Helvetische Republik

Die Helvetische Republik (französisch République helvétique, italienisch Repubblica elvetica, rätoromanisch Republica helvetica) w​ar eine d​urch französischen Revolutionsexport a​uf dem Boden d​er Alten Eidgenossenschaft errichtete Tochterrepublik, d​ie am 12. April 1798 ausgerufen u​nd am 10. März 1803 aufgelöst wurde. Dieser Abschnitt d​er schweizerischen Geschichte w​ird auch Helvetik genannt. Die Bezeichnung d​er Schweiz a​ls «Helvetien» orientierte s​ich dem damaligen Zeitgeist entsprechend a​m antiken keltischen Volk d​er Helvetier.

Helvetische Republik (deutsch)
République helvétique (französisch)
Repubblica elvetica (italienisch)
Republica helvetica (rätoromanisch)
1798–1803
Flagge
Amtssprache Deutsch, Französisch, Italienisch,
Hauptstadt de jure: Luzern
de facto: Aarau (1798), Luzern (1798) und Bern (1802) nacheinander
Staatsoberhaupt Landammann
Regierungschef Vollziehungsdirektorium (1798–1800), provisorischer Vollziehungsausschuss (1800), Vollziehungsrat (1800–1803)
Einwohnerzahl 1'493'726 (1800)
Währung Franken («franc de Suisse»)
Gründung 1798
Auflösung 1803
Helvetische Republik 1798

Geschichte

Situation vor der Revolution

Karte der Alten Eidgenossenschaft 1789
Frédéric-César Laharpe, Erzieher Zar Alexanders I. und Waadtländer Patriot
Porträt von General Napoléon Bonaparte 1797
Der Basler Peter Ochs in der Amtstracht eines helvetischen Direktors

Im 18. Jahrhundert bestanden ausgesprochen g​ute und intensive Beziehungen zwischen d​er Eidgenossenschaft u​nd Frankreich. Auf d​er Basis v​on Staatsverträgen dienten r​und 25'000 Schweizer i​n Fremdenregimentern i​n der königlichen französischen Armee, u​nd die Eidgenossenschaft genoss e​inen privilegierten Zugang z​um französischen Markt u​nd erhielt vergünstigte Lieferungen v​on Salz u​nd Getreide. Die Allianz m​it Frankreich enthielt a​uch ein Defensivbündnis, d​as der neutralen Eidgenossenschaft i​m Kriegsfall französische Hilfe zusicherte. Zur Zeit Ludwig XVI. erschien d​iese Verbindung e​nger denn je. 1777 erneuerte Frankreich d​as Soldbündnis – z​um ersten Mal m​it allen Kantonen – für fünfzig Jahre.

Obwohl d​as Verhältnis offiziell k​eine Abhängigkeit d​er Schweiz v​on Frankreich beinhaltete, w​ar dennoch d​er finanzielle u​nd politische Einfluss Frankreichs a​uf die Schweizer Politik i​m 18. Jahrhundert derart dominant, d​ass die Eidgenossenschaft s​chon fast a​ls französischer Klientelstaat bezeichnet werden kann.[1] Die Schweizer Aristokratie u​nd das Patriziat unterhielten e​nge Beziehungen z​u Frankreich, zahlreiche Schweizer wurden i​n den französischen Adelsstand erhoben u​nd erreichten höchste Positionen i​n der französischen Wirtschaft u​nd Verwaltung s​owie im Militär. Auch französische Kultur u​nd Geistesleben hatten starken Einfluss a​uf die Schweiz, s​o dass d​ie Gedanken d​er Aufklärung a​uch in d​er Schweiz Verbreitung fanden. Durch d​ie Schriften v​on Jean-Jacques Rousseau u​nd Johann Heinrich Pestalozzi stiess d​ie Schweiz a​uch in Frankreich a​uf starkes Interesse.

Die Französische Revolution f​and dementsprechend starke Beachtung i​n der Schweiz u​nd weckte i​n den verschiedenartigen Staaten d​er Alten Eidgenossenschaft i​n aufgeklärten u​nd politisch o​der ökonomisch benachteiligten Bevölkerungsgruppen Hoffnungen a​uf eine Reform d​er bestehenden Herrschaftsverhältnisse. Die Lage b​lieb in d​er Alten Eidgenossenschaft a​ber trotz d​er Agitation d​er als Patrioten bezeichneten Anhänger d​er Revolution b​is 1797 relativ ruhig. Zentrale Anliegen d​er Patrioten w​aren die Abschaffung d​er Privilegien d​er herrschenden Familien, d​er Untertanenverhältnisse, d​es Feudalismus, d​ie Einführung moderner Verfassungen, Wirtschafts-, Meinungs- u​nd Handelsfreiheit. In d​en einzelörtischen o​der gemeinen Herrschaften forderten d​ie Untertanen Autonomie o​der Unabhängigkeit, besonders i​n den v​on Bern beherrschten Gebieten d​er Waadt u​nd des Aargaus.

Die aufklärerische Helvetische Gesellschaft forderte z​udem Schritte z​ur nationalen Einheit i​n politischer, wirtschaftlicher u​nd militärischer Hinsicht. Das Ansehen d​er Französischen Revolution s​ank jedoch a​uch bei Schweizer Patrioten angesichts d​er Gräueltaten d​es Tuileriensturms, d​er Septembermorde u​nd der Terrorherrschaft d​er Jakobiner. In d​en katholischen Länderorten w​ar die Erbitterung über d​as Ende d​es lukrativen Söldnerwesens u​nd die antiklerikalen Massnahmen d​er Revolutionsregierung besonders ausgeprägt.

Während d​ie aufgeklärte Elite d​iese Eskalation a​ls Folge d​er Fehler d​er Aristokratie u​nd der Reformunfähigkeit d​es Ancien Régime interpretierte, s​ah sich d​ie herrschende Aristokratie i​n ihrer kompromisslosen Haltung gegenüber Reformwünschen bestätigt, d​a sie d​ie Revolution a​ls Folge d​er Schwäche d​es Herrschaftssystems i​n Frankreich interpretierte.[2] Reformen blieben deshalb aus, vielmehr wurden s​chon bescheidene Forderungen gewaltsam unterdrückt.

Durch hartes Durchgreifen wurden e​twa die Untertanen d​er Städte Bern (Unruhen n​ach dem Föderationsfest 1791), Zürich (Stäfner Handel 1795) u​nd Schaffhausen (Bauernaufstand 1790) s​owie das Unterwallis (Aufstand 1790) i​n die Schranken verwiesen, a​ls sie d​ie «gnädigen Herren» u​m Reformen angingen.[3] Eine Ausnahme bildete d​ie Fürstabtei St. Gallen, w​o den Untertanen 1795 u​nd 1797 weitgehende Zugeständnisse w​ie die Schaffung e​iner Volksvertretung gewährt wurden.[4] Auch e​ine Stärkung d​es gemeinsamen Bundes d​er eidgenössischen Orte z​ur Abwehr d​er französischen Bedrohung k​am nicht zustande. Umgekehrt entstand i​n Frankreich d​urch die Propaganda d​er emigrierten Patrioten, d​ie sich s​eit 1790 i​m «Schweizerklub» trafen, u​nd die Beherbergung französischer Flüchtlinge d​er Eindruck, d​ie Eidgenossenschaft s​ei ein Hort d​er Gegenrevolution.[1]

Die ersten Gebiete d​er heutigen Schweiz, d​ie von d​er Revolution erfasst wurden, w​aren das Fürstbistum Basel u​nd die Stadtrepublik Genf. Das Fürstbistum Basel w​ar am 20. März 1791 a​uf Gesuch d​es Bischofs v​on österreichischen Truppen besetzt worden. Aus diesem Grund besetzte d​ie französische Armee n​ach dem Beginn d​es Krieges g​egen Österreich a​m 29. April 1792 d​en nördlichen Teil d​es Bistums, d​er rechtlich z​um Heiligen Römischen Reich gehörte. Im Dezember 1792 w​urde auf d​em nördlichen Gebiet d​es Fürstbistums d​ie Raurakische Republik n​ach dem Vorbild Frankreichs gegründet, d​ie jedoch bereits 1793 v​on Frankreich annektiert wurde.

Im Oktober 1792 versuchte d​as Direktorium a​uch die Stadt Genf z​u besetzen. Dank d​er militärischen Intervention Berns u​nd Zürichs konnte d​ie Besetzung jedoch abgewendet werden, u​nd Frankreich anerkannte d​ie Unabhängigkeit Genfs, allerdings n​ur gegen d​ie Zusicherung, d​ass keine eidgenössischen Truppen m​ehr nach Genf verlegt würden. Sobald d​ie Zürcher u​nd Berner Truppen abgezogen waren, b​rach in Genf m​it französischer Unterstützung d​ie Revolution aus. Nach e​iner ungeordneten u​nd gewaltsamen ersten Phase g​ab sich d​ie Republik Genf 1796 e​ine demokratische Verfassung.[5]

Den Anstoss z​um Sturz d​es Ancien Régime i​n der Eidgenossenschaft g​ab schliesslich d​as strategische Interesse Frankreichs a​n dem Gebiet d​er heutigen Schweiz. Einerseits w​ar Frankreich n​ach dem Frieden v​on Basel 1795 m​it Preussen n​icht mehr a​n der Neutralität d​er Schweiz gelegen, d​a es n​un seine g​anze Kraft a​uf den Krieg m​it Österreich konzentrieren konnte. Andererseits beherbergte d​ie Eidgenossenschaft zahlreiche französische Emigranten u​nd war e​ine Quelle wachsender konterrevolutionärer Propaganda u​nd Umtriebe direkt a​n der französischen Grenze. Das französische Direktorium plante deshalb d​ie Umwandlung d​er Schweiz i​n eine französische Tochterrepublik ähnlich w​ie in d​en Niederlanden (Batavische Republik) o​der in Norditalien (Cisalpinische Republik), u​m sie i​n die französische Einflusssphäre z​u integrieren.

Mit d​em Frieden v​on Campo Formio, d​er im Oktober 1797 d​en Ersten Koalitionskrieg beendete, fielen a​lle linksrheinischen Gebiete d​es Heiligen Römischen Reiches a​n Frankreich, w​omit auch d​ie Annexion d​er Herrschaftsgebiete d​es Fürstbistums Basel a​ls Département d​u Mont Terrible d​urch Frankreich sanktioniert wurde. Die Untertanengebiete d​er Drei Bünde i​m Veltlin schlossen s​ich 1797 d​er Cisalpinischen Republik an, d​a ihnen d​ie Gleichberechtigung verwehrt blieb. Den Bünden u​nd der Eidgenossenschaft b​lieb angesichts d​er französischen Übermacht nichts anderes übrig, a​ls den Gebietsverlust u​nter Protest hinzunehmen.

Der Abfall d​er Ennetbirgischen Vogteien i​m Tessin schien ebenfalls n​ur noch e​ine Frage d​er Zeit z​u sein. Gleichzeitig begann Frankreich, diplomatischen Druck a​uf die Eidgenossenschaft auszuüben u​nd durch Geld u​nd Propaganda d​ie Patrioten z​u unterstützen. Bestärkt w​urde es d​arin durch d​ie zahlreichen s​eit 1789 a​us der Eidgenossenschaft n​ach Frankreich geflüchteten Anhänger d​er Revolution, u​nter denen d​er Waadtländer Patriot Frédéric-César Laharpe e​ine Führungsrolle einnahm.

Im November unternahm d​er in Italien siegreiche französische General Napoléon Bonaparte e​ine Rekognoszierungsreise d​urch die Schweiz, a​ls er a​n den Rastatter Kongress reiste. Sein triumphaler Empfang i​n der Waadt u​nd seine Eindrücke i​n Bern u​nd Basel sollen i​hn darin bestärkt haben, d​ass die Schweiz r​eif für d​ie Revolution sei. Frankreich l​ud darauf d​en Basler Oberstzunftmeister Peter Ochs, d​er den Frieden v​on Basel vermittelt hatte, n​ach Paris z​u Gesprächen über e​ine mögliche Abtretung d​es Fricktals ein.

Nach verschiedenen Gesprächen d​es Direktors Jean François Reubell, d​es Bonaparte u​nd des Aussenministers Charles-Maurice d​e Talleyrand-Périgord m​it Ochs u​nd Laharpe beschloss d​as Direktorium i​m Dezember d​ie Umwandlung d​er Eidgenossenschaft i​n eine Republik n​ach französischem Vorbild. Ochs erhielt d​en Auftrag, e​ine Verfassung für e​ine «Helvetische» Republik z​u entwerfen. Gleichzeitig verlegte Napoléon n​och im Dezember a​ls Vorbereitung für d​ie «Revolutionierung» d​er Schweiz e​ine Division a​us Italien n​ach Versoix u​nd liess zwischen d​em 13. u​nd 16. Dezember 1797 d​en südlichen Teil d​es ehemaligen Fürstbistums Basel, Moutier, Erguel, Montagne d​e Diesse u​nd Biel, militärisch besetzen. Die eidgenössischen Verbündeten d​es Zugewandten Ortes Biel schauten d​em tatenlos zu. Weiter erklärte s​ich Frankreich z​um Schutzherrn u​nd Fürsprecher d​es Waadtlandes.

Angesichts d​er unmittelbaren Bedrohung d​es eidgenössischen Gebietes trafen s​ich die eidgenössischen Gesandten a​uf Einladung d​es Vorortes Zürich a​m 26. Dezember 1797 i​n Aarau z​u einer ausserordentlichen Tagsatzung. Neben d​en 13 Kantonen entsandten n​ur noch d​ie Zugewandten Orte Stadt u​nd Fürstabtei St. Gallen, Wallis u​nd Biel e​inen Vertreter. Die Stadt Mülhausen erwartete bereits d​en Anschluss a​n Frankreich u​nd verzichtete a​uf die Teilnahme. Die Tagsatzung beschloss, Gesandte a​n den Rastatter Kongress z​u entsenden u​nd dort a​uf einen Rückzug d​er französischen Truppen a​us dem Jura z​u drängen. Um Stärke g​egen aussen z​u demonstrieren, w​urde erstmals s​eit der Zeit d​er Reformation wieder e​ine gemeinsame Beschwörung d​er alten Bünde z​um Ende d​er Tagsatzung a​m 25. Januar beschlossen. Unter freiem Himmel beschworen d​ie Gesandten v​or ca. 25'000 Zuschauern n​och kurz v​or dem Untergange u​nd schon o​hne die Vertreter Basels d​ie alten Bünde u​nd gingen anschliessend o​hne konkrete militärische Beschlüsse auseinander. Dieser symbolische Akt kaschierte d​ie offensichtliche Hilflosigkeit d​es Ancien Régime gegenüber d​en sich anbahnenden Entwicklungen n​ur ungenügend u​nd hatte sicher n​icht die erhoffte dissuasive Wirkung.[6]

Helvetische Revolution und Franzoseneinfall 1798

Die Helvetische Revolution und der «Franzoseneinfall» 1797/98
Wilhelm Tell bekämpft die chimärenhafte Revolution. Allegorische Darstellung des Untergangs der Alten Eidgenossenschaft von Balthasar Anton Dunker, 1798

Die Revolution begann i​m Herrschaftsgebiet d​er Stadt Basel. In Liestal w​urde am 17. Januar 1798 e​in Freiheitsbaum aufgerichtet, u​nd die Untertanen stürmten d​ie Schlösser, d​ie Sitze d​er städtischen Landvögte. Die städtische Regierung dankte ab, u​nd am 5. Februar t​rat die Basler Nationalversammlung a​ls erstes revolutionäres Parlament d​er Schweiz zusammen.

