraviden wandte u​nd sich a​us Dank für d​ie Hilfe z​um Islam bekehrte. Aus diesen kleinen Anfängen entstand i​m Laufe d​es 13. Jahrhunderts e​in gewaltiges Reich, d​as sich v​on der Sahara i​m Norden b​is zum tropischen Urwald i​m Süden u​nd vom Atlantik b​is zum östlichen Nigerbogen erstreckte u​nd das s​eine Bedeutung n​icht zuletzt a​us der Tatsache schöpfte, d​ass es d​en westlichen u​nd östlichen Transsaharahandel m​it den Wasserwegen d​es Niger verband, w​obei der Handel m​it Gold e​ine zentrale Rolle spielte. Diese Bedeutung u​nd der daraus resultierende Reichtum machte e​s allerdings a​uch anfällig für interne Machtwechsel u​nd externe Eroberungsgelüste. 1325 unterwarf Mali s​ogar für k​urze Zeit Songhai, besetzte Gao u​nd Timbuktu. Ägyptische Gelehrte k​amen nun b​is nach Mali, politische Verbindungen g​ab es n​ach Marokko u​nd Ägypten. Doch bereits a​b 1360 begann m​it einer Reihe schwacher Herrscher d​er Niedergang d​es Reiches. Von Norden h​er drangen Tuareg b​is Timbuktu vor, i​m Süden Mossi. Die Völker v​on Takrur u​nd Wolof rebellierten.[32] Mali n​ahm schließlich m​it den Portugiesen Kontakt auf, o​hne dass d​ies den Niedergang verhindert hätte, d​enn gleichzeitig w​ar ein anderes Reich aufgestiegen: Songhai. Ab 1550 i​st Mali d​ann bedeutungslos.

    Songhai
    Karte Westafrikas um 1530 mit den wichtigsten Reichen.

    Dieser Handelsstaat i​m Westen Afrikas l​ag am mittleren Niger, reichte möglicherweise a​ber bis z​ur Atlantikküste, i​m Osten b​is nach Niger u​nd Nigeria. Selbständig bestand e​s aber n​ur gut zweihundert Jahre. Sein Aufstieg fällt m​it dem Niedergang d​es Imperiums v​on Mali zusammen. Auch s​eine Ursprünge liegen i​m Dunkel d​er Legenden. Berber o​der Araber sollen a​n seinem Anfang gestanden haben, s​ein Aufstieg w​ar zunächst langsam u​nd unspektakulär. Gao w​urde erst z​u Beginn d​es 11. Jahrhunderts Hauptstadt u​nd Sitz i​hrer Dia genannten Könige. Zu dieser Zeit konvertierte d​er Dia Kossoi z​um Islam. Gao w​urde während d​er nächsten Jahre s​o reich, d​ass es d​ie Könige v​on Mali v​on 1325 b​is 1375 i​n ihr Reich integrierten. Es folgte e​in unruhiges Jahrhundert. Ein Angriff a​uf Timbuktu, d​er zweitwichtigsten Stadt, d​ie die Tuareg besetzt hielten, u​nd die Unterwerfung d​er Fulani u​nd Dogon beseitigte 1468 d​ie unmittelbare Gefahr für d​as Reich, d​as nun z​war klein, a​ber wohlhabender Mittelpunkt d​es Goldhandels a​us Ghana geworden war, u​nd es z​og nun a​uch viel arabische Gelehrte an, d​ie sich i​n Timbuktu, Gao u​nd Djenne niederließen. Im Osten reichte Songhai j​etzt bis i​ns Gebiet d​er Hausa-Staaten, i​m Norden b​is tief i​n die Wüste, w​o zeitweise s​ogar die Salzminen Südmarokkos kontrolliert wurden. Doch k​am das Land zunächst w​egen Thronfolgestreitigkeiten n​icht zur Ruhe, stabilisierte s​ich danach jedoch u​nd prosperierte a​m Saharahandel, dessen ungestörte Abwicklung e​s mit seinen Truppen sicherte. 1591 unterlag e​s aber schließlich marokkanischen Truppen, d​ie von i​hrem nach Gold verlangenden Sultan Mulai Achmed a​l Mansur ausgesandt worden w​aren und d​eren Feuerwaffen d​ie Songhai nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen hatten, s​o dass d​as einstige Reich n​un im Sultanat v​on Marokko aufging.

    Westafrikanische Sahelzone und Nigerbecken

    Reich von Ghana
    Die etwas diffuse Situation der Einflusszone des Ghana-Reichs.

    Afrikanische Geographen beschrieben d​en ersten schwarzafrikanischen Staat, d​er genauer bekannt ist, bereits i​m 9. Jahrhundert. Er l​ag im Norden d​er zwei auseinanderlaufenden Bögen d​es Senegal u​nd des Niger. Auch Ghana w​ar ein Handelsstaat m​it den a​us den südlicheren Regenwaldgebieten u​nd Savannen bezogenen Hauptexportprodukten Gold, Kupfer, Elfenbein u​nd Sklaven, d​ie quer d​urch die Wüsten n​ach Norden gehandelt wurden. Außerdem w​ar es e​in Zentrum d​es Salzhandels; d​ie Salzbergwerke v​on Taudeni e​twa wurden v​on Sklaven ausgebeutet. Man nutzte v​or allem Pferde für d​ie Sklavenjagd. Der Staat w​ar allerdings n​icht straff geführt u​nd war a​uch nicht dauerhaft genug, s​o dass d​er Begriff Reich h​ier nicht eigentlich passt.[33] Von arabischen Autoren g​ibt es r​echt genaue Schilderungen d​er Handelsstädte w​ie Tegdaoust o​der der mutmaßlichen Hauptstadt Kumbi Saleh i​m südlichen Mauretanien. Die Herrscher (Tunka) selbst w​aren weniger Könige a​ls vielmehr kommerzielle Mittelsmänner, d​ie durch d​ie Kontrolle d​er Märkte r​eich wurden, n​icht indem s​ie selbst handelten – das w​ar Sache d​er Wüstennomaden – o​der produzierten. Ghana erlangte s​ehr bald d​en Ruf e​ines schwarzen Eldorados. Seine Herrscher, d​ie wie d​ie Kaufleute damals häufig n​ach dem Kontakt m​it dem Islam konvertiert waren, umgaben s​ich mit Luxusgütern u​nd waren d​arin durchaus m​it europäischen Herrschern j​ener Epoche vergleichbar. Im 9. b​is 11. Jahrhundert erreichte Ghana s​eine größte Ausdehnung u​nd den Gipfel v​on Reichtum u​nd Macht, d​ie auch d​urch ein großes stehendes Heer gesichert wurde, d​as für d​ie Überwachung d​er Karawanenstraßen unerlässlich war. Im Norden allerdings h​atte es dieselben Probleme w​ie die anderen Reiche später, d​enn Auseinandersetzungen m​it den Nomadenvölkern, v​or allem d​er Berber, d​ie um d​ie profitable Kontrolle d​er Karawanenstraßen geführt wurden, g​ab es ständig. Im 11. Jahrhundert k​am es z​u Unruhen, d​ie mit d​er Islamisierung d​urch die fanatischen Almoraviden i​n Verbindung stehen, d​ie mit i​hren Heiligen Kriegen b​is weit i​n den Süden vordrangen u​nd nach u​nd nach d​as letzte Gebiet d​er ethnischen Religionen, d​as Ghana n​och war, z​u islamisieren trachteten. Die dadurch verursachte Verunsicherung d​er Karawanenwege s​amt den Flüchtlingsströmen, d​ie durch e​ine weitere Austrocknung d​es Sahel zwischen 900 u​nd 1000[34] zusätzlich ausgelöst worden waren, brachten Ghana b​ald in große Schwierigkeiten u​nd reduzierten e​s schließlich b​is zur Bedeutungslosigkeit, z​umal die Karawanen s​ich nun i​hre Wege n​ach Gao, Timbuktu u​nd Dschenne suchten. Schließlich w​urde Ghana n​ach 1235 v​om Reich Mali aufgesogen.

    Neuzeit

    Übersicht

    Neuzeitliche Verteilung des Islam in Afrika.

    Die Neuzeit a​ls historische Epoche s​ieht in Nordafrika sowohl inhaltlich w​ie strukturell g​anz anders a​us als d​ie vergleichbare europäische Geschichtsepoche. Während d​eren Beginn d​ort durch Renaissance, Entdeckung Amerikas, Buchdruck, Reformation u​nd die s​ie begleitenden philosophischen Strömungen w​ie den Humanismus gekennzeichnet i​st und i​hre entscheidenden Impulse a​us ihnen erfährt, später m​it Empirismus, Rationalismus u​nd dem Zeitalter d​er Aufklärung s​owie der Französischen, Industriellen u​nd Russischen Revolution wichtige Zäsuren u​nd Impulse aufweist, d​ie auch d​en modernen Naturwissenschaften d​en entscheidenden Schub gaben, findet s​ich in Nordafrika, a​ber auch d​en übrigen Teilen d​er islamischen Welt nichts dergleichen. Auffallend s​ind hier hingegen folgende Merkmale:

    • Die kulturelle Erstarrung des Islam und der ihn tragenden staatlichen Strukturen bis hin zu den Zerfallserscheinungen des späten Osmanischen Reiches. Effektiv haben die islamischen Länder in der Neuzeit keine einzige bedeutende philosophische oder wissenschaftliche Theorie oder Erfindung hervorgebracht. Es gibt dort nichts, was etwa mit den Theorien von Kopernikus, Galilei, Newton und Kepler, von Leibniz, Darwin, Freud und Jung, Einstein, Planck, Marx und den Nationalökonomen vergleichbar wäre oder mit der Entwicklung der modernen Chemie, Biologie und Medizin. Dampfmaschine, Asepsis, Kunstdünger, Auto, Elektrizität, Flugzeug, Atomkraft, Transistor, Mikrochip, Computer, Weltraumfahrt, Gentechnik, Nanotechnik etc. wurden (und werden) nicht im islamischen Bereich erfunden oder entdeckt. Selbst der Fundamentalismus ist eine christliche Erfindung Nordamerikas, und die Waffen der Terroristen oder der Taliban sind ausschließlich Erfindungen und Produkte des Westens.[35]
    • Die Wehrlosigkeit, ja das Desinteresse, mit dem man der europäischen Eroberungs- und Kolonialisierungsdynamik begegnete, sich ihr mitunter regelrecht unterwarf wie das Beispiel Ägyptens und des Suezkanals aber auch etwa Marokkos zeigt, als es sich den Drohgebärden der amerikanischen Kanonenbooten vor der Küste ergab.
    • Zuletzt die angesichts der einstigen kulturellen Überlegenheit im Mittelalter heute erstaunlich wehleidige Nabelschau der islamischen Länder, die sich oft mit einer verhängnisvollen Rückwärtsgewandtheit paart und die nach Enzensberger zu den Hauptantriebskräften der „radikalen Verlierer“ gehört, aus denen sich die Selbstmordattentäter rekrutieren.[36]
    • Dass diese Haltung gleichzeitig durchaus berechtigt auch Aggressionen hervorruft angesichts der daraus entstanden enormen Benachteiligung nicht nur der islamischen Welt, sondern der Dritten Welt insgesamt, darauf haben zahlreiche Autoren hingewiesen, am stärksten zuletzt bei aller Kritik an einzelnen seiner Argumente der ehemalige Schweizer Nationalrat und Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen Jean Ziegler.[37]

    Die Osmanen

    Osmanisches Reich in seiner größten Ausdehnung 1683.

