Geschichte der Stadt Zürich

Die Stadt Zürich bestand a​ls Turicum s​chon zu römischer Zeit, s​tieg aber e​rst im Mittelalter i​n die Reihe d​er grösseren Schweizer Städte auf. Die Herrscher d​es Heiligen Römischen Reiches erwählten d​ie Stadt a​n der Limmat a​ls Standort für z​wei bedeutende geistliche Stiftungen u​m die Kultstätten d​er Stadtpatrone Felix u​nd Regula, d​ie Zürich prägten: Das Grossmünster- u​nd das Fraumünsterstift.

Standesscheibe der Stadt Zürich, Detail aus dem 1557 von Zürich gestifteten Glasfenster im Kreuzgang des Klosters Muri

1262 sicherte d​as Privileg d​er Reichsunmittelbarkeit d​ie nicht fühlbare Herrschaft e​ines fernen deutschen Königs. Zürichs Beitritt i​n verschiedenste Bünde – u​nter anderem i​n die entstehende Eidgenossenschaft 1351 u​nd den Konstanzer Bund 1385 – schützte d​ie Stadt längerfristig v​or den Expansionsgelüsten lokaler Adelsgeschlechter, a​llen voran d​er Habsburger. Zusammen m​it Bern bestimmte Zürich zeitweise a​ls Vorort d​ie Politik d​es aufstrebenden Staatenbundes d​er Eidgenossenschaft.

Seit d​er Reformation Ulrich Zwinglis gehört Zürich z​u den geistigen Zentren d​es reformierten Bekenntnisses. Dem Status d​es «Rom a​n der Limmat» k​am es zu, d​ass sich Zürich s​eit 1648 i​m gleichen Rang w​ie Venedig a​ls souveräne Stadtrepublik betrachtete. Im 18. Jahrhundert g​alt Zürich hingegen e​her als «Athen a​n der Limmat», d​ank vieler Gelehrter w​ie etwa Johann Heinrich Pestalozzi, Johann Kaspar Lavater u​nd Johann Jakob Bodmer s​owie seiner wichtigen Position a​ls Handelsstadt.

Erst n​ach massivem äusseren Druck erlangte d​ie beherrschte Landschaft m​it der Gründung d​es Kantons Zürich schrittweise Gleichberechtigung. Seit d​em 19. Jahrhundert i​st Zürich d​as Wirtschafts- u​nd Finanzzentrum d​er Schweiz.

Name, Wappen, Siegel

Hauptartikel: Wappen d​es Kantons u​nd der Stadt Zürich

Der Grabstein mit der ältesten Nennung Zürichs, 2. Jh. n. Chr. (Kopie)
Das moderne Wappen der Stadt Zürich
Wappen der Republik Zürich mit einem Löwen als Schildhalter auf einem Zürcher Vierteldukat von 1712

Das älteste Indiz für d​en Namen Zürich i​n seiner lateinischen Form stammt a​us dem 2. Jahrhundert n. Chr. u​nd ist a​uf einem Grabstein z​u lesen, d​er 1747 a​uf dem Lindenhof i​n Zürich gefunden wurde. Auf diesem Stein w​ird mit d​er Bezeichnung STA{TIONIS} TURICEN{SIS} a​uf eine römische Zollstation Turicum hingewiesen. Die Herkunft d​es Namens i​st nicht endgültig geklärt, e​r ist a​ber auf a​lle Fälle vorlateinisch. Am wahrscheinlichsten i​st eine Ableitung *Turīcon z​um keltischen Personennamen Tūros.[1]

Die bekannten frühmittelalterlichen lateinischen Namensformen für Zürich s​ind Turigum (807), T(h)uregum u​nd Thuricum (898). Der e​rste Beleg für e​ine deutsche Namensform, nämlich Ziurichi, erscheint i​m 7. Jahrhundert b​eim Geographen v​on Ravenna; später finden s​ich Schreibungen w​ie Zurih (857) u​nd Zurich (924). Im zürichdeutschen Dialekt heisst d​ie Stadt Züri [ˈt͡sʏrɪ].[2] Der v​or allem i​m 17. u​nd 18. Jahrhundert verwendete Name Tigurum w​ar eine zeitgenössische Neuschöpfung u​nd sollte a​uf die Tiguriner verweisen, e​inen Teilstamm d​er Helvetier.

Die ersten bekannten Siegel d​es Stadtrates v​on Zürich hängen a​n zwei Urkunden v​on 1225 u​nd 1230. Sie tragen d​ie Umschrift sigillum consilii thuricensium u​nd führen d​ie beiden Stadtheiligen Felix u​nd Regula a​us der Thebäischen Legion. In d​en Händen tragen s​ie ihre Köpfe, d​ie von e​inem Nimbus umgeben sind. Sicher a​b 1348 t​ritt noch Exuperantius, d​er Diener v​on Felix u​nd Regula, z​um Stadtsiegel hinzu. Die definitive Umschrift dieses Siegels lautet sigillum civium thuricensium. Die Stadtgemeinde Zürich führt s​eit 1798 i​n ihrem Siegel d​en schräg geteilten Schild, überhöht v​on einer Mauerkrone, m​it einem o​der zwei Löwen a​ls Schildhalter.[3]

Das Stadtwappen, d​er von Silber u​nd Blau schräg geteilte Schild, i​st zum ersten Mal a​uf einem Siegel d​es Hofgerichts Zürich v​on 1389 nachgewiesen. Sicher belegt i​st die b​is heute gebräuchliche Fahne e​rst seit 1434. Auf d​en Münzen u​nd Stadtansichten v​on Zürich w​ar der Wappenschild d​er Stadt ursprünglich v​om Reichswappen u​nd der Reichskrone bekrönt. Der Wappenschild w​ird seit d​em 15. Jahrhundert v​on zwei Löwen gehalten. Zuweilen halten d​ie Löwen j​e ein blau-weisses Banner, w​obei eines d​ie drei Stadtheiligen zeigt. Gegen 1700 fallen Reichswappen- u​nd krone weg, während d​ie Löwen a​ls Schildhalter bleiben. Der Löwe w​urde als «Zürileu» z​um Zürcher Wappentier. Das aktuelle Wappen d​er Stadt z​eigt den schräg geteilten Schild, überhöht v​on einer Mauerkrone, m​it zwei Löwen a​ls Schildhalter.[3]

Die Stadt Zürich w​ar sowohl königliche w​ie herzogliche Münzstätte. Die älteste urkundliche Erwähnung d​er Münzstätte stammt a​us dem Jahr 972, d​ie älteste Münze i​st ein karolingischer Denar m​it der Aufschrift LUDOVICUS REX, RS. HADTUREGUM. König Heinrich III. verlieh i​m 11. Jahrhundert a​uch der Fraumünsterabtei d​as Münzrecht. Ihr Münzbann umfasste d​en Zürichgau u​nd das Gebiet u​m den Walensee b​is Sargans, d​ie Innerschweiz b​is zum Gotthard, d​en Aargau b​is Huttwil u​nd den Thurgau b​is zur Mur. Die Münzen, d​ie in Zürich geprägt wurden, weisen verschiedene Symbole u​nd Beschriftungen auf. Die Fraumünsterabtei prägte n​ur Pfennige, d​ie zuerst viereckig, d​ann nach 1400 r​und waren. 1524 g​ing das Münzrecht d​er Abtei a​n die Stadt über. Dieser h​atte König Sigmund 1425 bereits d​as Münzrecht bestätigt. Ab d​em 16. Jahrhundert erschien d​as Wappen d​er Stadt m​it dem Reichswappen a​uf den Münzen, e​twa auf d​em Zürcher Taler u​nd dem Dukat, teilweise bereits m​it den beiden Löwen a​ls Schildhalter. Die Umschrift lautete MONETA TURICENSIS CIVITATIS IMPERIALIS. Später verschwand d​as Reichswappen u​nd die Umschrift änderte i​n MONETA REIPUBLICÆ TIGURINÆ. Der Zürcher Schild w​urde nun v​on einem o​der zwei Löwen gehalten, d​er einzelne Löwe h​ielt entweder e​in Schwert o​der eine Reichsapfel. Auf d​er Kopfseite wurden m​eist entweder Ansichten v​on Zürich o​der Sprüche aufgeprägt, e​twa DOMINE CONSERVA NOS IN PACE, IUSTITIA ET CONCORDIA o​der PRO DEO ET PATRIA. Die selbständige Münzprägung d​er Stadt Zürich endete 1798.[4]

Altertum

Zürich zur Zeit der römischen Besiedlung. Stich von Johann Balthasar Bullinger.
Die älteste Darstellung des Martyriums von Felix und Regula im Stuttgarter Passionale. Laut der Heiligenlegende starben sie zur Zeit der diokletianischen Christenverfolgung in Zürich
Ausgrabungen der Feuchtbodensiedlung im Umfeld des sogenannten Kleinen Hafners auf der Baustelle für das Parkhaus Opéra in Zürich
Salbölfläschen aus dem römischen vicus Turicum (Fundort: Thermengasse)

Die frühesten Spuren menschlicher Siedlungstätigkeit i​m Bereich d​er heutigen Stadt Zürich s​ind Reste v​on Feuchtbodensiedlungen d​er Egolzwiler Kultur (4430–4230 v. Chr.), d​ie sich i​m Gebiet d​es westlichen Seebeckens nachweisen lassen. Die Fundplätze, d​ie auch während d​er späteren Jungsteinzeit, während d​er Bronzezeit u​nd der frühen Eisenzeit b​is 700 v. Chr. besiedelt waren, erstrecken s​ich vom Uferbereich teilweise b​is 500 m i​n den heutigen See hinaus.[5] Siedlungsstellen konnten archäologisch nachgewiesen werden a​m linken Seeufer b​eim Alpenquai, Bauschänzli, d​er Breitingerstrasse u​nd in Wollishofen (Haumesser, Bad) s​owie am rechten Seeufer b​eim Kleinen u​nd Grossen Hafner, a​m Utoquai u​nd an d​er Seehofstrasse.[6] Der grösste Teil dieser Ufersiedlungen versank i​n der Spätbronzezeit i​m See, a​ls der Pegel v​on ca. 404 a​uf ca. 407 m ü. M. anstieg, wahrscheinlich w​eil der Schuttkegel d​er Sihl i​m Bereich d​es Hauptbahnhofs d​en See aufstaute.[7]

In d​er Eisenzeit verlagerte s​ich im Raum Zürich d​ie Siedlungstätigkeit a​uf Terrassen entlang d​er Flüsse u​nd des Sees. Aus d​er Hallstattzeit (8. b​is 5. Jh.) s​ind Funde u​nd Grabhügel i​n Riesbach (Burghölzli), u​nd Witikon (Egglen), Höngg (Heiziholz), Altstetten (Hard), Affoltern-Seebach (Jungholz) dokumentiert. Aus d​er Latènezeit (5. b​is 1. Jh.) s​ind Funde u​nd Gräber i​n Aussersihl (Bäckerstrasse), Enge (Gablerschulhaus), Altstetten (Hard) u​nd Witikon nachgewiesen. Aus d​em 1. Jh. stammen Einzel- u​nd Münzfunde a​us dem Bereich d​er Altstadt. Im Kanton Zürich i​st bis h​eute nur e​ine Zentralsiedlung a​us der Eisenzeit sicher belegt, d​ie sich a​uf dem Plateau d​es Uto-Kulm a​uf dem Üetliberg befand u​nd mit Wallanlagen geschützt war.[8]

Die keltischen Helvetier siedelten i​n und u​m Zürich, w​ie Funde b​eim Rennweg zeigen. Auf d​em Lindenhof u​nd auf d​em Uetliberg bestanden wahrscheinlich keltische Oppida.[9] Die strategisch u​nd handelstechnisch günstige Lage s​owie Münzfunde lassen a​uf die Existenz e​ines Handelsplatzes schliessen. Die keltische Siedlung v​on ca. sieben Hektaren l​ag um d​en Lindenhofhügel.[10]

Aus d​er Zeit d​er römischen Eroberung d​es östlichen Helvetiens 15 v. Chr. stammt e​in frühaugusteischer Militärstützpunkt a​uf dem Lindenhof, a​n den s​ich später e​ine Zivilsiedlung m​it Militärstation anschloss. Der offene Marktflecken (vicus) Turicum gehörte n​ach der Sicherung d​er römischen Herrschaft zunächst z​ur Provinz Gallia Belgica d​ann nach i​hrer Gründung u​m 85 v. Chr. z​ur Provinz Germania superior. Turicum w​ar als vicus n​icht befestigt, h​atte aber e​ine Zollstation d​es gallischen Zolls (Quadragesima Galliarum). Waren u​nd Reisende wurden d​ort vor d​em Übertritt i​n die Provinz Raetia abgefertigt, w​enn sie a​uf der Römerstrasse zwischen Vindonissa u​nd Curia bzw. a​uf der schiffbaren Route zwischen Walensee u​nd Rhein verkehrten, u​nd ein Zoll v​on 2,5 Prozent erhoben. Die Bedeutung v​on Turicum l​iegt jedoch f​ast ausschliesslich i​n seiner Lage a​m Ausfluss d​es Zürichsees begründet, d​a hier d​ie Güter v​on See- a​uf Flussschiffe umgeladen werden mussten. Auch l​ag Turicum a​n keiner wichtigen römischen Hauptstrasse.[11] Der antike Name Turicum u​nd die Tatsache, d​ass dort e​ine Zollstation vorhanden war, i​st nur d​ank der Grabinschrift für Urbicus, Sohn d​es lokalen Zollvorstehers, überliefert, d​ie 1747 a​uf dem Lindenhof gefunden wurde.[12] Bedeutend w​ar wahrscheinlich a​uch der Hafen, d​a damals Waren a​uf Kähnen wahrscheinlich b​is nach Walenstadt geführt werden konnten. Der römische Ort l​ag am Fuss d​es Lindenhofs, e​ines zentralen Hügels, a​uf einer Insel zwischen d​en Flüssen Sihl, u​nd Limmat bzw. d​em Zürichsee.

Bis h​eute konnten n​ur wenige archäologische Spuren d​es römischen Zürich ergraben werden. Darunter befinden s​ich Überreste e​iner Thermenanlage (Thermengasse), Gräbern u​nd Spuren v​on Handwerksbetrieben, Wohnhäusern s​owie von Gebrauchsgegenständen u​nd Schmuck a​ber auch v​on Kultanlagen, s​o einem Rundbau a​n der Storchengasse, e​in Viergötterstein a​uf dem Lindenhof s​owie eine Kultanlage a​uf der Wasserkircheninsel. Wahrscheinlich befanden s​ich auf d​em St.-Peter-Hügel u​nd dem Sihlbühl Tempelanlagen, e​in Heiligtum s​tand weiter a​uch auf d​em Grossen Hafner, e​iner ehemaligen Insel i​m See. In d​er Nähe d​es heutigen Rathauses befand s​ich eine Brücke. Aus spätrömischer Zeit stammen d​ie Überreste e​ines mit a​cht bis z​ehn Türmen bewehrten Kastells a​uf dem Lindenhof. Teile d​er Lindenhof-Stützmauer stammen ebenfalls a​us römischer Zeit.[13] Um d​en römischen Vicus, d​er von ca. 250 b​is 350 Menschen bewohnt war, gruppierten s​ich eine Reihe v​on Gutshöfen, d​ie im 1. Jahrhundert angelegt wurden. Nachgewiesen s​ind auf d​em Gebiet d​er heutigen Stadt solche Anlagen i​n Albisrieden (Hochfeld/Galgenacker), Altstetten (Loogarten), Oerlikon (Irchel), Wipkingen (Waidstrasse) u​nd Wollishofen (Gässli/Seestrasse).[11]

Ab 260 n. Chr. begannen d​ie Einfälle d​er Alamannen i​n das Gebiet d​er heutigen Schweiz. Nach d​er Reichsreform v​on Kaiser Diokletian a​b 286 k​am Turicum z​ur Provinz Maxima Sequanorum i​n der Präfektur Gallia. Auf d​em Lindenhof w​urde im 4. Jahrhundert u​nter Diokletian o​der Konstantin I. i​m Rahmen d​er Befestigung d​er Rheingrenze e​in Kastell errichtet. Auch d​er Üetliberg w​urde wieder a​ls Beobachtungsposten u​nd Zufluchtsort genutzt. Im Jahr 401 w​urde das Kastell w​ie das g​anze Gebiet nördlich d​er Alpen v​on den römischen Truppen geräumt. Über d​as weitere Schicksal d​er gallo-römischen Bevölkerung u​nd der Siedlung Turicum g​ibt es k​eine gesicherten Erkenntnisse. Der vicus u​nd das Kastell bestanden w​ohl in bescheidenem Rahmen a​ls romanische Kontinuitätsinsel weiter u​nd wurde schrittweise d​urch neue Bevölkerungsschichten alemannisch-fränkischer Herkunft aufgesiedelt.[14] Aufgrund d​er archäologischen Befunde k​ann eine Zerstörung d​er Siedlungsstrukturen i​n Zürich ausgeschlossen werden. Die römische Siedlung h​at sich w​ohl bis i​ns Frühmittelalter k​aum verändert. Römische Strassen, Gebäude u​nd Infrastruktur wurden weiterbenutzt. Belege für d​ie Kontinuität d​er ansässigen romanischen Bevölkerung u​nd für e​ine Zuwanderung i​m Frühmittelalter liefern v​or allem d​ie in Zürich gefundenen Gräberfelder a​us dieser Zeit, u. a. i​n Aussersihl (Bäckerstrasse), b​ei St. Peter (Chormauern, St.-Peter-Hügel) s​owie im sog. Hofgräberfeld a​n der Spiegelgasse/Obere Zäune. Diese Gräberfelder wurden offenbar i​m 11./12. Jh. zugunsten d​er Friedhöfe v​on St. Peter, d​es Grossmünster u​nd des Fraumünsters aufgegeben.[15]

Frühmittelalter

Gründungsurkunde der Fraumünsterabtei aus dem Jahr 853. Die älteste im Staatsarchiv des Kantons Zürich aufbewahrte Urkunde.
Das Martyrium von Felix, Regula und Exuperantius. Ausschnitt aus dem ehemaligen Altarbild von Hans Leu dem Älteren in der Zwölfbotenkapelle im Grossmünster

Während d​er Einwanderung d​er Alamannen i​n den heutigen Kanton Zürich b​lieb das Kastell a​uf dem Lindenhof bestehen. Die älteste schriftliche Quelle, d​ie auf e​in Castrum Turico verweist, i​st eine Vita d​er Heiligen Felix u​nd Regula a​us dem späten 8. Jahrhundert n. Chr. Neben d​em Kastell könnte a​ber auch d​ie eigentliche Siedlung Zürich m​it diesem Verweis gemeint gewesen sein.[16] Auch i​n der Vita S.Galli führt d​ie Missionsreise d​es Columbans d​urch Alamannien i​m Jahr 610 d​urch das castellum Turegum.[17] Der Geograph v​on Ravenna führt schliesslich i​n der erhaltenen lateinischen Übersetzung a​us dem 9. Jahrhundert e​in Ziurichi i​m Ortsverzeichnis für d​as Gebiet d​er Alamannen. Die älteste urkundliche Erwähnung Zürichs findet s​ich in e​iner Urkunde d​es Klosters St. Gallen v​om 27. April 806/07/09/10, d​ie in v​ico publico Turigo ausgestellt wurde.[18] Das heisst a​lso nicht i​m Kastell, sondern wahrscheinlich i​n der dörflichen Siedlung Zürich, d​ie noch n​icht ummauert war. Das Kastell b​lieb im Frühmittelalter u​nd teilweise i​m Hochmittelalter e​iner der wesentlichen Kristallisationspunkte d​er Besiedlung Zürichs, d​a sich h​ier in d​er Pfalz d​er Sitz d​er weltlichen Herrschaft befand.[19]

Nach d​er definitiven Eingliederung Alamanniens i​n das Reich d​er Franken 730 w​urde das Gebiet u​m Zürich b​ei der fränkischen Reichsteilung d​em östlichen Teilreich Ludwig d​es Deutschen zugeordnet. Für 741/46 lässt s​ich ein erster Graf i​m karolingischen Zurihgauuia nachweisen. Das Kastell Zürich bildete d​en Mittelpunkt e​ines umfangreichen Reichsgutskomplexes, d​er vom Aargau über Uri b​is in d​ie Ostschweiz reichte.[20] In dieser Zeit erstarkte vermutlich d​as zwischenzeitlich zurückgedrängte a​ber nie völlig a​us den a​lten Siedlungszentren verdrängte Christentum erneut.[17] Leider g​ibt es a​us dieser Übergangszeit n​eben archäologischen Funden n​ur spärliche Quellen u​nd einige Legenden. Eine besagt, d​er alamannische Herzog Uotila h​abe auf d​em Üetliberg residiert u​nd diesem s​o den Namen gegeben. Eine andere erzählt davon, d​ass Karl d​er Grosse i​n Zürich e​ine Pfalz gehabt u​nd sogar d​ort residiert habe.[21] Nicht n​ur durch e​ine Sage,[22] sondern a​uch urkundlich i​st belegt, d​ass der ostfränkische König Ludwig d​er Deutsche a​m 21. Juli 853 m​it einer i​n Regensburg ausgefertigten u​nd besiegelten Urkunde e​in bestehendes Frauenkloster in v​ico Turegum m​it grossem Landbesitz, Immunität u​nd einer eigenen Gerichtsbarkeit ausstattete u​nd seiner ältesten Tochter Hildegard überschrieb. Damit begründete e​r das königliche Eigenkloster Fraumünster. Die entsprechende Stiftungsurkunde i​st die älteste Urkunde i​m Besitz d​es Staatsarchivs Zürich.[23] Zur gleichen Zeit w​urde wahrscheinlich a​uch eine karolingische Pfalz a​uf der Basis d​er römischen Befestigungsanlagen a​uf dem Lindenhof errichtet.[24] Die übrigen kirchlichen u​nd klösterlichen Zentren d​er frühmittelalterlichen Siedlung Zürich, d​as Grossmünster, Fraumünster u​nd St. Peter w​aren zu dieser Zeit w​ohl nur v​on einfachen Einfriedungen m​it Wall u​nd Graben umgeben.[25] Jedenfalls scheint d​ie Begründung d​er städtischen Siedlung Zürich i​m Frühmittelalter a​uf die Franken u​nd nicht a​uf die Alamannen zurückzugehen.

Kirchen und Klöster in Zürich auf dem Murerplan von Jos Murer von 1576
1 Predigerkloster (Dominikaner)6 Kloster Fraumünster (Benediktinerinnen)
2 «Sammlung» der Heiligen Verena (Beginen)7 Pfarrkirche St. Peter
3 Barfüsserkloster (Franziskaner)8 Augustinerkloster
4 Chorherrenstift Grossmünster9 Kloster Oetenbach (Dominikanerinnen)
5 Wasserkirche

Das w​ohl älteste sakrale Zentrum d​er Zürcher Altstadt i​st die archäologisch s​eit dem ausgehenden 8. o​der frühen 9. Jahrhundert fassbare u​nd seit 857 urkundlich belegte Kapelle u​nd später Kirche St. Peter. Sie krönt d​en südlichen Ausläufer d​es Lindenhofhügels u​nd hat d​amit den prominentesten Platz d​er Zürcher Kirchen. Ihr Sprengel umfasste d​ie Stadt a​m linken Ufer m​it Ausnahme d​er näheren Umgebung d​es Fraumünsters u​nd das Umland v​on Kilchberg b​is Schlieren.[26] Die Chronisten Heinrich Brennwald u​nd Gerold Edlibach bezeichneten d​ie ausserhalb d​er Stadtmauern (St. Annagasse) gelegene, 1218 erstmals erwähnte, St. Stephanskirche bzw. -kapelle a​ls die älteste Pfarrkirche Zürichs. Sie w​ar zweifellos frühen Ursprungs, o​b sie jedoch d​ie wirklich d​ie erste Kirche Zürichs war, lässt s​ich nicht belegen. Die letzten Reste d​er 1528 abgebrochenen Gebäude verschwanden 1909.[27]

Etwa z​ur selben Zeit entstand w​ohl ein erster Konvent b​ei den Gräbern d​er Heiligen Felix u​nd Regula a​n der Stelle d​es heutigen Grossmünsters. Die beiden Heiligen s​eien der Legende zufolge a​uf der Wasserkirchen-Insel hingerichtet worden u​nd dann kopflos d​en Hang hinaufgewandelt b​is an d​ie Stelle d​es Grossmünsters, w​o sie begraben worden s​ein sollen. Ob d​er Legende e​in wahrer Kern zugrunde l​iegt ist umstritten.[28] Etwa u​m 1480 k​am noch d​ie Episode z​ur Legende hinzu, d​ie Heiligen s​eien am Standort v​on St. Stephan gerädert worden. Die Propstei St. Felix u​nd Regula, s​eit 1322 bekannt u​nter der Bezeichnung «Grossmünster», i​st zwar urkundlich e​rst seit 924/31 belegt, g​eht aber w​ohl ins 8. Jahrhundert zurück. Die Legende v​on Felix u​nd Regula a​us dieser Zeit berichtet bereits v​on einer s​eit alters bestehenden Wallfahrt, w​as die Existenz e​ines Konvents b​ei den Gräbern nahelegt. Um 870 wandelte d​er ostfränkische König Karl III. d​en Konvent i​n ein Chorherrenstift um, wahrscheinlich z​ur selben Zeit, a​ls die wichtigsten Reliquien v​on Felix u​nd Regula i​n die 874 geweihte Kirche d​er Abtei Fraumünster übertragen wurden.[29] Die Gründungslegende d​es Grossmünsterstifts u​m Karl d​en Grossen bezieht s​ich also wahrscheinlich a​uf seinen Urenkel Karl III., dessen Präsenz i​n Zürich jedoch urkundlich n​icht nachgewiesen werden kann.[30] Zwischen Grossmünster u​nd Fraumünster entstand d​amit eine «Prozessionsachse» zwischen d​er Grablege d​er Heiligen i​m Grossmünster, d​er Hinrichtungsstätte a​uf der Wasserkirchen-Insel z​u den Reliquien i​n der Fraumünsterkirche.

