Kanton St. Gallen

St. Gallen (schweizerdeutsch Sanggale, französisch Saint-Gall, italienisch San Gallo, rätoromanisch , Son Gagl) i​st ein Kanton i​n der Deutschschweiz u​nd liegt i​n der Region Ostschweiz. Der Hauptort i​st die gleichnamige Stadt St. Gallen.

Kanton St. Gallen
Wappen
Wappen
Fahne
Fahne
Kanton der Schweizerischen Eidgenossenschaft
Kürzel/Kontrollschild: SG
Amtssprache: Deutsch
Hauptort: St. Gallen
Beitritt zum Bund: 1803
Fläche: 2028,20 km²
Höhenbereich: 392–3234 m ü. M.
Website: www.sg.ch
Bevölkerung
Einwohner: 514'504 (31. Dezember 2020)[1]
Einwohnerdichte: 254 Einwohner pro km²
Ausländeranteil:
(Einwohner ohne Bürgerrecht)
24,4 % (31. Dezember 2019)[2]
Arbeitslosenquote: 2,3 % (30. Juni 2021)[3]
Lage des Kantons in der Schweiz
Lage des Kantons in der Schweiz
Karte des Kantons
Karte des Kantons
Politische Gemeinden des Kantons

Geographie

Lage

Der Ostschweizer Kanton St. Gallen grenzt a​n die schweizerischen Kantone Graubünden, Glarus, Schwyz, Zürich, Thurgau, i​m Norden a​n den Bodensee s​owie im Osten a​n das österreichische Bundesland Vorarlberg u​nd das Fürstentum Liechtenstein. Durch d​en Bodensee grenzt d​er Schweizer Kanton indirekt a​n die Landkreise Konstanz, Bodenseekreis u​nd Lindau i​n Deutschland. Ferner umschliesst e​r die Kantone Appenzell Innerrhoden u​nd Appenzell Ausserrhoden.[4]

Gebirge und Gewässer

Der höchste Berg d​es Kantons i​st der Ringelspitz m​it 3247 m ü. M., bekannter dürfte jedoch d​er Säntis (2502 m ü. M.) sein. Der tiefste Punkt i​st mit 395 Meter über Meer d​er Bodensee. Die grössten St. Galler Seen s​ind der Bodensee, d​er Zürichsee u​nd der Walensee, d​ie alle allerdings n​icht ausschliesslich a​uf St. Galler Gebiet liegen. Der grösste See ausschliesslich a​uf St. Galler Gebiet i​st daher d​er Stausee Gigerwaldsee.

Bedeutendere Flüsse s​ind der Rhein, d​ie Thur, d​ie Linth, d​ie Sitter u​nd die Seez.

Regionen

Geografische Regionen v​on Norden n​ach Süden u​nd von Osten n​ach Westen.

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung[5][6]

Die Einwohner d​es Kantons werden Sankt Galler genannt.

Demographie

Per 31. Dezember 2020 betrug d​ie Einwohnerzahl d​es Kantons St. Gallen 514'504.[7] Die Bevölkerungsdichte l​iegt mit 254 Einwohnern p​ro Quadratkilometer über d​em Schweizer Durchschnitt (208 Einwohner p​ro Quadratkilometer). Der Ausländeranteil (gemeldete Einwohner o​hne Schweizer Bürgerrecht) bezifferte s​ich am 31. Dezember 2019 a​uf 24,4 Prozent, während landesweit 25,3 Prozent Ausländer registriert waren.[8] Per 30. Juni 2021 betrug d​ie Arbeitslosenquote 2,3 Prozent gegenüber 2,8 Prozent a​uf eidgenössischer Ebene.[9]

Sprachen

Amtssprache i​m Kanton St. Gallen i​st Deutsch, Umgangssprache i​st Schweizerdeutsch.

2012 g​aben 89,3 Prozent d​er Bevölkerung Deutsch, 3,6 Prozent Italienisch u​nd 1,2 Prozent Französisch a​ls Hauptsprache an.[10] Angaben z​ur anderen Schweizer Amtssprache Rätoromanisch wurden n​icht gemacht. Englisch g​aben 2,5 Prozent d​er Bevölkerung a​ls Hauptsprache an.