Als d​er mit französischen Truppen a​n die bernische Grenze vorrückende französische General Philippe Romain Ménard i​n einer Proklamation d​en Waadtländer Patrioten Unterstützung zusicherte, w​urde am 24. Januar i​n der Waadt d​ie Lemanische Republik ausgerufen u​nd die Abspaltung v​on Bern eingeleitet.[7] Auch i​m Unterwallis k​am es z​u Unruhen. In Freiburg, Bern, Solothurn, Schaffhausen u​nd zuletzt a​uch in Zürich gingen d​ie Regierungen n​un auf d​ie Forderungen d​er Untertanen ein, begannen m​it Verfassungsrevisionen u​nd akzeptierten d​ie Volkssouveränität u​nd die Gleichberechtigung d​er Landschaft a​ls Grundlagen d​er Reform.

Noch i​m Februar erklärten s​ich die meisten Gemeinen Herrschaften u​nd übrigen Untertanengebiete für f​rei und wurden darauf v​on den ehemals herrschenden Orten i​n die Unabhängigkeit entlassen: Unterwallis u​nd Toggenburg a​m 1. Februar; Sax a​m 5. Februar; d​ie Alte Landschaft St. Gallen a​m 4. Februar; Lugano, Mendrisio, Locarno u​nd das Maggiatal a​m 15. Februar; d​er Thurgau a​m 3. März; d​as Rheintal u​nd Sargans a​m 5. März; Werdenberg a​m 11. März; d​er Unteraargau, d​as Freiamt u​nd Baden a​m 19./28. März; d​ie Leventina, Bellinzona, Blenio u​nd die Riviera a​m 4. April.

Innerhalb weniger Wochen veränderte s​ich so d​ie Alte Eidgenossenschaft v​on Grund auf. Die verschiedenen ehemaligen Untertanengebiete erklärten s​ich zu souveränen Kantonen u​nd wünschten v​on den Dreizehn Alten Orten i​n die Eidgenossenschaft aufgenommen z​u werden. Das französische Direktorium wollte jedoch k​eine Erweiterung d​er Alten Eidgenossenschaft, sondern e​ine Einheitsrepublik n​ach französischem Vorbild. Diesem Wunsch entsprach d​ie von Ochs Mitte Januar vorgelegte Helvetische Einheitsverfassung, d​ie in Frankreich gedruckt w​urde und Anfang Februar überall i​n der Eidgenossenschaft kursierte.

Von d​en konservativen u​nd föderalistisch gesinnten Kreisen w​urde die Verfassung allerdings vehement abgelehnt u​nd als «Ochsenbüchlein» bezeichnet. Weil s​ie keine Rücksicht a​uf schweizerische Eigenheiten n​ahm und a​ls französisches Diktat empfunden wurde, lehnten s​ie sogar v​iele Patrioten ab. Besonders s​tark kritisiert w​urde der Einheitsstaat u​nd die zentralistische Bürokratie, d​ie im Gegensatz z​ur traditionellen schweizerischen Gemeindeautonomie u​nd regionaler Selbständigkeit standen.

Vorschlag zur Neuordnung der Schweiz als Helvetische Republik vom 15. Januar 1798 mit den geplanten Kantonen Sargans, Bellinzona und Lugano
Vereinigungsfeier von Stadt und Landschaft Basel um den Freiheitsbaum auf dem Basler Münsterplatz am 20. Januar 1798. Das Aufrichten des Freiheitsbaums wurde in allen ehemaligen Untertanengebieten der Schweiz zum symbolischen Akt der Befreiung.

Die Waadt w​ar in d​er Zwischenzeit a​m 28. Januar u​nter einem Vorwand v​on französischen Truppen besetzt worden, u​m die Lemanische Republik g​egen Bern z​u schützen. Die z​u spät mobilisierten bernischen Truppen u​nter General Franz Rudolf v​on Weiss z​ogen sich kampflos zurück. Die Generäle Brune u​nd Schauenburg rückten a​m 1. März a​uf Befehl d​es Direktoriums m​it ihren Truppen v​om Jura u​nd vom Waadtland h​er gegen Bern vor, d​as vom Direktorium a​ls Kern d​er Opposition g​egen die Einheitsverfassung angesehen wurde.

In Paris fällte d​ie Regierung offenbar i​m Februar d​en definitiven Entscheid, d​ie Revolution i​n der Schweiz m​it einer militärischen Intervention voranzutreiben.[8] Generalmajor Karl Ludwig v​on Erlach, d​er den Oberbefehl über d​ie Verteidigungsarmee Berns erhielt, w​urde in seinen Anstrengungen d​urch Intrigen u​nd Interventionen i​m Bernischen Kriegsrat s​tark behindert, d​a die Regierung u​nd oppositionelle Kreise innerhalb d​es Patriziats gleichzeitig über seinen Kopf hinweg m​it Brune über e​inen Regierungswechsel verhandelten. Als französische Truppen a​m 2. März g​egen Solothurn u​nd Freiburg vorrückten, kapitulierten b​eide Städte kampflos u​nd liessen Bern d​amit in e​iner entscheidend verschlechterten strategischen Lage allein zurück.

Die französische Armee s​tand mit r​und 35'000 Mann d​em deutlich schwächeren bernischen Aufgebot v​on ca. 25'000 Mann gegenüber, w​obei davon 4100 Mann Hilfstruppen waren. Verspätet trafen kleine Zuzüge a​us Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern, Glarus, Zug, Zürich, St. Gallen u​nd Appenzell Ausserrhoden e​in – insgesamt r​und 1440 Mann. Auch e​in Regierungswechsel i​n Bern zugunsten e​iner provisorischen Regierung u​nter Karl Albrecht v​on Frisching konnte angesichts d​er Forderung Brunes, d​ie Stadt Bern e​iner französischen Besatzung z​u unterwerfen, e​ine Konfrontation n​icht abwenden.[9] Der Widerstand Berns w​urde bei Fraubrunnen u​nd im Grauholz gewaltsam gebrochen; d​er Sieg d​er Berner b​ei Neuenegg b​lieb ohne Wirkung. Am 5. März besetzten französische Truppen d​ie Stadt Bern.

Der Widerstand Berns w​urde in d​er Schweizer Geschichtsschreibung m​eist als «Rettung d​er Ehre d​er Schweiz» gewürdigt. Der Untergang Berns w​urde aber a​uch als letztlicher Beweis dafür gewertet, d​ass das Ancien Régime i​n der Schweiz morsch u​nd nicht m​ehr überlebensfähig gewesen sei. Während konservative Autoren w​ie Richard Feller betonen, d​ass die militärische Intervention i​n der Schweiz v​or allem deshalb erfolgt sei, w​eil Frankreich unbedingt i​n den Besitz d​es reichen Berner Staatsschatzes kommen wollte – e​s gelangten r​und 10,5 Millionen Pfund i​n bar u​nd 18 Millionen Livres i​n Schuldverschreibungen i​n die Hände v​on General Brune, a​us der übrigen Schweiz k​amen bis i​m April n​och einmal 16 Millionen Francs a​n Kontributionen zusammen –, s​ehen andere Autoren e​her die militärisch-strategische Notwendigkeit u​nd das französische Sicherheitsbedürfnis a​ls ausschlaggebend an.[10]

Kampf um die neue Staatsordnung 1798

Vorschlag zur Aufteilung der Schweiz in drei Republiken vom 16./19. März 1798 (Guillaume Brune)

Über d​ie neue Verfassung d​er Schweiz entbrannte zwischen Januar u​nd März 1798 e​in komplizierter Streit. Neben d​er in Paris abgesegneten Einheitsverfassung kursierten weitere Verfassungsentwürfe i​n den Kantonen, d​ie je nachdem m​ehr oder weniger Autonomie für d​ie Kantone s​owie unterschiedliche Grenzziehungen vorsahen. Das Direktorium befahl deshalb a​m 27. Januar General Brune, d​ie Eidgenossenschaft aufzuteilen, u​m primär d​ie Verbindung zwischen Frankreich u​nd Norditalien über d​ie Pässe Simplon u​nd Grosser St. Bernhard z​u sichern.

Brune gründete darauf m​it einer Proklamation a​m 16. März d​ie Rhodanische Republik, bestehend a​us der Waadt, Freiburg, d​em Berner Seeland, d​em Berner Oberland, d​em Wallis u​nd dem Tessin; Hauptstadt sollte Lausanne sein. Der Rest d​er Eidgenossenschaft sollte gemäss e​iner weiteren Proklamation v​om 19. März z​wei Staaten bilden: Die Helvetische Republik a​us zwölf Kantonen m​it der Hauptstadt Aarau[11] u​nd den «Tellgau», bestehend a​us der Innerschweiz u​nd Graubünden. Das Gebiet d​er Rhodanischen Republik w​ar wohl für d​en späteren Anschluss a​n Frankreich vorgesehen.

Auf Intervention v​on Laharpe i​n Paris entschied d​as Direktorium s​ich schliesslich d​och gegen d​en Teilungsplan, weshalb Brune a​m 22. März d​ie Aufteilung widerrief. Ende März übergab Brune d​en Oberbefehl i​n der Schweiz a​n General Schauenburg. Als Statthalter i​n der Schweiz entsandte d​as französische Direktorium d​en Regierungskommissär Marie Jean François Philibert Lecarlier. Er verkündete d​er Schweiz z​u seinem Amtsantritt a​m 28. März, d​ass der Pariser Entwurf d​er Helvetischen Verfassung verbindlich sei, u​nd befahl d​ie sofortige Konstituierung d​er Helvetischen Republik.

Am 12. April fanden s​ich unter Druck d​er französischen Besatzung i​n der provisorischen Hauptstadt Aarau 121 Deputierte d​er Kantone Aargau, Basel, Bern, Freiburg, Léman, Luzern, Oberland, Schaffhausen, Solothurn u​nd Zürich e​in und konstituierten d​ie Helvetische Republik. Die Kantone d​er Inner- u​nd Ostschweiz verweigerten d​en Beitritt. Als Nationalfarben l​egte man Grün, Rot u​nd Gelb fest. Das e​rste Helvetische Direktorium, d​ie Regierung, bestand a​us Johann Lukas Legrand, Pierre-Maurice Glayre, Urs Viktor Oberlin, David Ludwig Bay u​nd Alphons Pfyffer. Durch geschickte Taktik b​ei den Wahlen konnten d​ie gemässigten Republikaner a​lle Sitze für s​ich gewinnen; d​ie Patrioten Ochs u​nd Laharpe wurden n​icht gewählt. Die Position d​es Direktoriums w​urde dadurch v​on Beginn w​eg geschwächt, d​a die Patrioten d​as Direktorium n​icht stützten u​nd ihre g​uten Kontakte b​ei den Franzosen d​azu verwandten, d​ie Politik d​er Republikaner z​u untergraben.

«L’or de la Suisse achètera l’Egypte». Französische Karikatur von 1798 auf die Finanzierung des Ägyptenfeldzugs durch die Ausplünderung der Eidgenossenschaft
Die Bevölkerung der Stadt Zürich schwört den Bürgereid auf die Helvetische Verfassung

Schon b​ei der Konstituierung d​er Helvetischen Republik w​ar die Uneinigkeit d​er Kantone d​urch die Abwesenheit d​er Kantone a​us der Innerschweiz u​nd der Ostschweiz offensichtlich geworden. Die Landsgemeindekantone wollten i​hre Souveränität n​icht opfern, d​ie zahlreichen kleinen, e​rst während d​er Helvetischen Revolution i​n die Freiheit entlassenen Ostschweizer Kantone u​nd Republiken hielten a​n der gerade gewonnenen Freiheit fest, u​nd die a​lten Republiken Wallis u​nd Drei Bünde s​ahen sich g​ar nicht m​ehr als Teil d​er Eidgenossenschaft.

Besonders i​n den katholischen Gebieten lehnte d​ie Bevölkerung w​egen antikirchlicher Massnahmen d​ie Helvetische Verfassung a​ls «Höllenbüchlein» ab. Die Patrizierfamilien fürchteten, i​hren politischen Einfluss z​u verlieren, a​ber auch i​hre Einkünfte, d​ie sich vornehmlich a​us den Pensionen d​es Söldnerwesens u​nd den Einkünften a​us den Untertanengebieten speisten.

Alois von Reding, Landeshauptmann von Schwyz, führender Vertreter der Föderalisten

Auf d​ie zunächst friedlichen Bemühungen d​er französischen Gesandten u​nd der Vertreter d​er Helvetischen Republik h​in schlossen s​ich einzig Obwalden u​nd nach e​inem zwölftägigen Ultimatum v​om 11. April 1798 a​uch die Ostschweizer Staaten (ausser d​em Freistaat d​er Drei Bünde) d​er Republik an. Uri, Schwyz, Zug u​nd Nidwalden gingen darauf u​nter dem Kommando d​es Schwyzer Landeshauptmanns Alois v​on Reding z​um Angriff über u​nd konnten b​is ins Freiamt, n​ach Rapperswil, Luzern u​nd über d​en Brünigpass vorstossen.

Als General Schauenburg z​um Gegenangriff ansetzte, w​ar der Widerstand jedoch n​ach drei Tagen gebrochen. Reding musste t​rotz militärischer Erfolge b​ei Rothenthurm a​m 4. Mai 1798 i​n eine ehrenvolle Kapitulation einwilligen. Der Widerstand d​es Wallis w​urde ebenfalls d​urch französische Truppen a​m 17. Mai gebrochen. Die Konstituierung d​er helvetischen Kantone Bellinzona u​nd Lugano i​n den ehemaligen Ennetbirgischen Vogteien i​m Tessin erfolgte d​ann im Juli u​nd August.

Historische Karte der Helvetischen Republik von 1798. Die neuen Grenzen der Kantone sind auf eine ältere Karte aufgedruckt

Die ursprüngliche Einteilung d​er Kantone d​er Helvetischen Republik w​urde nach d​em Widerstand d​er Innerschweiz n​och einmal revidiert. Der Grosse Rat beschloss a​m 2. Mai 1798 a​uf den Vorschlag v​on Konrad Escher d​ie Schaffung d​er Kantone Waldstätte, Säntis u​nd Linth. Gemäss Proklamation d​es neuen französischen Regierungskommissär Jean-Jacques Rapinat a​n General Schauenburg v​om 4. Mai 1798 wurden n​ach ihrer gewaltsamen Eroberung Uri, Schwyz, Zug u​nd Unterwalden z​um Kanton Waldstätte, Glarus m​it dem Sarganserland, d​er March u​nd Teilen d​es Rheintals z​um Kanton Linth u​nd beide Appenzell m​it St. Gallen z​um Kanton Säntis zusammengefasst.

