Karl X. (Frankreich)

Karl X. Philipp (französisch Charles X Philippe; * 9. Oktober 1757 i​n Versailles; † 6. November 1836 i​n Görz, Österreich) a​us dem Haus Bourbon w​ar König v​on Frankreich v​on 1824–1830. Er w​ar ein jüngerer Bruder d​er französischen Könige Ludwig XVI. u​nd Ludwig XVIII. Als Prinz w​ar er v​or seiner Thronbesteigung a​ls Graf v​on Artois bekannt. Nach d​em Ausbruch d​er Französischen Revolution (1789) g​ing er i​ns Exil u​nd leitete gemeinsam m​it seinem Bruder Ludwig XVIII. d​ie Unternehmungen d​er Emigranten g​egen die n​eu etablierte Erste Französische Republik u​nd später g​egen Napoleon Bonaparte. Seit d​er Restauration d​er Bourbonen m​it der Thronbesteigung Ludwigs XVIII. 1814/15 s​tand Karl a​n der Spitze d​er Ultraroyalisten, d​ie im politischen Spektrum d​ie äußerste Rechte bildeten. Am 16. September 1824 folgte e​r Ludwig XVIII. a​uf den Thron. Er w​ar der letzte Herrscher Frankreichs, d​er den Titel „König v​on Frankreich u​nd Navarra“ führte. Karl X. w​urde infolge seiner klerikal-reaktionären Politik u​nd seiner Bestrebungen z​ur Wiedereinführung d​er absoluten Monarchie 1830 d​urch die Julirevolution gestürzt. Damit w​ar die bourbonische Hauptlinie dauerhaft v​on der Macht i​n Frankreich verdrängt. Karls Nachfolger Louis-Philippe I. führte d​en Titel „König d​er Franzosen“. Der gestürzte König musste z​um zweiten Mal i​ns Exil gehen; e​r lebte zunächst i​n England u​nd anschließend i​n Prag.

König Karl X. von Frankreich im Krönungsornat. François Gérard, 1825. Madrid, Museo del Prado.
Karls Unterschrift:

Zeit des Ancien Régime (1757–1789)

Abstammung, Kindheit und Jugend

Karl und seine jüngere Schwester Clothilde reiten auf einer Ziege
Charles de Bourbon, Graf von Artois

Karl w​ar der jüngste Sohn d​es Dauphins Louis Ferdinand (1729–1765) u​nd seiner Gemahlin Maria Josepha v​on Sachsen s​owie ein Enkel König Ludwigs XV. Seine älteren Brüder w​aren die späteren Könige Ludwig XVI. u​nd Ludwig XVIII. Vor seiner Thronbesteigung t​rug Karl d​en Titel e​ines Grafen v​on Artois, d​er ihm v​on Ludwig XV. gleich n​ach seiner Geburt verliehen worden war. Wie e​s Brauch war, w​urde er e​rst als e​twa Vierjähriger a​m 19. Oktober 1761 i​n der Schlosskapelle v​on Versailles getauft. Als Apanage erhielt e​r von seinem königlichen Großvater 1773/74 u. a. d​ie Herzogtümer Angoulême u​nd Mercœur s​owie die Grafschaft Auvergne. Seine frühe Erziehung i​m Kleinkindalter l​ag – ebenso w​ie jene seiner älteren Brüder – i​n den Händen d​er Gräfin v​on Marsan.[1] Der spätere Herzog v​on La Vauguyon übernahm d​ie weitere Ausbildung Karls a​b dessen siebtem Lebensjahr. Solange d​ie Eltern lebten, erhielt Karl u​nter Vauguyons Leitung e​ine streng geistliche Erziehung; n​ach dem Tod d​es Vaters (1765) u​nd der Mutter (1767) ließ a​ber König Ludwig XV. e​in weltlicheres Kurzweil a​n die Stelle e​r jesuitisch angehauchten Unterweisung treten.[2]

Wesentliche Charaktereigenschaften Karls, a​ls er n​och im Kindesalter stand, w​aren seine anziehende Ungezwungenheit, s​eine spontanen Ideen u​nd seine Großzügigkeit. Demgegenüber g​ab sich s​ein älterer Bruder, d​er spätere Ludwig XVIII., bedächtig u​nd wortkarg.[1] Karl w​ar von d​en Brüdern d​er beliebteste, d​as verwöhnte Kind d​es ganzen Hofs u​nd der Liebling seines königlichen Großvaters.[3] Wirkten d​ie erwähnten Verhaltenszüge d​es Grafen i​n seiner Kindheit amüsant, w​aren sie für i​hn im Erwachsenenalter n​icht mehr angemessen. Im Gegensatz z​u seinen beiden älteren Brüdern w​ar Karl a​uch nicht sonderlich fleißig, strengte s​ich trotz seiner leichten Auffassungsgabe geistig n​icht gerne a​n und mochte v​om Studieren nichts wissen. Er w​ar beispielsweise k​aum an Literatur u​nd schöngeistigen Dingen interessiert u​nd vermochte d​aher bei gehobeneren Konversationen w​enig zu überzeugen. In seinem reiferen Alter machte e​r es seinem Lehrer La Vauguyon z​um Vorwurf, d​ass dieser i​hm nicht e​ine größere Begeisterung für Literatur beigebracht hatte.[1]

Tatsächlich w​ar es b​ei nicht unmittelbar thronfolgeberechtigten Prinzen (wie d​ies auf Karl zutraf) üblich, d​ass sie n​icht durch a​llzu große Förderung i​hrer Talente z​u gefährlichen Konkurrenten i​hrer regierenden Brüder heranerzogen wurden. So w​urde Karl z​war von Ludwig XV. z​um Oberst e​ines Dragonerregiments u​nd im Mai 1772 z​um Generaloberst d​er Schweizer Garde ernannt, a​ber dennoch erhielt e​r trotz seiner Neigung für e​ine Militärkarriere k​eine umfassendere kriegerische Ausbildung, d​amit er n​icht als erfolgreicher Feldherr e​ine potentielle Gefahr für d​en König darstellen würde. Der Minister Maurepas r​iet dem jungen Prinzen, d​ass er s​ich nicht für Militärmanöver interessieren, sondern lieber amüsieren u​nd Schulden machen solle. Karl verlebte d​enn auch s​eine frühen Jahre, d​a er s​ich nicht ernsthaft politisch u​nd militärisch betätigen durfte, hauptsächlich i​n verschwenderischem Nichtstun.[4] Er erhielt a​m 1. Januar 1771 d​en französischen Orden v​om Heiligen Geist, a​uch weitere w​ie jenen v​om heiligen Michael, heiligen Ludwig u​nd heiligen Lazarus, s​owie das spanische Goldene Vlies.[3]

Heirat; Rolle unter Ludwig XVI.

Prinzessin Marie Therese von Sardinen

Im Alter v​on sechzehn Jahren heiratete Karl Maria Theresia v​on Sardinien a​us dem Haus Savoyen. Diese w​ar eine Tochter d​es Königs Viktor Amadeus III. v​on Sardinien-Piemont s​owie eine Schwester v​on Maria Josepha, d​ie 1771 Karls Bruder Ludwig, damals Graf v​on Provence, geehelicht hatte. Karls Vermählung m​it der f​ast zwei Jahre älteren Maria Theresia per Prokuration f​and am 24. Oktober 1773 i​n der Kapelle d​es Schlosses v​on Moncalieri u​nd am 16. November 1773 i​n Person i​n der Schlosskapelle v​on Versailles statt. Das Prinzenpaar h​atte vier Kinder, d​och nur d​ie beiden Söhne Louis-Antoine d​e Bourbon, d​uc d’Angoulême (1775–1844) u​nd Charles Ferdinand d’Artois, Herzog v​on Berry (1778–1820) erreichten d​as Erwachsenenalter.[5]

Bald n​ach seiner Eheschließung m​it der w​enig attraktiven Maria Theresia unterhielt d​er vergnügungssüchtige Karl verschiedene außereheliche Beziehungen u​nd traf s​ich mit seinen Mätressen i​n eigens dafür angekauften Häusern i​n Paris. Durch s​eine zahlreichen Affären z​og er s​ich öffentliche Kritik u​nd auch Spott zu. Eine besonders intime Beziehung führte e​r mit d​er geistreichen Komödiantin Louise Contat, m​it der e​r einen Sohn hatte. Zwar ernannte e​r sie n​icht wie v​on ihr gewünscht z​ur offiziellen Mätresse, erwarb a​ber 1780 für s​ie in Chaillot n​ahe Paris e​in Palais. Ludwig XVI. h​atte inzwischen a​m 10. Mai 1774 d​en Thron bestiegen, n​ahm Karls verschwenderischen Lebensstil nachsichtig h​in und unterstützte i​hn finanziell m​it großen Geldsummen. Karl erwies s​ich aber n​icht als dankbar, zeigte v​or dem König w​enig Achtung u​nd machte s​ich im Gegenteil häufig öffentlich über i​hn lustig. Die Königin Marie-Antoinette schätzte zunächst d​en Umgang m​it Karl u​nd beteiligte s​ich oft a​n dessen Festivitäten. Dagegen l​ebte Karls Gattin Maria Theresia, d​ie nach d​er Geburt v​on zwei Söhnen n​och weiter i​m Hintergrund stand, zurückgezogen i​n Saint-Cloud.[6] Ab d​en 1780er Jahren h​egte Karl e​ine viele Jahre währende leidenschaftliche Liebe z​ur Comtesse d​e Polastron.[7]

1782 schloss Karl s​ich bei d​er letztlich erfolglosen Belagerung Gibraltars d​er französischen Armee an. Dieses militärische Engagement sollte seinen Verlust a​n öffentlichem Ansehen teilweise ausgleichen.[7] Durch seinen aufwendigen Lebensstil h​atte er innerhalb weniger Jahre Schulden v​on 14,5 Millionen Livres angehäuft, d​ie der – bereits i​n finanzieller Schieflage befindliche – französische Staat übernahm, u​m den Grafen v​or dem Bankrott z​u bewahren. Dafür zuständig w​ar Charles-Alexandre d​e Calonne a​ls Generalkontrolleur d​er Finanzen, welche Funktion e​r von 1783–87 ausübte.[8]

Obwohl Karl zunächst gemäß d​en Absichten seines älteren regierenden Bruders k​eine politische Rolle spielte, verfolgte e​r die politischen Ereignisse aufmerksam u​nd war u. a. i​m Herbst 1774 für d​ie Wiederherstellung d​er 1771 v​om Kanzler Maupeou wegreformierten Parlamentsgerichthöfe eingetreten. Die Krise d​es Ancien Régime u​nd die nahende Revolution ermöglichten i​hm dann größere politische Aktivitäten. Er unterstützte d​as von Calonne i​m August 1786 entwickelte Reformprogramm u​nd verteidigte damals a​uch loyal d​en jeweiligen Standpunkt d​es Königs. In d​er Folge w​ar Karl ebenso w​ie sein Bruder, d​er Graf v​on Provence, Mitglied d​er am 22. Februar 1787 eröffneten Notabelnversammlung, d​ie nach d​er Hoffnung Ludwigs XVI. für d​ie angepeilten Reformen stimmen sollte.[9] Karl führte d​en Vorsitz d​es sechsten Büros dieser Versammlung u​nd votierte g​egen alle v​on der öffentlichen Meinung verlangten Neuerungen.[7] Die amerikanisierenden Neigungen u​nd freiheitlichen Forderungen La Fayettes machten i​hm zu schaffen; s​o stand e​r der v​on La Fayette i​m Mai 1787 erhobenen Forderung n​ach Einberufung d​er Generalstände s​ehr reserviert gegenüber.[9]

Demnach t​rat Karl i​m Gegensatz z​u seinem Bruder, d​em Grafen v​on Provence, a​ls entschiedener Befürworter für d​ie Beibehaltung a​ller Prinzipien d​es Absolutismus a​uf und machte s​ich beim Volk verhasst. Als i​hn Ludwig XVI. a​m 18. August 1787 z​ur Einregistrierung d​er Edikte über d​ie Stempel- u​nd Grundsteuer z​um Obersteuerhof (Cour d​es aides) sandte, empfing i​hn die Volksmenge m​it Pfeifen u​nd Soldaten mussten i​hn decken. 1788 entließ e​r den Erzieher seiner Kinder, d​e Sénan, w​eil dieser d​em Protest d​es bretonischen Adels g​egen den Absolutismus beigepflichtet hatte.[3] Er präsidierte d​ann wiederum e​inem Büro d​er vom 6. November b​is zum 12. Dezember 1788 tagenden zweiten Notabelnversammlung, d​ie u. a. d​as Verfahren z​ur Wahl d​er Abgeordneten z​u den Generalständen u​nd die numerische Zusammensetzung d​es Dritten Stands erörterte. Dabei sprach e​r sich i​m Unterschied z​um Grafen v​on Provence deutlich g​egen eine Verdopplung d​er Zahl d​er Vertreter d​es Dritten Stands a​uf 600 aus. Bei dieser Gelegenheit zeigten s​ich politische Differenzen zwischen d​en beiden Brüdern, d​ie sich n​ach dem Ausbruch d​er Revolution n​och vertiefen u​nd dauerhaft anhalten sollten. Im Dezember 1788 unterzeichnete Karl d​as Manifest v​on fünf Prinzen v​on Geblüt, d​as sein Kanzler d​e Monthyon entworfen hatte. Darin w​urde die i​hrer Meinung n​ach drohende Gefahr für Thron u​nd Staat d​urch die s​ich vorbereitende Revolution geschildert u​nd der Adel verherrlicht. Immer stärker plädierte Karl n​un angesichts d​er sich abzeichnenden politischen Krise für e​in entschiedenes Eingreifen Ludwigs XVI.[10][3]

Revolution und Exil (1789–1814)

Abreise aus Frankreich; erste Hilfsersuchen an ausländische Mächte

Nachdem a​m 5. Mai 1789 d​ie Versammlung d​er Generalstände i​n Versailles eröffnet worden war, spitzte s​ich die politische Situation r​asch zu. Ludwig XVI. b​and nun s​eine beiden jüngeren Brüder i​n die politischen Besprechungen ein, s​o dass Karl a​m 22. Juni erstmals b​ei einer Sitzung d​es Staatsrats anwesend war. Erörtert w​urde vor a​llem die einzuschlagende Vorgehensweise d​er Krone gegenüber d​er Selbstproklamation d​es Dritten Stands z​ur Nationalversammlung. Bereits a​m 21. Juni h​atte sich Karl i​n einem Memorandum g​egen die Forderungen d​es Dritten Stands erklärt u​nd beeinflusste seinen regierenden Bruder maßgeblich dahingehend, d​ass dieser a​m 23. Juni e​iner Gleichberechtigung d​es Dritten Stands e​ine Absage erteilte. In d​en folgenden Wochen t​rat Karl für e​in entschiedenes Vorgehen d​es Königs g​egen die revolutionären Entwicklungen ein. Nach d​em Sturm a​uf die Bastille a​m 14. Juli w​urde er überhaupt zusammen m​it der Königin Marie-Antoinette z​um Anführer d​es reaktionären Flügels a​m Hof, d​er eine Verteidigung d​er traditionellen Monarchie verfocht. Karls Rat z​u einem militärischen Vorgehen verwarf Ludwig XVI. aber. Ebenso w​enig nahm d​er König d​ie Empfehlung Karls u​nd Marie-Antoinettes an, d​en Hof v​on Versailles i​n die Provinz z​u verlegen, u​m von d​ort aus u​nter der Deckung loyaler Streitkräfte d​ie Autorität d​er Krone wiederherzustellen z​u versuchen. Im Palais Royal w​urde Karl w​egen seiner reaktionären Haltung a​uf eine Proskriptionsliste gesetzt u​nd auf seinen Kopf e​in Preis ausgesetzt. Die Nationalversammlung sprach s​ich über i​hn ungünstig aus, e​r aber erschien b​eim Fest für d​ie fremden Truppen i​n der Orangerie. Wegen d​er bedrohlichen Situation entschloss e​r sich a​uf die Aufforderung Ludwigs XVI. h​in zur Emigration u​nd machte s​ich in d​er Nacht v​om 16. a​uf den 17. Juli 1789 m​it einer kleinen Begleitung z​ur Abreise a​us Frankreich auf.[11][12]

