Rorschach
Rorschach ist eine politische Gemeinde am Bodensee im Schweizer Kanton St. Gallen.
Rorschach | |
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Staat: | Schweiz |
Kanton: | Kanton St. Gallen (SG) |
Wahlkreis: | Rorschach |
BFS-Nr.: | 3215 |
Postleitzahl: | 9400 |
UN/LOCODE: | CH RRC |
Koordinaten: | 754900 / 260700 |
Höhe: | 400 m ü. M. |
Höhenbereich: | 396–471 m ü. M.[1] |
Fläche: | 1,78 km²[2] |
Einwohner: | 9646 (31. Dezember 2020)[3] |
Einwohnerdichte: | 5419 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) | 49,3 % (31. Dezember 2020)[4] |
Stadtpräsident: | Robert Raths (FDP) |
Website: | www.rorschach.ch |
Lage der Gemeinde | |
Geographie
Rorschach liegt in der Ostschweiz am Südufer des Bodensees am südlichsten Punkt des Sees, etwa gegenüber der Mündung der Argen und südlich der deutschen Bodenseestadt Friedrichshafen.
Rorschach ist das Zentrum einer Agglomeration (etwa von Arbon bis Rheineck) mit ca. 35.000 Einwohnern. Von der Fläche her (1,78 km²) ist die Stadt selbst aber eine der kleinsten der Schweiz.
Geschichte
Die Geschichte von Rorschach geht bis auf die Alemannen zurück. Erstmals bezeugt findet sich das Dorf 850 in der Lagebeschreibung inter Coldahun villam et Rorscachun situm ‚zwischen dem Dorf Goldach und Rorschach gelegen‘.[5] Der Name ist eine Bildung aus althochdeutsch rōr, Rohr, Schilf‘ und scahho, einzeln stehendes Wäldchen, Schachen‘.[6]
Im Jahre 947 verlieh König Otto I. dem Abt Graloh vom Kloster St. Gallen das Markt-, Münz-, und Zollrecht zu Rorschach. Um das Jahr 1000 war Rorschach Durchgangsort der grossen Pilgerzüge. Im Jahr 1351 wurde das Reichsgut unter Kaiser Karl IV. erstmals verpfändet an Hermann von Breitenlandenberg. Nach verschiedenen anderen Pfandherren erhielt der Abt von St. Gallen 1464 die Erlaubnis Kaiser Friedrichs III., das Pfand einzulösen.[7]
1597 wurde die Monatszeitung Annus Christi (auch bekannt als Historische relatio bzw. Rorschacher Monatsschrift) in Rorschach gedruckt. Es ist mutmasslich die erste Zeitung weltweit, die periodisch erschien und zudem wesentliche Merkmale einer Zeitung enthielt. Sie wurde nach einem Jahr – vermutlich auf Grund finanzieller Schwierigkeiten oder mangelnden Leserinteresses (150 Exemplare) – eingestellt.
Auf dem heutigen Kronenplatz stand die Jakobskapelle, eine Raststätte für Pilger. Sie wurde 1833 abgebrochen; als Erinnerung daran der Jakobsbrunnen gebaut. Noch heute läutet täglich zweimal die Glocke zum Angelus.
Die «Badhütte» aus dem Jahre 1924, eine auf Betonpfeilern im Wasser stehende, dreiflügelige Badeanstalt, ist das einzige verbliebene Bauwerk seiner Art am Schweizer Bodenseeufer.[8] Erbaut wurde sie vom Architekten Köpplin.
2009–2013 wurde im Gebiet «Neuseeland» an der Churerstrasse das Würth Haus Rorschach (Verwaltungs- und Ausbildungszentrum mit Kongresssaal sowie dem Kunstmuseum «Forum Würth») durch das Zürcher Architekturbüro Gigon/Guyer erstellt. Reinhold Würth eröffnete das Haus am 20. April 2013.
