Juliusbanner
Die Juliusbanner sind kunstvolle Seidenbanner, die 1512 durch Papst Julius II. an die Kantone und andere Einheiten der Alten Eidgenossenschaft verliehen wurden, in Anerkennung der Unterstützung, die er von Schweizer Söldnern im Krieg der Liga von Cambrai (1508–1510) im «Grossen Pavier-Feldzug» erhielt.[1]
Die Schweizer Einheiten konnten die französischen Streitkräfte am 14. Juni dazu zwingen, Pavia zu verlassen. Als Belohnung für diese Leistung gewährte Julius den Schweizern am 5. Juli den Titel Ecclesiasticae libertatis defensores und gab ihnen zwei grosse Spruchbänder, nebst einem gesegneten Schwert und Hut.[2] Die Juliusbanner selbst wurden vom päpstlichen Legaten Matthäus Schiner übergeben. Dieses Geschenk war für die Empfänger von beträchtlichem Prestige. Das galt besonders für das gesegnete Schwert und den Hut, der zuvor nur Königen und Fürsten verliehen worden war, während die Schweizer noch als nicht ganz souverän, sondern als Untertanen des Heiligen Römischen Kaisers galten. Die Schweizer Chronisten der Zeit schilderten ausführlich die Gaben, und es wurde wahrscheinlich noch 1512 ein grosser Holzschnitt in Auftrag gegeben, der die päpstlichen Fahnen, das Schwert und den Hut zeigt, umgeben von sechzehn Fahnenträgern, welche die Juliusbanner der zwölf Bezirke tragen, plus diejenigen von Appenzell, Wallis, St. Gallen und Chur. Brantôme kommentierte später aus einem französischen Gesichtspunkt die «übermässige Schmeichelei und Eitelkeit», die den Schweizern hier zuteilwurde, angesichts ihrer vernichtenden Niederlage gegen die Franzosen nur drei Jahre später, bei der Schlacht von Marignano.[3]
Die Banner waren gefertigt aus der teuren Damastseide und enthalten Wappenbesserungen und in der Gösch ein Zwickelbild, ein Bild das in Handarbeit von wertvollem Faden gemacht wird und eine religiöse Szene zeigt. Einige der Begünstigten erhielten zunächst das «Bannerrecht», das Recht, Truppen unter ihrem eigenen Banner zu erheben. Nach der Schweizer Reformation, als Teil der Rekatholisierungsbemühungen nach dem Zweiten Kappelerkrieg wurde dieses Recht für die Freien Ämter aufgehoben, und das Juliusbanner konfisziert.[4]
Empfänger
Die vollständige Liste der Empfänger wurde nicht aufgezeichnet und wurde von modernen Historikern rekonstruiert. Trotz der sechzehn Banner, die im Holzschnitt von 1512 abgebildet sind, scheint es eine wesentlich grössere Zahl gegeben zu haben, da die Banner den Kantonen des Bündnisses nicht so besonders präsentiert wurden wie jenen Gebieten, die Söldnereinheiten in den Pavia-Feldzug schickten. Die überragende Qualität der kantonalen Banner war jedoch nicht gleich jener der den Partnern verliehenen Bannern; ihre Zwickelbilder sind meistens gemalt anstatt in kostspieliger Handarbeit gestickt. Eine Ausnahme ist das Banner von Saanen, das in der gleichen Qualität wie die Kantonsbanner hergestellt wurde. Eine Ehre, die vermutlich auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass der Kaplan von Schiner, Hans Huswürt, aus der Stadt stammte.[5]
Hecht (1973) gibt eine Liste von 42 Empfängern und argumentiert, dass nach einem venezianischen Beobachter 42 Schweizer Kontingente an der Pavia-Kampagne teilgenommen haben, weshalb diese Liste wahrscheinlich die vollständige sei. Die 42 von Hecht aufgeführten Empfänger[6] sind:[7]
Dreizehn Orte | Acht Zugewandte Orte | Elf Freie Städte | Neun Herrschaften und Untertanengebiete |
---|---|---|---|
Zürich | Appenzell (Beitritt als Vollkanton 1513) | Biel | Saanen |
Bern | Fürstabtei St. Gallen (Alte Landschaft) | Baden | Toggenburg |
Luzern | Stadt St. Gallen | Bremgarten | Grafschaft Kyburg |
Uri | Grauer Bund | Chur | Herrschaft Elgg |
Schwyz | Zehngerichtebund | Diessenhofen | Gemeine Herrschaft Sargans |
Nidwalden | Wallis | Frauenfeld | Gemeine Herrschaft Freie Ämter |
Obwalden | Mülhausen | Mellingen | die Untertanen des Bischofs von Konstanz |
Zug | Rottweil | Rapperswil | im Thurgau |
Glarus | Willisau | und zwei Untertanengebiete von Luzern | |
Basel-Stadt | Winterthur | Rothenburg | |
Fribourg | Stein am Rhein | Ruswil | |
Solothurn | |||
Schaffhausen |
Die Banner von Nidwalden und Mülhausen waren nicht Teil des ursprünglichen Geschenks von Schiner. Unterwalden hatte ein einzelnes Banner erhalten, das in Obwalden gehalten wurde. Sowohl Nidwalden als auch Mülhausen beklagten sich beim Papst, von ihm ausgelassen worden zu sein, und erhielten ihre Banner direkt vom Papst. Das Nidwalden-Banner hatte eine Inschrift, die entlang seiner Kante lief; sie behauptete, dass die Leute von Nidwalden bereits im Jahre 388 für Papst Anastasius kämpften und bei dieser Gelegenheit ihr ursprüngliches Banner erhielten.