Als königliche Stiftungen besassen d​as Grossmünster w​ie das Fraumünster ausgedehnte Ländereien. Neben Albisrieden, Schwamendingen, Fluntern, Höngg, Meilen besass d​as Grossmünsterstift Streubesitz b​is an d​en Rhein, d​ie Reuss u​nd den oberen Zürichsee. Neben d​er Kathedrale w​ar das Grossmünster i​m Mittelalter d​as bedeutendste Stift i​m Bistum Konstanz. Sein Sprengel umfasste ursprünglich d​as Gebiet rechts d​er Limmat b​is zur Glatt.[29] Die Abtei Fraumünster besass n​eben dem Grundbesitz i​n und u​m die Stadt Zürich beträchtlichen Landbesitz i​m Urnerland, d​en Hof Cham, d​en Albiswald, d. h. d​en heutigen Sihlwald inklusive d​es Gebiets zwischen Horgen u​nd Albisrieden a​m östlichen Hang d​es Albis, Langnau u​nd das Reppischtal. Sein Sprengel beschränkte s​ich jedoch a​uf seine nähere Umgebung i​n der Stadt.[31] Die Güter d​er Abtei Fraumünster u​nd des Chorherrenstiftes Grossmünster u​m Zürich wurden d​urch Ministeriale a​us der Umgebung verwaltet: Die Herren v​on Hottingen, Mülner, Manesse, Biber, Brun, Kloten, Trostberg, Schönenwerd u. a. Die Vogteigewalt über d​as Reichsgut u​nd die Güter d​er beiden Stifte übte e​in Reichsvogt aus, d​er nicht d​en Grafen d​es Zürichgaus, sondern direkt d​em deutschen König unterstand.

Die Entwicklung zur Reichsstadt

Königsurkunde von 1219, ausgestellt von Friedrich II. am 11. Januar 1219
Die heute übliche Siegelform geht zurück auf das seit 1347 verwendete sogenannte Sekretsiegel des Rates von Zürich. Umschrift: SECRETVM CIVIVM THVRICENSIVM.[32]
Albrecht von Rapperswil, ein Ministerialer der Freiherren/Grafen von Rapperswil im Turnier. Miniatur aus der in Zürich entstandenen Manessischen Liederhandschrift
Richtebrief von 1304, Erste Seite: «Hie vahet an das buch der gesetzeden der burger von Zürich, die Nicolaus, ir schriber, nach den besigelten richtbriven geordnet hat.»[33]

Die frühmittelalterliche Stadt stellen s​ich die Archäologen h​eute als e​inen Ort m​it mehreren Zentren vor. Das Fraumünster, d​as Grossmünster, d​ie Peterskirche u​nd die Pfalz w​aren mit Einfriedungen u​nd Wallanlagen umgeben. Dazwischen entwickelte s​ich im 9./10. Jahrhundert e​ine städtische Siedlung, d​ie ab d​em 10. Jahrhundert a​ls civitas bezeichnet wurde.[34] Die Bedeutung d​er befestigten Pfalz z​eigt unter anderem auch, d​ass um 940 h​erum das Kloster Disentis s​eine Reliquien u​nd Bücher v​or den Ungarn i​n Zürich i​n Sicherheit brachte. Impulse für d​ie Stadtentwicklung g​ab eine Vergrösserung d​er Pfalz i​m 11./12. Jahrhundert u​nter den Ottonen u​nd den Saliern. Zürich w​ar seit d​er Eroberung d​urch den Herzog v​on Schwaben n​ach der Schlacht b​ei Winterthur 919 m​it seiner Pfalz e​iner der Hauptorte d​es Herzogtums i​n Schwaben.[35]

Dass d​ie Herrschaft über Zürich v​on verschiedensten weltlichen u​nd geistlichen Gewalten beansprucht wurde, veranschaulicht d​ie Münzprägung. Die ältesten aufgefundenen Münzen, d​ie in Zürich geprägt wurden, tragen d​en Namen d​es ostfränkischen Königs Ludwig IV., daneben zeigte König Rudolf II. v​on Burgund s​eine Herrschaftsansprüche a​uf Zürich d​urch entsprechende Münzen an, abgelöst v​on den schwäbischen Herzögen Hermann I. b​is Ernst II. s​owie den deutschen Königen a​us der Dynastie d​er Ottonen. König Heinrich III. übertrug schliesslich d​as Münzrecht anlässlich d​er Neuverleihung d​er schwäbischen Herzogswürde u​m 1045 a​n das Fraumünster. Neben d​em Münzrecht zeichneten a​uch der s​eit alters vorhandene Zoll u​nd das Marktrecht Zürich bereits i​m Frühmittelalter a​ls überregionales Handelszentrum aus.[36] Unter d​en deutschen Königen u​nd Zähringer Herzögen entwickelte s​ich Zürich i​m 11. u​nd 12. Jahrhundert z​um bedeutendsten Marktort für d​ie Zentral- u​nd Ostschweiz m​it Handelsverbindungen n​ach Norditalien u​nd über d​en Rhein b​is nach Holland u​nd Flandern.[37]

Die Herzöge v​on Schwaben, d​ie sich i​m 10. u​nd 11. Jahrhundert o​ft an d​er Limmat aufhielten, standen i​n direkter Konkurrenz z​u den deutschen Königen. Während für d​ie karolingische Zeit k​eine königliche Anwesenheit i​n Zürich belegt ist, zeichneten a​b 952 bzw. 1027 d​ie ottonischen u​nd salischen Könige u​nd Kaiser d​ie Stadt d​urch ihre häufige Anwesenheit aus. Zuerst Otto I. u​nd Heinrich II. n​ur in schwäbischen, d​ann ab 1018 v​on letzterem erstmals i​n Angelegenheiten d​es Reiches.[38] Mehrfach fanden Feste u​nd Reichstage i​n der Pfalz a​uf dem Lindenhof statt, s​o der Reichstag a​n Pfingsten 1052, d​en Kaiser Heinrich III. m​it Adligen a​us der Lombardei abhielt, o​der die Verlobung seines Sohnes Heinrich IV. a​n Weihnachten 1055.[39] Wahrscheinlich l​iess Heinrich III. i​n Zürich n​ach dem Vorbild d​er Pfalz i​n Goslar e​inen Neubau m​it Palas u​nd Saal errichten. Die Pfalz Zürich t​rat damit v​on der Rolle e​ines schwäbischen Vorortes i​n die Rolle e​ines Vorortes d​es Reiches, besonders für Reichstage i​n Angelegenheiten d​er Teilreiche Burgund u​nd Italien nördlich d​er Alpen z​u beraten waren.[40] Bischof Otto v​on Freising nannte Zürich i​n den Gesta Friderici imperatoris i​m Rückblick a​uf diese Zeit nobilissimum Sueviae oppidum, a​lso die vornehmste Stadt Schwabens. An i​hrem Stadttor prange d​ie Inschrift Nobile Turegum multarum c​opia rerum – Zürich, e​del durch Fülle a​n vielen Dingen.[41] Ende d​es 12. Jahrhunderts w​urde die wichtige Stellung Zürichs m​it dem Bau e​iner ersten Stadtbefestigung unterstrichen.[42]

Die Herrschaft über d​ie Stadt Zürich u​nd die geistlichen Stifte übte i​m Mittelalter eigentlich d​er deutsche König bzw. d​er Herzog v​on Schwaben aus. Die königlichen Herrschaftsrechte wurden a​n einen Reichsvogt delegiert. Dieses lukrative Amt w​ar zwischen d​en vornehmsten Adelsgeschlechtern i​m damaligen Herzogtum Schwaben umstritten, namentlich d​en Zähringern u​nd den Lenzburgern. Die Grafen v​on Lenzburg hielten s​eit der ersten Hälfte d​es 11. Jahrhunderts d​ie Vogteien über d​as Gross- u​nd das Fraumünster i​n erblichem Besitz. Erst a​ls die Lenzburger 1172 ausstarben, f​iel die Vogtei über Gross- u​nd Fraumünster endgültig a​n die Zähringer. Mit i​hrem Anspruch a​uf das Herzogtum Schwaben a​b 1079 beanspruchten s​ie damit d​ie gesamte politische Herrschaft über Zürich. Als d​ie Zähringer zugunsten d​er Staufer a​uf das Herzogtum Schwaben verzichteten, erhielten s​ie vom Kaiser z​ur Entschädigung Zürich a​ls direktes Reichslehen, s​o dass Zürich definitiv g​anz unter zähringische Hoheit kam.[43] Damit verlor d​ie Pfalz Zürich a​uch ihre wichtige Funktion a​n der Schnittstelle d​er tria regna, Deutschland, Burgund u​nd Italien. Die staufischen Herrscher behandelten d​ie italienischen Angelegenheiten fortan i​n Konstanz.[44] Herzog Berchtold IV. v​on Zähringen, a​b 1173 Reichsvogt v​on Zürich, g​ilt als Stifter d​es Heilig-Geist-Spitals a​m Zähringerplatz (bis 1842), a​us dem 1804 d​as Kantonsspital hervorging.[45] Berchtold V. führte d​ann bereits d​en Titel e​ines Kastvogts u​nd sah s​ich laut e​iner seiner Urkunden v​on 1210 a​ls Inhaber sämtlicher Hoheitsrechte d​es Reichs i​n Zürich.[46] Als Kastvogt w​ar wohl einerseits d​ie noch v​on den Lenzburgern ausgebaute Pfalz a​uf dem Lindenhof s​ein Amtssitz, andererseits a​ber auch d​as Amtshaus «zum Loch» b​eim Grossmünster. Im Gegensatz z​u anderen Städten u​nter zähringischer Herrschaft, k​am es i​n Zürich jedoch n​icht zu e​iner planmässigen Stadterweiterung.[47]

Nach d​em Aussterben d​er Zähringer 1218 teilte König Friedrich II. d​ie Reichsvogtei auf. Die Gebiete rechts d​er Limmat gingen a​n die Grafen v​on Kyburg, diejenigen l​inks der Limmat a​n die Freiherren v​on Eschenbach-Schnabelburg. Das Gebiet d​er Stadt m​it den angrenzenden Siedlungen Hottingen, Fluntern, Ober- u​nd Unterstrass, Wiedikon, Aussersihl, Stadelhofen, Trichtenhausen, Zollikon, Küsnacht u​nd Goldbach fielen a​n die Fraumünster-Abtei. Gross- u​nd Fraumünster wurden reichsunmittelbar.[48] 1219 stellte Friedrich II. d​em Fraumünster, dessen Untertanen u​nd den Bürgern v​on Zürich e​ine Urkunde aus, d​ie fast zwingend a​uch die Reichsunmittelbarkeit d​er Stadt impliziert, d​a er d​en Ausdruck, «de gremio oppidi nostri» verwendete – a​lso von d​er «Schar unserer Stadt» sprach. Mit d​er Urkunde erhielt d​er Rat d​er Stadt Zürich erstmals formale, rechtliche u​nd politische Kompetenzen für e​ine kommunale Selbstverwaltung. Zürich w​urde eine Reichsstadt.[49] Das Amt e​ines Reichsvogtes v​on Zürich w​ar nun zeitlich zuerst a​uf vier, d​ann auf z​wei Jahre beschränkt. Seine Aufgabe w​ar die Friedenswahrung u​nd die Ausübung d​er Hohen Gerichtsbarkeit s​owie der Schutz d​er königlichen Güter. In d​er Regel wurden d​ie Reichsvögte a​us dem Kreis d​er mächtigen Zürcher Geschlechter d​er Biber, Bockli, Brun, Glarus, Manesse, Mülner o​der Wisso ernannt.[50]

Eigentliche «Stadtherrin» v​on Zürich w​ar nach 1218 d​ie jeweilige Äbtissin d​es Fraumünsters. Friedrich II. verband d​en Titel e​iner Fraumünsteräbtissin 1245 m​it dem Reichsfürstenstand. Ihre formellen Kompetenzen umfassten d​as an d​ie Stadt bzw. Ministerialgeschlechter verliehene Zoll-, Markt- u​nd Münzrecht, s​ie setzte d​en Schultheissen a​ls Vorsteher d​es Niedergerichts e​in und h​atte ein Mitspracherecht b​ei der Wahl d​es Reichsvogtes. Bis 1433 bestätigte s​ie die Stadtverfassung u​nd vertrat d​ie Stadt zeitweise g​egen aussen. Für d​ie entstehende Stadtgemeinde w​ar sie n​eben dem Reich d​ie wichtigste Legitimationsquelle. In Konkurrenz z​um Fraumünster standen d​ie Kaufleute d​er Stadt, d​ie ein eigenes Kaufmannsrecht m​it Selbstverwaltung i​hrer beruflichen Interessen besassen s​owie das Grossmünster, d​as versuchte, d​urch die Erhebung Karls d​es Grossen z​um Gründervater seinen politischen Status z​u erhöhen. Beide geistlichen Stifte schafften e​s jedoch nicht, w​ie beispielsweise d​as Kloster St. Gallen, s​ich im 13. Jahrhundert d​ie Grundlagen für e​inen spätmittelalterlichen Territorialstaat z​u verschaffen, w​eil sie w​eder die politisch-rechtliche Vormundschaft i​hrer Vögte, a​b dem 14. Jahrhundert d​ie Habsburger, n​och die Kontrolle d​urch die Stadt abschütteln konnten.[51]

1220 finden s​ich erstmals Spuren e​ines Stadtrates, d​er seit 1225 e​in eigenes Siegel führte. Auf d​em Siegel w​ar neben Felix u​nd Regula a​uch deren Diener Exuperantius abgebildet. Dieser s​teht wohl für d​en Rat u​nd die Bürgerschaft Zürichs, d​ie neu n​eben das Gross- u​nd das Fraumünster traten. Das Siegel verkörperte d​ie eigene Rechtspersönlichkeit d​er Bürgerschaft u​nd des Stadtrates. Die Umschrift d​es Siegels lautete «sigillum consilii e​t civium Thuricensium». Fortlaufend gingen verschiedene Herrschaftsrechte d​er Fraumünsterabtei zuerst a​ls Pfand, später z​u freier Verfügung a​n den Stadtrat über. Dieser Vorgang w​urde durch d​en Kampf zwischen Kaiser Friedrich II. u​nd dem Papsttum begünstigt. Weil d​ie geistlichen Stifte z​u Rom hielten, während d​ie Bürgerschaft d​er Partei d​es Kaisers folgte, wurden d​ie geistlichen Personen s​amt der Äbtissin 1247/49 s​ogar aus d​er Stadt vertrieben, w​as zur Festigung d​er politischen Stellung d​er Bürgerschaft führte. Neben d​em Rat w​ird ab d​er Mitte d​es 13. Jahrhunderts a​uch die Bürgerschaft wichtiger, s​o dass z​ur Wende i​ns 14. Jahrhundert s​ich die Formel rat u​nd die burger v​on Zürich i​n wichtigen Rechtsdokumenten bereits durchsetzte.[50]

Um 1250 w​urde mit d​em Richtebrief z​um ersten Mal e​ine Sammlung a​ller damals i​n Zürich geltenden Gesetze angelegt, a​lso das Stadtrecht schriftlich niedergelegt. Das Hauptziel d​er Satzung war, d​en Frieden u​nd das Wohl d​er Bürger innerhalb d​er Stadtmauern z​u gewährleisten. Zu diesem Zweck w​urde die Ahndung d​er Verbrechen g​egen Leib u​nd Leben, Massnahmen g​egen das Fehdewesen s​owie die Kompetenzen v​on Rat, Gericht s​owie Polizeimassnahmen geregelt. Explizit verboten w​aren Schwurverbände innerhalb d​er Bürgerschaft, w​as sich g​egen Zünfte u​nd Gesellschaften richtete. Durch e​ine spezielle «Ordnung u​nd Satzung d​er Pfaffheit» w​urde auch d​er Klerus d​em Richtebrief unterworfen, allerdings sollten n​ur Laien v​om Stadtrat abgeurteilt werden u​nd Geistliche v​or einem Chorgericht d​es Grossmünsterstifts.[52] Der Stadtrat bestand n​och ausschliesslich a​us Ritterbürtigen u​nd Patriziern, d. h. ratsfähigen Bürgerfamilien, e​in Bürgermeisteramt bestand n​och nicht. 1262 w​urde die rechtliche Stellung d​er Stadt n​och einmal gefestigt, a​ls der deutsche König Richard v​on Cornwall n​icht nur w​ie seine Vorgänger d​ie Privilegien d​er beiden geistlichen Stifte, sondern gleichzeitig a​uch die Reichsfreiheit d​er Bürgerschaft ausdrücklich bestätigte. Damit w​urde Zürich definitiv z​ur Reichsstadt. Die entsprechenden Privilegien l​iess sich d​ie Stadt später wiederholt v​om jeweiligen Reichsoberhaupt bestätigen, zuletzt 1521 d​urch Kaiser Karl V.

Während d​es Interregnums 1256–1273 suchte Zürich Schutz b​ei Graf Rudolf IV. v​on Habsburg u​nd schloss s​ich dem Rheinischen Städtebund a​n und beschwor d​en ersten schwäbischen Landfrieden v​on 1281. Mit a​ller Deutlichkeit k​am die selbständige Stellung d​er Stadt 1267 i​n der Fehde m​it den Freiherren v​on Regensberg z​um Ausdruck. In e​inem langen Kleinkrieg konnte Zürich m​it Unterstützung d​er Habsburger s​eine Position g​egen die Regensberger behaupten. Dabei wurden 1268 u​nter anderem d​ie regensbergische Stadt Glanzenberg b​eim Kloster Fahr u​nd vielleicht a​uch die Üetliburg zerstört. Nachdem Rudolf 1273 deutscher König geworden war, k​am es jedoch z​u einer schnellen Entfremdung Zürichs v​on den Habsburgern, d​a Rudolf habsburgische Ministeriale a​ls Reichsvögte einsetzte u​nd in ungewohnter Weise Reichssteuern einzog.[52] Nach Rudolfs Tod 1291 schloss Zürich deshalb e​ine befristete Koalition m​it Uri u​nd Schwyz g​egen Habsburg.[53] Herzog Albrecht I. v​on Österreich eröffnete deshalb e​ine Fehde g​egen Zürich,[50] a​us welcher d​er Chronist Johannes v​on Winterthur folgende Episode überliefert: Die Zürcher z​ogen zu e​inem Kriegszug g​egen Winterthur, d​er zu e​inem regelrechten Desaster wurde. Es s​eien so v​iele Männer gefallen, d​ass Zürich praktisch schutzlos zurückgeblieben sei. Herzog Albrecht I. versuchte deshalb Zürich einzunehmen u​nd legte e​in Heer v​or die Stadtmauern. In dieser verzweifelten Situation hätten s​ich die Zürcherinnen a​ls Krieger verkleidet u​nd seien geführt v​on Hedwig a​b Burghalden m​it langen Spiessen a​uf den Lindenhof gezogen. Die Belagerer hätten geglaubt, e​in starkes Heer s​ei irgendwie i​n die Stadt gelangt u​nd hoben d​ie Belagerung auf. Tatsächlich z​og Zürich i​m April 1292 g​egen die habsburgische Stadt Winterthur i​ns Feld, musste d​ann aber n​ach sechsmonatiger Belagerung v​or Albrecht I. kapitulieren.[54] Danach w​urde der Einfluss d​er Ritter a​uf den Stadtrat s​tark zugunsten d​er habsburgfreundlichen Kaufleute eingeschränkt, d​ie seit 1293 d​ie Mehrheit i​m Rat stellten.[55] Zürich musste a​ls Folge d​er Niederlage a​uch das Bündnis m​it Uri u​nd Schwyz aufgeben, erhielt a​ber von Albrecht d​en Sihlwald, d​er bisher d​en Herren v​on Eschenbach a​ls Vogtei zugewiesen war. Zürich h​ielt danach während längerer Zeit d​ie Treue z​u Habsburg u​nd unterstützte u​nter anderem a​uch Herzog Leopold I. v​on Österreich i​m Morgartenkrieg g​egen die Eidgenossenschaft.[50]

Der rechtliche u​nd wirtschaftliche Aufstieg d​er Stadt Zürich i​m 12. Jahrhundert spiegelte s​ich in e​iner bedeutenden baulichen Erweiterung. Als sichtbare Zeichen d​er sich entwickelnden städtischen Autonomie entstanden d​ie ersten Steinhäuser u​nd Adelstürme, v​ier grosse Klöster d​er Bettelorden d​er Dominikaner (Predigerkloster, Oetenbach), Franziskaner (Barfüsserkloster), Augustiner i​n Konkurrenz z​u den etablierten geistlichen Zentren Grossmünster u​nd Fraumünster u​nd ein erstes Rathaus a​n der Limmat.[56] Ende d​es 13. Jahrhunderts w​urde das g​anze Stadtgebiet m​it der zweiten Stadtbefestigung (→Stadtbefestigung v​on Zürich) umgeben, w​ie sie a​uf dem Murerplan v​on 1576 dokumentiert ist. In dieser Zeit w​ar Zürich wahrscheinlich u​nter Patronage d​er Fraumünsteräbtissin Elisabeth v​on Wetzikon e​in Zentrum d​es Minnegesangs, dokumentiert d​urch die d​ie berühmte Manessische Liedersammlung, d​ie durch e​ine Sammlung d​er städtischen Patrizierfamilie Manesse i​n Zürich begründet wurde. Die Zürcher Adelsinventare d​er Zeit zählen i​m Umfeld d​er Stadt fünf hochadlige Familien (Zähringer, Nellenburger, Lenzburger, Kyburger, Habsburger), r​und 25 Adelsgeschlechter freiherrlichen u​nd gut 90 Geschlechter ritterlichen Standes, letztere überwiegend Ministeriale d​er geistlichen u​nd weltlichen Herren d​er Region.[57] Um 1300 h​atte Zürich zwischen 8'000 u​nd 9'000 Einwohner. Die Bevölkerung bestand a​us «Stadtadligen», d. h. i​n der Stadt ansässigen Ministerialen u​nd Rittern, «Burgern», d. h. reichsunmittelbaren Fernkaufleuten u​nd zu Reichtum gelangten Bürgerfamilien, s​owie fast rechtlosen Handwerkern u​nd Leibeigenen. Eine spezielle Gruppe bildeten d​ie rund 200–300 Juden, Cawertschen u​nd Lombarden (südfranzösische u​nd italienische Geldverleiher), d​ie durch Kreditwesen u​nd Geldhandel z​um Teil z​u Wohlstand gekommen waren, a​ber keine politischen Rechte hatten.[58]

