Wollishofen
Wollishofen ist ein Quartier der Stadt Zürich. Die ehemals selbstständige Gemeinde Wollishofen wurde 1893 eingemeindet und bildet heute zusammen mit Enge und Leimbach den Kreis 2.
Geographie
Zwischen Sihl und Zürichsee gelegen, bildet es die südliche Grenze des Stadtgebiets am linken Seeufer. Der See nimmt 28,5 % (1,64 km²) der Gesamtfläche des Quartiers ein. Im Süden grenzt Wollishofen an die Gemeinden Adliswil und Kilchberg.
Geschichte
Die ältesten Siedler dieser Gegend waren die Pfahlbauer: Im Haumessergrund fand man Überreste eines Pfahlbauerdorfes. Auf eine römische Besiedlung lassen Münzfunde aus dem Jahr 1910 in der Nähe des Bahnhofs und ein römischer Mosaikboden (heute im Landesmuseum) schliessen.
Im 5. Jahrhundert überschritten die Alemannen den Rhein und siedelten sich auch in der Gegend von Wollishofen in verstreuten Gehöften zwischen Römerruinen an. Auf einen dieser Alamannen, Wolo, geht der Name Wollishofen zurück. Der Name Woloshoven wird zum ersten Mal in einer Urkunde aus dem Jahre 1227 erwähnt. 1394 kam Wollishofen von den Manesse an die Stadt Zürich und bildete von 1423 bis 1798 die Obervogtei Wollishofen.[1]
Alt-Wollishofen bestand bis weit ins 19. Jahrhundert aus Einzelhöfen und kleinen Häusergruppen. Zusammen mit Leimbach und der Enge bildete es eine der 18 inneren Vogteien der Stadt Zürich, über die zwei Obervögte die Herrschaftsrechte ausübten. Die Namen der damaligen Amtspersonen sind auf einer im Jahr 1702 gegossenen Glocke vermerkt, die im Hof der alten Kirche steht.
Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war Wollishofen fast ausschliesslich von Bauern bewohnt. Sie lebten von Ackerbau, Viehzucht und Weinbau. Eine Übersicht zeigt der Plan von 1788.
Die starke Entwicklung der Vororte Zürichs im 19. Jahrhundert brachte starke finanzielle Belastungen derselben mit sich. Dies führte zur Auffassung, dass nur eine Vereinigung mit der Stadt Zürich die schwierigen Verhältnisse in Ordnung bringen könne. 1891 wurde das Zuteilungsgesetz betreffend die «Stadtvereinigung» vom Zürcher Stimmvolk mit klarer Mehrheit angenommen. Das ländliche Dorf Wollishofen hingegen lehnte klar ab; seine wohlhabenden Bauern wollten selbständig bleiben. Ihr Rekurs gegen das Gesetz beim Bundesgericht blieb erfolglos.
Wollishofen wurde gegen den Willen seiner Stimmbürger in einer kantonalen Abstimmung am 1. Januar 1893 zusammen mit zehn weiteren Gemeinden in die Stadt Zürich eingemeindet und bildete fortan mit der Enge den Kreis 2. Die knapp 100 Jahre vorher gewonnene Selbständigkeit ging damit wieder verloren. Der damals noch zur Gemeinde gehörende Weiler Oberleimbach wurde dabei an die Nachbargemeinde Adliswil abgetreten, zu dem er bis heute gehört.
Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg war die Landiwiese Austragungsort der Landesausstellung,[2] in der die Schweizer auf die Landesverteidigung eingeschworen wurden. Die Saffainsel wurde für die Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit im Jahr 1958 angelegt.[2]
- Wollishofen auf der Wild-Karte von 1848
- Wollishofen auf einem Stich von Heinrich Brupbacher, 1794
- Wollishofen 1880, Blick nach Süden
- Alte Kirche Wollishofen, erbaut 1702, aus Südwesten. Rechts die einstige Turnhalle des Schulhaus A. Vor der Kirche das alte Schulhaus Kilchbergstrasse.
