Internationaler Militärgerichtshof
Der Internationale Militärgerichtshof (IMG), englisch: International Military Tribunal (IMT) war ein ad hoc errichteter Strafgerichtshof und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von den alliierten Siegermächten eingerichtet. Hauptsitz des Tribunals war Berlin, das Verfahren gegen die Hauptkriegsverbrecher fand ab dem Herbst 1945 in Nürnberg statt. Der IMG diente als Vorbild für den ein halbes Jahr später in Tokio errichteten Internationalen Militärgerichtshof für den Fernen Osten. Der Internationale Militärgerichtshof ist rechtshistorischer Vorläufer der Ad-hoc-Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda sowie des 1998 geschaffenen ständigen Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. Seine Errichtung gilt als Geburtsstunde des Völkerstrafrechts.[1]
Hintergrund
Bereits während des Zweiten Weltkrieges beschlossen die Alliierten der Anti-Hitler-Koalition, die hauptverantwortlichen Nationalsozialisten im Deutschen Reich vor Gericht zu stellen. Bei der Konferenz von San Francisco wurde Anfang Mai 1945 der Vorschlag unterbreitet, die namentlich noch nicht benannten Hauptkriegsverbrecher vor ein internationales Militärgericht der vier Siegermächte zu stellen.[2] Nach der Deutschen Kapitulation vom 7. bis 9. Mai 1945 beschlossen die Siegermächte USA, UdSSR, Großbritannien und Frankreich in London am 8. August 1945 die Errichtung eines Internationalen Militärtribunals.
Zum ersten Mal in der Geschichte entstand ein internationales Gericht, das Verletzungen des Völkerrechts ahndete. Im Justizpalast Nürnberg fand vom 20. November 1945 bis zum 1. Oktober 1946 der Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher statt.
Die Verfassung (Londoner Statut) des IMT, Artikel 1, beginnt mit:
„In Ausführung des Abkommens vom 8. August 1945 zwischen der Regierung des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland, der Regierung der Französischen Republik und der Regierung der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken soll ein Internationaler Militärgerichtshof zwecks gerechter und schneller Aburteilung und Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der europäischen Achse gebildet werden.“[3]
Für folgende Handlungen war das IMT zuständig:
Die Urteile waren gemäß Artikel 26 des Statuts „endgültig und nicht anfechtbar“.[3]
Richter
- Für Großbritannien: Sir Geoffrey Lawrence, er war Vorsitzender des IMT. Sein Stellvertreter war Norman Birkett.
- Für Frankreich: Henri Donnedieu de Vabres, Stellvertreter war Robert Falco.
- Für die UdSSR: Iona Nikitchenko, stellvertretend Alexander F. Woltschkow.
- Für die USA: Francis Biddle und stellvertretend John J. Parker.
Hauptankläger
- Für Großbritannien: Sir Hartley Shawcross
- Für Frankreich: François de Menthon, später: Auguste Champetier de Ribes.
- Für die UdSSR: Roman A. Rudenko
- Für die USA: Robert H. Jackson
Verfahren
Dokumente
- Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg: Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher Band 1–20. Verhandlungs-Niederschriften. Nürnberg 1947 (Digitalisat)
Literatur
- Jürgen Weber: Auf dem Wege zur Republik 1945–1947. München 1981.
- Heiko Ahlbrecht: Geschichte der völkerrechtlichen Strafgerichtsbarkeit im 20. Jahrhundert, 1999, ISBN 978-3-8305-0412-2.
- Gerhard Werle (Hrsg.): Völkerstrafrecht, 3. Auflage, 2012, ISBN 978-3-16-151837-9.
- Nürnberger Menschenrechtszentrum, Hg.: Das Internationale Militärtribunal von Nürnberg 1945/1946. Die Reden der Hauptankläger. Neu gelesen und kommentiert. Bearb. Rainer Huhle, Lilia Antipow, Otto Böhm, Matthias Gemählich. Verlag wie Hg., Nürnberg 2015 ISBN 978-3-86393-067-7. Wieder Bundeszentrale für politische Bildung BpB, Bonn 2015 ISBN 978-3-8389-0658-4.
- Thomas Darnstädt: Nürnberg. Menschheitsverbrechen vor Gericht 1945. Piper, München 2015 ISBN 3-492-05684-9 (populärwissenschaftlich).
Weblinks
Einzelnachweise
- Gerhard Werle (Hrsg.): Völkerstrafrecht, 3. Auflage, 2012, ISBN 978-3-16-151837-9, Rn. 15.
- Arieh J. Kochavi: Prelude to Nuremberg: Allied War Crimes Policy and the Question of Punishment. University of North Carolina 1998, ISBN 0-8078-2433-X, S. 220 f.
- Statut für den Internationalen Militärgerichtshof (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) (PDF; 23 kB)