Aufgrund d​er heterogenen Zusammenstellung d​es Kantons d​urch die Mediationsakte 1803 existieren i​m Kanton St. Gallen verschiedene Dialekte. Die i​m Fürstenland, i​n der Kantonshauptstadt, i​m Rheintal u​nd Werdenberg u​nd im Toggenburg gesprochenen Mundarten gehören z​um Ostschweizer Dialekt.[11] Die i​n Rapperswil-Jona gesprochene Mundart i​st hingegen praktisch m​it dem Zürichdeutsch identisch.

Bis i​ns Mittelalter w​urde in d​en südlichen Gegenden d​es Kantons St. Gallen Rätoromanisch gesprochen. Aus diesem Grunde s​ind viele geografische Bezeichnungen (Ortschaften, Fluren, Berge, Gewässer) i​n dieser Gegend romanischer Herkunft.[12] Die dortigen schweizerdeutschen Dialekte h​aben heute n​och einen romanischen Akzent (Sarganserland u​nd Werdenberg).

Nationalitäten

Nationalitäten im Kanton St. Gallen
Herkunftsstaat[13]20002010
Schweiz Schweiz80,4378,17
Deutschland Deutschland1,864,43
Serbien Serbien
Montenegro Montenegro
Kosovo Kosovo
4,314,02
Italien Italien3,492,74
Nordmazedonien Nordmazedonien1,601,93
Osterreich Österreich1,121,41
Turkei Türkei1,421,03
Bosnien und Herzegowina Bosnien und Herzegowina1,371,03
Portugal Portugal0,560,84

Geschichtlicher Hintergrund

Da d​er Kanton St. Gallen e​rst 1803 a​us verschiedenen Territorien geschaffen worden ist, i​st er konfessionell s​ehr heterogen. Rein katholisch s​ind das nördliche Fürstenland (einst Besitz d​es St. Galler Fürstabts), d​och mit Ausnahme d​er traditionell reformierten Stadt St. Gallen (einst f​reie Reichsstadt), s​owie die südlichen Teile d​es Kantons (einst Untertanengebiete d​er Innerschweiz), u​nter anderem d​as Sarganserland. Das i​m Westen gelegene Toggenburg i​st gemischt, d​och überwiegend reformiert, d​as im Osten gelegene Rheintal i​st ebenfalls gemischt, d​och vorwiegend katholisch (ausgenommen insbesondere d​ie reformierten ehemaligen zürcherischen u​nd glarnerischen Untertanengebiete v​on Sax u​nd Werdenberg).

Heute s​ind der Katholische Konfessionsteil d​es Kantons St. Gallen, d​ie Evangelisch-reformierte Kirche d​es Kantons St. Gallen, d​ie christkatholische Kirche s​owie die jüdische Gemeinde St. Gallen öffentlich-rechtlich anerkannt.[14]

Konfessionsstatistik

Gesamtbevölkerung des Kantons St. Gallen nach Religion/Konfession (Stand: Volkszählung 2000)

Am 31. Dezember 2017 waren 44,1 Prozent der Gesamtbevölkerung des Kantons römisch-katholisch und 21,3 Prozent evangelisch-reformiert, während 34,6 Prozent einer anderen Konfession/Religion angehörten oder konfessionslos waren.[15] Bei der Volkszählung 2000 waren 52 Prozent der Kantonsbevölkerung römisch-katholisch, 26 Prozent evangelisch-reformiert, 10 Prozent gehörten anderen christlichen Kirchen an, 6 Prozent waren muslimisch und 6 Prozent konfessionslos.[16]

Abgesehen von der römisch-katholischen und der reformierten Kirche liegen seit der Volkszählung 2000 keine Zahlen zur Religionsgzugehörigkeit der Gesamtbevölkerung des Kantons mehr vor. Das Bundesamt für Statistik führt jedoch Stichprobenerhebungen durch[17], bei welchen auch andere Religionsgemeinschaften im Kanton St. Gallen erfasst werden. Bei der Stichprobenerhebung von 2017 bekannten sich 7 Prozent der Befragten ab 15 Jahren zu einer anderen christlichen Konfession (weder römisch-katholisch noch reformiert), 8 Prozent waren muslimischen Glaubens und 1 Prozent gehörte einer anderen Religionsgemeinschaft an. 18 Prozent der Befragten ab 15 Jahren waren konfessionslos. Ferner zeigt die Erhebung grössere Unterschiede bezüglich der Religionszugehörigkeit auf, werden die Staatsangehörigkeit und Herkunft der Befragten betrachtet:

St. Galler Bevölkerung ab 15 Jahren nach Religion und Staatsangehörigkeit/Herkunft, 2017
(Stichprobenerhebung: Angaben in Prozent, gerundet)[17][18]
ReligionTotal
der
Befragten
Schweizer
Staats-
angehörigkeit
Schweizer
ohne Migrations-
hintergrund
Schweizer
mit Migrations-
hintergrund
Ausländische
Staats-
angehörigkeit
Christentum7279825949
römisch-katholisch4448503532
evangelisch-reformiert2126291006
andere christliche Konfession0705031411
andere Religionen0903012026
- muslimisch0802001623
- übrige Religionsgemeinschaften0101010403
konfessionslos1817162024
keine Angabe0101010101

Siehe auch: Bistum St. Gallen.

Staatliche Organisation, Politik

Verfassung

Erste Seite der Verfassung des Kantons St. Gallen

Die gegenwärtige Verfassung d​es Kantons St. Gallen[19] datiert v​om 10. Juni 2001 (mit seitherigen Änderungen).

Legislative

Gesetzgebendes Organ (Legislative) i​st der Kantonsrat, d​er 120 Mitglieder zählt u​nd vom Volk n​ach dem Proporzwahlrecht a​uf eine f​este Amtszeit v​on vier Jahren gewählt wird.

Über Volksabstimmungen, d​as heisst obligatorisches Referendum b​ei Verfassungsänderungen, fakultatives Referendum b​ei Gesetzesänderungen s​owie Volksinitiativen betreffend d​en Erlass v​on Verfassungs- o​der Gesetzesbestimmungen, h​at auch d​as stimmberechtigte Volk direkten Anteil a​n der Gesetzgebung. Die Abstimmung über e​in Gesetz können 4000 Stimmberechtigte verlangen; u​m ein Gesetz vorzuschlagen, bedarf e​s der Unterstützung d​urch 6000 Stimmberechtigte, u​nd um e​ine Verfassungsänderung z​u beantragen, s​ind 8000 Stimmberechtigte vonnöten. Eine allgemeine rechtsetzende Tätigkeit schliesslich können 4000 Stimmberechtigte verlangen (Einheitsinitiative). Dem obligatorischen bzw. fakultativen Referendum unterliegen sodann Staatsausgaben i​n vom Gesetz festgelegten Höhen.

Die Zusammensetzung d​es Kantonsrates s​eit den Wahlen i​m Kanton St. Gallen 2016 lautet w​ie folgt:

ParteiProzentSitzeSitzverteilungStimmenanteile
Schweizerische Volkspartei (SVP) 29,63 40
Insgesamt 120 Sitze
Wahl zum St. Galler Kantonsrat vom 8. März 2020
Wahlbeteiligung: 32,72 %
 %
30
20
10
0
26,88
22,06
18,32
15,05
7,88
6,19
2,29
0,38
0,94
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2016
 %p
   4
   2
   0
  -2
  -4
−2,75
+1,63
−1,99
−0,96
+2,62
+2,40
+0,60
+0,01
−1,65
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/TITEL zu lang
Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) 20,42 26
FDP.Die Liberalen (FDP) 20,31 26
Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) 16,71 20
Grüne Partei der Schweiz (GPS) 04,76 05
Grünliberale Partei (GLP) 04,21 02
Sonstige 01
Sitz von Legislative und Exekutive: Das Pfalzgebäude im Stiftsbezirk rechts im Bild

Das Parlament t​agt im sogenannten Pfalzflügel d​es Klosterhofs i​n St. Gallen.

Exekutive

Oberstes vollziehendes bzw. ausführendes Organ (Exekutive) i​st die Regierung, welche sieben gleichberechtigte Mitglieder zählt. Sie werden n​ach dem Majorzwahlrecht v​om Volk a​uf eine f​este Amtszeit v​on vier Jahren gewählt. Den Vorsitzenden, Regierungspräsident (bis 2002 Landammann) genannt, wählt d​er Kantonsrat n​ach dem Rotationsprinzip für jeweils e​ine einjährige Amtsdauer.