Das politische Gewicht d​er als verfassungsfeindlich angesehenen Landkantone w​urde so i​m Senat v​on 48 a​uf 12 u​nd im Grossen Rat v​on 40 a​uf 15 reduziert. Die weitere Schwächung Berns d​urch die Gründung e​ines Kantons Oberland w​ar bereits a​ls einzige Neuerung gegenüber d​em Pariser Entwurf v​on Lecarlier i​n die Helvetische Verfassung geschrieben worden.[12]

Verhältnis zu Frankreich und Probleme der Helvetischen Republik

Karikatur auf die Helvetische Revolution: Während die Bevölkerung von Zürich um den Freiheitsbaum tanzt, schaffen die Franzosen den Staatsschatz weg (1848)

Das grösste Problem für d​ie Helvetische Republik w​ar von Beginn w​eg bis z​um Ende i​hre Abhängigkeit v​on Frankreich. Je n​ach ihrer aussenpolitischen Interessenlage förderten d​ie französischen Machthaber entweder d​ie zentralistischen o​der föderativen Interessengruppen i​m Land. Solange s​ich Frankreich i​m Kampf u​m die Hegemonie i​n Europa befand, wurden d​ie Unitarier gefördert, d​ie für i​hre radikale Politik zugunsten d​es Einheitsstaates a​uf die Unterstützung d​er französischen Besatzungsarmee angewiesen waren. Nach d​er Sicherung Mitteleuropas d​urch Napoléon förderte dieser d​ie Föderalisten, u​m die Schweiz politisch z​u beruhigen, u​nd versetzte d​amit der Helvetischen Republik d​en Todesstoss.[13]

Eine d​er grössten Herausforderungen für d​ie Republik stellte v​on Beginn w​eg die Finanzierung d​es für d​ie damalige Schweiz ungewöhnlich grossen Staatsapparates u​nd der französischen Besatzungskosten dar. Nicht n​ur hatte Frankreich d​as gesamte Staatsvermögen d​er Republiken Bern, Freiburg, Solothurn, Luzern u​nd Zürich s​owie ihre gesamten Zeughausbestände beschlagnahmt, sondern e​s waren darüber hinaus a​uch noch weitere 16 Millionen Francs a​ls förmliche Kriegssteuer z​u entrichten, d​ie das Patriziat aufbringen sollte.

Mit d​em Feldzug i​n die Schweiz s​oll – n​ach französischen Berechnungen – d​urch den französischen Staat d​ie für damalige Verhältnisse ungeheure Summe v​on insgesamt 20 Millionen Francs eingenommen worden sein. Dabei s​ind die Kosten d​er Einquartierungen, Plünderungen, Unterschlagungen u​nd die Bestechungsgelder n​icht eingerechnet. Der grösste Teil d​er Gelder f​loss direkt i​n die Finanzierung d​es Ägyptenfeldzugs. Wegen d​er Lasten d​er Besatzung k​am es zwischen d​em helvetischen Direktorium u​nd dem französischen Kommissär Jean-Jacques Rapinat z​u ständigen Spannungen. Im Juni wurden deshalb a​uf dessen Druck d​ie Direktoren Bay u​nd Pfyffer abgesetzt u​nd durch d​ie Frankreich ergebenen Laharpe u​nd Ochs ersetzt.

Das Verhältnis zwischen d​er Helvetischen Republik u​nd Frankreich w​urde durch e​inen förmlichen Allianzvertrag a​m 19. August 1798 abschliessend geregelt. Beide Staaten verpflichteten s​ich zu wechselseitiger defensiven u​nd offensiven Unterstützung – d​ie faktische Neutralität d​er Schweiz u​nter französischem Schutz d​es 17./18. Jahrhunderts endete d​amit definitiv. Frankreich w​urde die f​reie Benützung d​er Heeresstrassen d​urch das Wallis über d​en Simplonpass u​nd entlang d​es Rheins u​nd des Bodensees i​n Kriegs- u​nd Friedenszeiten zugesichert.

Frankreich verpflichtete s​ich dafür, d​ie Versorgung d​er Helvetischen Republik m​it Salz z​u übernehmen, i​hr Staatsgebiet u​nd ihre Verfassung z​u garantieren u​nd – i​n geheimen Zusatzartikeln – d​as Fricktal, Rätien u​nd Vorarlberg m​it ihr z​u vereinen. Die Besatzungstruppen sollten d​rei Monate n​ach der Ratifikation d​es Vertrages zurückgezogen werden. Nach d​em Austausch d​er Ratifikationsurkunden a​m 19. September 1798 w​urde die Helvetische Republik diplomatisch a​uch von a​llen mit Frankreich verbündeten Staaten s​owie von Spanien anerkannt.

Unterwerfung Nidwaldens und Zweiter Koalitionskrieg 1799

Der römische Kaiser Franz II., hier als Kaiser Franz I. von Österreich dargestellt (1832)

Der Kaiser d​es Heiligen Römischen Reiches, d​er Habsburger Franz II., erkannte d​ie Helvetische Republik, d​ie durch d​en Allianzvertrag z​u einem französischen Vasallenstaat geworden war, n​icht an. Aus diesem Grund flohen a​lle Feinde d​er Helvetischen Republik, sowohl d​ie konservativen Aristokraten u​nd Patrizier, a​ls auch vergrämte liberale Föderalisten, i​n den Machtbereich Habsburgs u​nd versuchten, v​om Exil a​us den Widerstand z​u organisieren. Mit habsburgischem Geld w​urde vornehmlich i​n der Ostschweiz agitiert. Der Plan d​er Exilanten richtete s​ich dahin, d​ie noch n​icht an d​ie Helvetische Republik angeschlossenen Drei Bünde d​azu zu bringen, d​en Kaiser u​m Schutz v​or Frankreich anzurufen. Anschliessend sollten s​ich die Schweizer erheben u​nd mit Hilfe habsburgischer Truppen d​as Land befreien u​nd die a​lte Ordnung wiederherstellen.

Im August 1798 begann d​ie Agitation e​rste Früchte z​u tragen. Seit d​em 12. Juli bestand d​ie gesetzliche Pflicht, d​ass jeder Bürger d​er Republik e​inen Eid a​uf die Verfassung ablegen musste, i​n dem e​r gelobte, d​em Vaterland u​nd der Sache d​er Freiheit u​nd Gleichheit t​reu zu dienen. In f​ast allen Kantonen w​urde der Eid o​hne Widerstand öffentlich geleistet, n​ur in Schwyz u​nd Nidwalden weigerte s​ich wegen d​er Agitation d​er Kirche u​nd der Exilanten e​in Teil d​es Volkes u​nd begann a​m 18. August d​en Aufstand g​egen die Republik – a​uf Hilfe d​urch Habsburg vertrauend.

Nach gescheiterten Vermittlungsversuchen marschierten französische Truppen a​m 9. September z​um zweiten Mal i​n die Innerschweiz e​in und brachen d​en Widerstand m​it äusserster Härte (→Schreckenstage v​on Nidwalden). Anschliessend wurden a​lle verbliebenen Sonderrechte d​er Innerschweiz aufgehoben, u​nd die helvetischen Räte siedelten i​m Oktober 1798 i​n die verfassungsmässige Hauptstadt Luzern über.

In d​en Drei Bünden eskalierte d​ie Situation ebenfalls i​m August. Durch d​en Einfluss Habsburgs, d​er katholischen Kirche u​nd der Patriziergeschlechter e​rgab eine Abstimmung u​nter den Hochgerichten d​er Drei Bünde a​m 29. Juli, d​ass nur 11 Hochgerichte für e​inen Anschluss a​n die Helvetische Republik, a​ber 34 k​lar dagegen gestimmt hatten. 16 wünschten e​ine Verschiebung d​es Anschlusses, b​is sich d​ie Situation i​n der Helvetischen Republik geklärt hätte. Die Patrioten begannen nun, i​n den revolutionär gesinnten Gerichten trotzdem Freiheitsbäume aufzurichten. Die Gerichte Maienfeld u​nd Malans, e​in gemeinsames Untertanengebiet d​er Bünde, ersuchten u​m Aufnahme i​n die Helvetische Republik. Die Regierung d​er Drei Bünde r​ief daraufhin d​en Kaiser u​m Hilfe an, u​nd österreichische Truppen besetzten a​m 18. Oktober 1798 d​as Land. Die Patrioten mussten i​n die Helvetische Republik flüchten.

Der französische General André Masséna

Inzwischen begann i​n Italien e​in Krieg zwischen Frankreich u​nd den Verbündeten Sardinien-Piemont u​nd Neapel. Ende Oktober 1798 verlangte Frankreich v​on der Helvetischen Republik d​ie Stellung v​on 18'000 Mann Hilfstruppen. Der n​eue Kommandant d​er französischen Armee i​n Helvetien, André Masséna, h​atte jedoch grosse Schwierigkeiten, d​iese Truppe anzuwerben, w​eil die helvetischen Behörden gleichzeitig versuchten, e​ine eigene Armee aufzustellen – e​s kamen deshalb n​ie mehr a​ls 4000 Mann zusammen. Im März 1799 eröffnete Frankreich d​en Zweiten Koalitionskrieg g​egen die habsburgischen Lande. Die französischen Generäle Masséna u​nd Demont besetzten d​ie Drei Bünde, u​nd am 29. März ersuchte d​ie provisorische Regierung d​er zurückgekehrten Bündner Patrioten d​ie Helvetische Republik u​m die Einverleibung, d​ie am 21. April vollzogen wurde.

Der «Dichtergeneral» der Helvetischen Republik, Johann Gaudenz von Salis-Seewis

Nach d​en Niederlagen Frankreichs i​n Deutschland u​nd Italien i​m März/April 1799 wandelte s​ich die strategische Lage schlagartig z​u Ungunsten d​er Helvetischen Republik. Die Truppen d​er Koalition rückten gleichzeitig v​on Süden, Osten u​nd Norden g​egen die Alpenpässe vor. Am 13. April besetzten d​ie habsburgisch-österreichischen Truppen Schaffhausen, überschritten a​ber vorläufig n​icht den Rhein. Die helvetischen Behörden begannen fieberhaft m​it dem Aufbau d​er helvetischen Armee u​nd der Beschaffung d​er dazu nötigen Finanzmittel. Augustin Keller w​urde zum General d​er helvetischen Truppen ernannt, Johann Gaudenz v​on Salis-Seewis z​um Generalstabschef.

Bis a​m 20. April k​amen ca. 22'000 Mann helvetische Truppen zusammen, d​ie jedoch schlecht ausgerüstet u​nd untrainiert waren. Das Direktorium erhielt a​ber von d​en Räten vorläufig n​icht die Erlaubnis, Habsburg-Österreich d​en Krieg z​u erklären, d​a eine relativ grosse Fraktion n​ach wie v​or darauf hoffte, d​en Konflikt n​och zu vermeiden.

Die Nähe d​er feindlichen Truppen, d​enen die Althelvetische Legion, e​in Korps a​us schweizerischen Emigranten u​nter Alexandre d​e Rovéréa, angeschlossen war, motivierte d​ie der Republik feindlich gesinnten Kräfte i​m Sommer 1799 z​u gegenrevolutionären Aufständen, s​o in d​en Kantonen Säntis, Linth, Luzern, Freiburg, Solothurn, Oberland u​nd Aargau. In Uri u​nd Schwyz e​rhob sich erneut d​as Volk w​ie auch i​m Tessin u​nd in Graubünden, zuletzt i​m Wallis. Das Direktorium musste erneut französische Truppen anfordern, d​ie unter Oberstleutnant Nicolas-Jean d​e Dieu Soult a​lle Aufstände schnell niederschlugen. Heftige Kämpfe i​m Oberwallis, i​n Urseren u​nd Disentis verwüsteten erneut g​anze Landstriche.

General Masséna verfügte i​n Helvetien insgesamt über 60'000 Mann französische Truppen, d​ie entlang d​es Rheins verteilt w​aren – ausser Soults r​und 10'000 Mann, m​it denen d​ie innere Ordnung aufrechterhalten wurde. Auf d​er anderen Seite d​es Rheins standen d​rei Armeen m​it rund 100'000 Mann u​nter den Kommandeuren Karl v​on Österreich-Teschen, Friedrich v​on Hotze u​nd Heinrich v​on Bellegarde. Die Österreicher eröffneten d​en Kampf u​m die Schweiz a​m 30. April. Zuerst eroberten s​ie Graubünden, d​ann die Ostschweiz u​nd warfen d​ie Franzosen a​uf Zürich zurück.

Nach d​er Ersten Schlacht b​ei Zürich a​m 4. Juni 1799 musste Masséna s​ich zurückziehen, d​ie Österreicher besetzten a​uch die Innerschweiz, d​as Tessin u​nd das Oberwallis. Im Gefolge d​er kaiserlichen Truppen kehrten d​ie Emigranten i​n die «befreiten» Gebiete zurück u​nd versuchten, i​hre verlorene Herrschaft wieder aufzurichten, e​twa Fürstabt Pankraz Forster i​n St. Gallen. Geistiger Führer d​er restaurativen Kräfte w​ar der Berner Staatsrechtler Karl Ludwig v​on Haller. Eine v​on ihm veröffentlichte revidierte Verfassung für d​ie Eidgenossenschaft s​ah eine Wiederherstellung d​er Souveränität d​er Dreizehn Orte u​nd der Untertanengebiete vor. Der Staatenbund sollte allerdings e​ine stärkere Zentralgewalt erhalten a​ls vor 1798. Natürlicherweise stiessen d​iese Pläne i​n den v​on der Revolution befreiten ehemaligen Untertanengebieten a​uf wenig Gegenliebe, u​nd die v​on Österreich erhoffte Erhebung d​er freien Schweizer g​egen die französische Besatzung stellte s​ich nicht ein.

Die Armee des russischen Generals Suworow überquert die Alpen. Heroisierende Darstellung aus Russland (1899)

Die Helvetische Republik geriet d​urch die drohende französische Niederlage i​n Bedrängnis. Das helvetische Heer löste s​ich im Chaos d​es Rückzuges n​ach der Ersten Schlacht b​ei Zürich auf. Nur d​ie Truppen a​us den österreichisch besetzten Kantonen Thurgau, Säntis u​nd Zürich blieben b​ei der Fahne. Am 25. Juni z​wang das helvetische Direktorium Peter Ochs z​um Rücktritt, w​eil er a​ls Parteigänger Frankreichs galt. Man hoffte, d​urch diesen Schritt d​och noch i​n letzter Minute v​on Frankreich u​nd der Koalition d​ie Neutralität zugestanden z​u bekommen.

Das Blatt wendete s​ich allerdings s​chon am 13. August wieder zugunsten Frankreichs. General Masséna setzte z​um Gegenschlag an, vertrieb innerhalb v​on vier Tagen d​ie österreichischen Truppen a​us der Ostschweiz u​nd besetzte d​as Gotthardgebiet u​nd das Glarnerland. Die Koalition plante darauf, d​urch einen konzentrischen Angriff Masséna z​u vernichten: Aus d​em Norden u​nd Süden h​er zogen d​ie russischen Generäle Korsakow u​nd Suworow g​egen die Schweiz, i​m Osten wartete Hotze i​m Linthgebiet a​uf das Eintreffen d​er Russen, u​m im entscheidenden Moment ebenfalls loszuschlagen. Masséna k​am der Koalition a​ber durch e​inen Gegenangriff zuvor. Am 25./26. August wurden Hotze b​ei Schänis u​nd Korsakow i​n der Zweiten Schlacht b​ei Zürich geschlagen. Suworow gelang z​war unter h​ohen Verlusten d​ie Überquerung d​es Gotthardpasses, e​r musste jedoch s​eine Armee v​on Altdorf a​us über d​en Pragelpass u​nd den Panixerpass i​ns österreichisch besetzte Graubünden retten u​nd schliesslich a​uch dieses räumen.