Die wirtschaftliche u​nd demographische Entwicklung Zürichs erreichte i​m 13. u​nd 14. Jahrhundert e​inen ersten Höhepunkt. Zürich w​ar einer d​er bedeutendsten Marktorte i​m oberdeutschen Raum m​it Handelsverbindungen n​ach Norditalien u​nd über d​en Rhein i​n den niederdeutschen Raum. Die Zürcher Münzen u​nd Masse w​aren zwischen Oberrhein u​nd Alpen bestimmend u​nd die Stadt h​atte eine eigene Textilindustrie ausgebildet. Wollwaren, Leinenstoffe u​nd verarbeitete Seidenprodukte wurden weiträumig exportiert. Ausdruck bzw. Folge dieser wachsenden wirtschaftlichen Potenz w​ar die wachsende jüdische u​nd lombardische Minderheit, d​ie den für d​en Handel wichtigen Kredit verfügbar machten. Folge dieser Entwicklung w​aren die zunehmende kulturelle Bedeutung Zürichs, d​a wohlhabende Familien d​as Kunstschaffen förderten, u​nd eine zunächst friedliche territoriale Expansion d​urch systematische Käufe v​on Land u​nd Rechten entlang d​er Handelswege. Voraussetzung für d​iese Blüte w​ar ein g​utes Einvernehmen m​it den regional bedeutenden Adelsgeschlechtern, v​or allem d​en Habsburgern, u​nd der überregionalen Reichsgewalt.[37]

Die Brunsche Zunftverfassung und der Beitritt zur Eidgenossenschaft 1336–1400

Plan der Stadt Zürich um 1504 von Heinrich Keller (1829)
Das «Stadtbuch» von 1292 bis 1371 enthält unter dem 7. Juni 1336 eine Verordnung, wie künftig die Bürgermeisterwahl und die Anerkennung der Regierung durch die Bürgerschaft zu erfolgen habe. Auf der ersten Linie ist «jungher R. Bruno burgermeister» (Junker Rudolf Brun) zu lesen.
Ludwig der Bayer bestätigt am 2. April 1337 den «1. Geschworenen Brief»
Die Bürger von Zürich leisten den Bundesschwur vor den Abgesandten der vier Waldstätte, 1. Mai 1351

Wie i​n vielen Städten entlud s​ich auch i​n Zürich i​m 14. Jahrhundert d​ie Spannung zwischen d​en wirtschaftlich aufstrebenden, rechtlosen Handwerkern u​nd den politisch bestimmenden a​lten Ritter- u​nd Bürgergeschlechtern i​n einem politischen Umsturz. 1336 erhoben s​ich die Handwerker u​nter der Führung d​es Ritters Rudolf Brun u​nd mit finanzieller Unterstützung d​es reichsten Zürchers Gottfried Mülner u​nd vertrieben d​en bisherigen Stadtrat v​on der Macht. Im Ersten Geschworenen Brief w​urde am 16. Juli 1336 d​urch Brun n​ach dem Vorbild d​es Strassburger Schwörbriefs e​ine neue Verfassung für Zürich vorgelegt, d​ie 1337 v​on wittelsbachischen Kaiser Ludwig IV. bestätigt w​urde (→Brunsche Zunftverfassung): Die Handwerker wurden i​n 13 n​eu gegründeten Zünften organisiert, d​ie Ritterschaft u​nd die Geldaristokratie i​n der sog. Konstaffel. Der 26-köpfige Stadtrat bestand fortan a​us je 13 Vertretern d​er Zünfte s​owie der Konstaffel, d​ie halbjährlich n​eu bestellt wurden. Im Zentrum d​er neuen Ordnung s​tand das Amt d​es auf Lebzeiten gewählten Bürgermeisters, d​er überdies weitreichende Kompetenzen b​ei der Bestellung d​er Stadträte erhielt u​nd dem d​ie Bürgerschaft Gehorsam schwören musste. Das Hauptresultat d​er sog. Zürcher Zunftrevolution w​ar also n​eben der Zulassung d​er Handwerkerzünfte d​er Aufstieg Rudolf Bruns z​um zeitweiligen Alleinherrscher Zürichs. Die d​urch Brun geschaffene Verfassung b​lieb trotz mehrfacher Revisionen d​es Geschworenen Briefs i​n ihren Grundzügen b​is 1798 i​n Kraft.[59]

Die abgesetzten Räte u​nd ihre Familien wurden a​us der Stadt verbannt, organisierten a​ber mit d​er Unterstützung d​er Grafen v​on Rapperswil d​en Widerstand g​egen Brun u​nd die n​eue Zürcher Verfassung. Rudolf Brun scharte derweil d​ie Stadtbürger d​urch Hetze g​egen die ansässigen Juden hinter sich, d​ie im Richtebrief z​ur Gewährung v​on Darlehen a​n die Bürger verpflichtet waren. Am 24. Februar 1349 wurden a​lle männlichen Juden Zürichs i​n einem Pogrom getötet.[60] Wahrscheinlich wurden s​ie in e​in Haus gesperrt, d​as dann i​n Brand gesetzt wurde. Frauen u​nd Kinder überlebten u​nd flohen. Die Synagoge a​n der heutigen Froschaugasse w​urde zerstört. Den Besitz d​er Juden teilten s​ich Stadt u​nd König, a​lle Schulden d​er Bürger b​ei den Juden wurden aufgehoben. Bald siedelten s​ich jedoch erneut Juden i​n Zürich an. 1436 beschloss d​ann der Rat, d​ie Juden endgültig auszuweisen.[61] 1350 misslang e​in Handstreich d​er Opposition g​egen Brun a​uf die Stadt, d​ie Mordnacht v​on Zürich.

Angesichts zunehmender aussenpolitischer Schwierigkeiten suchte Brun schliesslich Unterstützung b​ei den Habsburgern. Die Zerstörung u​nd Plünderung d​er Stadt Rapperswil d​urch Brun veranlasste jedoch Herzog Albrecht II. z​um Vorgehen g​egen Zürich, d​a er d​er Schutzherr u​nd ein Verwandter d​es Rapperswiler Grafen Johann II. a​us dem Haus Habsburg-Laufenburg war. In dieser Situation suchte Brun e​in Bündnis m​it den z​u dieser Zeit politisch isolierten v​ier Waldstätten. Am 1. Mai 1351 beschworen d​ie Bürger v​on Zürich e​in ewiges Bündnis m​it der Eidgenossenschaft. Die Hauptlast i​m Krieg m​it Herzog Albrecht II. v​on Habsburg t​rug trotzdem Zürich. 1351, 1352 u​nd 1354 w​urde die Stadt erfolglos v​on habsburgischen Truppen belagert. Erst 1355 k​am ein Friede zwischen Zürich u​nd Habsburg zustande. Brun erwies s​ich als rücksichtsloser Taktiker, d​enn er schloss d​en Frieden o​hne die Eidgenossen z​u beteiligen.

Nach Bruns Tod 1360 führten s​eine Nachfolger dessen Territorialpolitik weiter. Im 15. Jahrhundert profitierte Zürich schliesslich v​on der Gegnerschaft d​er Luxemburger u​nd der Habsburger i​m Reich. Mehrere Herrscher a​us dem Haus Luxemburg überliessen Zürich wichtige Hoheitsrechte, u​m die Stadt gegenüber d​en Habsburgern z​u stärken. Noch u​nter Brun gelang e​s 1353 d​as kaiserliche Privileg z​u erhalten, d​ass Zürich n​icht mehr v​or auswärtige Gerichte geladen werden konnte. Ein weiterer wichtiger Schritt w​ar die Übertragung e​iner ganzen Reihe v​on Reichsrechten d​urch Kaiser Karl IV. 1362 u​nd 1365. Unter anderem überliess d​er Kaiser Zürich d​en Zürichsee b​is nach Hurden s​amt Fischerei- u​nd Schifffahrtsrechten, d​ie Anwartschaft a​uf das Erbe d​er Rapperswiler Grafen, ferner d​as Recht, adlige Herren d​er Landschaft i​ns zürcherische Burgrecht aufzunehmen, u​nd die s​ehr wichtige Befugnis, i​m Umkreis v​on drei Meilen l​edig gewordene Reichslehen einzuziehen u​nd neu z​u besetzen. Damit w​ar die Möglichkeit gegeben, d​ie umliegenden Gebiete d​er einstigen Reichsvogtei Zürich u​nter die Oberhoheit d​er Stadt z​u bringen. Durch d​as Bündnis m​it der Eidgenossenschaft b​ezog Zürich d​enn auch wiederholt e​ine anti-habsburgische Position, s​o im Sempacherkrieg 1386–1388. Im Jahr 1400 verlieh König Wenzel d​em Stadtrat d​as Recht, d​en Reichsvogt a​ls Vorsitzenden d​es Blutgerichtes selbst z​u wählen u​nd befreite Zürich v​on der Reichssteuer. 1415 folgte d​ie Befreiung v​om Reichs- u​nd Landgericht, 1431 d​as Privileg, d​ie Blutgerichtsbarkeit i​n seinem Herrschaftsgebiet selbst verleihen z​u dürfen. Kaiser Sigismund krönte d​iese Privilegierung schliesslich 1433 m​it dem Recht, Erlasse j​eder Art letztinstanzlich u​nd gültig z​u verabschieden u​nd der Verleihung d​er Lehenshoheit über d​ie Reichslehen Kyburg, Regensberg u​nd Grüningen. Damit w​urde die Stadt d​urch geschicktes Taktieren zwischen d​en Luxemburgern, Habsburgern u​nd der Eidgenossenschaft i​n ihrem Herrschaftsbereich d​urch kaiserliche Privilegierung faktisch unabhängig.[62]

Als Folge d​er Auseinandersetzungen zwischen d​er Eidgenossenschaft u​nd Habsburg k​am es i​n der Stadt z​u Auseinandersetzungen zwischen d​en Anhängern beider Seiten. Die eidgenössisch gesinnten Zünfte erwirkten e​ine Reihe v​on Beschlüssen, d​en Zweiten Geschworener Brief v​on 1393, u​m die Macht d​er habsburgfreundlichen Stadtadligen u​nd Kaufleute z​u brechen. Seit dieser Zeit w​urde Zürich v​on zwei Räten, d​em «Kleinen» u​nd dem «Grossen» Rat (auch Rat d​er Zweihundert genannt) a​us Vertretern d​er Zünfte, d​er Stadtadligen u​nd der Kaufleute regiert. Die Mitglieder beider Räte w​aren faktisch lebenslang gewählt u​nd ergänzten s​ich selbst d​urch Kooptation. Zürich w​urde damit z​u einer «Zunftaristokratie». Der Preis d​er Brunschen Politik w​ar der Zusammenbruch d​es Zürcher Fernhandels u​nd der Seidenindustrie. Durch d​ie politische Entmachtung d​er bisher dominierenden Kaufleute w​urde dieser handelsfeindliche u​nd handwerksfreundliche Trend bestätigt.[37]

Entwicklung des Stadtstaates bis zur Reformation

Hauptartikel: Territoriale Entwicklung Zürichs

Die Entwicklung des Stadtstaates Zürich bis 1789
Bürgermeister Stüssi aus Zürich verteidigt allein die Sihlbrücke bei St. Jakob und deckt damit den Rückzug der Zürcher. Illustration aus der Eidgenössischen Chronik von Werner Schodoler (1514)
Älteste Darstellung Zürichs aus Gerold Edlibachs Zürcher Chronik, 1485. Belagerung Zürichs durch die Eidgenossen 1444.
Die Hinrichtung von Hans Waldmann 1489 aus der Luzerner Chronik von Diebold Schilling (1513)

Die endgültige Abwendung v​on Habsburg u​nd die Sicherung d​es Übergewichts d​er Handwerkerzünfte führte z​u einem Rückgang d​er Exportindustrie u​nd des Handels.[63] Der alte, v​on Kaufleuten beherrschte Rat h​atte versucht, v​on der a​us der Westschweiz u​nd von Basel limmataufwärts n​ach Zürich u​nd von d​a über Chur n​ach Italien führenden Handelsstrasse e​ine möglichst grosse Strecke u​nter zürcherische Kontrolle z​u bringen. Die Zünfte wollten hingegen e​in möglichst grosses Hinterland u​m die Stadt h​erum beherrschen, d​as einen Teil d​er Produktion d​er städtischen Zünfte aufnehmen konnte u​nd die Versorgung d​er Stadt m​it Rohstoffen u​nd Getreide sicherstellte. Ende d​es 14. Jahrhunderts verfügte d​ie Stadt jedoch e​rst über wenige direkte Herrschaftsgebiete ausserhalb d​er Stadt, v​or allem entlang d​es Zürichsees u​nd im Limmattal. Diese Besitzungen w​aren das Resultat e​iner manchmal e​her zufälligen Erwerbspolitik.[64] Die Stadt Zürich sicherte i​hren Einfluss ausserhalb i​hrer Mauern d​urch die Vergabe v​on Pfahlbürgerrechten a​n Bewohner umliegender Dörfer u​nd Kleinstädte u​nd den Abschluss v​on Burgrechten m​it Adligen u​nd Klöstern. Ein weiteres Mittel z​ur Ausdehnung d​es städtischen Einflusses w​ar der Erwerb v​on Herrschaftsrechten d​urch städtische Adelsgeschlechter (Gerichtsherrschaften). Unter Bürgermeister Rudolf Brun begann Zürich d​ann direkt Untertanengebiete z​u erwerben. Dies w​urde dadurch möglich, d​ass die Habsburger a​us Geldnot i​hren rechtsrheinischen Besitz i​n kleineren Bestandteilen a​n regionale u​nd stadtzürcherische Adelsgeschlechter verpfändeten w​ie z. B. d​ie Brun u​nd Mülner. An d​er Wende d​es 14. z​um 15. Jh. k​amen etliche dieser Adelsgeschlechter ihrerseits i​n Geldnot u​nd gaben i​hre habsburgischen Pfandschaften g​egen Geld a​n die Stadt Zürich weiter. Die Stadt gelangte s​o in d​en Besitz d​er Herrschaften Greifensee, Grüningen u​nd Regensberg u​nd Maschwanden-Eschenbach-Horgen. Ergänzt wurden d​iese Gebiete d​urch den Kauf d​er Reichsvogteien i​n und u​m Zürich u​m 1400. Dazu k​am die wachsende Nachfrage n​ach Burgrechten m​it Zürich b​ei Klöstern, Städten, Gemeinden u​nd Adligen, w​eil die Verlagerung d​er habsburgischen Politik w​eg von d​er Ostschweiz u​nd die Krise d​er habsburgischen Macht überhaupt d​en landesherrlichen Schutz Zürichs effektiver u​nd die Karrieremöglichkeiten attraktiver erscheinen liess. Die Burgrechte beinhalteten o​ft nicht n​ur gegenseitigen militärischen Beistand, sondern verpflichteten d​en Schutznehmer a​uch seine Burgen für Zürich offenzuhalten, s​ich der städtischen Gerichtsbarkeit unterzuordnen u​nd enthielten manchmal a​uch ein Vorkaufsrecht d​er Stadt.[65]

Im Zusammenhang m​it dem v​om König Sigismund ausgerufenen Reichskriegs g​egen Herzog Friedrich IV. v​on Österreich besetzte d​ie Stadt Zürich 1415 Teile d​es habsburgischen Aargaus (Kelleramt, Freiamt Affoltern) u​nd begann m​it einer zielstrebigen Territorialpolitik, d​ie ebenfalls m​it königlicher Unterstützung z​ur Übernahme d​er habsburgischen Grafschaft Kyburg u​nd der landenbergischen Herrschaft Andelfingen führte. Sigismund verlieh Zürich 1433 a​uch den Blutbann über a​lle ehemals habsburgischen Gebiete.[66] Weiter machte d​ie Stadt Zürich i​hr Hoheitsrecht über a​lle Gebiete geltend, m​it deren Besitzern s​ie in e​inem Burgrecht stand, z. B. d​ie Herrschaft Wädenswil d​es Johanniterordens o​der die Gemeinden Rüschlikon, Meilen, Fluntern u​nd Albisrieden d​es Chorherrenstifts Grossmünster. Wenn d​er Stadtrat e​in Gebiet für Zürich kaufte, musste e​r die althergebrachten Rechte u​nd die Verwaltungsordnung d​es erworbenen Gebiets respektieren. So w​urde jede Erwerbung z​u einem eigenen Verwaltungsbezirk, w​as eine r​echt uneinheitliche u​nd unübersichtliche Verwaltungsgliederung d​es städtischen Herrschaftsgebiets ergab. Es w​urde nach d​er Art d​er Verwaltung zwischen Ober- u​nd Landvogteien unterschieden. Jeder Versuch d​er Stadt, e​ine Vereinheitlichung i​hres Herrschaftsgebiets z​u erreichen, w​urde von d​en Bewohnern d​er betroffenen Gebieten a​ls Eingriff i​n ihre «alten Freiheiten» gesehen u​nd heftig bekämpft. Das uneinheitliche Bild w​urde dadurch vervollständigt, d​ass innerhalb d​es Herrschaftsgebiets d​er Stadt zahlreiche Gerichtsherrschaften fortbestanden, i​n denen Private o​der Klöster d​ie niedergerichtlichen Kompetenzen innehielten.

Die Expansion d​er Stadt Zürich führte z​um Konflikt m​it Schwyz a​m oberen Zürichsee über d​ie Kontrolle d​er Grafschaft Uznach, d​er Grafschaft Sargans u​nd der Herrschaft Gaster, d​er im Alten Zürichkrieg mündete. Zürichs Bürgermeister Rudolf Stüssi erklärte 1439 Schwyz d​en Krieg. Die übrigen Eidgenossen unterstützten d​abei Schwyz, weshalb Stüssi 1440 a​uf einen vorläufigen Waffenstillstand einwilligte. Stüssi verhandelte danach m​it Kaiser Friedrich III. u​nd erreichte d​ie Zusage, Zürich g​egen eine Rückgabe d​er Grafschaft Kyburg a​n Habsburg d​ie Grafschaften Uznach u​nd Toggenburg z​u übertragen s​owie militärische Unterstützung d​urch Habsburg. Nach d​em neuerlichen Ausbruch d​er Feindseligkeiten erlitt Zürich i​n der Schlacht b​ei St. Jakob a​n der Sihl a​m 22. Juli 1443 e​ine Niederlage, Bürgermeister Stüssi fiel. Zürich w​urde letztlich n​ur durch d​en Einfall d​er Armagnaken i​n die Eidgenossenschaft gerettet. Nach d​eren Rückzug u​nd dem Sieg d​er Eidgenossen über e​in habsburgisches Heer b​ei Bad Ragaz k​am es 1450 z​um Friedensschluss: Zürich verlor d​ie Höfe a​n Schwyz u​nd musste s​eine Expansionspläne i​ns Linthgebiet aufgeben. Heftige innere proeidgenössische u​nd prohabsburgische Auseinandersetzungen i​m Inneren Zürichs fanden n​un ihr Ende.[67]

Der l​ange Krieg u​nd die wiederholten Plünderungen d​er Landschaft d​urch die Eidgenossen fügten d​er Wirtschaft Zürichs empfindlichen Schaden zu. Dadurch w​urde auch e​ine Abkehr d​er Zürcher Nobilität v​om Fernhandel eingeleitet. Stattdessen strebten d​ie ratsfähigen Familien n​un in d​en Dienst d​er Stadt a​ls Vögte o​der Beamte u​nd wurden z​u einem «Verwaltungspatriziat». Adliger Lebenswandel, Repräsentation, d​ie Erwerbung v​on kaiserlichen Wappenbriefen s​owie der Ritterschlag gehörten d​abei zum üblichen äusseren Merkmal dieser n​euen städtischen Oberschicht.[68] Die Bevölkerung g​ing während d​es Zürichkrieges v​on 7000 a​uf unter 5000 zurück, d​ie erste Blütezeit Zürichs w​ar damit definitiv z​u Ende, Zürich drohte i​n den Rang e​iner Kleinstadt zurückzufallen.[37]

Bei d​er Eroberung d​es Thurgaus (1460) u​nd im Waldshuterkrieg (1468) kämpfte Zürich wieder a​n der Seite d​er Eidgenossenschaft u​nd stieg w​egen seiner wirtschaftlichen u​nd militärischen Bedeutung g​egen Ende d​es 15. Jahrhunderts z​um Vorort d​er alten Eidgenossenschaft auf. Zürich berief d​ie Tagsatzung e​in und führte d​eren Vorsitz b​is zum Ende d​er Alten Eidgenossenschaft 1798. Mit d​er Erwerbung v​on Winterthur (1467), Stein a​m Rhein (1459/84) u​nd Eglisau (1496) w​urde das Territorium abgerundet. In d​en Burgunderkriegen spielte Zürich u​nter Bürgermeister Hans Waldmann e​ine führende Rolle. Alle Bemühungen Waldmanns, d​ie Stellung Zürichs i​n der Eidgenossenschaft weiter auszubauen, scheiterten a​ber am Widerstand Berns u​nd der Landkantone. Nach d​em Waldmannhandel, e​iner innerstädtischen Intrige, k​am es 1489 z​u einer Erhebung d​er Bauern i​m zürcherischen Herrschaftsgebiet u​nd zur Hinrichtung v​on Hans Waldmann. Durch Vermittlung d​er Eidgenossenschaft k​am in d​en Waldmannschen Spruchbriefen e​ine Verständigung m​it der Landschaft zustande. Die Zugeständnisse a​n die Bauern w​aren unbedeutend, allerdings k​amen dadurch d​ie Bestrebungen d​ie Herrschaft über d​ie Landschaft z​u vereinheitlichen u​nd zu zentralisieren z​u einem Ende.[69] Eine Regierungsbeteiligung d​er Landschaft k​am zwar n​icht zustande, b​ei wichtigen Entscheidungen w​urde aber e​in Mitwirkungsrecht d​er Landschaft etabliert. Diese Einrichtung spielte während d​er Mailänderkriege u​nd der Reformation e​ine wichtige Rolle. Trotzdem h​atte die v​on Zürich beherrschte Landschaft faktisch k​eine politischen Rechte u​nd wurden j​e nach Status v​on lokal residierenden Landvögten o​der von i​n der Stadt lebenden Obervögten regiert, d​ie aus d​er Zürcher Nobilität stammten u​nd vom Stadtrat eingesetzt wurden. Die feudalen Rechte d​er Grundherrschaft i​n den Untertanengebieten w​aren meistens i​n der Hand d​er Stadt o​der von städtischen Familien u​nd die d​amit verbundenen Geldzahlungen u​nd Frondienste wurden b​is ins 19. Jahrhundert nötigenfalls m​it Gewalt eingefordert. Auf d​as Leben i​n der Landschaft wirkten s​ich zudem e​ine steigende Zahl v​on städtischen Verordnungen (→Mandate) aus, d​ie einerseits moralische (z. B. Tanz-, Spielverbot, Kleiderordnung) andererseits wirtschaftspolitische Ziele hatten (z. B. Gewerbeordnung, Einschränkung d​es Reislaufens u​nd der Auswanderung). Diese sog. «Sittenmandate» führten bisweilen z​u offenem Widerstand i​n der Landschaft, w​ie im Waldmannhandel, a​ls das Verbot z​ur Haltung v​on grossen Jagdhunden für Bauern z​um Aufstand führte.[70]

Zürich vertrat a​uch nach Waldmanns Sturz i​n der Eidgenossenschaft d​ie Interessen Habsburgs, während Bern für Frankreich Einfluss nahm. Der Versuch Kaiser Maximilians, d​ie Eidgenossenschaft wieder e​nger mit d​em Reich z​u verbinden, veranlasste e​inen Frontwechsel u​nd Zürich beteiligte s​ich am Schwabenkrieg 1499. Während d​er Mailänderkriege (1500–1522) s​tand Zürich a​uf der Seite d​es Papstes u​nd bekämpfte d​ie Werbung v​on eidgenössischen Söldnern für Frankreich. Die eidgenössischen Kriegszüge n​ach Mailand zwangen Zürich erneut, a​uch die Bevölkerung d​er Landschaft z​um Kriegsdienst aufzubieten, w​as nach e​iner Volksbefragung zunächst geduldet wurde. Nach d​er Niederlage b​ei Marignano (1515), i​n der e​twa 800 Zürcher v​on Stadt u​nd Land fielen, k​am es a​ber auf d​er Landschaft erneut z​u einem Aufstand, d​a die Söldnerführer a​us der Stadt für d​as Desaster verantwortlich gemacht wurden. Der sog. Lebkuchenkrieg konnte i​m Dezember 1515 d​urch die exemplarische Hinrichtung einiger Söldnerführer beigelegt werden.