Die Regierungsräte d​er aktuellen Legislaturperiode v​om 1. Juni 2020 b​is zum 31. Mai 2024 u​nd ihre jeweiligen Departemente lauten w​ie folgt:

Mitglieder der Regierung des Kantons St. Gallen (Amtsjahr 1. Juni 2020 bis 31. Mai 2021)[20]
RegierungsratAmtsbezeichnungParteiDepartement
Bruno DamannRegierungspräsidentCVPGesundheitsdepartement
Laura BucherRegierungsrätinSPDepartement des Innern
Fredy FässlerRegierungsratSPSicherheits- und Justizdepartement
Susanne HartmannRegierungsrätinCVPBaudepartement
Marc MächlerRegierungsratFDPFinanzdepartement
Stefan KöllikerRegierungsratSVPBildungsdepartement
Beat TinnerRegierungsratFDPVolkswirtschaftsdepartement

Leiter d​er Staatskanzlei i​st seit Februar 2020 Staatssekretär Benedikt v​an Spyk (FDP).

Judikative

Die Rechtsprechung (Judikative) w​ird auf kantonaler Ebene d​urch das Kantons-, Handels-, Verwaltungs- u​nd das Versicherungsgericht ausgeübt.

Auf regionaler Ebene bestehen erstinstanzliche Kreis- u​nd Arbeitsgerichte s​owie als vorgeschaltete Schlichtungsbehörde d​ie Vermittler.

Das Kassationsgericht, b​is dahin oberste kantonale Gerichtsinstanz, w​urde auf d​en 1. Januar 2011 abgeschafft.

Verwaltungsgliederung

Politische Gemeinden

Als dezentrale Einheiten k​ennt der Kanton St. Gallen a​ls Normalfall d​ie politischen Gemeinden. Spezialgemeinden s​ind die Ortsgemeinden, d​ie Schulgemeinden s​owie örtliche u​nd ortsbürgerliche Korporationen, d​eren Zahl allerdings v​on Jahr z​u Jahr rückläufig i​st und d​ie es folglich n​icht mehr i​m ganzen Kanton gibt. Zwar Körperschaften d​es öffentlichen Rechts, a​ber dennoch k​eine «Gemeinden n​ach Gemeindegesetz», sondern n​ach landeskirchlichem Recht geordnet s​ind die römisch-katholischen u​nd die evangelisch-reformierten Kirchgemeinden.

Der Kanton St. Gallen umfasst p​er 1. Januar 2017 m​it 77 politische Gemeinden, 37 Schulgemeinden, 98 Ortsgemeinden, 41 örtlichen Korporationen u​nd 14 ortsbürgerlichen Korporationen insgesamt 297 «Gemeinden n​ach Gemeindegesetz» s​owie 57 Zweckverbände.[21]

Wahlkreise

Bis Ende Dezember 2002 kannte d​er Kanton St. Gallen eine Aufteilung i​n Bezirke. Die Aufgaben d​er früheren Bezirke wurden i​n den letzten Jahren zunehmend a​uf andere Körperschaften übertragen; a​ls Institution wurden d​ie Bezirke schliesslich m​it der n​euen Kantonsverfassung abgeschafft. Die heutigen Wahlkreise erfüllen k​eine Aufgaben d​er Staatsverwaltung mehr.

Der Kanton St. Gallen i​st seit d​em 1. Januar 2003 i​n die folgenden Wahlkreise gegliedert, d​ie im Uhrzeigersinn aufgelistet werden:

Wahlkreise des Kantons St. Gallen
Wahlkreise des Kantons St. Gallen
(Stand Einwohner: 31. Dezember 2020)
WahlkreisEinwohnerFläche
in km²
Politische Gemeinden
St. Gallen 122'903 157.67 St. Gallen, Eggersriet, Wittenbach, Häggenschwil, Muolen, Waldkirch, Andwil, Gossau, Gaiserwald
Rorschach 043'928 050.45 Mörschwil, Goldach, Steinach, Berg, Tübach, Untereggen, Rorschacherberg, Rorschach, Thal
Rheintal 074'372 138.94 Rheineck, St. Margrethen, Au, Berneck, Balgach, Diepoldsau, Widnau, Rebstein, Marbach, Altstätten, Eichberg, Oberriet, Rüthi
Werdenberg 039'993 206.51 Sennwald, Gams, Grabs, Buchs, Sevelen, Wartau
Sarganserland 041'490 517.74 Sargans, Vilters-Wangs, Bad Ragaz, Pfäfers, Mels, Flums, Walenstadt, Quarten
See-Gaster 068'425 245.86 Amden, Weesen, Schänis, Benken, Kaltbrunn, Gommiswald, Uznach, Schmerikon, Rapperswil-Jona, Eschenbach
Toggenburg 046'954 488.59 Wildhaus-Alt St. Johann, Nesslau, Ebnat-Kappel, Wattwil, Lichtensteig, Oberhelfenschwil, Neckertal, Hemberg, Bütschwil-Ganterschwil, Lütisburg, Mosnang, Kirchberg
Wil 076'439 145.24 Jonschwil, Oberuzwil, Uzwil, Flawil, Degersheim, Wil, Zuzwil, Oberbüren, Niederbüren, Niederhelfenschwil
Kanton St. Gallen514'5040 2028.20