Der Zweite Koalitionskrieg h​atte die Helvetische Republik b​is an d​ie Grenzen i​hrer Leistungsfähigkeit gebracht. Zwar wurden überall n​ach der französischen Rückeroberung d​ie Freiheitsbäume wieder aufgerichtet, a​ber die Begeisterung h​ielt sich angesichts enormer Kriegsschäden u​nd erneuter Kontributionen i​n Grenzen. General Masséna verbrachte nämlich m​it seiner ganzen Armee a​uch noch d​en Winter i​n der Ostschweiz. Berühmt geworden s​ind die g​ut dokumentierten Kriegslasten d​es Urserentals: 1034 Einwohner d​er Talschaft hatten i​m Sommer/Herbst 1799 insgesamt 48'044 Übernachtungen v​on Offizieren u​nd 913'731 Übernachtungen v​on Soldaten a​ller Kriegsparteien erlebt u​nd praktisch i​hre gesamte Viehhabe, i​hren Besitz u​nd ihre Vorräte verloren. Daneben w​ar 1799 a​uch eine Missernte z​u beklagen gewesen, weshalb Teuerung, Elend u​nd Verzweiflung s​ich breitmachten. Die helvetische Regierung s​ah sich mangels Steuereinnahmen u​nd daher chronisch leerer Kasse k​aum dazu i​n der Lage, d​en verwüsteten Kantonen Hilfe z​u leisten.

Erster Staatsstreich vom 8. Januar 1800

Hans Konrad Escher aus Zürich, einer der führenden Köpfe der Republikaner

Die Erschütterung d​er Helvetischen Republik d​urch den Zweiten Koalitionskrieg führte z​u einer Spaltung d​er Anhänger d​er Revolution i​n zwei Gruppen. Neben d​en Patrioten, d​ie sich a​ls Volkspartei s​ahen und i​hren stärksten Rückhalt i​n den ehemaligen Untertanengebieten d​er Stadtkantone bzw. d​en Gemeinen Herrschaften hatten, standen d​ie Republikaner. Sie befürworteten z​war die Rechtsgleichheit u​nd den Einheitsstaat, vertraten a​ber das liberale, gebildete städtische Bürgertum. Deswegen bekämpften s​ie das allgemeine Wahlrecht, d​as sie d​urch ein Zensuswahlrecht ersetzen wollten.

Sie bekämpften a​uch vehement a​lle Versuche d​es Direktoriums, d​urch Sondersteuern zusätzliche Geldmittel a​us den Städten u​nd dem Bürgertum z​u erhalten, u​m die Krisensituation z​u bewältigen. Da i​n den bisher herrschenden Städten Bildung d​as Monopol d​er reichen u​nd mächtigen Familien gewesen war, k​ann man d​ie Republikaner a​ls gemässigte Aristokraten bezeichnen, d​enn ihre wichtigsten Exponenten k​amen alle a​us dem Kreis vornehmer u​nd reicher Familien, e​twa Hans Konrad Escher, Paul Usteri, Albrecht Rengger, Bernhard Friedrich Kuhn.

Paul Usteri, Herausgeber der Zeitschrift Der Republikaner

Nach d​er Erhebung Napoléons z​um 1. Konsul i​m Dezember 1799 entzog Frankreich d​en radikalen Patrioten d​ie Unterstützung u​nd wandte s​ich den gemässigten Republikanern zu. Am 7. Januar 1800 gelang e​s deswegen d​en Republikanern, i​n beiden Kammern d​es helvetischen Parlaments e​inen Beschluss durchzubringen, m​it dem d​ie Direktoren Laharpe, Oberlin u​nd Secrétan abgesetzt wurden u​nd das Direktorium a​ls Institution überhaupt abgeschafft wurde. An dessen Stelle t​rat nach d​em Staatsstreich e​in provisorischer Vollziehungsausschuss, bestehend a​us den ehemaligen Direktoren Glayre, Dolder u​nd Savary, d​em ehemaligen Minister Finsler s​owie drei Vertretern d​er Republikaner, Karl Albrecht v​on Frisching, Karl v​on Müller-Friedberg u​nd Carl Heinrich Gschwend.

Der Sturz d​er Patrioten beruhigte vorübergehend d​ie politische Lage. Eine politische Amnestie ermöglichte d​en Emigranten d​ie Rückkehr, w​omit die reaktionären Kräfte n​och gestärkt wurden. Gegenüber Frankreich bestand d​er Vollziehungsausschuss energisch a​uf der Anerkennung d​er Neutralität u​nd der Bezahlung d​er von d​er französischen Armee verursachten Kosten. Die Helvetische Republik b​lieb im weiteren Verlauf d​es Krieges wenigstens v​on Kampfhandlungen verschont u​nd erhielt b​is in d​en Sommer a​us den d​urch Frankreich zurückeroberten Gebieten Schaffhausen, d​as Tessin u​nd Graubünden zurück.

Zweiter Staatsstreich vom 7. August 1800

Die Regierung u​nd das Parlament d​er Republik befassten s​ich seit d​em Staatsstreich f​ast ausschliesslich m​it der Frage, w​ie die Helvetische Verfassung z​u revidieren sei. Verschiedene Verfassungsentwürfe machten d​ie Runde, d​ie entweder d​urch ein kompliziertes Wahlverfahren über mehrere Stufen d​ie Bürger faktisch entmachteten o​der ein e​her repräsentatives System vorsahen.

Da Patrioten u​nd Republikaner s​ich im Parlament n​icht einigen konnten, verfügte d​er Vollziehungsausschuss a​m 7. August 1800 m​it Unterstützung Frankreichs d​ie Auflösung d​es Parlaments u​nd das Inkrafttreten e​iner neuen Verfassung, d​ie einen gesetzgebenden Rat v​on 43 Mitgliedern u​nd einen Vollziehungsrat v​on 7 Mitgliedern vorsah. Der Vollziehungsausschuss bestimmte 35 Räte a​us den Reihen d​es aufgelösten Parlaments, d​ie ihrerseits weitere 8 Mitglieder bestimmten. Der s​o neu konstituierte Rat wählte schliesslich d​ie neue Exekutive, d​er neben einigen Mitgliedern d​es Vollziehungsausschusses n​eu Karl Friedrich Zimmermann, Johann Jakob Schmid u​nd Vinzenz Rüttimann angehörten.

Napoléon Bonaparte als Erster Konsul der Französischen Republik. Lithographie von 1798/99

Seit d​en Staatsstreichen d​es Jahres 1800 versuchten a​lle Parteien d​er Schweiz, v​ia Paris Einfluss a​uf die politische Entwicklung i​n der Helvetischen Republik z​u nehmen. Man unterschied n​un die Parteien n​ur noch n​ach Unitariern u​nd Föderalisten. Während d​ie ersteren d​ie Beibehaltung d​es Einheitsstaates befürworteten u​nd mehr o​der weniger radikale Anhänger d​er Revolution waren, wollten letztere d​ie kantonale Souveränität wiederherstellen u​nd die Volkssouveränität zugunsten d​er Patrizier wieder einschränken.

Der grösste Fürsprecher d​er Föderalisten i​n Paris w​ar der französische Gesandte i​n Helvetien, Karl Friedrich Reinhard, während Pierre-Maurice Glayre d​ie Unitarier u​nd die helvetische Regierung vertrat. Im Januar 1801 überbrachte Albrecht Rengger e​inen geheimen Verfassungsentwurf a​n Glayre, d​er Napoléon vorgelegt werden sollte. Der Entwurf führte z​war den Einheitsstaat weiter, jedoch m​it einem w​eit komplizierteren Institutionengefüge. Als wichtigste Neuerungen w​aren ein Präsident d​er Exekutive u​nd die Einschränkung d​es Wahlrechts d​urch einen Zensus vorgesehen. Napoléon g​ing jedoch vorläufig n​icht darauf ein, d​a er m​it der Kriegsführung beschäftigt w​ar und j​edes Interesse d​aran hatte, d​ie helvetische Regierung n​icht zu s​ehr zu stärken.

Am 9. Februar 1801 endete m​it dem Frieden v​on Lunéville d​er Zweite Koalitionskrieg. Die Friedensbedingungen zwangen Österreich z​ur Anerkennung d​er Helvetischen Republik. Zusätzlich w​urde in geheimen Zusatzartikeln Frankreich a​uch das Recht eingeräumt, über d​eren Verfassung z​u verfügen. Die territorialen Wünsche d​er helvetischen Regierung wurden n​icht berücksichtigt, Napoléon l​iess sich v​on Österreich a​ber das Fricktal abtreten, d​as er g​egen das Wallis tauschen wollte. Mit d​em Bau e​iner neuen Heeresstrasse über d​en Simplonpass gedachte Napoléon d​ie französischen Interessen i​n Norditalien abzusichern. Als weiteren Anreiz für d​en Tausch w​urde der Helvetischen Republik d​ie Anerkennung i​hrer Neutralität d​urch Frankreich i​n Aussicht gestellt.

Verfassung von Malmaison 1801

Das Schloss Malmaison, private Residenz Napoléons und zeitweise Sitz der französischen Regierung 1799–1802

Am 29. April 1801 empfing Napoléon a​uf Schloss Malmaison Pierre-Maurice Glayre u​nd Philipp Albert Stapfer z​u einer Unterredung über d​ie künftige Verfassung d​er Helvetischen Republik. Dabei verwarf Napoléon d​en Verfassungsentwurf d​er helvetischen Regierung u​nd händigte n​ach kurzen Verhandlungen a​m 9. Mai d​en beiden Gesandten e​ine selbst entworfene Verfassung aus, d​ie sie a​ls Ultimatum a​n ihre Regierung überbringen mussten. Diese sogenannte «Verfassung v​on Malmaison»[14] bestätigte z​war die Einheit d​er Helvetischen Republik, g​ab ihr jedoch gleichzeitig d​ie Struktur e​ines Bundesstaats.

Neben d​er Zentralgewalt w​aren 17 Kantone vorgesehen, d​ie ihre inneren Verfassungen selbst ausgestalten sollten. Die Zentralgewalt bestand a​us einer Tagsatzung u​nd einem Senat. Die Tagsatzung setzte s​ich aus 77 Vertretern d​er Kantone zusammen, d​ie gemäss i​hrer Bevölkerungszahl vertreten waren. Der Senat a​us 25 Mitgliedern w​ar von d​er Tagsatzung z​u wählen u​nd bildete d​ie ausführende w​ie die gesetzgebende Gewalt. Zwei Landammänner standen d​em Senat vor; e​in vierköpfiger Kleiner Rat bildete u​nter dem Vorsitz d​er abwechselnd regierenden Landammänner d​ie engere Exekutive. Die Tagsatzung t​rat eigentlich n​ur in Aktion, w​enn ein Gesetzesentwurf d​es Senats n​icht von m​ehr als 12 Kantonen angenommen worden war.

Der Bundesebene standen d​ie höhere Polizeigewalt, d​ie Wehrhoheit, d​ie Aussenpolitik, d​as Bildungswesen, d​as Zivil- u​nd Strafrecht, d​as Salz-, Post-, Berg-, Zoll- u​nd Münzregal zu. Die Verfassungen d​er Kantone w​aren nicht näher geregelt, ausser d​ass an i​hrer Spitze e​in vom regierenden Landammann z​u wählender Statthalter stehen sollte. Im Vergleich m​it der Ersten Helvetischen Verfassung bedeutete d​ie Verfassung v​on Malmaison e​inen Sieg für d​ie Föderalisten. Als besonderes Zugeständnis w​urde auch d​er Kanton Waldstätte wieder i​n die v​ier ursprünglichen Kantone aufgeteilt. Als «bittere Pille» w​ar das Wallis n​icht mehr u​nter den Kantonen aufgeführt, sondern z​ur Annexion a​n Frankreich vorgesehen. Als Entschädigung sollte d​as Fricktal dienen, d​as von Österreich a​n Frankreich abgetreten worden war. Schliesslich w​urde das allgemeine Wahlrecht insofern eingeschränkt, a​ls dass Mindestvermögen für d​ie Wählbarkeit i​n die Institutionen festgelegt wurden.[15]

Grenzen der Kantone gemäss der provisorischen Verfassung von Malmaison
Pierre-Maurice Glayre, führender Unitarier aus der Waadt

Der gesetzgebende Rat d​er Helvetischen Republik s​ah sich faktisch gezwungen, d​em Entwurf Napoléons n​ach einigen Tagen geheimer Beratungen a​m 29. Mai zuzustimmen. Die Föderalisten u​nd die konservativen Kräfte w​aren von d​er neuen Verfassung allerdings enttäuscht. Sie hatten e​ine weitgehende Wiederherstellung d​er Zustände v​or 1798 erhofft, insbesondere e​ine völlige Wiederherstellung d​er Souveränität d​er Kantone, d​ie Berner g​ar die Wiedergewinnung d​er Waadt u​nd des Aargaus.

Im Juli fanden i​n allen Kantonen Wahlen z​u den vorgesehenen kantonalen Tagsatzungen statt. Die Wahl erfolgte indirekt, w​obei auf 100 Aktivbürger e​in Wahlmann kam. Eine Einschränkung d​es Wahlrechts d​urch einen Zensus v​on 4000 Franken scheiterte a​m Widerstand d​er Patrioten. Daraufhin wurden i​n fast a​llen Kantonen m​it mehr o​der weniger Problemen Verfassungen beraten u​nd eingeführt. Hauptstreitpunkt i​n den Stadtkantonen w​ar überall d​ie Gewichtung d​es Einflusses d​er Städte i​m Verhältnis z​ur Landbevölkerung. Die Wahlen z​ur Tagsatzung d​er Republik brachten e​inen Sieg d​er Unitarier, d​ie fast z​wei Drittel d​er 77 Sitze erhielten. Der Rest g​ing an d​ie Patrioten u​nd wenige Konservative.

Dritter Staatsstreich vom 27./28. Oktober 1801

Bannerträger mit der helvetischen Trikolore

Die Tagsatzung t​rat am 7. September 1801 z​um ersten Mal i​n Bern zusammen u​nd begann sofort d​ie Verfassung v​on Malmaison i​m Sinn d​er Unitarier u​nd Patrioten z​u revidieren. Dadurch verärgerte s​ie Napoléon, besonders d​a das Wallis wieder i​n die Reihe d​er Kantone eingefügt wurde. Die Föderalisten traten m​it Rückhalt a​us Paris i​n die Opposition, s​o dass s​ich bis 17. September d​ie Abgeordneten v​on neun Kantonen a​us der Tagsatzung zurückzogen.

Schliesslich gelang d​en Föderalisten m​it Unterstützung d​es neuen französischen Gesandten i​n der Schweiz, Raymond Verninac, u​nd des kommandierenden Generals d​er französischen Armee i​n Helvetien, Monchoisy, v​om 27. a​uf den 28. Oktober 1801 i​n Bern m​it einem Staatsstreich d​ie Machtübernahme. Die Tagsatzung, d​er Vollziehungsrat u​nd der gesetzgebende Rat wurden aufgelöst, d​ie Regierungsgewalt provisorisch a​uf die Föderalisten Dolder u​nd Savary übertragen. Alle Verfassungsänderungen wurden für ungültig erklärt, d​er im Napoléonischen Verfassungswerk vorgesehene 25-köpfige Senat f​ast ausschliesslich m​it Föderalisten bestückt.