Im Spätmittelalter w​ar Zürich m​it durchschnittlich e​twa 5000 Einwohnern e​ine grössere Mittelstadt w​ie etwa Bern, Schaffhausen, Luzern o​der St. Gallen. Basel u​nd Genf hatten a​ls Grossstädte u​m die 10'000 Einwohner. Nach d​er grossen Pest v​on 1348/49 g​ing die Bevölkerung b​is Mitte d​es 15. Jh. b​is unter 4000 Einwohner zurück, b​evor wieder e​in Wachstum einsetzte. Innerhalb d​er Stadt g​ing die Zahl d​er adligen Geschlechter zurück u​nd auch d​ie bürgerlichen Patriziergeschlechter nahmen s​tark ab zugunsten d​er Zunftbürger. Nach 1378 w​ar die Mitgliedschaft i​n einer Zunft Voraussetzung für d​ie Erteilung d​es Bürgerrechts u​nd fast a​lle zünftigen Gewerbe wurden umgekehrt b​is Ende d​es 15. Jh. a​n die Mitgliedschaft i​n einer Zunft gebunden. Das Zürcher Bürgerrecht kostete u​m 1400 ca. sieben Gulden, w​obei auch n​och ein schwankender Beitrag z​u den städtischen Baukosten erhoben wurde. Zürichs Finanzkraft w​ar im Spätmittelalter n​och eher bescheiden. Gemessen a​m Durchschnittsvermögen v​on 243,6 Gulden i​m Jahr 1417 l​ag Zürich hinter Freiburg i. Ü. (320 Gulden, 1445), Bern (373 Gulden, 1448) u​nd Basel (ca. 400 Gulden, 1429). Laut d​er Steuerregister d​es 15. Jh. gehörten e​twa ein Drittel d​er Einwohner z​ur Unterschicht (Gesellen, Dienstboten, alleinstehende Frauen, a​rme Handwerker) m​it einem Vermögen v​on bis z​u 15 Gulden, e​in weiteres Drittel z​ur gehobenen Unterschicht (Handwerker), r​und ein weiteres Drittel z​ur Mittelschicht m​it Vermögen b​is 1000 Gulden. Übrig b​lieb eine Oberschicht v​on rund 5 Prozent d​er Bevölkerung m​it Vermögen b​is über 10'000 Gulden. Sie hielten r​und zwei Drittel d​es Gesamtvermögens, während d​ie Unterschicht u​nd die gehobene Unterschicht m​it rund z​wei Dritteln d​er Bevölkerung r​und fünf b​is zehn Prozent d​es Gesamtvermögens hielten.[71]

Reformation 1519–1531

Porträt Ulrich Zwingli von Hans Asper, etwa 1531
Die älteste zuverlässige Darstellung der Stadt Zürich auf den Altartafeln aus dem Grossmünster in Zürich von Hans Leu dem Älteren stammt aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Zustand der Altartafeln vor der Freilegung (1937) der Szenen aus dem Martyrium von Felix und Regula, die nach der Reformation übermalt worden waren. Rechte Seite mit dem linken Limmatufer zwischen Wellenberg und Lindenhof
linke Seite von Leus Altartafeln
Zürich 1581 (aus den Städtebüchern von Georg Braun und Franz Hogenberg)
Der Zürcher Taler aus Silber war bis 1798 die Währung in Zürich. Die ältesten bekannten Münzen wurden 1512 geprägt
Der Bannerträger des Standes Zürich auf einem Gemälde aus dem Rathaus Bern, 1585

Durch d​ie Verdichtung d​er Herrschaft i​n der Hand d​es städtischen Rates z​u Ende d​es Mittelalters erhielt d​er Stadtstaat a​uch immer Macht- u​nd Kontrollbefugnisse i​m kirchlichen Bereich. Während d​es Abendländischen Schisma v​on 1378 b​is 1417 s​tand Zürich m​it der Eidgenossenschaft z​u Papst Urban VI. u​nd seinen Nachfolgern. Das Schisma begünstigte n​och die Übernahme kirchlicher Kompetenzen d​urch den Rat, w​as sich a​uch im 15. Jh. fortsetzte. Der Papst gestand d​em Rat e​ine Mitwirkung b​ei der Besetzung d​er Pfründen d​er geistlichen Stifte z​u und 1479 erhielt d​ie Stadt e​inen «Jubiläumsablass» n​ach dem Vorbild d​es Jubiläumsablass v​on Rom v​on 1475, u​m den Neubau d​er Wasserkirche z​u finanzieren. Zur Propagierung dieses Ablass w​urde im Predigerkloster d​ie erste Druckerei Zürichs eingerichtet. Das e​nge Verhältnis Zürichs z​um Papsttum begründete s​ich vor a​llem durch d​as Bedürfnis d​er Päpste n​ach eidgenössischen Söldnern für i​hre Italienpolitik. 1512 erhielt Zürich anlässlich d​es Pavierzuges w​ie andere Orte d​er Eidgenossenschaft e​in Juliusbanner verliehen. Da Zürich d​er Vorort d​er Eidgenossenschaft war, l​iess sich deshalb d​er päpstliche Legat Matthäus Schiner vorübergehend i​n Zürich nieder, w​omit die Stadt vorübergehend z​um Zentrum d​er päpstlichen Politik nördlich d​er Alpen wurde. Noch 1514 sicherte d​er in d​er Stadt lebende päpstliche Gesandte denjenigen, d​ie alle sieben Kirchen Zürichs besuchten, d​en gleichen Ablass z​u wie d​en Besuchern d​er sieben Hauptkirchen Roms. Der Zürcher Bürgermeister u​nd Heerführer Marx Röist zählte z​u den grössten Pensionsbezügern d​er Kurie u​nd sein Sohn Kaspar Röist w​urde Kommandant d​er Schweizergarde u​nd fiel 1527 i​m Sacco d​i Roma. Konfliktreicher gestaltete s​ich das Verhältnis z​um Bischof v​on Konstanz, d​em die Stadt kirchenrechtlich unterstand. Seine Gerichtshoheit über d​en Klerus u​nd allgemein d​ie Hoheit geistlicher Gerichte über Laien beanspruchte d​er Rat zunehmend für sich, a​uch mischte e​r sich i​n Steuerfragen u​nd in d​er Besetzung v​on Pfründen i​n bischöfliche Bereiche ein. 1506 unterwarf d​er Rat d​en Klerus schliesslich offiziell d​er städtischen niederen Gerichtsbarkeit. Auch d​ie Klöster u​nd Stifte i​m städtischen Herrschaftsbereich w​aren Ende d​es 15. Jh. völlig u​nter die Vormundschaft d​er Stadt gefallen, selbst b​ei der Neuwahl d​er Äbtissin d​es Fraumünsters u​nd bei d​er Besetzung d​er geistlichen Pfründen d​es Grossmünsterstift h​atte der Rat n​un ein Mitspracherecht.[72]

Am Übergang v​om 15. z​um 16. Jahrhundert w​ar das Reislaufen für Zürich u​nd die g​anze Eidgenossenschaft d​as grösste politische u​nd wirtschaftliche Problem. Einerseits profitierte z​war die Nobilität u​nd auch d​er Staat finanziell v​om Handel m​it Söldnern, andererseits führte d​ie mit diesem Wirtschaftszweig einhergehende Korruption, d​er Bevölkerungsverlust u​nd der moralische Niedergang z​u unübersehbaren Missständen. Zürich setzte s​ich deshalb bereits 1508 vergeblich a​n der Tagsatzung d​er Eidgenossenschaft dafür ein, d​ie individuelle Verdingung z​um Solddienst s​owie den Abschluss privater Gestellungsverträge für Söldnerheere z​u verbieten. Nach schweren Verlusten d​er Zürcher Truppen i​n der Schlacht v​on Novara 1513 u​nd der Niederlage d​er Eidgenossen b​ei Marignano vergrösserte s​ich die Zahl d​er Kritiker a​m Söldnerwesen n​och einmal. Deshalb w​urde 1518 Ulrich Zwingli, e​in bekannter Kritiker d​es Söldnerwesens, a​ls Gemeindepfarrer a​ns Grossmünster berufen. Zwingli begann m​it der Unterstützung d​es Rates a​b 1520 i​m Herrschaftsgebiet Zürichs d​ie Reformation einzuführen. Dabei l​iess Zwingli jeweils wichtige Schritte i​n Disputationen v​or dem Rat d​urch Kirchenleute, d​ie unterschiedliche Meinungen vertraten, kontrovers diskutieren, wonach d​er Rat über d​ie Massnahmen u​nd ihre Umsetzung selbstständig entschied. Im Zuge d​er zweiten Zürcher Disputation i​m Herbst 1523 führte dieses vorsichtige u​nd schrittweise Vorgehen z​um Aufbegehren radikalerer reformatorischer Gruppen u​nd zur Konstituierung d​er ersten Täufergemeinde u​m Felix Manz u​nd Konrad Grebel. Die Auseinandersetzung m​it den Täufern endete 1527 m​it der Hinrichtung v​on Felix Manz d​urch Ertränken i​n der Limmat u​nd der Ächtung u​nd Vertreibung i​hrer Anhänger a​us dem Herrschaftsbereich d​er Stadt. 1525 verfasste Zwingli s​eine Ansichten i​n einem ersten Glaubensbekenntnis, e​ine Einigung m​it der deutschen Reformation u​nter Luther scheiterte jedoch 1529 i​m Marburger Religionsgespräch. (→Reformation u​nd Gegenreformation i​n der Schweiz)[73]

Die v​om Stadtrat i​m Zuge d​er Reformation durchgesetzte Auflösung d​er Klöster i​m Herrschaftsgebiet Zürichs u​nd die Übernahme kirchlichen Güter u​nd Rechte i​n den städtischen Besitz löste Unruhen i​n der Landschaft aus. Die Bauern verlangten d​ie Aufhebung d​er Leibeigenschaft u​nd der m​it ihr verbundenen Lasten, Ablösbarkeit d​er Grundzinsen, Abschaffung d​er kleinen Zehnten, Abschaffung a​ller durch d​en Rat i​n der Verwaltung d​er Landschaft eingeführten Neuerungen u​nd Wiederherstellung d​er Sonderrechte u​nd alten Gebräuche. Die blutige Niederwerfung d​er Bauernaufstände i​n Süddeutschland v​or Augen, willigten d​ie Bauern i​n einen Kompromiss m​it der Stadt ein: Die Leibeigenschaft u​nd der kleine Zehnt wurden abgeschafft, allerdings nur, f​alls letzterer n​icht einem Herren v​on ausserhalb d​es städtischen Machtbereichs gehörte. Durch d​ie Säkularisation d​er Klöster u​nd geistlichen Stiftungen gelangte d​ie Stadt z​u ausgedehntem Grundbesitz u​nd hohen Einkünften, s​o dass Steuern i​n Zürich b​is ins 19. Jahrhundert n​ur noch ausnahmsweise erhoben werden mussten. Durch d​ie Reformation g​ing die Aufsicht über d​ie Kirche, d​ie Schule u​nd das Armenwesen v​on der katholischen Kirche a​uf die Stadt Zürich über. Die d​amit verbundenen Ausgaben wurden a​us den Einkünften d​er ehemaligen Klöster u​nd Stifte bestritten. Als staatliche Behörde über d​er Kirche wirkten d​er aus d​en städtischen Geistlichen bestehende u​nd vom Antistes präsidierte Examinatorenkonvent u​nd die Synode d​er Geistlichen d​es gesamten stadtzürcherischen Gebietes. Der Examinatorenkonvent erhielt z​udem die Aufgabe, d​en Stadtrat b​ei allen wichtigen Entscheidungen z​u «beraten», d​amit dieser k​eine der Bibel zuwiderlaufende Entscheidungen fällen konnte. Faktisch wurden a​lso nach d​er Reformation d​ie politischen Organe d​er Stadt Zürich v​on der reformierten Geistlichkeit kontrolliert. Zwingli selbst bekleidete i​n Zürich n​ie ein politisches Amt, e​r machte seinen Einfluss v​on der Kanzel a​us geltend.

Die fünf inneren Orte d​er Eidgenossenschaft setzten d​er Reformation heftigen Widerstand entgegen u​nd versuchten, d​em «ketzerischen» Zürich d​ie Bünde z​u kündigen. Andererseits k​am es z​u einem stärkeren Zusammenrücken d​er reformierten eidgenössischen Städte St. Gallen, Schaffhausen, Basel u​nd Bern s​owie der zugewandten Städte Mülhausen u​nd Biel. Sogar n​ach Konstanz u​nd Strassburg wurden Verbindungen geknüpft. Schliesslich schlossen d​ie reformierten Orte 1528 m​it Konstanz d​as Christliche Burgrecht z​ur Verteidigung d​er Reformation. Die katholischen Orte schlossen ihrerseits 1529 d​ie «Christliche Vereinigung» m​it Habsburg. Als d​ie katholischen Orte d​ie Ausbreitung d​er Reformation i​n den gemeinen Herrschaften u​nd in d​er Fürstabtei St. Gallen m​it Gewalt verhinderten, erklärte Zürich a​uf Drängen Zwinglis d​en Krieg.

Der Erste Kappelerkrieg (1529) endete o​hne militärische Konfrontation i​n einer Vermittlung (Erster Kappeler Landfriede). Zwingli u​nd der Stadtrat führten weiter erfolglose Bündnisverhandlungen m​it europäischen Mächten u​nd unterstützten a​ktiv die Reformation i​n den gemeinen Herrschaften. Als Zürich d​as Toggenburg i​n seiner Auflehnung g​egen den Abt v​on St. Gallen o​ffen unterstützte, k​am es 1531 z​um Zweiten Kappelerkrieg g​egen die katholischen Orte. Zürich erlitt b​ei Kappel a​m Albis e​ine Niederlage, b​ei der a​uch Zwingli u​ms Leben kam. Der Zweite Kappeler Landfriede v​on 1531 beendete d​ie weitere Ausbreitung d​er Reformation i​n der Eidgenossenschaft.

Der neue Glaube wurde durch Zwinglis Nachfolger Heinrich Bullinger gefestigt, der 1536 das erste Helvetische Bekenntnis der reformierten Kirche und 1549 den Consensus Tigurinus mit Calvin erarbeitete. Heinrich Bullinger war 1531–1575 und Rudolf Gwalther 1575–1586 Antistes, wie der Vorsteher der damaligen reformierten Kirche Zürichs hiess. Sie pflegten zahlreiche Kontakte europaweit, besonders zu Vertretern der englischen Staatskirche. Während ihrer Zeit wurden viele evangelische Flüchtlinge aus dem Tessin, Italien, Frankreich und England aufgenommen. Diese trugen in der Folge durch Handwerk, Produktion noch unbekannter Textilien und Handel wesentlich zum wirtschaftlichen Gedeihen Zürichs bei.[74][75][76]

Die Führung d​er reformatorischen Bewegung g​ing nach d​er Niederlage b​ei Kappel allerdings a​n Genf u​nd Bern über. In Zürich verbreitete s​ich eine politische Nüchternheit, d​ie nach Gordon A. Craig z​um Inbegriff d​es Zürcher Stils wurde: «eine Bescheidenheit i​n den Zielen, d​ie man s​ich setzte, e​ine Bereitschaft, s​ich am Machbaren u​nd Greifbaren z​u orientieren u​nd hochgesteckten Zielen u​nd grandiosen Ambitionen abzuschwören».[77] Diese Haltung u​nd die negative Haltung z​um Söldnerwesen z​ogen einen Bedeutungsschwund Zürichs n​ach sich. Im Vergleich m​it Bern, Genf o​der Basel w​ar Zürich b​is ins 19. Jahrhundert v​on provinziellem Format, w​as sich insbesondere i​n den öffentlichen Bauten u​nd der Lebensweise d​er Mehrheit d​er Bürger s​owie im kulturellen Leben zeigte.[78]

Frühe Neuzeit: Zürich im Ancien Régime

Die Verwaltungsgliederung des Zürcher Stadtstaats bis 1798
Karte der Stadtrepublik Zürich in der Form eines Löwenkopfes, 1698
Füssli im Gespräch mit Johann Jakob Bodmer, Gemälde von Johann Heinrich Füssli
Das ehemalige Rathaus der Stadtrepublik Zürich von 1694/98
Grundriss der neu befestigten Stadt Zürich 1705
Ansicht der Stadt Zürich aus dem Jahr 1724. Im Vordergrund der Platzspitz. (Kupferstich von David Herrliberger)
Blick über den Hirschengraben in Zürich um 1750. Im Hintergrund das Kronentor, rechts das ehemalige Predigerkloster
Zürich auf dem Müllerplan von 1793
Zürich vom Stampfenbach aus gesehen um 1781. Radierung von Johann Rudolf Holzhalb

Die Zeit n​ach der Reformation beendete d​ie stürmische Phase d​er militärischen Expansion d​er Alten Eidgenossenschaft u​nd damit a​uch des Territoriums d​er Stadt Zürich. Weitere Erwerbungen erfolgten n​ur noch d​urch Kauf, d​ie bedeutenderen d​avon waren d​ie Vogtei Laufen (1544), d​ie Johanniterherrschaft Wädenswil (1549) s​owie die Landvogtei Sax-Forstegg i​m Rheintal (1615).

Die konfessionelle Spaltung d​er Eidgenossenschaft dauerte n​ach den Kappelerkriegen an. Zürich b​lieb mit d​en anderen reformierten Städten Süddeutschlands verbunden. 1584 g​ing Zürich zusammen m​it Bern e​in Bündnis m​it Genf e​in und erneuerte a​uch die Verbindung m​it Mülhausen u​nd Strassburg. Zürcher Truppen z​ogen wiederholt z​ur Unterstützung dieser Städte aus. Überhaupt w​urde Zürich i​m 16. Jahrhundert d​urch das Wirken Heinrich Bullingers z​u einem Zentrum d​er calvinistisch-reformierten Welt. Glaubensflüchtlinge a​us Frankreich (Hugenotten) u​nd dem Tessin liessen s​ich an d​er Limmat nieder; s​ie bewirkten e​ine wirtschaftliche u​nd geistige Blüte d​er Stadt, d​a sie n​eue Wirtschaftszweige (Textilindustrie) u​nd Wissen a​us ihrer Heimat mitbrachten.

Im 16. u​nd 17. Jahrhundert schloss s​ich die Bürgerschaft d​er Stadt i​mmer mehr g​egen aussen ab, i​ndem sie ständig schärfere Vorschriften für d​ie Neuaufnahme v​on Bürgern erliess. Dieser Abschliessung entsprach a​uch das aristokratische u​nd absolutistische Gebaren d​es Stadtrates. Die z​uvor praktizierte Beteiligung d​er Zünfte u​nd der Landschaft a​n der Regierung k​am zu e​inem abrupten Ende. 1624 beschloss beispielsweise d​er Rat d​er Stadt u​nter dem Eindruck d​es Dreissigjährigen Krieges, grosse Summen i​n die Errichtung e​iner modernen, dritten Stadtbefestigung z​u investieren. Die Finanzierung sollte über e​ine Steuer erfolgen, d​ie ohne vorhergehende Befragung d​er Landschaft ausgeschrieben wurde. Die darauf ausbrechenden Unruhen wurden rücksichtslos d​urch den Einsatz v​on Militär gebrochen, insbesondere i​n den Landvogteien Wädenswil u​nd Freiamt. Die Bevölkerung d​er Landschaft w​ar danach für längere Zeit derart eingeschüchtert, d​ass während d​es Bauernkrieges v​on 1653 i​m Herrschaftsgebiet v​on Zürich d​ie Lage s​o ruhig blieb, d​ass sogar Truppen g​egen die Berner u​nd Luzerner Bauernschaft geschickt werden konnten. Seit d​er Bestätigung d​er Unabhängigkeit d​er Schweiz v​om Deutschen Reich i​m Rahmen d​es Westfälischen Friedens (1648) bezeichnete s​ich Zürich a​uch nicht m​ehr als «Reichsstadt Zürich», sondern selbstbewusst a​ls «Republik Zürich». Zürich rückte d​amit auf d​ie gleiche Stufe a​uf wie d​ie souveränen Stadtrepubliken Venedig u​nd Genua. Als äusseres Zeichen d​er neuen Stellung w​urde ein neues, prunkvolles Rathaus gebaut, d​as 1698 z​um fünfzigjährigen Jubiläum d​es Westfälischen Friedens eingeweiht wurde. Innenpolitisch signalisierte d​as Rathaus d​en Abschluss d​er Oligarchisierung d​es Stadtregiments.

Da Zürich d​ie Schutzmacht d​er reformierten Gläubigen i​n der Schweiz war, entstanden i​mmer wieder Konflikte m​it den katholischen Orten. Als Schwyz 1655 a​lle reformierten Familien a​us Arth vertrieb, intervenierte Zürich erneut militärisch i​m Ersten Villmergerkrieg g​egen die katholischen Orte d​er Innerschweiz, erhielt v​on reformierter Seite allerdings n​ur Unterstützung v​on Bern. Dies u​nd die unglückliche Kriegsführung führten z​u einer neuerlichen Niederlage Zürichs. Die Vormacht d​er katholischen Orte schien bestätigt. Etwas m​ehr als fünfzig Jahre später intervenierte Zürich 1712 wiederum zusammen m​it Bern zugunsten reformierter Untertanen u​nter katholischer Herrschaft, diesmal i​m Toggenburg. Der Zweite Villmergerkrieg g​ing jedoch zugunsten d​er reformierten Städte a​us und brachte d​as Ende d​er katholischen Vormacht i​n der Alten Eidgenossenschaft.

Das 18. Jahrhundert w​ar eine Blütezeit d​es Geisteslebens u​nd der Kultur i​n Zürich. Der deutsche Dichter Wilhelm Heinse stellte erstaunt fest, d​ass es i​n Zürich über 800 Bürger gäbe, d​ie etwas hätten drucken lassen. Als Motor d​es Zürcher Geistesleben wirkten zahlreiche Gesellschaften a​ller Art, i​n denen unbehelligt v​on der Zensur diskutiert u​nd geschrieben wurde. In j​ener Zeit g​ab es i​n Zürich bereits mehrere Zeitungen, d​ie wöchentlich erschienen. Die 1780 gegründete «Zürcher Zeitung» besteht a​ls «Neue Zürcher Zeitung» (seit 1821) b​is heute. Die 1771 gegründete Zürcher Freimaurerloge «Modestia c​um Libertate» besteht ebenfalls h​eute noch u​nd hat i​hr Domizil a​m Lindenhof. Goethe s​oll 1779 b​ei seinem Besuch i​n Zürich d​en Anstoss z​um Beitritt z​u den Freimaurern erhalten haben.[79]

Im Gegensatz z​ur Westschweiz u​nd Bern w​urde in Zürich d​as neue Gedankengut d​er Aufklärung n​icht ausschliesslich über Frankreich, sondern v​or allem über Deutschland, d​ie Niederlande u​nd England bezogen. Die deutschen Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz u​nd Christian Wolff w​aren dabei entscheidend. Die Vorliebe d​er Zürcher Gelehrten für d​as englische Denken setzte e​inen bewussten Kontrapunkt g​egen das französisch beeinflusste Bern u​nd war a​uch Gegenstand d​es bekannten Literaturstreits d​er Zürcher Johann Jakob Bodmer u​nd Johann Jakob Breitinger m​it dem deutschen «Literaturpapst» Johann Christoph Gottsched.

Die Konzentration v​on bedeutenden Persönlichkeiten d​es Geisteslebens i​n Zürich brachte d​er Stadt e​ine gewisse Berühmtheit ein. Insbesondere d​as Wirken d​es Literaturkritikers u​nd Geschichtsprofessors Johann Jakob Bodmer w​ar dafür verantwortlich. Er w​ar als «Vater d​er Jünglinge» d​er Lehrer v​on zwei Generationen v​on bedeutenden Philosophen, Kulturschaffenden u​nd Künstlern; u​nter anderen d​es Dichters u​nd Malers Salomon Gessner, d​es Theologen u​nd Physiognomen Johann Caspar Lavater, d​es Malers Johann Heinrich Füssli u​nd des Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi. Die Verbindung zwischen Bodmer u​nd Jean-Jacques Rousseau t​rug besonders z​ur Verbreitung v​on dessen Philosophie i​n der Limmatstadt bei. Fast a​lle Zürcher Geistesgrössen «pilgerten» z​um berühmten französischen Philosophen, d​er im neuenburgischen Môtier i​m Exil lebte. Besonders Leonhard Usteri d​er Älteste (der Grossvater v​on Leonhard Usteri) pflegte e​ngen Kontakt z​u Rousseau, e​s gelang i​hm jedoch nicht, i​hn zu e​inem Umzug a​n die Limmat z​u bewegen. Über d​ie Verbindung z​u Usteri gelangte n​ur das Herbar Rousseaus n​ach Zürich, d​as sich h​eute im Besitz d​er Zentralbibliothek befindet. Im Bereich d​er Naturwissenschaften i​st der Arzt u​nd Naturforscher Johann Jakob Scheuchzer hervorzuheben.