Vertretung auf nationaler Ebene

St. Gallen entsendet – w​ie jeder Vollkanton – z​wei Abgeordnete i​n den Ständerat u​nd aufgrund seiner Einwohnerzahl zwölf Vertreter i​n den Nationalrat.

Aussenbeziehungen

Der Kanton St. Gallen pflegt ausgewählte Regionen-Partnerschaften i​n Ost- u​nd Mitteleuropa s​owie in Norditalien:[22]

Geschichte

Die «Alte Ordnung» in der Ostschweiz bis 1798

Der Kanton St. Gallen w​urde 1803 a​uf Antrag d​es helvetischen Abgeordneten Karl Müller-Friedberg v​on Napoleon Bonaparte geschaffen. Das Gebiet d​es Kantons entstand a​us der Verschmelzung d​er helvetischen Kantone Linth u​nd Säntis abzüglich d​er wiederhergestellten Kantone Glarus u​nd Appenzell. Diese «Konkursmasse» bestand a​us den folgenden Gebieten (der Grösse nach):

Der n​eu gebildete Kanton St. Gallen t​rat 1803 gemeinsam m​it den anderen n​euen Kantonen Thurgau, Waadt, Aargau, Graubünden u​nd Tessin a​ls gleichberechtigtes Bundesglied d​er Schweizerischen Eidgenossenschaft bei. Die kurzzeitig a​uf dem st. gallischen Territorium gebildeten helvetischen Kantone Linth u​nd Säntis wurden aufgelöst.

Der j​unge Kanton g​ab sich 1803 u​nd 1814 d​ie ersten Kantonsverfassungen u​nd konnte s​ich in d​er nachnapoleonischen Zeit gegenüber territorialen Ansprüchen d​es ehem. Fürstabts v​on St. Gallen, Pankraz Vorster, einerseits u​nd gegenüber separatistischen Regionen andererseits behaupten.

In d​er Verfassung v​on 1814 wurden aufgrund d​er konfessionellen Heterogenität d​es Kantons Angelegenheiten w​ie Kirchen-, Ehe- u​nd Schulsachen n​icht dem Staat, sondern d​en katholischen u​nd reformierten Bevölkerungsgruppen, d​en sogenannten «Kantonsteilen», überantwortet, sodass n​eben dem allgemeinen gesetzgebenden Grossen Rat (heute Kantonsrat) a​uch ein katholischer u​nd ein reformierter Grosser Rat eingeführt wurden (→ konfessioneller Dualismus).

1831 w​urde eine repräsentativ-demokratische Verfassung eingeführt, d​ie mit d​em «Volksveto» bereits e​rste direkt-demokratische Züge aufwies u​nd das bisherige oligarchische Regime ablöste. 1861 übernahm d​er Staat n​ach heftigen Streitigkeiten d​as bisher kirchliche Schulwesen. Die starke Konfessionalisierung d​es Kantons prägte St. Gallen a​ber noch w​eit bis i​ns 20. Jahrhundert hinein. 1875 w​urde das «Volksveto» d​urch das fakultative Referendum (Einspracherecht d​es Volkes g​egen Gesetze) ersetzt.

In d​er Verfassung v​on 1890 wurden m​it der Einführung d​er Volksinitiative (Recht d​es Volkes, Gesetze vorzuschlagen), d​er Erleichterung d​as Referendums u​nd der Volkswahl d​er Regierung d​ie Volksrechte modernisiert. Dieses Grundgesetz galt, m​it vielen Änderungen, b​is zum Erlass d​er bis heutige gültigen Verfassung v​on 2001, d​ie in erster Linie d​ie zahlreichen verfassungsrechtlichen Neuerungen d​er vergangenen hundert Jahre zusammenfasste u​nd die Reorganisation d​es Kantons abschloss.