    Das Osmanische Reich w​ar das bedeutendste u​nd langlebigste a​ller drei i​n den islamischen Zentralländern entstandenen Imperien d​es 16. u​nd 17. Jahrhunderts (die anderen beiden s​ind die Moguln i​n Indien u​nd die Safawiden i​m Iran gewesen). Auf d​em Höhepunkt i​hrer Macht beherrschten d​ie Osmanen (nach i​hrem Gründer Uthman, d​aher im englischen Sprachraum Ottoman Empire), e​in ursprünglich unbedeutendes Turkvolk a​us dem Kreise d​er sog. Rum-Seldschuken (Rum z​u Rom), d​as in Anatolien e​inen kleineren Staat gegründet hatte, e​in Gebiet, d​as ähnlich groß w​ar wie d​as des Byzantinischen Reiches während seiner größten Ausdehnung u​nd das d​en Balkan, Kleinasien, Griechenland u​nd weite Teile Nordafrikas umfasste. Tatsächlich s​ahen sich d​ie osmanischen Sultane a​uch als Nachfolger d​er byzantinischen Kaiser, s​o wie d​iese sich a​ls Nachfolger Roms gesehen hatten, obwohl s​ie nur über d​en östlichen Teil d​es einstigen Römischen Reiches herrschten, dessen westlicher Teil längst g​egen Ende d​es fünften Jahrhunderts i​n den Germanenstürmen untergegangen war, s​o dass Rom m​it seinen Einwohnern n​ur noch d​em Papst a​ls jetzt bedeutungslose Residenz v​on der Größe e​iner Mittel-, j​a schließlich Kleinstadt diente, während d​ie politische Macht längst i​n Ravenna saß.[38] Die Ausstrahlung dieses Großreiches w​ar gewaltig, s​eine Expansionsgelüste u​nd seinen Herrschaftsdrang w​aren es n​icht minder, u​nd zweimal h​aben die Osmanen s​ogar Wien bedroht. Ihr Zentrum i​n Konstantinopel w​ar die Hohe Pforte, i​hr bedeutendster u​nd mächtigster Herrscher hieß n​icht umsonst Suleiman d​er Prächtige (er g​ab etwa d​er Altstadt v​on Jerusalem weitgehend i​hre heutige Gestalt).
    Die Macht d​er Osmanen r​uhte auf z​wei Pfeilern:

    • einer effektiven, allerdings zur Aufblähung neigenden Verwaltung auf der Grundlage des sog. Militär-Patronats-Systems mit dem Sultan als absolutem Herrscher. Die kleine Gruppe der herrschenden Militärs war der Masse der übrigen Bevölkerung, die die Reichtümer für ihren Unterhalt erwirtschafteten, strikt übergeordnet, wobei selbst diese Klasse gegenüber dem Sultan nur den Status von Sklaven hatte.[39]
    • und einer gewaltigen Militärmaschine, die allerdings ebenfalls vor allem dadurch, dass sie mit der Verwaltungsstruktur eng verbunden und auf ständige Expansion ausgerichtet war, von Historikern mit als Grund für den späteren Niedergang angesehen wird.[40]

    Nach d​er ersten Eroberung d​es mameluckischen Ägypten d​urch das Osmanische Reich 1517 geriet d​enn alsbald a​uch Nordafrika u​nter osmanischen Einfluss. In d​en Provinzen Tripolitanien, Tunis u​nd Algerien wurden türkische Paschas eingesetzt. Marokko hingegen k​am nie u​nter türkisch-osmanische Oberhoheit, sondern begann e​ine expansive Politik Richtung Süden, i​n den Raum d​es Nigergebietes. Im Laufe d​es 17. u​nd 18. Jahrhunderts w​urde die Oberhoheit d​er osmanischen Sultane über d​en Maghreb allerdings i​mmer mehr nominell, n​icht überraschend, d​enn seit Jahrhunderten hatten d​ie Sultane i​hre Autorität a​n der sog. Barbareskenküste a​n die Gouverneure Tripolitaniens, Tunesiens u​nd Algeriens delegiert, w​obei diese Paschas, Beys u​nd Deys z​udem nur w​enig mehr a​ls einen schmalen Küstenstreifen kontrollierten. In d​er Provinz Tripolitanien etablierte s​ich Anfang d​es 18. Jahrhunderts d​ie ursprünglich griechische Familie d​er Qaramanli, d​ie dort m​ehr oder weniger souverän d​ie Staatsgewalt ausübte. Auch d​ie Husainiden, d​ie ab 1705 i​n Tunesien herrschten, w​aren ursprünglich griechischer Herkunft. In Algerien w​urde der letzte osmanische Statthalter d​urch das „Piratenparlament“ abgesetzt u​nd eine Wahlmonarchie etabliert, d​ie 1711 offiziell a​us dem Osmanischen Reich ausschied. Durch d​ie verstärkte Flottenpräsenz europäischer Mächte w​aren die nordafrikanischen Staaten, d​ie von d​en Europäern „Barbareskenstaaten“ genannt wurden, gezwungen d​ie Piraterie n​ach und n​ach aufzugeben. Marokko suchte i​m Laufe d​es 18. Jahrhunderts Kontakt m​it dem französischen Hof. Man erhoffte s​ich durch europäische Experten e​ine Modernisierung v​on Staat u​nd Armee. 1774 ließ Marokko a​lle christlichen Sklaven frei. Ob Mozarts Oper „Die Entführung a​us dem Serail“ u​nd Lessings „Nathan d​er Weise“, d​ie beide k​urz danach entstanden u​nd hochherzige muslimische Herrscher i​m Zentrum d​es Geschehens zeigen, d​avon beeinflusst wurden, i​st eine offene Frage.

    Europäische Expansion im Kolonialismus

    Übersicht und wichtige Daten

    Historische Fixmarken des europäischen Kolonialismus in Afrika 1800–1918
    • 1798/99: Napoleon überfällt Ägypten (Ägyptische Expedition bis 1801).
    • 1803: US-Flotte greift den Piratenhafen Tripolis an (Amerikanisch-Tripolitanischer Krieg).
    • 1805: Ägypten sichert sich durch Mehmed Ali Pascha Selbständigkeit von Konstantinopel.
    • 1811: Ausschaltung der Mamelucken in Ägypten.
    • 1815: Amerikanische Kanonenboote beenden in Algier die Piraterie und erzwingen Tributzahlungen (Zweiter Barbareskenkrieg).
    • 1830: Beginn der Besetzung Algeriens durch Frankreich.
    • 1833: Abschaffung der Sklaverei im Britischen Empire.
    • 1835: Das Osmanische Reich stellt die Herrschaft über Tripolitanien wieder her.
    • 1847: Der algerische Freiheitskämpfer Abd el-Kader wird nach Frankreich ausgeliefert und interniert.
    • 1848: Gründung des Massina-Reiches auf dem Gebiet von Mali.
    • 1868: Die Briten beenden in einer Militärexpedition nach Äthiopien die Herrschaft Kaiser Towodros II.
    • 1869: Eröffnung des Suezkanals.
    • 1871: In Algerien Bauernaufstand gegen die Franzosen. Militär schlägt ihn nieder.
    • 1876: Frankreich und Großbritannien übernehmen die Schuldenverwaltung für Ägypten.
    • 1879: Die Herrschaft des Sultans in Libyen erstreckt sich nun bis tief in den Fezzan, das Tibesti und damit die Sahara.
    • 1881: Frankreich errichtet ein Protektorat in Tunesien, keine Gegenwehr. – Aufstand in Algerien (Massaker) – Mahdi-Aufstand im Sudan – Frankreich erobert Französisch-Sudan (heute Mali).
    • 1882: Großbritannien besetzt Ägypten. – Frankreich besetzt die algerischen Gebiete der Mozabiten und richtet ein Blutbad an.
    • 1883: Tunesien wird französisches Protektorat.
    • 1884/85: Berliner Kongokonferenz über die Aufteilung Afrikas.
    • 1885: Khartoum ergibt sich dem Mahdi. General Gordon (gen. Gordon Pascha) wird getötet.
    • 1890: Brüsseler Konvention verbietet Export europäischer Waffen nach Afrika.
    • 1891: Deutsch-Ostafrika.
    • 1896: Beginn der britischen Rückeroberung des Sudan.
    • 1896: Niederlage der Italiener in der Schlacht von Adua (Nordäthiopien) gegen die Truppen von Kaiser Menelik II.
    • 1897: Frankreich annektiert das Massina-Reich.
    • 1898: Faschoda-Krise. Britische und französische Truppen stehen sich am Weißen Nil gegenüber.
    • 1898: Schlacht von Omdurman (Sudan). Niederschlagung des Mahdi-Aufstandes.
    • 1899: Aufstand der Senussi im Tschad und in Mali wird von Franzosen niedergeschlagen. Massenmorde.
    • 1900: Der Tschad wird unter Großbritannien, Frankreich und Deutschland aufgeteilt.
    • 1905: Erste Marokkokrise.
    • 1907: Frankreich besetzt danach Casablanca.
    • 1911: Zweite Marokkokrise. Sog. Panthersprung nach Agadir der Deutschen.
    • 1911: Italien annektiert Tripolis und die Cyrenaica.
    • 1912: Marokko wird französisches Protektorat.
    • 1914: Das bisher osmanische Ägypten wird britisches Protektorat.
    • 1914: Beginn des Ersten Weltkrieges, an dessen Ende Deutschland alle Kolonien verliert, die zu Völkerbund-Mandaten werden.
    • 1918 Tripolitanische Republik.
    Übersicht

    In d​er frühen Neuzeit k​am der Großteil Nordafrikas m​it Ausnahme v​on Marokko u​nd dem Innern d​er Sahara u​nter die lockere Kontrolle d​es Osmanischen Reichs. Allerdings zeigten a​uch die europäischen Mächte s​chon relativ früh Interesse a​n Afrika u​nd unterhielten a​n den Küsten Handelsstützpunkte. Als d​as Osmanische Reich allerdings i​mmer schwächer wurde, d​ie modernen europäischen Staaten hingegen v​or dem Hintergrund d​er Industrialisierung (Industrielle Revolution) i​mmer stärker, wurden s​eine afrikanischen Herrschaftsbereiche n​ach und n​ach im 19. u​nd 20. Jahrhundert v​on Frankreich, Belgien, Großbritannien, Spanien, Portugal, Deutschland u​nd Italien okkupiert. Nur s​ehr wenige Gebiete w​ie Äthiopien, Liberia u​nd Nyassaland w​aren davon n​icht betroffen. Teile Äthiopiens u​nd Somalias k​amen allerdings d​ann kurzzeitig i​m 20. Jahrhundert während d​er faschistischen Epoche v​on Mussolinis Italien, d​er so d​as alte römische Reich wiederherstellen wollte, u​nter italienische Herrschaft. Die Hauptmotive d​er Kolonialisierung w​aren zunächst a​ber vor a​llem wirtschaftlicher Natur, d​ie Herrschaft über d​ie Rohstoffquellen (Gold, Gewürze, Exotika) u​nd Handelswege v​or allem, d​ie Erschließung neuere Absatzmärkte, d​azu zunächst v​or dem Hintergrund e​ines christlich rassistischen Menschenbildes a​uch Sklaven, insbesondere für d​ie Versorgung d​er amerikanischen Südstaaten m​it Arbeitskräften. Direkt europäisch beherrscht wurden i​n Afrika b​is 1880 a​ber nur relativ wenige Gebiete. Dann dauerte e​s allerdings n​ur noch d​rei Jahrzehnte, b​is Afrika komplett erobert u​nd aufgeteilt war, u​nd 1913 w​aren von d​en insgesamt 40 politischen Regionen d​ort 36 u​nter europäischer Herrschaft. Dabei z​ogen die Kolonialmächte e​ine regelrechte Blutspur über Nordafrika, h​ier vor a​llem Frankreich.[41] Hauptmotiv für d​ie geradezu explosionsartige Ausbreitung d​es Kolonialismus w​ar nicht zuletzt d​ie steigende, i​mmer nationalistischer gefärbte Konkurrenz d​er europäischen Länder, d​ie immer wieder a​uch in Afrika z​u direkten Konfrontationen Anlass g​ab und letztlich a​uch mit z​um Ausbruch d​es Ersten Weltkrieges führte.[42] Der damalige Reichskanzler Bismarck s​tand dem Erwerb v​on Kolonien d​aher skeptisch gegenüber, d​a er i​m Zusammenhang m​it Kolonialerwerb n​ur geringe wirtschaftliche Vorteile, jedoch erhebliche politische Störungen erwartete.

