Thur (Rhein)
Die Thur ist ein linker Zufluss des Rheins. Sie hat von der Quelle der Säntisthur bis zur Einmündung in den Rhein eine Gesamtlänge von 134,6 km und ist damit nach dem Rhein der zweitlängste Fluss der Ostschweiz. Davon liegen 72 km im Kanton St. Gallen, 45 km im Kanton Thurgau[8] und 22 km im Kanton Zürich. Ihr Einzugsgebiet hat eine Fläche von rund 1760 km².
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Quelle und Mündung der Thur (siehe Verlauf hier). |
Name
Der Name ist erstmals belegt im Jahr 886, als Dura. Im 13. Jahrhundert erscheint die Schreibung Turia, im 14. Jahrhundert Thûr, Tûr. Der Name wurde als alteuropäisches Hydronym gedeutet, von einem *durâ oder *duriâ "Flusslauf" von der indogermanischen Wurzel *dhu "laufen, eilen". Die Länge des Vokals û ist sekundär und stammt aus dem Mittelhochdeutschen.[9]
Nach dem Gewässer war das Turgowe benannt, ein pagus im Herzogtum Alemannien. Die erste Nennung des pagus ist noch etwas älter als die früheste direkte Nennung des Gewässers, erwähnt als in pago Durgaugense um das Jahr 745. Davon auch der Name der späteren Grafschaft Thurgau und daraus schliesslich des modernen Kanton Thurgau.
Geographie
Überblick
Die Quelle der Säntisthur liegt am Chalbersäntis oberhalb von Unterwasser im Toggenburg. Nach zwei Wasserfällen, den Thurfällen im bewaldeten Chämmerlitobel, vereinigt sich die Säntisthur bei Unterwasser mit der Wildhauser Thur und fliesst als Thur durch das Toggenburg (siehe Karte: Map).
Bei Lütisburg mündet der Necker in die Thur. Ab Wil SG fliesst die Thur nach Osten. Bei Oberbüren, wo die Glatt in die Thur mündet, verlässt sie die Region Toggenburg und fliesst in nordöstlicher Richtung weiter in den Kanton Thurgau. In Bischofszell mündet die Sitter in die Thur, die fortan nordwestlich weiter fliesst. Bei Frauenfeld mündet die Murg in die Thur. In der Nähe von Flaach und Ellikon am Rhein erreicht die Thur den Rhein.
Vor Kradolf verläuft die Thur in einem Felsbett, danach besteht das Flussbett aus Geschiebe des Flusses und glazialen Ablagerungen des Säntisgletschers.
Flussabschnitte
Thurquelle–Wattwil
Die Quelle der Thur ist in Trosen. Dann fliesst sie durch Unterwasser, wo die Wildhauser Thur einmündet, nach Alt St. Johann und von dort nach Starkenbach, wo der Neuenalpbach und der Leistbach einmündet. In Müli bei Stein mündet die Wissthur ein, nachdem der Chlusbach in Fähnrichs zugeflossen ist. Im Zentrum von Nesslau fliesst die Luteren in die Thur, bevor ein Dorf weiter, in Krummenau der Lütisbach zufliesst. In Ebnat-Kappel münden Steintaler Bach, Stelzbach und kurz danach der Mettlenbach ein, und beim Rickenpass kurz vor Wattwil kommt der Rickenbach hinzu, danach der Feldbach.
Wattwil–Schwarzenbach
In Krinau nach Lichtensteig kommt dann der Krinaubach hinzu. Etwas später, im Zentrum von Dietfurt (Gemeinde Bütschwil-Ganterschwil) fliesst der Taabach ein. Kurz danach mündet der Tobelackerbach in die Thur. Ohne grosse weitere Mündungen geht es bis nach Lütisburg, wo der Necker zufliesst.