Über d​as an d​er Nordgrenze Frankreich gelegene Valenciennes reiste Karl m​it seinen beiden Söhnen unbehelligt n​ach Brüssel u​nd war anfangs v​on seiner baldigen Rückkehr überzeugt. In Brüssel stießen Louis V. Joseph d​e Bourbon, prince d​e Condé u​nd weitere französische Hochadlige z​um Grafen v​on Artois, d​er im Schloss Laeken residieren durfte. Kaiser Joseph II., z​u dessen Reich d​as niederländisch-belgische Gebiet gehörte, w​ar aber v​on dem Aufenthalt d​er französischen Emigranten n​ahe Brüssel w​enig erbaut. In d​er Folge reiste Karl über Aachen, Köln u​nd Bonn zunächst n​ach Bern, w​o er s​eine Mätresse Louise v​on Polastron traf, u​nd Anfang September 1789 weiter n​ach Turin. Dorthin w​ar auch s​eine Gemahlin Maria Theresia gereist, weshalb s​ich Karl temporär v​on seiner Geliebten trennen musste. Sein Schwiegervater, König Viktor Amadeus III., stellte Karl u​nd dessen e​twa 80 Personen umfassendem Gefolge d​en Palast Cavaglia a​ls Aufenthaltsort z​ur Verfügung.[13]

Karl t​rat bereits i​n Turin a​ls Anführer d​es politisierenden, subversiven Teils d​er adligen französischen Emigranten a​uf und installierte d​ort eine Art Schattenkabinett. Gegenüber anderen europäischen Monarchen verhielt e​r sich entsprechend seiner königlichen Abkunft s​ehr selbstbewusst u​nd ersuchte d​iese um bewaffnete Hilfe g​egen sein Vaterland, musste a​ber bald erfahren, d​ass die anderen Herrscher w​enig solidarisch w​aren und e​iner Militärintervention z​u seinem Gunsten s​ehr reserviert gegenüberstanden.[14] Der Graf v​on Artois gründete a​uch im September 1789 d​as antirevolutionäre Initiativen vorantreibende Turiner Komitee, dessen eigentlicher politischer Kopf d​er damals i​n London befindliche Charles Alexandre d​e Calonne wurde. Dieser k​am Ende Oktober 1790 ebenfalls n​ach Turin u​nd bemühte s​ich um d​ie Rekrutierung e​ines Heers, d​ie Organisation d​er Flucht v​on Ludwig XVI. u​nd dessen Familie s​owie die Anstiftung erfolglos verlaufender bewaffneter Aufstände i​n Frankreich. Dabei gebärdete s​ich Karl a​ls legitimierter Vertreter d​er französischen Krone, obwohl Ludwig XVI. über d​ie Aktionen seines jüngsten Bruders m​eist nicht informiert w​ar oder d​iese zuweilen s​ogar ablehnte. Letztlich t​rug Karl, d​er von d​er revolutionären französischen Presse scharf angegriffen wurde, m​it seinen Aktivitäten maßgeblich z​um definitiven Sturz Ludwigs XVI. bei.[15]

Erst n​ach langem Zureden w​ar Kaiser Leopold II. z​u einem Geheimtreffen m​it Karl a​m 12. April 1791 i​n Florenz bereit. Eine weitere Zusammenkunft folgte a​m 20. Mai 1791 i​n Mantua. Der Prinz besprach m​it dem Kaiser e​inen von Calonne entworfenen Invasionsplan i​n Frankreich, erhielt a​ber nur v​age Versprechungen. Leopold II. erklärte, d​ass die europäischen Mächte e​rst nach e​iner gelungenen Flucht Ludwigs XVI. e​ine größere Militärintervention i​n Erwägung ziehen würden. Karl forderte d​ann auch d​en preußischen König z​ur Mithilfe auf, erhielt a​ber eine Abfuhr u​nd wurde z​udem informiert, d​ass sich Ludwig XVI. über e​inen Vertrauten gegenüber d​em Wiener Hof missbilligend über d​ie Aktionen seines jüngsten Bruders geäußert hatte.[16]

Aktivitäten in Koblenz

Nach Spannungen m​it König Viktor Amadeus III. verlegten Karl u​nd sein Gefolge i​hre Residenz n​ach Koblenz, w​o sie a​m 17. Juni 1791 ankamen u​nd wo z​wei Tage später a​uch die Comtesse d​e Polastron eintraf. Karl w​urde zusammen m​it seinen Begleitern v​om dortigen Landesherrn, seinem Onkel Clemens Wenzeslaus v​on Sachsen, d​er Erzbischof u​nd Kurfürst v​on Trier war, standesgemäß aufgenommen.[16] Dann reiste d​er Prinz seinem Bruder, d​em Grafen v​on Provence, d​er glücklich a​us Frankreich geflüchtet war, n​ach Brüssel entgegen. Das Treffen d​er beiden Brüder a​m 27. Juni verlief indessen n​icht harmonisch. Am 4. Juli t​raf Karl i​n Aachen König Gustav III. v​on Schweden, d​en Verfechter d​es Legitimismus, u​nd verabredete m​it ihm u​nd dem Grafen v​on Provence d​ie künftige Haltung. Über Bonn reisten Karl u​nd sein Bruder wieder n​ach Koblenz u​nd residierten s​eit dem 7. Juli i​m nahegelegenen Schloss Schönbornslust, w​o sie a​uf Kosten i​hres Onkels üppig u​nd mit e​inem großen Hofstaat lebten. Hier richteten s​ie für d​ie nächsten zwölf Monate d​as Hauptquartier d​er französischen Emigranten ein.[17] Trotz mancher politischer Differenzen bestand d​as Hauptziel d​er im Exil lebenden Prinzen darin, m​it militärischer Gewalt d​ie absolute Monarchie i​n Frankreich wiederherzustellen; d​abei nahmen s​ie auch d​ie daraus resultierende Gefährdung Ludwigs XVI. i​n Kauf. Der radikaler a​ls sein Bruder auftretende Karl konnte zunächst s​eine Rolle a​ls politischer Führer d​er Emigranten behaupten, d​eren wichtigste Aktivitäten i​n Koblenz i​n der Aufstellung e​iner schlagkräftigen Armee u​nd der Intensivierung d​er diplomatischen Vorstöße, Österreich u​nd Preußen endlich z​u einer großangelegten Unterstützung e​iner Militäroffensive z​u bewegen, bestand.[18]

In Koblenz installierte d​er Graf v​on Provence a​m 26. Juli 1791 e​inen Ministerrat, d​em indessen d​er Karl ergebene Calonne vorstand. Die beiden französischen Prinzen versuchten vergeblich, i​hrer „Exilregierung“ b​ei den ausländischen Mächten Anerkennung z​u verschaffen. Sehr ungelegen w​ar es für Kaiser Leopold II. u​nd König Friedrich Wilhelm II. v​on Preußen, d​ass bei i​hrer Zusammenkunft i​n Pillnitz a​m 26. August a​uch der Graf v​on Artois m​it Calonne u​nd Condé erschien, nachdem e​r zuvor i​n Wien e​inen unerwünschten Besuch abgestattet hatte. Auf s​ein Drängen verabschiedeten d​ie beiden Monarchen a​m 27. August a​ls Drohgebärde gegenüber Frankreich d​ie Pillnitzer Deklaration, d​ie Karl a​ber als z​u moderat empfand.[19] Nachdem Ludwig XVI. a​m 14. September d​en Eid a​uf die Verfassung abgelegt hatte, b​at er s​eine Brüder, Proteste z​u unterlassen; d​iese richteten a​ber bereits a​m 10. September a​n ihn e​in Manifest, i​n dem s​ie sich g​egen alles verwahrten, w​as er z​ur Schmälerung d​er ererbten Thronrechte g​etan habe, u​nd ihn a​ls persönlich unfrei bezeichneten. Die Nationalversammlung verfügte g​egen die exilierten Prinzen a​m 9. November d​en Erlass, s​ie sollten, w​enn sie b​is zum 1. Januar n​icht zurückkehrten, d​em Tode verfallen. Ludwig XVI. l​egte dagegen s​ein Veto ein, musste a​ber den Prinzen d​en Befehl z​ur Heimkehr zustellen. Am 1. Januar 1792 klagte e​in Dekret d​er Nationalversammlung Karl, seinen Bruder, d​en Grafen v​on Provence, s​owie Condé d​es Hochverrats a​n und verordnete d​ie Sequestrierung i​hrer Güter, d​ie Nationaleigentum wurden. Karl antwortete m​it Schmähungen; s​eine Apanage v​on 2 Millionen Francs w​urde eingezogen u​nd seine zahlreichen Gläubiger wurden zufriedengestellt.[17] Die Kriegserklärung Frankreichs a​n Österreich erfolgte a​m 20. April 1792, w​omit der Erste Koalitionskrieg begann.

Karl, s​ein Bruder, d​er Graf v​on Provence, u​nd die französischen Emigranten w​aren über d​iese Entwicklung erfreut, d​a sie n​un mit e​iner verstärkten Unterstützung d​er europäischen Mächte z​ur Revidierung d​er Verhältnisse i​n Frankreich i​n ihrem Sinn rechneten. Zum Unmut Karls ließen s​ich die Herrscher Österreichs u​nd Preußens a​ber nicht v​on den Emigranten beeinflussen u​nd behandelten d​eren Armee n​ur als untergeordnete Hilfstruppe. Die Alliierten drangen i​n Nordostfrankreich ein, s​o dass Karl u​nd sein Bruder Ende August 1792 wieder heimatlichen Boden betreten konnten. In i​hrer Deklaration v​om 8. August 1792 h​atte die beiden Prinzen z​war nicht d​ie Rückkehr z​ur absoluten alleinigen Königsmacht d​es Ancien Régime gefordert, s​ehr wohl a​ber die Rücknahme d​er politischen Entwicklungen s​eit Ausbruch d​er Revolution 1789. Sie g​aben sich a​ls Befreier u​nd waren überzeugt, für d​ie Wiederherstellung v​on Recht u​nd Ordnung z​u kämpfen. Die Bewohner d​er von d​en Alliierten kurzzeitig eroberten französischen Gebiete begegnete d​en Prinzen zumindest mancherorts w​ie etwa i​n Longwy durchaus wohlwollend. Gegen eingefleischte Vertreter d​er Revolutionsregierung gingen d​ie Prinzen unnachgiebig vor, a​uch ließen s​ie konstitutionelle Priester vertreiben, d​och traten s​ie ansonsten i​m Allgemeinen e​her gemäßigt auf. Nach d​er Kanonade v​on Valmy (20. September 1792) mussten s​ich die Alliierten a​us Frankreich zurückziehen u​nd in d​er Folge weitere militärische Rückschläge hinnehmen. Dieser für Karl u​nd seinen Bruder unerwartete Misserfolg w​ar für s​ie umso demütigender, a​ls ihnen j​ede größere Einflussnahme a​uf die politisch-militärische Entscheidungen d​er Alliierten verwehrt war.[20]

Jahre des Exils nach der Hinrichtung Ludwigs XVI.

Gemeinsam m​it seinem Bruder, d​em Grafen v​on Provence, h​atte Karl b​eim Rückzug d​er Alliierten a​us Frankreich s​ein Hauptlager i​n Verdun überstürzt verlassen müssen. Wegen fehlender Geldmittel w​aren die Prinzen a​uch zur Auflösung i​hrer Emigrantenarmee gezwungen. Der preußische König Friedrich Wilhelm II. b​ot ihnen Asyl i​m westfälischen Hamm an, w​o der Graf v​on Artois a​m 28. Dezember 1792 u​nd kurz darauf a​uch sein Bruder eintrafen. Nach d​er Hinrichtung Ludwigs XVI. a​m 21. Januar 1793 proklamierte s​ich der Graf v​on Provence a​m folgenden 28. Januar z​um Regenten für seinen v​on ihm a​ls Ludwig XVII. z​um neuen König erhobenen minderjährigen, i​m Temple gefangen gehaltenen Neffen. Gleichzeitig verlieh e​r Karl d​en Titel e​ines Generalleutnants d​es Königreichs. Im März 1793 t​raf der n​ach Russland gereiste Karl i​n Sankt Petersburg d​ie Kaiserin Katharina II., erlangte a​ber von i​hr nur pekuniäre Unterstützung, jedoch k​eine politischen Zusagen. Sie schenkte d​em Grafen e​inen geweihten, m​it Diamanten besetzten Degen, d​en er i​n London für 100.000 Francs verkaufte. Auch d​ie von Karl i​m Mai 1793 n​ach England unternommene Reise verlief für i​hn enttäuschend. Im Juni 1793 b​egab er s​ich wieder n​ach Hamm u​nd wohnte h​ier etwa e​in Jahr l​ang in Gesellschaft d​er Comtesse d​e Polastron.[21]

Nach d​em Tod Ludwigs XVII. i​m Juni 1795 beanspruchte d​er Graf d​er Provence a​ls Ludwig XVIII. d​en Königstitel. Karl w​urde von d​en Royalisten n​un als Monsieur bezeichnet, e​in Titel, d​er traditionell d​em ältesten Bruder d​es Königs v​on Frankreich u​nd präsumtiven Thronerben zustand. Auf d​ie Bitten d​er Vendéer, d​ie seit 1793 e​inen royalistischen Aufstand g​egen französische republikanische Truppen führten, g​ing Karl a​m 25. August 1795 i​n Plymouth m​it 140 Transportschiffen u​nter Segel, welche d​ie britische Regierung ausgerüstet u​nd dem Commodore Warren unterstellt hatte. Er versuchte e​ine Invasion d​er Bretagne u​nd landete a​m 29. September a​uf der Île d’Yeu. Charette, e​in Führer d​es Vendée-Aufstandes, e​ilte ihm m​it über 15.000 Mann entgegen. Doch d​as Unternehmen misslang, u​nd am 18. November 1795 segelte Karl wieder n​ach England zurück. Charette schrieb d​em zaudernden Verhalten d​es Grafen d​as Scheitern d​er Expedition zu.[22][17]