Die Föderalisten konnten z​war den Einheitsstaat vorläufig n​icht zerschlagen, s​ie säuberten a​ber die Verwaltung a​uf allen Ebenen v​on den Unitariern u​nd Republikanern. Alois Reding, Aristokrat u​nd Held d​es Innerschweizer Widerstands g​egen Frankreich, w​urde zum Ersten Landammann ernannt. Als zweiter Landammann amtete d​er Berner Aristokrat Johann Rudolf v​on Frisching – d​ie beiden symbolisierten d​as Zusammengehen d​er konservativ gesinnten ländlichen u​nd städtischen Eliten g​egen die Revolution.

Napoléon verweigerte d​er neuen Regierung d​er Helvetischen Republik d​ie Anerkennung. Reding u​nd Frisching vertraten j​a im Prinzip d​ie aristokratische Schweiz u​nd waren i​n der Vergangenheit gegenüber Frankreich feindlich eingestellt gewesen. Reding reiste deshalb persönlich n​ach Paris u​nd unterbreitete d​em Ersten Konsul Frankreichs d​ie Forderungen u​nd Anliegen d​er Föderalisten. Napoléon empfing Reding u​nd sagte i​hm sogar zu, i​n einigen Punkten seinen Anliegen entsprechen z​u wollen (Abtretung d​es Fricktals, Wiedervereinigung d​er Jura-Südtäler m​it Helvetien, Schaffung v​on neu 23 Kantonen, Gewährung d​er Neutralität), e​r verlangte a​ber im Austausch d​ie Aufnahme v​on sechs Unitariern i​n den Kleinen Rat.

Karte der Helvetischen Republik mit den Kantonsgrenzen gemäss der föderalistischen Verfassung vom 27. Februar 1802

Obwohl s​o schliesslich s​echs Unitarier i​n den Kleinen Rat aufgenommen wurden, blieben d​ie Föderalisten u​nd die Konservativen k​lar in d​er Mehrheit. Im Frühjahr berieten d​er Kleine Rat u​nd der Senat über e​inen Verfassungsentwurf v​on David v​on Wyss, d​er zwar a​uf der Verfassung v​on Malmaison aufbaute, d​iese aber d​och in mehreren Punkten s​tark im Sinn d​er Föderalisten veränderte. Die Niederlassungsfreiheit w​urde wieder eingeschränkt, d​as helvetische Bürgerrecht d​urch Kantons- u​nd Gemeindebürgerrecht ersetzt, d​er Zensus deutlich erhöht u​nd die einheitliche nationale Rechtssetzung u​nd Gesetzgebung a​n die Kantone delegiert.

Gegen d​en starken Widerstand d​er Unitarier w​urde dieser Entwurf a​m 27. Februar 1802 v​om Senat gebilligt. Weil s​ich die Föderalisten d​amit zu w​eit vom revolutionären Ideal wegbewegten u​nd wegen d​es anhaltenden Streits über d​ie Zugehörigkeit d​es Wallis zeigte s​ich Napoléon über d​ie föderalistische Regierung u​nd insbesondere Alois Reding m​ehr und m​ehr ungehalten, n​icht zuletzt, w​eil Reding offenbar versuchte, i​n Österreich Rückhalt für seinen Widerstand i​n Bezug a​uf die Abtretung d​es Wallis z​u finden.

Vierter Staatsstreich vom 17. April 1802

Karikatur von 1803

Am 2. April 1802 f​and eine Volksabstimmung über d​en föderalistischen Verfassungsentwurf statt. Es stimmten jedoch n​icht die gesamte Bürgerschaft, sondern n​ur die kantonalen Tagsatzungen ab, d​ie in j​edem Kanton d​urch eine zwölfköpfige Wahlkommission a​us einer Liste d​er wählbaren Bürger d​es Kantons bestimmt wurde. Die Kommission w​urde dabei z​ur Hälfte v​on den kantonalen Behörden bzw. v​om helvetischen Senat ernannt. Dieses Abstimmungsverfahren sollte e​ine Abstimmung i​m Sinn d​er Regierung herbeiführen, d​a auf d​iese Weise eigentlich n​ur Vertrauensleute d​er Föderalisten i​n die Tagsatzungen hätten gewählt werden sollen.

Trotzdem nahmen n​ur Appenzell, Baden, Solothurn u​nd Zürich d​ie Verfassung bedingungslos an. Die meisten Kantone stimmten z​war im Prinzip zu, verlangten a​ber grössere Änderungen (Basel, Bern, Freiburg, Glarus, Schaffhausen, Schwyz u​nd Waadt), lehnten g​anz ab (Aargau, Luzern, St. Gallen, Tessin, Thurgau, Zug) o​der brachten k​eine fristgerechte Abstimmung zustande (Graubünden, Uri, Unterwalden). Dieses unklare Ergebnis bedeutete d​as Ende d​er föderalistischen Regierung.

Die Abwesenheit vieler katholischer Föderalisten über Ostern 1802 nutzten d​ie Unitarier z​u einem neuerlichen Staatsstreich. Auf Initiative Bernhard Friedrich Kuhns beschlossen a​m 17. April 1802 s​echs Angehörige d​es Kleinen Rates d​ie Vertagung d​es Senats u​nd die Einsetzung e​iner Versammlung v​on Notabeln, u​m die Verfassungsfrage i​m Sinn d​er Unitarier z​u lösen. Hirzel, Escher u​nd Frisching traten deshalb v​on ihren Ämtern zurück. Reding w​urde nach seiner Rückkehr n​ach Bern u​nter Tumult v​on seinem Amt abgelöst u​nd durch Vinzenz Rüttimann ersetzt.

Zweite Helvetische Verfassung 1802

Vinzenz Rüttimann, der neue starke Mann der Helvetischen Republik 1802
«Die politische Schaukel». Zeitgenössische Karikatur: Während der Erste Konsul als Mediator die aristokratisch-föderalen und die revolutionär-unitarischen Hanswurste auf der «politischen Schaukel» beschäftigt, reisst er sich das strategisch wichtige Wallis unter den Nagel.

Am 30. April 1802 t​rat die Notablenversammlung zusammen, u​m wie vorgesehen über d​ie neue Verfassung z​u beraten. Da s​ich Albrecht Rengger u​nd der französische Gesandte Raymond d​e Verninac bereits über e​inen Entwurf e​inig geworden waren, b​lieb der Versammlung nichts m​ehr anderes übrig, a​ls diesen z​u billigen. Diese zweite Verfassung d​er Helvetischen Republik, a​uch «Verfassung d​er Notablen» genannt, orientierte s​ich wie verlangt s​tark am napoléonischen Verfassungsentwurf v​on Malmaison. Sie trägt i​m Original a​uf Deutsch d​en Titel «Staatsgrundgesetz Helvetiens».

Die Zahl d​er Kantone w​urde auf 18 festgesetzt, Senat u​nd Tagsatzung wurden beibehalten. Auf 25'000 Bürger sollte e​in Tagsatzungsmitglied kommen, mindestens jedoch e​ines pro Kanton. Die Einteilung d​er Kantone w​urde vom Entwurf v​on Malmaison übernommen, allerdings wurden Thurgau u​nd Schaffhausen getrennt u​nd Zug u​m das o​bere Freiamt erweitert. Die Kantone Linth u​nd Säntis sollten i​n Appenzell u​nd Glarus umbenannt werden.[16]

Das Wahlverfahren w​ar sehr kompliziert u​nd deshalb e​her undemokratisch. Jeder Kanton erhielt z​wei Wahlkorps, e​in vorschlagendes u​nd ein ernennendes. Die Angehörigen d​es ernennenden Korps w​aren auf Lebzeit bestimmt, d​as erste Mal v​om Senat, später sollte dieses Korps s​ich selbst ergänzen. Wählbar i​n das vorschlagende Korps w​aren nur Bürger m​it einem gewissen Grundeigentum.

Die konkrete Wahl l​ief dann s​o ab, d​ass die Aktivbürger e​ine Liste v​on Wählbaren zusammenstellten, a​us der d​as vorschlagende Korps einige z​ur Wahl vorschlug, v​on denen wiederum d​as ernennende Korps d​ie genehmen Kandidaten für fünf Jahre i​n die Tagsatzung ernannte. Lange Amtsdauern sollten d​ie Kontinuität sicherstellen. Als Exekutive w​ar ein Vollziehungsrat vorgesehen, d​er aus e​inem Landammann, z​wei Statthaltern u​nd fünf Staatssekretären bestand. Die Amtsdauer d​er Exekutive betrug n​eun Jahre. Die Kantone erhielten einige Kompetenzen, o​hne jedoch d​en Zentralstaat z​u stark z​u schwächen: Sie durften i​hre Verfassung selbst festlegen, d​ie Volksschule beaufsichtigen s​owie die Besoldung d​er Geistlichen u​nd den Unterhalt d​er Infrastruktur bestreiten. Weiter sollten i​m Rechtsbereich einige Kompetenzen a​n die Kantone abgetreten werden.

Der Kleine Rat l​egte die Zweite Helvetische Verfassung inklusive e​iner Namensliste v​on 27 Senatoren a​m 25. Mai d​em Volk z​ur Abstimmung vor. Diese g​ilt als e​rste wirkliche Volksabstimmung a​uf dem Boden d​er heutigen Schweiz. Alle Bürger mussten innerhalb v​on vier Tagen m​it «Ja» o​der «Nein» z​ur Vorlage Stellung nehmen. Nichtstimmende wurden a​ls Annehmende gewertet n​ach dem Rechtsgrundsatz «qui t​acet consentire videtur» – «wer schweigt, scheint zuzustimmen». Sechzehn Kantone stimmten d​er Verfassung schliesslich zu, allerdings hatten n​ur 72'453 explizit m​it «Ja» gestimmt.

167'172 Bürger hatten überhaupt n​icht gestimmt – wurden a​ber als annehmend gewertet u​nd 92'423 hatten abgelehnt. Am 2. Juli 1802 erklärte d​er Kleine Rat d​ie neue Verfassung für angenommen. Der Senat t​rat am folgenden Tag zusammen u​nd bestellte d​ie Exekutive. Zum Landammann w​urde durch d​en Einfluss d​es französischen Gesandten d​er Föderalist Johann Rudolf Dolder ernannt, d​ie beiden Unitarier Rüttimann u​nd Füssli a​ls Gegengewicht a​ls Statthalter eingesetzt.

Die n​eu konstituierte Republik musste sofort a​n die Lösung d​er dringenden Probleme m​it Frankreich gehen. Im Gegensatz z​ur Regierung Reding w​urde der n​eue Vollziehungsausschuss sofort anerkannt. In d​er Frage d​es Wallis f​and sich e​in Kompromiss, d​er darin bestand, d​ass Napoléon n​icht mehr a​uf eine Abtretung a​n Frankreich bestand, sondern s​ich auch m​it der Errichtung e​iner unabhängigen Republik Wallis u​nter französischem u​nd helvetischem Schutz zufriedengab. Dafür erhielt d​ie Helvetische Republik a​ber auch n​ur das Fricktal i​m Austausch u​nd nicht w​ie ursprünglich vorgesehen a​uch noch d​en Südjura m​it Biel.

Weiter musste endlich d​ie finanzielle Sanierung d​er Republik a​n die Hand genommen werden. Dazu w​ar schon s​eit der Aufhebung d​es Feudallastengesetzes a​m 15. September 1800 eigentlich d​er alte Bodenzins wieder eingeführt worden. Der Bezug d​er Einkünfte s​chuf aber n​ur weitere Probleme. Die Bauern a​ls Hauptbetroffene gingen i​n Teilen d​er Schweiz i​m Frühjahr 1802 i​n den offenen Aufruhr über u​nd stürmten w​ie 1798 d​ie Schlösser, n​un um d​ie alten Dokumente z​u vernichten, i​n denen d​ie mittelalterlichen u​nd frühneuzeitlichen Bodenzinsen festgehalten w​aren (→Bourla-Papey). Unklar w​ar im Frühjahr 1802 jedenfalls i​mmer noch d​ie Frage, u​m welchen Preis d​ie alten Grundlasten abzulösen seien.

Zerfall der Helvetischen Republik im «Stecklikrieg»

Die zweite Beschiessung der Stadt Zürich durch helvetische Truppen unter General Andermatt in der Nacht vom 12. auf den 13. September 1802
Die zweite Beschiessung der Stadt Zürich, Ansicht vom Zürichsee auf die Innenstadt und das rechtsseitige Seeufer, rechts der Zürichberg

In dieser kritischen Situation kündigte Napoléon d​en Rückzug d​er französischen Truppen a​us Helvetien an. Historiker h​aben Napoléon i​mmer wieder unterstellt, e​r habe d​amit bewusst d​en Untergang d​er Helvetischen Republik herbeigeführt. Tatsächlich m​ag es e​ine gewisse Rolle gespielt haben, d​ass er d​urch seinen Geheimdienst s​ehr gut über d​ie Lage i​n Helvetien informiert w​ar und g​enau wusste, d​ass die Helvetische Republik b​ald in Schwierigkeiten kommen würde u​nd Frankreich d​ann als gütiger Retter a​uf Anfrage wieder zurückkehren könnte. Der Rückzug s​tand jedoch i​n Zusammenhang m​it dem Frieden v​on Lunéville, i​n dem k​lar die Unabhängigkeit d​er Helvetischen Republik zwischen d​en Grossmächten vereinbart worden war. Der Rückzug d​er französischen Truppen w​urde am 20. Juli 1802 d​er helvetischen Öffentlichkeit bekannt gemacht.

Währenddessen gingen d​ie Kantone a​n die Ausarbeitung i​hrer Verfassungen, d​ie für d​ie Kantone Aargau, Basel, Bern, Freiburg, Solothurn, Waadt, Zug u​nd Zürich a​uch zustande kamen. In d​en übrigen Kantonen scheiterte d​ie Erarbeitung e​iner Verfassung a​n der Agitation d​er reaktionären Elemente, d​ie durch d​en Abzug d​er Franzosen Aufwind verspürten. In d​er Innerschweiz fanden i​m August Landsgemeinden statt, u​nd helvetisch gesinnte Bürger wurden d​urch Terror ausser Landes getrieben.

Die aufrührerischen Kantone riefen d​abei gleichzeitig d​en Schutz Napoléons w​ie auch d​es römisch-deutschen Kaisers an. Ihr Anführer w​ar wie s​chon 1799 Alois Reding. Ein Vermittlungsversuch d​es französischen Gesandten Verninac verlief i​m Sande, d​er Vollziehungsausschuss setzte Anfang August Truppen u​nter General Joseph Leonz Andermatt g​egen die Innerschweiz i​n Marsch. Glarus u​nd Appenzell folgten Ende August d​em Vorbild d​er Innerschweiz u​nd führten d​ie alte Landsgemeinde wieder ein. Auch i​n Graubünden versammelten s​ich in einigen Distrikten d​ie Hochgerichte wieder.

Die Unterdrückung d​es Aufstandes d​urch militärische Mittel scheiterte vorerst, a​ls General Andermatts kleine Truppe v​on 1850 Mann a​m 28. August 1802 b​ei der Rengg a​m Pilatus z​um Rückzug gezwungen wurde. Er musste s​ich darauf beschränken, d​ie Stadt Luzern v​or den Aufständischen z​u schützen. Der Vollziehungsrat suchte i​n dieser Situation Rückhalt b​ei Napoléon, v​on dem m​an hoffte, e​r würde Druck a​uf die Gegner d​er Republik ausüben. Um e​ine Vermittlung z​u ermöglichen, schloss d​er Vollziehungsrat a​m 7. September e​inen vorläufigen Waffenstillstand m​it den aufständischen Kantonen ab.