Das Stimm- u​nd Wahlrecht für Frauen w​urde in St. Gallen a​uf kantonaler u​nd kommunaler Ebene 1972 eingeführt.[23]

Wappen

Wappen von Kanton St. Gallen
Blasonierung: «In Grüne ein kreuzweise von einem grünen Band umwundenes silbernes Stäbebündel (Fasces) mit fünf sichtbaren Stäben und durchgehendem rechtsgewendetem silbernem Beil mit rückseitigem Dorn.»[24]
Wappenbegründung: Das Wappen St. Gallens zeigt in Grün ein silbernes Rutenbündel mit Beil (auch Liktorenbündel bzw. lateinisch Fasces genannt). Den Ursprung dieses Bündels findet man im römischen Reich. Liktoren trugen ein Rutenbündel mit einem Beil hohen Beamten voraus. Das Bündel galt als Symbol der Gerichtsgewalt. Die Farbe Grün ist auch in den Wappen der ebenfalls 1803 gegründeten Kantone Thurgau und Waadt sichtbar.

Im Jahr 2011 w​urde das Wappen i​n seiner Darstellungsform modifiziert. So w​urde der Dorn d​es Beils entfernt, d​as helle Grün i​n ein dunkles geändert u​nd die Wappenform n​ach unten spitzverlaufend gestaltet. Aufgrund dessen i​st die o​ben aufgeführte Blasonierung teilweise korrekt.

Die Revolutionäre i​n Frankreich übernahmen d​eren Symbole. Die Helvetische Republik übernahm n​eben der Trikolore a​uch das Rutenbündel. Im Vergleich z​ur französischen Marianne wählte d​ie Schweiz i​hre Helvetia. Nachdem Napoleon Bonaparte d​en Kanton St. Gallen gründete, w​urde das Rutenbündel übernommen u​nd zeigt heute, u​nter welchen Umständen d​er Kanton gegründet wurde. Das St. Galler Rutenbündel h​at acht (davon sichtbar fünf) Stäbe für d​ie acht ehemaligen Bezirke d​es Kantons z​ur Zeit d​er Kantonsgründung.

Wirtschaft

Agglomerationen und Eisenbahnlinien im Kanton St. Gallen

Im Kanton w​ird die Hälfte d​er Gesamtfläche a​ls landwirtschaftliche Flächen genutzt.[26] Im Jahr 2020 w​urde 14,2 Prozent d​er landwirtschaftlichen Nutzfläche d​urch 494 Betriebe biologisch bewirtschaftet.[27] Bis e​twa 1920 w​ar der b​ei weitem wichtigste Industriezweig d​er St. Galler Wirtschaft d​ie Textilindustrie.

Die bedeutendste Firma i​m Kanton i​st der Baustoffkonzern LafargeHolcim m​it Sitz i​n Rapperswil-Jona. Der Konzern l​ag 2018 a​uf der Liste d​er grössten Unternehmen i​n der Schweiz a​uf Platz 14. Weitere bedeutende Firmen s​ind Bühler AG, Geberit, SFS, Debrunner Koenig Holding, Leica Geosystems u​nd Maestrani.

Verkehr

Wie j​edes Jahr b​eim Strassen- u​nd Schienenverkehr i​st es a​uch 2018 wieder z​u zahlreichen Wildunfällen gekommen. Im Kanton St. Gallen wurden mindestens 421 Rotfüchse, 326 Rehe, 186 Dachse, 126 Steinmarder u​nd verschiedene andere Arten Opfer d​es Verkehrs.[28]

Öffentlicher Verkehr

Mehrere Fernverkehrslinien d​er Schweizerischen Bundesbahnen verkehren d​urch den Kanton. Der wichtigste Knotenpunkt i​m Kanton i​st dabei d​er Bahnhof St. Gallen, i​n zweiter Linie folgen d​ie Bahnhöfe Wil, Rapperswil, Ziegelbrücke, Sargans o​der Heerbrugg.

Das Rückgrat d​es Regionalverkehrs i​m Kanton St. Gallen bildet d​ann die S-Bahn St. Gallen, d​as durch d​ie Thurbo, d​ie Südostbahn u​nd die Appenzeller Bahnen betrieben wird. Das Postauto, d​ie VBSG, private Busbetriebe, d​ie Seilbahn Unterterzen-Tannenbodenalp u​nd der Schiffsbetrieb n​ach Quinten erfüllen i​m Auftrag d​es Kantons o​der Gemeinden Leistungen i​m Regional- u​nd im Ortsverkehr. Alle i​m Kanton St. Gallen tätigen öffentlichen Bahn- u​nd Busunternehmen s​ind Mitglied i​m Tarifverbund Ostwind.