Wappen
Beschreibung: In Rot eine goldene strenggebundene Getreidegarbe von je einem silbernen gestürzten Fisch zu den Seiten begleitet. Die Fische symbolisieren die Fischerei am Bodensee, während die Korngarbe wohl im Zusammenhang mit dem historischen Kornhaus zu sehen ist.[7]
Politik
Fusionspläne
Rorschach, Rorschacherberg und Goldach prüften 2007 eine Fusion zu einer «Stadt am See» mit rund 25'000 Einwohnern, was eine der grössten Städte im Kanton St. Gallen ergeben hätte. Nachdem sich in Goldach eine Fusion wegen des niedrigeren Steuerfusses als politisch nicht durchsetzbar erwies, stand nur eine Fusion von Rorschach und Rorschacherberg zur Diskussion, welche von den Bürgern Rorschacherbergs Ende 2008 abgelehnt wurde. In Rorschach wurde die Fusion hingegen stark befürwortet, da starke Steuersenkungen resultiert hätten.[9]
Im Jahr 2014 wurde erneut eine Grundsatzabstimmung über die Fusion der drei Gemeinden zur «Stadt am See» durchgeführt. Ziel dieser Abstimmung war es, den Gemeinderäten einen Auftrag zur vertieften Prüfung zu erteilen und innerhalb von 2 Jahren eine definitive Abstimmung zur Fusion durchzuführen. Diese Grundsatzabstimmung wurde wieder, wie die vorherigen, von den Gemeinden Goldach und Rorschacherberg klar abgelehnt und von der Stadt Rorschach mit deutlichem Vorsprung angenommen.[10] Durch diesen neuerlichen Entscheid wurden weitere Massnahmen für eine Fusion sistiert und vorgesehene und teils bestehende Zusammenarbeiten durch die Stadt Rorschach beendet oder auf Eis gelegt.
Bildung
In Rorschach sind folgende Höhere Schulen ansässig:
- Pädagogische Hochschule St. Gallen
- Schweizer Hochschule für Logopädie Rorschach (Mitglied der Internationalen Bodensee-Hochschule)
- Berufs- und Weiterbildungszentrum Rorschach-Rheintal
- HPV Rorschach (im Dienste von Menschen mit Behinderung)
- Volkshochschule Rorschach
Kultur
Das Museum im Kornhaus am Rorschacher Hafen bezeichnet sich als Erlebnismuseum für Gross und Klein. Das Ausstellungsspektrum reicht von Urgeschichte, Stadtentwicklung, Wirtschaft, Industrie, Tierwelt am Bodensee zu Optik/Illusion, Schriften/Zeichen und Mathe-Magie.[11]
Beim jährlich stattfindenden Sandskulpturen-Festival bauen eingeladene Künstler internationaler Herkunft während einer vorgegebenen Zeit Skulpturen aus Sand zu einem Thema, das zu Beginn des Festivals bekannt gegeben wird. Am Ende des Festivals werden die besten Skulpturen von Publikum und einer Fachjury gekürt.[12]
Das Forum Würth wurde 2013 eröffnet (siehe Geschichte).
Wirtschaft
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann auch in Rorschach die Industrialisierung. Die Aluminiumwerke AG Rorschach begründeten zusammen mit Feldmühle AG (Maschinenstickerei) und Conservenfabrik Rorschach (Roco-Konservenprodukte) den Ruf der Industriestadt.[13]
Zu den ansässigen Unternehmen zählt die Zollern-Mimtec AG, ein Teil der Zollern-Gruppe.
Die Frisco-Findus AG, ein Hersteller von Speiseeis, hatte vor der Übernahme durch Nestlé ihren Sitz in Rorschach. Die Firma galt als Pionier in dem Bereich Speiseeis und brachte 1960 das erste in der ganzen Schweiz erhältliche Speiseeis (in der Schweiz Glace genannt) auf den Markt. Die Speiseeis-Herstellung von Nestle ist heute in Rorschach konzentriert.[14]
Die 1871 gegründete Brauerei Löwengarten wurde nach der Übernahme (2006) durch die Brauerei Schützengarten stillgelegt. An ihrer Stelle entsteht ein Wohnquartier, in das Teile der alten Brauereigebäude integriert werden. Das Löwengartenbier wird heute in St. Gallen in der Brauerei Schützengarten produziert.[15] Nach der Schliessung von Löwengarten wurde 2007 eine lokale Brauerei gegründet, diese Kornhausbräu hat sich einen Namen durch die Produktion ihre diversen Spezialbieren gemacht hat.