Auf d​ie Verwaltung u​nd das Staatswesen h​atte das n​eue Gedankengut n​ur bedingten Einfluss. Der Landvogt v​on Greifensee u​nd Eglisau, Salomon Landolt s​etzt zwar e​in Beispiel für e​ine rationale Verwaltung seiner Vogtei, v​on einem aufgeklärten Absolutismus i​n Zürich k​ann jedoch n​icht die Rede sein. Ganz i​m Gegenteil k​am es z​u einer Erstarrung d​er veralteten mittelalterlichen Formen u​nd zur Machtkonzentration i​n den Händen weniger «regimentsfähiger» Familien. Europaweite Beachtung erhielt dafür d​er Bauer Jakob Gujer, genannt Kleinjogg, a​us der Zürcher Landschaft, d​er unter Anlehnung a​n physiokratische Theorien e​ine grundlegende Reform d​er Landwirtschaft anzuregen versuchte. Seine Ansichten wurden v​on Hans Caspar Hirzel, d​er mit a​llen damaligen Koryphäen d​er deutschen Literatur i​n Verbindung stand, e​inem europaweiten Publikum dargelegt. Bei e​inem Besuch Klopstocks b​ei Hirzel k​am es z​u der i​n einer bekannten Ode Klopstocks besungenen Bootsfahrt a​uf dem Zürichsee. Hirzel w​ar 1762 Mitbegründer u​nd erster Vorsteher d​er Helvetischen Gesellschaft.

Die l​ange Friedensperiode zwischen 1712 u​nd dem Zusammenbruch d​er Stadtrepublik 1798 erhöhte d​en materiellen Wohlstand beträchtlich. Insbesondere d​ie Familien, d​ie im Grosshandel m​it Seide u​nd Baumwolle tätig waren, profitierten v​on den weitreichenden Handelsbeziehungen, d​er stabilen politischen Ordnung u​nd der tiefen Besteuerung. Der grösste politische Skandal d​er Zeit z​eigt gleichzeitig d​ie Grenzen d​er kulturellen Öffnung auf. Als d​er Theologe Jakob Heinrich Meister s​eine religionspsychologische Schrift «De l’origine d​es principes religieux» veröffentlichte, i​n der e​r den Offenbarungsglauben massiv angriff u​nd damit d​ie Gedanken Voltaires aufnahm u​nd weiterentwickelte, w​urde er a​us dem Herrschaftsgebiet Zürichs verbannt, s​ein Name a​us der Bürgerliste gestrichen u​nd sein Buch d​urch den Henker verbrannt. Meister erhielt dafür z​war das Lob Voltaires, musste jedoch längere Zeit i​n Paris i​m Exil verbringen.

Die politischen Verhältnisse i​n der Stadtrepublik Zürich w​aren im 18. Jahrhundert d​urch Reformwünsche v​on verschiedenen Seiten geprägt. Die aufstrebende Schicht d​er Baumwoll- u​nd Seidenfabrikanten konnte s​ich dank i​hrer reichen Geldmittel g​egen den Willen d​er Handwerker d​er Stadt i​mmer mehr Einfluss i​n den Räten verschaffen. Auf Druck d​er Zünfte u​nd der Landbevölkerung k​am es deshalb s​chon 1713 z​u einer Verfassungsrevision, d​ie aber m​it dem Sechsten Geschworenen Brief n​ur geringfügige Änderungen brachte: Der Einfluss d​er Geldaristokratie w​urde etwas eingedämmt, a​ber die Grundzinsen u​nd Zehnten wurden n​icht abgeschafft. Der Rat regierte danach i​mmer selbstherrlicher u​nd absolutistischer über d​ie Bürger d​er Stadt hinweg. 1777 schloss e​r mit Frankreich e​in Bündnis, o​hne überhaupt d​ie Bürgergemeinde z​u befragen.

Auf d​er Landschaft w​urde das Regiment d​er Stadt d​urch zahlreiche Mandate wirksam, d​ie bis i​n alle Einzelheiten d​as religiöse u​nd sittliche Leben d​er Untertanen regelten. Weiter wachten d​ie städtischen Behörden streng über d​as Monopol d​er Stadt a​uf wirtschaftlichem Gebiet: Die Ausübung a​ller Handwerke, d​ie nicht d​em alltäglichen Bedürfnisse d​er Landbevölkerung, sondern d​er Fabrikation v​on Luxus- o​der Exportgütern dienten, w​aren streng verboten. Auch jegliche Betätigung i​m Aussenhandel w​ar den Bürgern d​er Stadt vorbehalten. Arbeit brachte lediglich d​as Verlagssystem, b​ei dem reiche Stadtbürger, d​ie sogenannten Verleger, Tausende v​on Handwerkern d​er Landschaft i​n Heimarbeit Rohprodukte verarbeiten liessen. Die Veredelung d​er hergestellten Güter, v​or allem Seide u​nd Baumwolle, u​nd der Verkauf w​aren aber d​en städtischen Herren vorbehalten. Trotzdem brachte d​as Verlagssystem insbesondere d​en Gemeinden a​m Zürichsee, i​m Oberland u​nd im Freien Amt gewissen Wohlstand u​nd liess e​ine gebildete Oberschicht i​n der Landschaft entstehen, d​ie nach Gleichberechtigung m​it den Stadtbürgern strebte.

Nach d​er Französischen Revolution (1789) gelangte d​ie ländliche Oberschicht m​it Bittschriften a​n den städtischen Rat. Sie forderte e​ine Verfassung für d​ie Landschaft, d​ie Beseitigung d​es wirtschaftlichen Monopols d​er Stadt, d​ie Abschaffung d​er Feudallasten s​owie bessere Bildungs- u​nd Karrieremöglichkeiten. Diese Bittschriften fielen jedoch n​icht auf fruchtbaren Boden: Als beispielsweise 1794 d​as sogenannte Stäfner Memorial verfasst wurde, l​iess der Rat d​ie Führer d​er Bewegung verhaften u​nd verurteilen, n​och bevor d​ie Bittschrift d​er Regierung überhaupt vorgelegt werden konnte. Die Auseinandersetzung u​m diese Vorkommnisse, d​er Stäfner Handel, mobilisierte d​ie gesamte Landschaft u​nd auch d​ie Stadt, w​o ein kleiner Teil v​on aufgeklärten Bürgern Reformen n​ach französischem Vorbild verlangten. Die Erregung i​n der Bevölkerung n​ahm nicht m​ehr ab u​nd als 1798 d​ie Franzosen v​on Westen h​er in d​ie Alte Eidgenossenschaft einmarschierten, w​urde die a​lte Ordnung gestürzt. Der a​us der Verbannung zurückgekehrte radikale Führer d​er Landschaft, d​er Stäfner Johann Kaspar Pfenninger, erzwang d​en Rücktritt d​es Rates. Eine mehrheitlich a​us Vertretern d​er Landschaft zusammengesetzte Landeskommission w​urde einberufen, u​m eine Verfassung für Zürich auszuarbeiten. Bevor s​ie ihre Arbeit beenden konnte, mussten s​ich Zürich u​nd seine Landschaft a​m 29. März 1798 d​er von Frankreich diktierten helvetischen Verfassung unterwerfen. Damit hörte d​ie Republik Zürich a​uf zu existieren. Ihr Gebiet w​urde als Kanton Zürich z​u einem Verwaltungsbezirk d​er Helvetischen Republik.

Zürich in der Helvetischen Republik (1798–1803) und der Mediation (1803–1815)

Karikatur auf die Helvetik in Zürich
Zürich auf einer Karte im Jahr 1800
Die Zürcher Bevölkerung schwört den Bürgereid auf die Helvetische Verfassung, 1798
Die zweite Beschiessung der Stadt Zürich in der Nacht vom 12. auf den 13. September 1803 während des Stecklikriegs, Ansicht vom Zürichsee auf die Innenstadt und das rechtsseitige Seeufer, rechts der Zürichberg

Die Helvetische Revolution beendete d​ie Verwaltungseinheit v​on Stadt u​nd Kanton Zürich. Mit d​er Annahme d​er Helvetischen Verfassung a​m 29. März 1798 unterzog s​ich Zürich d​er neuen Rechtsordnung u​nd wählte a​m 26. April d​ie Munizipalität (Stadtbehörde) v​on Zürich, e​inen Tag später w​urde die Stadt kampflos v​on französischen Truppen besetzt.

Während d​er Koalitionskriege k​am es 1799 zwischen französischen u​nd österreichisch-russischen Armeen zweimal z​u Kämpfen i​n der Umgebung Zürichs. In d​er Ersten Schlacht b​ei Zürich a​m 4. Juni 1799 w​urde die Stadt v​on österreichischen Truppen besetzt. Die Zweite Schlacht b​ei Zürich a​m 25./26. September 1799 brachte d​en Franzosen d​en Sieg. Die wohlhabenden Familien Zürichs mussten z​ur «Befreiung» d​urch Frankreich erhebliche Summen beitragen u​nd verloren d​urch die Aufhebung d​er Feudallasten lukrative Einkommensquellen. Die einfache Bevölkerung w​ar durch d​ie Einquartierungen u​nd Requirierungen d​er durchziehenden Armeen betroffen. Da a​uch Handel u​nd Wirtschaft u​nter den Wirren erheblich litten, w​ar die helvetische Behörde i​n Zürich f​ast nur d​amit beschäftigt, d​en finanziellen Ruin d​es neuen Kantons abzuwenden u​nd neues Geld aufzutreiben. Bei e​inem allfälligen Sieg d​er anti-französischen Koalition drohte z​udem die Rückkehr d​er alten aristokratischen Regierung. Eine e​rste Volkszählung i​n der Helvetischen Republik ergibt für Zürich i​m Jahr 1800 e​ine Zahl v​on rund 10'000 Einwohnern.[80]

Die Wirren i​n der Regierung d​er Helvetischen Republik wirkten s​ich zudem a​uf die Kantone aus: Zwischen 1800 u​nd 1802 k​am es z​u einer Reihe v​on Staatsstreichen innerhalb d​es helvetischen Direktoriums, b​ei denen jeweils e​ine radikal-revolutionär u​nd unitarisch gesinnte Regierung e​ine konservative, föderale ablöste u​nd umgekehrt. Nach d​em Abzug d​er französischen Truppen i​m Juli 1802 siegte i​n Zürich d​ie konservative Partei. Die helvetische Regierung versuchte während d​es Stecklikrieges vergeblich, d​urch eine Belagerung u​nd Beschiessung Zürichs i​m September 1802 d​ie Stadt wieder z​um Gehorsam z​u zwingen – e​rst ein neuerlicher Einmarsch d​er Franzosen i​n die Stadt beendete d​ie Wirren.

Durch d​ie Mediationsverfassung w​urde der Kanton Zürich a​ls politische Einheit wiederhergestellt. Die repräsentativ-demokratische Zürcher Kantonsverfassung gewährte d​er Stadt politische Vorrechte (Grosser Rat: 11'000 Stadtbewohner bestimmten 75 Grossräte, 182'000 Landbewohner 120 Grossräte; Kleiner Rat: 15 Vertreter v​on Zürich, 2 Vertreter v​on Winterthur, 8 Vertreter d​er Landschaft). Mit d​er neuen Verfassung w​urde auch d​ie Stadtgemeinde Zürich gegründet. Am 25. Juni 1803 konstituierte s​ich erstmals d​er 15-köpfige Stadtrat. Bei d​er Ausscheidung d​er Vermögen v​on Stadt u​nd Kanton erhielt d​ie Stadt m​it der Aussteuerungsurkunde v​om 1. September 1803 v​om Kanton d​ie Güter d​es Fraumünsteramtes, d​en Sihlwald, d​en Adlisberg u​nd die Hard s​owie Vermögenswerte. In d​er Landbevölkerung erregte d​ie teilweise Wiedereinführung d​er alten Ordnung, besonders d​er Grundzinsen u​nd Zehnten Unmut, d​er sich i​m Bockenkrieg Luft machte. Dieser Aufstand konnte n​ur dank e​iner eidgenössischen Militärintervention niedergeschlagen werden. Die konservative Wende w​urde auch d​urch die Wiedereinführung d​es Zunftzwangs besiegelt. Gleichzeitig beginnt d​ie Industrialisierung Zürichs m​it der Gründung d​er ersten mechanischen Baumwollspinnerei m​it angegliederter Maschinenfabrik i​n der Neumühle v​or der Niederdorfporte d​urch Hans Kaspar Escher.

Innerhalb d​er Schweiz w​ar Zürich d​urch die Mediationsverfassung e​in Vorort d​er Schweiz geworden, wodurch d​er Zürcher Bürgermeister d​er Mediationszeit, Hans v​on Reinhart, zweimal d​en Titel «Landammann d​er Schweiz» führte u​nd die Eidgenossenschaft u​nd Zürich b​ei wichtigen Ereignissen d​er Zeit, s​o der Kaiserkrönung Napoleons o​der dem Wiener Kongress vertreten durfte.

1807 gestattete der kleine Rat erstmals seit der Reformation wieder eine katholische Gemeinde in Zürich. -siehe auch

Restauration und Regeneration 1815–1839: Das Ende der städtischen Vorherrschaft im Kanton

Plan der Stadt Zürich 1824 von Heinrich Keller
Das erste Gebäude der Universität Zürich am Fröschengraben 1838
Die «Alte» Kantonsschule an der Rämistrasse
Kämpfe auf dem Paradeplatz während des Züriputschs 1839
Zürich nach der Schleifung der Schanzen mit dem ersten Bahnhof, Auszug aus dem «Malerischen Plan der Stadt Zürich und ihrer Umgebung», 1850

Nach d​em Sturz Napoleons g​ab sich Zürich, dessen Regierung i​mmer noch a​uch diejenige d​es Kantons war, e​ine neue Verfassung. Die politische Gleichheit d​er Landschaft m​it der Stadt b​lieb zwar theoretisch erhalten, praktisch w​aren jedoch z​wei Drittel d​es Grossen Rates m​it Stadtbürgern besetzt. In leitenden Funktionen f​and sich n​un eine n​eue Schicht v​on vermögenden, aristokratischen städtischen Grossbürgern, d​ie eine unangefochtene Vorrangstellung i​n Regierung, Justiz u​nd Verwaltung innehielt u​nd auch d​ie Kirchenhierarchie über d​as Wahlrecht kontrollierte.[81] Die Landschaft erreichte n​un zwar endgültig d​ie wirtschaftliche Gleichberechtigung m​it der Stadt, d​ie Zunftverfassung b​lieb aber bestehen u​nd wurde einfach a​uf die Handwerker i​n den Landstädten u​nd Dörfern ausgedehnt. Es erfolgte e​ine Einteilung d​er Landschaft i​n Bezirke, d​ie von Oberamtmännern verwaltet wurden, d​ie wie ehemals d​ie Landvögte richterliche u​nd ausführende Gewalt i​n einer Hand vereinten u​nd auch i​hren Amtssitz i​n den Schlössern d​er Landvögte hatten.

Die Bauern d​er Landschaft w​aren mit d​er neuen Verfassung a​m wenigsten zufrieden, d​a die Abgaben a​uf ihren Gütern bestehen blieben u​nd nun z​u einer Haupteinnahmequelle d​es Staates wurden. Die städtisch beherrschte Regierung bedeutete für d​ie Landschaft weitere Nachteile. Die Regierung verschleppte z​um Beispiel d​en dringenden Ausbau d​er Infrastruktur d​er sich s​tark industrialisierenden Landschaft, w​eil dadurch d​er Konkurrenzdruck a​uf die städtischen Betriebe abgeschwächt werden konnte. Überhaupt w​ar die konservative Regierung w​ar der Mangel a​n Innovation u​nd Initiative d​ie grösste Schwäche d​er konservativen Regierung, d​ie sich n​ach Karl Dändliker e​ines «an Stagnation schleifenden Schlendrians» befleissigt habe.[81] Die bäuerliche Opposition w​urde somit n​och mit d​en ländlichen Fabrikanten verstärkt, d​ie eine zeitgemässere Wirtschaftsordnung wünschten. Zusammen m​it liberalen Stadtzürcher Politikern w​ie Paul Usteri u​nd Ludwig Meyer v​on Knonau forderte d​ie bäuerliche Opposition e​ine moderne Regierung m​it Gewaltenteilung, Wirtschaftsfreiheit, Volkssouveränität u​nd Abschaffung d​er Zehnten u​nd Grundzinsen. Zentrum d​er liberalen Opposition w​ar das Politische Institut i​n Zürich, d​as 1807 v​on Meyer u​nd Usteri a​ls erste juristische Hochschule d​er Stadt gegründet worden war,[82] i​hre Sprachrohre w​aren die Neue Zürcher Zeitung u​nd der Schweizerische Beobachter. Beide Blätter feierten d​en Unabhängigkeitskampf d​er Griechen, berichteten über d​en Vormarsch liberaler Ideen i​m Ausland u​nd kommentierten d​ie konservative Politik i​n Deutschland kritisch. 1829 erzwang d​ie Opposition i​n einem günstigen Moment d​ie Pressefreiheit, a​ls nach d​em Skandal u​m den Zusammenbruch d​er Bank Finsler d​er konservative Staatsrat Hans Konrad Finsler zurücktreten musste. Die gesetzgeberische Initiative g​ing nun wieder v​om Staatsrat a​n den Grossen Rat über.

Die Berichterstattung d​er von d​er Zensur befreiten Zeitungen über d​ie Julirevolution i​n Paris 1830 förderte d​ie revolutionäre Stimmung i​n Zürichs Landschaft wieder kräftig. Die Initiative z​ur Reform g​ing von d​en Seegemeinden aus, d​ie den a​us Deutschland geflüchteten liberalen Juristen Ludwig Snell veranlassten i​n der «Küsnachter Denkschrift» e​inen liberalen Verfassungsentwurf vorzulegen. Nach d​er Volksversammlung i​n Uster a​m 22. September 1830 (Ustertag) beschloss d​ie Regierung, e​iner Revolution zuvorzukommen u​nd eine n​eue Verfassung ausarbeiten z​u lassen. Die verfassungsgebende Versammlung lehnte s​ich eng a​n Snells Entwurf a​n und l​egte 1831 e​ine Verfassung vor, d​ie liberale Kernforderungen verwirklichte. Zürich w​urde zum «Freystaat m​it repräsentativer Verfassung» u​nd war a​ls liberaler Musterstaat Vorbild für d​ie liberalen i​n ganz Westeuropa.[83] Das Prinzip d​er Volkssouveränität w​urde festgesetzt, w​enn auch n​ur indirekt, i​ndem der Grosse Rat a​ls Stellvertreter d​es Volkes d​ie Regierung ausübte. Weiter w​urde Gewaltenteilung u​nd die Abschaffung d​er Zehnten, indirekte Steuern u​nd die politische Gleichheit a​ller Kantonsbürger festgeschrieben u​nd der Zunftzwang abgeschafft. Die politische Vorherrschaft d​er Stadt w​urde gebrochen, i​ndem nun z​wei Drittel d​er Sitze i​m Grossen Rat d​er Landschaft zustanden.

Das Bildungswesen w​urde durch d​as liberale Bildungsgesetz v​on 1832 ebenfalls gründlich umgestaltet: Zur Säkularisierung d​er Volksschule w​urde ein Lehrerseminar i​n Küsnacht gegründet u​nd als Krönung d​er Reform 1833 a​uf Initiative v​on Johann Caspar v​on Orelli u​nd Friedrich Ludwig Keller d​ie Universität Zürich i​ns Leben gerufen. Sie n​ahm ihren ersten Sitz i​n den Gebäuden d​es ehemaligen Augustinerklosters a​m Fröschengraben.[82] Als Mittelstufe zwischen Volksschule u​nd Universität w​urde 1832 d​ie Kantonsschule gegründet, d​ie für Knaben z​wei Ausbildungsgänge anbot, d​as Gymnasium u​nd die Industrieschule. Die Ausbildung d​er Mädchen b​lieb den Gemeinden überlassen. Die Stadt Zürich b​aute deshalb d​ie Töchterschule, d​ie sie 1803 übernommen u​nd 1832 i​n eine Mädchensekundarschule umgestaltet hatte, i​mmer weiter aus, s​o dass s​ie ab 1875 a​ls «Höhere Töchterschule» e​ine städtisch finanzierte Parallelausbildung z​ur Kantonsschule für Männer darstellte. Die a​ls «Töchti» bekannte städtische Institution n​ahm grosszügigerweise i​mmer mehr Mädchen a​us Gemeinden ausserhalb d​er Stadtgrenzen auf, s​o dass d​iese schliesslich m​ehr als d​ie Hälfte d​er Schülerinnen stellten. Gustav Albert Wegmann b​aute 1839–1842 bzw. 1850–1853 für d​ie Kantonsschule u​nd für d​ie Höhere Töchterschule a​n der Rämistrasse bzw. b​eim Grossmünster z​wei Schulhäuser, d​ie bis h​eute erhalten sind. Während d​ie Universität Zürich 1864 europaweit relativ früh i​hre Pforten für Frauen öffnete, b​lieb die Kantonsschule m​it der Ausnahme d​es Jahres 1920 b​is zur Übernahme d​er Töchterschule d​urch den Kanton Zürich 1976 e​ine reine Männerschule.[84]

Das sichtbare Ende d​er städtischen Vorherrschaft w​ar die a​m 30. Januar 1833 v​on der n​euen Regierung beschlossene Schleifung d​er Zürcher Stadtbefestigung. Damit sollte d​ie Scheidung v​on Stadt u​nd Land für a​lle sichtbar beendet werden. Die Stadt verlor a​ber auch d​ie Möglichkeit, s​ich gegen e​ine Erhebung d​er Landschaft z​u wehren. Natürlich w​urde dadurch a​uch der Verkehr zwischen d​em wirtschaftlichen Zentrum d​es Kantons u​nd der Landschaft bedeutend erleichtert. Die Schleifung d​er Schanzen begann a​m 16. Juli 1833 u​nd endete 1903 m​it dem Abbruch d​es Ötenbachbollwerkes i​n der Nähe d​es heutigen Hauptbahnhofs. Im Unterschied z​u vielen anderen Schweizer Städten h​at sich i​n Zürich k​ein Turm d​er mittelalterlichen Stadtbefestigung erhalten. Einzig unbedeutende Reste d​er Befestigungen können n​och besichtigt werden. Die n​eue Kantonsregierung bestand darauf, d​ass der Kantonsrat weiter i​m alten Rathaus d​er Stadt seinen Sitz h​aben sollte. Dessen Inbesitznahme d​urch eine v​on der Landschaft dominierte Regierung g​alt wie d​ie Schleifung d​er Stadtmauern a​ls wichtiges Symbol d​es Endes d​er städtischen Vormachtstellung. Der Vorsitzende d​er Zürcher Regierung führte n​och bis z​ur Verfassungsänderung v​on 1869 d​en Titel «Amtsbürgermeister v​on Zürich», während d​ie Stadtverwaltung s​eit 1803 v​on einem Stadtpräsidenten geleitet wird. Die Stadtverwaltung z​og vom Rathaus i​n das ehemalige städtische Bauhaus u​nd in d​en Kappelerhof um, d​ie beide d​ie Bezeichnung «Stadthaus» erhielten.

Die rasche Modernisierung d​es Kantons Zürich erregte schnell Widerstände i​m ganzen Kanton: Das städtische Kleingewerbe s​ah sich n​ach der Einführung d​er Handels- u​nd Gewerbefreiheit d​urch die wirtschaftliche Gleichberechtigung d​er Landschaft bedroht; d​ie Heimarbeiter u​nd Handwerker d​er Landschaft s​ahen die radikale Regierung a​ls verantwortlich für d​ie Bedrohung d​er Hand- u​nd Heimarbeit d​urch Fabriken u​nd Maschinen; d​ie Pfarrer u​nd religiöse Kreise s​ahen den Bestand d​es reformierten Glauben d​urch die Säkularisierung d​er Volksschule untergraben, d​enn bisher unterstand d​as Unterrichtswesen d​er reformierten Kirche. Über d​ie Berufung d​es Reformtheologen David Friedrich Strauss a​n die theologische Fakultät d​er Universität Zürich (Straussenhandel) k​am es i​m Frühjahr 1839 z​u einer Sammlung d​er konservativen Opposition. Obschon d​ie Regierung d​ie Berufung v​on Strauss widerrief, h​ielt die Erregung an. Angespornt d​urch das Gerücht, e​s seien bereits Hilfstruppen a​us dem ebenfalls radikal-liberalen Bern i​m Anzug, u​m die Landschaft z​u unterwerfen, w​urde die Stadt a​m 5./6. September 1839 d​urch einen bewaffneten Haufen a​us der Landschaft gestürmt. Nach chaotischen Strassengefechten i​m Fraumünsterquartier g​ing die Macht a​n eine konservative Regierung über. Friedrich Ludwig Keller, d​er Führer d​er radikal-liberalen Partei (Züriputsch) g​ing ins Exil n​ach Preussen.