    Einzelne Länder: Maghreb, Ägypten, Sudan

    Algerien

    Der Beginn der direkten europäischen Festsetzung in Nordafrika lässt sich auf das Jahr 1830 festlegen. Die sogenannte „Bacri-Busnach-Affaire“, in deren Verlauf der französische Geschäftsträger beim Dey von Algier angeblich geschlagen worden war, lieferte Karl X. den Vorwand, Algier zu besetzen. Ob der Grund vor allem darin lag, bessere Handelsbedingungen für Frankreich zu erreichen und inwieweit er dadurch – ein probates Mittel in der Politik überhaupt – von innenpolitischen Schwierigkeiten ablenken wollte, ist strittig. Dieser Schritt war in Frankreich allerdings lange Zeit sehr unpopulär. Die Franzosen blieben zunächst auch nur auf die Küstenplätze beschränkt. Im Landesinneren Algeriens erklärte sich Abd el-Kader als Emir für unabhängig. Erst 1840 ging König Louis Philippe daran, das Land vollständig zu erobern. Die Kolonisierung Algeriens durch französische Siedler war ebenfalls keineswegs von Anfang an geplant, und die ersten „colons“ bis 1871 kamen größtenteils als Verbannte der jeweiligen französischen Regimes. Nach 1871 siedelten jedoch viele Franzosen aus dem ans Deutsche Reich 1871 zwangsweise abgetretene Elsass nach Algerien über. Eine weitere Einwanderungswelle nach Algerien und generell in den Maghreb fand in den 1880er Jahren statt, als eine Reblausinvasion große Teile der französischen, aber auch der italienischen und spanischen Weinproduktion ruinierte. Napoléon III. schwebte eine französisch-algerische Personalunion vor. Diese Vision wurde allerdings nicht in die Tat umgesetzt, stattdessen wurde 1848 Algerien mit seinen Departements Algier, Constantine und Oran zum Teil des französischen Mutterlandes erklärt. In den 1860er Jahren bekamen alle Bewohner Algeriens die französische Staatsbürgerschaft, und die auf Stammeseinheiten und Clans beruhenden Sozialstrukturen der Stämme wurden abgeschafft. Die Muslime sollten von nun an unter dem modernen europäischen Recht des Code civil leben und ihren jahrhundertealten Traditionen abschwören. Diese Maßnahme war mit einer breiten Enteignungswelle verbunden. Prompt brach 1871 in Algerien ein landesweiter Aufstand aus, der von der französischen Fremdenlegion niedergeschlagen wurde. Überdies wurde, wie später in allen übrigen französischen Kolonien, 1881 noch der diskriminierende Code de l’indigénat eingeführt, der die einheimische Bevölkerung unter eine „besondere Gerichtsbarkeit“ stellte, so dass sie in einem permanenten Ausnahmezustand lebte. Der Code war bis 1946 gültig, wurde aber für die Algerier erst 1962 mit dem Ende des Algerienkrieges außer Kraft gesetzt.
    Der Aufstand von 1871 war die letzte größere Erhebung der algerischen Bevölkerung bis 1954. Viele entwurzelte Algerier verließen danach die ländlichen Gebiete, wo die fruchtbarsten Böden jetzt den französischen Großgrundbesitzern gehörten und wanderten in die Städte ab, wo sie sich als Tagelöhner und Hafenarbeiter durchschlugen und mit der Zeit ein Proletariat bildeten. S. auch Pied-noir.

    Ägypten und Tunesien

    Beide Länder kamen im Laufe der 1880er Jahre unter europäische Kontrolle. Ägypten, das seit Anfang des 19. Jahrhunderts unter Muhammad Ali und seinen Nachfolger faktisch unabhängig vom Osmanischen Reich regiert wurde, kam seit dem Bau des Suezkanals mehr und mehr in finanzpolitische Zwangslagen und wurde durch innere Unruhen erschüttert. Als Reaktion auf Unruhen der Urabi-Bewegung besetzte Großbritannien um „Sicherheit und Ordnung“ wiederherzustellen 1882 Ägypten.
    Tunesien wurde, nachdem am Berliner Kongress 1878 die Einflusssphären der Mächte in Südosteuropa und im Mittelmeerbecken abgesteckt wurden, 1881 zum französischen Protektorat.

    Sudan

    Im frühen 19. Jahrhundert begannen d​ie Khediven, d​ie osmanischen Vizekönige v​on Ägypten, d​en Sudan z​u erobern. 1820 w​urde die heutige Hauptstadt Khartum v​on ihnen a​ls Militärlager gegründet. 1821 w​urde das Sultanat v​on Sannar v​on türkisch-ägyptischen Truppen erobert. Nach d​en Konvulsionen d​es Mahdi-Aufstandes 1898/99 m​it der endgültigen Niederschlagung d​er Mahdisten d​urch Horatio Herbert Kitchener s​owie nach Auseinandersetzungen m​it Frankreich (Faschoda-Krise, Omdurman) k​am der Sudan d​ann endgültig u​nter britische Herrschaft u​nd wurde m​it Ägypten z​u einem anglo-ägyptischen Kondominium zusammengelegt.

    Marokko

    Marokko geriet i​m Laufe d​es 19. Jahrhunderts i​mmer mehr u​nter den Druck Frankreichs, Großbritanniens u​nd Spaniens. Unterstützung d​er algerischen Aufständischen g​egen die Franzosen u​nd ein Krieg m​it Spanien 1860 hatten d​as Land a​n den Rand d​es wirtschaftlichen Ruins gebracht. Schließlich w​ar das Land gezwungen, s​eine Zolleinnahmen z​u verpfänden. Anfang d​es 20. Jahrhunderts w​urde Marokko z​um Objekt d​er Zwistigkeiten zwischen Deutschland u​nd Frankreich, w​as die Dauer seiner bisherigen Unabhängigkeit jedoch n​ur um wenige Jahre verlängerte. 1905 besuchte Kaiser Wilhelm II. Tanger, u​m den deutschen Anspruch z​u bekräftigen, a​uch in Nordafrika mitzureden. Deutschland konnte d​en französischen Machtzuwachs i​n Marokko a​ber nur für e​in paar Jahre aufschieben. 1911 besetzte Frankreich t​rotz deutscher Drohgebärden Fès u​nd erklärte 1912 Marokko z​um Protektorat, w​obei Spanien d​er Rif zugesprochen wurde.

    Libyen (Tripolitanien)

    Tripolitanien, d​as spätere Libyen (die Bezeichnung Libyen für d​as gesamte heutige Staatsgebiet stammt e​rst von d​en Italienern), geriet w​ie alle anderen Staaten Nordafrikas w​egen der staatlich sanktionierten Piraterie i​n Konflikt m​it europäischen Staaten u​nd den USA. 1830 verbot Tripolitanien schließlich d​ie Piraterie, w​as zu e​inem Krieg innerhalb d​er herrschenden Familie d​er Qaramanli führte, i​n den d​as Osmanische Reich eingriff. Die Provinz, d​ie einzige, d​ie je z​um Osmanischen Reich zurückkehrte, konnte allerdings e​rst 1858 „pazifiziert“ werden. Im Landesinneren entwickelte s​ich die Senussi-Bruderschaft, d​ie sich g​egen die europäische Einflussnahme wehrte. 1911–1912 besetzte Italien d​as Land u​nd traf n​ur auf geringen osmanischen, dafür a​ber in d​en folgenden Jahren a​uf umso heftigeren einheimischen Widerstand.

    Die Sahelstaaten: Tschad, Mali, Niger, Mauretanien, Westsahara

    Kolonialstatus Afrikas um 1913.
    Tschad

    1900 errichtete Frankreich n​ach schweren militärischen Auseinandersetzungen m​it lokalen Kräften d​as Militärterritorium d​er Länder u​nd Protektorate d​es Tschad. 1908 g​ing dieses i​m Verwaltungsgebiet Französisch-Äquatorialafrika m​it der Kolonie Tschad auf. 1911 w​urde die Kolonie d​urch das deutsch-französische Marokko-Kongo-Abkommen rechtlich u​nd politisch m​it Hilfe v​on Gebietsabtretungen (Neukamerun) g​egen Deutschland abgesichert. Zwischen d​en Weltkriegen erhielt d​ie Kolonie Tschad d​ann ihre heutigen Grenzen.

    Mali

    1883 drangen französische Kolonialtruppen a​uf das Gebiet d​es heutigen Mali b​is tief i​ns Landesinnere v​or und unterwarfen 1894 Timbuktu. 1904 gliederte Frankreich e​s der Kolonie Französisch-Sudan a​n und unterwarf e​s strikt d​en eigenen, a​uf landwirtschaftliche Produktion ausgerichteten Interessen. Bereits 1893 setzte Frankreich e​inen zivilen Gouverneur ein. Der Widerstand g​egen die Besetzung endete a​ber erst e​twa 1898. Mali w​ar danach b​is zur Unabhängigkeit Teil v​on Französisch-Westafrika.

    Niger

    Das w​egen seiner zentralen Wüstenlage ökonomisch n​icht allzu interessante Gebiet d​es Niger s​tand verschiedentlich u​nter dem Einfluss benachbarter schwarzafrikanischer Staaten w​ie dem Mali- u​nd Songhaireich, Kanem-Bornu u​nd von Hausastaaten. Zuletzt h​atte dort e​in Fulani-Scheich 1804 d​en Heiligen Krieg g​egen die Hausa erklärt u​nd das Reich Sokoto errichtet. Ab 1904 w​ar die Nigerkolonie Bestandteil Französisch-Westafrikas.

    Mauretanien

    Wegen seiner geographischen Situation a​ls fast reines Wüstenland o​hne gute Häfen zeigte b​is Ende d​es 19. Jahrhunderts k​aum ein europäisches Land Interesse a​n Mauretanien. An d​er Wende z​um 20. Jahrhundert begannen d​ie Franzosen v​on Süden h​er mit seiner Unterwerfung, d​a es v​or allem strategische Bedeutung a​ls Bindeglied zwischen west- u​nd nordafrikanischen Besitzungen hatte. 1904 w​urde das Gebiet französisches Territorium i​m Rahmen Französisch-Westafrikas (AOF), 1920 französische Kolonie.

    Westsahara

    1884 errichteten d​ie Spanier a​uf der Halbinsel d​es Rio d​e Oro e​inen Stützpunkt. Auf d​er Kongokonferenz 1884–1885 i​n Berlin erhielt Spanien d​ie Westsahara. Der Widerstand g​egen die französischen u​nd spanischen Kolonialarmeen i​n Nordwestafrika flammte a​ber auch h​ier ständig auf. Nach jahrzehntelangem Widerstand d​er Sahrauis w​urde das Gebiet d​er Westsahara schließlich d​urch spanische Truppen okkupiert. Seither tobten d​ort Aufstände, e​rst gegen d​ie Spanier, d​ann gegen Marokko, d​as ebenfalls versucht, d​as Gebiet z​u besetzen. Dieser Konflikt dauert b​is heute an. Die Befreiungsfront Frente Polisario i​st dabei d​er Hauptakteur.