Das Familienunternehmen Molkerei Fuchs existiert seit 1883 und verfügt damit über eine landesweite Bekanntheit. Eine kleine internationale Verbreitung erfuhr die Molkerei als Zulieferer des Airline Caterers LSG Sky Chefs/First Catering.[16]
Verkehr
Rorschach besitzt einen Bahnhof und die Haltestellen Rorschach Hafen und Rorschach Stadt. Der Erstgenannte war lange Zeit eine der wichtigsten der Schweizerischen Bundesbahnen, hat mittlerweile aber stark an Bedeutung verloren. Die Schienenverbindungen führen auf der Seelinie nach Schaffhausen, auf der Schnellzuglinie nach St. Gallen sowie über St. Margrethen nach Chur; die Rorschach-Heiden-Bergbahn bietet Verbindungen nach Heiden an.
Der Rorschacher Hafen besitzt Anlegestellen für Kursschiffe der Weissen Flotte und ist Heimathafen der Rorschacher Fahrgastschiffe.
Rorschach verfügt über keine eigene Autobahnanbindung, die nächsten Anschlussstellen befinden sich auf dem Gebiet der Gemeinden Thal und Goldach. Es sind Abklärungen für eine neue Autobahnanbindung für den Westen der Stadt im Gange. Ziel ist es, den Verkehr direkt von Rorschach und Rorschacherberg auf die Autobahn zu bringen und so die Ortskerne von Goldach und Staad zu entlasten.
Sehenswürdigkeiten
- Katholische Pfarrkirche Sankt Kolumban und Konstantius (1782 klassizistisch umgebaut und erweitert).[17] Fünfstimmiges Bronzegeläute mit Schlagtonfolge a0–c1–d1–e1–g1 (leicht verzogene Schlagtonlinie).
- Katholische Herz-Jesu-Kirche (1897, neugotisch), meist als «Jugendkirche» bezeichnet. Ende des 19. Jahrhunderts aufgrund grosser Bevölkerungszahlen (etwa 30 % mehr als heute) erbaut. Die Schliessung wurde 2004 diskutiert: Sie erfolgte zwar bisher nicht, allerdings finden hier keine Gottesdienste mehr statt (Stand 2015).[18][19] Seit März 2015 werden Ideen für eine Umnutzung der Kirche in Form von Wohnungen und Geschäften öffentlich diskutiert.[20]
- Reformierte Kirche (1904), Sakralbau mit burgähnlicher Architektur mit als Kuppel aufgesetztem Glockenturm (beherbergt mit den vier Bronzeglocken f0–a0–c1–f1 eines der schwersten und tontiefsten Geläute der Schweiz)
- Jakobsbrunnen (Der Brunnen bildet den Ausgangsort des Jakobswegs nach Santiago de Compostela.)
- Kornhaus[21][22]
- ehemaliges Kloster Mariaberg, 1487 bis 1489 von Abt Ulrich Rösch erbaut (heute Pädagogische Hochschule).
- Badhütte an der Thurgauer Straße: Seebad im Bodensee auf Betonpfählen, über eine Brücke erreichbar – der Bau wurde im Jahr 1923 durch Niedrigwasser erleichtert, das Bad wurde zur Badesaison 1924 eröffnet.[23]
- Der 2012 erbaute, etwa 30 Meter hohe Stadtbalkon ist mit seinem Aufzug und der Brücke ein Zugang zu dem hinter dem Hauptbahnhof gelegenen Wohnquartier und zugleich eine Aussichtsplattform.