- Kalchbühlstrasse / Kreuzung Widmerstrasse um 1925
Kirchen
Kirchengeschichte bis zur Reformation
Kirchlich war Wollishofen im Mittelalter zweigeteilt: Der grösste Teil gehörte zu Kilchberg, der kleinere nach St. Peter in der Stadt Zürich. Als Filiale von Kilchberg wurde Wollishofen bereits 1370 erwähnt. Im Jahre 1281 wurde eine erste Kapelle in Wollishofen urkundlich erwähnt, verbunden mit der Behausung einer Klausnerin. 1369 las in dieser Kapelle ein Kaplan von Kilchberg wöchentlich eine hl. Messe. 1408 wurde Wollishofen zusammen mit der Mutterpfarrei Kilchberg dem Kloster Kappel inkorporiert. Im Jahr 1514 erwähnt ein Richtspruch, Kappel habe den Chor der Kapelle Wollishofen zu decken und in Ehren zu halten. Die Reformation wurde in Wollishofen zusammen mit dem Kloster Kappel im Jahr 1526 durchgeführt. Eine zweite Kapelle stand in der Wacht Honrein; Näheres dazu ist nicht bekannt.[1]
Kirchen heute
In Wollishofen gibt es mehrere Kirchen und kirchliche Gebäude:[3] Die Evangelisch-reformierte Kirche besitzt zwei Gotteshäuser:
- Die Alte Kirche Wollishofen, welche im Jahr 1702 als eigenes Bethaus für das nach Kilchberg kirchengenössige Wollishofen erbaut. 1764 entstand der Vorbau an der Westseite und 1787 der neue Glockenstuhl. Nach verschiedenen Umbauten und Restaurierungen wurde die Kirche 1968 unter Denkmalschutz gestellt.
- Die Neue Kirche Wollishofen (auch: Kirche auf der Egg) wurde in den Jahren 1935–1936 nach Plänen der Architekten Walter Henauer (1880–1975) und Ernst Witschi (1881–1959) erbaut. Die Kirche liegt in Nord-Süd-Richtung erhöht auf dem Moränenzug Egg und ist weit herum sichtbar. Weil die Kirche für die heutige Kirchgemeinde überdimensioniert ist, wurde im Jahr 2012 ein öffentlicher Ideenwettbewerb für eine eventuelle Umnutzung durchgeführt. In den Jahren 2014 bis 2018 war dort das Projekt KunstKlangKirche beheimatet.[4]
Die Römisch-katholische Kirche ist in Wollishofen mit der Kirchgemeinde St. Franziskus vertreten:
- Die Kirche St. Franziskus wurde in den Jahren 1927–1928 nach Plänen des Architekten Joseph Steiner, Schwyz erbaut. Die im romanischen Basilika-Stil erbaute Kirche besitzt einen charakteristischen runden Kirchturm, der mit seiner Form an die südliche Heimat des Kirchenpatrons Franz von Assisi erinnern soll. Sie befindet sich beim Morgental an zentraler Lage.
Die Evangelisch-methodistische Kirche besitzt in Wollishofen
- die Wesley-Kapelle, die mit ihrem Namen auf John Wesley (1703–1791), den Gründer der methodistischen Kirche, hinweist. Der in Formen der Neoromanik und des Heimatstils gestaltete Baukomplex setzt sich aus Wohnhaus und Kapelle mit polygonalem Turmerker zusammen. Architekt des 1911 erbauten Gebäudes war Albert Brändli (1876–1941), Burgdorf. Seit 1998 steht die Kapelle unter Denkmalschutz.
Wirtschaft und Infrastruktur
Um 1720 wurde eine Seidenweberei eröffnet und schon bald sorgten mehrere kleinere Betriebe für neue Arbeitsplätze. Die grosse Entwicklung setzte 1885 mit der Einweihung des Bahnhofes und 1900 mit dem Bau der elektrischen Strassenbahn bis zum Morgental ein. Im Juli 1928 wurde die Strecke durch den Abschnitt Morgental–Albisstrasse (heute Wollishoferplatz) verlängert und das bei der Endhaltestelle liegende Depot Wollishofen in Betrieb genommen. Heute fährt die Linie 7 (Bhf. Stettbach–Bahnhofstrasse/HB–Wollishoferplatz) der Verkehrsbetriebe Zürich auf dieser Strecke.
Die Albisstrasse, ein Werk des Zürcher Strassenbauinspektors Heinrich Pestalozzi, wurde 1841–1845 gebaut. Die weit ausholende Kurve beim Morgental gleicht das Strassengefälle aus. Mit dem Bau der Albisstrasse und dem Ausbau des Albispasses erhielt Zürich eine schnelle Strassenverbindung nach Zug.
Der 1875 eröffnete Bahnhof Zürich Wollishofen ist einer von dreizehn SBB-Bahnhöfen auf dem Gebiet der Stadt Zürich. Die S8 und S24 bedienen diesen Bahnhof. Unmittelbar östlich der Bahnstation liegt die Werft der Zürichsee-Schiffahrtsgesellschaft (ZSG), die zugleich Sitz des Unternehmens ist.