Schwarzenbach–Weinfelden
Ohne grosse Zuflüsse, dafür mit einer grossen Kurve geht es über Schwarzenbach bei Wil nach Niederuzwil, wo die Uze einmündet. Gleich darauf in Oberbüren mündet die Glatt. In Bischofszell macht das Flussbett fast eine Kehrtwendung, währenddem die Sitter zufliesst. In der Nähe von Bürglen mündet der Rütibach ein.
Weinfelden–Rheinmündung
Kurz vor Amlikon-Bissegg fliesst linksseitig der Furtbach und bei Amlikon-Bissegg rechtsseitig der Giessen ein. Danach geht es nach Pfyn, wo der Binnenkanal mit dem Wasser des Chemebach, Aspibach, Beerebach und dem Dorfbach zufliesst. Kurz vor Frauenfeld wird das Seebachtal durch den Seebach in die Thur entwässert. Wenn man dann schliesslich in Frauenfeld ankommt, fliesst die Murg in die Thur. Bei Thalheim fliesst der linke Thur-Binnenkanal mit dem Tägelbach und dem Ellikerbach zu. Danach fliesst sie durch Andelfingen. Der Mederbach fliesst kurz nachdem die Thur an Alten vorbeigeflossen ist und kurz bevor sie in den Rhein fliesst rechtsseitig zu.
Einzugsgebiet
Das Einzugsgebiet der Thur ist 1759,58 km² gross und besteht zu 29,1 % aus bestockter Fläche, zu 58,6 % aus Landwirtschaftsfläche und zu 9,4 % aus Siedlungsfläche.
Die Mittlere Höhe des Einzugsgebietes beträgt 755 m ü. M., die Minimale Höhe liegt bei 343 m ü. M. und die Maximale Höhe bei 2501 m ü. M.[10]
Zuflüsse
- Wildhauser Thur (bei Unterwasser)
- Wissthur (bei Stein)
- Luteren (bei Neu St. Johann)
- Dietfurterbach (bei Dietfurt)
- Necker (bei Lütisburg)
- Gonzenbach (bei Lütisburg)
- Uze (bei Niederuzwil)
- Nebenflüsse siehe Uze
- Glatt (bei Oberbüren)
- Nebenflüsse siehe Glatt
- Sitter (bei Bischofszell)
- Furtbach
- Giessen (bei Amlikon-Bissegg)
- Kemme (bei Pfyn)
- Tosbach
- Furtibach
- Seebach (bei Weiningen)
- Murg
- Tägelbach
- Ellikerbach
- Mederbach
- Bruggbach
- Abistbach
Hochwasser
Der Lauf der Thur wird durch keinen See ausgeglichen. Von der Quelle bis zur Mündung in den Rhein bleibt sie deshalb ein Wildbach, der dazu neigt, bei entsprechender Witterung sehr schnell Hochwasser zu führen.
Messstelle Andelfingen
Das mittlere Jahreshochwasser der Thur beträgt 588,52 m³/s. Die höchste Jahresspitze wurde 1999 gemessen und erreichte 1130 m³/s.[11]
Die Tabelle der Hochwasser-Wahrscheinlichkeiten für die Thur an der letzten Messstelle vor dem Zusammenfluss mit dem Rhein.
Jährlichkeit (Jahre) | 2 | 5 | 20 | 30 | 50 | 100 |
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Abfluss (m³/s) | 572 | 727 | 819 | 943 | 996 | 1065 |
Anmerkung zu HQn: die Zahl entspricht dem Hochwasserdurchfluss (HQ = Hochwasserquantität) in m³/s, der sich – im Mittel – mit der angegebenen Jährlichkeit (n = Anzahl der Jahre) wiederholt. |
Fischsterben
Seit 2015 kam es unterhalb von Bütschwil jeden Sommer zu einem Fischsterben, bei dem jeweils 80 bis 90 Prozent der Jungfisch-Population der Bachforellen starben.[15] 2019 wiesen sämtliche toten Tiere Entzündungen an Leber und Herz auf, und starben letztlich an Herzversagen. Die Ursache dafür konnte bis heute nicht gefunden werden.[16]
Wirtschaft und Verkehr
Kraftwerke
Brücken
Auf ihrem Weg wird die Thur von über 100 Brücken überspannt, die bedeutendsten sind dabei die gedeckten Holzbrücken bei Lütisburg, Eschikofen und Andelfingen, die spätmittelalterliche Steinbrücke Bischofszell, die Eisenbahnbrücken in Ossingen und Andelfingen sowie die beiden Weinland Strassenbrücken bei Andelfingen.