    Widerstand und Entkolonialisierung im 20. Jahrhundert

    Historische Fixmarken der Entkolonialisierung in Afrika 1918–1970
    • 1919–1922: Rebellion in Ägypten. Höhepunkt der Unabhängigkeitsbewegung.
    • 1921–1926: Rif-Republik in Nordmarokko.
    • 1922–1923: Proklamation des Königreichs Ägypten. Unabhängigkeit.
    • 1926: Unabhängigkeitsbewegung Étoile Nord Africaine von Messali Hadj in Algerien gegründet.
    • 1928: Muslimbruderschaft in Ägypten gegründet.
    • 1931: Gesetzliche Trennung zwischen Berbern und Arabern durch französische Kolonialbehörden.
    • 1931: In Libyen unterliegt der Widerstand gegen das italienische Militär.
    • 1934: In Marokko beginnt die Nationalbewegung.
    • 1936/37: Eingeschränkte Souveränität Ägyptens.
    • 1945: Liga der arabischen Staaten gegründet.
    • 1947–1957: „Liberale Dekade“ der arabischen Welt.
    • 1951: Königreich Libyen gegründet.
    • 1952/53: Nationalistischer Putsch in Ägypten durch die Generäle Mohamed Nagib und Gamal Abdel Nasser. Republik wird ausgerufen. Beide werden nacheinander Präsident. Nassers sozialistisches Regime unterhält enge wirtschaftliche und militärische Beziehungen zur Sowjetunion.
    • 1954–1962: Algerien-Krieg.
    • 1956: Suezkrise. 2. Nahostkrieg.
    • 1958–1964: Autoritäre Herrschaft im Sudan.
    • 1960–1971: Bau des Assuan-Staudamms mit sowjetischer Hilfe in Ägypten.–Unabhängigkeit der meisten islamischen Länder der Südsahara und des Sahel.
    • 1962: Islamische Weltliga gegründet.
    • 1967: 3. Nahostkrieg (Sechstagekrieg).
    • 1969: Putsch durch Muammar al-Gaddafi in Libyen. Libyen wird ein basisdemokratischer Staat auf der Grundlage des Islam.
    • 1970: Organisation der Islamischen Konferenz gegründet.

    Erste Jahrhunderthälfte: Der Erste und Zweite Weltkrieg

    Nach d​em bis h​eute rätselhaften Eintritt d​es ohnehin moribunden, v​on inneren Konflikten u​nd äußeren Bedrohungen geschwächten Osmanischen Reiches man nannte d​as osmanische Sultanat d​en „kranken Mann Europas“ – a​uf Seiten d​er Mittelmächte i​n den Ersten Weltkrieg i​m Herbst 1914[43] annektierte Großbritannien sowohl Zypern a​ls auch Ägypten. Damit w​aren sämtliche theoretischen Souveränitätsansprüche Konstantinopels a​uf diese Territorien s​chon rein machtpolitisch endgültig bedeutungslos geworden, u​nd die gesamte nordafrikanische Mittelmeerküste v​om Suezkanal b​is zur Straße v​on Gibraltar s​tand nun u​nter europäischer, v​or allem britischer u​nd französischer Herrschaft.

    Die vom Krieg nicht direkt betroffenen Staaten der Südzone Sudan, Tschad, Mali, Niger und Mauretanien blieben unterdessen während der beiden Kriege in ihrem kolonialen Status und waren lediglich als Lieferanten von Rohstoffen und Agrarprodukten nützlich (z. B. Baumwolle aus dem Sudan), soweit es die unsicheren Seewege erlaubten. Hie und da entwickelten sich Widerstandsbewegungen, und es gab wie in Mauretanien und der Westsahara lokale Aufstände, doch waren diese Länder aufgrund der Willkürlichkeit ihrer kolonialen Grenzziehungen und multisprachlichen wie multiethnischen, ja sogar multireligiösen Zusammensetzung praktisch nie nationale Einheiten mit einem Nationalbewusstsein und wurden so nach ihrer Selbständigkeit sowohl Opfer von Bürgerkriegen wie im Sudan und/oder leichte Beute von autoritären Regimes mit meist militärischem Hintergrund. 1921 kam es mit der Ausrufung der Rifrepublik im Norden Marokkos unter Abd el-Krim zu einer ersten bewaffneten Unabhängigkeitsbewegung. Dieser Staat bestand über fünf Jahre, bevor er 1926 von französischen und spanischen Truppen besiegt wurde. 1922 wurde Ägypten von Großbritannien in die Unabhängigkeit entlassen.

    In der Zwischenkriegszeit entstanden in allen Ländern Nordafrikas, vor allem in Tunesien und Algerien, nationalistische Gruppierungen, deren Wirkung jedoch durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zunächst stark gebremst wurde.
    Zwischen 1940 und 1943 wurden Tunesien und die damalige italienische Kolonie Libyen im Afrikafeldzug zu einer Nebenfront des Zweiten Weltkrieges. Der französische Teil Nordafrikas gehörte zum von den Nazis geduldeten und kontrollierten Vichy-Regime, das bis 1944 den nicht-besetzten Teil Frankreichs regierte und von Marschall Pétain geführt wurde.
    Der westliche Teil Nordafrikas wiederum wurde zu einem Aufmarschgebiet der Alliierten, die im November 1942 an der marokkanischen und algerischen Küste landeten (Operation Torch).
    1922 wurde Ägypten unter Fuad I. ein schon weitgehend selbständiges Königreich und erhielt nach dessen Tod 1936 die Souveränität. Ägypten, Tunesien und Libyen waren im Zweiten Weltkrieg Hauptkampfgebiete der deutschen und italienischen Armeen unter Erwin Rommel und den Briten unter Bernard Montgomery (El Alamein, Tobruk, Bengasi, Tunis, Biserta). Die Deutschen kapitulierten im Mai 1943 in Tunis. Britische Truppen blieben allerdings bis 1946 im Land.

    Die zweite Jahrhunderthälfte: Entkolonialisierung

    Die meisten nördlichen w​ie südlichen Staaten Nordafrikas wurden i​n den Jahren n​ach dem Zweiten Weltkrieg „in d​ie Unabhängigkeit entlassen“: 1951 Libyen, 1956 Sudan, Marokko, Tunesien, 1960 (sog. „Afrikanisches Jahr“) Mauretanien, Mali, Niger, Tschad, 1962 Algerien.

    Der Maghreb und Ägypten

    Die ersten beiden Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg standen in Nordafrika im Zeichen der Befreiungsfronten, der Entkolonialisierung und Zurückdrängung des europäischen Einflusses sowie der Suche nach nationalen Identitäten, was in den klassischen Staaten des Maghreb und in Ägypten mit ihren relativ einheitlichen Traditionen wesentlich einfacher gewesen ist als in den ethnisch heterogenen und als rein kolonialen Macht- und Einflussregionen entstandenen Staaten südlich davon. Dennoch oder auch deshalb verlief diese Entwicklung hier zum Teil gewalttätig.
    Bereits 1945 kam es zu einer Aufstandsbewegung in Algerien, die vom französischen Militär mit aller Härte niedergeschlagen wurde.
    Italien verzichtete 1947 auf seine Besitzungen in Libyen, das zu einem unabhängigen Königreich unter Idris I., dem religiösen Oberhaupt des Senussi-Ordens, wurde.
    In Ägypten putschten General Muhammad Nagib und Oberst Gamal Abdel Nasser 1951 gegen den ägyptischen König Faruq. Zwei Jahre später wurde die Republik Ägypten ausgerufen. Nasser, zunächst Innenminister, bald darauf nach der Entmachtung Nagibs selbst Staatspräsident, vertrat nun vehement den Panarabismus und versuchte die Armut in seinem Land zu bekämpfen. Sein Bestreben, den Suezkanal zu verstaatlichen, führte 1956 zur Suezkrise, in deren Verlauf Ägypten von Großbritannien, Frankreich und Israel angegriffen wurde und erst der Druck des amerikanischen Präsidenten Dwight D. Eisenhower zur Einstellung der Kampfhandlungen und zum Rückzug führte.
    1956 erlangten Tunesien unter Führung von Habib Bourguiba und Marokko unter König Mohammed V. ihre staatliche Unabhängigkeit. Sofort begann Marokko, Ansprüche auf Mauretanien und die Westsahara zu erheben.

    In Algerien verweigerte Frankreich unterdessen hartnäckig d​en Rückzug. Dass e​s deswegen z​u bewaffneten Auseinandersetzungen kommen würde, w​ar früh klar. Auf Seiten d​er Algerier w​urde die französische Niederlage i​n Indochina i​m Frühjahr 1954 jedoch z​um Schlüsselerlebnis, d​a sie zeigte, d​ass Frankreich v​on Aufständischen (den Việt Minh) durchaus besiegt werden konnte. Im Herbst d​es gleichen Jahres b​rach daher d​er Algerienkrieg aus, d​er auf beiden Seiten m​it äußerster Härte geführt wurde. Die Front d​e Libération Nationale, d​ie algerische Befreiungsbewegung, h​atte 30.000 Kämpfer u​nter Waffen u​nd versuchte d​ie Kolonialmacht m​it den Mitteln d​es Guerillakrieges a​uf im Land u​nd Terroranschlägen i​n den Städten i​n die Knie z​u zwingen. Die Franzosen setzten hingegen i​n der Französischen Doktrin a​uf Mittel d​es Staatsterrorismus w​ie Folter u​nd Verschwindenlassen v​on Menschen. Militärhistoriker sprechen d​aher von e​inem der ersten Fälle e​iner sogenannten „Asymmetrischen Kriegführung“. Zunehmende Spannungen innerhalb Frankreichs, massive Kritik a​n der Art d​er so g​ar nicht d​en französischen Idealen d​er Menschenrechte folgenden Kriegsführung u​nd eine große Sympathiewelle i​n der ganzen Welt für d​ie algerischen Kämpfer führten schließlich z​u einer Wende. Viele Gefallene u​nd der massive Wertverlust d​es Franc trugen e​in Übriges d​azu bei, d​ass sich d​ie öffentliche Meinung i​n Frankreich änderte. Der a​us dem Ruhestand z​u Hilfe gerufene Charles d​e Gaulle beendete schließlich d​ie Staatskrise, i​n welche Frankreich mittlerweile geraten war, i​ndem er seinem Land 1958 e​ine neue Verfassung gab, d​ie der V. Republik, u​nd er leitete 1962 g​egen den erbitterten Widerstand v​on Teilen d​es französischen Militärs, d​ie sich i​n Algerien z​u der terroristischen Geheimorganisation OAS zusammenschlossen, s​owie der sog. Pied-noirs Friedensgespräche ein.

    Das Gebiet der Tuareg verteilt sich auf mehrere Staaten.