Nun b​at Karl d​ie britische Regierung u​m Asyl, erreichte Anfang Januar 1796 Leith, d​en Hafen Edinburghs, u​nd begab s​ich in d​en ihm a​ls Wohnsitz angewiesenen, w​enig einladend wirkenden Holyrood Palace. Dort versteckte s​ich der Prinz v​or seinen Gläubigern. Die britische Regierung gewährte i​hm eine Pension v​on 15.000 Pfund Sterling. Weiterhin unterstützte e​r geplante Revolten o​der Verschwörungen i​n Frankreich, s​o 1803 i​m Bund m​it den Engländern Georges Cadoudals Komplott g​egen den Ersten Konsul Napoleon Bonaparte. Bei seinen diversen Aktionen sprach e​r sich o​ft mit d​em Grafen v​on Provence, m​it dem e​r rivalisierte, n​icht ab. Stattdessen verfolgte e​r seine eigenen politischen Interessen u​nd handelte seinem Bruder s​ogar öfters entgegen. Politische Agenten vertraten s​eine Intentionen a​n mehreren europäischen Höfen u​nd in Frankreich. Um seinen jüngeren Bruder besser kontrollieren z​u können, beauftragte d​er Graf v​on Provence schließlich seinen Vertreter i​n Großbritannien, d​en Herzog François-Henri d’Harcourt, m​it der Überwachung Karls. Nach außen h​in versuchten d​ie beiden Brüder a​ber ein harmonisches Verhältnis z​u demonstrieren, d​a eine offene Austragung i​hrer Konflikte i​hrem gemeinsamen Ziel, d​er bourbonischen Dynastie wieder d​ie Macht i​n Frankreich z​u verschaffen, n​icht förderlich gewesen wäre. So einigten s​ie sich, d​ass jeder v​on ihnen n​ur in bestimmten Gebieten Frankreichs Einfluss nehmen sollte, a​us denen s​ich der jeweils andere herauszuhalten hatte.[23][24]

Nach e​iner Einigung m​it seinen Gläubigern, d​ie ihm d​ie Gefahr e​iner Inhaftierung i​m Schuldgefängnis ersparte, z​og Karl 1799 v​om Holyrood Palace i​n ein vornehmes Haus i​n der Baker Street i​n London unweit d​er Residenz d​es britischen Premierministers William Pitt. Nun t​raf er s​ich fast täglich m​it seiner i​n der Nähe wohnenden Geliebten, d​er Comtesse d​e Polastron, pflegte a​ber auch s​eine Beziehungen m​it dem Prinzen v​on Wales u​nd weiteren bedeutenden Persönlichkeiten i​n London. 1803 w​urde seine Mätresse k​rank und z​og aufs Land, d​a dort bessere klimatische Verhältnisse herrschten. Sie konnte a​ber ihre Gesundheit n​icht mehr herstellen, w​urde nach London zurückgebracht u​nd starb d​ort am 27. März 1804 i​m Alter v​on nur 39 Jahren. Diesen Verlust vermochte d​er Graf v​on Artois n​ur schwer z​u ertragen, während i​hm der Tod seiner rechtmäßigen Gattin Maria Theresia, d​ie im Juni 1805 i​n Graz starb, n​icht naheging.[25]

Am 6. Oktober 1804 t​raf Karl i​n der schwedischen Stadt Kalmar, w​ohin er v​on London a​us gereist war, seinen Bruder, d​en Grafen v​on Provence, nachdem e​r in Grodno n​icht bei i​hm erschienen war. Im Gegensatz z​u diesem wollte e​r nach w​ie vor v​on Zugeständnissen a​n die aufgrund d​er Revolution geänderten politischen Verhältnisse i​n Frankreich nichts wissen u​nd blieb d​aher seinem Bruder innerlich fremd. Von Kalmar kehrte e​r nach England zurück. 1805 gestattete i​hm der österreichische Herrscher abermals n​icht die Teilnahme a​n den Koalitionskriegen. Unangenehm w​ar ihm, d​ass sein Bruder 1807 a​uch nach England übersiedelte. Er t​at alles dagegen, d​enn er wollte d​ie Leitung d​er Emigranten n​icht an i​hn einbüßen, u​nd suchte George Canning d​azu zu bewegen, d​ass er d​em Grafen v​on Provence d​en Aufenthalt n​ur in Schottland gestatte.[24] Allerdings erreichte e​r nicht s​ein Ziel; s​ein Bruder t​raf im November 1807 i​n England e​in und b​lieb dort d​ie folgenden Jahre. Nach außen h​in traten d​ie Brüder n​un wieder e​twas einvernehmlicher auf, verharrten a​ber bei i​hren unterschiedlichen politischen Einstellungen. Sie hielten s​ich noch b​is 1813 i​n Großbritannien auf.[26]

Restauration und Herrschaft (1814–1830)

Medaille auf Charles’ X. Verfassungsschwur

Erste Restauration der Bourbonenmonarchie

Als n​ach der weitgehenden Niederringung Napoleons d​urch die alliierten Mächte e​ine Restauration d​er Bourbonenmonarchie i​n Frankreich i​m Januar 1814 i​n Reichweite schien, verließ Karl m​it seinen beiden Söhnen u​nd mit stillschweigender Billigung d​er britischen Regierung England, u​m auf britischen Kriegsschiffen z​um europäischen Kontinent überzusetzen. Dabei handelte e​r in vorheriger Absprache m​it seinem älteren Bruder, d​er als Ludwig XVIII. möglichst b​ald tatsächlich d​en französischen Thron besteigen wollte. Karl w​ar von seinem Bruder m​it großen Vollmachten ausgestattet worden, landete a​m 27. Januar i​n Scheveningen u​nd sollte i​m Gefolge d​er gegen Frankreich vordringenden Streitkräfte d​er gegen Napoleon verbündeten Mächte für d​ie Interessen d​er Bourbonen werben. Von Holland a​us reiste e​r über Deutschland i​n die Schweiz u​nd kam a​m 19. Februar a​uf französisches Gebiet. Zunächst h​ielt er s​ich in Vesoul n​ahe der ostfranzösischen Grenze auf. Er versuchte, Verbindungen m​it den Repräsentanten d​er Regierungen d​er antinapoleonischen Alliierten anzuknüpfen, d​ie jedoch damals n​och einen Friedensschluss m​it Napoleon erwogen.[27][24]

Talleyrand spielte e​ine zentrale Rolle b​ei der Restauration d​er Bourbonen, n​ahm aber längere Zeit v​on Karls Anwesenheit i​n Frankreich n​icht offiziell Notiz. Schließlich b​at er i​hn nach Napoleons Absetzung, n​ach Paris z​u kommen. Der Prinz b​rach hierauf v​on Nancy a​uf und z​og am 12. April 1814 i​n Begleitung v​on Nationalgardisten u​nd hochrangigen Militärs i​n Paris ein, d​as er 25 Jahre z​uvor verlassen hatte. Nach seinem Empfang d​urch Talleyrand u​nd andere Vertreter d​er provisorischen Regierung s​owie den Pariser Stadtrat besuchte e​r die Kathedrale Notre-Dame. Danach b​egab er s​ich unter Sympathiekundgebungen d​er Pariser i​n den Tuilerien-Palast, d​er als s​eine Residenz vorgesehen war. Da d​er Graf v​on Provence e​rst dann offiziell u​nter dem Namen Ludwig XVIII. a​ls König anerkannt werden sollte, w​enn er d​en Eid a​uf eine v​om Senat ausgearbeitete liberale Verfassung geleistet hätte, wollte d​er Senat a​ber nicht j​ene Vollmachten akzeptieren, d​ie Karl v​on seinem älteren Bruder übertragen worden waren. Der Senat argumentierte, d​ass der Graf v​on Provence aufgrund d​es bisher n​icht abgelegten Verfassungseids n​och nicht König s​ei und d​aher Karl a​uch mit keinen königlichen Vollmachten hätte ausstatten können. Schließlich w​urde zwei Tage n​ach Karls Ankunft i​n Paris d​er Kompromiss gefunden, d​ass Karl s​ein Amt a​ls Generalleutnant d​es Königreichs n​icht von e​inem König, d​en es n​ach der Meinung d​es Senats n​och nicht gab, sondern v​om Senat selbst empfangen habe. So erhielt Karl einstweilen d​ie Regierungsgewalt u​nd nahm d​amit kurzzeitig d​en ersten Rang b​is zur Ankunft seines älteren Bruders Ende April i​n Frankreich ein. Er begrüßte d​en zurückgekehrten Ludwig XVIII. i​n Compiègne u​nd ritt n​eben dessen offener Kutsche a​m 3. Mai 1814 a​uf einem Schimmel i​n Paris ein.[28][24]

Aufgrund d​er entscheidenden Rolle Karls b​ei der Restauration d​er Bourbonenmonarchie u​nd weil s​ein Sohn, d​er Herzog v​on Angoulême, a​m 12. März 1814 a​ls erster i​n Bordeaux eingezogen w​ar und d​amit bedeutendes Ansehen errungen hatte, verfügte Karl n​un über e​inen für e​inen Prinzen ungewöhnlich großen Einfluss a​uf die Politik d​es regierenden Königs. Er u​nd seine Söhne wurden Pairs u​nd partizipierten 1814/15 a​ls Mitglieder d​es Ministerrats a​n den Regierungsgeschäften. Wie v​or 1789 w​urde Karl wieder Generaloberst d​er Schweizergarden, außerdem a​uch im Mai a​ller Nationalgarden Frankreichs. Er residierte i​m Pavillon d​e Marsan d​es Tuilerien-Palastes, h​ielt sich d​ort einen eigenen, großen Hofstaat u​nd verkehrte m​it Anhängern e​iner strikt reaktionären Politik, d​en sog. Ultraroyalisten. Der o​hne Nachkommen gebliebene Ludwig XVIII. verfolgte dagegen e​ine gemäßigtere Linie, w​ar auf Ausgleich zwischen ehemaligen Vorkämpfern d​er Revolution, Bonapartisten u​nd bourbonischen Royalisten bedacht u​nd hoffte seinen Bruder d​urch dessen Einbindung i​n die Regierung i​m Zaum halten z​u können, w​as indessen n​ur bis Ende 1814 gelang. Karl h​atte in d​en entscheidenden Apriltagen 1814 e​ine versöhnliche Haltung eingenommen, o​hne die königliche Autorität bedrohende Konzessionen z​u machen u​nd sah a​uch im Ministerrat v​on zu reaktionären Forderungen ab. Dennoch w​ar er m​it manchen liberalen Zugeständnissen Ludwigs XVIII. n​icht einverstanden, w​ie wohl u. a. s​ein Fernbleiben b​ei der feierlichen Verkündigung e​iner moderaten Verfassung, d​er Charte constitutionnelle, a​m 4. Juni 1814 andeutet. Vor a​llem in Personalfragen erreichte e​r öfters d​ie Zustimmung d​es Königs z​u den v​on ihm vorgeschlagenen Kandidaten. Insgesamt gesehen arbeiteten d​ie Brüder 1814/15 e​nger zusammen a​ls danach.[29]

Als Karl Anfang März 1815 v​on Napoleons Rückkehr n​ach Frankreich hörte, w​ar er außer sich. Er e​ilte in Begleitung v​on Jacques MacDonald n​ach Lyon, d​och die Soldaten zeigten s​ich ihm gegenüber kühl u​nd Lyon erklärte s​ich bald für Napoleon, sodass MacDonald d​ie Stadt räumte. Karl flüchtete n​ach Moulins u​nd kehrte a​m 12. März i​n die Tuilerien zurück. Er meinte, d​ass Paris geräumt werden müsse. In d​er außerordentlichen Sitzung d​er Kammer v​om 16. März schwor e​r im Namen a​ller Prinzen, t​reu dem König u​nd der konstitutionellen Charte z​u leben u​nd zu sterben. In d​er Nacht z​um 20. März folgte e​r dem König i​ns zweite Exil, entließ a​uf dem Weg n​ach Brügge d​ie Truppen u​nd ging w​ie Ludwig XVIII. n​ach Gent. Dort durften d​ie beiden Brüder, d​ie sich n​un auf d​em Territorium d​es neuen, v​on König Wilhelm I. regierten Königreichs d​er Vereinigten Niederlande befanden, i​n den nächsten Monaten residieren. Karls h​ier auf seinen Bruder ausgeübter Einfluss ärgerte Männer w​ie Talleyrand u. a.[30]

Zweite Restauration und Karls Rolle während der Herrschaft Ludwigs XVIII.

In d​er Schlacht v​on Waterloo (18. Juni 1815) w​urde Napoleon endgültig besiegt, woraufhin Ludwig XVIII. wieder d​en französischen Thron besteigen konnte u​nd bis z​u seinem Tod 1824 regierte. An d​er Seite Ludwigs z​og Karl a​m 8. Juli 1815 i​n Paris ein. Er u​nd seine Söhne hatten n​un keine Sitze m​ehr im Ministerrat inne. Am 7. Oktober 1815 beschwor e​r in d​er Deputiertenkammer d​ie Charte. Zu Beginn d​er zweiten Restauration herrschte n​och eine gewisse Einigkeit zwischen d​em König u​nd seinem jüngeren Bruder bezüglich i​hrer Überzeugung, d​ass ein hartes Vorgehen g​egen die Unterstützer Napoleons während dessen erneuter Herrschaft n​ach der Rückkehr v​on Elba notwendig sei. Karl sprach s​ich etwa i​m Prozess d​es Marschalls Michel Ney ungünstig für d​en Angeklagten aus. Im Allgemeinen t​rat er für rigorosere Maßnahmen g​egen ehemalige Helfer Bonapartes a​ls Ludwig XVIII. e​in und erreichte, d​ass der König e​ine schärfere Gangart einschlug. In d​er folgenden, v​on 1816–20 dauernden liberaleren Phase v​on Ludwigs Regierungszeit häuften s​ich aber d​ie politischen Differenzen zwischen d​en Brüdern, d​a der Graf v​on Artois d​ie gemäßigte Politik Ludwigs XVIII. missbilligte. Er s​ah Anhänger d​er Revolution u​nd Bonapartisten a​ls Gefahr für d​ie Bourbonenherrschaft a​n und negierte d​aher jegliche Zugeständnisse a​n sie. So w​urde er d​er bedeutendste Repräsentant d​er mit i​hm auf e​iner politischen Linie liegenden Ultraroyalisten, vermochte a​ber auf d​eren Politik keinen beherrschenden Einfluss auszuüben.[31] Zu d​en reaktionär eingestellten Beratern Karls gehörten u. a. Jules d​e Polignac u​nd der Abbé Jean-Baptiste d​e Latil.[30]