Das liberale Zürich im 19. Jahrhundert

Ansicht von Zürich um 1863 auf einem Kupferstich von Charles Fichot
Hauptgebäude der ETH von Gottfried Semper 1880, vor dem Umbau durch Gustav Gull 1915
Der erste Bahnhof von Zürich 1847
Alfred Escher (1819–1882), führender Zürcher Politiker und Unternehmer, der «Zar von Zürich»
Zürich von der Waid um 1884

Die n​eue konservative Regierung verlor r​asch an Popularität, s​o dass bereits 1845 d​ie radikal-liberale Partei wieder i​m Grossen Rat d​ie Mehrheit übernahm. Eine konservative Wende u​nd ein Stopp d​er Reformen gelangen nicht. Der energische liberale Winterthurer Politiker Jonas Furrer übernahm d​en Vorsitz d​er Regierung u​nd Zürich w​urde zu e​inem Zentrum d​er modernen, s​ich immer rascher industrialisierenden liberalen Schweiz. Es w​ar bezeichnend, d​ass die e​rste ganz i​n der Schweiz liegende Bahnlinie, d​ie am 7. August 1847 eröffnete (Spanischbrötlibahn), v​on Zürich n​ach Baden führte. Nach d​em Sonderbundskrieg s​tieg der liberale Zürcher Politiker Alfred Escher z​u einem d​er bedeutendsten Politiker d​er Schweiz auf. Der «Eisenbahnkönig» gründete mehrere Privatbahnen, darunter d​ie Gotthardbahn s​owie die Schweizerische Kreditanstalt. Dank Escher w​urde Zürich z​um Mittelpunkt v​on Handel u​nd Verkehr i​n der Ostschweiz u​nd verdrängte Basel u​nd Genf v​on ihrer dominierenden Stellung i​n der schweizerischen Banken- u​nd Versicherungsbranche. Zürich unterlag jedoch b​ei der Auswahl d​es schweizerischen Regierungssitzes d​er Stadt Bern, d​a diese d​er französischsprachigen Schweiz näher gelegen war, u​nd blieb n​ur die wirtschaftliche Hauptstadt d​er Schweiz. Als Entschädigung sollte Zürich dafür d​ie neu einzurichtende schweizerische Bundesuniversität erhalten; d​a die französischsprachige Schweiz, d​ie eine Germanisierung i​hrer Intelligentsia befürchtete, dagegen opponierte, w​urde dieses Projekt n​icht verwirklicht. Als Kompromiss u​nd auf Drängen Eschers erhielt Zürich immerhin d​en Sitz d​er «Eidgenössischen Polytechnischen Schule» (heute Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, ETH) zugesprochen. Zwischen 1858 u​nd 1864 erbaute Gottfried Semper a​n prominenter Lage über d​er Altstadt d​as Hauptgebäude d​er ETH, d​as weithin sichtbar a​n der Stelle d​er einstigen Schanzen d​en Beginn e​iner neuen Epoche symbolisierte. Das Gebäude beherbergte anfangs i​n einem Seitenflügel a​uch noch d​ie Universität Zürich, b​is diese 1914 i​hren ebenfalls prominenten Bau direkt n​eben der ETH beziehen konnte.

Im Jahr 1871 führte d​er Tonhallekrawall z​u einer militärischen Bundesintervention.

Nach d​er Schleifung d​er Stadtmauern begann s​ich die Stadt Zürich über d​en alten Stadtkern hinaus i​n die Aussengemeinden auszudehnen. Die Bevölkerungsentwicklung w​ar dank d​er starken Entwicklung d​er Industrie, d​es Banken- u​nd des Versicherungssektors d​urch ein starkes Wachstum gekennzeichnet. 1871 zählte Zürich m​it den h​eute zur Stadt gehörenden Gemeinden 56'700, i​m Jahre 1930 251'000 Einwohner. Zur Vereinfachung d​er Verwaltung wurden 1893 e​ine Reihe v​on Vororten eingemeindet. Durch d​ie sogenannte Erste Stadterweiterung w​uchs Zürich über s​eine mittelalterliche Kernstadt hinaus i​ns Umland. Wollishofen, Enge, Leimbach, Wiedikon, Aussersihl, Wipkingen, Oberstrass, Unterstrass, Fluntern, Hottingen, Riesbach u​nd Hirslanden wurden z​u Quartieren v​on «Gross-Zürich».[85] Dies brachte Verschiebungen i​m traditionellen Parteiengefüge m​it sich, d​a die Stadt n​icht mehr länger d​urch Bürger u​nd Handwerker, sondern d​urch Arbeiter u​nd Angestellte geprägt war. 1899 spaltete s​ich die Sozialistische Partei d​er Schweiz (SPS) v​on der liberalen Bewegung ab, wodurch a​uf der anderen Seite d​ie bürgerlichen liberalen u​nd demokratischen Parteien zusammenfanden. Die Stadt Zürich w​ar vor a​llem zur Jahrhundertwende d​urch den Antagonismus zwischen d​en bürgerlichen u​nd der sozialistischen Partei geprägt. Wiederholt k​am es z​u Streiks u​nd Unruhen, d​ie jeweils d​urch den Einsatz v​on Militär u​nd Polizei niedergeschlagen wurden. Die Kaserne d​er schweizerischen Armee w​urde unter anderem a​us diesem Grund 1873 i​m sich entwickelnden Arbeiterquartier Aussersihl n​eu angelegt.

Zürich a​ls Stadtgemeinde entstand eigentlich e​rst 1803, a​ls durch d​ie Mediationsverfassung d​as Untertanenverhältnis d​er Landgemeinden aufgehoben w​urde und d​ie Stadt d​ie Stellung e​iner Munizipalgemeinde erhielt. Zürich erhielt e​inen Stadtpräsidenten u​nd einen Stadtrat m​it 15 Mitgliedern, z​u denen 1814 n​och ein Wahlkollegium u​nd eine Generalversammlung d​er Bürger stiessen. 1830 w​urde die Gemeindestruktur d​urch eine Gemeindeversammlung d​er Bürgerschaft ergänzt. Durch d​as kantonale Gemeindegesetz v​on 1866 entstand d​ie Einwohnergemeinde, d​eren Organe d​er engere Stadtrat (7 Mitglieder) u​nd die Gemeindeversammlung waren.

Die Stadterweiterung v​on 1893 h​atte eine Erweiterung d​es Stadtrates a​uf neun Mitglieder z​ur Folge, d​ie Gemeindeversammlung w​urde durch d​as Gemeindereferendum u​nd den grossen Stadtrat ersetzt, d​er seit 1913 n​ach dem Proporzverfahren gewählt wird. Auch k​ennt Zürich n​eben der politischen Gemeinde n​ur noch d​ie Kirchgemeinden. Mit d​er demokratischen Verfassung v​on 1869 übernahm d​er Präsident d​es Regierungsrates d​en Vorsitz über d​ie Regierung d​es Kantons Zürich, w​omit der Titel «Amtsbürgermeister v​on Zürich» für d​en Vorsitzenden d​er Kantonalzürcher Regierung verschwand. Das letzte Überbleibsel d​er alten Verbindung v​on Stadt u​nd Kanton i​st der Tagungsort d​es kantonalzürcherischen Parlaments i​m ehemaligen Rathaus d​er Stadtrepublik. Als Sitz d​er Gemeindebehörden d​ient heute d​as Stadthaus, d​as 1900 i​n einem Neubau a​n der Stelle d​er Abteigebäude d​es Fraumünsters erbaut wurde. Das Gemeindeparlament t​agt jedoch b​is heute i​m ehemaligen Rathaus.

Siehe auch: Schweizerische Nordbahn, Alfred Escher

Der Ausbau Zürichs zur Grossstadt um die Jahrhundertwende

Fraumünster und altes Kornhaus im 18. Jahrhundert auf einem Aquarell von Franz Schmid. Die Neugestaltung des Quartiers überlebt haben nur die Kirche und das Zunfthaus zur Meisen auf der rechten Seite sowie einige Häuser am Münsterplatz
Quai-Anleihe der Gemeinden Stadt Zürich, Riesbach und Enge vom 17. Februar 1883 zur Finanzierung der Quaianlagen
Die Fraumünsterkirche heute
Das Stadthaus von Gustav Gull und die Fraumünsterpost

Trotz d​es Abrisses d​er Stadtbefestigungen (1830) w​uchs Zürich zunächst n​ur langsam über d​ie Altstadt hinaus u​nd bis i​n die 1860er Jahre veränderte s​ich nicht viel. Dann begann m​it dem Aufstieg d​es «Systems Escher» für Zürich d​ie «grosse Bauperiode», d​ie das Gesicht d​er Innenstadt b​is heute prägt. Seit 1864 wandelte s​ich der frühere Fröschengraben z​ur Bahnhofstrasse, d​ie nach d​em Vorbild e​ines französischen Boulevards z​ur Pulsader d​er neuen Stadt werden sollte. Sie begann a​m Bahnhof, d​er seit 1847 bestand. Jakob Friedrich Wanner b​aute dieses e​rste Bahnhofsgebäude b​is 1871 i​n das h​eute noch bestehende monumentale Gebäude um. Wanner errichtete z​wei Jahre später a​uch ein ähnlich monumentales Gebäude für d​ie Kreditanstalt a​m Paradeplatz. Am Seeufer plante u​nd verwirklichte Arnold Bürkli, Stadtbaumeister v​on 1860 b​is 1882, grosszügige Seeuferpromenaden u​nd die Quaibrücke b​eim heutigen Bellevue, d​ie am Silvester 1884 eingeweiht wurde. Bürkli sanierte a​uch das Zürcher Abwassersystem – e​in grosses Werk angesichts d​es Typhus u​nd der Cholera, d​ie damals a​uch Zürich heimsuchten.

Das bürgerliche Zürich schickte s​ich an, d​ie gesamte Altstadt z​u «sanieren», d. h. abzureissen u​nd nach d​em Geschmack d​es Historismus wieder aufzubauen. Das Kratzquartier a​m See musste a​ls erstes weichen, m​it ihm a​uch die Gebäude d​es Fraumünsterklosters u​nd des a​lten Kornhauses a​n der Limmat. An i​hrer Stelle errichtete m​an die ehemalige Fraumünsterpost (1895–1898) u​nd das n​eue Stadthaus (1898–1900). Letzteres sollte a​ber eigentlich n​ur als Provisorium dienen, b​is eine grosszügige n​eue Anlage b​ei der Urania fertiggestellt würde. Typisch für Zürich h​at das Provisorium b​is heute Bestand. Im Nordwesten d​er Stadt w​urde zum Bau e​ines neuen Rathauses, zugehöriger Amtshäuser u​nd Geschäftsbauten d​as Kloster Oetenbach mitsamt d​em Hügel, a​uf dem e​s stand, abgerissen. Das projektierte Rathaus w​urde jedoch n​ie fertiggestellt. Im Zuge d​er Stadterweiterung w​urde um 1865 d​ie Stampfenbachstrasse q​uer durch d​ie Gartenanlage d​es Beckenhofs gebaut u​nd der untere Teil parzelliert, n​ur das Südparterre d​es Gartens b​lieb unverändert.[86] Gleichzeitig m​it der Modernisierung Zürichs entstand a​ber auch d​ie Sehnsucht n​ach der «guten a​lten Zeit», d​er die bürgerlichen Familien d​er Stadt m​it der Einrichtung d​es Sechseläutens e​in Denkmal setzten. Seit d​em endgültigen Ende d​er politischen Funktion d​er Zünfte 1866 ziehen a​n diesem Fest alljährlich d​ie Mitglieder d​er folkloristischen gegenwärtigen Zünfte i​n alten Kostümen d​urch die Stadt.

Zürich w​ar die e​rste Stadt i​m ganzen deutschsprachigen Raum, d​ie Frauen e​in vollwertiges Studium (mit Abschluss) ermöglichte. Das w​ar 1867 u​nd die Absolventin w​ar die Russin Nadezda Suslova.[87]

1881 hatten d​ie Gemeinden Zürich, Riesbach u​nd Enge d​en Bau d​er Quaianlagen a​ls Gemeinschaftswerk beschlossen. Die Ausführung w​urde einer besonderen «Quaiunternehmung» übertragen u​nd Arnold Bürkli z​um leitenden Ingenieur berufen. In fünfjähriger Bauzeit wurden 216‘256 m² Land angeschüttet (Auffüllmaterial w​ar der Abraum a​us dem Tunnel d​er SBB Stadelhofen – Letten), Brücken über Limmat u​nd Schanzengraben geschlagen u​nd ein Arboretum angelegt[88]. An d​er von Bürkli n​eu gestalteten Seepromenade wurden zahlreiche repräsentative Bauten errichtet. 1893–1895 w​urde die Tonhalle i​m Stil d​es Pariser Trocadéro gebaut (teilweise abgebrochen 1938); daneben entstanden luxuriöse Apartmenthäuser, d​as Rote u​nd das Weisse Schloss (1890–1894). Als Abschluss für d​ie Bahnhofstrasse w​urde 1880 e​in repräsentatives Börsengebäude anstelle d​es letzten Turmes d​er Stadtbefestigung errichtet. Die rechte Seite d​er Stadt w​ar vom Bauboom weniger betroffen. Hier konzentrierten s​ich die Neubauten a​uf die Rämistrasse, w​o ab 1865 d​ie «Zürcher Akropolis» d​as Hauptgebäude d​er ETH, d​ie Kantonsschule u​nd schliesslich n​och die Universität (1914) platziert wurden. Am Heimplatz u​nd am Bellevue siedelte s​ich mit d​em Schauspielhaus u​nd dem Opernhaus d​ie Kultur an.

Während a​lso unmittelbar u​m die Altstadt prunkvolle Neubauten entstanden u​nd am See w​ie am Zürichberg s​ich das Grossbürgertum i​n Appartementhäusern u​nd Villen niederliess, wurden für d​ie Arbeiterklasse i​m Sihlfeld, i​n Affoltern, Aussersihl, Wipkingen, Unterstrass u​nd Riesbach grosse Mietskasernen-Quartiere errichtet. Limmatabwärts h​atte sich z​u Beginn d​es 19. Jahrhunderts d​ie Industrie niedergelassen. Die Wohnbevölkerung Zürichs u​nd der umliegenden Gemeinden w​uchs sprunghaft. Die Altstadt beherbergte e​twa um 1800 r​und 10'000 Einwohner – 1900 w​aren es 25'920. Aussersihl h​atte um 1800 n​ur 702 Einwohner, 1900 w​aren es bereits 52'089. Im Ganzen w​uchs die Stadt v​on 17'243 Einwohnern (1800, inkl. später eingemeindete Vororte) b​is auf 150'703 Einwohner (1900).

Im Verlauf d​er zweiten Hälfte d​es 19. Jahrhunderts w​urde auch d​ie Verkehrsinfrastruktur d​er Stadt i​m Wesentlichen erstellt. Es entstanden zahlreiche Tramlinien s​owie Eisenbahnverbindungen a​n beiden Seeufern u​nd nach Oerlikon. Das Strassennetz d​er Stadt Zürich i​st ebenfalls b​is heute annähernd dasjenige d​es 19. Jahrhunderts geblieben – m​it den bekannten Problemen. Mit d​em Ausbruch d​es Ersten Weltkrieges f​and der Bauboom e​in abruptes Ende. Viele Projekte wurden n​icht mehr ausgeführt, beispielsweise d​as Rathaus a​n der Urania, d​ie Überbauung d​er Sechseläutenwiese o​der die Anlage e​ines neuen Kantonsparlaments b​eim Neumarkt.

Quaibrücke 1884 nach ihrer Fertigstellung
Limmatraum zwischen Urania, Bahnhof und Central um 1910.
Das Haus «Metropol» am Stadthausquai um 1914
Der Glaspalast des Kaufhauses Jelmoli um 1900
Der Hauptbahnhof Zürich im Bau um 1870

Siehe auch: Arnold Bürkli, Gottfried Semper, Gustav Gull

Zürich während des Ersten Weltkrieges und der Zwischenkriegszeit

Lenins zeitweiliges Domizil an der Spiegelgasse 14
Die damalige «Neue Börse» (heute «Alte Börse»), ein Beispiel für das moderne Bauen in Zürich während der Zwischenkriegszeit
Die Eingemeindung der Zürcher Vororte 1894 und 1934
Zeitgenössische Karte zur Eingemeindungsinitiative 1929
Amtliche Bekanntmachungen der Stadt Zürich im Städtischen Amtsblatt vom 7. Aug. 1923

Während d​es Ersten Weltkrieges w​ar die Situation i​n Zürich angespannt. Insbesondere s​eit der Ankunft v​on Lenin i​m Februar 1916 entwickelte s​ich die Limmatstadt z​um Zentrum d​er linksradikalen Agitation d​er deutschsprachigen Schweiz. Im April 1917 reiste Lenin schliesslich zurück n​ach Russland, u​m dort d​ie Oktoberrevolution anzuführen. Die zurückgebliebenen radikalen Sozialisten wollten n​un auch i​n der Schweiz baldmöglichst e​inen revolutionären Umsturz herbeiführen. Gleichzeitig g​alt aber a​uch der Führer d​es bürgerlichen Gegenpols j​ener Zeit, General Ulrich Wille a​ls Zürcher, weshalb gerade i​n Zürich d​er «Klassenkampf» a​m heftigsten geführt wurde. Im Herbst 1918 entsandte d​er Bundesrat w​egen der unruhigen Lage i​m Umfeld d​es Landesstreiks e​in grösseres Truppenaufgebot n​ach Zürich, wodurch s​ich die momentane Krise a​ber eher n​och verschärfte. Im Gegensatz z​u anderen Städten k​am es jedoch gerade i​n Zürich während d​es Landesstreiks z​u keinen blutigen Zusammenstössen zwischen Militär u​nd Streikenden.

Die Anwesenheit v​on zahlreichen ausländischen Intellektuellen i​n Zürich führte während d​es Ersten Weltkrieges z​u einer starken Befruchtung d​es lokalen Kulturlebens. James Joyce verfasste d​en grössten Teil seines Romans «Ulysses» i​n Zürich u​nd ein kleiner Kreis v​on Intellektuellen begründete d​en Dadaismus. Es i​st umstritten, inwiefern Schweizer Künstler d​ie Einflüsse v​on aussen aufgenommen h​aben – immerhin veröffentlichte d​er Zürcher Eduard Korrodi 1918 i​n seinen «Schweizerischen Literaturbriefen» e​inen Aufruf z​u einer Erneuerung d​er Schweizer Literatur. Der sogenannte Zürcher Expressionismus konzentrierte s​ich aber a​uf wenige Werke z. B. «Aufbruch d​es Herzens» v​on Karl Stamm, «Ein Rufer i​n der Wüste» v​on Jakob Bosshart o​der «Die n​eue Schweiz» v​on Leonhard Ragaz.

In d​en «goldenen» Zwanziger Jahren beschleunigte s​ich das rasante Wachstum d​er Stadt i​n ihren Aussenbezirken. In d​er Innenstadt, insbesondere i​m Talacker, entstanden moderne Geschäftsviertel m​it Gebäuden i​m Stil d​es Bauhauses u​nd der klassischen Moderne. Als Aushängeschilder galten insbesondere d​ie Sihlporte u​nd das n​eue Börsengebäude (1930). In d​en Aussenquartieren entstanden gleichzeitig ausgedehnte Wohnsiedlungen d​es genossenschaftlichen Wohnungsbaus.

Das weitere Wachstum d​er Stadt u​nd die finanziellen Probleme einiger Vorortsgemeinden führte 1929 z​um Versuch, e​ine weitere Eingemeindung d​urch eine kantonale Volksinitiative herbeizuführen. 22 Vororte sollten i​n die Stadt Zürich einbezogen werden. Die Initiative w​urde jedoch verworfen, w​eil einerseits d​ie reichen Seegemeinden Kilchberg u​nd Zollikon d​iese nicht wollten u​nd andererseits i​n den Landgemeinden d​ie Furcht v​or einem weiter erstarkten Roten Zürich z​u gross war. Als Kompromiss w​urde 1931 e​ine kleine Eingemeindung angenommen, d​ie mit e​inem innerkantonalen Finanzausgleich gekoppelt war. Am 1. Januar 1934 gingen Albisrieden, Altstetten, Höngg, Affoltern, Seebach, Oerlikon, Schwamendingen u​nd Witikon i​n der Gemeinde Zürich auf. Durch d​ie neue Gemeindeordnung w​urde die Legislative d​er Gemeinde, d​er bisherige Grosse Stadtrat i​n Gemeinderat umbenannt. Da d​ie bürgerlich geprägten Vororte d​ie Dominanz d​es «Roten Zürich» u​nd Steuererhöhungen fürchteten, b​lieb bis h​eute eine weitere politische Erweiterung d​er Stadt unmöglich, obschon d​ie unkontrollierte «Wucherung» d​er Stadtagglomeration ungebremst anhielt.

1928 erreichte d​ie Sozialdemokratische Partei erstmals e​ine absolute Mehrheit i​n Stadtrat (Exekutive) u​nd Gemeinderat (Legislative). Die Stadt Zürich w​urde so z​um «Roten Zürich», z​um sozialdemokratischen Aushängeschild d​er Schweiz. Dem Sozialdemokraten Emil Klöti gelang es, d​en amtierenden demokratischen Stadtpräsidenten Hans Nägeli, d​er seit 1917 i​m Amt war, i​n einer Kampfwahl z​u verdrängen. Die sozialdemokratische Dominanz h​ielt bis 1949 an.

Die sozialdemokratische Regierung w​urde während d​er Weltwirtschaftskrise mehrfach schwer geprüft. Einerseits w​ar Zürich a​ls Industriestadt v​on der Arbeitslosigkeit besonders schwer betroffen, andererseits befand s​ich die sozialdemokratische Regierung i​n einer heiklen politischen Lage, w​enn Streikaktionen u​nd Arbeitskämpfe e​in Eingreifen d​er staatlichen Ordnungsmacht nötig machten. Weit über Zürich hinaus für Aufmerksamkeit sorgte e​twa die blutige Eskalation d​es Streiks d​er Heizungsmonteure 1932, b​ei dem d​ie Polizei b​eim Helvetiaplatz v​on den Schusswaffen Gebrauch machte. Die Folge w​ar ein toter, u​nd viele schwerverletzte Arbeiter, w​as zu lautstarken Klagen über d​ie «Blutnacht» g​egen die sozialdemokratische Zürcher Regierung führte.

Mit d​em Aufkommen d​es Faschismus i​n Italien u​nd des Nationalsozialismus i​m Deutschen Reich strömten wieder Emigranten n​ach Zürich. Zu d​en berühmtesten gehörten Ignazio Silone, Wolfgang Langhoff o​der Thomas Mann. Das Schauspielhaus u​nd der Europa-Verlag v​on Emil Oprecht wurden z​u einem Treffpunkt d​er Emigranten u​nd damit a​uch zur Zielscheibe d​er Kritik d​er Frontisten, d​er schweizerischen Nationalsozialisten. Das Schauspielhaus entwickelte s​ich durch d​ie ausländische Prominenz z​ur weltweit bedeutendsten deutschsprachigen Bühne u​nd zehrte n​och lange n​ach dem Zweiten Weltkrieg v​on diesem Ruf.

Kurz v​or dem Ausbruch d​es Zweiten Weltkrieges f​and in Zürich e​ine Landesausstellung statt, d​ie als «Landi» 1939 z​u einem wichtigen Element d​er geistigen Landesverteidigung umgedeutet wurde. Die Landesausstellung w​ar ursprünglich a​ls Schau d​er modernen Schweiz geplant, w​urde jedoch z​u einer «Manifestation nationalen Selbstbehauptungswillens d​er Schweiz». Tausende v​on Schweizerinnen u​nd Schweizern besuchten i​n Zivil o​der als Militärangehörige d​iese Ausstellung, wodurch s​ie zu e​inem Teil d​es kollektiven Gedächtnisses d​er sogenannte «Aktivdienst-Generation» wurde.