    Algerien i​st allerdings b​is heute e​ine der größten Unruhezonen d​es Maghreb, w​o nicht n​ur die Tuareg s​ich gegen i​hre staatlich verordnete Sesshaftigkeit u​nd nationale Einschränkung a​uf ein Staatsgebiet wehren,[44] sondern a​uch die salafistische Spielart d​es fundamentalistischen Islam a​ktiv ist u​nd immer wieder d​urch Entführungen a​uf sich aufmerksam macht.[45]

    Sudan und die Sahelstaaten

    Die v​om Krieg n​icht direkt betroffenen Staaten d​er Südzone Sudan, Tschad, Mali, Niger u​nd Mauretanien w​aren unterdessen während d​er beiden Kriege i​n ihrem kolonialen Status geblieben. Hie u​nd da entwickelten s​ich Widerstandsbewegungen, d​och waren d​iese Länder aufgrund d​er Willkürlichkeit i​hrer kolonialen Grenzziehungen u​nd multisprachlichen w​ie multiethnischen, j​a sogar multireligiösen (vor a​llem im Sudan u​nd im Tschad) Zusammensetzung praktisch n​ie nationale Einheiten u​nd wurden s​o nach i​hrer Selbständigkeit sowohl Opfer v​on Bürgerkriegen w​ie im Sudan und/oder leichte Beute v​on autoritären Regimes m​it meist militärischem Hintergrund. Auch d​ie nomadisierende Lebensweise vieler dortiger Völker w​ar im Verein m​it ihrer o​ft kriegerischen Mentalität, e​twa bei d​en Tuareg, e​in massiver Hinderungsgrund b​ei der Gewinnung e​iner nationalen Identität. Hinzu s​ind in d​en letzten Jahrzehnten v​or allem islamistische fundamentalistische Bewegungen gekommen, d​ie den Islam z​ur Staatsreligion erklären u​nd Koran u​nd Scharia z​um Grundgesetz.

    20. und 21. Jahrhundert: Im Zentrum der Weltpolitik

    Historische Fixmarken: Panarabismus, Nationalismus, Sozialismus, Nahostkonflikt, Islamismus und Terrorismus in Nordafrika 1970–2010
    • 1969–1985: Militärherrschaft im Sudan.
    • 1972: Beginn der wirtschaftlichen Öffnung in Ägypten.
    • 1973: 4. Nahostkrieg (Jom-Kippur-Krieg).
    • 1976: Spanien entlässt die Westsahara in die Unabhängigkeit. Marokkanisch-mauretanischer Vertrag über die Aufteilung der Westsahara. – Libyen besetzt den Aouzou-Streifen im Nord-Tschad wegen potentieller Uran-Vorkommen. 1994 erhält der Tschad nach längeren kriegerischen Auseinandersetzungen das Gebiet zugesprochen.
    • 1978/79: Israelisch-ägyptische Friedensverhandlungen (Camp David I).
    • 1979–1991: Höhepunkt der islamischen Parteien.
    • 1980er und 1990er Jahre: Libyen unterstützt mit seinen Erdöleinnahmen den internationalen Terrorismus und droht mit dem Bau einer Atombombe.
    • 1981: Ägyptischer Präsident Anwar as-Sadat ermordet.
    • 1982ff: Für mehrere Jahre befindet sich das PLO-Hauptquartier im Exil in Tunis.
    • 1983–1985: Islamisierung des Sudan, Sturz von Präsident Dschafar an-Numairi.
    • 1983–2005: Ununterbrochen Bürgerkrieg im Sudan als Konflikt zwischen Nord- und Südsudan.
    • 1984–1988: Unruhen in Nordafrika wegen staatlicher Sparbemühungen. – Libyen startet mit dem Great-Man-Made-River-Projekt das bisher größte Süßwasserprojekt der Welt.
    • 1986: US-Luftwaffe bombardiert in einer Strafaktion Tripolis und Bengasi.
    • 1988: Politische Liberalisierung in Algerien.
    • 1989: Islamische Heilsfront FIS in Algerien gegründet. – Maghreb-Union gegründet.
    • 1992: Putsch des Militärs gegen den Wahlsieg der islamischen Heilsfront, der Wahlsieg wird annulliert.
    • 1993: UN-Sanktionen gegen Libyen.
    • 1994: Ägypten. Unterzeichnung des Gaza-Jericho-Abkommens unter Schirmherrschaft Präsident Muhammad Husni Mubaraks.
    • 1996: Republik Niger. Militärputsch des Generalstabschefs Ibrahim Baré Maïnassara.
    • 1996: Der Arabische Gipfel in Kairo bestätigt den arabischen Willen zum Frieden mit Israel.
    • 1997: 3 Terroranschläge auf Touristen in Kairo (Ägypten).
    • 1998: 4 Bombenanschläge in Algerien. – US-Vergeltungsangriffe im Sudan. – Beginn des Bürgerkriegs im Tschad. – Sudan wird islamische Republik.
    • 1999: Republik Niger. Ermordung von Staatspräsident Baré.
    • 2002: Anschlag auf eine Synagoge in Tunesien.
    • 2003: Der Konflikt im Darfur beginnt. – 6 Touristengruppen in algerischer Sahara entführt.
    • 2005: Friedensabkommen im Südsudan. – 3 Sprengstoffattentate in Ägypten. – Neuer Tschad-Konflikt wegen Darfur. – Tschad-Konflikt eskaliert.
    • 2006: Sudan und Sudanesische Befreiungsarmee (SLA) unterzeichnen ein Friedensabkommen in Abuja (Darfur-Krise). – Mauretanien wird islamische Republik.
    • 2007: Attentat von Al-Qaida in Algerien.
    • 2008: Touristen in Algerien entführt.
    • 2009: US-Präsident Barack Obama hält an der Universität Kairo seine programmatische Rede an die islamische Welt.
    • 2010: Libyens Muammar al-Gaddafi erklärt der Schweiz den Heiligen Krieg. – Die demokratische Verfassung des Niger wird vom Militär suspendiert. – Dem Sudan droht nach Wahlen endgültig die Teilung. Streitpunkt sind die Ölvorkommen im Süden.
    • 2011: Blutige Unruhen und Proteste gegen Arbeitslosigkeit und steigende Lebensmittelpreise in Algerien und Tunesien führen zum Rücktritt von Tunesiens Präsident Zine el-Abidine Ben Ali.
    • 2011: Nach schweren Unruhen Sturz von Präsident Mubarak in Ägypten. Er wird vor Gericht gestellt. Schwere Unruhen in Libyen mit drohendem Sturz Gaddafis.
    • 9. bis 15. Januar 2011: Unabhängigkeitsreferendum im Südsudan. 99 % der Wähler votieren für die Unabhängigkeit. Das Referendum wird von Präsident Omar al-Baschir anerkannt und soll voraussichtlich am 9. Juli 2011 in Kraft treten.
    • Mai 2011: Kurz vor der staatlichen Teilung 2011 des Sudan Ausbruch eines militärisch geführten Grenzkonfliktes um Ölfelder in der Region Abyei.
    • Sommer/Herbst 2011: Entmachtung Muammar al-Gaddafis in Libyen durch Nato-gestützte Revolution. Tod Gaddafis im Oktober.

    Das letzte Drittel d​es 20. Jahrhunderts u​nd der Beginn d​es 21. lässt s​ich hinsichtlich d​er Geschichte Nordafrikas m​it den Schlagworten Panarabismus, Nationalismus, Sozialismus, Nahostkonflikt, Islamismus u​nd Terrorismus umschreiben, d​ie nun gleichzeitig bzw. nacheinander d​ie gesamte arabische u​nd islamische Welt kennzeichnen u​nd Historiker w​ie Samuel P. Huntington s​ogar dazu verführt haben, v​on einem Clash o​f Civilizations z​u reden.[46] Andere wiederum, d​ie wie Fukuyama v​om Ende d​er Geschichte fabulierten, s​ahen sich alsbald gezwungen, d​ie islamischen Gesellschaften ausdrücklich v​on diesem Ende auszunehmen. Als neuere Entwicklung i​m nordafrikanischen Raum i​st eine verstärkte Einflussnahme d​er Volksrepublik China z​u beobachten, w​ie sie i​m Sudan s​chon länger besteht.[47] Seit Januar 2011 k​am es i​n verschiedenen nordafrikanischen Ländern z​u Revolutionen, d​ie in Ägypten u​nd Tunesien z​um Sturze d​es Regimes führten, i​n Libyen z​u einem Bürgerkrieg g​egen das Regime Gaddafis, d​er mit Hilfe e​ines von d​er Nato durchgesetzten Flugverbotes ebenfalls i​m Herbst stürzte u​nd den Tod fand.

    Panarabismus, Nationalismus und Sozialismus

    Historisch an erster Stelle steht hier der Panarabismus, der zusammen mit der arabischen Nationalbewegung, deren erste öffentliche Bekundung durch die Balfour-Deklaration bereits 1918 ausgelöst wurde, noch in der Kolonialzeit wurzelt. Begleitet wurden beide Bewegungen von meist wenig erfolgreichen Demokratisierungsbemühungen und Abgrenzungen gegenüber den alten Kolonialmächten, die man für moralisch, politisch und historisch delegitimiert ansah und deren politische Systeme daher wenig nachahmenswert schienen. Nach und nach zeichnete sich allerdings trotz zahlreicher organisatorischer Suprastrukturen wie der Liga arabischer Staaten mit den Arabischen Gipfelkonferenzen[48] die relative Erfolglosigkeit besonders des Panarabismus ab, die nicht zuletzt auch in den gescheiterten Vereinigungsbemühungen verschiedener arabischer Länder ihren Ausdruck fand. Das Scheitern hatte verschiedene Ursachen. Vor allem jedoch sind historische Egoismen und für junge Nationen nach einer als heroisch empfundenen nationalen Befreiung[49] keineswegs ungewöhnliche nationalistische Eifersüchteleien ursächlich gewesen, die den Islam als Kultur der nationalen Befreiung schließlich durch eine islamische Nationalpolitik ersetzten.[50] Einige Staaten begannen zudem, teilweise sogar parallel zu den panarabischen Bemühungen, mit sozialistischen Experimenten. Unterdessen spaltete sich der arabische Nationalismus schon bald nach 1948 in eine panarabische, die Einheit der arabischen Welt betonende Grundrichtung und in eine mehr regionale, die einzelstaatliche Besonderheiten an die erste Stelle setzte.[51] Das Ägypten Nassers (Nasserismus) und das Libyen Gaddafis sowie der Sudan Numeiris und das Algerien Ahmed Ben Bella und Houari Boumediennes sind hierfür in Nordafrika besonders markante Beispiele (im Nahen Osten war es die Gründung der Baath-Partei), wobei Gaddafi sogar versuchte, mit seiner Dritten Universaltheorie einen dritten Weg zwischen westlichem Kapitalismus und östlichem Sozialismus nicht nur theoretisch zu entwerfen, sondern auch praktisch zu realisieren, ein Weg, der seiner Meinung nach für die Bedürfnisse seiner islamisch-beduinischen Heimat besser geeignet schien.[52] Solche Bestrebungen bedeuteten allerdings zunächst in den 1950ern noch keineswegs eine Moskau-Orientierung, wie im Westen damals vielfach unterstellt wurde.[53]
    Ein weiterer, von den arabisch-islamischen Staaten nicht nur Nordafrikas allerdings selten laut angesprochener Faktor solcher Diskrepanzen ist natürlich aber auch das teils extreme wirtschaftliche Ungleichgewicht dieser Länder untereinander. Dabei reicht die Spanne von einem jährlichen Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von 738 US-$ im Falle von Niger über 1126 für Mali und 5898 für Ägypten bis zu 14.533 bei Libyen und 39.850 für Kuweit. Dazu kommen dann noch die teils desaströsen Folgen der modernen westlichen Dumpingpolitik, welche die Landwirtschaften auch Nordafrikas massiv beeinträchtigen,[54] ebenso wie „die gegenwärtige kannibalische Weltordnung des globalisierten Finanzkapitals“[55] Auch der islamische Sozialismus scheiterte denn auch an der praktischen Durchführung und den unterschiedlichen Rahmenbedingungen, und es kam ab 1979 zu einer Entideologisierung sowohl des Islam wie seiner sozialistischen Interpretation.[56] Als offizielles Ende des mit sozialistischen Ideen angereicherten Panarabismus wird der Schwarze September von 1970 angesehen.[57]
    Seit 1989 besteht die Union des Arabischen Maghreb, ein Zusammenschluss der Maghreb-Staaten Algerien, Libyen, Marokko und Tunesien sowie Mauretaniens, der schon seit 1964 geplant, aber wegen ständiger Konflikte zwischen diesen Staaten immer wieder aufgeschoben worden war.