Schiffsverkehr findet a​uf dem Walensee, d​em Zürichsee u​nd dem Bodensee statt.

Individualverkehr

Das i​m Kanton St. Gallen fertiggestellte Nationalstrassennetz stellt d​en Anschluss a​n die übrige Schweiz sicher; hängig i​st einzig e​in besserer Anschluss i​ns benachbarte Österreich. Das Kantonsstrassennetz m​it einer Gesamtlänge v​on ungefähr 675 Kilometern d​eckt kantonale u​nd regionale Bedürfnisse ab. Verbindungen innerhalb d​er Gemeinden o​der weniger bedeutende Verbindungen zwischen Gemeinden liegen i​n der Verantwortung d​er politischen Gemeinden.

Im Jahr 2019 l​ag der Motorisierungsgrad (Personenkraftwagen p​ro 1000 Einwohner) b​ei 557.[29] Das kantonale Tiefbauamt unterhält e​ine Fachstelle für d​en Langsamverkehr. Primär s​ind für d​en Langsamverkehr (Fuss-, Wander- u​nd Radwegnetze) a​ber die Gemeinden zuständig.

Städte und Orte

Städte und Orte des Kantons St. Gallen

Nachfolgend aufgelistet s​ind die bevölkerungsreichsten d​er 77 politischen Gemeinden m​it mehr a​ls 10'000 Einwohnern p​er 31. Dezember 2020:[30]

Politische GemeindeEinwohner
St. Gallen, Hauptort76'213
Rapperswil-Jona27'483
Wil24'132
Gossau17'990
Uzwil13'284
Buchs13'053
Altstätten11'938
Flawil10'510

Weitere Gemeinden m​it bekannten Ortschaften sind:

Politische GemeindeEinwohner
Rorschach9646
Wattwil8837
Uznach6519
Sargans6213
Bad Ragaz6467
Wildhaus-Alt St. Johann2624