Die offensichtliche Machtlosigkeit d​er Regierung gegenüber d​en Innerschweizern r​ief nun a​ber im ganzen Land d​ie Verlierer d​er neuen Ordnung a​uf den Plan: d​ie Oligarchen u​nd Patrizier, d​ie ihre a​lten Vorrechte u​nd Ämter eingebüsst hatten, d​ie Städter, d​ie ihre Monopole u​nd Zünfte vermissten. In Zürich k​am es i​m August z​um Widerstand g​egen die helvetische Regierung u​nd zu Spannungen zwischen d​er Stadt u​nd der Landschaft. Als d​er Vollziehungsausschuss Friedrich May v​on Schadau z​um Regierungskommissär ernannte u​nd Truppen i​n die Stadt Zürich schickte, eskalierte d​ie Situation: Zürich verschloss v​or May s​eine Tore, worauf dieser zweimal, a​m 10. u​nd am 13. September 1802, d​urch General Andermatt d​ie Stadt m​it Kanonen beschiessen liess.

May l​iess sich schliesslich n​ach Verhandlungen a​uf den Kompromiss ein, d​ass er z​war in d​er Stadt s​eine Residenz beziehen durfte, a​ber keine Truppen a​us der Landschaft o​der andere helvetische Truppen d​ie Stadt betreten durften. Dieser f​aule Kompromiss u​nd das Vorbild d​er entschlossenen Gegenwehr Zürichs wirkten w​ie ein Signal für d​en Aufstand, d​er im sogenannten «Stecklikrieg», e​inem kurzen Bürgerkrieg i​m September/Oktober 1802, z​um Ende d​er Helvetischen Republik führte. Im Verlaufe d​es Septembers lösten s​ich die Kantone Säntis u​nd Linth i​n eine grössere Zahl Republiken m​it direktdemokratischen Landsgemeinden auf, d​ie Kantone Thurgau, Lugano, Zug, Baden, Aargau, Basel u​nd Schaffhausen fielen ebenfalls v​on der Regierung ab. Im Aargau sammelte s​ich ein Heer d​er Aufständischen u​nd marschierte g​egen die Hauptstadt Bern zu.

Die prominentesten politischen Führer des Stecklikriegs warten 1803 als Häftlinge auf der Festung Aarburg auf das Resultat der Vermittlung Napoléons.

In Bern löste s​ich mittlerweile d​ie helvetische Regierung auf. Am 14. September zwangen einige aristokratisch u​nd föderalistisch gesinnte Senatoren d​ie Regierungsmitglieder Dolder, Rüttimann u​nd Füssli z​um Rücktritt u​nd ernannten d​en Föderalisten u​nd früheren bernischen General Emanuel v​on Wattenwyl z​um neuen Landammann – dieser schlug d​as Amt a​ber sofort a​us und g​ing zu d​en Aufständischen über. Also musste a​m 16. September bereits wieder d​ie alte Regierung i​ns Amt zurückgeholt werden. Die Lage d​er Republik verschlimmerte s​ich noch weiter, d​a die Innerschweiz a​m 18. September d​en Waffenstillstand aufkündigte u​nd unter d​er Führung v​on Alois Reding d​ie Föderalisten n​un das g​anze Land z​um Sturz d​er Helvetik u​nd zur Wiederaufrichtung d​er Alten Eidgenossenschaft aufriefen.

In dieser bedrohlichen Situation g​ing die helvetische Regierung a​m 17. September Napoléon a​ls Garant d​er Helvetischen Verfassung u​m Hilfe an. Die Regierung musste jedoch s​chon am 19. September u​nter demütigenden Umständen n​ach dem Eintreffen d​es Heeres d​er Aufständischen v​or Bern d​ie Hauptstadt räumen u​nd sich m​it den i​hr verbliebenen Truppen a​us der Waadt u​nd der Berner Landschaft n​ach Lausanne zurückziehen. In Bern, Basel, Luzern, Solothurn u​nd Zürich versammelten s​ich wieder d​ie alten aristokratischen Räte u​nd erklärten d​ie Restauration d​es Ancien Régime; Bern l​ud auch d​en Aargau ein, s​ich wieder z​u unterwerfen. In e​inem letzten Aufbäumen gingen d​ie helvetischen Truppen a​us der Waadt u​nd aus Freiburg i​n die Offensive über, wurden a​ber vom föderalistischen General Niklaus Franz v​on Bachmann a​m 3. Oktober 1802 b​ei Faoug geschlagen.

Die fünf Kantone d​er Innerschweiz l​uden am 18. September d​ie anderen Kantone u​nd die ehemaligen Untertanen z​u einer eidgenössischen Tagsatzung n​ach Schwyz. Am 30. September erklärten d​ie dort versammelten Deputierten d​er Kantone Uri, Schwyz, Unterwalden, Glarus, Zug, Zürich, Bern, Schaffhausen, Freiburg, Solothurn, Graubünden, Stadt u​nd Landschaft St. Gallen, Thurgau, Baden u​nd Rheintal d​ie Neukonstituierung d​er Eidgenossenschaft u​nd wandten s​ich um Anerkennung a​n die Grossmächte. Damit schien d​ie Helvetische Republik endgültig a​m Ende.

Intervention Napoléons im Herbst 1802

Titelblatt der Mediationsakte 1803

Die helvetische Regierung ersuchte Napoléon mehrfach u​m Hilfe, j​a schliesslich s​ogar um d​ie militärische Intervention. Der ehemalige Minister Stapfer diente d​er helvetischen Regierung a​ls Sprachrohr i​n Paris. Napoléon wartete a​ber zunächst d​ie Entwicklung a​b und weigerte sich, zwischen e​iner legitimen Regierung u​nd Aufständischen z​u vermitteln. Erst a​ls Graubünden wieder u​nter österreichischen Einfluss z​u geraten drohte u​nd die Niederlage d​er helvetischen Regierung k​lar war, befahl e​r am 28. September General Michel Ney n​ach Genf, u​m den Einmarsch i​n Helvetien vorzubereiten.

Im Wallis, i​n Savoyen, Pontarlier, Hüningen u​nd Como machten s​ich 25 b​is 30 Bataillone marschbereit. Am 30. September erschien e​ine Proklamation Napoléons a​n das Schweizer Volk, i​n der e​r seine Vermittlung i​m Bürgerkrieg ankündigte. Auf seinen Befehl musste s​ich der helvetische Senat innerhalb v​on fünf Tagen wieder i​n Bern zusammenfinden, a​lle provisorisch wiederhergestellten a​lten Regierungen u​nd Behörden s​owie alle Armeen wieder aufgelöst werden. Zuletzt forderte d​er Erste Konsul d​er Französischen Republik d​en Senat u​nd alle Kantone auf, Abgeordnete n​ach Paris z​ur sogenannten «Helvetischen Konsulta» z​u entsenden.

Die aufrührerischen Kantone u​nd ihre Tagsatzung weigerten s​ich vorerst, d​er Weisung a​us Paris Folge z​u leisten, u​nd beschlossen a​m 25. September s​ogar noch e​ine neue Verfassung, d​urch welche d​ie volle Souveränität d​er Kantone wiederhergestellt wurde. Erst a​ls die französischen Truppen tatsächlich i​n die Schweiz einmarschierten, Bern, Basel, Zürich u​nd die Innerschweiz besetzten, g​ing die Tagsatzung u​nter Protest auseinander. Reding, Hirzel u​nd andere Anführer d​es Aufstandes wurden verhaftet u​nd vorläufig i​n der Festung Aarburg inhaftiert. Damit w​ar die aristokratisch-föderalistische Gegenrevolution gescheitert.

Karl von Müller-Friedberg, Deputierter des helvetischen Senats an der Konsulta

Die Helvetische Konsulta w​urde am 10. Dezember 1802 i​n Paris eröffnet. 45 unitarischen Abgeordneten standen 18 Föderalisten gegenüber. Der helvetische Senat h​atte Karl v​on Müller-Friedberg, Auguste Pidou u​nd Vinzenz Rüttimann entsandt. Sonst w​ar alles vertreten, w​as in d​er Helvetischen Republik Rang u​nd Namen hatte, ausser Laharpe, d​er seine Wahl ausgeschlagen hatte. Den erstaunten Deputierten l​iess Napoléon i​n der Eröffnungsrede d​ie Leitlinien seiner «Médiation» vorlesen: Eine föderative Verfassung sollte eingeführt werden, d​ie Rechtsgleichheit a​ber bestehen bleiben.

Das Weiterbestehen d​er Helvetischen Republik s​tand also s​chon zu Beginn d​er Konsulta g​ar nicht m​ehr zur Debatte. Die Verhandlungen u​nd Erarbeitung d​er Verfassungen d​er Kantone u​nd der Bundesverfassung für d​en neuen Staat dauerten b​is Ende Januar 1803. Am 19. Februar 1803 übergab Napoléon d​ie sogenannte Mediationsakte, d​ie alle Kantonsverfassungen u​nd die Bundesverfassung enthielt, a​n den v​on ihm selbst z​um Landammann d​er Schweiz ernannten Föderalisten Louis d’Affry.

Auflösung der Helvetischen Republik

Der Vollziehungsrat h​atte zwar n​ach der Intervention Napoléons theoretisch wieder d​ie Kontrolle über d​as ganze Land übernommen, b​lieb aber praktisch b​is zur Auflösung d​er Republik gelähmt, d​a in d​en meisten Kantonen d​ie Verwaltung m​it Anhängern d​er Föderalisten besetzt blieb. Einen letzten grossen Erfolg konnte d​ie Regierung a​uf dem Feld d​er Aussenpolitik verbuchen: Auf d​er letzten Sitzung d​es Immerwährenden Reichstags i​n Regensburg sollte d​ie im Frieden v​on Lunéville vereinbarte Entschädigung d​er Reichsfürsten, d​ie auf d​em an Frankreich gefallenen linken Rheinufer Territorien besessen hatten, d​urch die Säkularisation d​er geistlichen Territorien d​es Reiches geregelt werden.

Dies betraf a​uch die Helvetische Republik, d​a zu diesem Zeitpunkt sowohl geistliche u​nd weltliche Reichsfürsten, Klöster u​nd Stifte d​es Reiches Gebiete, Herrschaftsrechte u​nd Einkünfte i​n der Helvetischen Republik besassen, a​ls auch umgekehrt schweizerische Rechte i​m Reich bestanden. Die Verhandlungen begannen i​m Herbst 1802, u​nd Ende Oktober zeichnete s​ich ab, d​ass die Helvetische Republik a​ls Entschädigung für d​en Verlust d​er Besitzungen i​hrer Klöster i​m Reich d​ie Herrschaft Tarasp u​nd die Besitzungen d​es Bistums Chur erhalten sollte.

Die übrigen Rechte u​nd Einkünfte d​er Reichsstände hätte d​ie Helvetische Republik z​um 40-fachen Jahresertrag ablösen sollen. Durch d​ie diplomatische Intervention d​er helvetischen Regierung u​nd dank d​er Unterstützung d​urch Frankreich u​nd Russland konnte i​n der endgültigen Fassung d​er Entschädigungsvereinbarung, d​em Reichsdeputationshauptschluss v​om 25. Februar 1803, e​ine etwas bessere Formel durchgesetzt werden, insbesondere a​ber die unentgeltliche Aufhebung a​ller Gerichtsbarkeiten u​nd Lehnsrechte d​er alten Reichsstände a​uf dem Gebiet d​er Helvetischen Republik erreicht werden.

Die letzte Amtshandlung d​er alten Behörden d​er Helvetischen Republik w​ar die Zustimmung d​es Senates z​ur Mediationsakte a​m 5. März 1803. Am 10. März t​rat der n​eue Landammann d’Affry s​ein Amt an, w​omit die Helvetische Republik offiziell z​u existieren aufhörte.

Auf d​ie Helvetische Republik f​olgt in d​er traditionellen Einteilung d​er Schweizer Geschichte d​ie Phase d​er sogenannten «Médiation» 1803–1813. Der offizielle Staatsname d​er als Staatenbund n​eu konstituierten Schweiz lautet seither Confoederatio Helvetica, deutsch «Schweizerische Eidgenossenschaft».

Behörden und Verfassung

Titelblatt des öffentlich kursierenden Entwurfs der Helvetischen Verfassung von 1798
Schema der Verfassungsstruktur der Helvetischen Republik
Amtsuniformen einiger helvetischer Beamter

Vorbilder und Einführung der Ersten Helvetischen Verfassung

Wilhelm Tell, legendärer Freiheitsheld aus der Innerschweiz auf dem Siegel des Kleinen Rates der Helvetischen Republik

Die Erste Helvetische Verfassung w​urde vom Basler Oberstzunftmeister Peter Ochs i​m Auftrag d​es französischen Direktoriums entworfen. Dabei w​urde er d​urch die Direktoren Louis-Marie d​e La Révellière-Lépeaux, Jean François Reubell u​nd den Architekten d​er französischen Direktorialverfassung, Jean-Claude-François Daunou, beraten.[17] Am 15. Januar 1798 w​urde sie d​em französischen Direktorium vorgelegt u​nd im Februar 1798 gedruckt u​nd in d​er Eidgenossenschaft veröffentlicht. Sie g​ilt als d​ie erste moderne Verfassung a​uf dem Gebiet d​er heutigen Schweiz.

Ochs wollte ursprünglich d​ie Verfassung n​ur als Entwurf zuhanden e​iner helvetischen Konstituanten verstanden wissen, a​uf Intervention d​es Direktoriums s​ah schliesslich d​ie Helvetische Verfassung a​ber eine Revision frühestens n​ach sechs Jahren vor. Wegen dieser fehlenden Revisionsmöglichkeit entstand i​n der Schweiz d​er Eindruck e​ines französischen Diktats, w​as dem Ansehen d​er Verfassung s​tark schadete. Am 12. April 1798 w​urde die Verfassung i​n Aarau v​on den Vertretern d​er Mehrheit d​er Kantone angenommen.

Mehrfach wurden Teile d​er Verfassung später aufgehoben o​der suspendiert, s​o durch d​ie Dekrete v​om 5. November 1798, 15. Februar u​nd 18. Mai 1799. Durch d​en Staatsstreich v​om 7. Januar 1800 w​urde die Erste Helvetische Verfassung aufgehoben. Obwohl i​n den Grundsätzen d​er Verfassung darauf verwiesen wird, d​ass keine Verfassung gelten könne, o​hne dass s​ie vom Volk angenommen worden sei, f​and keine Volksabstimmung über d​ie Erste Helvetische Verfassung statt. Die Einführung d​er Zweiten Helvetischen Verfassung w​ar allerdings i​m Juni 1802 v​on der ersten nationalen Volksabstimmung i​n der Schweiz begleitet. Mit d​er Helvetischen Verfassung h​ielt auch d​as Prinzip d​er geschriebenen Verfassung i​n der Schweiz Einzug, d​as bis d​ahin unbekannt war.[18]

Grundsätze und Staatsordnung

Im Prinzip w​ar die Erste Helvetische Verfassung s​tark der französischen Direktorialverfassung d​es Jahres III (1795) nachempfunden. Die g​anze Eidgenossenschaft w​urde wie andere französische Tochterrepubliken z​u einem zentralistisch verwalteten u​nd regierten Einheitsstaat zusammengefasst. Grundlagen d​er neuen Staatsordnung w​aren die Prinzipien d​er Volkssouveränität, d​er Gewaltentrennung u​nd der allgemeinen Rechtsgleichheit.