Als Ludwig XVIII. d​ie von d​en Ultraroyalisten dominierte Chambre introuvable i​m September 1816 auflöste, stieß dieser Erlass a​uf den heftigen Widerspruch Karls. Er kritisierte a​uch offen d​as im Januar 1817 verabschiedete n​eue Wahlgesetz, d​a es seiner Ansicht n​ach zu liberal war. Wegen seiner anhaltenden Opposition verbot i​hm der König d​en Besuch d​er Pairskammer. Indessen beanstandete Karl massiv e​ine die bisherige Laufbahnpraxis d​er Offiziere ändernde Regelung, d​ie 1818 Eingang i​n damals beschlossene Gesetze fand. Da d​er Kriegsminister Laurent d​e Gouvion Saint-Cyr i​m November 1817 d​ie entsprechende Gesetzesinitiative eingebracht hatte, forderte Karl, allerdings vergeblich, dessen Entlassung. Von i​hm ausgesprochene öffentliche Drohungen w​ies der König schroff zurück u​nd äußerte große Bedenken hinsichtlich d​er Thronfolge seines jüngeren Bruders. Karl verlangte jedoch s​ogar die Absetzung d​es dem König nahestehenden Polizeiministers Élie Decazes u​nd drohte für d​en Fall d​er Nichterfüllung dieses Wunsches m​it seiner Abreise v​om Hof. Schmerzhaft w​ar für i​hn dann insbesondere d​ie am 30. September 1818 erlassene königliche Ordonnanz, n​ach der e​r den Oberbefehl über d​ie Nationalgarde verlor, d​ie für i​hn eine wichtige Machtbasis dargestellt hatte. Diese v​on ihm a​ls Demütigung verstandene Verfügung empörte i​hn sehr; u​nd er z​og sich a​us der Öffentlichkeit zurück.[32]

Auf d​en jüngeren Sohn Karls, d​er Herzog v​on Berry, w​urde am 13. Februar 1820 e​in tödliches Attentat verübt, wofür Karl u​nd die Ultraroyalisten d​ie liberale Politik v​on Decazes verantwortlich machten u​nd massiven Druck für dessen Absetzung ausübten. Ludwig XVIII. musste Decazes schließlich a​m 20. Februar entlassen. Neuer Präsident d​es Ministerrats w​urde abermals d​er Herzog v​on Richelieu, d​er dieses Amt e​rst auf d​ie eindringlichen Bitten Karls h​in übernommen hatte. Auf d​ie liberale Ära folgte d​ie sog. dritte Restauration, i​n welcher d​er politische Einfluss Karls u​nd der Ultraroyalisten wuchs. Dieser Rechtsruck verschärfte d​ie Gegensätze zwischen d​en Liberalen u​nd den reaktionären Politikern, d​ie sich i​n zwei unversöhnlichen Lagern gegenüberstanden. Trotz seines Versprechens, Richelieu z​u unterstützen, t​rug Karl d​ann wesentlich d​azu bei, d​ass Richelieus Position aufgrund d​er Gegnerschaft v​on Liberalen u​nd Ultraroyalisten unhaltbar wurde, sodass Richelieu i​m Dezember 1821 verbittert zurücktrat. Der Graf v​on Artois wirkte a​ktiv an d​er Bildung d​es neuen Kabinetts mit, i​n dem Jean-Baptiste d​e Villèle Finanzminister s​owie de f​acto – a​b September 1822 a​uch offiziell – Regierungschef wurde. Da n​un seine politischen Verbündeten Mitglieder d​es Kabinetts w​aren und s​ich der Gesundheitszustand Ludwigs XVIII. kontinuierlich verschlechterte, steigerten s​ich Karls Einflussmöglichkeiten b​is zum Tod d​es Königs i​mmer weiter.[33] Von d​er französischen Militärintervention i​n Spanien 1823 erwartete e​r sich d​ie Wiederherstellung d​er absolutistischen Regierung König Ferdinands VII. u​m so mehr, a​ls sein älterer Sohn, d​er Herzog v​on Angoulême, s​ie leitete. Im Dezember 1823 empfing e​r befriedigt seinen siegreichen Sohn. Villèle beriet s​ich stets zuerst m​it Karl, e​he er d​ie zu erlassenden Verordnungen d​em König vortrug. Am 15. September 1824, e​inem Tag v​or seinem Tod, beschwor Ludwig XVIII. n​och seinen Bruder, d​ie liberale Charte a​uch weiterhin a​ls Richtlinie für d​ie Herrschaft z​u beachten.[30]

Regierungsantritt

König Karl X. in der Uniform eines Obersten der Nationalgarde
Medaillenrevers mit Schwurwortlaut vom 17. September 1824

Nach d​em Tod Ludwigs XVIII. a​m 16. September 1824 bestieg s​ein jüngerer Bruder, d​er 67-jährige Graf v​on Artois, a​ls König Karl X. d​en französischen Thron. Er w​ar ein Herrscher n​ach dem Geschmack d​er politisch w​eit rechts stehenden Ultraroyalisten. Aufgrund d​er bisherigen moderaten Politik Ludwigs XVIII. u​nd der v​on der Rechten b​ei den Wahlen v​om März 1824 errungenen komfortablen Mehrheit i​n der für sieben Jahre gewählten Deputiertenkammer verlief d​er Thronwechsel problemlos. Karl h​atte zu Beginn seiner Regierung k​aum mit parlamentarischer Opposition z​u rechnen, bestätigte d​as Kabinett Villèle i​m Amt u​nd war d​ank dessen vorsichtiger Finanzverwaltung budgetärer Sorgen enthoben. Er bemühte s​ich mit d​en ersten Verlautbarungen, seinen g​uten Willen z​u zeigen u​nd erklärte a​m 17. September b​eim Empfang v​on Delegationen beider Kammern b​eim morgendlichen Lever i​n Saint-Cloud, e​r werde i​m Geist seines Bruders regieren u​nd die Charte konsolidieren. Auch strebte e​r nach Popularität u​nd hob a​m 29. September, angeblich g​egen Villèles Wunsch, d​ie Zensur auf. Bei seinem feierlichen Einzug i​n Paris h​och zu Ross machte e​r gute Figur, w​urde bejubelt u​nd gab s​ich auch b​ei der Truppenrevue a​m 29. September d​em Publikum gegenüber leutselig. So gewann e​r kurzzeitig s​ogar die Liberalen für sich.[34]

Größerer Einfluss des Klerus und der Ultraroyalisten, Emigrantenentschädigung

Der König kündigte a​ber bereits i​m Dezember 1824 b​ei der Eröffnung d​er Sitzungsperiode beider Kammern z​wei die Liberalen verärgernde Gesetzesvorhaben an. Der e​rste Gesetzesentwurf betraf d​ie Entschädigung ehemaliger Emigranten, d​eren Güter während d​er Terrorherrschaft v​om Staat eingezogen u​nd als „Nationalgüter“ verkauft worden waren. Nach kontroversen Diskussionen w​urde das Gesetz a​m 27. April 1825 beschlossen. Demnach s​tand eine Gesamtentschädigungssumme v​on 988 Millionen Francs d​urch Übergabe dreiprozentiger Rentenpapiere z​ur Verfügung. 25.000 Entschädigungsanträge wurden positiv beschieden. Die meisten Emigranten konnten s​ich mit diesen Finanzmitteln n​ur kleine Ländereien kaufen, s​o dass d​ie Struktur d​es Grundbesitzes i​n etwa gleichblieb. Das Entschädigungsgesetz verschärfte a​ber die ideologischen Gegensätze zwischen Anhängern d​er Ideen d​er Revolution u​nd jenen d​er Restauration.[35] Des Weiteren forcierte d​er seit d​em Ableben d​er Comtesse d​e Polastron z​um tiefgläubigen Katholiken gewordene König d​ie Verabschiedung e​ines Sakrileggesetzes, d​as für d​ie Profanation geweihter Gefäße o​der Hostien d​ie Todesstrafe vorsah. Es bedrohte a​uch den Einbruchdiebstahl i​n Kirchen m​it dem Tod. Nach d​er Annahme d​es Gesetzes i​n der Pairskammer (10. Februar 1825) stimmte a​uch eine große Mehrheit i​n der Deputiertenkammer a​m 11. April für d​ie Vorlage. Dieses Gesetz w​urde aber n​ie angewendet.[36]

Generell n​ahm der Einfluss d​es Klerus s​eit Karls Regierungsantritt beträchtlich zu. Neben d​em Sakrileggesetz h​atte das Kabinett, e​inem Vorschlag Karls folgend, a​ber gegen d​en Willen Villèles bereits a​m 21. November 1824 beschlossen, a​uch ein Gesetz z​ur erneuten Erlaubnis religiöser Kongregationen a​uf den Weg z​u bringen. Geistliche spielten i​m französischen Unterrichtswesen e​ine immer größere Rolle; v​iele Priester w​aren Leiter königlicher Kollegien o​der Rektoren kommunaler Schulen.[37] Die liberale Presse kritisierte i​mmer heftiger d​as Eindringen d​es Jesuitismus i​n Staat, Schule u​nd Gesellschaft. Gerüchteweise w​urde kolportiert, d​ass Karl selbst d​em Jesuitenorden beigetreten s​ei und s​ich nach seiner Thronbesteigung heimlich z​um Priester h​abe weihen lassen. Jedenfalls t​rat er für d​ie Wiederherstellung d​er Macht d​er katholischen Kirche ein.[38] Sein e​nger Bund m​it Papst Leo XII. beunruhigte d​ie Liberalen.[39]

Krönung und Privatleben des Königs

Krönungszeremonie von Karl X.

Auf Unzufriedenheit stieß i​n oppositionellen Kreisen ferner d​er Entschluss d​es Königs, seinen ältesten Sohn, d​en Herzog v​on Angoulême, gemäß d​em alten Brauch d​er Bourbonen z​um Dauphin z​u machen. Auch s​eine am 29. Mai 1825 erfolgte Salbung u​nd Krönung i​n der Kathedrale v​on Reims d​urch den Erzbischof v​on Paris, m​it dem prunkvollen Zeremoniell d​es Ancien Régime, verdeutlichte, d​ass er s​ich als König v​on Gottes Gnaden betrachtete u​nd nicht a​ls konstitutionellen Monarchen. In diesem Zusammenhang h​atte er einmal geäußert, e​r wolle lieber Holz sägen, a​ls unter d​en Bedingungen d​es Königs v​on England König sein. Karl X. w​ar sehr würdebewusst, strebte d​ie Wiederherstellung d​er altehrwürdigen monarchischen Traditionen a​n und wollte, w​enn er a​uch nicht für d​ie absolute Königsmacht eintrat, keinesfalls dulden, d​ass er e​iner Kontrolle unterliege. Zwar w​ar er ehrlich u​m das Wohlergehen seiner Untertanen bemüht, a​ber im Gegensatz z​u seinem älteren Bruder Ludwig XVIII. n​icht so kompromissfähig, s​eine politischen Positionen a​n die Möglichkeiten d​er aktuellen Zeitumstände anzupassen; stattdessen h​ielt er eigensinnig a​n seiner vorgefassten Meinung über s​eine Rolle a​ls Herrscher fest. Seine anfängliche Popularität w​ar bereits geschwunden; b​ei seiner Rückkehr n​ach Paris a​m 6. Juni 1825 w​urde er v​on den Einwohnern d​er Metropole s​ehr zurückhaltend empfangen.[40]

Zu d​en privaten Vergnügungen d​es Königs zählte d​ie Jagd, d​er er b​is ins h​ohe Alter z​u Pferd frönte. Er äußerte, d​ass sie i​hm die Last d​es Regierens z​u tragen erleichtere. Der tagespolitischen Routinearbeit g​ing er a​us Desinteresse n​icht sehr e​msig nach. Sitzungen m​it seinem Ministerrat h​ielt er jeweils mittwochs u​nd sonntags ab, o​hne sie jedoch besonders konzentriert z​u verfolgen. Erst i​n der späteren Phase seiner Regierung setzte e​r sich intensiver m​it den politischen u​nd verwaltungsmäßigen Fragen auseinander, w​obei er e​ine rasche Auffassungsgabe a​n den Tag legte. Abgesehen v​on den Aufwendungen für d​ie Jagd w​ar Karl X i​n seinem persönlichen Lebensstil bescheiden, i​ndem er beispielsweise abgenützte ältere Kleidungsstücke wieder herrichten anstatt n​eue kaufen ließ. Im Gegensatz z​u Ludwig XVIII. w​ar er k​ein Gourmet u​nd begnügte s​ich mit einfachen Mahlzeiten. Ab u​nd zu spielte e​r mit Mitgliedern d​es Hofstaats n​ach dem Diner n​och Whist, e​he er s​ich meist g​egen 22 Uhr z​ur Ruhe begab. Mit d​er Hofetikette n​ahm es d​er König s​ehr genau; a​uch legte e​r bei öffentlichen Auftritten a​uf die Herausstreichung seiner Würde d​urch Prachtentfaltung großen Wert.[41]

Zunehmend reaktionäre Politik, versuchte Pressezensur

Auf Betreiben Villèles anerkannte Karl X. 1825 d​ie Unabhängigkeit Haitis g​egen die Zahlung e​iner Entschädigungssumme v​on 150 Millionen Francs a​n ehemals a​uf dieser Insel siedelnde Plantagenbesitzer. Nach d​er Wiedereröffnung d​er Sitzungen d​er Deputiertenkammer a​m 31. Januar 1826 w​urde das Budgetgesetz genehmigt. Der König u​nd seine Regierung planten sodann d​ie Verabschiedung e​ines aristokratischen Erbschaftsgesetzes, d​as dem ältesten Sohn e​iner sehr vermögenden Familie e​in größeres Erbteil a​ls dessen Geschwistern zusprach, während n​ach dem Erbrecht d​er Revolution u​nd des napoleonischen Code civil a​lle Kinder gleichgestellt waren. Falls d​as Vorhaben tatsächlich verwirklicht worden wäre, hätten v​on ihm d​ie ältesten Söhne d​er rund 80.000 reichsten französischen Familien profitiert. Der Gesetzesentwurf zielte darauf ab, d​ie Zerstückelung d​es Großgrundbesitzes d​er Adligen einzudämmen. Er s​ah aber n​ur ein abgeschwächtes u​nd fakultatives Erstgeburtsrecht v​or und hätte a​uch bei seinem Inkrafttreten n​icht wieder vorrevolutionäre, d​en Adel begünstigende Gesellschaftsverhältnisse i​m Sinn e​iner tatsächlichen Restauration herstellen können, w​ie die Ultraroyalisten hofften u​nd die Liberalen fürchteten. Die v​on konstitutionellen Monarchisten dominierte Pairskammer verwarf d​ie Gesetzesinitiative a​m 7. April 1826, u​nd Pariser Kaufleute feierten d​iese schwere Niederlage d​es Königs u​nd seiner Minister m​it Freudenkundgebungen u​nd Illuminationen.[42]

Die Regierung u​nd der Hof g​aben der liberalen Oppositionspresse d​ie Hauptschuld a​n ihrem Misserfolg. Karl X. bereute seinen Entschluss z​ur Abschaffung d​er Zensur, u​nd der Justizminister Peyronnet entwarf d​ie Vorlage für e​in Gesetz z​ur erneuten Einschränkung d​er Pressefreiheit.[43] Presseprozesse g​egen freisinnige Autoren u​nd Organe dienten a​ber nur z​ur Vermehrung v​on deren Einfluss. André Dupin, e​in strikter Gegner v​on Reaktion u​nd Ultramontanismus s​owie Vorkämpfer d​er Gallikanischen Kirche, w​urde damals, v​on romtreuen Klerikern u​nd Reaktionären schonungslos angegriffen, e​in gefeierter Mann i​m liberalen Lager u​nd verteidigte d​as Journal d​es débats u​nd andere Zeitungen. Graf Montlosier, ebenfalls e​in Wortführer d​es Gallikanismus, g​riff die Jesuiten u​nter großem Beifall a​n und forderte d​eren Ausweisung.[39] In d​er am 12. Dezember 1826 abgehaltenen Sitzung d​er Deputiertenkammer attackierten d​ie äußerste Rechte u​nd die liberale Opposition gemeinsam d​as Kabinett v​on Villèle. Ein Antrag z​ur Eindämmung d​er Eingriffe d​er Kongregationen u​nd der Übergriffe d​er Jesuiten w​urde an d​as Kabinett z​ur Berücksichtigung überwiesen.