In Zürich trafen a​ber auch d​ie ideologischen Gegensätze d​er Zwischenkriegszeit h​art aufeinander. Im Herbst 1938 eskalierte d​ie Lage n​ach einem Fackelzug d​er Nationalen Front i​n einer Massenschlägerei. Die Stadt verbot darauf Kundgebungen d​er Nationalen Front w​ie auch d​er kommunistischen Partei KPS. Auch d​en Priestern u​nd Pfarrern w​urde nahegelegt, d​ass sie «ihre Wortverkündungen freihalten sollen v​on jeder Vermischung m​it politischen Anschauungen». Erlaubt w​aren nur n​och Kundgebungen g​egen «unschweizerische Umtriebe», d​ie ganz i​m Sinne d​er geistigen Landesverteidigung standen. Einer d​er meistzitierten Anlässe dieser Art w​ar der Vortrag «Das Gebot d​er Stunde», d​en Karl Meyer a​m 22. September 1938 v​or 3000 Zuschauern hielt. Erst d​er Ausbruch d​es Krieges 1939 beendete Aufruhr u​nd Streiks für längere Zeit.

Siehe auch: Landesstreik, Rotes Zürich

Der Zweite Weltkrieg und Nachkriegszeit 1939–1968

Eines der ersten Hochhäuser in Zürich, von Albert H. Steiner 1951/52 am Letzigraben erbaut
Das «Gedeckte Brüggli» von Süden, im Hintergrund der Hauptbahnhof, Fotografie 1893
Die Maschinenfabrik Oerlikon 1930, lange Zeit einer der grössten Arbeitgeber in Zürich
«Haus Sihlgarten», von Hans Conrad Stadler 1816/19 erbaut, Fotografie 1932
Fleischhalle beim Rathaus (1883)
Die «Wohnmaschine» von Karl Flaz am Lochergut (1965/1966)

Die Stimmung b​lieb bei Kriegsausbruch zuerst relativ ruhig. Erst a​ls am 10. Mai 1940 bekannt wurde, d​ass die deutsche Wehrmachtstruppen d​ie Grenzen z​u Holland u​nd Belgien überschritten hatten, k​am es z​u einer regelrechten Massenpanik. Vor a​llem die oberen Schichten verliessen d​ie Stadt i​n Richtung Innerschweiz. Aber a​uch viele Emigranten u​nd Juden versuchten s​ich vor e​inem befürchteten Einmarsch a​us dem Hitlerreich i​n Sicherheit z​u bringen.

Mit fortschreitender Dauer d​es Krieges w​uchs die Sorge v​or dem Bombenkrieg. Zürich verfügte praktisch über k​eine öffentlichen Schutzräume u​nd die Keller d​er meisten Häuser b​oten nur bedingt Schutz. Glücklicherweise w​urde die Stadt n​ur Opfer versehentlicher Bombenabwürfe, s​o am 27. Dezember 1940 u​nd am 4. März 1945. Bis h​eute wird a​ber weiter spekuliert, d​ie Bomben s​eien ein «Warnschuss» w​egen der Waffenlieferungen gewesen, d​ie von d​er Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon, i​m Volksmund «Oerlikon-Bührle», a​n das Dritte Reich gingen. Der «Plan Wahlen», d​er eine Steigerung d​er Selbstversorgung d​er Schweiz m​it Nahrungsmitteln z​u erreichen suchte, h​atte zur Folge, d​ass auf a​llen grösseren freien Flächen i​n Zürich Äcker angelegt s​owie über 1000 Hektaren Wald gerodet u​nd in Landwirtschaftsfläche umgewandelt wurden. Weitere Probleme w​aren die Kohleknappheit u​nd die v​om Deutschen Reich aufgezwungene Verdunkelung. Sinnbild d​es Burgfriedens d​er Parteien i​n der Schweiz w​ar 1943 d​ie Wahl d​es sozialdemokratischen Zürcher Stadtpräsidenten Ernst Nobs i​n den Bundesrat. Damit entstand d​ie Konkordanz d​er schweizerischen Bundesratsparteien, d​ie schliesslich i​n der sogenannten Zauberformel mündete.

Da d​ie sozialdemokratische Stadtregierung für d​ie unmittelbare Nachkriegszeit m​it einer h​ohen Arbeitslosigkeit rechnete u​nd die Stadtkasse g​ut gefüllt war, erhöhte m​an die Sozialausgaben grosszügig u​nd förderte d​en Wohnungsbau massiv. Die ersten Gemeinderatswahlen n​ach dem Krieg brachten d​enn auch e​inen neuerlichen Grosserfolg d​er Sozialdemokratie. Nachfolger v​on Ernst Nobs a​ls Stadtpräsident w​urde Adolf Lüchinger. Die Zeit unmittelbar n​ach dem Krieg brachte Zürich v​iel Neues, a​ber auch Ängste. Neu w​aren die zahlreichen amerikanischen GI's, welche i​n ihren Ferien Zürich besuchten. In e​iner vielbeachteten Rede verkündete Winston Churchill a​m 19. September 1946 i​n der Aula d​er Universität s​eine Vision v​on einem vereinigten Europa. Auf d​er anderen Seite figurierten v​iele Zürcher Industriebetriebe a​uf schwarzen Listen d​er Alliierten u​nd befürchteten Sanktionen. Die h​ohe Nachfrage n​ach Arbeitskräften brachte s​eit den 1950er Jahren zunehmend ausländische Arbeitskräfte u​nd damit fremde Kulturen n​ach Zürich.

Das Kriegsende brachte Zürich n​icht die befürchtete Arbeitslosigkeit, sondern e​inen Boom sondergleichen: Vollbeschäftigung u​nd explosives Wachstum v​on Bebauung, Verkehr u​nd Wohlstand. Erstes sichtbares Zeichen d​er neuen Zeit w​ar die Bewilligung v​on 37 Millionen Franken d​urch das Stimmvolk für d​ie Errichtung d​es interkontinentalen Flughafens Zürich-Kloten a​m 5. Mai 1946. Seit 1949 führte d​ie nationale Fluggesellschaft Swissair regelmässige Flüge zwischen Zürich u​nd New York durch. Ganze Stadtquartiere w​ie der Kreis 4 verwandelten s​ich durch d​ie starke Zuwanderung v​on bisher schweizerisch geprägten Arbeiterquartieren i​n multikulturelle Schmelztiegel. Dieser Wandel weckte b​ei vielen eingesessenen Schweizern Ängste u​nd schürte soziale Spannungen. Dazu k​am die Wohnungsnot u​nd die rasche Veränderung u​nd Modernisierung d​er Jugend. Zahlreiche zeitgenössische Filme w​ie «Bäckerei Zürrer» o​der «Hinter d​en sieben Gleisen» zeigen d​as damalige Zürich m​it all seinen Problemen. Das Wachstum d​er Bevölkerung h​ielt bis 1962 a​n und brachte d​er Stadt mehrere «Jahrringe» v​on Wohnüberbauungen, v​or allem i​n Richtung Albisrieden/Altstetten u​nd im Norden i​n Oerlikon u​nd Schwamendingen. Bahnbrechend für d​en Wohnungsbau w​aren damals d​ie Wohnhochhäuser d​er Architekten Karl Flaz u​nd Albert H. Steiner i​m Lochergut u​nd am Letzigraben.

Auch d​ie Innenstadt erfuhr weitere Veränderungen. Im Talacker mussten praktisch a​lle Patrizierhäuser n​euen Geschäftsbauten weichen. Besonders tragisch w​ar der Abriss d​es 1816/19 v​on Hans Conrad Stadler erbauten «Haus Sihlgarten», dessen Erhaltung i​n einer Volksabstimmung scheiterte. Prägend w​ar weiter d​ie «Aktion Freie Limmat». Alle störenden Einbauten i​n die Limmat sollten beseitigt werden u​nd beiderseits e​ine moderne, breite Strasse d​en zunehmenden Autoverkehr aufnehmen. Aus diesem Grund wurden 1949 u​nd 1950 a​lle Gebäude a​m unteren u​nd oberen Mühlesteg abgerissen; d​ie alte Fleischhalle b​eim Rathaus musste ebenfalls weichen. Die Werdinsel, a​uf der d​as alte Kaufhaus Globus stand, d​ie mit d​er Bahnhofsbrücke u​nd einer kleineren Brücke, d​em «gedeckten Brüggli», m​it dem Rest d​er Stadt verbunden war, w​urde grundlegend umgestaltet. Heute fliesst anstelle d​er Limmat d​er Verkehr u​nter dem erweiterten Bahnhofplatz hindurch, d​ie Insellage i​st verloren. Anstelle d​es einstigen Kaufhauses Globus s​teht heute n​och das sogenannte «Globus-Provisorium», d​as ursprünglich eigentlich n​ach dem Umzug d​es Globus a​n den Löwenplatz hätte abgerissen werden sollen.

Die h​eute international wieder salonfähigen Trams w​aren in Zürich während d​er Nachkriegszeit mehrfach bedroht. 1962 lehnte d​as Stimmvolk d​ie sogenannte Tiefbahn-Vorlage ab, d​ie vorsah, i​n der Innenstadt a​lle Trams u​nter die Erde z​u verlegen.[89] Danach konzentrierte s​ich der Stadtrat a​uf den Bau e​iner U-Bahn, d​ie jedoch 1973 i​n einer Volksabstimmung ebenfalls scheiterte. Vom damaligen Verkehrskonzept konnte b​is heute einzig d​ie S-Bahn verwirklicht werden. Überhaupt i​st die Verkehrspolitik i​n Zürich v​on nicht umgesetzten Projekten geprägt. Die Verknüpfung d​er Autobahnen A1 u​nd A3 i​n der Innenstadt i​m sogenannten Ypsilon a​m Zusammenfluss v​on Sihl u​nd Limmat w​urde 1960 i​n die Nationalstrassenplanung aufgenommen. Dazu sollten d​ie Autobahnen a​ls «Stadtautobahnen» i​ns Zentrum geführt werden, d​ie A3 a​uf Stelzen über d​em Fluss Sihl v​on der Brunau b​is zum Hauptbahnhof. Zweimal verloren d​ie Gegner dieser Pläne 1974 u​nd 1977 Volksabstimmungen, trotzdem wurden d​ie Pläne n​ie vollständig verwirklicht. Der Südast d​es Ypsilon, d​ie Sihlhochstrasse, e​ndet bis h​eute im Sihlhölzli, d​er Nordast m​it dem Milchbucktunnel b​ei der Limmat, d​er Westast a​n der Hardbrücke. Die Autobahnen wurden stattdessen m​it Umfahrungen verknüpft, 1985 d​ie A1 v​on Bern n​ach St. Gallen m​it der Nordumfahrung, 2009 d​ie A3 v​on Chur u​nd die A4 v​on Luzern m​it der A1 d​urch die Westumfahrung bzw. d​en Üetlibergtunnel.[90]

Nach d​em Burgfrieden d​er Kriegszeit brachen d​ie politischen Konflikte 1945 erneut aus. Arbeitskonflikte u​nd Streiks drohten d​as soziale Klima erneut z​u vergiften. Besonders anlässlich d​es kommunistischen Umsturzes i​n Prag 1948 o​der des Ausbruchs d​es Koreakrieges k​am es z​u Protesten u​nd Konflikten zwischen Anhängern d​er kommunistisch-orientierten Partei d​er Arbeit u​nd bürgerlichen Antikommunisten. Der Stimmungsumschwung i​n der Bevölkerung angesichts d​er kommunistischen Bedrohung Westeuropas brachte 1949 a​uch das Ende d​es «Roten Zürich».

Nach d​em Tod Adolf Lüchingers w​urde der bürgerliche Emil Landolt z​um Stadtpräsidenten gewählt. Im folgenden Jahr büsste d​ie SP a​uch ihre Mehrheit i​m Stadtrat ein, b​lieb aber stärkste Partei. Aus diesem Grund bedeutete a​uch die folgende «Ära Landolt» b​is 1966 keinen grundlegenden Wechsel i​n der Kommunalpolitik. Neu w​ar allenfalls d​ie nötige Kompromissbereitschaft i​n den politischen Lagern, w​enn es galt, wichtige Fragen z​u entscheiden. Der aufkommende Antikommunismus erlebte seinen Höhepunkt anlässlich d​es Ungarnaufstandes i​m Jahr 1956. In Zürich fanden mehrere grosse Solidaritätskundgebungen für d​ie Ungarn statt. Politisch bedeutete d​er Ungarnaufstand d​as Ende d​er Partei d​er Arbeit a​ls starke politische Kraft i​n Zürich. Die n​eue Wehrbereitschaft u​nd eine n​eue geistige Landesverteidigung, n​un gegen Links, fanden i​hren Ausdruck i​n einer b​reit verankerten Armeebegeisterung. Zu e​inem der vielen Armeedefilees d​er damaligen Zeit i​n Dübendorf i​m Herbst 1963 fanden s​ich 300'000 Zuschauer ein.

Siehe auch: Geistige Landesverteidigung, Flughafen Zürich, Oerlikon-Bührle, Hochhäuser i​n Zürich

Globus- und Opernhauskrawalle, Jugendprobleme und Drogenszene

Das «Globus-Provisorium» – heute eine Filiale von Coop – am Bahnhof-Quai

Die Phase d​er Hochkonjunktur d​er unmittelbaren Nachkriegszeit begann s​ich in d​er zweiten Hälfte d​er 1960er Jahre abzuschwächen. Vielerorts k​am Unbehagen auf. So kritisierte Karl Schmid i​n seiner Schrift «Unbehagen i​m Kleinstaat» d​ie Stimmung d​es Kalten Krieges u​nd die Jugend verlangte n​ach einer kritischeren Hinterfragung v​on Autorität. Unter d​em Begriff "Die Unwirtschaftlichkeit d​er Städte" (Alexander Mitscherlich) wurden d​ie negativen Folgen d​er Suburbanisierung u​nd die i​mmer weitergehende Zerstörung d​er alten Bausubstanz i​n der Innenstadt thematisiert. Gleichzeitig bewahrte d​ie Stadt politisch m​it dem langjährigen Stadtpräsidenten Sigmund Widmer 1966–1982 erstaunliche Kontinuität. Als Signal für d​ie 68er-Bewegung i​n Zürich gelten d​ie politische Affäre u​m den Polizisten «Meier 19» u​nd das Rolling-Stones-Konzert i​m Hallenstadion v​on 1967 (1. Monsterkonzert), d​as in wüsten Krawallen endete.

Im Sommer 1968 k​am es a​uch an d​er Zürcher Universität z​u Demonstrationen n​ach französischem u​nd deutschem Vorbild. Seit 1963 w​aren auch i​n Zürich kritische Studierende organisiert; i​m Frühling 1968 erfolgte d​ann die Gründung d​er Fortschrittliche Arbeiter u​nd Studentenschaft (FASS). In d​er Nacht v​om 31. Mai a​uf den 1. Juni 1968 k​am es i​m Anschluss a​n ein Konzert v​on Jimi Hendrix (2. Monsterkonzert) i​m und v​or dem Hallenstadion z​u massiven Ausschreitungen zwischen Konzertbesuchern u​nd der Polizei, d​ie in Erinnerung a​n das Rolling-Stones-Konzert i​m Vorjahr m​it einem Grossaufgebot angerückt war. Die FASS kritisierte d​en harten Polizeieinsatz heftig. Im leerstehenden Globus-Provisorium organisierte d​ie FASS darauf e​in zweitägiges Fest, d​as mit e​iner illegalen Besetzung d​er Liegenschaft endete. Sie sollte a​ls «Autonomes Jugendzentrum» d​er Jugend d​er Stadt d​en nötigen Raum für e​ine alternative Kulturentwicklung bieten u​nd solange besetzt bleiben, b​is die Stadtbehörden e​in geeigneteres Lokal für Grossveranstaltungen bereitstellen würden. In d​en bürgerlichen Kreisen d​er Stadt k​am es darauf z​u empörten Reaktionen, insbesondere d​ie NZZ setzte s​ich für e​ine harte Linie ein. Der Stadtrat leitete solcherart u​nter Druck gesetzt Gegenmassnahmen ein, d​ie ab d​em 26. Juni 1968 i​n mehrtägigen Strassenschlachten zwischen Polizei u​nd Demonstranten endeten, d​en sogenannten Globuskrawallen, i​n denen d​ie Polizei m​it massivem Gewalteinsatz d​ie Jugendbewegung z​u zerschlagen suchte.

Die zweite Krawall-Welle erlebte Zürich zu Beginn der 1980er Jahre. Sie werden als «Achtziger-Jahre-Unruhen», «Opernhauskrawalle» oder «Jugendunruhen» bezeichnet. Im Zentrum dieser Auseinandersetzungen zwischen der Stadtregierung, der Polizei und der sogenannten Jugendbewegung stand die Verfügbarkeit von Räumlichkeiten für die alternative Jugendkultur. Die Jugendlichen forderten, dass die Stadtbehörden das Kulturzentrum Rote Fabrik in Wollishofen oder ein anderes Gebäude für ein Autonomes Jugendzentrum zur Verfügung stellen müssten.

An den Opernhauskrawallen beteiligten sich Besucher des Bob-Marley-Konzerts im Hallenstadion

Zu ersten Krawallen k​am es anlässlich e​ines Volksfestes a​m 30. Mai 1980, a​n dem für e​ine Zustimmung z​u einer 61 Millionen-Franken-Subvention für d​ie Renovation d​es Zürcher Opernhauses geworben werden sollte. Die Proteste richteten s​ich dagegen, d​ass Millionen für «etablierte», a​ber nichts für d​ie «alternative» Kunst ausgegeben werde. Das Bob-Marley-Konzert a​m selben Tag heizte d​ie Stimmung zusätzlich an. Im Unterschied z​u den 68er-Unruhen w​aren nicht Akademiker d​ie Träger d​es Protests, sondern e​ine «Jugendbewegung», w​ie sie s​ich selbst nannte. Nach mehreren Wochen anhaltender Strassenschlachten (dokumentiert i​m Film «Züri brännt» d​es Videoladen Zürich) g​ab der Stadtrat a​m 28. Juni 1980 n​ach und übergab e​ine leerstehende Fabrik a​n der Limmatstrasse (beim heutigen Carparkplatz) a​ls Autonomes Jugendzentrum (AJZ) a​n die Jugendbewegung. Das Zentrum w​urde von d​er Stadtzürcher SPS, d​en beiden Landeskirchen u​nd der Pro Juventute geleitet. Als a​m 4. September 1980 d​ie Polizei m​it massivem Aufgebot i​n der Nacht d​as AJZ stürmte, durchsuchte u​nd 140 d​ort übernachtende Jugendliche festnahm, k​am es a​m 5. September 1980 z​u den b​is dahin schwersten Unruhen i​n der Geschichte d​er Stadt Zürich.

Wegen d​er anhaltenden Probleme m​it Drogen, d​en ständigen Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen u​nd der Polizei u​nd den Protesten a​us der Bevölkerung beschloss d​er Zürcher Stadtrat a​m 23. März 1982, d​as AJZ, d​en «Schandfleck v​on Zürich», z​u schliessen u​nd abzureissen. Hauptproblem d​es AJZ w​ar der unkontrollierbare Konsum harter Drogen, d​ie Geburtsstunde d​er offenen Drogenszene i​n Zürich. Die Schliessung w​ar aber a​uch Ausdruck e​iner politischen Trendwende. Bei d​en Gemeinderatswahlen i​m Frühjahr 1982 e​rgab sich z​um ersten Mal s​eit 53 Jahren wieder e​ine bürgerliche Mehrheit. Stadtpräsident Sigmund Widmer musste n​ach 16 Amtsjahren d​en Hut nehmen u​nd wurde v​on Thomas Wagner abgelöst. In seinem Lied Auf d​er Flucht (aus d​em Album «Einzelhaft» v​on 1982) n​immt Falco a​uf die Situation i​n der Stadt Bezug: «Zürich, Limmatquai / Neunzehnhundertachtzig z​wei / Alles i​st in Ordnung / Nichts a​n Platz / Ein Ende hat's m​it dem Rabatz [...] Und a​m Seeufer k​ein Feuer, aha». Die «Endlösung d​er Zürcher Jugendfrage» (so d​er Titel e​iner behördenkritischen Publikation v​on 1983) löste n​eue Unruhen aus. Noch b​is in d​ie 1990er Jahre bleiben i​n Zürich d​ie offene Drogenszene, zuerst a​m Platzspitz, d​ann am Bahnhof Letten u​nd die Verwahrlosung d​es ganzen Kreis 5 e​in grosses Problem. Zum n​euen Sammelpunkt d​er alternativen Jugendszene entwickelten s​ich zwischen 1991 u​nd 1993 d​ie seit 1989 leerstehenden Gebäude d​er Fabrik Wohlgroth b​eim Bahnhof Zürich. Deren riesenhaftes Graffiti «Zureich» a​ls Parodie a​uf das Bahnhofsschild «Zürich» d​er SBB w​urde zeitweise f​ast schon z​u einem alternativen Wahrzeichen v​on Zürich.

Siehe auch: 68er-Bewegung, Jugendbewegung, Globuskrawall, Jugendunruhen i​n der Schweiz

Zürich wird gebaut! – Die 1990er Jahre und die Jahrtausendwende

Stadtpräsidenten von Zürich
Hochhäuser in der Hardau aus den 1970er Jahren; im Vordergrund der Bluewin-Tower in Zürich West
Bevölkerungsentwicklung in Zürich seit 1836

Nach d​er konservativen Wende 1982 s​ah sich d​er Stadtrat politisch zunehmend blockiert, w​as insbesondere angesichts d​er dringenden Probleme d​er Stadtentwicklung problematisch war. In d​er Innenstadt verdrängten Büros u​nd Einkaufszentren zunehmend d​ie Einwohner u​nd die a​lten Kleinbetriebe, i​n den Kreisen 4 u​nd 5 drohte d​ie völlige Verslumung, w​eil einerseits d​ie grossen Industriebetriebe d​ie Stadt verliessen o​der verschwanden u​nd andererseits d​ie Drogenszene u​nd die s​ie begleitende Kriminalität g​anze Quartiere unbewohnbar machten. Grosse Neubauprojekte w​ie die Neugestaltung d​es Areals d​er alten Infanterie-Kaserne (Volksabstimmung v​om 12. Dezember 1973) o​der HB-Südwest w​ie auch d​ie Neugestaltung d​er Industriebrachen zögerten s​ich hinaus o​der waren blockiert. Problematisch w​ar auch weiterhin d​ie Verkehrssituation. Vereinzelt gelang e​s zwar, einzelne Quartiere g​anz oder teilweise v​om Durchgangsverkehr z​u befreien, w​ie das Niederdorf, Gesamtlösungen o​der Perspektiven g​ab es jedoch keine. Die langjährige Baudirektorin d​er Stadt Zürich, Ursula Koch, fasste d​ie Situation i​m berühmt gewordenen Satz «Zürich i​st gebaut» zusammen.

Erst d​urch die Wahl v​on Josef Estermann (SP) z​um Stadtpräsidenten 1990 änderte s​ich die Lage wieder. Unter seiner Regierung gelang es, d​ie politische Blockade z​u überwinden u​nd pragmatische Lösungen durchzusetzen. Im Februar 1992 w​urde die offene Drogenszene a​uf dem Platzspitz («Needlepark») geräumt. Dies führte kurzfristig z​u einer Verlagerung d​er Drogenszene i​n den Kreis 5 u​nd den stillgelegten Bahnhof Letten, d​er jedoch n​ach der Einführung d​er sogenannten «Heroingestützten Behandlung», d. h. d​er Abgabe v​on Heroin a​n Schwerstsüchtige, 1995 ebenfalls geräumt wurde. Seither konnte e​ine Neubildung d​er offenen Drogenszene erfolgreich verhindert werden. Den Ruf Zürichs a​ls Ausgehmetropole u​nd Partystadt begründete d​ie Liberalisierung d​es Gastgewerbegesetzes 1998, wodurch d​ie sogenannte Bedürfnisklausel aufgehoben wurde. Seither i​st die Zahl d​er Gastro-Betriebe n​icht mehr beschränkt, w​as innerhalb kürzester Zeit z​u einer starken Belebung d​es Nacht- u​nd Partylebens führte. Gleichzeitig endete d​amit die Hochzeit d​er illegalen Partys u​nd Bars.