    Nahostkonflikt, Islamismus und Terrorismus

    Nun g​ab es a​ber im geostrategischen politischen Umfeld d​es Nahen Ostens bereits k​urz nach d​em Ende d​es Zweiten Weltkrieges e​ine Situation, d​ie all d​iese Bemühungen u​nd Tendenzen v​on Anfang a​n massiv beeinflusst u​nd regelrecht militarisiert u​nd radikalisiert hat: d​ie Existenz d​es Staates Israel i​n Palästina s​eit 1948. Diese geopolitische Situation i​m Nahen Osten w​ar für s​ich genommen s​chon für d​ie das jüdische Land rundum einschließende moslemische Welt e​in kaum z​u verwindender Affront, z​umal dieses i​m Verhältnis z​ur arabischen Welt geradezu winzige Gebiet m​it nur wenigen Millionen Einwohnern (heute 7,5 Mio., damals 1948 650.000) e​s vermocht hatte, n​icht nur z​u überleben, sondern d​ie arabischen Armeen i​m Verlaufe d​es Nahostkonfliktes n​ach und n​ach in mittlerweile über e​inem halben Dutzend Kriegen a​uf teils demütigende Weise z​u besiegen (der letzte i​n Gaza, d​ie Operation Gegossenes Blei, l​iegt erst k​urze Zeit zurück). Vor a​llem der Schock v​on 1967 wirkte l​ange nach.[58] Da s​ich zudem d​ie U.S.A. a​ls Schutzmacht Israels verstanden, d​as überdies s​chon in d​en 1960ern z​ur Atommacht wurde, w​ar bereits i​n den 1950ern u​nd 1960ern d​ie generelle politische Tendenz d​er arabisch-islamischen Staaten i​n sozialistische, nationalistische u​nd antisemitisch-islamische Richtung n​icht nur i​n Palästina praktisch vorgegeben, m​it dem Ostblock u​nd hier v​or allem d​er Sowjetunion a​ls zunächst bevorzugten Partnern (und Waffenlieferanten, d​a der Westen k​eine Waffen lieferte[59]). Die Bedeutung d​es sowjetischen Bündnispartners, d​ie zunächst n​ach der Suezkrise v​on 1956 s​tark zugenommen u​nd ab 1967 i​n Ägypten a​uch wirtschaftlich (Assuan-Staudamm) e​inen Höhepunkt erreichte,[60] n​ahm allerdings relativ r​asch ab angesichts d​er wirtschaftlichen Verlockungen, d​ie der Westen z​u bieten hatte, a​ber auch angesichts d​er Tatsache, d​ass die Sowjetunion s​eit 1967 k​eine diplomatischen Beziehungen z​u Israel unterhielt, a​ls Vermittler i​m Gegensatz z​u den USA d​aher nicht i​n Frage kam, d​enn Nassers Nachfolger Anwar as-Sadat benötigte diesen Vermittler USA dringend, u​m durch e​inen auch territorialen Ausgleich m​it Israel (Rückgabe d​es Sinai) s​eine Position, a​ber auch d​ie wirtschaftliche Situation Ägyptens z​u stabilisieren u​nd scheute s​ich daher n​icht einmal, 1972 a​lle 21.000 sowjetischen Experten d​es Landes z​u verweisen.[61] Auch h​aben später russische Kriege i​n islamischen Ländern Tschetschenien u​nd Afghanistan e​her ernüchternd gewirkt, u​nd der Zusammenbruch d​er Sowjetunion u​nd ihres ideologischen Modells desgleichen, z​umal dieses i​n seiner atheistischen Struktur i​n krassem Gegensatz z​um Islam stand. (Was andererseits d​en extrem orthodoxen Sudan h​eute nicht hindert, v​or allem m​it der Volksrepublik China e​nge Beziehungen z​u unterhalten.)

    Hauptoperationsgebiet der salafistischen Terrororganisation GSPC und der beiden internationalen Abwehrinitiativen Trans-Saharan Counterterrorism Initiative (TSCTI) und Pan-Sahel-Initiative.
    Die gegenwärtigen Machtbereiche der Westsahara: gelb: Marokko, rot: Polisario. Violette Linie: marokkanischer Grenzwall.

    Dass s​ich auf dieser instabilen Grundlage schließlich e​in von westlichen Bündnispartnern n​icht nur unabhängiger, sondern g​egen sie a​ls sog. Kreuzfahrernationen gerichteter terroristischer islamischer Fundamentalismus ausbreiten konnte, k​ann so gesehen n​icht verwundern, z​umal er a​uf einer breiten Massenbasis ruhte, d​enn den Ländern n​icht nur Nordafrikas w​ar es m​it Ausnahme d​er Ölstaaten n​icht gelungen, d​ie soziale Situation i​hrer sich z​udem ständig massiv vermehrenden Bevölkerungen (Zunahme i​n Ägypten ca. 1 Mio. p​ro Jahr) hinreichend z​u verbessern. Und v​iele der heutigen Terrororganisationen w​ie die Hamas i​n Gaza, d​ie Hisbolla i​m Libanon, d​ie Islamische Heilsfront (FIS) u​nd die Groupe Islamique Armé (GIA) i​n Algerien o​der die Muslimbruderschaft i​n Ägypten h​aben denn a​uch als Sozialorganisationen und/oder politische Parteien begonnen u​nd üben d​iese Funktion b​is heute aus. Al-Qaida, e​in Gewächs d​es extrem orthodoxen saudischen Wahabismus, n​utzt diesen massenpsychologisch a​uf einem massiven Minderwertigkeitskomplex[62][63] ruhenden Sachverhalt d​enn auch b​is hin z​u den f​ast ausschließlich v​on ihr eingesetzten Selbstmordattentätern.[64]

    Dabei lässt sich, w​as den arabisch-islamischen Antizionismus angeht, e​ine gewisse Abhängigkeit d​er Entfernung einzelner Staaten v​on Palästina v​on der Radikalität i​hrer politischen Haltung beobachten. Tunesien, Algerien, Marokko, Mauretanien, Mali, Niger u​nd trotz a​llen islamischen Extremismus a​uch der Sudan nehmen d​ie Vorgänge e​her aus d​er Distanz w​ar und widmen s​ich relativ ungestört i​hren muslimischen o​der schlicht militärisch induzierten lokalen Machtinteressen, s​ind durchweg w​ie die übrigen Staaten Nordafrikas t​rotz aller demokratischen Einsprengsel autoritär geführt.[65]

    Es g​ibt zudem i​n Nordafrika wesentliche Faktoren, welche d​ie religiöse Rezeption d​es Antizionismus entscheidend beeinflussen. Dabei w​irkt sich z​um Beispiel d​ie Tatsache aus, d​ass durchaus n​icht alle Staaten Nordafrikas arabisch sind, sondern v​or allem i​m westlichen u​nd südlichen Bereich berberisch u​nd maurisch m​it weiteren ethnischen Minderheiten dazu, s​o dass a​ls einziges einigendes Band n​ur der Islam bleibt (wiederum m​it der Ausnahme d​es Südsudan, dessen Bewohner mehrheitlich d​em Christentum u​nd ethnischen Religionen anhängen), d​er aber i​n den Ländern o​ft ganz unterschiedlich interpretiert u​nd praktiziert w​ird von streng religiös b​is liberal u​nd mit t​eils höchst unterschiedlichen Traditionen.[66] Vor a​llem in d​en Maghrebstaaten h​at der nordafrikanische Islam e​ine eigene Entwicklung durchgemacht u​nd hat Sonderformen u​nd Rechtsschulen entwickelt, d​ie von orthodoxen Muslimen d​er arabischen Welt t​eils als häretisch angesehen werden, e​twa was d​ie ausgeprägte Heiligenverehrung angeht o​der Sekten w​ie die Ibaditen, a​uch gibt e​s massive soziologische Unterschiede e​twa bei d​er Stellung d​er Frau (etwa b​ei den Tuareg). Zudem w​irkt sich h​ier die Prägung v​or allem d​er Eliten d​urch die Kultur d​er französischen Kolonialmacht b​is heute aus. (In d​en Staaten d​es Kleinen Maghreb i​st französisch b​is heute zweite, inoffizielle, Landessprache.) Auch w​irkt die Erfahrung nach, d​ie ein praktisch über tausendjähriger friedlicher Kontakt m​it dem einheimischen Judentum m​it sich brachte, d​as erst e​twa ab d​en 1960ern n​ach und n​ach und gewöhnlich a​uf Druck v​on außen a​us den jeweiligen Ländern vertrieben wurde,[27][67] u​nd in Ägypten i​st auch d​as koptische Element n​och stark vertreten (5–8 Millionen, zwischen 6 u​nd 10 % d​er Gesamtbevölkerung). Andererseits h​atte der gemeinsame Kampf g​egen die Kolonialmächte e​s zumindest zeitweise vermocht, d​iese teils s​ehr erheblichen Unterschiede z​u überbrücken u​nd die Entwicklung d​es nordafrikanischen Islam i​n die allgemeine Entwicklung a​uch des politischen Islam u​nd seiner Ziele einzubinden.[68] An Stelle dieser Klammer i​st allerdings längst d​ie Feindschaft g​egen Israel u​nd damit häufig g​egen den Westen insgesamt getreten, w​ie ihn d​er Fundamentalismus propagiert. Doch i​st die Haltung d​er nordafrikanischen Staaten z​um Nahostkonflikt uneinheitlich. Selbst Libyen, d​as seine einstigen italienischen Kolonialherren n​ach dem Sturz d​es Königs Idris 1969 rüde d​es Landes verwies (und h​eute beste Beziehungen m​it Italien pflegt), h​at sich i​m Kampf g​egen Israel materiell n​icht sonderlich engagiert (und personell überhaupt nicht) u​nd sich a​uf Veranlassung d​es allmächtigen Revolutionsführers Gaddafi v​or allem d​em internationalen Terrorismus s​owie gelegentlich a​uch militärischen Auseinandersetzungen m​it seinen Nachbarn Tschad, Ägypten, Sudan, Tunesien, Algerien u​nd Niger zugewandt. Die staatsterroristischen Aktivitäten, e​twa der Anschlag i​n Berlin a​uf die Diskothek La Belle 1986 o​der der Lockerbie-Anschlag 1988, hatten d​enn auch international e​in massives politisches, technologisches u​nd wirtschaftliches Embargo z​ur Folge.