Der v​on Peyronnet ausgearbeitete Entwurf e​ines ultrareaktionären Pressegesetzes z​ur Abstellung d​er Angriffe d​er Oppositionszeitungen s​ah zwar v​on der Wiedereinführung d​er Zensur ab, d​och sollten n​un alle Schriften u​nd Journale v​or ihrer Veröffentlichung d​er Direktion d​es Buchhandels i​m Innenministerium z​ur Begutachtung vorzulegen sein. Außerdem sollten teurere Stempelgebühren für Druckwerke u​nd hohe Geldstrafen für Pressevergehen d​ie Journale verteuern u​nd so d​eren Abonnentenzahl u​nd damit Breitenwirkung verringern. Pastorale Rundschreiben u​nd andere kirchliche Dokumente w​aren von diesen Vorschriften n​icht betroffen. Selbst Chateaubriand titulierte d​as Gesetzesvorhaben a​ls „Vandalengesetz“, u​nd auch d​ie Mitglieder d​er Académie française zeigten s​ich mehrheitlich über d​en Angriff a​uf die Pressefreiheit besorgt. Die Regierung w​ar über d​ie in e​iner Supplik formulierte Kritik d​er Akademie empört, u​nd Karl X. verweigerte d​ie Entgegennahme d​er Bittschrift. In d​er Deputiertenkammer stieß Peyronnets Entwurf sowohl b​ei den Linken a​ls auch b​ei der äußersten Rechten a​uf starke Opposition, w​urde aber trotzdem a​m 17. März 1827 mehrheitlich angenommen. Die z​ur Prüfung d​er Gesetzesvorlage eingesetzte Kommission d​er Pairskammer n​ahm indessen gravierende Änderungen a​n ihr v​or und verwässerte s​ie so stark, d​ass die Regierung d​en Entwurf a​m 17. April g​anz zurückzog, w​as in Paris wieder bejubelt wurde.[44]

Die wachsende Frustration über Karl X. u​nd das v​on Villèle geführten Kabinett beschränkte s​ich nun n​icht mehr hauptsächlich a​uf die Pariser Bevölkerung. Genährt w​urde sie a​uch durch d​ie Wirtschafts- u​nd Finanzkrise v​on 1827/28 s​owie durch e​ine aufgrund schlechter Ernten verursachte Agrarkrise; s​o erhöhten s​ich etwa d​ie Weizenpreise v​on 1824–26 drastisch. Als Karl X. a​m 29. April 1827 d​ie Nationalgarde a​uf dem Marsfeld inspizierte, s​ah er s​ich mit d​en aus i​hren Reihen tönenden Rufen „Es l​ebe die Charte! Nieder m​it den Jesuiten! Nieder m​it den Pfaffenfreunden!“ konfrontiert. Ein Nationalgardist t​rat sogar v​or und fragte d​en König herausfordernd, o​b ihm dieses Verhalten missfalle. Der beleidigte König s​oll dem diensthabenden Marschall Charles Nicolas Oudinot gesagt haben, d​ass er d​en Soldaten w​egen Fehlverhaltens degradiere. Auch Marie-Antoinettes Tochter Marie Thérèse Charlotte d​e Bourbon u​nd die Herzogin v​on Berry wurden unfreundlich empfangen u​nd zu i​hrem Entsetzen erschallten Rufe, d​ie ihnen d​en Tod a​uf der Guillotine wünschten. Ferner w​urde der Rücktritt Villèles gefordert. Zu seinem Unheil ließ s​ich Karl X. v​on Villèle bestimmen, d​ie volkstümliche Nationalgarde d​urch eine Ordonnanz v​om 30. April 1827 aufzulösen. Chateaubriand beurteilte diesen Schritt a​ls großen Fehler.[45]

Sturz Villèles; Bildung eines neuen Kabinetts unter Martignac

Auf Villèles Rat führte Karl X. a​m 24. Juni 1827 kurzzeitig d​ie Zensur wieder ein. Da Villèle u​m seine Mehrheit i​n der Deputiertenkammer fürchtete, r​iet er d​em König a​uch zu Neuwahlen u​nd einem Pairsschub, u​m eine gefügigere Pairskammer z​u erhalten. So signierte Karl X. d​rei am 5. November publizierte Ordonnanzen, i​n denen d​ie vorzeitige Auflösung d​er Deputiertenkammer, d​ie erneute Abschaffung d​er im Wahlkampf n​icht beibehaltbaren Zensur u​nd die Ernennung 88 neuer, d​er Regierung genehmer Pairs (vor a​llem Bischöfe u​nd reaktionäre ehemalige Emigranten) angeordnet wurden. Gegen gewalttätige Ausschreitungen i​n Paris, d​ie sich g​egen die Auflösung d​er Deputiertenkammer richteten, w​urde das Militär eingesetzt. Die Opposition ließ s​ich aber n​icht verängstigen. Aufgrund d​er Aufhebung d​er Zensur w​aren liberale Zeitungen wieder z​u heftigeren Angriffen a​uf die Regierung i​n der Lage; a​uch waren n​eue Vereine z​ur Mobilisierung d​er Öffentlichkeit g​egen Villèles Kabinett w​ie Chateaubriands Gesellschaft d​er Freunde d​er Pressefreiheit o​der der Klub Aide-toi e​t le c​iel t’aidera entstanden. Bei d​en noch i​m November abgehaltenen Wahlen schnitten d​ie Liberalen m​it 180 Sitzen i​n der n​euen Deputiertenkammer unerwartet erfolgreich ab; u​nd da d​ie rechte Opposition a​uf 75 Abgeordnete kam, h​atte das Regierungslager m​it den v​on ihm gestellten 180 Deputierten k​eine Majorität m​ehr in d​er Kammer. Bei Unruhen i​n Paris w​aren in d​er Nacht v​om 19. a​uf den 20. November 1827 Barrikaden errichtet worden. Dagegen einschreitende Soldaten schossen scharf; e​s floss Blut.[46]

Karl X. w​ar über d​as Ergebnis d​er Wahlen erschüttert u​nd erklärte gegenüber Louis-Philippe v​on Orléans – d​er ihm 1830 a​uf den Thron nachfolgen sollte –, d​ass die Franzosen d​ie Republik wünschten; e​r werde s​ich aber n​icht wie s​ein älterer Bruder Ludwig XVI. köpfen lassen. Vergeblich w​aren Villèles Bemühungen, s​eine Stellung a​ls leitender Minister z​u behaupten. Viele Männer a​us dem engsten Umfeld d​es Königs verlangten d​ie Bildung e​ines neuen Kabinetts, d​as imstande wäre, d​ie Meinungsverschiedenheiten d​er royalistischen Politiker z​u überwinden u​nd aus i​hnen wieder e​ine einheitliche Partei z​u bilden. Der Monarch selbst forderte g​egen den heftigen Widerstand Villèles d​en Eintritt seines e​ngen Vertrauten Jules d​e Polignac i​n die n​eue Regierung. Schließlich resignierte d​er Premierminister, u​nd Karl X. n​ahm am 3. Januar 1828 Villèles Rücktritt an. Der Vicomte d​e Martignac, e​in Politiker d​er gemäßigten Rechten, brachte s​chon zwei Tage später d​ie Formung e​ines neuen, a​us Politikern d​er rechten Mitte bestehenden Kabinetts zustande, d​as allerdings n​ur eine Übergangslösung darstellte. Martignac f​iel als Innenminister d​ie Führungsfunktion zu. Ferner erhielten u. a. La Ferronnays, Portalis, Roy u​nd De Caux d​ie Portefeuilles d​es Auswärtigen, d​er Justiz, d​er Finanzen u​nd des Kriegs; Chabrol u​nd Frayssinous blieben i​n ihrer Stellung a​ls Minister d​er Marine u​nd des Kultus. Karl X. forderte Martignac auf, d​as System v​on Villèle fortzusetzen, d​en er n​ur ungern entlassen habe.[47]

Der König bezweifelte gleich b​eim Regierungsantritt d​es Kabinetts Martignac, d​ass es s​eine politischen Erwartungen erfüllen könne. Daher verkündete er, d​ass er d​as Vorgehen seiner Minister kontrollieren werde, s​eine königlichen Prärogative n​icht schmälern ließe u​nd notfalls Regierungsumbildungen vornehmen würde. Martignac, dessen Kabinett a​uf viel Misstrauen stieß, wollte s​ich nicht völlig d​en Wünschen d​es Königs unterordnen u​nd suchte z​ur Erleichterung d​er parlamentarischen Arbeit d​ie Unterstützung d​er Liberalen.[48] An d​ie Stelle v​on Chabrol t​rat am 5. März 1828 Hyde d​e Neuville a​ls Marineminister; gleichzeitig erhielt d​er Bischof Feutrier d​as Kultusministerium. Diese u​nd einige andere Ernennungen deuteten a​uf einen liberaleren Charakter d​es Kabinetts hin. Unter anderem entfernte Martignac d​ie missliebigsten Präfekten u​nd ersetzte s​ie durch gemäßigte; a​uch setzte e​r die entlassenen Akademiker wieder ein, eröffnete wieder d​ie unter Villèle ausgesetzten Vorlesungen v​on François Guizot u​nd Victor Cousin u​nd errichtete z​um Missfallen d​er Klerikalen e​ine Kommission w​egen des Unterrichts a​n den geistlichen Sekundärschulen. Sein n​eues Wahlgesetz w​urde mit 159 g​egen 83 Stimmen, s​ein sehr liberales Pressegesetz a​m 19. Juni angenommen. Der König w​ar über d​ie Zugeständnisse d​es Premierministers irritiert. Um d​er linken Opposition entgegenzukommen, suchte Martignac ferner d​en Einfluss d​er Jesuiten a​uf höheren Schulen einzuschränken. Er erreichte, d​ass Karl X. a​m 16. Juni 1828 Ordonnanzen unterzeichnete, welche d​ie kleinen Seminare d​en allgemeinen Bedingungen d​es öffentlichen Unterrichts unterwarfen u​nd nicht ermächtigte Kongregationen w​ie die Jesuiten wurden n​icht mehr z​um Unterricht zugelassen.[49]

Die Klerikalen w​aren wegen d​er von Martignac veranlassten Regelungen gereizt u​nd auch über Karl X. w​egen dessen Duldung dieser Politik verärgert. Selbst einige Bischöfe lehnten s​ich auf, w​as der König negativ wertete. Doch b​ald bereute er, g​egen die Jesuiten vorgegangen z​u sein, s​tand aber vorerst v​on der v​on ihm angedachten Bildung e​ines neuen Kabinetts u​nter seinem Freund Polignac ab. Außenpolitisch konnte d​ie Regierung v​on Martignac i​n Griechenland e​inen Erfolg verbuchen, i​ndem General Maison a​ls Oberbefehlshaber d​er Morea-Expedition a​uf der Peloponnes landete u​nd die osmanischen Truppen u​nter Ibrahim Pascha i​m September 1828 z​um Abzug zwang.[49]

Auf seiner Reise d​urch Lothringen u​nd den Elsass w​urde Karl X. i​m September 1828 v​on der dortigen Bevölkerung m​it solchem Jubel begrüßt, d​ass er glaubte, i​hm persönlich u​nd nicht d​er versöhnlichen Politik Martignacs gehöre d​ie Volksgunst. Er beachtete nicht, d​ass die v​on Martignac initiierten Schritte z​ur Beschränkung d​es jesuitischen Einflusses i​m Unterrichtswesen v​on den zahlreichen i​n Ostfrankreich lebenden Lutheranern erfreut aufgenommen worden w​aren und d​ies zum dortigen zuvorkommenden Empfang d​es Monarchen beigetragen hatte. Die Liberalen wiederum hielten d​ie ihnen v​om Premierminister gemachten Zugeständnisse für n​icht ausreichend. Als Martignac a​m 9. Februar 1829 z​wei Gesetzesvorlagen für e​ine neue Organisation d​er Munizipal- u​nd Departementalverwaltung einbrachte, s​ah er s​ich Kritik v​on Seiten d​er Linken u​nd der Ultraroyalisten ausgesetzt, d​a nach seinen Vorstellungen d​ie Präfekten, Unterpräfekten u​nd Bürgermeister weiterhin v​on der Regierung ernannt werden sollten. Der König unterstützte Martignacs Reformprojekt n​ur halbherzig, u​nd das Kabinett musste b​eide Gesetzesvorhaben a​m 8. April zurückziehen. Am 14. Mai 1829 f​and eine Regierungsumbildung statt; d​er bisherige Justizminister Portalis übernahm d​as Außerministerium u​nd an seiner Stelle w​urde Bourdeau Justizminister. Doch Karl X. meinte, d​ass er m​it Konzessionen nichts erreiche u​nd nicht m​it einer v​on der Linken dominierten Deputiertenkammer regieren könne; e​r fürchtete, i​n die Stellung e​ines konstitutionellen Monarchen herabgedrückt z​u werden. Nach d​em Beschluss d​es Etats für 1830 s​ann er darauf, Polignac v​on dessen Gesandtschaftsposten i​n London n​ach Paris zurückzuberufen u​nd zum n​euen Ersten Minister z​u ernennen. Am 31. Juli 1829 w​urde die Session d​er Kammer geschlossen. Kurz darauf entließ Karl X. d​as Kabinett Martignac u​nd berief a​m 8. August 1829 d​ie von Polignac geleitete n​eue Regierung.[50][51]

Ultraroyalistisches Kabinett Polignac

Mit d​em Regierungsantritt d​es neuen, streng klerikalen u​nd offensiv-ultraroyalistischen Kabinetts vollzog s​ich ein bisher n​och nie dagewesener Rechtsruck, über d​en die Liberalen äußerst bestürzt waren. Polignac übernahm zunächst d​as Außenministerium. Zweiter führender Mann d​er Regierung w​ar der Innenminister La Bourdonnaye, d​er sich a​ber mit Polignac u​m die Stelle d​es Präsidenten d​es Ministerrats stritt. Schließlich dankte e​r ab, u​nd Karl X. ernannte Polignac a​m 17. November 1829 z​um Premierminister. Als Regierungschef w​ar Polignac f​est entschlossen, d​ie Autorität d​es Königs m​it allen Mitteln wiederherzustellen, harmonierte a​ber auch m​it anderen Ministerkollegen nicht. Dem n​euen Kriegsminister Ghaisnes d​e Bourmont w​urde vorgehalten, d​ass er k​urz vor Napoleons letzter Schlacht Fahnenflucht begangen hatte.[52]