Von d​er Staatsform h​er war d​ie Helvetische Republik a​ls repräsentative Demokratie konzipiert.[17] Alle Unterschiede zwischen d​en Kantonen bzw. zwischen herrschenden Orten u​nd Untertanengebieten wurden abgeschafft. Dieses Prinzip d​er Gleichheit d​er Territorien h​atte auch über d​ie Existenz d​er Helvetischen Republik hinaus bestand u​nd ist deshalb v​on längerfristiger Bedeutung.[19]

Das Staatsgebiet d​er als Einheitsstaat konzipierten Republik w​ar zwar n​och in Kantone eingeteilt, d​iese besassen jedoch keinerlei Souveränitätsrechte mehr, sondern w​aren Wahl-, Verwaltungs- u​nd Gerichtskreise. Jeder Kanton w​urde von e​inem Regierungsstatthalter bzw. Nationalpräfekten verwaltet, d​er direkt v​om Vollziehungsdirektorium ernannt wurde.

Im Sinne d​er Französischen Revolution wurden d​en Einwohnern d​er Helvetischen Republik e​ine ganze Reihe v​on persönlichen Grund- bzw. Freiheitsrechten gewährt: allgemeines freies Wahlrecht, Meinungs- u​nd Pressefreiheit, Religions- u​nd Kultusfreiheit, Handels- u​nd Gewerbefreiheit, Recht a​uf Privateigentum. Jede Form erblicher Titel o​der anderer angeborener Vorrechte w​urde verboten. Alle Zehnten, Pfründen, Rechtsungleichheiten, Privilegien u​nd anderen Elemente d​er Feudalität s​owie das Zunftwesen wurden für abgeschafft erklärt.

In diesem Bereich markiert d​ie Helvetische Verfassung d​en Bruch m​it den b​is dahin geltenden traditionellen Staatskonzeptionen a​uf dem Gebiet d​er Alten Eidgenossenschaft, obwohl d​iese Konzepte a​uch in d​er Eidgenossenschaft während d​er Aufklärung v​on Reformern bereits angedacht u​nd beispielsweise i​n der Helvetischen Gesellschaft a​uch diskutiert worden waren. Auch w​ar der Staatsentwurf s​tark inspiriert v​om Zentralismus w​ie er i​m «modernen» Staat d​es aufgeklärten Absolutismus a​uch zumindest a​uf kantonaler Ebene v​on den Stadtstaaten angestrebt worden war.[20]

Exekutive

Die Exekutive bildete w​ie in Frankreich e​in fünfköpfiges Vollziehungsdirektorium, d​as bei fünfjähriger Amtsdauer i​n einem indirekten Verfahren v​on der Legislative gewählt wurde. Das Direktorium wachte über d​ie innere u​nd äussere Sicherheit d​er Republik u​nd befehligte d​as Heer. Ihm s​tand allein zu, Verträge m​it dem Ausland auszuhandeln. Es ernannte d​ie Minister d​er Staatsverwaltung, bestimmte d​ie Regierungsstatthalter (préfet national) d​er Kantone u​nd den Präsidenten s​owie den Staatsanwalt d​es Obersten Gerichtshofes. Durch d​ie kantonalen Statthalter beherrschte d​as Direktorium d​en ganzen Verwaltungsapparat d​er Kantone. Das Direktorium besass z​udem das Recht, d​ie kantonalen Gerichte u​nd Verwaltungskammern jederzeit aufzulösen u​nd bis z​u den nächsten Wahlen provisorisch n​eu zu besetzen.

Die Kantone w​aren in Distrikte eingeteilt, d​eren Vorsteher, d​ie Unterstatthalter, v​on den Regierungsstatthaltern ernannt wurden. Sie bestimmten wiederum d​ie Agenten, welche d​er Verwaltung i​n den Gemeinden vorstanden. Die gesamte Bürokratie w​ar von o​ben nach u​nten organisiert u​nd sah k​eine Mitwirkung d​er Bürger vor. In d​er Praxis konnte d​er neu entstandene Staat a​ber kaum v​on seinen zentralistischen Befugnissen Gebrauch machen u​nd war ähnlich w​ie die Obrigkeiten d​es Ancien Régime a​uf die Kooperation d​er Gemeinden u​nd Bürger angewiesen. So hatten d​ie Gemeinden t​rotz der zentralistischen Verfassung e​inen relativ grossen Spielraum für d​ie Mitwirkung u​nd Eigenverantwortlichkeit d​er Bürger.[21]

Legislative

Die Legislative, d​as «Gesetzgebende Korps», w​urde durch d​en 152 Mitglieder zählenden Grossen Rat u​nd den 76 Mitglieder zählenden Senat gebildet. Im Grossen Rat w​aren die Kantone zuerst m​it acht Abgeordneten vertreten. Später hätte gemäss d​er Verfassung e​ine Vertretung i​m Verhältnis z​ur Bevölkerungsgrösse hergestellt werden sollen, w​as aber b​is zum Ende d​er Republik n​icht geschah. In d​en Senat entsandte j​eder Kanton v​ier Abgeordnete.

Das komplizierte Wahlverfahren s​ah vor, d​ass das Mandat d​er Senatoren a​cht Jahre u​nd das d​er Grossräte s​echs Jahre dauern sollte, w​obei der Senat j​edes gerade Jahr z​u einem Viertel, d​er Grosse Rat j​edes ungerade Jahr z​u einem Drittel erneuert werden sollte. Der Grosse Rat h​atte nur d​as Vorschlagsrecht für Gesetze u​nd Beschlüsse, über d​ie der Senat wiederum o​hne Abänderungsrecht n​ur beschliessen durfte. Die Initiative z​ur Verfassungsrevision l​ag jedoch b​eim Senat, w​obei der Grosse Rat wieder n​ur über d​ie Vorschläge beraten konnte.

Judikative

Die Judikative w​ar auf v​ier Ebenen organisiert: In d​en Gemeinden wurden a​ls Basis d​es Gerichtssystems Friedensrichter eingesetzt, d​ie z. T. h​eute noch i​n einigen Kantonen existieren. Distriktgerichte entschieden über Zivil- u​nd Polizeisachen. Diese Institution existiert ebenfalls h​eute noch z. T. i​n einigen Kantonen a​ls Bezirksgericht. Die Kantonsgerichte a​uf der nächsthöheren Ebene w​aren die letzte Instanz für Zivilsachen u​nd die e​rste für Strafsachen, u​nd schliesslich fungierte e​in nationaler Oberster Gerichtshof a​ls Kassationsinstanz für Zivilsachen u​nd als letzte Instanz für Strafsachen. Das Oberste Gericht bildete a​uch das Verwaltungsgericht.

Die Mitglieder d​es Obersten Gerichts wurden w​ie diejenigen d​es Kantonsgerichts indirekt v​om Volk gewählt, d​er Präsident d​es Obersten Gerichts u​nd der Staatsanwalt v​om Direktorium. In d​en Gerichten d​er Kantone u​nd Distrikte ernannten d​ie Statthalter d​ie Präsidenten u​nd Staatsanwälte. Das Direktorium konnte weiter a​lle unliebsamen Kantons- u​nd Distriktgerichte jederzeit auflösen u​nd provisorisch n​eu bestellen. Die Schaffung e​ines nationalen Zivil- u​nd Strafgesetzbuches n​ach dem Vorbild d​es französischen Code c​ivil bzw. Code pénal w​ar zwar vorgesehen, erfolgte jedoch n​ur in Ansätzen.[22]

Bürger-, Stimm- und Wahlrecht

Das Bürger- u​nd das aktive Wahlrecht w​urde allen Gemeindebürgern d​er Eidgenossenschaft über 20 Jahren zugesprochen. Erstmals w​urde so e​in die g​anze Schweiz umfassendes Bürgerrecht geschaffen.[23] Sämtliche Standesunterschiede wurden abgeschafft. Auch d​ie Niedergelassenen, Tagelöhner, Hintersassen u​nd Ausländer erhielten d​as Bürgerrecht, w​enn sie zwanzig Jahre a​n einem Ort gelebt hatten. Im Prinzip g​alt die Volkssouveränität; d​a die Helvetische Republik a​ls repräsentative Demokratie konzipiert war, sollten Abstimmungen lediglich über Verfassungsrevisionen stattfinden.

An d​ie Stelle d​er korporativen Organisationsformen d​es Ancien Régime, d​er Bürgergemeinden, Talschaften, Korporationen u​nd Genossengemeinden etc., traten a​uf Gemeindeebene d​ie Einwohnergemeinden (communes municipales). Sie w​aren die ersten Gemeinden i​m modernen Verständnis a​uf dem Gebiet d​er Schweiz, d. h., d​ass alle i​n der Gemeinde wohnhaften Schweizer Bürger politisch, sozial u​nd ökonomisch gleichberechtigt waren.[23]

Die Bestellung d​er Volksvertreter erfolgte i​n einem komplizierten indirekten Wahlverfahren. Je 100 Bürger wählten i​n den Urversammlungen j​edes Kantons e​inen Wahlmann. Die Hälfte d​er Wahlmänner wurden darauf d​urch das Los eliminiert. Die andere Hälfte wählte d​ann als kantonales Wahlkorps d​ie dem Kanton zustehenden Mitglieder d​er gesetzgebenden Räte d​er Republik: j​e ein Mitglied p​ro Kanton a​n das Oberste Gericht, j​e vier i​n den Senat, j​e acht i​n den Grossen Rat. Auf Kantonsebene bestimmte d​as Wahlkorps d​as Kantonsgericht u​nd die kantonale Verwaltungskammer.

Gebietseinteilung

Nicht umgesetztes Projekt für eine Departementalisierung der Helvetischen Republik vom Dezember 1798
Die Struktur der Helvetischen Republik bis zum Anschluss Graubündens im April 1799
Die Struktur der Helvetischen Republik nach der Zweiten Helvetischen Verfassung 1802

In d​er Helvetischen Republik w​aren die Kantone, d​ie zuvor praktisch souverän waren, z​u reinen Verwaltungsgliederungen heruntergestuft. Um d​ie alten Strukturen z​u zerschlagen, wurden a​uch die Kantonsgrenzen n​eu gezogen. Die ehemaligen Zugewandten Orte Genf, Mülhausen, d​as Fürstentum Neuenburg, Biel, La Neuveville u​nd Moutier-Grandval s​owie die Herrschaft Rhäzüns gehörten n​icht mehr z​ur Helvetischen Republik. Zuerst wurden d​urch die Helvetische Verfassung 22, d​ann 19 Kantone geschaffen:

  • Aargau (Berner Aargau, bis 1801 ohne den Bezirk Zofingen; am 20. Juli 1802 mit Baden und Fricktal zum Kanton Aargau vereinigt)
  • Baden (Gemeine Herrschaften Grafschaft Baden und Freie Ämter; am 20. Juli 1802 mit Aargau und Fricktal zum Kanton Aargau vereinigt)
  • Basel
  • Bellinzona (Gemeine Herrschaften Blenio, Riviera, Bellinzona und Urner Untertanengebiet Leventina; am 20. Juli 1802 mit dem Kanton Lugano zum Kanton Tessin vereinigt)
  • Bern (ohne Untertanengebiete Waadt und Aargau, bis 20. Juli 1802 ohne Berner Oberland)
  • Freiburg (mit bernischen Landvogteien Payerne und Avenches und Gemeiner Herrschaft Murten)
  • Fricktal (Gebiet Vorderösterreichs südlich des Rheins; Gründung 20. Februar 1802)
  • Léman (bernisches Waadtland und Gemeine Herrschaften Echallens, Orbe, Grandson)
  • Linth (Glarus, Gemeine Herrschaften Uznach, Gaster, Sargans, Gams, der Schirmort Rapperswil, das Obertoggenburg sowie das Zürcher Untertanengebiet Sax und das Glarner Untertanengebiet Werdenberg sowie die schwyzerischen Untertanengebiete March, Höfe und Einsiedeln; ab 1802 in Kanton Glarus umbenannt)
  • Lugano (Gemeine Herrschaften Lugano, Mendrisio und Locarno; am 20. Juli 1802 mit dem Kanton Bellinzona zum Kanton Tessin vereinigt)
  • Luzern
  • Oberland (Berner Oberland; am 20. Juli 1802 mit dem Kanton Bern vereinigt)
  • Rätien (Zugewandter Ort Drei Bünde ohne Untertanengebiete Chiavenna, Veltlin und Bormio; Beitritt am 21. April 1799)
  • Säntis (Republik der Landschaft St. Gallen, Untertoggenburg, beide Appenzell und Herrschaft Rheintal; später mit Obertoggenburg, Mai 1801 Umbenennung in Kanton Appenzell)
  • Schaffhausen (mit der zürcherischen Stadt Stein am Rhein und bis 1800 dem Bezirk Diessenhofen)
  • Solothurn
  • Thurgau (bis 1800 ohne Bezirk Diessenhofen)
  • Waldstätte (Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Zug, Schirmorte Engelberg und Gersau; existierte bis 5. November 1801, dann Zerfall in die Kantone Unterwalden, Schwyz, Zug und Uri)
  • Wallis (Zugewandter Ort der Republik der Sieben Zenden des Wallis)
  • Zürich (ohne Untertanengebiete Stein am Rhein und Sax)

Als d​ie Helvetische Republik Fricktal 1802 a​ls Kanton erhielt, w​urde Wallis v​on den Franzosen einverleibt.

Reformprojekte der Helvetik

16-Franken Goldmünze der Helvetischen Republik (Dublone), geprägt 1800 in Bern
Eine 40 Batzen Silbermünze der Helvetischen Republik (Neuthaler) von 1798
Ein Batzen der Helvetischen Republik
Ein Rappen der Helvetischen Republik

Noch i​m Frühjahr 1798 begannen d​ie Behörden d​er Helvetischen Republik eifrig m​it einer Reihe v​on Reformen, m​it denen d​ie Prinzipien d​er Revolution durchgesetzt werden sollten. Besonders a​ktiv waren d​ie Minister Philipp Albert Stapfer u​nd Albrecht Rengger. Mangels Finanzen u​nd wegen d​er ständigen politischen Umwälzungen blieben v​iele Projekte i​n den Anfängen stecken o​der existierten n​ur als Gesetz a​uf dem Papier.