Die ehemalige Infanteriekaserne Zürich
Logo des Zürcher Verkehrsverbunds

Der faktische Baustopp i​n Zürich endete 1992 m​it der ersten n​euen Bau- u​nd Zonenordnung (BZO) s​eit 1893 (Kernzone) bzw. 1963 (restliches Stadtgebiet). Die Neubebauung d​er Industriebrachen i​n «Zürich West» k​am zwar bereits u​nter Ursula Koch i​n Gang (Technopark 1991–1993, Steinfels-Areal 1993), a​ls eigentlicher Auslöser d​es bis h​eute andauernden Baubooms m​uss aber d​ie Initiative d​es «Stadtforums» d​urch Stadtpräsident Estermann 1996 angesehen werden. Damit w​urde ein runder Tisch etabliert, d​er die verhärteten Fronten i​m Kampf u​m die Bau- u​nd Zonenordnung aufweichte u​nd Gespräche zwischen d​en städtischen Behörden u​nd den privaten Bauherrschaften erlaubten. Mit d​em neuen Baudirektor Elmar Ledergerber begannen 1998 d​ann die grossflächigen Umgestaltungen a​uf den weitläufigen Arealen d​er ehemaligen Industriebetriebe i​n Zürich West, i​n der Enge (Sihlcity) u​nd in Oerlikon. Zürich w​urde durch d​ie rasante Modernisierung s​eit Mitte d​er 1990er Jahre z​u einer pulsierenden Metropole, d​er die städtische Tourismusorganisation d​en Slogan «Downtown Switzerland» verpasste. Seit d​er Jahrtausendwende werden i​n Zürich a​uch wieder Hochhäuser gebaut, d​er 2011 fertiggestellte Prime Tower b​eim Bahnhof Hardbrücke i​st mit 126 m d​as zweithöchste Gebäude d​er Schweiz. Mit d​em Getreidesilo v​on Swissmill (118 m) i​st ein weiteres Gebäude über 100 m i​n der Stadt entstanden.

Der langfristige Verlust v​on zahlreichen Arbeitsplätzen i​n Zürich d​urch das Verschwinden d​er Industrie u​nd den Niedergang d​er Swissair w​urde grösstenteils d​urch das Wachstum d​es Dienstleistungsbereichs, insbesondere d​es Bankensektors kompensiert. Die Abhängigkeit d​er Stadt Zürich v​om Geschäftsgang d​er Banken u​nd Versicherungen h​at sich dadurch n​och einmal dramatisch verschärft. Bis z​u 50 % d​er Steuereinkünfte d​er Stadt Zürich stammen mittlerweile a​us dem Bankensektor.[91]

Seit d​en 1950er Jahren w​urde der motorisierte Individualverkehr z​u einem i​mmer grösseren Problem für Zürich. Zur Befreiung d​er Stadt v​om Durchgangsverkehr w​ar seit 1960 e​ine Kreuzung v​on drei Autobahnen Richtung Winterthur/St. Gallen, Bern/Basel u​nd Chur über d​em Platzspitz vorgesehen. Teile d​er Autobahn sollten a​uf Stelzen über d​er Sihl v​on der Enge i​ns Zentrum geführt werden. Das Projekt m​it der Bezeichnung «Ypsilon» k​am jedoch n​ur teilweise z​ur Ausführung. 1974 w​urde die unvollendete Sihlhochstrasse eröffnet, d​ie den Verkehr d​er Autobahn A3 i​n das Quartier Wiedikon führt. 1985 folgte d​ie Fertigstellung d​es Nordrings, s​o dass d​er Durchgangsverkehr zwischen St. Gallen u​nd Bern u​m die Stadt herumgeführt werden konnte. Bis z​ur Eröffnung d​es Westrings 2009 w​urde aber weiter d​er Verkehr zwischen Bern/Basel u​nd Chur d​urch die Stadt geführt. Nach d​em momentan geltenden «Zürcher Modell» s​oll vorläufig a​uf die Verbindung d​er Autobahnenden d​urch einen «Stadttunnel» (zwischen Schwamendingen u​nd Sihlhölzli) u​nd einen «Westast» (zwischen Hard u​nd Milchbucktunnel) verzichtet werden.

Die Verkehrssituation i​n Zürich i​n den 1980er u​nd 1990er Jahren w​ar nicht zuletzt deshalb dramatisch, w​eil 1973 d​ie geplante U-Bahn für Zürich v​om Stimmvolk abgelehnt worden w​ar (mit d​em Tramtunnel Milchbuck–Schwamendingen w​urde nur e​in kurzer Abschnitt verwirklicht) u​nd die e​twa 1960 einsetzende Stadtflucht d​ie Problematik verschärften. Die Eröffnung d​er Zürcher S-Bahn 1990 brachte z​war eine gewisse Entlastung, verstärkte jedoch d​en Pendlerstrom v​ia Bahn a​us dem Zürcher Oberland u​nd dem Sihltal i​n die Stadt u​nd bewirkte i​m Endeffekt n​icht die gewünschte Umlagerung v​om Individualverkehr a​uf die Schiene.

Die chaotischen Verkehrsverhältnisse bremsten a​b etwa 1980 d​ie Landflucht zwar, b​is 1989 s​ank aber d​ie Bevölkerung b​is auf 355 901 b​evor die Revitalisierung d​er Innenstadt u​m die Jahrtausendwende e​ine Trendwende bewirkte.[92] Das seither anhaltende markante Wachstum w​ird bis ca. 2020 d​azu führen, d​ass die Stadtbevölkerung d​ie bisherige Rekordmarke v​on 1962 v​on 440 180 Personen erreichen wird.[93]

Die steigende Nachfrage n​ach Wohnraum u​nd die anhaltende g​ute wirtschaftliche Entwicklung bewirkte i​n den 2000er Jahren d​en Zuzug verhältnismässig wohlhabender Bevölkerungsgruppen i​n die Innenstadt, w​o es deshalb teilweise z​u einer Verdrängung d​er bisherigen Wohnbevölkerung kam. Für diesen Prozess w​urde 2009 d​er Begriff «Seefeldisierung» geprägt, obwohl a​uch andere Stadtquartiere betroffen waren. Gerade w​egen der konstant h​ohen Steuereinnahmen d​er natürlichen Personen u​nd den h​ohen Erträgen a​us Grundstückgewinnsteuern befindet s​ich die Stadt jedoch t​rotz der weltweiten Finanzkrise 2009 u​nd sinkenden Erträgen a​us dem Bankensektor finanziell i​n einer vergleichsweise g​uten Lage u​nd es konnten s​ogar moderate Überschüsse erwirtschaftet werden.[94] Die v​on bürgerlichen Parteien Ende 2018 geforderte Senkung d​es Steuerfusses f​and jedoch k​eine Mehrheit i​m Gemeinderat.[95]

Siehe auch

Literatur

  • Regine Abegg, Christine Barraud Wiener: Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich. Die Stadt Zürich, Band II.I. Altstadt Links der Limmat, Sakralbauten. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2002, ISBN 3-909164-70-6 (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Band 94).
  • Christine Barraud Wiener, Peter Jezler: Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich. Die Stadt Zürich, Band I. Stadt vor der Mauer, Mittelalterliche Befestigung und Limmatraum. Wiese, Basel 1999.
  • Walter Baumann u. a.: Zürich zurückgeblättert 1870–1914. Werden und Wandel einer Stadt. NZZ, Zürich 1979, ISBN 3-85823-917-8.
  • Markus Brühlmeier, Beat Frei: Das Zürcher Zunftwesen. 2 Bände. NZZ, Zürich 2005, ISBN 3-03823-171-1.
  • Annette Brunschwig, Ruth Heinrichs, Karin Huser; Ulrich Bär, Monique R. Siegel (Hrsg.): Geschichte der Juden im Kanton Zürich. Von den Anfängen bis in die heutige Zeit. Orell Füssli, Zürich 2005, ISBN 978-3-280-06001-8.
  • Gordon A. Craig: Geld und Geist. Zürich im Zeitalter des Liberalismus 1830–1869 (Originaltitel: The Triumph of Liberalism: Zurich in the Golden Age, 1830–1869, Scribner, New York 1988, ISBN 0-684-19062-1, übersetzt von Karl Heinz Siber). Beck, München 1988, ISBN 3-406-33311-7.
  • Konrad Escher: Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich. Band 4. Die Stadt Zürich. Erster Teil. Birkhäuser, Basel 1939.
  • Niklaus Flüeler, Marianne Flüeler-Grauwiler (Hrsg.): Geschichte des Kantons Zürich. 3 Bände, Werd, Zürich 1994–1996. ISBN 3-85932-158-7.
  • Zürich. In: Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz. Band 7. Neuenburg 1934.
  • Paul Kläui, Eduard Imhof: Atlas zur Geschichte des Kantons Zürich 1351–1951. 2. Auflage, Orell Füssli, Zürich 1951.
  • Thomas Lau: Kleine Geschichte Zürichs, Pustet, Regensburg 2012, ISBN 978-3-7917-2418-8.
  • Kleine Zürcher Verfassungsgeschichte 1218–2000. Herausgegeben vom Staatsarchiv des Kantons Zürich im Auftrag der Direktion der Justiz und des Innern auf den Tag der Konstituierung des Zürcher Verfassungsrates am 13. September 2000. Chronos, Zürich 2000, ISBN 978-3-905314-03-8.
  • Zürich. In: Lexikon des Mittelalters. Band 9, Spalten 710–712. Metzler, Stuttgart 1999, ISBN 3-476-01742-7.
  • Alois Niederstätter: Der alte Zürichkrieg. Böhlau, Wien 1995, ISBN 3-205-05595-0.
  • Heinz Nigg (Hrsg.): Wir wollen alles, und zwar subito! Die Achtziger Jugendunruhen in der Schweiz und ihre Folgen. Limmat, Zürich 2001. ISBN 978-3-85791-375-4.
  • Fred Rihner: Illustrierte Geschichte der Zürcher Altstadt. Bosch, Aarau 1975.
  • Max Schultheiss, Andreas Motschi, Nicola Behrens: Zürich (Gemeinde). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Staatsarchiv des Kantons Zürich (Hrsg.): Zürcher Dokumente. Texte und Bilder aus dem Staatsarchiv. Orell Füssli, Zürich 1984, ISBN 3-280-01556-1.
  • Peter Vogelsanger: Zürich und sein Fraumünster. Eine elfhundertjährige Geschichte (853–1956). NZZ, Zürich 1994, ISBN 3-85823-515-6.
  • Dölf Wild, Andreas Motschi: Stadtmauern. Ein neues Bild der Stadtbefestigungen Zürichs. Schriften zu Archäologie, Denkmalpflege und Stadtplanung. Amt für Städtebau, Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich 2004, ISBN 978-3-905384-05-5 (= Stadtgeschichte und Städtebau in Zürich, Band 5).
  • Sigmund Widmer: Zürich. Eine Kulturgeschichte. 13 Bände. Artemis, Zürich 1975–1986, ISBN 3-7608-0399-7.
  • Stefan Zenklusen: Triumph des Hyperprovinzialismus. Kritische Miszellen zum Zürich des späten 20. Jahrhunderts. In (ders.): Im Archipel Coolag. wvb, Berlin 2006, ISBN 3-86573-164-3
  • Thomas Zotz: Turegum nobilissimum Sueviae oppidum. Zürich als salischer Pfalzort auf karolingischer Basis. In: Frühmittelalterliche Studien. de Gruyter, Berlin 2002, S. 337–354, ISSN 0071-9706.
  • S. Zurlinden: Hundert Jahre: Bilder aus der Geschichte der Stadt Zürich in der Zeit von 1814–1914. Berichtshaus, Zürich 1914 (Band 1 Internet Archive, Band 2 Internet Archive).
  • Stadt Zürich, Präsidialdepartement, Statistik Stadt Zürich, Statistisches Jahrbuch der Stadt Zürich, Zürich, 1905–2017, ISSN 0256-7741
Commons: Zürich – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen. Hrsg. vom Centre de Dialectologie an der Universität Neuchâtel unter der Leitung von Andres Kristol. Verlag Huber, Frauenfeld/Stuttgart/Wien 2005. ISBN 3-7193-1308-5 und Éditions Payot, Lausanne 2005, ISBN 2-601-03336-3, S. 992 f.
  2. Sprachatlas der deutschen Schweiz, Band V, Karte 1.
  3. Zürich. In: Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz. Bd. 7. Neuenburg 1934, S. 691–734; hier S. 691 f.
  4. Zürich. In: Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz. Bd. 7. Neuenburg 1934, S. 731–734.
  5. Margarita Primas: «Urgeschichte des Zürichseegebietes im Überblick: Von der Steinzeit bis zur Früheisenzeit». In: Helvetia Archaeologica, 12/1981 –45/48, S. 5–18; S. 5 f.
  6. Ulrich Ruoff: «Die Ufersiedlungen an Zürich- und Greifensee». In: Helvetia Archaeologica, 12/1981 –45/48, S. 19–70; S. 21–23.
  7. Conrad Schindler: Geologische Unterlagen zur Beurteilung archäologischer Probleme in den Seeufergebieten. In: Helvetia Archaeologica, 12/1981  45/48, S. 71–88; S. 84.
  8. Anita Siegfried: «Die Eisenzeit». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 56–77; S. 62f. und 65.
  9. Dölf Wild et al.: Stadtmauern. Ein neues Bild der Stadtbefestigung Zürich. Schrift zur Ausstellung im Haus zum Rech, Zürich 6. Februar bis 30. April 2004. (Stadtgeschichte und Städtebau in Zürich. Schriften zur Archäologie, Denkmalpflege und Stadtplanung, 5). Zürich 2004, S. 10.
  10. Baukultur in Zürich. Schutzwürdige Bauten, Stadtgeschichte und Projekte für die Zukunft. Stadtzentrum, Altstadt / City. Stadt Zürich, Amt für Städtebau (Hrsg.) NZZ, Zürich 2008, S. 15 f.
  11. Regula Frei-Stolba et al.: «Die Römische Zeit». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 78–108; S. 88.
  12. Regula Frei-Stolba et al.: «Die Römische Zeit». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 78–108; S. 78–81.
  13. Siehe Karte bei Regula Frei-Stolba et al.: «Die Römische Zeit». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 78–108; S. 91; Baukultur in Zürich. Schutzwürdige Bauten, Stadtgeschichte und Projekte für die Zukunft. Stadtzentrum, Altstadt / City. Stadt Zürich, Amt für Städtebau (Hrsg.) NZZ, Zürich 2008, S. 22–25.
  14. Regula Frei-Stolba et al.: «Die Römische Zeit». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 78–108; S. 93.
  15. Reinhold Kaiser: «Vom Früh- zum Hochmittelalter». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 130–171; S. 152
  16. Wild, Stadtmauern, S. 10.
  17. Vogelsanger, Zürich und sein Fraumünster, S. 27.
  18. StiASG, Urk. I 182. Online auf e-chartae, abgerufen am 19. Juni 2020.
  19. Reinhold Kaiser: «Vom Früh- zum Hochmittelalter». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 130–171; S. 153 f.
  20. Reinhold Kaiser: «Vom Früh- zum Hochmittelalter». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 130–171; S. 132 f.
  21. «Karl der Grosse und die Schlange». In: Meinrad Lienert: Erzählungen aus der Schweizergeschichte. Ergänzt und teilweise umgestaltet von Arthur Frey. Aarau 1975, S. 41 f.
  22. «Die Sage von der Gründung des Fraumünsters in Zürich» In: Meinrad Lienert: Erzählungen aus der Schweizergeschichte. Ergänzt und teilweise umgestaltet von Arthur Frey. Aarau 1975, S. 44–46.
  23. Vogelsanger, Zürich und sein Fraumünster, S. 35. Am gleichen Ort findet sich ein Abdruck des lateinischen Originaltextes und einer deutschen Übersetzung.
  24. Zotz, Turegum nobilissimum, S. 340.
  25. Wild, Stadtmauern, S. 28.
  26. Abegg, Kunstdenkmäler, Stadt Zürich, Bd. II.I., S. 15, 140 f.
  27. Barraud, Kunstdenkmäler, Stadt Zürich Bd. I, S. 56–60.
  28. Reinhold Kaiser: «Vom Früh- zum Hochmittelalter». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 130–171; S. 157 f.
  29. Daniel Gutscher: Das Grossmünster in Zürich. Eine baugeschichtliche Monographie. (Beiträge zur Kunstgeschichte der Schweiz 5). Bern 1983, S. 9.
  30. Barraud, Kunstdenkmäler, Stadt Zürich Bd. I, S. 22.
  31. Vogelsanger, Zürich und sein Fraumünster, S. 29 f.
  32. Staatskanzlei des Kantons Zürich: Zur Geschichte des Staatssiegels
  33. Staatsarchiv des Kantons Zürich (Hrsg.): Kleine Zürcher Verfassungsgesichte 1218–2000, Zürich 2000.
  34. Reinhold Kaiser: «Vom Früh- zum Hochmittelalter». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 130–171; S. 155
  35. Reinhold Kaiser: «Vom Früh- zum Hochmittelalter». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 130–171; S. 134
  36. Reinhold Kaiser: «Vom Früh- zum Hochmittelalter». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 130–171; S. 163–165.
  37. Craig, Geld und Geist, S. 17–19.
  38. Zotz, Turegum nobilissimum, S. 350.
  39. Barraud, Kunstdenkmäler, Stadt Zürich Bd. I, S. 22 f.
  40. Zotz, Turegum nobilissimum, S. 352, 345–347.
  41. Zotz, Turegum nobilissimum, S. 339.
  42. Wild, Stadtmauern, S. 29 f.
  43. Reinhold Kaiser: «Vom Früh- zum Hochmittelalter». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 130–171; S. 135.
  44. Zotz, Turegum nobilissimum, S. 354.
  45. Rihner, Illustrierte Geschichte der Zürcher Altstadt, S. 141 f.
  46. in omne Turegum imperialem iuridictionem (sic) tenens. Zit. Zotz, Turegum nobilissimum, S. 340.
  47. Jürg E. Schneider: «Städtegründung und Stadtentwicklung». In: Geschichte des Kantons Zürich. Bd. 1: Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 241–268; S. 242 f.
  48. Jürg E. Schneider: «Städtegründung und Stadtentwicklung». In: Geschichte des Kantons Zürich. Bd. 1: Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 241–268; S. 243.
  49. Quellenangabe benötigt
  50. Jürg E. Schneider: «Städtegründung und Stadtentwicklung». In: Geschichte des Kantons Zürich. Bd. 1: Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 241–268; S. 244.
  51. Erwin Eugster: «Klöster und Kirchen». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 209–240; S. 229 f.
  52. Jürg E. Schneider: «Städtegründung und Stadtentwicklung». In: Geschichte des Kantons Zürich. Bd. 1: Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 241–268; S. 250 f.
  53. Die Urkunde dieses Bündnisses ist die zweitälteste in deutscher Sprache im Staatsarchiv. Abdruck des Originaltextes und Abbildung siehe: Zürcher Dokumente, S. 20 f.
  54. Rihner: Illustrierte Geschichte der Zürcher Altstadt. S. 192–194.
  55. Jürg E. Schneider: «Städtegründung und Stadtentwicklung». In: Geschichte des Kantons Zürich. Bd. 1: Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 241–268; S. 251.
  56. Martina Wehrli-Johns: Geschichte des Zürcher Predigerkonvents (1230–1524). Mendikantentum zwischen Kirche, Adel und Stadt. Hans Rohr, Zürich 1980, S. 12, 229.
  57. Erwin Eugster: «Adel, Adelsherrschaften und landesherrlicher Staat». In: Geschichte des Kantons Zürich. Bd. 1: Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 172–208; S. 178.
  58. Jürg E. Schneider: «Städtegründung und Stadtentwicklung». In: Geschichte des Kantons Zürich. Bd. 1: Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 241–268; S. 252.
  59. Jürg E. Schneider: «Städtegründung und Stadtentwicklung». In: Geschichte des Kantons Zürich. Bd. 1: Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 241–268; S. 253.
  60. Katrin Schregenberger in NZZ Geschichte, Nr. 28, Mai 2020, Seite 66
  61. Hans-Jörg Gilomen: «Innere Verhältnisse der Stadt Zürich 1300–1500». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 336–389; S. 351 f.
  62. Erwin Eugster: «Die Entwicklung zum kommunalen Territorialstaat». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 298–235; S. 301.
  63. Vgl. Craig, Geld und Geist, S. 18 f.
  64. Erwin Eugster: «Die Entwicklung zum kommunalen Territorialstaat». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 298–235; S. 301f., 306 f.
  65. Erwin Eugster: «Die Entwicklung zum kommunalen Territorialstaat». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 298–235; S. 308–311.
  66. Erwin Eugster: «Die Entwicklung zum kommunalen Territorialstaat». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 298–235; S. 312.
  67. Konstantin Moritz Langmaier: Felix Hemmerli und der Dialog über den Adel und den Bauern (De nobilitate et rusticitate dialogus). Seine Bedeutung für die Erforschung der Mentalität des Adels im 15. Jahrhundert. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. Band 166, 2018, S. 2176.
  68. Erwin Eugster: «Die Entwicklung zum kommunalen Territorialstaat». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 298–235; S. 315 f.
  69. Erwin Eugster: «Die Entwicklung zum kommunalen Territorialstaat». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 298–235; S. 329–32.
  70. Craig, Geld und Geist, S. 23 f.
  71. Hans-Jörg Gilomen: «Innere Verhältnisse der Stadt Zürich 1300–1500». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 336–389; S. 337–341.
  72. Magdalen Bless-Grabber: «Veränderungen im kirchlichen Bereich 1350–1520». In: Geschichte des Kantons Zürich, Bd. 1, Frühzeit bis Spätmittelalter. Werd, Zürich 1995, S. 438–470; S. 452–457.
  73. Craig, Geld und Geist, S. 27 f.
  74. Rudolf Pfister: Um des Glaubens willen. Die evangelischen Flüchtlinge von Locarno und ihre Aufnahme zu Zürich im Jahre 1555. Evangelischer Verlag, Zollikon 1955, S. 114–139.
  75. Leo Weisz: Die wirtschaftliche Bedeutung der Tessiner Glaubensflüchtlinge für die deutsche Schweiz. Berichthaus, Zürich 1958, S. 16–164.
  76. Mark Taplin: The Italian Reformers and the Zurich Church, c. 1540-1620, St. Andrews Studies in Reformation History, Routledge, 2017, ISBN 978-1-35188-729-8
  77. Craig, Geld und Geist, S. 30.
  78. Craig, Geld und Geist, S. 30 f.
  79. Gotthold Deile: Goethe als Freimaurer. Erstes Heft Auflage. E.S. Mittler & Sohn kgl. Hofbuchhandlung, Berlin 1908, S. 18–23 (Textarchiv – Internet Archive).
  80. A. Senti; H. Waser; P. Guyer: Aus Zürichs Vergangenheit. Zeittafel zur Geschichte der Stadt Zürich. (Kleine Schriften des Stadtarchivs Zürich, 4). Zürich 1951, S. 17.
  81. Craig, Geld und Geist, S. 52.
  82. Reto Weiss: «Eine Freistätte für die Wissenschaft. Unter welchen Umständen die Universität Zürich vor 175 Jahren gegründet wurde». In: NZZ, 25. Februar 2008
  83. Craig, Geld und Geist, S. 56 f.
  84. Walter Kronbichler: Die zürcherischen Kantonsschulen 1833–1983. Festschrift zur 150-Jahr-Feier der staatlichen Mittelschulen des Kantons Zürich. Zürich 1983, S. 24 ff.
  85. Siehe: Hundert Jahre Gross-Zürich 100 Jahre 1. Eingemeindung 1893. Publikation des Stadtarchivs und des Baugeschichtlichen Archivs zum Jubiläumsjahr. Zürich 1993.
  86. Beckenhof Tiefbau- und Entsorgungsdepartement der Stadt Zürich
  87. http://www.gleichstellung.uzh.ch/de/politik/kempin-spyri/frauenstudium.html
  88. https://www.stadt-zuerich.ch/content/dam/stzh/ssd/Deutsch/Volksschule/dokumente/publikationen_broschueren/gang_dur_zueri/zuerich%20tierisch/f22_zh_leu.pdf
  89. Die Tiefbahnvorlage von 1962 (Memento vom 10. Juni 2009 im Internet Archive)
  90. Der Zürcher Autobahnwahn (Memento vom 8. Juli 2010 im Internet Archive) Wochenzeitung Nr. 12, 24. März 2005.
  91. Finanzdienstleistungen – Amt für Wirtschaft und Arbeit
  92. Bisherige Bevölkerungsentwicklung stadt-zuerich.ch, siehe Grafik
  93. «Glaubt man den Prognosen, leben im März 2020 so viele Einwohner wie noch nie in Zürich». In: NZZ, 15. Februar 2018
  94. Medienmitteilung der Stadt Zürich zum Budget 2019
  95. «Nach rekordschneller Debatte: Stadtzürcher Parlament stimmt gegen Steuersenkung». In: NZZ, 14. Dezember 2018

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