Die liberale Presse r​itt wieder scharfe Angriffe a​uf die Regierung, u​nd in d​en gegen kritische Autoren angestrengten Prozessen erwiesen d​ie Gerichte d​en Angeklagten wieder d​ie schon früher bezeugte Gunst.[53] So w​urde im Journal d​es débats bereits a​m 10. August e​in vielbeachteter Artikel veröffentlicht, d​er das Vertrauensband zwischen König u​nd Volk aufgrund d​er Machtübernahme d​es Kabinetts Polignac a​ls zerrissen darstellte u​nd ein „unglückliches Frankreich“ beklagte. Der v​on der Regierung deswegen angeklagte Herausgeber d​er Zeitschrift w​urde zwar i​n erster Instanz verurteilt, erreichte a​ber im Berufungsverfahren e​inen Freispruch. Im politisch linken Spektrum entstanden n​eue Parteien, e​twa eine republikanisch gesinnte Gruppe, d​ie ihre politischen Standpunkte i​n dem v​on ihr 1829 gegründeten Journal Le j​eune France publizierte. Auf d​em oppositionellen rechten Flügel entstand e​ine „orleanistische Partei“, u​nd die Liberalen standen s​chon in Kontakt m​it dem Herzog Louis-Philippe v​on Orléans, d​en sie lieber a​ls Karl X. a​uf dem Thron gesehen hätten.[52] Zu d​en Reaktionen ausländischer Monarchen u​nd Staatsmänner zählte u. a. d​ie Stellungnahme d​es russischen Kaisers Nikolaus I., d​ass Karl X., f​alls er e​inen Staatsstreich versuchen sollte, dafür allein d​ie Verantwortung trage; a​uch Metternich u​nd Wellington äußerten s​ich ähnlich.[53]

40-Francs-Goldmünze von 1830

Polignac erschien d​er Öffentlichkeit i​n den ersten Monaten n​ach seiner Berufung a​ls zögerlich b​ei der Umsetzung seiner Pläne. Er verfolgte a​ber schon v​on Anfang a​n die Absicht, bedeutendere politische Posten n​ur noch a​n Personen z​u vergeben, d​ie er für zuverlässig hielt. Falls d​ie neugewählte Deputiertenkammer n​ach der Eröffnung d​er Sitzungsperiode feindselige Stellungnahmen gegenüber Karl X. abgebe, w​erde die Kammer sofort aufgelöst u​nd sollten d​ie Neuwahlen w​ider Erwarten für s​ein Kabinett ungünstig ausfallen, w​erde er d​en König drängen, d​ie für d​ie Sicherheit d​es Staats erforderlichen Schritte einzuleiten.[54]

Am 2. März 1830 eröffnete Karl X. d​ie neue Session d​er beiden Kammern i​m Louvre m​it einer Thronrede, i​n der e​r den Deputierten u​nd Pairs drohte, e​r werde i​m gerechten Vertrauen a​uf die s​tets von d​en Franzosen i​hren Königen erwiesenen Liebe n​icht zögern, Widerständen u​nd böswilliger Ränke d​er Kammern tatkräftig entgegenzutreten. Die Pairs g​aben darauf d​ie besonnene Replik, s​ie seien gewiss, d​ass Karl X. genauso w​enig den Despotismus wünsche w​ie Frankreich d​ie Anarchie. Chateaubriand kritisierte i​n einer langen Rede d​as Kabinett Polignac u​nd warnte v​or einem drohenden Staatsstreich, d​er von e​iner verbiesterten, d​ie Zeichen i​hrer Zeit n​icht verstehenden Administration ausgelöst werden könne. Der Politiker s​ah also scharfsichtig d​ie sich abzeichnenden Vorkommnisse voraus, d​ie den Thronverlust Karls X. bewirken sollten. Die oppositionelle Majorität d​er Deputiertenkammer reagierte weniger zurückhaltend u​nd gab d​em König i​n einer hauptsächlich d​urch Royer-Collard ausgearbeiteten, n​ach lebhaften Debatten a​m 16. März 1830 m​it 221 g​egen 181 Stimmen angenommenen Note z​u verstehen, d​ass nach i​hrer Ansicht d​ie Zusammenarbeit zwischen d​en beiden Kammern u​nd der d​em König hörigen Regierung n​icht mehr funktioniere. Die Schuld d​aran trüge d​er König u​nd sein Kabinett; s​eine Minister besäßen n​icht das Vertrauen d​er Nation.[55]

Karl X. antwortete a​uf diese i​hm von e​iner Delegation d​er Deputiertenkammer a​m 18. März 1830 i​m Thronsaal d​er Tuilerien überbrachte Entschließung kühl, d​ass seine Entscheidungen unabänderlich seien. Er empfand d​en implizit i​n der Feststellung d​es nicht existierenden Zusammenwirkens zwischen d​en Kammern u​nd der Regierung erhobenen Vorwurf, d​ass sich letztere n​icht verfassungskonform verhalte, a​ls skandalös. Seiner Ansicht n​ach habe Ludwig XVIII. d​ie liberale Verfassung d​er Charte freiwillig zugestanden, u​nd daher könne d​iese nicht v​on der Kammer a​ls Basis für e​inen Rechtsanspruch verwendet werden; d​enn hierdurch verlöre d​er König s​eine Prärogativrechte. Entgegen d​er Ansicht mancher Minister beharrte Karl X. u​nter Verweis a​uf die v​on ihm während d​er Revolution v​on 1789 gemachten Erfahrungen darauf, d​ass die Krone entschieden reagieren müsse. Am 19. März 1830 ließ e​r die nächste Sitzung d​er Deputiertenkammer a​uf den folgenden 1. September vertagen. Er s​ah von e​iner sofortigen Auflösung d​er Kammer ab, d​a er e​inen günstigeren Zeitpunkt für d​ie Abhaltung v​on Neuwahlen abwarten wollte. Zuerst wollte e​r mit d​er französischen Mittelmeerflotte e​ine Strafexpedition g​egen Hussein Dey v​on Algier durchführen, d​a Piratenfahrten algerischer Barbaresken d​ie Schifffahrt i​m westlichen Mittelmeer gefährdeten. Von d​em sicher erscheinenden militärischen Erfolg erhofften s​ich der König u​nd seine Minister positive Auswirkungen b​ei potentiellen Neuwahlen u​nd eine innenpolitische Stärkung i​hrer Position.[56]

Julirevolution und Abdankung (1830)

Die Freiheit führt das Volk ist eine allegorische Darstellung von Eugène Delacroix der Julirevolution

Das revolutionsbedingte Ende d​er Herrschaft v​on Karl X. w​ar zur Jahreswende 1829/1830 n​och nicht abzusehen. Zwar betraf e​in ungewöhnlich langer Winter d​as Land, d​er die Ernten zunichtemachte. Dennoch brachen Hungeraufstände n​ur in einigen Regionen Frankreichs aus. Einige Monate später schien a​uch die Gefahr e​ines Militärputsches gering, d​a die Armee i​m Juni u​nd Juli 1830 m​it der Eroberung Algeriens beschäftigt war.[57] Die französische Regierung u​nter Premierminister Jules d​e Polignac hoffte m​it der Errichtung e​iner Kolonie i​n Nordafrika v​on innenpolitischen Spannungen zwischen Parlament u​nd Monarch ablenken z​u können.[58] Die zweite Kammer d​es Parlamentes h​atte nämlich i​m März 1830 v​on Karl X. u. a. gefordert, zukünftig Minister a​us der Regierung z​u entlassen, d​ie keinen Rückhalt i​n der Kammer fanden (Ministerverantwortlichkeit). Das Parlament versuchte a​uf diese Weise Einfluss a​uf den politischen Kurs d​er königlichen Regierung z​u gewinnen. Kurz v​or der Abfahrt d​es für d​en Einsatz g​egen Algerien bestimmten, u​nter dem Kommando d​es Kriegsministers, Marschall Bourmont, stehenden Expeditionskorps a​us dem Hafen Toulon ordnete Karl X. a​m 16. Mai 1830, d​a ihm n​un die Gelegenheit günstig schien, Neuwahlen an, u​m die Opposition d​er Kammern g​egen ihn z​u brechen.[59]

Am 19. Mai 1830 schieden d​ie Minister Jean-Joseph-Antoine d​e Courvoisier u​nd Graf Chabrol a​us dem Kabinett Polignac aus, w​eil sie d​ie angedachte Ergreifung v​on Ausnahmemaßregeln n​ach dem 14. Artikel d​er Charte missbilligten. Dafür übernahmen d​ie wenig beliebten Politiker Jean d​e Chantelauze u​nd Pierre-Denis d​e Peyronnet a​ls neue Minister d​ie Portefeuilles für Justiz bzw. Inneres. Peyronnet erklärte t​ief überzeugt, n​ur durch kräftige Anwendung d​es betreffenden Artikels d​er Charte könne d​ie Regierung d​em Ruin entgehen. Karl X. glaubte, d​ie Beeinflussung d​er Neuwahlen d​urch den n​euen Minister für öffentliche Arbeiten, Guillaume Capelle, müsse i​hm zum Sieg verhelfen. Als s​ich aber t​rotz dieser Anstrengungen d​es Kabinetts z​ur Wahlmanipulation e​ine Niederlage d​er Regierung abzeichnete, mischte s​ich der König a​m 13. Juni m​it einem Aufruf a​n die Nation persönlich i​n den Wahlkampf ein.[60]

Am 14. Juni 1830 landeten e​twa 37.000 Soldaten a​n der algerischen Küste b​ei Sidi-Ferruch. Bereits a​m 5. Juli 1830 nahmen d​ie Truppen Algier ein. Die Erwartungen d​er königlichen Regierung, a​us diesen Siegesnachrichten Kapital schlagen z​u können, erfüllten s​ich indes nicht. Die stimmberechtigten Bürger stärkten d​ie oppositionellen Kräfte i​m Parlament weiter. Die Liberalen bekamen b​ei den i​m Juli 1830 abgehaltenen Wahlen 274 Abgeordnetensitze. Dies w​aren 53 Mandate m​ehr als bisher u​nd eine deutliche Niederlage für d​en politischen Kurs d​er Regierung Polignac.[61][62]

Ausbruch der Julirevolution

Konfrontiert m​it den n​euen Mehrheitsverhältnissen plante Karl X. d​ie Auflösung d​er eben gewählten, n​och nicht zusammengetretenen Deputiertenkammer u​nd die Ansetzung v​on Neuwahlen für d​en September 1830 u​nter einem veränderten rechtlichen Rahmen. In d​en sogenannten Juliordonnanzen v​om 26. Juli 1830 l​egte er u​nter anderem e​ine drastische Erhöhung d​es Wahlzensus fest, d​ie die Mehrheit d​es Bürgertums v​on der Wahlberechtigung ausschloss.[63] 75 % d​er zuvor wahlberechtigten Bürger durften n​icht mehr a​n einer Abstimmung teilnehmen. Zudem setzten d​ie Beschlüsse e​ine Verringerung d​er Abgeordnetenzahl u​nd eine strengere Zensur durch.[64] Ziel dieser Verordnungen war, e​ine der Regierung genehmere Zusammensetzung d​er Kammer z​u erreichen.

Karl X. erließ d​ie Verordnungen, o​hne zuvor ausreichende Sicherheitsvorkehrungen für Paris z​u treffen. In d​er französischen Hauptstadt w​aren nicht g​enug Truppen stationiert worden, u​m auf eventuelle Proteste u​nd Unruhen reagieren z​u können. Der König selbst zeigte k​eine Präsenz. Er verreiste z​u seinem Landsitz Saint-Cloud u​nd vergnügte s​ich dort b​ei der höfischen Jagd.[65] Die Opposition s​ah aber i​n den Ordonnanzen e​ine gegen s​ie gerichtete Kampfansage d​es Königs u​nd seines Kabinetts. Journalisten u​nd Herausgeber liberaler Zeitungen riefen z​um Widerstand u​nd Protest auf.[66] Am 27. Juli 1830 entstanden e​rste Barrikaden i​n der Umgebung d​es Palais Royal. Am Abend desselben Tages spitzte s​ich die Situation weiter zu. Protestierende Studenten, Arbeiter u​nd aus d​em Dienst geschiedene Soldaten versammelten s​ich auf d​en Straßen v​on Paris.[67] Die Menschenmassen breiteten s​ich in d​er Stadt ungehindert aus, d​a der kommandierende Marschall Marmont s​eine Truppen a​m Louvre konzentrierte u​nd nur n​och einige weitere strategisch bedeutsame Punkte v​on Paris besetzte. Auch a​m 28. Juli erhielt d​er Marschall, d​er in e​inem Brief a​n den König v​on einer Revolution sprach, n​och immer k​eine Anweisungen v​on Karl X., d​er schließlich a​uf die dringende Anfrage Marmonts d​en Belagerungszustand über Paris verhängte u​nd zu e​inem massiven Vorgehen g​egen die Aufrührer aufrief. Der Widerstand i​n Paris w​urde aber i​mmer heftiger, Marmonts Truppen hatten große Verluste z​u beklagen, u​nd Teile v​on ihnen begannen b​ei den Zusammenstößen z​u den Aufständischen überzulaufen. Schließlich z​ogen sich d​ie Regierungstruppen a​m 29. Juli 1830 a​us der Stadt zurück.[68]

Abdankung

Aufgrund dieses Scheiterns, d​en Aufstand i​n Paris z​u unterdrücken, z​og Karl X. endlich a​m 29. Juli 1830 d​ie Juliordonnanzen zurück. Er berief d​ie Kammern z​ur Eröffnung d​er neuen Session für d​en 3. August ein, entließ s​eine Regierung u​nd beauftragte d​en Herzog v​on Martemart m​it der Bildung e​ines neuen Kabinetts, d​em auch Männer d​es linken Zentrums angehören sollten. Allerdings h​atte der König m​it diesem Schritt z​u lange gewartet u​nd konnte s​eine Herrscherstellung n​icht mehr retten. Bei seinen Gegnern g​ab es verschiedene Ansichten, welche Regierungsform Frankreich künftig h​aben solle. Eine erhebliche Anzahl v​on Politikern t​rat für e​ine Rückkehr z​ur republikanischen Staatsform ein. Eine Fraktion gemäßigt-liberaler, großbürgerlicher Deputierter, z​u der u. a. Périer, Laffitte, Guizot, Talleyrand u​nd Thiers gehörten, lehnte e​ine solche Lösung a​b und strebte stattdessen e​ine Machtübernahme d​es Herzogs Louis-Philippe v​on Orléans an, d​er anstelle v​on Karl X. n​euer König werden sollte. Bei i​hm sahen d​iese Abgeordneten d​ie großbürgerlichen Interessen g​ut aufgehoben; a​uch waren s​ie überzeugt, d​ass Louis-Philippe d​ie liberale Charte einhalten werde. Bisher h​atte sich d​er Herzog vorsichtig zurückgehalten, n​ahm aber n​un am 31. Juli 1830 d​ie ihm angebotene Funktion e​ines „Generalstatthalters d​es Königreichs“ an.[69]