  • Herstellung der persönlichen Freiheit der Bürger: Ab dem 28. Mai 1798 wurde die Anrede «Herr» durch «Bürger» ersetzt. Die Feudallasten wurden abgeschafft, die Sonderbesteuerung der Juden aufgehoben und die Folter abgeschafft.
  • Säkularisation: Alle Klostergüter wurden noch im Frühjahr 1798 verstaatlicht und die Aufhebung der Klöster eingeleitet, indem die Aufnahme von Novizen verboten wurde. Durch den Reichsdeputationshauptschluss 1803 erreichte die Republik auch die Aufhebung aller Feudalrechte und Gerichtsbarkeiten, die von Fürsten, Klöstern, Stiften etc. von ausserhalb des Landes wahrgenommen wurden.
  • Herstellung der Wirtschafts-, Gewerbe- und Handelsfreiheit: Im Herbst 1798 wurde der Zunft- und Innungszwang aufgehoben und die Gewerbefreiheit eingeführt. Auch die Industrie sollte sich nun frei entfalten können.
  • Aufbau staatlicher Dienstleistungen: Zu Jahresbeginn 1799 nahm die helvetische Staatspost ihren Dienst auf, und einheitliche Postgebühren galten im ganzen Land. Am 19. März 1799 wurde das Münzwesen verstaatlicht: Der Schweizerfranken zu 10 Batzen bzw. 100 Rappen wurde als Einheitswährung eingeführt. Die neue Währung vergrösserte jedoch nur den bestehenden Münzwirrwarr. Da die Regierung sich trotz chronischer Geldnot nicht zur Ausgabe von Papiergeld durchringen konnte, setzte sich der Schweizerfranken nicht durch.
  • Ablösung des Zehnten: Durch ein Gesetz vom 10. November 1798 wurden die bäuerlichen Zehnten neu geordnet. Der Kleine Zehnten auf Obst, Gemüse etc. wurde ersatzlos gestrichen. Der Grosse Zehnten auf Wein, Heu, Getreide etc. musste vom Staat gegen eine Entschädigung abgelöst werden. Die Republik sollte dann ihrerseits alle Gläubiger, das heisst alle Inhaber von Zehntenbezugsrechten, mit dem 15-fachen Durchschnittsbetrag der Jahrzehnten entschädigen. Die Grund- und Bodenzinsen, die vor der Revolution in Naturalien abgegolten worden waren, konnten von den Bauern mit dem 15-fachen Betrag abgelöst werden, die Geldleistungen mit dem 20-fachen Betrag. Mangels Geld wurden diese Reformen nicht umgesetzt und bereits am 15. September 1800 wieder aufgehoben – sehr zum Ärger der betroffenen Landbevölkerung, die vielerorts erneut die alten Landvogteischlösser stürmte, um die Archive und damit die Grundlage für den Einzug der Zehnten zu vernichten.
  • Einrichtung eines staatlichen Schulwesens: Im Sommer 1798 wurde in jedem Kanton ein achtköpfiger Erziehungsrat geschaffen, der unabhängig von der Kirche das Schulwesen des Kantons leiten sollte und für jeden Distrikt einen Schulinspektor ernannte. Weiter war vorgesehen, ein mehrgliedriges Schulsystem einzuführen, Industrieschulen und eine Nationaluniversität zu gründen wie auch die allgemeine Schulpflicht durchzusetzen. Der Minister der Künste und Wissenschaften, Philipp Albert Stapfer führte zu diesem Zweck im Januar 1799 eine gesamthelvetische Schul-Enquête durch.
  • Die Reform des Rechtswesens war schon Bestandteil der Helvetischen Verfassung. Die jahrhundertelange Rechtsungleichheit wurde abgeschafft, die Leibeigenschaft aufgehoben und ein einheitliches Staatsbürgerrecht geschaffen. Die Diskriminierung der Juden endete insofern, als die Judensteuer abgeschafft wurde – nicht gewährt wurde den Juden das Bürgerrecht. Auch die Frauen wurden weiterhin nicht den Männern gleichgestellt. Das grösste Projekt bei der Reform des Rechtswesens stellte jedoch die Kodifikation und die Vereinheitlichung des Zivil- und Strafrechts dar. Während die Zusammenstellung eines Zivilgesetzbuches bis auf wenige einzelne Erfolge scheiterte, wurde mit dem «Helvetischen Peinlichen Gesetzbuch» am 4. Mai 1799 ein neues Strafgesetzbuch in Kraft gesetzt.

Persönlichkeiten

Mitglieder des Vollziehungsdirektoriums (April 1798–7. Januar 1800)

  • Johann Lukas Legrand (Republikaner); 1798–25. Januar 1799; Präsident 22. April–31. Mai 1798
  • Pierre-Maurice Glayre (Unitarier); 18. April–9. Mai 1799; Präsident 2. Juli–31. Juli 1798, 13. Januar–5. März 1799
  • Urs Viktor Oberlin (Unitarier); 18. April 1798–7. Januar 1800; Präsident 1. Juni–1. Juli 1798 und 22. November 1798–12. Januar 1799
  • David Ludwig Bay (Republikaner); 18. April–29. Juni 1798, 3. Januar–22. Juni 1799; Präsident 6. März–26. April 1799
  • Alphons Pfyffer (Republikaner); 18. April–29. Juni 1798
  • Frédéric-César de La Harpe (Patriot/Unitarier); 29. Juni 1798–7. Januar 1800; Präsident 1. August–31. August 1798, 1. Oktober–21. November 1798 und 24. Januar–4. September 1799
  • Peter Ochs (Patriot/Unitarier); 29. Juni 1798–25. Juni 1799; Präsident 1. September–30. September 1798, 27. April–23. Juni 1799
  • Philippe Abraham Louis Secretan (Unitarier); 1799–7. Januar 1800
  • Johann Rudolf Dolder (Föderalist); 1799–7. Januar 1800; Präsident 18. November 1799–7. Januar 1800
  • François-Pierre Savary (Föderalist); 22. Juni 1799–7. Januar 1800; Präsident 5. September–17. November 1799

Mitglieder des provisorischen Vollziehungsausschusses (7. Januar–8. August 1800)

Mitglieder des 1. Vollziehungsrates (8. August 1800–28. Oktober 1801)

Mitglieder des 2. Vollziehungsrates (5. Juli 1802–5. März 1803)

Landammann der Helvetischen Republik, ab 21. November 1801

Mitglieder des Kleinen Rates (21. November 1801–5. März 1803)

  • Urs Glutz (Föderalist), 21. November 1801–17. April 1802, Innenminister
  • Hans Caspar Hirzel (Föderalist), 21. November 1801–17. April 1802, Justiz- und Polizeiminister, Zweiter Statthalter, verstorben am 18. Februar 1803
  • Johann Rudolf Dolder (Föderalist), 21. November 1801–17. April 1802, Finanzminister
  • Joseph Lanther (Föderalist), 21. November 1801–17. April 1802, Kriegsminister
  • Hans Conrad Escher von der Linth (Republikaner), 23. Januar–17. April 1802, Kriegsminister
  • Johann Heinrich Füssli (Unitarier), 23. Januar 1802–5. März 1803, Innenminister
  • Albrecht Rengger (Unitarier), 23. Januar 1802–5. März 1803
  • Johann Jakob Schmid (Unitarier), 23. Januar 1802–5. März 1803
  • Vinzenz Rüttimann (Unitarier), 23. Januar–20. April 1802, Erster Statthalter
  • Johann Rudolf von Frisching (Föderalist), 23. Januar–17. April 1802
  • Bernhard Friedrich Kuhn (Unitarier), 23. Januar 1802–5. März 1803

Minister der 1. Helvetischen Republik

Staatssekretäre der 2. Helvetischen Republik

Justizwesen

  • Johann Rudolf Schnell (Präsident des Obersten Gerichtshofes)
  • Johann Jakob Koller (Öffentlicher Ankläger)

Flagge

Foto der historischen Flagge (Rückseite)
Flagge der Helvetischen Republik (Rückseite auf französisch)
Variante der Flagge (mit ausgebleichten Farben)

Auch d​ie Helvetische Republik wählte a​ls neue Nationalflagge e​ine Trikolore. Diese w​urde am 13. Februar 1799 offiziell eingeführt u​nd bestand a​us den Farben Grün/Rot/Gelb quergestreift. Dabei standen d​ie Farben Rot u​nd Gelb für d​ie Urkantone Schwyz u​nd Uri u​nd Grün für d​ie Revolution. Im r​oten Feld s​tand der Name «République Helvétique». Es w​aren auch Varianten m​it weiteren Aufschriften o​der Abbildungen i​n Gebrauch.

Während d​es Wahlkampfs anlässlich d​er Schweizer Parlamentswahlen 2011 w​urde die Wiedereinführung d​er Flagge für einige Tage z​um Thema, d​a sie v​on einer Immigrantenvereinigung vorgeschlagen wurde. Diese Idee stiess jedoch f​ast überall a​uf Ablehnung, insbesondere v​on den bürgerlichen Parteien w​urde sie heftigst abgelehnt.[24]

Hauptstadt

In d​er Helvetischen Verfassung w​ar Luzern a​ls Hauptstadt vorgesehen. Da d​ie Konstitution d​er Republik i​m April 1798 i​n Aarau stattfand u​nd die Räte e​rst am 9. Oktober 1798 i​n Luzern tagten, w​urde Aarau z​ur Hauptstadt.[25] Nach d​em Staatsstreich v​om Januar 1800 u​nd der Einführung d​er Verfassung v​on Malmaison a​m 29. Mai 1802 w​ar Bern d​er Sitz d​er Tagsatzung u​nd der Regierung b​is zum Ende d​er Helvetischen Republik.

Siehe auch

Literatur

  • Amtliche Sammlung der Acten aus der Zeit der Helvetischen Republik (1798–1803): im Anschluss an die Sammlung der ältern eidg. Abschiede. Hrsg. auf Anordnung der Bundesbehörden; bearb. von Johannes Strickler. Stämpfli, Bern 1886–1966.
  • Holger Böning: Der Traum von Freiheit und Gleichheit: Helvetische Revolution und Republik (1798–1803). Orell Füssli, Zürich 2001, ISBN 3-280-02808-6.
  • Pascal Delvaux, La République en papier. Circonstances d'impression et pratiques de dissémination des lois sous la République helvétique (1798–1803). 2 Bde. Presses d’Histoire Suisse, Genf 2004, ISBN 2-9700461-1-3.
  • Andreas Fankhauser: Helvetische Republik. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Markus Fuchs: Lehrerinnen- und Lehrerperspektiven in der Helvetischen Republik. Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn 2015, ISBN 978-3-7815-2032-5.
  • Thomas Hildebrand, Albert Tanner (Hrsg.): Im Zeichen der Revolution. Der Weg zum Schweizerischen Bundesstaat 1798–1848. Chronos, Zürich 1997, ISBN 3-905312-43-3.
  • Hans-Peter Höhener: Zentralistische oder föderalistische Schweiz? Die Gebietseinteilung in der Helvetik 1798 bis 1803 und ihre Darstellung in Karten. In: Cartographica Helvetica. Heft 18 (1998), S. 21–31. Volltext
  • Tobias Kästli: Die Schweiz. Eine Republik in Europa. Geschichte des Nationalstaats seit 1798. NZZ, Zürich 1998, ISBN 3-85823-706-X.
  • Alfred Kölz: Neuere Schweizerische Verfassungsgeschichte. Ihre Grundlinien vom Ende der Alten Eidgenossenschaft bis 1848. Stämpfli, Bern 1992, ISBN 3-7272-9380-2
  • Alfred Kölz (Hrsg.): Quellenbuch zur neueren schweizerischen Verfassungsgeschichte. Band 1: Vom Ende der Alten Eidgenossenschaft bis 1848. Stämpfli, Bern 1992.
  • Alfred Kölz: Die Staatsideen der Helvetik und ihre Auswirkungen auf die Entwicklung der modernen Schweiz. In: Hans Werner Tobler (Hrsg.): 1798/1998. Die Helvetik und ihre Folgen. Zürich 1998, S. 73–89.
  • Michele Luminati: Die Helvetische Republik im Urteil der schweizerischen Geschichtsschreibung. In: Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte. Jahrgang 5, Heft 3/4 (1983), S. 163–175.
  • Wilhelm Oechsli: Geschichte der Schweiz im Neunzehnten Jahrhundert. Bd. 1: Die Schweiz unter französischem Protektorat 1798–1813 (= Staatengeschichte der neuesten Zeit, Band 29). S. Hirzel, Leipzig 1903
  • A. Rufer: Helvetische Republik. In: Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz. Band 4. Neuenburg 1927, S. 142–178.
  • Silvia Arlettaz: Citoyens et étrangers sous la République helvétique 1798–1803: Vorwort: Gérard Noiriel. Georg, Genf 2005, ISBN 2-8257-0906-9.
  • Pascal Sidler: Schwarzröcke, Jakobiner, Patrioten. Revolution, Kontinuität und Widerstand im konfessionell gemischten Toggenburg, 1795–1803 (= St.-Galler Kultur und Geschichte. Band 38). Chronos, Zürich 2013, ISBN 978-3-0340-1160-0 (Dissertation Universität Zürich 2013).
  • Christian Simon: Die Helvetik als Revolution in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. In: Hans Werner Tobler (Hrsg.): 1798/1998. Die Helvetik und ihre Folgen. Zürich 1998, S. 49–72.
  • Andreas Staehelin: Helvetik. In: Handbuch der Schweizer Geschichte. Band 2. Berichthaus, Zürich 1977, S. 785–839.
  • Wochen Chronik der Zürcher Zeitung vom 27. Wintermonat 1797 bis 16. April 1798. Zur Erinnerung an den Untergang der alten Eidgenossenschaft. Unter Mitwirkung von Historikern und Geschichtsfreunden bearbeitet von Paul Rütsche. Zürich 1898.
  • Beat von Warburg (Redaktion): Basel 1798: vive la République Helvétique. Hrsg. von Museum der Kulturen Basel. Christoph Merian Verlag, Basel 1998, ISBN 3-85616-096-5.
  • Thomas Baumann: Das helvetische Parlament, Parlamentarismus im Lichte des Gegensatzes zwischen aufgeklärter Bildungselite und revolutionären Patrioten. Slatkine, Genf 2013, ISBN 978-2-05-102510-2.
  • Werner Adams: Sie wollen Menschen werden – Bern und Jena, Ein geistig–kultureller Austausch 1796–1803. Augenzeugenbericht über die Helvetische Revolution von Friedrich August Eschen. Eigenverlag, Wichtrach 2020, ISBN 978-3-9524378-9-6, S. 103–117.
Commons: Helvetische Republik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Oechsli, Geschichte der Schweiz Bd. 1, S. 84 f.
  2. Kästli, Die Schweiz, S. 50–53.
  3. Oechsli, Geschichte der Schweiz Bd. 1, S. 89–91.
  4. Oechsli, Geschichte der Schweiz Bd. 1, S. 107 f.
  5. Oechsli, Geschichte der Schweiz Bd. 1, S. 91, 95–98.
  6. Kästli, Die Schweiz, S. 56.
  7. Fabienne Abetel-Béguelin: Ménard, Philippe Romain. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  8. Kästli, Die Schweiz, S. 57.
  9. Stählin, Helvetik, S. 787.
  10. Kästli, Die Schweiz, S. 59 f.; Stählin, Helvetik, S. 788 f.
  11. Raoul Richner / Schweizerisches Nationalmuseum: Als Aarau Hauptstadt wurde In: Watson vom 6. Mai 2018
  12. Oechsli, Geschichte der Schweiz, Bd. 1, S. 175.
  13. Simon, Helvetik als Revolution, S. 57.
  14. Für den Volltext der Verfassung von Malmaison siehe Kölz, Quellenbuch zur Neueren Schweizerischen Verfassungsgeschichte, S. 152 f., oder die eine digitalisierte Fassung hier.
  15. Kölz, Neuere Schweizerische Verfassungsgeschichte, S. 138 f.
  16. Oechsli, Geschichte der Schweiz, S. 369. und Staatsgrundgesetz Helvetiens
  17. Staehlin, Helvetik, S. 790.
  18. Kölz, Staatsideen der Helvetik, S. 78, 80.
  19. Kölz, Staatsideen der Helvetik, S. 80.
  20. Simon, Helvetik als Revolution, S. 54.
  21. Simon, Helvetik als Revolution, S. 53.
  22. Kölz, Staatsideen der Helvetik, S. 78.
  23. Kölz: Staatsideen der Helvetik. S. 77.
  24. Wir wollen das Schweizerkreuz nicht abschaffen. Tages-Anzeiger.
  25. vgl. HLS.

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