Thurweg
Der Thurweg (regionale Wanderroute Nr. 24 von Wanderland Schweiz) ist ein 160 Kilometer langer Wanderweg und führt entlang der Ufer der Thur von Wildhaus nach Rüdlingen.[17]
Bilder
- Die Säntisthur bei Laui vor den Thurfällen
- Die Thurfälle bei Unterwasser SG
- bei Alt St. Johann
- Thur bei Starkenbach SG
- Kleinwasserkraftwerk Mühlau kurz vor der Fertigstellung
- Die achtjochige Thurbrücke von 1487 in Bischofszell
- Das Ossinger Viadukt von 1877 an der Bahnstrecke Winterthur–Etzwilen
- bei Flaach
- bei Warth
- Thurmündung in den Rhein
Literatur
- Markus Hostmann. 2009. Befreite Wasser: Entdeckungsreisen in revitalisierte Flusslandschaften der Schweiz. Zürich 2009, Rotpunktverlag
- Heinrich Jung: Wie die Thur gezähmt wurde. In: Thurgauer Jahrbuch, Bd. 49, 1974, S. 7–24. (e-periodica.ch)
Weblinks
Einzelnachweise
- Geoinformationssystem des Kantons St. Gallen Gewässernetz 1:10'000
- Geoserver der Schweizer Bundesverwaltung (Hinweise)
- Auswertungen zum Gewässernetz. (XLSX) BAFU, Dezember 2013, abgerufen am 9. August 2017 (Auflistung Fliessgewässer der Schweiz >30km).
- Topographische Einzugsgebiete der Schweizer Gewässer: Teileinzugsgebiete 2 km². Abgerufen am 22. Juli 2018.
- Thur – Jonschwil, Mühlau. (PDF) In: Bundesamt für Umwelt. Abgerufen am 22. Juli 2018.
- Thur – Halden. (PDF) In: Bundesamt für Umwelt. Abgerufen am 22. Juli 2018.
- Thur – Andelfingen. (PDF) In: Bundesamt für Umwelt. Abgerufen am 22. Juli 2018.
- Die Thur: Einzugsgebiet. Portal Kanton Thurgau - Thur, abgerufen am 10. Juli 2021.
- ortsnamen.ch, Schmid, Gabrielle (2015), St. Galler Namenbuch: Die Orts- und Flurnamen des Obertoggenburgs.
- Topographische Einzugsgebiete der Schweizer Gewässer: Thur
- Hochwasserwahrscheinlichkeiten (Jahreshochwasser), Thur – Andelfingen. (PDF) Bundesamt für Umwelt BAFU, Abteilung Hydrologie, abgerufen am 29. Januar 2014.
- Messstelle: Thur – Andelfingen (2044) , auf BAFU Hydrodaten
- Messstelle: Thur – Halden (2181) , auf BAFU Hydrodaten
- Messstelle: Thur – Jonschwil,Mühlau (2303) , auf BAFU Hydrodaten
- Fischsterben in der Thur - Rätsel bleibt ungelöst. In: srf.ch. 18. Mai 2019, abgerufen am 20. Mai 2019.
- Lara Wüest: Fischsterben in der Thur bei Bütschwil bleibt womöglich ungelöst – Fischer sind ernüchtert. In: tagblatt.ch. 20. September 2019, abgerufen am 21. September 2019.
- Flyer „Thurweg / Wil-Wattwil-Wildhaus“; 'Kantonal st.gallische Wanderwege', Abtwil, 'Toggenburger Verkehrsverband' und 'Tourismusverband St. Gallerland', St. Gallen