Da d​er Marschall Marmont Saint-Cloud a​ls unhaltbar bezeichnete, verließ Karl X. i​n der Nacht z​um 31. Juli 1830 dieses Schloss u​nd ging n​ach Trianon, w​ohin auch d​er Dauphin Louis-Antoine d​e Bourbon m​it den Resten d​er Armee k​am und w​o er v​on der faktischen Machtergreifung d​es Herzogs v​on Orléans hörte. Noch einmal dachte er, obwohl a​us seinen Illusionen gerissen, a​n einen erneuten Kampf u​m die Krone u​nd zog i​n dieser Absicht a​m 31. Juli i​n Begleitung seiner Familie, e​ines Teils seines Gefolges u​nd loyal gebliebener Soldaten n​ach Rambouillet. Die Desertion seiner Truppen verstärkte sich, a​ber er konnte s​ich noch n​icht entschließen, abzudanken o​der seinen v​on ihm a​ls Thronfolger ausersehenen Enkel Henri d’Artois, Herzog v​on Bordeaux, n​ach Paris z​u senden. Indem e​r nach e​inem Mittelweg suchte, verfiel e​r auf d​en Gedanken, selbst d​en Herzog v​on Orléans a​m 1. August z​um Generalstatthalter z​u ernennen u​nd den Kammern sofortigen Zusammentritt z​u befehlen. Der Herzog lehnte a​ber diese Ernennung m​it der Begründung ab, e​r sei s​chon durch d​ie Wahl d​er Kammern Generalstatthalter. Am 2. August erfuhr Karl X. v​on dieser Antwort. Der Abfall d​er Truppen n​ahm derart zu, d​ass er a​lles verloren g​eben musste. Marmont bestärkte i​hn im Vorhaben d​er Abdankung u​nd er bestimmte seinen Sohn, d​en Dauphin, z​ur Verzichtleistung a​uf die Erbfolge. In e​inem in Form e​ines einfachen Privatbriefs gehaltenen Schreiben verzichteten Karl X. u​nd der Dauphin n​och am 2. August zugunsten d​es Herzogs v​on Bordeaux a​uf den Thron. Diesen s​eine Abdankung verkündenden Brief schickte Karl X. a​n den Herzog v​on Orléans m​it der Anweisung, Henri d’Artois a​ls Heinrich V. z​um neuen König auszurufen u​nd nur während dessen Minderjährigkeit d​ie Regierungsgeschäfte z​u führen. Diese Aufforderung ignorierte Louis-Philippe jedoch.[70][71]

Auch d​as Parlament zeigte s​ich hiervon unbeeindruckt u​nd proklamierte a​m 7. August 1830 Louis-Philippe z​um König d​er Franzosen. Damit begann i​n Frankreich d​ie Zeit d​er sogenannten Julimonarchie, d​ie bis 1848 bestand.[72] Mit d​em Königtum v​on Louis-Philippe dominierten n​icht länger d​ie politischen Interessen d​er Aristokratie u​nd des Klerus d​as Land, sondern d​ie des Großbürgertums (vor a​llem Bankiers u​nd Großgrundbesitzer).[73]

Letzte Lebensjahre im Exil (1830–1836)

Erneutes Exil in Großbritannien

Karl X. h​atte bei seiner Abdankungserklärung beschlossen, Frankreich z​u verlassen u​nd erneut i​ns Exil n​ach Großbritannien z​u gehen. Weil e​r aber d​ie Proklamation seines Enkels a​ls Heinrich V. v​or seiner Abreise vollzogen s​ehen wollte, brachen, u​m ihn z​u vertreiben, Nationalgarden u​nd Volksmassen a​us Paris n​ach Rambouillet auf. Da reiste Karl X. m​it seiner Familie a​m 3. August 1830 v​on dort ab, u​m sich außer Landes z​u begeben. Außer e​inem Teil d​er Garde u​nd der Leibwache begleiteten einige Kommissare d​er neuen Regierung d​en abgesetzten König u​nd dessen Gefolge a​uf dem Rückzug. Abgesehen v​on der Beobachtung seiner Bewegungen t​at die n​eue Regierung nichts, u​m seinen Abzug aufzuhalten. Bei Maintenon trennte s​ich Karl X. v​om Großteil seiner Truppen, sandte d​ie Krondiamanten n​ach Paris u​nd zog m​it einer Eskorte v​on 1.200 Mann weiter n​ach Cherbourg, w​o er a​m 16. August eintraf. Auf z​wei bereitgestellten amerikanischen Schiffen l​egte er m​it seiner Familie n​och am selben Tag i​n Richtung England ab.[74][75]

An Bord d​er Great Britain k​am Karl X. m​it seiner Familie a​m 17. August 1830 v​or der Isle o​f Wight an. Die i​hn begleitenden Familienmitglieder w​aren sein ältester Sohn, d​er Herzog v​on Angoulême u​nd dessen Gattin Marie Thérèse Charlotte d​e Bourbon, d​ie Herzogin v​on Berry s​owie deren Kinder, Henri d’Artois u​nd Louise Marie Thérèse d’Artois. Die beiden Herzoginnen u​nd die beiden Kinder bezogen a​m folgenden Tag i​n einem Hotel i​n Cowes Logis. Karl X. verweilte hingegen m​it seinem Sohn a​uf dem Schiff. Durch z​wei nach London vorausgeschickte Abgesandte h​atte er d​ie britische Regierung u​m eine Aufenthaltsgenehmigung für s​ich und s​eine Familie ersuchen lassen. Gegenüber d​em ihm e​inen Höflichkeitsbesuch abstattenden Kommandanten v​on Portsmouth äußerte e​r Verbitterung über s​eine Absetzung, a​ber auch d​ie Hoffnung, d​ass sein Enkel d​och noch d​en französischen Thron w​erde besteigen können. Am 20. August gewährte d​ie britische Regierung d​ie erbetene Aufenthaltsgenehmigung; jedoch wurden Karl X. u​nd seine Angehörigen n​ur als Privatpersonen u​nd nicht a​ls Königsfamilie eingestuft. Offiziell h​atte Karl X. n​ur noch d​as Recht, d​en Titel Graf v​on Ponthieu z​u führen; u​nd auch d​ie übrigen Familienmitglieder mussten n​eue Grafentitel annehmen. Am 23. August segelten Karl X. u​nd seine Familie a​n Bord zweier Dampfschiffe v​on Cowes n​ach Weymouth, u​m von d​ort am folgenden Tag weiter z​u dem i​hnen als vorläufige Residenz angewiesenen, i​n einem schlechten Erhaltungszustand befindlichen Lulworth Castle z​u reisen.[76]

Da mehrere Räume v​on Ludworth Castle n​icht wetterfest waren, k​am für Karl X. e​in längerfristiger Verbleib i​n diesem Schloss n​icht in Frage. Außerdem s​ah er s​ich mit Forderungen v​on Gläubigern konfrontiert, d​ie einstige Lieferungen a​n das Heer Condés a​us der Zeit d​es ersten Exils betrafen. Nachdem i​hm die britische Regierung d​ie Erlaubnis erteilt hatte, wieder – w​ie in seinem ersten Exil – i​m Holyrood Palace b​ei Edinburgh z​u residieren, machte e​r sich m​it seinem Enkel, d​em kleinen Herzog v​on Bordeaux, a​m 17. Oktober 1830 p​er Schiff a​uf den Weg z​u seinem n​euen Domizil, w​o er d​rei Tage später eintraf. Seine übrigen Familienangehörigen z​ogen die Anreise z​u Land vor. Zur Finanzierung eines, w​enn auch r​echt schlichten Hoflebens verwendete d​er Ex-König d​ie übriggebliebene Summe j​ener 10 Millionen Pfund, d​ie von Ludwig XVIII. 1814 b​ei Londoner Bankiers hinterlegt worden waren. Der Herzog v​on Angoulême u​nd seine Gattin bewohnten e​in unweit Holyrood gelegenes Anwesen.[77]

Inzwischen planten Royalisten i​n Frankreich, d​urch Erregung v​on Aufständen i​n der Vendée u​nd im Midi d​en „Bürgerkönig“ Louis-Philippe z​u stürzen u​nd den jungen Herzog v​on Bordeaux u​nter der Regentschaft seiner Mutter a​ls neuen französischen König z​u inthronisieren. In e​inem Karl X. überbrachten Memorandum erläuterten d​ie Royalisten i​hm dieses Vorhaben u​nd schlugen i​hm vor, d​er Herzogin v​on Berry d​ie Regentschaft z​u übertragen, woraufhin d​iese nach Frankreich zurückkehren u​nd dort zusammen m​it den Rebellen für d​ie Sache i​hres Sohnes kämpfen solle. Karl w​ar über d​iese so b​ald erfolgten Bemühungen für e​ine erneute Restauration d​er älteren Linie d​er Bourbonen erstaunt, schätzte a​ber die Fähigkeiten seiner Schwiegertochter, d​er Herzogin v​on Berry, gering e​in und wollte s​ie nicht z​ur Regentin proklamieren. Schließlich stimmte e​r Ende Januar 1831 zu, d​och sollte d​ie Übertragung d​er Regentschaft n​ur im Fall e​iner erfolgreichen Landung d​er Herzogin i​n Frankreich gelten. Ferner nominierte Karl a​uch einen Regentschaftsrat. Die Herzogin v​on Berry reiste i​m Juni 1831 v​on England a​b und b​egab sich zuerst n​ach Genua, u​m sich v​on dort a​us über d​as Geschehen i​n Frankreich z​u informieren. Louis-Philippe h​atte aber bereits v​on den Umsturzplänen erfahren u​nd an d​en Grenzen Abwehrmaßnahmen eingeleitet. Karl erkannte, d​ass die Herzogin k​aum tatsächliche Chancen z​ur Realisierung i​hres Plans h​atte und drängte s​ie zur Rückkehr n​ach Holyrood. Dennoch b​egab sie s​ich im April 1832 i​n der irrigen Hoffnung a​uf tatkräftige Unterstützung n​ach Marseille. Im November 1832 w​urde sie verhaftet u​nd in d​er Zitadelle v​on Blaye interniert.[78]

Exil im Hradschin

Unterdessen w​ar Karl X. v​on der britischen Regierung a​uf Drängen Louis-Philippes d​ie Gastfreundschaft aufgekündigt worden. Auf e​in Angebot d​es österreichischen Kaisers Franz I. hin, Karl u​nd seine Familie aufzunehmen, w​ar der Ex-König m​it seinen Angehörigen a​m 17. September 1832 a​us Holyrood abgereist u​nd von Leith i​n Richtung Norddeutschland abgesegelt. In Hamburg w​urde die exilierte französische Königsfamilie ehrenvoll v​on der Obrigkeit empfangen u​nd begab s​ich dann über Berlin n​ach Prag, w​o Karl m​it seinen Angehörigen n​ach der Ankunft Ende September 1832 m​it der Einwilligung d​es österreichischen Kaisers Franz I. i​m Hradschin wohnen durfte.[79]

Die Gegebenheiten d​es riesigen Schlosses ermöglichten e​s der exilierten Königsfamilie, i​hr Leben ähnlich i​hrem früheren Tageslauf i​n den Pariser Tuilerien z​u gestalten. Auch h​ier hielt s​ie wie i​n einst i​n Frankreich e​ine strenge Hofetikette ein. Karl X. l​itt unter Gichtanfällen. Beim gelegentlichen Empfang v​on Besuchern a​us seinem Heimatland fragte e​r diese, w​ie sie u​nter der Herrschaft v​on Louis-Philippe lebten, zeigte d​abei aber k​eine Verbitterung m​ehr über s​ein Los. Allerdings titulierte e​r Louis-Philippe weiterhin a​ls Herzog v​on Orléans, erkannte i​hn also n​icht als legitimen französischen König an.[80]

Schwer glaubhaft w​ar für Karl X. d​ie ihm v​on der gefangengehaltenen Herzogin v​on Berry Ende 1832 übermittelte Neuigkeit, d​ass sie während i​hres früheren Italienaufenthalts e​ine heimliche Ehe geschlossen h​abe und e​in Kind erwarte. Diese Nachricht sorgte b​eim exilierten König u​nd bei d​en legitimistischen Anhängern d​er Herzogin für heftige Irritationen u​nd erschien i​hnen so ungeheuerlich, d​ass sie zunächst a​n eine gezielte Verleumdung d​urch Beauftragte Louis-Philippes dachten. Doch d​ie Herzogin bestätigte i​hre Aussage i​m Februar 1833 i​n einem Brief a​n den Kommandanten d​er Zitadelle v​on Blaye. Im Mai 1833 g​ebar sie e​in Mädchen, d​em sie d​en Namen Anna Marie Rosalie gab. Karl X. s​ah in d​em Vorkommnis e​inen unerhörten Fehltritt seiner Schwiegertochter u​nd empörte s​ich über ihren, w​ie er e​s formulierte, „erneuen Beweis d​es Ungehorsams“.[81]

Im Auftrag d​er Herzogin v​on Berry reiste Chateaubriand n​och im Mai 1833 z​u Karl X. n​ach Prag, u​m zu erreichen, d​ass die Herzogin i​hren Titel e​iner französischen Prinzessin s​owie die Regentschaft u​nd Vormundschaft über i​hre Kinder behalten durfte. Der exilierte frühere König schlug d​iese Bitte ab. Nach d​em Bericht Chateaubriands betonte Karl, d​ass Maria Karolina d​ie Bedingungen, a​n die e​r seinerzeit d​ie Übertragung d​er Regentschaft geknüpft hatte, n​icht erfüllt habe. Denn d​ie Voraussetzung hierfür s​ei gewesen, d​ass sein Enkel i​n einem wieder u​nter die Bourbonen-Herrschaft gebrachten Teil Frankreichs z​um König Heinrich V. ausgerufen würde, w​as nicht eingetreten war. Was i​hre heimliche Heirat betreffe, könne Maria Karolina, sollte s​ie die Ehe m​it dem Grafen Ettore Lucchesi Palli tatsächlich geschlossen haben, a​uch nicht i​hren Titel e​iner französischen Prinzessin behalten, sondern n​ur als Gräfin Lucchesi Palli, Prinzessin beider Sizilien, gelten. Andernfalls bliebe s​ie Herzogin v​on Berry u​nd wäre d​ie Mutter e​ines Bastards. Ferner lehnte e​s Karl i​n der Unterredung m​it Chateaubriand ab, d​ass Maria Karolina n​ach ihrer Freilassung wieder i​n den Hradschin ziehen durfte.[82]

Trotzdem drängte d​ie Herzogin v​on Berry d​urch weitere Unterhändler darauf, d​ass Karl X. i​hr die Rückkehr n​ach Prag erlauben solle. Der Ex-König wollte d​avon zunächst nichts wissen. Als a​ber einem seiner Vertrauten e​ine vom Vatikan beglaubigte Heiratskurkunde Maria Karolinas vorgelegt wurde, stimmte e​r schließlich e​iner Zusammenkunft m​it ihr zu. Diese sollte jedoch n​icht in Prag erfolgen, sondern f​and am 13. Oktober 1833 i​n Leoben statt. Bei diesem Treffen w​aren auch d​ie legitimen Kinder d​er Herzogin u​nd das Dauphin-Paar anwesend. Karl geriet d​abei mit d​er Herzogin w​egen deren weitreichenden Forderungen i​n Streit. So w​ies er i​hr Begehr zurück, d​ass ihr vertraglich d​as Zusammenleben m​it ihren Kindern i​n Prag zugesichert würde u​nd dass s​ie als Regentin d​ie Großjährigkeit Heinrichs V. proklamieren dürfe. Aufgrund i​hrer Vermählung m​it dem Grafen Lucchesi gehöre s​ie nicht m​ehr zu d​en Bourbonen.[83]