Überlieferte Exemplare
Eine Anzahl dieser Banner ist überliefert. In einigen Fällen ist es unklar, ob das überlieferte Banner ein Original oder eine Kopie oder eine spätere Fälschung ist.
Gut konserviert sind die Originale von
- Zürich (im Landesmuseum Zürich),
- Luzern, Schwyz (im Bundesbriefmuseum),
- Uri (im Rathaus Altdorf) und
- Obwalden (im Historischen Museum Obwalden)[8].
Ebenfalls von Durrer (1907/8: 352) als Originale bezeichnet werden die beschädigten Exemplare von
- Biel,
- Saanen,
- St. Gallen (Stadt),
- St. Gallen (Abtei),
- Diessenhofen,
- Frauenfeld und
- Rothenburg.
Ebenfalls erhalten sind die Banner von
- Nidwalden (nur Seidentuch ist erhalten, der Goldfaden wurde beim Franzoseneinfall 1798 geplündert), im Rathaus Stans,[9]
- Solothurn, im Alten Zeughaus,[10]
- Toggenburg, im Rathaus Lichtensteig,[11]
- Rapperswil, im Rathaus Rapperswil,
- Frauenfeld, aufbewahrt im Historischen Museum des Kantons Thurgau,[12]
- Saanen, Bernisches Historisches Museum[13][14]
Beschädigt erhalten sind:
- Freiburg; etwa die Hälfte seines Tuches und des Zwickelbildes sind erhalten.[15]
- Bern; nur das Zwickelbild erhalten.
- Stadt Basel; Zwickelbild der Kopie. Die Stadt Basel hatte sofort eine Kopie des Banners in Auftrag gegeben; sowohl das Original als auch die Kopie sind verloren, aber das Zwickelbild der Kopie ist erhalten.[16]
Von Durrer nicht erwähnt sind:
Siehe auch
Literatur
- Winfried Hecht: Das Juliusbanner des zugewandten Ortes Rottweil. In: Der Geschichtsfreund: Mitteilungen des Historischen Vereins Zentralschweiz, 126/7 (1973/4).
- Robert Durrer: Die Geschenke Papst Julius II. an die Eidgenossen. In: Wissen und Leben. 1 (1907/8) 193–199, 249–260, 285–293, 322–328, 347–355.
- Swiss Standard bearers drawn by Urs Graf (collection) (British Museum, MET Museum) SH, SO, SG, AP, ZG1, ZG2, GL1, GL2, SZ, UW, FR, BS, ZH.
Weblinks
Einzelnachweise
- Gerold Walser: Das Itinerar der Berner im Pavier Feldzug von 1512. In: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde. 47 (1985)
- Pierre Surchat: Julius II.. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2013.
- zitiert nach Durrer (1907/8: 192).
- Anton Wohler: Freie Ämter. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2006.
- Dürrer 1907/8: 353.
- Hecht 1973: 142
- Winfried Hecht: Das Juliusbanner des zugewandten Ortes Rottweil. In: Der Geschichtsfreund: Mitteilungen des Historischen Vereins Zentralschweiz, 126/7 (1973/4), doi:10.5169/seals-118647
- Historisches Museum Obwalden (mit Bild), abgerufen am 21. Sept. 2021.
- nidwaldner-museum.ch
- museum-alteszeughaus.ch (archived)
- lichtensteig.ch
- historisches-museum.tg (archived)
- R. Marti-Wehren: Das Juliusbanner der Landschaft Saanen. In: Jahrbuch des Bernischen Historischen Museums, 1960, S. 185 ff.
- Juliusbanner der Landschaft Saanen. In: Ausstellung Maximilian I. Innsbruck. Katalog der Ausstellung vom 1. Juni bis 15. Oktober 1969. Herausgegeben vom Kulturreferat des Landes Tirol. Für den Inhalt verantwortlich Erich Egg. Verlagsanstalt Tyrolia, Innsbruck 1969. Objekt-Nr.: 177, S. 46.
- Jean-Pierre Dorand / EM: Freiburg (Kanton). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Eckquartier des Basler Julius-Banners. Historisches Museum Basel
- fotoarchiv-mellingen.ch
- steineranzeiger.ch (PDF)
- nzz.ch
- reformation-sh.ch (Bild!)
- glarusfamilytree.com