Józef Beck
Józef Beck (* 4. Oktober 1894 in Warschau, Russisches Kaiserreich; † 5. Juni 1944 in Stănești, Rumänien) war polnischer Politiker, Diplomat, Oberst der polnischen Armee, enger Vertrauter von Józef Piłsudski und von 1932 bis 1939 polnischer Außenminister.
Leben
Beck stammte aus einer polnischen calvinistischen Familie, deren Vorfahren zu Zeiten des Königs Stephan Báthory im 16. Jahrhundert aus Flandern nach Polen eingewandert waren. Sein Vater war österreichischer Beamter in Galizien.
Beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges befand er sich als Student am Polytechnikum im damaligen österreich-ungarischen Lemberg. Er schloss sich daraufhin den Polnischen Legionen an, die an der Seite der Mittelmächte gegen Russland kämpften. Außerdem wurde er Mitglied der geheimen Polnischen Militärischen Organisation (POW, polnisch Polska Organizacja Wojskowa), die von Piłsudski aufgebaut wurde.
In den ersten beiden Kriegsjahren wurde der russische Teil Polens von den Mittelmächten erobert (siehe Ostfront (Erster Weltkrieg)); nach der Gründung des Regentschaftskönigreichs Polen im November 1916 wurden die Polnischen Legionen unter deutsches Kommando gestellt (Polnische Wehrmacht). Kurze Zeit später wurden die Legionen aufgelöst und die Mehrheit der Offiziere dieser Legionen weigerte sich, dem deutschen Kaiser den Treueid zu leisten („Eidkrise“), da sie den deutschen Plänen für Polen misstrauten. Die meisten Offiziere wurden daraufhin interniert. Beck entkam der Internierung und ging in den Untergrund.
Nach der Wiedererrichtung eines unabhängigen polnischen Staates nach dem Kriegsende (Zweite Polnische Republik) wurde er Offizier im polnischen Generalstab, zuständig für den Nachrichtendienst. In den Jahren 1922/23 war er Militärattaché in Frankreich. Im Jahr 1926 unterstützte er den Militärputsch Piłsudskis. Zwischen 1926 und 1930 war er Verteidigungsminister und zwischen 1930 und 1932 Vize-Premierminister sowie Vize-Außenminister. 1932 übernahm er auf Aufforderung Piłsudskis die Leitung des Außenministeriums.
Im Juli 1932 schloss Beck den Polnisch-sowjetischen Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion; im Januar 1934 mit dem NS-Regime den Deutsch-polnischen Nichtangriffspakt.
Als Außenminister lehnte er die Forderungen des Deutschen Reiches bezüglich des Polnischen Korridors und der Freien Stadt Danzig ab, was Hitler als Anlass für den deutschen Überfall auf Polen nahm.
Beck blieb bis zum Beginn der sowjetischen Besetzung Ostpolens am 17. September 1939 im Amt und verließ in der folgenden Nacht mit anderen Regierungsmitgliedern Warschau in Richtung Rumänien, wo er von den Behörden interniert wurde. Obwohl er bald darauf ein britisches Einreisevisum erhielt, verhinderte General Władysław Sikorski, ein erklärter politischer Feind Piłsudskis und seiner Anhänger, Becks Ausreise aus Rumänien. Beck blieb unter Aufsicht der rumänischen Polizei und bekam als Wohnsitz zunächst eine Villa in Bukarest, später eine aus Lehm gebaute Bauernkate im südrumänischen Dorf Stănești zugewiesen. Dort verfasste er seine Memoiren mit dem Titel Ostatni raport (Finaler Report) und vertrieb sich die Zeit mit dem Bau von Modellschiffen.[1] Er starb dort am 5. Juni 1944, vermutlich an Tuberkulose. Beck wurde durch einen ungarischen Pastor auf einem calvinistischen Friedhof beerdigt. Im Jahr 1991 wurden seine sterblichen Überreste nach Polen übergeführt und auf dem militärischen Teil des Powązki-Friedhofes in Warschau beigesetzt.
Siehe auch
Literatur
- Andrea Rudorff: Beck, Józef, in: Handbuch des Antisemitismus, Band 2/1, 2009, S. 62–64
Weblinks
- Literatur von und über Józef Beck im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Zeitungsartikel über Józef Beck in der Pressemappe 20. Jahrhundert der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
- Chancen für ein Drittes Europa? Zur Neuorientierung der polnischen Außenpolitik unter Jozef Beck (1932–1939)
- Die Rede Becks vor dem polnischen Sejm am 5. Mai 1939 (mp3, polnisch; 2,4 MB)
Einzelnachweise
- Sławomir Koper: Polskie piekiełko. Obrazy z życia elit emigracyjnych 1939–1945. Warszawa 2012, S. 140–142.