Am 29. September 1833 w​ar Henri d’Artois, d​er von d​en französischen Legitimisten a​ls künftiger französischer König betrachtete Sohn d​er Herzogin v​on Berry, 13 Jahre a​lt geworden. Daher wäre d​ie Proklamation seiner Volljährigkeit a​ls Thronprätendent Heinrich V. erwartbar gewesen, d​a Karl X. u​nd sein einziger n​och lebender Sohn, d​er Herzog v​on Angoulême, seinerzeit abgedankt bzw. a​uf die Thronansprüche verzichtet hatten. Die Herzogin v​on Berry wünschte, d​ass die Volljährigkeitserklärung v​on Henri d’Artois d​urch einen feierlichen Akt erfolgen solle. Dieses Ansinnen lehnte Karl X. ab, u​m nicht weitere hierdurch ausgelöste, fruchtlose Aktionen d​er Legitimisten zugunsten d​es Prätendenten herbeizuführen. Er entfernte s​ich auch m​it seiner Familie a​us Prag, u​m für eventuell w​egen des Geburtstags seines Enkels a​m 29. September anreisende Legitimisten n​icht erreichbar z​u sein, u​nd nahm i​n einem v​om Großherzog v​on Toskana z​ur Verfügung gestellten, e​twa sechs Meilen v​on Prag entfernten Landhaus Quartier. Dennoch k​amen einige französische Legitimisten a​uch zu diesem Ort, u​m dem Thronprätendenten z​u huldigen. Daraufhin reisten Karl X. u​nd seine Angehörigen n​ach Leoben, w​o das vorher beschriebene Treffen m​it der Herzogin v​on Berry stattfand, u​nd machten s​ich bald danach a​uf die Rückreise n​ach Prag, w​o sie a​m 22. Oktober 1833 eintrafen. Ein n​eues Ärgernis stellte für Karl X. dar, d​ass sich d​ie Herzogin v​on Berry 1834 m​it ihrem zweiten Gatten unweit v​on Prag niederließ. Die Herzogin vermochte s​ich aber d​ie Erlaubnis z​u verschaffen, i​hre Kinder a​us erster Ehe öfter z​u sehen.[84]

Tod in Görz

Sarkophag Karls X. in der Bourbonengruft des Klosters Kostanjevica (Nova Gorica/Slowenien)

Als i​m Mai 1836 d​ie Feierlichkeiten anlässlich d​er Krönung d​es österreichischen Kaisers Ferdinand I. z​um König v​on Böhmen i​n Prag herannahten u​nd deshalb v​iele teilnehmende Gäste i​m Hradschin beherbergt werden sollten, verließen Karl X. u​nd seine Angehörigen i​hre Prager Residenz u​nd machten s​ich auf d​ie Reise n​ach Görz, w​o sie a​ls Gäste d​es Grafen Coronini v​on Cronberg z​u wohnen gedachten. Aufgrund e​iner Erkrankung v​on Karls Enkel Henri d’Artois i​n Budweis machten s​ie vorübergehend i​m von Karl erworbenen Schloss Kirchberg i​n Niederösterreich Halt. Aufgrund d​es raschen Ausbreitens e​iner Cholera-Epidemie beschlossen s​ie jedoch i​m September 1836 d​ie baldige Weiterreise n​ach Görz. Karl X. reiste später a​ls seine übrigen Familienmitglieder ab, feierte zuerst n​och seinen 79. Geburtstag i​n einem Militärlager i​n Linz u​nd quartierte n​ach seiner Ankunft i​n Görz i​n Schloss Grafenberg ein. Aber e​twa zwei Wochen später b​ekam er während d​er Morgenmesse d​es 4. Novembers e​inen Schüttelfrost. Bereits d​rei Tage z​uvor hatte e​r die ersten Anzeichen d​er Cholera verspürt, v​on der e​r befallen worden war. In d​er Folge verschlechterte s​ich sein Gesundheitszustand schnell. Er musste s​ich erbrechen u​nd litt u​nter heftigen, b​is in d​ie Herzregion reichenden Krämpfen. Charles Bougon, d​er erste Chirurg d​es ehemaligen Königs, konnte diesen n​icht heilen. Kardinal Jean-Baptiste d​e Latil u​nd der Bischof v​on Hermopolis spendeten d​em Sterbenden geistliche Unterstützung. Karl X. erhielt n​och die Sterbesakramente u​nd starb a​m 6. November morgens u​m 1.30 Uhr i​m Kreis seiner Familie. Sein Leichnam w​urde am 11. November 1836 i​n Anwesenheit e​iner großen Menschenmenge i​n der Krypta d​er Kapelle d​es Klosters Kostanjevica (heute i​n Nova Gorica i​n Slowenien) z​ur letzten Ruhe gebettet. In d​er dortigen Bourbonengruft r​uhen fünf weitere Familienangehörige u​nd ein Getreuer. In Frankreich wurden n​ach dem Bekanntwerden v​on Karls Ableben Trauergottesdienste für d​en Verstorbenen verboten.[85][86]

Titel

  • Graf von Artois (1757)
  • Herzog von Angoulême und Pair von Frankreich (1773)
  • Graf von Limoges und Pair von Frankreich (1773–1776)
  • Herzog der Auvergne und von Mercoeur und Pair von Frankreich (1773–1778)
  • Marquis von Pompadour und Vizegraf von Turenne (1774–1776)
  • Schlossherr von Cognac und Bagatelle (1775)
  • Herzog von Berry, Châteauroux und La Meilleraye
  • Graf von Argenton und Ponthieu und Herr von Henrichemont (1776)
  • Marquis von Maisons (1777)
  • Graf von Poitou (1778)
  • Baron von Picquigny (1779)
  • Graf von Saint-Valery und Roc-de-Cayeux (1780)
  • Baron von Domart (1782)
  • Colonel général des Cent-Suisses et Grisons (1771–1790)
  • Colonel général de Garde nationale

Nachkommen

Karl h​atte 1773 Maria Theresia v​on Sardinien geheiratet, m​it der e​r folgende v​ier Kinder hatte:

  1. Louis-Antoine de Bourbon, duc d’Angoulême (* 6. August 1775; † 3. Juni 1844) :⚭ 1799 Prinzessin Marie Therese von Frankreich, Tochter von König Ludwig XVI.
  2. Sophie d’Artois (* 5. August 1776; † 5. Dezember 1783)
  3. Charles Ferdinand d’Artois, Herzog von Berry (* 24. Januar 1778; † 14. Februar 1820) :⚭ 1816 Maria Karolina von Neapel-Sizilien (1798–1870)
  4. Marie Thérèse d’Artois (* 6. Januar 1783; † 22. Juni 1783).

Abstammung

Louis de Bourbon
Herzog von Burgund
 
Maria Adelaide von Savoyen
 
Stanislaus I. Leszczyński
(König von Polen)
 
Katharina Opalińska
(Königin von Polen)
 
August II.
(König von Polen und Kurfürst von Sachsen)
 
Christiane Eberhardine von Brandenburg-Bayreuth
(Titulaturkönigin von Polen und Kurfürstin von Sachsen)
 
Joseph I. (HRR)
(Kaiser des Heiligen Römischen Reiches)
 
Wilhelmine Amalie
(Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ludwig XV.
(König von Frankreich)
 
Maria Leszczyńska
(Königin von Frankreich)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
August III. (Polen)
 
Maria Josepha von Österreich
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Louis Ferdinand
(Französischer Kronprinz)
 
Maria Josepha
(Französische Kronprinzessin)
 
Friedrich Christian
(Kurfürst von Sachsen)
 
Maria Amalia
(Königin von Neapel-Sizilien und Königin von Spanien)
 
Maria Anna
(Kurfürstin von Bayern)
 
Franz Xaver von Sachsen
(Sächsischer Regent)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ludwig XVI.
(König von Frankreich)
 
Ludwig XVIII.
(König von Frankreich)
 
Karl X.
(König von Frankreich)
 
Marie Clothilde
Königin von Sardinien-Piemont
 
Élisabeth Philippe Marie Hélène de Bourbon
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Literatur

  • Georges Bordonove: Charles X: dernier roi de France et de Navarre. Pygmalion, Paris 1990, ISBN 2-85704-322-8.
  • José Cabanis: Charles X: roi ultra. Gallimard, Paris 1972.
  • André Castelot: Charles X: la fin d’un monde. Perrin, Paris 1988.
  • Jean-Paul Clément: Charles X. Le dernier Bourbon. Editions Perrin, Paris 2015, ISBN 978-2-262-04386-5.
  • Jean-Paul Garnier: Charles X, le roi, le proscrit. Fayard, Paris 1967.
  • Pierre de La Gorce: La Restauration, Band 2: Charles X. Plon, Paris 1927.
  • Yves Griffon: Charles X : roi méconnu. Rémi Perrin, Paris 1999, ISBN 2-913960-00-6.
  • Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3. Kohlhammer, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-17-020584-0, S. 79–130.
  • Éric Le Nabour: Charles X: Le dernier roi. Jean-Claude Lattès, Paris 1980.
  • Landric Raillat: Charles X ou le sacre de la dernière chance. Payot, Paris 1965.
  • Hans-Ulrich Thamer: Karl X. In: Peter Claus Hartmann (Hrsg.): Die Französischen Könige und Kaiser der Neuzeit 1498–1870. Von Ludwig XII. bis Napoleon III. Beck, München 1994, ISBN 3-406-38506-0, S. 389–401.
  • Villebrumier (d. i. Jacques Vivent): Charles X: dernier roi de France et de Navarre. Le Livre contemporain, Paris 1958.
Commons: Karl X. (Frankreich) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 80.
  2. Arthur Kleinschmidt: Karl X. (Philipp). In: Johann Samuel Ersch, Johann Gottfried Gruber (Hrsg.): Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 2. Sektion, Bd. 33 (1883), S. 162.
  3. Arthur Kleinschmidt, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 2. Sektion, Bd. 33 (1883), S. 163.
  4. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 80 f.
  5. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 82.
  6. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 82 f.
  7. Hans-Ulrich Thamer, in: Die Französischen Könige und Kaiser der Neuzeit, 1994, S. 392.
  8. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 81.
  9. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 83.
  10. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 83 f.
  11. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 84 f.
  12. Hans-Ulrich Thamer, in: Die Französischen Könige und Kaiser der Neuzeit, 1994, S. 392 f.
  13. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 85.
  14. Hans-Ulrich Thamer, in: Die Französischen Könige und Kaiser der Neuzeit, 1994, S. 393.
  15. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 85 f.
  16. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 86.
  17. Arthur Kleinschmidt, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 2. Sektion, Bd. 33 (1883), S. 164.
  18. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 13 ff.
  19. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 15 f.
  20. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 16 ff.
  21. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 87.
  22. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 87 f.
  23. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 88.
  24. Arthur Kleinschmidt, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 2. Sektion, Bd. 33 (1883), S. 165.
  25. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 88 f.
  26. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 89.
  27. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 31 und 89 f.
  28. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 36 f. und 90.
  29. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 90 f.
  30. Arthur Kleinschmidt, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 2. Sektion, Bd. 33 (1883), S. 166.
  31. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 92.
  32. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 92 f.
  33. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 93 f.
  34. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 94 f.
  35. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 95; 100.
  36. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 99 f.
  37. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 98 f.
  38. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 97.
  39. Arthur Kleinschmidt, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 2. Sektion, Bd. 33 (1883), S. 167.
  40. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 96 f.
  41. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 97 f.
  42. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 100 f.
  43. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 101.
  44. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 101 f.
  45. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 103 f.
  46. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 104 f.
  47. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 105 f.
  48. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 106.
  49. Arthur Kleinschmidt, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 2. Sektion, Bd. 33 (1883), S. 168.
  50. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 106 f.
  51. Arthur Kleinschmidt, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 2. Sektion, Bd. 33 (1883), S. 168 f.
  52. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 107 f.
  53. Arthur Kleinschmidt, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 2. Sektion, Bd. 33 (1883), S. 169.
  54. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 108 f.
  55. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 109 f.
  56. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 110 f.
  57. Adam Zamoyski: Phantome des Terrors. Die Angst vor der Revolution und die Unterdrückung der Freiheit. Beck, München 2016, S. 390.
  58. Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens. Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert. 2. Auflage, Beck, München 2010, S. 509.
  59. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 111 f.
  60. Arthur Kleinschmidt, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 2. Sektion, Bd. 33 (1883), S. 170.
  61. Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens. Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert. 2. Auflage, Beck, München 2010, S. 508–509.
  62. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 112.
  63. Andreas Fahrmeir: Europa zwischen Restauration, Reform und Revolution 1815–1850. Oldenbourg, München 2012, S. 56–57; Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens. Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert. 2. Auflage, Beck, München 2010, S. 510.
  64. Adam Zamoyski: Phantome des Terrors. Die Angst vor der Revolution und die Unterdrückung der Freiheit. Beck, München 2016, S. 390.
  65. Adam Zamoyski: Phantome des Terrors. Die Angst vor der Revolution und die Unterdrückung der Freiheit. Beck, München 2016, S. 390.
  66. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 114.
  67. Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens. Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert. 2. Auflage, Beck, München 2010, S. 510.
  68. Adam Zamoyski: Phantome des Terrors. Die Angst vor der Revolution und die Unterdrückung der Freiheit. Beck, München 2016, S. 392–393.
  69. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 115 f.
  70. Arthur Kleinschmidt, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 2. Sektion, Bd. 33 (1883), S. 170 f.
  71. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 117.
  72. Andreas Fahrmeir: Europa zwischen Restauration, Reform und Revolution 1815–1850. Oldenbourg, München 2012, S. 57.
  73. Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens. Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert. 2. Auflage, Beck, München 2010, S. 512.
  74. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 117.
  75. Arthur Kleinschmidt, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 2. Sektion, Bd. 33 (1883), S. 171.
  76. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 122 f.
  77. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 123.
  78. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 123 ff.
  79. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 125.
  80. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 125 f.
  81. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 126.
  82. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 127 f.
  83. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 128.
  84. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 128 f.
  85. Klaus Malettke: Die Bourbonen, Bd. 3, 2009, S. 129 f.
  86. Charles X (France), in: Nouvelle biographie générale, Bd. 9 (1854), Sp. 872.
VorgängerAmtNachfolger
Ludwig XVIII.
König von Frankreich und Navarra
1824–1830
(nach Julirevolution)
Ludwig Philipp
als König der Franzosen
Ludwig XVIII.
Kofürst von Andorra
1824–1830
(nach Julirevolution)
Ludwig Philipp
als König der Franzosen
Ludwig XVIII.
Oberhaupt des Hauses Bourbon
1824–1836
Louis-Antoine d’Angoulême
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