Persönlichkeiten
In Rorschach geboren
- Johann Melchior Eggmann (1711–1756), Freskomaler des Barock
- August von Bayer (1803–1875), Architekturmaler, badischer Hofmaler und Konservator
- Joseph Marzell Hoffmann (1809–1888), Nationalrat und Regierungsrat
- Franz Xaver Wetzel (1849–1903), Geistlicher
- Josef Traub (1860–1934), Dekorationsmaler
- Emil Jannings (1884–1950), deutscher Schauspieler und erster Oscarpreisträger (1929)
- Alexander Willwoll (1887–1961), Jesuit und Experimentalpsychologe
- Carl Doka (1896–1980), Publizist
- Walther Hug (1898–1980), Rechtswissenschafter
- Godi Leiser (1920–2009), (Städte-)Zeichner und Grafiker
- Ernst Scheidegger (1923–2016), Fotograf, Maler und Verleger
- Herbert Maeder (1930–2017), Fotograf, Fotojournalist und Politiker
- Hans Eisenring (1932–2020), Ingenieur und ehemaliger Präsident der Generaldirektion der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB)
- Bruno Stanek (* 1943), Raumfahrtexperte
- Mathias Rissi (* 1946), Jazzmusiker und Architekt
- Neel Jani (* 1983), Autorennfahrer
- Sonja Ammann (* 1984), evangelische Theologin
- Anna Bischofberger, Pseudonym Anna Stern (* 1990), Schriftstellerin
- Mike Egger (* 1992), Politiker (SVP)
- Cédric Gasser (* 1998), Fussballspieler
In Rorschach gestorben
- Sebastian Zuberbühler (1809–1868), Pädagoge, Rektor des Lehrerseminars in Rorschach
- Adolf Gaudy (1872–1956), Architekt, Kirchenbauer
Literatur
- Otmar Elsener: Rorschach. Geschichten aus der Hafenstadt. Appenzeller Verlag, Herisau 2011, ISBN 978-3-85882-579-7.
- Lorenz Hollenstein: Rorschach. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Johannes Huber: Pfarrkirche St. Kolumban und Konstantius in Rorschach (= Schweizerische Kunstführer GSK. Band 574/575). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Bern 1995.
- Louis Specker: Rorschach im 19. Jahrhundert. Löpfe-Benz, Rorschach 1999.
Galerie
- Rathaus
- Sonnenuntergang über dem Bodensee bei Rorschach
- Bootsanlegestelle
- Bodenseepromenade
- Sandskulpturenfestival
- Bahnhof Rorschach
- Perron Bahnstation Rorschach Hafen
- Rorschacher Hafen mit Kornhaus
Weblinks
Einzelnachweise
- BFS Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Höhen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Ausländeranteil aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- StiASG, Urk. III 184. Online auf e-chartae, abgerufen am 25. Juni 2020.
- Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen. Hrsg. vom Centre de Dialectologie an der Universität Neuenburg unter der Leitung von Andres Kristol. Frauenfeld/Lausanne 2005, S. 756.
- Erhard Nietzschmann: Die Freien auf dem Lande. Ehemalige deutsche Reichsdörfer und ihre Wappen. Melchior, Wolfenbüttel 2013, ISBN 978-3-944289-16-8, S. 66.
- Herzlich willkommen in der Badhütte Rorschach. Stadt Rorschach, abgerufen am 21. Dezember 2013.
- Gemeindefusion: Neue Stadt am Bodensee? ORF Vorarlberg, 11. März 2007, abgerufen am 26. Dezember 2020.
- Keine Fusion in der Region Rorschach Tagblatt Online, Artikel vom 18. Mai 2014
- Erlebniswelt Museum im Kornhaus
- 15. internationales sandskulpturen festival. Sandskulpturen Festival Verein, abgerufen am 21. Dezember 2013.
- 50 Jahre FRISCO. (PDF) Nestlé, 15. April 2010, abgerufen am 21. Dezember 2013.
- ÜBER UNS. BRAUEREI SCHÜTZENGARTEN AG, abgerufen am 21. Dezember 2013.
- Fuchs-Joghurt fliegt um die Welt, St. Galler Tagblatt, 5. Juli 2014
- Johannes Huber: Pfarrkirche St. Kolumban und Konstantius in Rorschach. (Schweizerische Kunstführer, Nr. 574). Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 1995.
- Pfarrblatt (Memento vom 13. April 2015 im Internet Archive) der katholischen Kirchgemeinde Rorschach. Aufgerufen am 13. April 2015.
- Gutachten zur Orgel der Herz-Jesu-Kirche von 2011.
- Artikel des Katholischen Medienzentrums vom 24. März 2015.
- Kornhaus (Memento vom 13. April 2017 im Internet Archive) Rorschach sehen & erleben auf rorschach.ch
- Museum im Kornhaus auf museum-rorschach.ch
- Alexander Pohle: Die Badhütte. In: 99 x Bodensee wie Sie ihn noch nicht kennen. Bruckmann Verlag GmbH, München 2014. ISBN 978-3-7654-8303-5. S. 83–84.