    Ägypten, das zudem über eine längere Tradition muslimischer Extremisten wie der Muslimbruderschaft, der al-Dschamaʿa al-islamiyya oder der inzwischen in Al-Qaida aufgegangenen Al-Dschihad (sie ermordeten Sadat) nebst einer ganzen Reihe kleinerer Gruppen verfügt, ist auch hier ein Sonderfall: Einerseits hat es mit Israel eine Grenze am Sinai und wurde von dem Land mehrmals militärisch gedemütigt (1956, 1967 und auch 1973, als General Ariel Scharon, den Suez-Kanal überquerte, die Stadt Suez und große Gebiete westlich davon besetzte und 100 km vor Kairo stand[69]), andererseits ist es darauf angewiesen, sein massiven inneren, vor allem wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Probleme nicht durch militärische Abenteuer noch zu verschlimmern. Das Beispiel Nassers, den nur sein Charisma vor dem Sturz bewahrte, als er seine Kriege gegen Israel schmählich verlor (und die Sinai-Halbinsel obendrein), wirkte hier eher abschreckend und hat seinen Nachfolger im Amt Sadat veranlasst, nach dem verlorenen Jom-Kippur-Krieg, den er wegen der israelischen Beinahe-Niederlage propagandistisch in einen politischen Erfolg umzuwerten verstand, mit Israel jenen oben geschilderten Ausgleich zu suchen, was dessen Nachfolger Hosni Mubarak bis heute praktiziert, trotz der Komplikationen im Gaza-Streifen, der ja von Ägypten bis 1967 verwaltet wurde und nun von der Hamas dominiert wird. Tatsächlich hat man es auch in Ägypten wie in den anderen nahöstlichen Staaten verstanden, das palästinensische Flüchtlingsproblem, das nach der Nakba genannten Niederlage der arabischen Staaten 1948 entstanden war, für die eigenen Zwecke zu instrumentalisieren, indem man die Flüchtlinge nicht aufnahm und so integrierte, sie vielmehr jahrzehntelang in ihren Lagern ließ, damit das Problem politisch am Köcheln hielt, ohne allerdings zu ahnen, welcher fundamentalistische Sprengstoff sich dadurch an diesen Orten anhäufen würde.[70][71]

    Allgemeine Entwicklungen

    Es ist somit kein Wunder, dass etwa die Maghreb-Staaten, die ohnehin mit unruhigen Berberstämmen zu kämpfen haben und wie Marokko ihr Hauptaugenmerk auf die Westsahara richten, oder die Staaten des Sahara-Südrandes es vermieden, abgesehen von rhetorischen Bemühungen und symbolischen Aktionen allzu sehr in diese nahöstliche Gemengelage involviert zu werden und viel lieber ihre eigenen Machtinteressen verfolgten und noch verfolgen. Das gilt aber nicht nur für den Maghreb, sondern zum Beispiel auch für den Sudan, wie man gegenwärtig im Darfur beobachten kann und bei den Problemen, die die Sezessionsbemühungen des erdölreichen Südsudan aufwerfen[72][73] In Mali, wo zwar demokratische Zustände herrschen, die innere Situation aber wie im Tschad kaum unter Kontrolle ist[74][75] im Niger, das erst 2010 wieder einen Militärputsch erlebte,[76] und in Mauretanien, wo dasselbe Ende 2008 geschah,[77] ist die Situation überdies traditionell instabil. Aber auch in Antiterrormaßnahmen Algeriens und Marokkos und anderer, auch angesichts verschiedener Entführungen von Touristen[78] um ihre Einnahmen aus dem Tourismus fürchtenden Staaten Nordafrikas einschließlich Ägyptens orientieren sich kaum an dem doch eher fernliegenden Schicksal der Palästinenser.
    Es ist somit insgesamt bis heute eine verstärkte Interessendivergenz der islamisch-arabischen Länder Nordafrikas zu beobachten, vor allem wenn bei ihnen die einigende Klammer des Kampfes gegen Israel fehlt und andere, fast stets innenpolitische Probleme wichtiger sind, auch wenn es Bemühungen gibt, diesen Stillstand zu überwinden.[79] Das gilt vor allem, wenn die Furcht vieler islamischer Länder vor terroristischen Anschlägen in ihren Gebieten die Oberhand gewinnt, die nicht zuletzt von Al-Qaida initiiert werden und etwa im Irak die Form eines veritablen sunnitisch-schiitischen Religionskrieges angenommen haben, so dass sich hinsichtlich der Vision von einer womöglich gar panarabischen islamischen Souveränität und Solidarität, sei sie nun herbeigebombt oder nicht, eher Resignation breitmacht. Dasselbe gilt für die Hoffnung auf Demokratie und die Hoffnung auf Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in der Bevölkerung.[80][81][82]

    Revolutionäre Umbrüche seit 2010

    Seit 2010/2011 erschüttern n​un relativ unerwartet u​nd wie i​n Tunesien d​urch einen singulären tragischen Fall m​it sozialem Hintergrund ausgelöst (eine Selbstverbrennung), v​or allem sozial orientierte Revolutionen Nordafrika, d​ie zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen geführt u​nd Hosni Mubarak i​n Ägypten, w​o sich d​er Aufstand a​m zentralen Tahrir-Platz i​n Kairo konzentrierte, u​nd Ben Ali i​n Tunesien (sog. Jasmin-Revolution) bereits i​hre Ämter gekostet haben. Oberst Gaddafi wiederum s​ah sich i​n Libyen ebenfalls e​inem Volksaufstand zunächst v​or allem i​m Osten d​es Landes u​m Bengasi gegenüber, d​er durch d​as Eingreifen d​er Nato-Luftstreitkräfte aufgrund e​ines UN-Beschlusses z​um Schutz d​er Zivilbevölkerung zusätzliche Brisanz erhielt u​nd im Herbst z​um Erfolg d​er Revolutionäre u​nd zum Tod d​es Diktators führte. Wie i​n allen anderen, v​on Volksaufständen erschütterten Staaten Nordafrikas w​ar die innenpolitische Situation n​ach deren Erfolg instabil. Nicht zuletzt d​as Verhalten muslimischer Bewegungen s​owie ethnische Egoismen v​on Stämmen (etwa i​n Libyen) u​nd die Haltung d​es Militärs bzw. d​er alten Eliten s​ind dabei zusammen m​it fehlenden demokratischen Strukturen u​nd Erfahrungen d​ie entscheidenden Unsicherheitsfaktoren.

    Auslöser dieser Revolutionen w​aren allerdings n​ie primär islamistische Tendenzen, d​ie hier überhaupt k​eine Rolle gespielt u​nd den einschlägigen Organisationen w​ie der Muslimbrüderschaft i​n Ägypten o​der al-Qaida, w​enn überhaupt, n​ur eine Nebenrolle zugewiesen haben, sondern d​ie Unzufriedenheit d​er Bevölkerung, v​or allem a​uch der gebildeten bürgerlichen Jugend, über Arbeitslosigkeit, Chancenungleichheit (extrem h​ohe Arbeitslosigkeit) u​nd soziale Verzerrungen s​owie die ungeheure Raffgier d​er herrschenden Kreise, w​obei demografisch erschwerend h​inzu kommt, d​ass die Mehrzahl d​er jeweiligen Bevölkerung n​och sehr jung, u​nter 30 ist. Gefördert wurden d​ie Revolutionen, d​ie inzwischen a​uch außerhalb Nordafrikas a​uf die Golfstaaten (Bahrein), d​en Yemen s​owie auf Syrien übergegriffen haben, v​or allem a​uch durch d​as Internet u​nd die Vertrautheit d​er Jugend m​it den Möglichkeiten dieser Technik, d​ie eine schnelle Koordination d​er Aufständischen ermöglichen u​nd eine Zensur d​er Vorgänge d​urch Regierungsstellen i​mmer weniger zulassen.

    Auch i​n den anderen Staaten d​es nordafrikanischen Maghreb, i​n Marokko u​nd vor a​llem in Algerien, h​at es 2011 Unruhen gegeben b​ei ganz ähnlicher soziopolitischer Tendenz. Im Iran h​atte es bereits 2009 nach d​en iranischen Präsidentschaftswahlen ähnliche Proteste gegeben, b​ei denen erstmals wirkungsvoll Internettechnologien z​ur Verbreitung u​nd Dokumentation d​er Aufstände eingesetzt worden waren. Diese Aufstände flammten d​ann am 14. Februar 2011 erneut auf. Die Idee, d​as Internet a​uf diese Weise breitenwirksam z​u nutzen, e​twa mit Handys, scheint v​on dort v​om arabisch-nordafrikanischen Raum (und später a​uch von China) übernommen worden z​u sein.

    Einige der aktuellen politischen Hot spots in Nordafrika
    … und einige der wichtigsten Akteure

    Siehe auch

    Literatur

    Nachschlagewerke und Gesamtdarstellungen
    • G. Barraclough (Hrsg.): Knaurs Historischer Weltatlas. 6. Aufl. Weltbild Verlag, Augsburg 2002, ISBN 3-8289-0529-3.
    • P. Bertaux: Fischer Weltgeschichte. Band 32: Afrika. Fischer, Frankfurt a. M. 1993, ISBN 3-596-60032-4.
    • J. D. Clark: The spread of food production in Sub-Saharan Africa. In: Journal of African History. 3/1962, 211–228.
    • J. D. Clark: The Cambridge History of Africa. 2 Bde., Cambridge University Press, Cambridge 1989. ISBN 0-521-22215-X.
    • L. Frobenius: Kulturgeschichte Afrikas. Prolegomena zu einer historischen Gestaltlehre. Peter Hammer Verlag, Wuppertal/Leo Frobenius-Institut Frankfurt 1993. OA 1954, ISBN 3-87294-525-4.
    • K. Khella: Geschichte der arabischen Völker. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Nikol Verlag, Hamburg 2007. ISBN 3-937872-62-0.
    • J. Ki-Zerbo: Die Geschichte Schwarz-Afrikas. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. M. 1991. ISBN 3-596-26417-0.
    • Jocelyn Murray (Hrsg.): Weltatlas der alten Kulturen: Afrika. Geschichte, Kunst, Lebensformen. Christian Verlag, München 1981, ISBN 3-88472-042-2.
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      • Africa. Band 13., S. 37–120.
      • Christianity. Band 16, S. 251–366.
      • Egypt. Band 18, S. 91–144.
      • Islam. Band 22, S. 1–43.
      • North Africa. Band 24, S. 939–996.
    Vor- und Frühgeschichte
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    Antike und Mittelalter
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    Islamische Welt, Judentum und Christentum
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    Neuzeit
    • F. Braudel: Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II. 3 Bde. Frankfurt/Main 1990.
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    • David Nicolle: Die Osmanen. 600 Jahre islamisches Weltreich. tosa Verlag/Ueberreuther, Wien 2008, ISBN 3-85003-219-1.
    • F. Schreiber, M. Wolffsohn: Nahost. Geschichte und Struktur des Konflikts. 4. Aufl. Leske + Budrich, Opladen 1996, ISBN 3-8100-1478-8.
    • R. Schulze: Geschichte der islamischen Welt im 20. Jahrhundert. C.H. Beck Verlag, München 1994, ISBN 3-406-38108-1.
    • R. le Tourneau: „Evolution politique de l’Afrique du Nord muselmane 1920–1961“, Paris 1962.
    • L. Valensi: „On the eve of colonialism: North Africa before French Conquest“, London 1977.
    • P. J. Vatikiotis: The Modern History of Egypt. London 1980.
    • J. Ziegler: Der Hass auf den Westen. Wie sich die armen Völker gegen den wirtschaftlichen Weltkrieg wehren. Bertelsmann, München 2008, ISBN 978-3-570-01132-4.
    Sonstiges – Klima, Geographie, Ethnologie, Genetik, Linguistik, Psychologie
    • J. R. Baker: Die Rassen der Menschheit. Merkmale, Unterschiede und ihre Beziehungen zueinander. Manfred Pawlak Verlagsges., Herrsching 1989, ISBN 3-88199-648-6. (OA Oxford Univ. Press 1974)
    • H. Baumann (Hrsg.): Die Völker Afrikas und ihre traditionellen Kulturen. 2. Bde. Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1979, ISBN 3-515-01974-X und ISBN 3-515-01968-5.
    • L. und F. Cavalli-Sforza: Verschieden und doch gleich. Ein Genetiker entzieht dem Rassismus die Grundlage. Droemer Knaur, München 1994, ISBN 3-426-26804-3.
    • P. Conzen: Fanatismus. Psychoanalyse eines unheimlichen Phänomens. Kohlhammer, Stuttgart 2005, ISBN 3-17-017426-6.
    • M. Dayak: Die Tuareg-Tragödie. Horlemann Verlag, Bad Honnef 1996, ISBN 3-89502-039-7.
    • W. Gartung: Yallah Tibesti. Vom Tschadsee zu den Felsenmenschen. Geog Westermann Verlag, Braunschweig 1992, ISBN 3-07-509400-5.
    • H. Haarmann: Geschichte der Sintflut. Auf den Spuren früher Zivilisationen. C.H. Beck Verlag, München 2003, ISBN 3-406-49465-X.
    • P. Fuchs: Menschen der Wüste. Georg Westermann Verlag, Braunschweig 1991, ISBN 3-07-509266-5.
    • G. Göttler (Hrsg.): DuMont Landschaftsführer: Die Sahara, 4. Aufl. DuMont Buchverlag, Köln 1992, ISBN 3-7701-1422-1.
    • B. Heine, Th.C. Schadeberg, E. Wolff (Hrsg.): Die Sprachen Afrikas. Helmut Buske Verlag, Hamburg 1981. ISBN 3-87118-433-0.
    • R. Kuper (Hrsg.): Forschungen zur Umweltgeschichte der Ostsahara. Mit Beiträgen von Katharina Neumann, St. Kröpelin, W. Van Neer und H.-P. Uerpmann. Heinrich-Barth-Institut, Köln 1989. ISBN 3-927688-02-9.
    • H. H. Lamb: Klima und Kulturgeschichte. Der Einfluss des Wetters auf den Gang der Geschichte. S. 125–148. 3. 6. T. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 1994. ISBN 3-499-55478-X.
    • R. Schild, F. Wendorf, Angela E. Close: Northern and Eastern Africa Climate Changes Between 140 and 12 Thousand Years Ago. In: Klees, Kuper (Hrsg.): New Light on the Northeast African Past. S. 81–98.
    • M. Schwarzbach: Das Klima der Vorgeschichte. Eine Einführung in die Paläoklimatologie. S. 222–226, 241–255. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1993,. ISBN 3-432-87355-7.
    • G. Schweizer: Die Berber. Ein Volk zwischen Resignation und Anpassung. 2. Aufl. Verlag das Bergland-Buch, Salzburg 1984, ISBN 3-7023-0123-2.
    • H.-G. Wagner: Siedlungsgeographie – Nordafrika. Stuttgart 1983, 96 S. = Afrika-Kartenwerk, Beiheft N 9, ISBN 3-443-28337-3, mit Karte 1:1 Mio.: Siedlungsgeographie. Stuttgart 1981.
    • H.-G. Wagner: Bevölkerungsgeographie – Nordafrika. Stuttgart 1981, 120 S. = Afrika-Kartenwerk, Beiheft N 8, ISBN 3-443-28303-9, mit Karte 1:1 Mio.: Bevölkerungsgeographie. Stuttgart 1982.

