Denkschrift zum Vierjahresplan
Hitlers Denkschrift zum Vierjahresplan ist ein historisches Dokument zur Politik des Deutschen Reiches. Hitler verfasste sie im August 1936 und befahl mit ihr die Durchführung des Vierjahresplans, mit dem Kurs auf eine stärkere Autarkie in der Rohstoffversorgung genommen wurde. Sie gilt in der historischen Forschung als ein Schlüsseldokument für Hitlers Kriegspläne.
Inhalt
Im 1. Teil postulierte er, die Sowjetunion bereite einen Überfall auf Europa vor. Im 2. Teil schrieb er (wie schon in Mein Kampf), Deutschland sei übervölkert und brauche neuen Lebensraum im Osten. Im 3. Teil, dem Kern der Denkschrift, befahl er den maximal möglichen Ausbau der Produktion von:
- synthetischem Benzin
- synthetischem Kautschuk
- einheimischen Eisenerzen und sonstigen Erzen (Reichswerke Hermann Göring)
- synthetischem Fett aus Kohle
Die Denkschrift endete mit dem Satz
„I. Die deutsche Armee muss in 4 Jahren einsatzfähig sein.
II. Die deutsche Wirtschaft muss in 4 Jahren kriegsfähig sein.“
Hitler überreichte das Exemplar für Hermann Göring persönlich am 2. September 1936 auf dem Obersalzberg.[1] Dieser trug Auszüge der Denkschrift in einer Kabinettssitzung am 4. September 1936 vor, bei der u. a. Reichskriegsminister Werner von Blomberg, Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, Finanzminister Graf Schwerin von Krosigk und der preussische Finanzminister Johannes Popitz teilnahmen. Göring führte sie ein mit den Worten:
„Sie geht von dem Grundgedanken aus, dass die Auseinandersetzung mit Russland unvermeidbar ist.“[2]
Hans Kehrl berichtet in seinen Erinnerungen, er habe damals über Wilhelm Keppler von der Denkschrift erfahren, und dass Göring sie nicht, auch nicht für kurze Zeit, aus der Hand geben oder den engsten Mitarbeitern vorlesen durfte.[3] Bei einem seiner Tischgespräche äußerte Hitler im Oktober 1941:
„Denkschriften fertige ich nur zu ganz grundsätzlichen Fragen, wie damals dem Vierjahresplan oder im Vorjahr der Ostaktion“[4]
Überlieferung
Das Dokument stammt aus dem Besitz von Albert Speer, der eine Abschrift des Dokumentes dem Verteidiger von Hjalmar Schacht, Rudolf Dix, zuspielte, der es als Beweisstück „Schacht Exhibit Nr. 48“ in den Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher einbrachte. In einer Erläuterung zum Dokument gab Speer an, es 1944 von Hitler erhalten zu haben. Die Abschrift haben seine Sekretärinnen Edith Margiera und Annemarie Kempf angefertigt und wurde von dem britischen Captain D.I.W. Goode beglaubigt.[5] Übermittelt wurde das Dokument vom Lagerkommandanten des Gefangenenlagers Dustbin, wo Speer gefangen gehalten wurde.[6] Speer gab an, dass es nur in 3 Exemplaren existiere: neben seinem eines für Göring und ein Exemplar für den Reichskriegsminister Werner von Blomberg.
Im Wilhelmstraßen-Prozess wurde das Dokument als Beweisstück NI-4955 von der Anklage eingeführt.
Die Denkschrift wurde 1955 erstmals vollständig veröffentlicht.[7]
Im Russischen Staatlichen Militärarchiv Moskau befindet sich das Exemplar für Göring.[1]
Literatur
- Wilhelm Treue: Hitlers Denkschrift zum Vierjahresplan 1936. In: VfZ 2/1955, S. 184 ff. Online, abgerufen am 23. März 2015. Enthält auch den vollständigen Text der Denkschrift.
Einzelnachweise
- Henrik Eberle: Hitlers Weltkriege: Wie der Gefreite zum Feldherrn wurde. Hamburg 2014, Kapitel: Hitlers Denkschrift vom August 1936.
- Nürnberger Dokument EC-416. Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg (Hrsg.): Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof (14. November 1945 bis 1. Oktober 1946). Nürnberg 1949, Band 36, S. 489 ff.
- Hans Kehrl: Krisenmanager im Dritten Reich. Düsseldorf 1974, S. 86.
- Werner Jochmann (Hrsg.): Monologe im Führer-Hauptquartier 1941–1944. Hamburg 1982, S. 81.
- https://phdn.org/archives/www.mazal.org/archive/nmt/07/NMT07-T0787.htm
- Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg (Hrsg.): Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof (14. November 1945 bis 1. Oktober 1946). Nürnberg 1947, Band 12, S. 568. Online bei Zeno.org.
- Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Heft 2 / 1955, S. 204–210 (online (PDF; 1,3 MB))