Halbkanton
Halbkantone (französisch demi-canton, italienisch semicantone, rätoromanisch mez chantun) ist die heute nicht mehr offizielle, aber weiterhin übliche Bezeichnung für jene sechs Schweizer Kantone, welche aus einer Kantonsteilung hervorgegangen sind und deshalb nur mit einem Sitz im Ständerat vertreten sind (die anderen Kantone haben je zwei Sitze) und bei der Berechnung des Ständemehrs nur eine halbe Standesstimme besitzen. In der Alten Eidgenossenschaft (bis 1798) überwog der Ausdruck Halbstand. Seit der Revision der Bundesverfassung von 1999 wird in der gehobenen Sprache die Bezeichnung Kanton mit geteilter Standesstimme bevorzugt.
Diese sechs Kantone sind:
- Obwalden (OW) und Nidwalden (NW), gemeinsamer Name Unterwalden;
- Appenzell Ausserrhoden (AR) und Appenzell Innerrhoden (AI), getrennt seit 1597;
- Basel-Stadt (BS) und Basel-Landschaft (BL), getrennt seit 1833.
In den neuen Legenden der Schweizer Bundesverfassung von 1999 wird der Begriff nicht mehr verwendet. Sie zählt in Art. 142 Abs. 4 die betroffenen Kantone auf und sagt, diese «Kantone» hätten «je eine halbe Standesstimme».[1] Die neue offizielle Zählweise, wie sie auch aus Art. 1 hervorgeht, betrachtet diese Kantone somit als «ganz» (mit dem einzigen Unterschied der geteilten Standesstimme), womit die Schweiz nunmehr aus 26 (und nicht mehr aus 23) Kantonen besteht.[2]
Am eigentlichen Status dieser Kantone hat sich aber nichts geändert. Abgesehen von der kleineren Vertretung im Ständerat und der halben Standesstimme besitzt jeder «Halbkanton» seit je die gleiche innere Autonomie wie ein «Vollkanton».
Unterwalden
Unterwalden gilt als seit dem späten Mittelalter in Ob- und Nidwalden unterteilt. Noch 1309 bestätigte König Heinrich VII. die Reichsfreiheit Unterwaldens als eines Ganzen. Im 14. und 15. Jahrhundert entstanden dann in Obwalden und Nidwalden eigenständige Talgemeinden. In den eidgenössischen Bündnissen zählte Unterwalden jedoch weiter als Teil der Waldstätte mit nur einer Stimme.[3]
Appenzell
Im Zuge der Reformation teilte sich 1597 der Kanton Appenzell in ein katholisches Innerrhoden und ein reformiertes Ausserrhoden (Landteilung).
Basel
Im Kanton Basel führte 1833 ein Konflikt zwischen der politisch dominanten Stadt und der bevormundeten Landschaft zur Aufspaltung (Basler Kantonstrennung).
Schwyz
In den 1830er Jahren war der Kanton Schwyz vorübergehend in zwei Halbkantone unterteilt, nämlich in Inner- und Ausserschwyz.
Glarus
Der Kanton Glarus hatte sich im Laufe der Reformation zu einem Kanton mit katholischer Minderheit entwickelt. Seit 1623 hielten beide Konfessionen ihre je eigene Landsgemeinde ab, zusätzlich zur allgemeinen Landsgemeinde. Diese konfessionellen Landsgemeinden («Protestantisch-Glarus» und «Katholisch-Glarus») übernahmen zwar viele der öffentlichen Aufgaben (bis hin zur Bestellung von Landvögten gemeiner Herrschaften), zur Ausbildung eines eigenen eidgenössischen Standes oder Halbstandes kam es im Gegensatz zu Appenzell jedoch nicht: Glarus wurde nicht in zwei Halbkantone geteilt und wahrte seine Einheit als eidgenössischer Stand und Kanton.[4]
- Inoffizielles gemeinsames Kantonswappen von Basel-Stadt und Basel-Landschaft
- Inoffizielles gemeinsames Kantonswappen von Ob- und Nidwalden
- Altes Wappen von Unterwalden
- Wappen des (historischen) Appenzell und des heutigen Kantons Appenzell Innerrhoden
Weblinks
Einzelnachweise
- SR 101 Art. 142 Erforderliche Mehrheiten. In: Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Abgerufen am 20. September 2007.
- SR 101 Art. 1 Schweizerische Eidgenossenschaft. In: Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Abgerufen am 20. September 2007.
- Emil Weber: Unterwalden – Entstehung im Spätmittelalter. In: Historisches Lexikon der Schweiz. Abgerufen am 21. Mai 2014
- Karin Marti-Weissenbach: Glarus (Kanton) – Herrschaft, Politik und Verfassung vom Hochmittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – Staatsbildung, Regieren und Verwalten im Ancien Régime. In: Historisches Lexikon der Schweiz. Abgerufen am 8. Mai 2014