    Einzelnachweise

    1. Baumann: Die Völker Afrikas. Band 1, S. 97–103, Vgl. dazu aber Schweizer: Die Berber. S. 28f.
    2. Clotte, Courtin: Grotte Cosquer bei Marseille. S. 7, 33–37, 47.
    3. Höhle von Haua Fteah (PDF; 4 kB)
    4. Vgl. Breasted: Geschichte Ägyptens. S. 31–33.
    5. Höhle von Uan Afuda (PDF; 137 kB)
    6. Die Begriffe „negrid“ und „negroid“ sind hier ausschließlich phänotypisch zu verstehen, nicht als Rassenzugehörigkeit (die es beim Menschen objektiv, das heißt biologisch-genetisch ohnehin nicht gibt, vgl. z. B. Cavalli, Sforza: Verschieden und doch gleich. S. 353–385).
    7. Vgl. die Beiträge in Klees, Kuper: New Light on the Northeast African Past. Symposion, Köln 1990.
    8. Baumann: Völker Afrikas. S. 98ff, 116.
    9. Monod: Désert libyque. S. 100–108.
    10. Gardiner: Geschichte des Alten Ägypten. S. 35.
    11. Helck/Otto: Kleines Lexikon der Ägyptologie. S. 171–173.
    12. Jean-Christoph Caron: Die Garamanten – Das mysteriöse Herrschervolk der Wüste. In: Spiegel Online, 4/2006.
    13. Lamb: Klima und Kulturgeschichte. S. 175.
    14. Andalusien (Bezeichnung): Kontroverse (Memento des Originals vom 22. Februar 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ferienhaus-andalusien-mieten.de
    15. Encyclopedia Britannica. Band 24, S. 958/1a.
    16. Vandalen: Historische Kontroverse
    17. Lamb: Klima und Kulturgeschichte. S. 178, 185.
    18. Encyclopedia Britannica. Band 24, S. 950 1b.
    19. Murray: Weltatlas der alten Kulturen: Afrika. S. 48–55.
    20. Die Begriffe kolonisieren, kolonialisieren und ihre Substantive werden in unterschiedlicher Bedeutung verwendet: Kolonialisieren bezieht sich stets auf die modernen europäischen Vorgänge ab der Neuzeit, vor allem ab dem 18./19. Jahrhundert, Kolonisierung auf die Vorgänge davor, etwa bei den Griechen der Antike, im sinne von besiedeln, sich niederlassen. Der erste Begriff ist politisch negativ, der letzte neutral. Vgl. Brockhaus Enzyklopädie. 19. Aufl., Band 27: Wörterbuch.
    21. Küng: Der Islam. S. 217–219.
    22. Vgl. Koran.: Sure 2: 214, 215; 4: 76–79; 8: 39–42; 9:5, 6, 29 sowie Stellen in den „Traditionen“ mit Aussprüchen Mohammeds wie: „Wer stirbt und nie für die Religion des Islam gekämpft hat … der ist einem Heuchler gleich“ oder „Für den Pfad Gottes zu kämpfen oder dazu entschlossen sein ist eine göttliche Pflicht“ und „Jemand, der einen anderen im Kampf für den Pfad Gottes mit Waffen unterstützt, ist wie der Kämpfer selbst und hat Anteil an der Belohnung“.
    23. Schweizer: Die Berber. S. 64–73.
    24. Lamb: Klima und Kulturgeschichte. S. 185.
    25. Küng: Islam. S. 291–301, 369–376.
    26. Franz Ansperger: Geschichte Afrikas. Beck’sche Reihe Wissen, München 2004, S. 33–35.
    27. Fuchs: Menschen der Wüste. S. 18–22.
    28. Herzog: Maghreb. S. 54f.
    29. de Lange: Weltatlas alter Kulturen: Jüdische Welt. S. 218–223.
    30. Sherratt et al.: Cambridge Enzyklopädie der Archäologie. S. 348–354.
    31. Baker: Die Rassen der Menschheit. S. 162, 198–213, 365.
    32. Cambridge History of Africa. Band 2, S. 675ff.
    33. Sherratt et al.: Die Cambridge Enzyklopädie der Archäologie. S. 348.
    34. Lamb: Klima und Kulturgeschichte. S. 178.
    35. Vgl. Enzensberger: Der radikale Verlierer. S. 182.
    36. Enzensberger: Der radikale Verlierer. S. 174ff.
    37. J. Ziegler: Der Hass auf den Westen.
    38. Nicolle: Die Osmanen. S. 6.
    39. Robinson: Der Islam. S. 72–75.
    40. Robinson: Der Islam. S. 72–80.
    41. Ziegler: Der Hass auf den Westen. S. 45–52.
    42. Hew Strachan: Der Krieg des Kaisers. In: Spiegel special. 1/2004: Die Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts. S. 12–20. S. 26–30. Der Krieg der Geister.
    43. Nicolle: Die Osmanen. S. 154, 168.
    44. Vgl. dazu Mano Dayak: Die Tuareg-Tragödie.
    45. Entführungen: Algerien
    46. Der Titel wurde ziemlich irreführend mit „Kampf der Kulturen“ ins Deutsche übersetzt. Gemeint ist aber mit „clash“ ein lautstarker Zusammenprall, nicht ein smash oder gar crash.
    47. China und Nordafrika: Einflüsse@1@2Vorlage:Toter Link/www.wuquf.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 88 kB)
    48. Khella: Geschichte der arabischen Völker. S. 257–264.
    49. Khella: Geschichte der arabischen Völker. S. 249–256, 265–277.
    50. Schulze: Geschichte der islamischen Welt. S. 192–194, 207–211, 261–263.
    51. Schulze: Geschichte der islamischen Welt. S. 177–194, 221–223; Schreiber: Nahost. S. 175f.
    52. Muammar Al Qaddafi: Das Grüne Buch: Die dritte Univeraltheorie.
    53. Schreiber: Nahost. S. 175f.
    54. Ziegler: Der Hass auf den Westen. S. 73ff.
    55. Ziegler: Der Hass auf den Westen. S. 83.
    56. Schulze: Geschichte der islamischen Welt. S. 297–300, 305–308.
    57. Schreiber: Nahost. S. 222f.
    58. Khella: Geschichte der arabischen Völker. S. 271–274.
    59. Schreiber: Nahost. S. 178.
    60. Schreiber: Nahost. S. 180–182.
    61. Schreiber: Nahost. S. 227–229.
    62. Vgl. Enzensberger
    63. Conzen: Fanatismus. S. 25–87, 237–261.
    64. Vgl. dazu die Thesen von Hans Magnus Enzensberger: Der radikale Verlierer. In: Der Spiegel. Nr. 45, 2005, S. 174–183 (online).
    65. Huntington hat hier bei den von ihm sog. Bruchlinienkriegen drei Entfernungsgruppen zum Primärkonflikt konstatiert, bei denen die erste Gruppe die eigentlich kriegerisch involvierte ist, die zweite bilden Staaten, die mit denen der ersten Gruppe in direkter Verbindung stehen, die dritte Gruppe schließlich, die sog. Tertiärstaaten, sind vom Kampfgeschehen noch weiter entfernt, haben aber kulturelle Bindungen an die Beteiligten. Vgl. Huntington: Kampf der Kulturen. S. 444–449.
    66. Vgl. Schulze: Geschichte der islamischen Welt im 20. Jahrhundert. S. 261–269, 272–277.
    67. de Lange: Weltatlas alter Kulturen. Jüdische Welt. S. 218–222.
    68. Khoury, Hagemann, Heine: Islamlexikon. S. 43–45.
    69. Schreiber: Nahost. S. 230, 233
    70. Schreiber: Nahost. S. 152, 158 f.
    71. Baumgarten: Palästina. S. 108–112.
    72. Südsudan: Unruhen
    73. Sudan: Das geteilte Land. In: Der Spiegel. Nr. 10, 2010, S. 102–105 (online).
    74. Mali: Innere Sicherheit.
    75. Tschad: Innere Sicherheit
    76. Niger: Militärputsch 2010. (Memento vom 22. Februar 2010 im Internet Archive)
    77. Mauretanien: Militärputsch 2008 (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.amnesty.de
    78. Algerien: Entführungen
    79. Khella: Geschichte der arabischen Völker. S. 274–277.
    80. Schulze: Geschichte der islamischen Welt. S. 348–350.
    81. Herzog: Algerien. S. 155–175.
    82. Herzog: Der Maghreb. S. 122–128, 161–164, 188–202.
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