Das Seewasserwerk Moos, das erste von heute zwei städtischen Seewasserwerken, wurde 1914 im Wollishofer Moos an der Grenze zu Adliswil eröffnet.
Der Friedhof Manegg wurde 1897 eingerichtet. Auf ihm finden sich die Grabstätten zahlreicher Prominenter, so Friedrich Glauser, Alfred Escher, Othmar Schoeck und Aglaja Veteranyi.
In Wollishofen befindet sich die Zürcher Jugendherberge.
Siedlung Neubühl
Die auf private Initiative und für den Mittelstand erbaute fischgrätartige Werkbundsiedlung Neubühl an der Grenze zu Kilchberg gilt als wichtigste Siedlung des Neuen Bauens in der Schweiz. Sie wurde gemeinsam entworfen von den Architekten Max Haefeli, Alfred Roth, Emil Roth, Carl Hubacher, Rudolf Steiger, Werner Max Moser und Paul Artaria.[5]
Mit der ersten noch erhaltenen Skizze, einem Situationsvorschlag des Architekten Rudolf Steiger vom 12. November 1928 begann die eigentliche Planungsgeschichte. Im Sommer 1930 wurde mit den Bauarbeiten begonnen und im Frühjahr 1932 waren die Wohnungen der dritten Bauetappe bezugsbereit. Im September 1931 berichtete die NZZ von 12'000 Personen, welche das neue Quartier hätten sehen wollen.[6]
Sehenswürdigkeiten
- Quartiermuseum
- Kulturzentrum Rote Fabrik
- Am 1. Mai 2015 wurde am Seeufer der «Cassiopeia-Steg» eröffnet. Der 281 Meter lange und 2,8 Meter breite Steg beginnt bei der Roten Fabrik, führt 100 Meter in den See hinaus, um das Seebad Wollishofen herum und endet bei der ehemaligen Wäscherei. Benannt ist er nach dem Sternbild Cassiopeia.[7]
Persönlichkeiten
- Lissy Funk, 1909–2005, Stickerin
- Jakob Hausheer, 1865–1943, evangelischer Theologe, Sprachwissenschaftler und Hochschullehrer an der Universität Zürich
- Walter Alvares Keller, 1908–1965, Schriftsteller
- Heidi Schelbert-Syfrig, 1934–2019, Wirtschaftswissenschaftlerin und Professorin an der Universität Zürich
- Klaudia Schifferle, 1955-, Malerin, Bildhauerin und Zeichnerin
Literatur
- Emil Stauber: Alt Wollishofen, Orell Füssli, Zürich 1926
- Bischöfliches Ordinariat Chur (Hrsg.): Schematismus des Bistums Chur. Chur 1980
- Rudolf Meier, Fred Winkler: Wollishofen – Damals und heute. Niggli AG, Sulgen 1993, ISBN 3-72120-275-9
- Hochbaudepartement der Stadt Zürich, Amt für Städtebau: Enge, Wollishofen, Leimbach. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2006 (Baukultur in Zürich, Band V), ISBN 3-03823-074-X
- Präsidialdepartement der Stadt Zürich, Statistik Stadt Zürich: Quartierspiegel Wollishofen. Zürich 2015 (online lesen)
- Präsidialdepartement der Stadt Zürich, Statistik Stadt Zürich: Quartierspiegel Wollishofen. Zürich 2014 (PDF, 2MB)
- Tramhaltestelle Morgental
- Reformierte Kirche und Sekundarschulhaus «Hans Asper»
Weblinks
- Martin Illi: Wollishofen. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Quartierverein Wollishofen
- Unterwegs in Wollishofen
- wollishofen.net, Informationen zum kulturellen Wollishofen
Einzelnachweise
- Felix Marbach: Zürich-Wollishofen. in: Bischöfliches Ordinariat Chur (Hrsg.): Schematismus des Bistums Chur., S. 276.
- Landiwiese. Stadt Zürich, 2018, abgerufen am 21. Dezember 2018.
- Vgl. zum Folgenden: Robert Schönbächler: Kirchen und Gotteshäuser der Stadt Zürich. Neujahrsblatt Industriequartier/Aussersihl. Zürich 2013, S. 48–51.
- Projektwebsite
- neubuehl.ch: Genossenschaft Neubühl Zürich / Geschichte (Memento vom 21. Oktober 2010 im Internet Archive), Zugriff am 29. Juni 2011
- Eine Oase am Stadtrand, NZZ, 17. Mai 2016
- Tages-Anzeiger vom 6. Mai 2015