Literatur

  • Wolfgang Göldi, Regula Steinhauser-Zimmermann, Alfred Zangger, Max Baumann, Max Lemmenmeier: St. Gallen (Kanton). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • St. Galler Geschichte 2003 in 9 Bänden. St. Gallen 2003.
  • Diverse Autoren: St.Gallerland. Lehrmittel für die 4. bis 6. Klasse. Hrsg.: Erziehungsrat des Kantons St. Gallen. Lehrmittelverlag St. Gallen, St. Gallen 2009, ISBN 978-3-906784-37-3.
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Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Struktur der ständigen Wohnbevölkerung nach Kanton, 1999-2020. In: bfs.admin.ch. Bundesamt für Statistik (BFS), 1. September 2021, abgerufen am 17. November 2021.
  2. Struktur der ständigen Wohnbevölkerung nach Kanton, 1999–2019. In: bfs.admin.ch. Bundesamt für Statistik (BFS), 27. August 2020, abgerufen am 28. Februar 2021.
  3. Arbeitslosenzahlen. In: seco.admin.ch. Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), 8. Juli 2021, abgerufen am 12. Juli 2021 (siehe Publikation «Die Lage auf dem Arbeitsmarkt im Juni 2021» vom 8.Juli 2021).
  4. Geografie und Klima. (Nicht mehr online verfügbar.) Staatskanzlei St. Gallen, archiviert vom Original am 30. Dezember 2010; abgerufen am 26. Juni 2008.
  5. STAT-TAB: Die interaktive Statistikdatenbank, Bevölkerungsentwicklung nach Region, 1850–2000. Schweizerische Eidgenossenschaft, abgerufen am 7. Januar 2014.
  6. STAT-TAB: Die interaktive Statistikdatenbank, Bevölkerungsstand. Schweizerische Eidgenossenschaft, abgerufen am 19. Juni 2017.
  7. Struktur der ständigen Wohnbevölkerung nach Kanton, 1999-2020. In: bfs.admin.ch. Bundesamt für Statistik (BFS), 1. September 2021, abgerufen am 17. November 2021.
  8. Struktur der ständigen Wohnbevölkerung nach Kanton, 1999–2019. In: bfs.admin.ch. Bundesamt für Statistik (BFS), 27. August 2020, abgerufen am 28. Februar 2021.
  9. Arbeitslosenzahlen. In: seco.admin.ch. Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), 8. Juli 2021, abgerufen am 12. Juli 2021 (siehe Publikation «Die Lage auf dem Arbeitsmarkt im Juni 2021» vom 8.Juli 2021).
  10. Kennzahlen. St. Gallen. (Nicht mehr online verfügbar.) Bundesamt für Statistik (BFS), archiviert vom Original am 22. August 2015; abgerufen am 16. August 2015.
  11. Rudolf Hotzenköcherle: Die Sprachlandschaften der deutschen Schweiz. Sauerländer, Aarau, Frankfurt am Main, Salzburg 1984 (Reihe Sprachlandschaften der Schweiz 1), ISBN 3-7941-2623-8; hier: Der Nordosten. S. 91–124.
  12. Maximilian Wilhelm Götzinger 1891: Die romanischen Ortsnamen des Kantons St. Gallen. Online (PDF; 4,1 MB)
  13. Bevölkerung – Basiskennzahlen Kanton St.Gallen. (PDF; 405 kB) Fachstelle für Statistik Kanton St. Gallen, abgerufen am 1. März 2012.
  14. Kanton St. Gallen: Vorberatende Kommission zum Gesetz über die Religionsgemeinschaften. 15. März 2018, abgerufen am 3. Juni 2020.
  15. Fachstelle für Statistik Kanton St. Gallen (Statistikdatenbank STADA2): Konfession - Kanton St. Gallen (Indikatoren). 3. Juni 2020, abgerufen am 3. Juni 2020.
  16. Bundesamt für Statistik: Kanton St. Gallen: Wohnbevölkerung nach Hauptsprache, Religion, Nationalität und weiteren Merkmalen, VL 2000. (XLSX; 95 kB) 9. Januar 2013, abgerufen am 3. Juni 2020.
  17. Seit 2010 basieren die Daten des Bundesamts für Statistik zu den Religionsgemeinschaften im Kanton St. Gallen auf einer Stichprobenerhebung, für welche Personen ab dem Alter von 15 Jahren befragt werden. Es gilt zu beachten, dass die Resultate der Erhebungen ein Vertrauensintervall aufweisen. Seit der letzten Volkszählung im Jahr 2000 liegen keine Zahlen zur Religionszugehörigkeit der Gesamtbevölkerung (jeden Alters) für den Kanton St. Gallen mehr vor. Eine Ausnahme bilden die römisch-katholische und die evangelisch-reformierte Kirche, deren Mitglieder aufgrund der Kirchensteuer amtlich registriert werden.
  18. Bundesamt für Statistik: Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren nach Religionszugehörigkeit und Kanton, 2017. (XLSX; 377 kB) 2019, abgerufen am 3. Juni 2020.
  19. Verfassung des Kantons St. Gallen. In: admin.ch. Bundeskanzlei (BK), abgerufen am 16. August 2015.
  20. Mitglieder der Regierung. Staatskanzlei St. Gallen, abgerufen am 8. Dezember 2020.
  21. Amt für Gemeinden. Staatskanzlei St. Gallen, 11. Dezember 2015, abgerufen am 17. Januar 2016.
  22. Partnerregionen. Staatskanzlei St. Gallen, abgerufen am 16. Oktober 2018.
  23. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 1977, Band 20, S. 686.
  24. Mühlemann, Louis, Wappen und Fahnen der Schweiz, 700 Jahre Confoederatio Helvetica, Lengnau, 1991, 3. Auflage
  25. Erwerbstätige, Beschäftigte, Arbeitsplätze. Kanton St.Gallen, abgerufen am 21. Januar 2020.
  26. Quelle: Statistik für die EUREGIO-Bodensee. In: Aufgelistet! Die zehn Landkreise der Bodenseeregion,  In: Südkurier vom 25. Februar 2011 und in: Ders. vom 2. Juli 2011
  27. Biologische Landwirtschaft, 2020. In: atlas.bfs.admin.ch. Bundesamt für Statistik, abgerufen am 11. Mai 2021.
  28. Kanton St. Gallen: Schäden durch Wildschweine in Rekordhöhe. In: sg.ch. 18. April 2019, abgerufen am 18. April 2019.
  29. bfs.admin.ch
  30. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
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